Verkehrs- und Unfallgeschehen - auf Straßen des überörtlichen Verkehrs in Bayern Ausgabe 2020
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Verkehrs- und Unfallgeschehen auf Straßen des überörtlichen Verkehrs in Bayern Ausgabe 2020 leben bauen bewegen
1 Mobilität in Bayern während der Corona-Pandemie ›› Seite 2 2 Mobilität in Bayern - Wie mobil sind wir Bayern? ›› Seite 8 3 Automatische Dauerzählstellen an Bundes-, Staats- und Kreisstraßen – Fundament für das Verkehrsmonitoring ›› Seite 24 4 Sicherheitsaudit in Bayern - digital und effizient ›› Seite 32 5 Straßenausstattung für mehr Sicherheit auf Motorradstrecken ›› Seite 40 Statistische Daten 6 Kraftfahrzeugbestand und Bevölkerung ›› Seite 54 7 Verkehrsmengen, Netzlängen und Fahrleistungen ›› Seite 56 8 Unfallentwicklung im Überblick ›› Seite 60 9 Unfallkenngrößen ›› Seite 62 Anhang A Verkehr und Verkehrssicherheit in Bayern Wichtige Daten und Kenngrößen ›› Seite 67 Literaturverzeichnis/Datenquellen ›› Seite 71
›› Die Straße ist in Bayern und Deutschland immer noch der wichtigste Verkehrsträger. Über 70 Prozent des Güterverkehrs werden darauf abgewickelt. Aber auch sonst sind viele Menschen auf die Straße angewiesen. Um zur Arbeit zu fahren, um ihre Kinder zu versorgen oder weil sie im ländlichen Raum nur wenige Alternativen haben. Klar ist: Der Umweltgedanke nimmt zu Recht immer mehr Raum ein und unsere Erwar- tungen an Mobilität ändern sich. Trotzdem ist mir wichtig, dass wir uns bei der Frage Mobilität breit aufstellen und den Menschen entsprechend ihrer Lebenssituation Wahlfrei- heit lassen. Das heißt, wir dürfen den Umