Der Plan vom grünen Wachstum - UNITI Bundesverband ...

Die Seite wird erstellt Hortensia-Solange Rieger
 
WEITER LESEN
Der Plan vom grünen Wachstum - UNITI Bundesverband ...
4—2020

                                      Studie zu Klimabilanzen
                                    Warum ein Perspektivwechsel
                                                   notwendig ist

                                                Effiziente Technik
                                    In der Pfalz entsteht ein Motor
                                        für synthetische Kraftstoffe

                                  Der Plan
                               vom grünen
                                Wachstum
         DIE WIRTSCHAFTSWEISE VERONIKA GRIMM ÜBER DIE CHANCEN
            VON WASSERSTOFF UND E-FUELS FÜR DIE ENERGIEWENDE
Der Plan vom grünen Wachstum - UNITI Bundesverband ...
efuel-alliance.eu

      Eine starke Allianz für eFuels –
klimaneutrale flüssige Kraft- und Brennstoffe

   eFuels Nutzerfreundlich und         Umwelt- und
          komfortabel                  klimaschonend
          In sämtlichen Fahrzeugen     Werden aus erneuerbaren
          und Heizungen für flüssige   Energien und atmosphärischem
          Energieträger einsetzbar.    CO2 hergestellt.

          Stärken internationale       Schnell und vielseitig
          Zusammenarbeit               einsetzbar
          Machen das riesige           Ersetzen herkömmliche
          internationale Potenzial     flüssige Kraft- und Brennstoffe.
          erneuerbarer Energien
          weltweit nutzbar.

                                                                          Foto: by Andrea Boldizsar on Unsplash

Werden Sie Mitglied:
efuel-alliance.eu
Der Plan vom grünen Wachstum - UNITI Bundesverband ...
Wasserstoff zum
                                                               Durchbruch
                                                               verhelfen, E-Fuels
                                                               global etablieren
                                                                                                                                                                                              Udo Weber,
                                                                                                                                                                               Vorstandsvorsitzender von
                                                                                                                                                                                     UNITI Bundesverband
                                                                                                                                                                               mittelständischer Mineralöl-
                                                                                                                                                                                         unternehmen e.V.

                                                                                     IHRE                      Wasserstoff und seine Folgeprodukte,        nen und große Kostenvorteile zu er-
                                                                                                               wie wasserstoffbasierte flüssige Energie-   schließen. Bei gleichzeitiger Nutzung be-
                                                                                  MEINUNG                      träger, sind in diesem Jahr deutlich in     stehender Infrastruktur wird die
                                                                                   IST UNS                     den Mittelpunkt der politischen und         Energiewende bezahlbar und gewinnt an
                                                                                  WICHTIG!                     öffentlichen Aufmerksamkeit gerückt.        Akzeptanz. Diese globale Sichtweise der
                                                                                                               Zu verdanken ist dies auch der Nationa-     Nutzung regenerativer Energie ermög-
                                                                                                               len Wasserstoffstrategie der Bundesre-      licht es zugleich, Entwicklungsperspekti-
                                                                               SCHREIBEN SIE UNS
                                                                                               –
                                                                                                               gierung, die eine erste strategische        ven in Regionen der Welt zu schaffen,
                                                                                  Ob Kritik, Anregung oder     Grundlage für den Aufbau der PtX-Tech-      die bisher wenig Potenzial hatten.
                                                                              Themenidee – wir haben ein       nologie und für die breite Anwendung                Eine Einigung auf eine Strategie
                                                                              offenes Ohr für Sie. E-Mail an   grünen Wasserstoffs und darauf basie-       kann aber nur der erste Schritt von
                                                                                              info@uniti.de
                                                                                                               renden synthetischen Produkten bietet.      vielen sein. Investoren und Produzenten
                                                                                                                       Wasserstoff soll nach dem Wil-      benötigen Investitionssicherheit und
                                                                                                               len der Politik ein Schlüsselrohstoff       passende regulatorische Rahmenbedin-
                                                                                                               für eine erfolgreiche Energiewende wer-     gungen, Endabnehmer und Anwender
                                                                                                               den und als Energieträger der Zukunft       eine sichere und alltagstaugliche Nut-
                                                                                                               einen wichtigen Beitrag zur Erreichung      zung. Diese Herausforderungen gilt es
                                                                                                               der Klimaziele leisten. So stehen in        möglichst schnell anzugehen.
                                                                                                               den kommenden Jahren neben den Mit-                 Um E-Fuels zu einer Erfolgsge-
                                                                                                               teln für laufende Förderprogramme           schichte zu machen, hat UNITI daher die
Titelbild: Giulia Iannicelli/H2.B; Foto: UNITI/Bernhart Link

                                                                                                               zusätzliche neun Milliarden Euro für        eFuel Alliance gegründet. Diese wird ge-
                                                                                                               Produktionsprojekte im In- und Aus-         genüber der Politik die Potenziale und
                                                                                                               land zur Verfügung.                         Vorteile der globalen Nutzung von kli-
                                                                                                                       Die innerhalb der UNITI zusam-      maneutralen flüssigen synthetischen
                                                                                                               mengeschlossenen mittelständischen          Kraft- und Brennstoffen verdeutlichen
                                                                                                               Mineralölunternehmen haben sich             und in den kommenden Jahren die poli-
                                                                                                               schon früh für flüssige, aus grünem Was-    tischen und regulatorischen Rahmenbe-
                                                                              energie + Mittelstand gibt es    serstoff erzeugte synthetische Kraft- und   dingungen für die Produktion und den
                                                                   auch in digitaler Form. Auf der Website     Brennstoffe ausgesprochen. Denn             Einsatz von E-Fuels mitgestalten.
                                                                www.energieundmittelstand.de finden Sie
                                                                                                               E-Fuels können aus unserer Sicht einen              Über die Allianz und ihre Ziele
                                                                            alle Inhalte unseres Magazins
                                                                  ansprechend aufbereitet für Notebook-,
                                                                                                               enormen Beitrag zur CO2-Reduzierung         und viele weitere spannende Themen
                                                                         Tablet- oder Smartphone-Nutzer.       leisten. Regenerative Ressourcen global     berichtet diese Ausgabe. Ich wünsche
                                                                        Klicken Sie doch einfach mal rein!     zu nutzen, bedeutet, die Umwelt zu scho-    Ihnen viel Lesevergnügen!

                                                                                       4—2020                                                                                                            3
Der Plan vom grünen Wachstum - UNITI Bundesverband ...
inhalt

                                                                                                                   26
                                                                                                                   Klare Ansage
                                                                                                                   Die umweltpolitische Sprecherin
                                                                                                                   der FDP-Bundestagsfraktion,
                                                                                                                   Judith Skudelny, ist überzeugt:
                                                                                                                   „Klimaneutraler Individualverkehr ist in
                                                                                                                   Zukunft nur mit E-Fuels möglich.“

                              6
                      Schwerpunkt
                Das grün-goldene Zeitalter
      Grüner Wasserstoff hat das Zeug zum Treiber
          der Energiewende. Damit der Aufbruch                                                       28
                                                                                        Starker Antrieb
          ins Wasserstoffzeitalter klappt, müssen
                                                                             An der TU Kaiserslautern
          auch die Potenziale von E-Fuels erkannt                           wird am Motor der Zukunft
                        und genutzt werden.                                  geforscht: Das Dual-Fuel-
                                                                            Brennverfahren ermöglicht
                                                                                 die effiziente Nutzung
                                                                              synthetischer Kraftstoffe.

    5 .   Hingeguckt                        Unendliche Kraftquelle                           Grüner Wasserstoff aus nordafrikanischer Sonne
    6 .   Schwerpunkt                       Chancengeber                                     So klappt es mit dem Energiewunder Wasserstoff
    9 .   Interview                         Wirtschaftsweise Veronika Grimm                  Synthetische Kraft- und Brennstoffe sorgen für Wachstum
13 .      Zur Sache                         Die e+M-Zahl                                     Klimawirkung gesamtbilanziell betrachten
14 .      Zur Sache                         LCA-Studien im Vergleich                         Pkw-Technologien unter der Lupe
18 .      Interview                         BP-Europa-Chef Langhoff                          „Die Ölindustrie wird grün – und setzt auf E-Fuels“
20 .      Zur Sache                         Gründung der eFuel Alliance                      Starkes Bündnis für den Klimaschutz
22 .      Interview                         Mobilitätsexpertin Lenz                          Verschiedene Technologien: Zusammen sind sie stark
24 .      Kompakt                           E-Fuels in der Formel 1                          Neues aus der Welt der Energie

                                                                                                                                                                     Fotos: artegorov3@gmail – stock.adobe.com, privat, TUK/Koziel
25 .      Klartext                          Die Energie-Kolumne                              Henning Krumrey über Zölle für schmutzige Importe
26 .      Interview                         FDP-Umweltpolitikerin Skudelny                   „E-Fuels – für den Klimaschutz unverzichtbar“
28 .      Report                            Blick in die Forschung                           Sauber und stark durch Dual-Fuel-Brennverfahren
31 .      60 Sekunden über …                Herausforderung Energiewende                     Wie viele Jobs im Handel und Aftermarktet bedroht sind

IMPRESSUM
HERAUSGEBER UNITI Bundesverband mittelständischer Mineralölunternehmen e.V., Jägerstraße 6, 10117 Berlin, Elmar Kühn (V. i. S. d. P.) REDAKTIONSBEIRAT Elmar Kühn,
Dirk Arne Kuhrt, Annika Metze, Dominik Hellriegel CHEFREDAKTEUR Florian Flicke REDAKTIONSLEITUNG Gerhard Walter REDAKTION Wolfgang Kempkens,
Dirk Arne Kuhrt, Katharina Siemer, Kristina Simons, Sebastian Wolking ART DIREKTION Periodical.de BILD REDAKTION Karin Aneser VERLAG UND REDAKTIONSANSCHRIFT
Solutions by HANDELSBLATT MEDIA GROUP GmbH, Toulouser Allee 27, 40211 Düsseldorf, Tel. 0211/54227-700, Fax 0211/54227-722, www.solutions-hmg.com
VERLAGSGESCHÄFTS FÜHRUNG Andrea Wasmuth, Jan Leiskau, Dr. Christian Sellmann, ANZEIGENLEITUNG David Weigelt, Tel. 030/755414-540 DRUCK Strube Druck &
Medien OHG, 34587 Felsberg LITHO TiMe GmbH ADRESS ÄNDERUNGEN Geschäftsstelle UNITI, Tel. 030/755414-300, Fax 030/755414-366, E-Mail: info@uniti.de
ISSN 2195-4445 Der Inhalt der Beiträge gibt nicht in jedem Fall die Meinung des Herausgebers wieder. Alle Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Änderungen
behalten wir uns vor.

4
Der Plan vom grünen Wachstum - UNITI Bundesverband ...
hingeguckt

             Unerschöpfliche Energie aus der Wüste

             DEUTSCHLAND            EU               W E LT

                     Sonnenenergie ist die größte Energiequelle auf unserem Planeten. So
                     wandeln Solarzellen die Kraft der Sonne in elektrischen Strom um. Oder
                     Spiegel konzentrieren die Strahlen in solarthermischen Kraftwerken,
                     um Dampf bei hohen Temperaturen zu erzeugen. Professor Robert
                     Pitz-Paal, Direktor am Institut für Solarforschung des Deutschen Zent-
                     rums für Luft- und Raumfahrt (DLR), sieht in der Flächennutzung dieser
                     Technologien insbesondere an Wüstenstandorten große Potenziale. Er
                     schätzt, dass sowohl mit PV-Systemen als auch solarthermischen Kraft-
                     werken in Nordafrika auf einer Wüstenfläche von etwa 1.000 Kilometern
                     mal 1.000 Kilometern eine Strommenge erzeugt werden könnte, die
                     bilanziell den heutigen weltweiten Primärenergieverbrauch deckt. Der
                     Primärenergieverbrauch für die EU liegt heute mit etwa 70 Exajoule
                     bei etwas über einem Zehntel des Weltbedarfs und für Deutschland bei
                     circa 2 Prozent, was hier rechnerisch zu einer Wüstenfläche von
                     150 Kilometern mal 150 Kilometern für die bilanzielle Bedarfsdeckung
                     führt. Keine Frage: Es handelt sich dabei um Anlagen zur EE-Strom-
                     erzeugung in großen Dimensionen. Aus Klimaschutz- und wirtschaftli-
                     chen Gründen wird man aber auch „groß“ denken müssen. Die inter-
Foto: NASA

                     nationale Nutzbarmachung dieser enormen Solarpotenziale könnten
                     synthetische Energieträger sehr gut übernehmen.
                         4—2020                                                             5
Der Plan vom grünen Wachstum - UNITI Bundesverband ...
schwerpunkt           Wasserstoff

                                         DAS GRÜN-
                                         GOLDENE
                                         ZEITALTER
A       n der Börse wird die Zukunft ge-
        handelt, heißt es. Geht man nach
dem Börsensprichwort, dann gehört die
Zukunft Wasserstoff. Die Aktien von
Wasserstofffirmen wie Nel, McPhy oder
ITM Power haben im Corona-Jahr 2020
                                               Zukunft: Wasserstoff
eine regelrechte Börsenrallye hinter sich,
stiegen innerhalb weniger Monate um
über 100 Prozent und mehr. US-Truck-
hersteller Nikola Motors war schon kurz
nach dem Börsengang im Juni mit rund         Kaufmann, den die Bundesregierung
20 Milliarden US-Dollar wertvoller als       zum ersten Innovationsbeauftragten
Fiat, ohne je einen US-Dollar Umsatz         „Grüner Wasserstoff“ auserkoren hat.
erwirtschaftet oder einen einzigen Was-      „Wir meinen das ernst.“ Insgesamt
serstoff-Lkw verkauft zu haben. Bei In-      neun Milliarden Euro stellt die Bundes-
vestoren und Unternehmen herrscht            regierung für den Markthochlauf bereit.
pure H2-Euphorie. Dass die Potenziale        Derzeit liegt der nationale Verbrauch
von Wasserstoff und von wasserstoff-         von Wasserstoff bei 55 bis 60 Terawatt-
basierten Produkten enorm sind, darü-        stunden pro Jahr. Dabei handelt es sich
ber sind sich Erzeuger und Anwender          aber größtenteils um grauen Wasser-
international einig. Jetzt müssen sie nur    stoff, der aus fossilen Brennstoffen er-
noch gehoben werden.                         zeugt wird und enorme CO2-Emissio-
        In Deutschland fiel der Start-       nen freisetzt. Er wird hauptsächlich in
schuss ins Wasserstoffzeitalter mit der      der Chemieindustrie, bei der Herstel-
                                                                                                                 Fotos: artegorov3@gmail – stock.adobe.com, privat

Nationalen Wasserstoffstrategie, die im      lung von Ammoniak, Methanol und
Juni vorgestellt wurde. Wasserstoff ist      konventionellen Kraftstoffen verwen-
ein vielfältig einsetzbarer Energieträger,   det. Der Wasserstoff der Zukunft soll
heißt es im Dokument, der bei der Errei-     möglichst schnell klimafreundlich er-
chung der Klimaziele 2030 helfen soll.       zeugt werden, also mithilfe erneuerba-
                                                                                           Schnelle und klima-
38 Einzelmaßnahmen sollen die Strate-        rer Energien hergestellt werden und
                                                                                        freundliche Erzeugung
gie mit Leben füllen, die gesamte Wert-      eine noch breitere Anwendung erfah-
schöpfungskette abdecken: Erzeugung,         ren. Für 2030 rechnet die Bundesregie-
Transport, Speicherung und Verwen-           rung mit einem grünen Wasserstoff-
dung von Wasserstoff. „Die Bundesre-         bedarf in Deutschland von insgesamt
gierung hat sich mit der Wasserstoffstra-    90 bis 110 Terawattstunden. Andere
tegie sehr ehrgeizige Ziele gesetzt“, sagt   Prognosen kommen sogar auf 380
der CDU-Bundestagsabgeordnete Stefan         Terawattstunden.

6
Der Plan vom grünen Wachstum - UNITI Bundesverband ...
Wasserstoff          schwerpunkt

                                                                        T E X T Sebastian Wolking

                                   Die Euphorie um Wasserstoff kennt keine Grenzen.
                                Von grünem Wasserstoff, der mit erneuerbaren Energien
                                   und modernen Elektrolyseanlagen hergestellt wird,
                                     könnten Wirtschaft und Umwelt gleichermaßen
                                 profitieren. Mit der Nationalen Wasserstoffstrategie hat
                                 die Bundesregierung zum ersten Mal einen Handlungs-
                                   rahmen für die künftige Erzeugung, den Transport,
                                die Nutzung und Weiterverwendung von Wasserstoff und
                                  dessen Folgeprodukten vorgegeben. Doch damit der
                                     Aufbruch ins Wasserstoffzeitalter Realität wird,
                                         darf es nicht bei Ankündigungen bleiben.

Wasserstoff als Grundlage für
synthetische Kraftstoffe
Aber warum beim Wasserstoff aufhö-
ren? Ein technischer Verfahrensschritt
weiter und es kann ein sofort universell
einsetzbarer und logistisch einfach zu
transportierender Flüssigkraftstoff für
verschiedene Anwendungsbereiche glo-
bal verfügbar gemacht werden. Der
Wasserstoff ist dafür das Ausgangspro-
dukt, der durch den Prozess der Elekt-
rolyse aus der Zerlegung von Wasser in
Wasserstoff und Sauerstoff gewonnen
wird. Auch die Strategie der Bundesre-
gierung greift dies auf, in der Wasser-                                                    „Es gibt viele
stoff „zukünftig als Basis für syntheti-
sche Kraft- und Brennstoffe“ bezeichnet
                                                                                        Länder, die großes
wird. Stammt der dazu benötigte Strom
aus regenerativen Quellen, ist auch der
                                                                                         Interesse an der
Wasserstoff klimaneutral. Mit einem                                                       Erzeugung und
weiteren Produktionsschritt, der Syn-
these, wird der Wasserstoff mit Kohlen-                                                     dem Export
dioxid zu einem flüssigen Kraftstoff
„veredelt“. Dieser kann ohne zusätzli-                                                      von grünem
chen technischen Aufwand unter atmo-
sphärischen Umgebungsbedingungen                                                        Wasserstoff haben.“
gelagert, transportiert und genutzt,                                                                   Stefan Kaufmann,
sprich getankt, werden. Die Bundesre-                                                     Innovationsbeauftragter „Grüner Wasserstoff “
                                                                                                     der Bundesregierung
gierung spricht in der Strategie vom
Transport von Wasserstoff in Form von
PtX-Folgeprodukten, die „leicht und
                                               Universell einsetzbar,
sicher über weite Strecken transportiert
                                           einfach zu transportieren
werden“ können.
        Ein solcher synthetischer Kraft-
stoff kann konventionelle Kraftstoffe
schrittweise ersetzen und so den welt-     
weiten Fahrzeugbestand klimaneutral

                     4—2020                                                                                                                    7
Der Plan vom grünen Wachstum - UNITI Bundesverband ...
schwerpunkt               Wasserstoff

                                                        machen – vom Pkw über Schiffe bis                       Und im Luftverkehr? Hier kündigt
                                                       hin zu Flugzeugen. Das wäre die Ener-           die Bundesregierung an, eine Mindest-
CO2-neutrale Mobilität:
                                                        giewende im Verkehr, dazu bräuchte es           quote für strombasierte Flugkraftstoffe
Grüner Wasserstoff und                                  keine Anpassung oder Ersetzung der              von mindestens 2 Prozent im Jahr 2030
 seine Folgeprodukte                                    Antriebe und auch nicht der seit Jahr-          prüfen zu wollen. Nach viel klingt eine
 wie etwa synthetische                                  zehnten bestehenden Verteil- und Tank-          Quote von 2 Prozent nicht. Doch ist diese
   Kraftstoffe sind für
                                                        infrastruktur.                                  politisch-strategische Verankerung vor
  den klimaneutralen
  Verkehr der Zukunft
                                                                 Auch bis zur Politik ist mittlerwei-   allem ein Bekenntnis zu E-Fuels. Immer-
     unverzichtbar.                                     le die Expertenmeinung durchgedrun-             hin handelt es sich beim Luftverkehr um
                                                        gen, dass eine bezahlbare Energiewende          denjenigen Verkehrsbereich, in dem der
                                                        gerade im Verkehrsbereich nur mit Nut-          Aspekt Sicherheit ganz oben steht. Im
                                                        zung klimaneutraler flüssiger Kraftstoffe       Luftverkehr werden folgerichtig die mit
                                                        zu erreichen ist. Um den Markthochlauf          Abstand höchsten Anforderungen an die
                                                        dieser synthetisch hergestellten Kraft-         Kraftstoff-Funktionalität gestellt. E-Fuels
                                                        stoffe im Verkehrssektor in Deutschland         erfüllen sie. Die strombasierten Kraft-
                                                        in Schwung zu bringen, bedarf es einer          stoffe können mit konventionellem Kero-
                                                        zügigen und ambitionierten Umsetzung            sin gemischt werden, eine Flugzeugflotte
                                                        der EU-Erneuerbaren-Energien-Richtli-           muss dafür nicht umgerüstet werden.
                                                        nie durch die Bundesregierung. Die EU           Dies führt zu riesigen Klimaschutzeffek-
                                                        sieht darin vor, dass auch erneuerbare          ten. Flüssige E-Fuels weisen ebenso
                                                        Kraftstoffe wie E-Fuels einen Beitrag zur       wie konventionelle Kraftstoffe höchste
                                                        Integration erneuerbarer Energien in den        Energiedichten auf. Würde die Politik
                                                        Verkehrsbereichen leisten können. Die           dem klimaneutralen Energieträger den
                                                        Bundesregierung bekennt sich in der Na-         Einsatz in alle anderen Verkehrsbe-
                                                        tionalen Wasserstoffstrategie dazu, die         reichen ermöglichen, wäre dies ein
                                                        Richtlinie möglichst zügig umzusetzen,          logischer Schritt.
                                                        und stellt in Aussicht, den Anteil der er-
                                                        neuerbaren Energien am Endenergiever-           Import von grünem Wasserstoff –
                                                        brauch des Verkehrssektors im Jahr 2030         nächste Stufe der Energiewende
                                                        über die EU-Vorgaben von mindestens             Für die Erzeugung von Wasserstoff wer-
                          Anteil an erneuerbaren
                                                        14 Prozent hinaus zu erhöhen. Welche            den Elektrolyseanlagen benötigt, in de-
                          Energien erhöhen
                                                        Rolle E-Fuels für das verantwortliche           nen Wasser mithilfe von elektrischem
                                                        Bundesumweltministerium dabei spie-             Strom in seine Bestandteile Wasserstoff
                                                        len, ist eine der mit Spannung erwarteten       und Sauerstoff zerlegt wird. Zwar sollen
                                                        Klärungen in diesem Jahr.                       in den kommenden Jahren laut Strategie
                                                                                                        viele weitere Elektrolyseanlagen in
                                                                                                        Deutschland entstehen, mehr als 14 Tera-
                                                                                                        wattstunden werden sie bis 2030 aber
                                                                                                        vermutlich nicht produzieren können.
                                                                                                        Damit ist klar: Solar- und Windkraft zur
                                                                                                        Erzeugung von Wasserstoff und seinen
                                                                                                        Folgeprodukten ist keineswegs im Über-

                                                                                                                                                          Fotos: Bernhard Lang/Getty Images, Jochen Lübke/dpa/picture alliance
                                                                                                        fluss vorhanden. Der aktuelle und zu-
                                                                                                       künftige Bedarf an erneuerbaren Energi-
                                           Gewaltiges Potenzial:                                        en abseits des Wasserstoffs ist aber ohne-
                                        Die deutsche Stahlindustrie
                                                                                                        hin schon hoch. Stillgelegte Kohle- und
                                        muss bis 2050 klimaneutral
                                        werden – grüner Wasserstoff
                                                                                                        Kernkraftwerke müssen ersetzt und die
                                         soll Koks und Kohle in den                                     alte Generation der fossilen Energieträger
                                           nächsten Jahrzehnten                                         muss durch klimaneutrale ausgetauscht
                                              komplett ersetzen.                                        werden. „Wasserstoff spielt in Zukunft
                                                                                                        eine wichtige Rolle, aber alles steht und
                                                                                                        fällt mit dem Ausbau der erneuerbaren
                                                                                                        Energien“, sagt daher Graham Weale,
                                                                                                        Honorarprofessor für Energieökonomik
                                                                                                        an der Ruhr-Universität Bochum, der eine
                                                                                                        Studie zum Thema vorgelegt hat. „Wir
                                                                                                        sind in Europa nicht auf dem richtigen
                                                                                                        Weg. Der Ausbau der erneuerbaren Ener-
                                                                                                        gien verlangsamt sich.“                    

8                                                                                                                              Fortsetzung auf Seite 12
Der Plan vom grünen Wachstum - UNITI Bundesverband ...
Veronika Grimm    schwerpunkt

                                                                                                   INTERVIEW

                                                                                                  Veronika Grimm ist Mitglied im Sach-
                                                                                                  verständigenrat zur Begutachtung der
                                                                                                  gesamtwirtschaftlichen Entwicklung,
                                                                                                  einem Gremium der wirtschaftswissen-
                                                                                                  schaftlichen Politikberatung. Im Interview
                                                                                                  spricht die Professorin für Volkswirt-
                                                                                                  schaftslehre an der Universität Erlangen-
                                                                                                  Nürnberg über die Potenziale von Wasser-
                                                                                                  stoff und synthetischen Kraft- und Brenn-
                                                                                                  stoffen für die Energiewende.

                                                                                                  I N T E R V I E W Gerhard Walter

                                                                                                                          erst jetzt den klimaneutral erzeugten
                                                                                                                          Wasserstoff in den Blick?           Die
                                                                                                                          Klimaneutralität bis 2050 erreichen wir,
                                                                                                                          indem wir erneuerbaren Strom nutzen,
                                                                                                                          um den Mobilitäts- und den Wärmesek-

                                         „Wendepunkt in                                                                   tor sowie die Industrie zu dekarbonisie-
                                                                                                                          ren beziehungsweise zu defossilisieren.
                                                                                                                          In einigen Bereichen kann dies über die
                                                                                                                          direkte Elektrifizierung geschehen, wie
                                         der Energiepolitik“                                                              beim Batteriefahrzeug oder der Wärme-
                                                                                                                          pumpe. In anderen Bereichen sind kli-
                                                                                                                          maneutraler Wasserstoff und darauf ba-
                                                                                                                          sierende synthetische Energieträger die
                                                                                                                          einzig sinnvolle Option, etwa in der
                                                                                                                          Schwermobilität und in Teilen der Indus-
                                                                                                                          trie. Aktuell ist die Herstellung von grü-
                                                                                                                          nem Wasserstoff mittels Elektrolyse
                               Frau Grimm, Wasserstoff ist                   thetische Energieträger eine entscheiden-    noch sehr teuer. Es wird aber bei zuneh-
                               als Energieträger für Industrie und           de Rolle. In Deutschland wurde außer-        mender Produktion eine Kostendegressi-
                               Verkehr deutlich in den Mittelpunkt           dem mit dem Klimapaket 2019 die              on bei den Anlagen einsetzen und damit
                               der Politik gerückt. Ist diese Neuorien-      Bepreisung von CO2 in allen Sektoren als     auch der Preis von grünem Wasserstoff
                               tierung ein Wendepunkt in der deut-           Leitinstrument der Klimapolitik etab-        sinken. Außerdem ist zu erwarten, dass
                               schen Energiepolitik?            Durch das    liert. Diese Entwicklungen markieren in      CO2-Emissionen immer teurer werden
                               Ziel der Klimaneutralität bis 2050, das       der Tat einen Wendepunkt in der Klima-       und sich dadurch auch die Attraktivität
Foto: Giulia Iannicelli/H2.B

                               die EU im Rahmen des Green Deal for-          und Energiepolitik, aber auch in der In-     klimaneutraler Energieträger im Ver-
                               muliert hat, müssen ganz neue Akzente         dustriepolitik. Es kommt jetzt auf die       gleich zu deren fossilen Pendants erhöht.
                               in der Energiepolitik gesetzt werden.         Umsetzung an.
                               Spätestens jetzt ist klar, dass alle Sekto-                                                ? Welche volkswirtschaftlichen
                               ren konsequent dekarbonisiert werden          ? Wasserstoff aus fossiler Herstel-          Vorteile lassen sich mit der Nutzung
                               müssen. Dabei spielen klimaneutraler          lung kommt bereits seit Jahrzehnten          von Wasserstoff verwirklichen?
                               Wasserstoff und darauf basierende syn-        zum Einsatz. Wieso nimmt die Politik         Stichwort: Wertschöpfungsketten …            

                                                      4—2020                                                                                                       9
Der Plan vom grünen Wachstum - UNITI Bundesverband ...
schwerpunkt            Veronika Grimm

                                               nötig. Und es ist wichtig, einen verlässli-
                                               chen Handlungsrahmen für die Wirt-
                                               schaft zu schaffen. Das geht eigentlich nur
                                               über marktorientierte Mechanismen,
                                               nicht über kleinteilige Förderinstrumente.

        Um klimaneutralen Wasserstoff          ? Bis 2030 sollen hierzulande Produk-
in großem Umfang verfügbar zu machen,          tions- beziehungsweise Elektrolyse-
ist der Aufbau von komplexen Wert-             Kapazitäten von vorerst fünf Gigawatt,
schöpfungsketten einer zukünftigen Was-        bis 2040 von zehn Gigawatt aufgebaut
serstoffwirtschaft nötig. Das ist ein Pro-     werden. Reicht das aus, um den Pfad der
zess, der sich über viele Jahre hinziehen      Wasserstofftechnologie erfolgreich zu           „Auf Dauer wird
wird. Das reicht von der reinen Wasser-        beschreiten?        Auf Dauer wird
stofferzeugung über den Transport – also       Deutschland seinen Wasserstoffbedarf
                                                                                                Deutschland
die Logistik – bis hin zur vielfältigen Nut-
zung in den Sektoren Mobilität, Wärme
                                               nicht aus heimischer Produktion decken.
                                               Aktuell importiert die Bundesrepublik
                                                                                             seinen Wasserstoff-
und Industrie, aber auch zur Langzeit-
speicherung von Strom.
                                               ungefähr 72 Prozent ihres Primärenergie-       bedarf nicht aus
                                                                                                 heimischer
? Kann die Wasserstoffwirtschaft
neue Arbeitsplatzpotenziale heben?                                                               Produktion
        Ja, das zeichnet sich ganz klar ab.
Die deutsche Industrie ist exzellent auf-                                                         decken.“
gestellt, um Schlüsselkomponenten für
eine zukünftige Wasserstoffwirtschaft zu
produzieren. Viele traditionelle Stärken
der deutschen Industrie sind hier gefragt –
etwa im Maschinenbau oder in der chemi-
schen Industrie, bei der Produktion von
Kraftfahrzeugen und in der Zulieferindus-
trie. Das sichert bestehende Arbeitsplätze;
wir müssen aber frühzeitig Sorge tragen,
auch Fachkräfte auszubilden, die neue
relevante Qualifikationen erwerben. Hier                     Veronika Grimm
ist es wichtig, ein effektives Zusammen-           ist seit 2008 Inhaberin des Lehr-
                                                  stuhls für Volkswirtschaftslehre an
spiel von Forschungseinrichtungen und
                                                  der Friedrich-Alexander-Universität
Industrie zu befördern, damit die notwen-            Erlangen-Nürnberg. Seit 2020
dige Expertise zu Zukunftsthemen auch             ist sie Mitglied des Sachverständi-
schnell aufgebaut werden kann.                         genrats zur Begutachtung
                                                       der gesamtwirtschaftlichen
                                                               Entwicklung.
? Die Herstellung von Wasserstoff
aus erneuerbaren Energien wird nun
massiv gefördert. Reichen die bisheri-
gen Maßnahmen der Nationalen
Wasserstoffstrategie aus?           Die
Wasserstoffstrategien auf Bundes-, Län-
der- und EU-Ebene gehen alle weit über
die Förderung der Herstellung von grü-
nem Wasserstoff hinaus. Es geht um den
Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft ent-
lang der gesamten Wertschöpfungskette.
Dafür muss in großem Umfang privat-
wirtschaftliches Kapital aktiviert werden.
Damit dies geschieht, ist ein gutes Zusam-
menspiel der Strategien auf EU- und Bun-
desebene sowie auf Ebene der Länder

10
Veronika Grimm        schwerpunkt

                                                                                                  „Wir müssen die
                                                                                              energiewirtschaftlichen
                                                                                               Rahmenbedingungen
                               bedarfs. Aufgrund von geografischen und                          anpassen, sodass
                               klimatischen Gegebenheiten ist damit zu
                               rechnen, dass Deutschland auch in einer
                                                                                           klimaneutrale Technologien
                               zukünftigen klimafreundlichen Welt auf
                               Energieimporte angewiesen bleibt. Das
                                                                                              und Produkte relativ zu
                               heißt, es müssen jetzt internationale Ko-                    ihren fossilen Alternativen
                               operationen aufgebaut werden, um die
                               Grundlage zu schaffen, zunehmend auch                            attraktiver werden.“
                               erneuerbare Energieträger, also Wasser-
                               stoff und darauf basierende synthetische
                               Kraftstoffe, zu importieren. Auch dies ist
                               ein Schwerpunkt der vorliegenden Was-
                               serstoffstrategien. Für den Aufbau von
                               Technologiekompetenz, der sich aus dem
                               Bau und Betrieb der Elektrolyseanlagen
                               und der entsprechenden Logistik ergibt,
                               ist es wichtig, dass Elektrolyseanlagen
                               auch hierzulande gebaut und betrieben         Produktionsvolumen doch massiv ge-           Produkte relativ zu ihren fossilen Alter-
                               werden – allerdings nicht in dem Umfang,      steigert werden?          Auf lange Sicht    nativen attraktiver werden. Hier gibt es
                               um den heimischen Energiebedarf kom-          stimmt das. Es gibt weltweit viele Regio-    noch viel zu tun. Das Leitinstrument der
                               plett zu decken.                              nen, in denen die Gestehungskosten er-       Klimapolitik muss ein sektorenübergrei-
                                                                             neuerbarer Energien niedrig sind und wo      fender, einheitlicher und EU-weiter CO2-
                               ? Welche Anwendungsmöglichkeiten              keine Konkurrenz mit der nationalen          Preis sein. Dazu sollte idealerweise der
                               sehen Sie für den Wasserstoff, in wel-        Energieversorgung besteht, in Afrika, Is-    europäische Emissionshandel ausgeweitet
                               cher Form macht sein Einsatz am meis-         land, Kanada, Patagonien zum Beispiel.       und gestärkt werden. Da dies Zeit braucht
                               ten Sinn und in welchen Sektoren?             Günstig erzeugter grüner Wasserstoff         macht es aber Sinn, dass wir in Deutsch-
                                       Es gibt verschiedene Einsatzberei-    oder synthetische Kraftstoffe können         land schneller vorangehen und möglichst
                               che, in denen Wasserstoff und syntheti-       dann zukünftig kostengünstig auf dem         einheitliche CO2-Preise in allen Sektoren
                               sche Energieträger nach heutigem Kennt-       Seeweg nach Europa transportiert wer-        einführen. Gleichzeitig sollten die Ener-
                               nisstand die einzig sinnvolle Option sind.    den. In welcher Form Wasserstoff genau       giepreise von den zahlreichen verzerren-
                               Dazu gehören der Luftverkehr, die Schiff-     transportiert wird, das ist noch offen. Es   den Abgaben und Umlagen befreit wer-
                               fahrt, schwere Nutzfahrzeuge und einige       gibt viele Möglichkeiten, tiefgekühlt, ge-   den – Stromsteuer, EEG-Umlage und
                               Bereiche in der Industrie. In der Industrie   bunden als synthetischer Kraftstoff oder     weiteres. Die entfallenden Einnahmen
                               wird grüner Wasserstoff als Rohstoff          an flüssige Wasserstoffträger gekoppelt –    könnten durch die Einnahmen aus der
                               fossile Produkte ersetzen. In der indivi-     die Optionen haben alle Vor- und Nach-       CO2-Bepreisung refinanziert werden. Ne-
                               duellen Mobilität wird es – sofern es die     teile. Umso schneller Partnerschaften ge-    ben einer solchen Energiepreisreform
                               entsprechende Wasserstoff-Tankstellen-        schlossen werden und Erfahrungen mit         muss zeitnah der Aufbau von Infrastruk-
                               infrastruktur erst einmal gibt – ein Ne-      Erzeugung, Transport und Logistik ge-        turen für die Wasserstoffwirtschaft ange-
                               beneinander von Batterie- und Brenn-          macht werden können, desto klarer wird       stoßen und im Bedarfsfall gezielt geför-
                               stoffzellenfahrzeugen geben. Hier             das Bild.                                    dert werden. Darüber hinaus ist der
                               werden die einzelnen Kunden letzten En-                                                    Ausbau von Forschungsinfrastrukturen
                               des entscheiden, welchen Antrieb sie be-      ? Welche Lösungen sollten die Bun-           wichtig, auch mit dem Fokus, einen
                               vorzugen. Außerdem sind synthetische          desregierung und die EU anstreben,           schnelleren Transfer von der Forschung
                               Kraftstoffe als Beimischung zu konventi-      damit die Wasserstoffherstellung und         hin zur Anwendung zu ermöglichen. Und
Foto: Giulia Iannicelli/H2.B

                               onellen Kraftstoffen eine Option.             die Produktion wasserstoffbasierter          letztlich wäre es wichtig, dass klimaneut-
                                                                             Folgeprodukte betriebswirtschaftlich         rale Produkte auch als solche identifizier-
                               ? Wenn Wasserstoff und syntheti-              wettbewerbsfähig werden können?              bar sind, durch eine geeignete Zertifizie-
                               sche Kraftstoffe im sonnenreichen                    Wir müssen die energiewirtschaft-     rung. Das ist für grüne Investitionen von
                               Nordafrika oder im windreichen Pata-          lichen Rahmenbedingungen anpassen,           entscheidender Bedeutung – und gibt In-
                               gonien hergestellt werden, kann das           sodass klimaneutrale Technologien und        vestoren Sicherheit.                        

                                                      4—2020                                                                                                       11
schwerpunkt           Wasserstoff

                                              keit von Öl und Gas reduzieren und ganz       dent ist“, glaubt Kaufmann. Im Sommer
                                              neue Geschäftsmodelle entwickeln. Tat-        sagte die Trump-Regierung bereits 64
                                              sächlich will Russland bis 2024 eine Was-     Millionen US-Dollar für den Aufbau ei-
                                              serstoffproduktion aufbauen. Der Staats-      ner grünen Wasserstoffwirtschaft zu.
                                              konzern Gazprom könnte demnach dem                    Dafür spricht auch, dass Wasser-
        Darum richtet sich die deutsche       Erdgas, das über die Pipeline Nord            stoff aus Ökostrom schon 2023 in der
Wasserstoffstrategie nicht nur nach in-       Stream 2 nach Europa gelangt, Wasser-         Herstellung genauso günstig sein könnte
nen, sondern vor allem nach außen. Der        stoff von bis zu 20 Prozent beimischen.       wie Wasserstoff aus Erdgas. Davon profi-
Plan ist es, in sonnenreichen Regionen        Die EU selbst will 145 Milliarden Euro in     tieren dann auch die Folgeprodukte. Ei-
der Erde grünen Wasserstoff produzieren       die Entwicklung der Zukunftstechnolo-         nerseits sinken die Kosten für Windkraft
und von dort nach Mitteleuropa exportie-      gie investieren, Ex-Mitglied Großbritan-      immer weiter und auch Elektrolyseanla-
ren zu lassen. Die Bundesregierung lotet      nien stellte im Rahmen der Corona-Hilfe       gen werden immer günstiger gebaut wer-
dafür gerade Partnerschaften aus. Bis         auch Fördergelder für Wasserstoff bereit.     den können. Zu diesem Schluss kommt
Ende 2020 werden mit über 30 Ländern          Zudem spielen Länder wie die H2-Pionie-       eine Analyse der US-Bank Morgan Stan-
im Norden, Westen und Süden Afrikas           re Norwegen und Japan, Rohstoffgigant         ley. „Wasserstoff ist langfristig absolut
Gespräche zur Umsetzbarkeit geführt.          Australien oder Hidden Champion Chile         notwendig“, meint Energieökonom
„Es gibt viele Länder, die großes Interesse   eine gewichtige Rolle. Und dann wären         Graham Weale. Man müsse halt nur einen
an der Erzeugung und dem Export von           da noch die Vereinigten Staaten, in denen     ersten Schritt machen, in Vorleistung ge-
grünem Wasserstoff haben“, sagt Stefan        im nächsten Jahr entweder der bisherige       hen und investieren – so wie damals bei
Kaufmann. Mit Marokko konkretisieren          oder ein neuer Präsident ins Weiße Haus       den erneuerbaren Energien auch. Der
sich bereits die weiteren Gespräche. Im       einziehen wird. „Grüne Investments wer-       erste Schritt hin zu einer Wasserstoff-Zu-
Wüstenstaat soll eine industrielle Power-     den in den Vereinigten Staaten weiter zu-     kunft ist damit klar. Aber er darf nicht der
to-X-Anlage gebaut werden. „Sie ist so-       nehmen, unabhängig davon, wer Präsi-          einzige Schritt bleiben.
wohl für Marokko als auch für Deutsch-
land ein Meilenstein und hebt die Ener-
giewende auf die nächste Stufe“, sagt eine               G R Ü N E W A S S E R S T O F F -Z U K U N F T
Sprecherin der KfW Entwicklungsbank,
die das Projekt finanziert. „Darüber hin-
aus will sich die Bundesregierung auch                  Mit der Nationalen Wasserstoffstrategie legt die Bundesregierung die
im Bereich der Aus- und Weiterbildung                   entscheidende Grundlage für eine breite Anwendung von Wasserstoff
engagieren“, betont Kaufmann. Die Rede                  und von auf Wasserstoff basierenden Folgeprodukten, wie flüssigen
ist etwa von Kompetenzzentren an Uni-                   synthetischen Kraft- und Brennstoffen:
versitätsstandorten in Afrika, in denen
schulische und akademische Ausbildung                   1. Energiewende mit Wasserstoff: Wasserstofftechnologien und darauf auf-
verzahnt und Expertise in den Partner-                     bauende alternative Energieträger sind integraler Bestandteil der Energie-
ländern aufgebaut werden könnten.                          wende. Derzeit eingesetzte fossile Einsatzstoffe und Energieträger sollen
        Der globale Wettlauf hat ohnehin                   perspektivisch durch auf erneuerbarem Strom basierende Alternativen,
längst begonnen. „Wasserstoff ist ein Me-                  wie zum Beispiel durch PtX-Verfahren, ersetzt werden.
gatrend, nicht nur in Europa“, meint
Kaufmann. Wasserstoff in Reinform,                      2. Sektorkopplung mit Wasserstoff: Gerade in Bereichen, in denen Strom
Wasserstoff als Grundlage von syntheti-                    aus erneuerbaren Energien nicht direkt eingesetzt werden kann, schaffen
schen Energieträgern. Grüner Wasser-                       grüner Wasserstoff und seine Folgeprodukte neue Möglichkeiten.
stoff wird in den kommenden Jahren
deutlich an Bedeutung nicht nur für die                 3. Verkehr und Wasserstoff: Mobilitätsanwendungen beinhalten ein großes
Wirtschaft gewinnen. Auch hohe klima-                      Potenzial zur Nutzung von Wasserstoff. Die wasserstoff- und PtX-basierte
politische Erwartungen sind damit ver-                     Mobilität ist gerade für solche Anwendungen eine Alternative, bei denen
knüpft, schließlich haben sich die EU                      der direkte Einsatz von Elektrizität nicht sinnvoll oder technisch nicht
und ihre Mitgliedstaaten zu einer CO2-                     machbar ist.
neutralen Lebens- und Wirtschaftsweise
im Jahr 2050 bekannt. Die Stiftung Wis-                 4. Wärmemarkt und Wasserstoff: Wasserstoff und seine Folgeprodukte kön-
senschaft und Politik (SWP) in Berlin                      nen langfristig auf verschiedene Weise einen Beitrag zur Defossilisierung
geht davon aus, dass Wasserstoff die                       des Wärmemarkts leisten.
Handelsbeziehungen in Zukunft prägen
und geopolitische Dimensionen anneh-                    5. E-Fuels als PtX-Produkt: Der Transport von Wasserstoff kann in Form von
men wird. China werde demnach in                           PtX-Folgeprodukten leicht und sicher über weite Strecken erfolgen.
puncto Wasserstoff der größte Konkur-
rent des Westens, Länder wie die Verei-                 6. Importe von Wasserstoff: Pilotvorhaben in Partnerländern sollen aufzei-
nigten Arabischen Emirate, Saudi-Arabi-                    gen, ob und wie grüner Wasserstoff und dessen Folgeprodukte dort nach-
en und Russland könnten ihre Abhängig-                     haltig und wettbewerbsfähig produziert und vermarktet werden können.

12
Die e+M-Zahl                  zur sache

                                                              157
                                            G R A M M C O2 / K M

                              beträgt heute die klimabilanzielle CO2-Emission eines E-Autos in der Kompaktklasse*.
                              Bei gleichem Parameterset kommt ein Verbrennungsmotor mit beispielsweise konven-
                              tionellem Dieselkraftstoff auf 172 Gramm CO2/km. In diesem Beispiel wird nach etwas
                             über der Hälfte der Gesamtfahrleistung der E-Kompakt-Pkw gegenüber dem Verbrenner
                              in dieser Klasse vorteilhaft. Stammt die im E-Fahrzeug eingesetzte Batterie aus Asien,
                             bleibt mit einem Emissionswert von 178 Gramm CO2/km der E-Kompakt-Pkw gegenüber
                              seinem Pendant mit Dieselantrieb klimabilanziell über die gesamte Nutzungsdauer im
                                  Nachteil. Der „Kipppunkt“ für die Emission liegt hier mit 237.000 zu fahrenden
                                 Kilometern außerhalb der zugrunde gelegten Gesamtfahrleistung. In der Zukunft
                               können beide Antriebstechnologien gleichermaßen klimafreundlicher werden – auch
                                in den höheren Leistungsklassen –, entweder mit E-Fuels aus Regionen mit hohen
                                 EE-Erträgen oder mit der Direktnutzung von in Deutschland erzeugtem EE-Strom.
Icon: flaticon.com/Freepik

                                                                                               * Berechnungsparameter siehe Seite 16/17 in dieser Ausgabe

                                4—2020                                                                                                                      13
zur sache                                LCA-Studienvergleich

                                 „Politischer
                              Perspektivwechsel
                                  geboten“
                                                                                       T E X T Katharina Siemer und Dirk Arne Kuhrt

        Im Jahr 2019 erschienen unabhängig voneinander gleich mehrere Studien, die die
           CO2-Bilanz von Pkw-Antrieben im Straßenverkehr unter die Lupe nahmen.
      Wie nicht anders zu erwarten, fielen die Bilanz-Ergebnisse und die daraus abgeleiteten
           Technologiepräferenzen zum Teil differenziert aus. Ein guter Grund für die
      Wissenschaftler von Frontier Economics, acht Studien namhafter Institutionen näher
     zu betrachten und eine Einordnung vorzunehmen. Trotz unterschiedlicher Ergebnisse
       kann aber eines festgehalten werden: Bei der Pkw-Klimabilanzierung wenden viele
      Fachexperten die LCA-Methode an, nicht die Tank-to-Wheel-Sicht. Die Frage nach der
            Tragfähigkeit von Bilanzierungsansätzen könnte damit beantwortet sein.

              D I E LC A- M E T H O D E N M I T B R E I T E R E M U N T E R S U C H U N G S S P E K T R U M

                       FÜHREN ZU TECHNOLOGIENEUTRALEN BEWERTUNGEN*.

                                                                                                                                        „Die fehlende
                                                                                                                                       gesamtheitliche                            Grafik: Frontier Economics, Foto: Frontier Economics

                                                                                                                                        Perspektive ist
                                                                                                                                      kontraproduktiv für
                                                                                                                                      das Erreichen des
                                                                                                                                        Klimaschutzes.“
                                                                                                                                                     Dr. Jens Perner,
                                                                                                                                       Leiter der Studie bei Frontier Economics

* VERGLEICH VON STUDIEN ZUR CO2-GESAMTBILANZ FÜR ANTRIEBSTECHNOLOGIEN IM
I N D I V I D U A LV E R K E H R , F R O N T I E R E C O N O M I C S , M A I 2 0 2 0

14
LCA-Studienvergleich                                              zur sache

                                                                                                                                                                                                                            VERGLEICH DER
                                                                                                                                                                                                                          CO2-GESAMTBILANZ

                                                                                                                                                                                                                           L E B E N S Z Y K L U S A N A LY S E

                                                                                                                                                     „Über alle Studien

                                                                                                                                                                                             C R A D L E - T O - G AT E
                                                                                                               Die Studien-Vergleichs-
                                                                                                                 untersuchung steht
                                                                                                                 unter www.uniti.de
                                                                                                                                                   hinweg gibt es keine
                                                                                                               zum Download bereit.
                                                                                                                                                     Technologie, die
                                                                                                                                                    übergreifend allein
                                                                                                                                                       vorteilhaft ist.“                                                         Fahrzeugherstellung

                                                                                                                                                                   Theresa Steinfort,
                                                                                                                                                                     Co-Autorin

                                                                                                                                                                                             W E L L- T O - TA N K
                                                                                                               L    ange Zeit glaubten Politiker, dass allein der Einsatz von
                                                                                                                    Elektrofahrzeugen die Verkehrswende möglich macht.

                                                                                                                                                                                                                                                                  C R A D L E -TO - G R AV E
                                                                                                               Doch erstens ist das mengenmäßig mehr als fraglich. Und zwei-
                                                                                                               tens: Solange E-Autos mit Strom aus fossilen Quellen laufen, ist
                                                                                                                                                                                                                                 Kraftstoffherstellung
                                                                                                               für das Klima nichts, aber auch gar nichts gewonnen. Dann ver-
                                                                                                               schieben sich Emissionen einfach vom Auspuff zum Kraftwerk.
                                                                                                               Nach Berechnungen des Instituts für Weltwirtschaft (IfW) in

                                                                                                                                                                                             TA N K- T O - W H E E L
                                                                                                               Kiel würde die vollständige Umstellung auf Elektro-Pkw allein
                                                                                                               in Deutschland den Strombedarf um fast 20 Prozent erhöhen.
                                                                                                               „Der erhöhte Strombedarf erfordert die zusätzliche Nutzung
                                                                                                               fossiler Energieträger“, sagt IfW-Forscher Ulrich Schmidt. Es
Icons made by Smashicons and Freepik from flaticon.com; Foto: Frontier Economics, Quelle: Frontier Economics

                                                                                                               sei klimaschonender, mit erneuerbaren Energien den Anteil
                                                                                                                                                                                                                               FOKUS DERZEITIGER
                                                                                                               fossiler Energieträger – insbesondere von Kohle – im Strommix
                                                                                                                                                                                                                                  GESETZGEBUNG
                                                                                                               zu reduzieren und gleichzeitig den Strombedarfsanstieg mög-
                                                                                                               lichst in Grenzen zu halten.                                                                                            Nutzung

                                                                                                               LCA-Betrachtungen – umgesetzt in acht Studien
                                                                                                                                                                                             END-OF-LIFE

                                                                                                               Doch nicht nur beim verbrauchten Strom, auch bei der Herstel-
                                                                                                               lung von Elektrofahrzeugen entstehen klimaschädliche Emissi-
                                                                                                               onen. Speziell die Produktion der Batteriezellen benötigt viel
                                                                                                               Energie und verursacht erhebliche CO2-Emissionen, vor allem
                                                                                                               in den heutigen Hauptherkunftsländern China, Japan und Ko-
                                                                                                               rea. Es ist also zu kurz gedacht, die CO2-Emissionen allein an-
                                                                                                               hand der Nutzungsphase direkt am Fahrzeug zu bemessen und
                                                                                                               allein daraus Technologiebewertungen abzuleiten. Vielmehr fal-                                                    End-of-Life/Recycling

                                                                                                               len bei den unterschiedlichen Antrieben Emissionen zu ganz

                                                                                                                                                                                          V
                                                                                                               unterschiedlichen Zeitpunkten, in verschiedenen Sektoren und
                                                                                                               auch in unterschiedlichen Ländern an. Um herauszufinden, wel-
                                                                                                               che Klimaschutzwirkung welche Antriebsart tatsächlich im Ver-
                                                                                                               kehrssektor ausübt, muss der gesamte Lebenszyklus in den                     Spätestens seit 2019: Wissenschaft
                                                                                                                                                                                            und Fachöffentlichkeit wenden vermehrt
                                                                                                               Blick genommen werden. Das wird durch neuere Studien und
                                                                                                                                                                                            den LCA-Ansatz für Klimabilanzen an.

                                                                                                                                                                                          !
                                                                                                               Analysen von acht namhaften Institutionen bestätigt, die alle-
                                                                                                               samt auf den LCA-Ansatz (Lebenszyklusanalyse) setzen.
                                                                                                               Von Studie zu Studie unterscheiden sich mitunter die Ergebnis-               In aktuell geltenden Regularien ist nicht
                                                                                                                                                                                            der LCA-Ansatz, sondern noch eine einge-
                                                                                                               se für die Klimabilanzen der untersuchten Technologien zum                   schränkte Tank-to-Wheel-Sicht verbreitet.
                                                                                                               Teil erheblich. Für die Wissenschaftler vom europäischen Bera-
                                                                                                               tungsunternehmen Frontier Economics war das Grund genug,                     Quelle: Frontier Economics
                                                                                                               alle diese Studien einer näheren Betrachtung zu unterziehen     

                                                                                                                                         4—2020                                                                                                                                                15
zur sache                                LCA-Studienvergleich

   und den Versuch einer systematischen                                                      Teil auch das Recycling einbeziehen. Das                                                  gen Einflussparameter auf die CO2-Klima-
   Einordnung vorzunehmen*, nachdem                                                          zeigt, dass für die Fachexperten die                                                      bilanz von Pkw-Antrieben, die sich aus
   Frontier Economics Ende 2019 auch                                                         Klimabilanzierung am Auspuff allein kei-                                                  den zahlreichen Anwendungsfällen in der
   selbst umfassende Berechnungsmodelle                                                      ne tragfähige Diskussionsgrundlage mehr                                                   Praxis ergeben. Einige berücksichtigen
   zu diesem Thema entwickelt und in einer                                                   ist. Dies ist ein Indiz dafür, dass heutige                                               ein breiteres Untersuchungsfeld, andere
   eigenen Studie veröffentlicht hatte**.                                                    legislative Regularien überdacht werden                                                   „konzentrieren ihre Analyse auf Einzel-
                                                                                             müssen. Im Zusammenhang damit wäre                                                        fälle, beispielsweise auf eine bestimmte
   Drei wesentliche Erkenntnisse                                                             zum Beispiel die heutige Festsetzung der                                                  herausgegriffene Fahrzeugklasse, und
   Erstens: Auffällig ist, so die Autoren                                                    europäischen Flottengrenzwerte mit ihrer                                                  schlussfolgern aus diesem engeren Unter-
   Jens Perner und Theresa Steinfort, dass                                                   „0 Gramm CO2-Emission pro gefahrenen                                                      suchungsspektrum heraus, dass eine be-
   alle Studien die wesentlichen Lebenszyk-                                                  Kilometer“-Sicht für das E-Auto aus der                                                   stimmte Technologie generell vorteilhaft
   lusabschnitte Fahrzeugherstellung                                                         Perspektive der Autoren von Frontier                                                      ist“, sagt Theresa Steinfort. So sei in der
   (Cradle-to-Gate), Energiebereitstellung                                                   überarbeitungsbedürftig.                                                                  ifo-Studie mit Blick auf ein Oberklasse-
   (Well-to-Tank) und Fahrzeugnutzung                                                        Zweitens: Die Studien betrachten in un-                                                   fahrzeug der Verbrennungsmotor im Vor-
   (Tank-to-Wheel) berücksichtigen, zum                                                      terschiedlicher Ausprägung die vielfälti-                                                 teil, bei einer Agora-Studie das E-Fahr-

* * AU S D E R LC A- ST U D I E VO N F R O N T I E R E C O N O M I C S , N OV E M B E R 2 0 1 9 : FA L L B E I S P I E L E F Ü R D I E G E S A M T K L I M A-

B I L A N Z V O N P K W M I T B AT T E R I E E L E K T R I S C H E M ( B E V ) U N D V E R B R E N N U N G S M O T O R I S C H E M A N T R I E B ( I C E V )

                                                                        P K W - K O M PA K T K L A S S E                                                                      PKW-MITTELKLASSE
 2020 –2030                                                             (Fahrleistung: 20.000 km/Jahr)                                                                        (Fahrleistung: 30.000 km/Jahr)

                                                                                                                                                                                                                                                                                Quelle: Frontier Economics, Die CO2-Gesamtbilanz für Antriebstechnologien im Individualverkehr heute und in Zukunft, 2019
                                                                         22        18                              130                                2                      14       20                                      145                                 2

Emissionen Verbrenner (ICEV) in g CO2 pro km                                                                                                                         = 172                                                                                              = 181
                                                                            38                               114                                6                                 34                                   129                                  6

Emissionen Batteriefahrzeug (BEV) in g CO2 pro km                                                                                                                    = 157                                                                                              = 169

BATTERIEHER ST E L LU NG E U
                                                                              20        40       60     80     100        120        140        160       180        200          20         40         60        80     100        120   140      160           180   200

    Break-even-Punkt (nach gefahrenen km)                                                    114.000                                                                         198.000

 2020 –2030

                                                                         22        18                              130                                2                      14   20                               146                         2

Emissionen Verbrenner (ICEV) in g CO2 pro km                                                                                                                         = 172                                                                                             = 181
                                                                                   58                                114                                 6                            58                                 129                       6

Emissionen Batteriefahrzeug (BEV) in g CO2 pro km                                                                                                                    = 178                                                                                             = 193

BATTERIEHER ST E L LU NG CH I NA
                                                                              20        40       60     80     100        120        140        160       180        200                         50               100               150                200             250

    Break-even-Punkt (nach gefahrenen km)                                                    2 3 7. 0 0 0    (außerhalb der Nutzungsdauer)                                   394.000                  (außerhalb der Nutzungsdauer)

 2040 –2050

                                                                              12                                    36                                           1                8                                      40                             1

Emissionen Verbrenner (ICEV) in g CO2 pro km                                                                                                                         = 49                                                                                              = 49
                                                                                    18                                   29                                  2                         16                                     33                            2

Emissionen Batteriefahrzeug (BEV) in g CO2 pro km                                                                                                                    = 49                                                                                              = 51
BATTERIEHER ST E L LU NG E U
                                                                              5         10      15    20     25      30         35         40       45       50                             10               20              30           40                50          60

    Break-even-Punkt (nach gefahrenen km)                                                    195.000                                                                          359.000                 (außerhalb der Nutzungsdauer)

    S T R O M M I X : R E F E R E N Z S Z E N A R I O , D Y N A M I S C H E R E E - A U S B A U / K R A F T S T O F F M I X : H E U T E KO N V E N T I O N E L L E R D I E S E L K R A F T S T O F F ; I M N U T Z U N G S Z E I T R A U M
    2 0 4 0 – 2 0 5 0 M I T D U R C H S C H N I T T L I C H 7 5 % E - F U E L- B E I M E N G U N G Z U M KO N V E N T I O N E L L E N K R A F T S T O F F ; B R E A K- E V E N - P U N K T B E Z E I C H N E T D I E A B S O LV I E R T E
    K M - F A H R L E I S T U N G , A B D E R D A S B E V G E G E N Ü B E R D E M I C E V K L I M A B I L A N Z I E L L V O R T E I L H A F T I S T.

   16
LCA-Studienvergleich          zur sache

zeug mit starker Fokussierung auf die                                                   hen gebe es also nicht „die eine“ Techno-     Kraftstoff-/Kraftstoffmixentwicklungen,
Kompaktklasse.                                                                          logie, die alle anderen ins Abseits stelle,   Fahrzeuggrößen/-klassen, Batteriekapazi-
Drittens: Bei den Studien mit einem brei-                                               betonen die Autoren von Frontier. „Be-        täten, Nutzungsprofile, Betriebszeiträume
teren LCA-Untersuchungsspektrum zeigt                                                   merkenswert für uns sind die ähnlichen        (innerhalb des Zeitraums von 2020 bis
sich insgesamt ein ähnliches Ergebnisfeld                                               Ergebnisbandbreiten bei den umfassend         2050) oder Gesamtfahrleistungen.
der CO2-Bilanzierung, vor allem bezogen                                                 angelegten Studien.“                          Das Ergebnis: Hinsichtlich der Klimabi-
auf batterieelektrische (BEV) und ver-                                                                                                lanz ist weder das batteriebetriebene
brennungsmotorische Antriebe (ICEV).                                                    Votum für Technologievielfalt                 Fahrzeug (BEV) noch das mit Verbren-
Im Gegensatz zu den eng angelegten Be-                                                  In ihrer eigenen Studie zu Lebenszyklus-      nungsmotor (ICEV) dominant. ICEV
trachtungen lässt sich aus den Studien                                                  analysen Ende 2019** wählen Perner und        punkten zum Beispiel bei größeren Fahr-
mit breiterem Untersuchungsspektrum                                                     Steinfort ein umfassenderes Untersu-          zeugen/Leistungsklassen und höheren
tendenziell die Vorteilhaftigkeit der Tech-                                             chungsspektrum mit Berücksichtigung           Reichweiten, da E-Autos dann mitunter
nologieoffenheit bei Pkw-Antriebsarten                                                  relevanter Einflussparameter, wie zum         auf größere Batteriekapazitäten angewie-
erkennen, auch unter dem Aspekt der Kli-                                                Beispiel Strom- und Energiemixszenarien       sen sind, die sich wiederum auf die Emis-
maschutzbemühungen. Insgesamt gese-                                                     in Herstellungs- und Betriebsländern,         sionsmengen bei deren Herstellung aus-
                                                                                                                                      wirken. Das Bild kehrt sich tendenziell
                                                                                                                                      um in Richtung kleinerer Pkw (hier:
                                                                                                                                      Kompaktklasse) mit vielen Einsätzen auf
   Fahrzeug Herstellung                           Erzeugung Antriebsenergie                                                           kürzeren Fahrstrecken. Und was die Zu-
                                                                                                                                      kunft betrifft: Unter der Annahme eines
   Fahrzeug Nutzung                               Fahrzeug Recycling               Summe Emissionen in g CO 2/km                      weltweit dynamischen EE-Stromausbaus
                                                                                                                                      reduzieren sich konsequenterweise auch
                                                                                                                                      die CO2-Emissionen für die E-Autos. Dies
  PKW-SUV-/OBERKLASSE                                                                                                                 ist aber auch – mit zunehmendem Einsatz
  (Fahrleistung: 30.000 km/Jahr)                                                                                                      von E-Fuels, also aus erneuerbaren Ener-
                                                                                                                                      gien hergestellten synthetischen Kraft-
                                                                                                                                      stoffen – für den Verbrennungsmotor zu
                                                                                                                                      erwarten. Ein weiterer Ergebnisparame-
  22    21                       155                         2
                                                                                                                                      ter: die Zahl der zurückgelegten Kilome-
                                                                                         = 200
                                                                                                                                      ter, ab der das BEV hinsichtlich der CO2-
                                                                    7
       50                              182
                                                                                                                                      Gesamtklimabilanz gegenüber dem ICEV
                                                                                         = 240
                                                                                                                                      vorteilhaft wird (= Break-even-Punkt). In
                 50        100             150               200        250       300
                                                                                                                                      einigen Fällen liegt dieser Punkt außer-
                                                                                                                                      halb der zugrunde gelegten Gesamtfahr-
 kein Break-even-Punkt                                                                                                                leistung. Einen eindeutigen Technologie-
                                                                                                                                      vorteil gibt es somit auch hierbei nicht.

                                                                                                                                      Politischer Perspektivwechsel nötig
  22    21                       155                         2                                                                        Die gezeigten Untersuchungen unter-
                                                                                         = 200                                        mauern, dass – auch unter Klimaschutz-
            84                                    182                         7                                                       gesichtspunkten – eine technologieoffene
                                                                                         = 273                                        politische Strategie, hier mit Bezug auf
                                                                                                                                      Pkw-Antriebe, im Vergleich zu Technolo-
                 50        100             150               200        250       300
                                                                                                                                      giefokussierungen die eigentlich zielfüh-
                                                                                                                                      rende Option ist. Die Frontier-Autoren
 kein Break-even-Punkt
                                                                                                                                      kommen zu dem Schluss, dass „eine feh-
                                                                                                                                      lende gesamtheitliche Perspektive und
                                                                                                                                      die heute oft praktizierte alleinige Fokus-
                                                                                                                                      sierung auf das E-Auto eher kontrapro-
                                                              1
   13                                 41
                                                                                                                                      duktiv für das Erreichen des Klimaschut-
                                                                                          = 55
                                                                                                                                      zes ist. Klima- und verkehrspolitisch
        23                                        46                          3
                                                                                                                                      muss ein zielkonformer Technologiemix
                                                                                          = 72
                                                                                                                                      ermöglicht und unterstützt werden“.
                                                                                                                                      Emissionsfrei ist heute keine Technologie
            10        20         30          40         50         60     70      80
                                                                                                                                      und „grün“ werden zukünftig mehrere,
 kein Break-even-Punkt                                                                                                                auch der Verbrenner. Kein Wunder, dass
                                                                                                                                      die Autoren von Frontier der Politik na-
                                                                                                                                      helegen, technologiebezogene legislative
                                                                                                                                      Regularien zu überdenken.

                                                  4—2020                                                                                                                       17
interview         Wolfgang Langhoff

                                           Herr Langhoff, welche Rolle                 CO2-ärmere Zukunft. Grüner Wasser-
                                           nimmt Wasserstoff bei BP heute schon        stoff ist heute noch deutlich teurer als
                                           ein?                                        großindustriell genutzter Wasserstoff aus
                                                  Wasserstoff, H2, ist schon heute     fossilem Erdgas. Erst durch die Hochska-
                                           ein entscheidender Betriebsstoff in unse-   lierung der Elektrolyseur-Produktion
                                           ren Raffinerien, um unsere Produkte her-    können hier die Kosten sinken. Das
                                           stellen zu können. Für uns ist grüner       schafft Chancen, Investitionskosten für
                                           Wasserstoff ein wichtiger Schritt in eine   künftige Elektrolyseure massiv zu sen-
                                                                                       ken. Jetzt müssen die richtigen Rahmen-
                                                                                       bedingungen geschaffen werden, damit in
                                                                                       die ersten großtechnischen Elektrolysen
                                                                                       investiert werden kann. Dazu bieten sich
                                                                                       Raffinerien an.

                                                                                       ?   Welche Vorteile bieten sie denn?
                         I N T E R V I E W Gerhard Walter                                      Raffinerien sind unter den größten
                                                                                       H2-Nutzern Deutschlands und in ihren
             Damit grüner Wasserstoff großtechnisch                                    Produkten Benzin sowie Diesel kann der
                                                                                       bisher fossile Wasserstoff gegen grünen
     hergestellt werden kann, auch als Basis für synthetische
                                                                                       H2 ausgewechselt werden. Das könnte auf
         Kraftstoffe, braucht es einen fairen Technologie-                             breiter Basis die Emissionen der aktuel-
     wettbewerb – davon ist Wolfgang Langhoff, Vorsitzender                            len Fahrzeugflotte senken. Dafür müssen
                                                                                       jedoch regulatorische Hürden überwun-
           des Vorstands der BP Europa SE, überzeugt.                                  den werden. Dazu zählt die schnelle nati-
       Im Interview erklärt er, warum sein Unternehmen auf                             onale Umsetzung der RED II – die den
                                                                                       grünen H2 im Kraftstoff auf die THG-Re-
                   synthetische Kraftstoffe setzt.                                     duktionsquote anrechenbar macht und
                                                                                       die Befreiung des in Power-to-X-Anlagen
                                                                                       eingesetzten erneuerbaren Stroms von
                                                                                       der EEG-Umlage vorsieht. Künftig wer-

„WIR SIND
                                                                                       den auch synthetische Kraftstoffe zum
                                                                                       Einsatz kommen, in Bereichen, wo Batte-
                                                                                       rien wie im Schwerlast- sowie im Flug-
                                                                                       verkehr keine Lösung sind. E-Fuels er-
                                                                                       möglichen eine fast klimaneutrale Mobi-

BEREIT“
                                                                                       lität, ohne dass wir Fahrzeugflotten und
                                                                                       Infrastruktur umrüsten müssten.

                                                                                       ? Was plant BP konkret bis 2030 und
                                                                                       2050 und was ist notwendig?
                                                                                              Im Februar 2020 hat BP erklärt, bis
                                                                                       2050 oder früher klimaneutral zu wer-
                                                                                       den. Im August 2020 haben wir dann die
                                                                                       neue Unternehmensstrategie detaillierter
                                                                                       der Öffentlichkeit vorgestellt. Das bedeu-
                                                                                       tet unter anderem, dass sich der Mix der
                                                                                                                                    Foto: picture alliance/dpa | Sebastian Gollnow

                                                                                       von uns hergestellten und vertriebenen
                                                                                       Produkte weiterentwickeln muss: mehr
                                                                                       CO2-arme Produkte, mehr alternative Ge-
                                                                                       schäftsbereiche. Das bedeutet auch, dass
                                                                                       wir bis 2030 massiv in CO2-armen Was-
                                                                                       serstoff investieren wollen. Langfristig

18
Wolfgang Langhoff          interview

                       Wolfgang Langhoff
 ist seit dem Jahr 2013 Mitglied des Vorstands und seit Januar
  2017 Vorsitzender des Vorstands der BP Europa SE. In dieser
 Funktion ist er ebenso für die Bereiche Portfoliostrategie und                                       „E-Fuels
   europäische Transformationsaktivitäten zuständig. Wolfgang
 Langhoff ist in verschiedenen Verbänden und Organisationen                                           ermöglichen
tätig. Neben seiner Rolle als Vorstandsvorsitzender des Mineral-
 ölwirtschaftsverbands ist er seit 2011 Vorsitzender des Beirats
               des Mineralölbevorratungsverbands.
                                                                                                      eine fast
                                                                                                      klimaneutrale
sehen wir großes Potenzial insbesondere               giewirtschaftsgesetzes klarmachen, dass         Mobilität, ohne
in klimaneutralem grünen Wasserstoff.                 sie die Entstehung einer großtechnischen
Aber eine ergänzende Nutzung von                      Transportinfrastruktur für reinen Was-
                                                                                                      dass wir
blauem Wasserstoff würde den Markt-
hochlauf einer deutschen und europäi-
                                                      serstoff nicht nur fordert, sondern auch
                                                      konkret ermöglicht.
                                                                                                      Fahrzeugflotten
schen Wasserstoffwirtschaft aus unserer
Sicht erleichtern.                                    ? Mit welchen Kosten rechnen Sie da-
                                                                                                      und Infrastruktur
                                                      bei und wie sieht die Kostenentwick-            umrüsten
? In welchen Projekten zur Herstel-                   lung aus?
lung von synthetischen Kraftstoffen                          Grüner Wasserstoff ist heute groß-       müssten.“
ist BP aktiv?                                         technisch etwa dreimal teurer als her-
       Wir sind bei dem Thema sehr gut                kömmlich erzeugter H2. Aber es besteht
aufgestellt und engagieren uns proaktiv               die Chance, diese Wirtschaftlichkeitslü-
für den Markthochlauf von grünem H2 –                 cke deutlich zu reduzieren, wenn die          Bedarf nicht gedeckt werden. Aber das ist
beispielsweise als Mitglied der Power to              Bundesregierung die Anreize aus der           nur eine Seite der Medaille: Wichtig aus
X Allianz oder bei Hydrogen Europe.                   RED II konstruktiv umsetzt. Und wenn          unserer Sicht ist es, als Exportnation die
Darüber hinaus setzen wir uns ein für                 dann eine Förderung potenzielle Nachtei-      technologischen Fähigkeiten zu behalten.
synthetische Kraftstoffe im Luftfahrtbe-              le von „First Movern“ ausgleicht, dann        Wenn wir in Deutschland einen Anteil
reich und dort unter anderem bei Aireg,               werden positive Investitionsentscheidun-      am globalen Zukunftsmarkt Wasserstoff
einer Initiative für die Erforschung, Pro-            gen ausgelöst. Es braucht also einen fai-     haben wollen, brauchen wir hier die Mög-
duktion und den Einsatz von nachhalti-                ren Technologiewettbewerb, damit grü-         lichkeit, diese Technologie großtechnisch
gem Kerosin in Deutschland. Zudem ar-                 ner Wasserstoff großtechnisch hergestellt     zu testen und Erfahrungen aufzubauen.
beiten wir an Konzepten, wie beispiels-               werden kann – auch als Basis für synthe-      Genau die gleiche Logik gilt auch für die
weise in unserer Raffinerie Lingen, wo                tische Kraftstoffe. Und mit wachsenden        Prozesse zur Herstellung synthetischer
synthetisches Kerosin großtechnisch                   Mengen sinken die Kosten zusätzlich.          Kraftstoffe. Und, ganz nebenbei gesagt,
hergestellt werden könnte.                                                                          hilft der Wasserstoff uns, das Speicher-
                                                      ? Unter welchen Bedingungen kann              problem von Energie einer Lösung
? Wann können synthetische Kraft-                     eine Raffinerie von heute auf die Pro-        näherzubringen.
stoffe aus ersten Großanlagen von BP                  duktion von flüssigen Synthetischen
kommen?                                               transformiert werden?                         ? Nimmt sich das Unternehmen mit
       Für den großtechnischen Einsatz                        Der Einsatz von grünem Wasser-        der Entscheidung, künftig verstärkt
von grünem H2 brauchen wir aus unse-                  stoff ist in der Kraftstoffproduktion prob-   auf Wasserstoff und dessen Folgepro-
rer Sicht zwingend richtige politische                lemlos möglich und könnte mit der aktu-       dukte zu setzen, nicht die Grundlage
Rahmenbedingungen. Beispielsweise hat                 ellen Fahrzeugflotte unmittelbar zu einer     der bisherigen Geschäftsaktivitäten?
die Bundesregierung in der Nationalen                 CO2-ärmeren Mobilität beitragen. Das                  Wir wollen uns in den nächsten
Wasserstoffstrategie eine Quote für syn-              hat unser Pilotprojekt in Lingen 2018 be-     zehn Jahren von einem internationalen
thetisches Kerosin von jährlich 200.000               reits bewiesen, bei dem wir weltweit erst-    Ölunternehmen, das sich auf die Förde-
Tonnen im Jahr 2030 angesprochen –                    malig grünen Wasserstoff in der Kraft-        rung von fossilen Rohstoffen konzent-
das wäre ein großer erster Schritt. Hilf-             stoffproduktion einsetzten.                   riert, zu einem integrierten Energieunter-
reich wäre auch ein Anreizprogramm für                                                              nehmen entwickeln, das sich auf die
„First Mover“, das einen Teil der Investi-            ? Benötigen wir für Europa und da-            Bereitstellung von CO2-armen Kunden-
tionen und Betriebskosten von Elektro-                mit Deutschland aus Ihrer Sicht Men-          lösungen konzentriert. Dieser Wandel ist
lyseanlagen abdeckt, da die wie bei jeder             genimporte für E-Fuels? Wenn ja, wo-          absolut gewollt. Dennoch bleiben Öl-
neuen Technologie zu erwartenden                      her sollen diese bezogen werden?              und Gasaktivitäten weiter wichtig. Die
Lernkurveneffekte große Investitions-                       Es ist klar, dass Deutschland er-       Erhöhung des Anteils an Low-Carbon-
kostennachteile für die Erstanlagen be-               gänzend zu eigener Herstellung syntheti-      Produkten und auch verstärktes Engage-
deuten. Und die Politik müsste auch                   sche Kraftstoffe auch importieren muss.       ment bei Wasserstoff passen ideal zur
durch die zeitnahe Anpassung des Ener-                Anders kann der enorme prognostizierte        Strategie.

                          4—2020                                                                                                            19
Sie können auch lesen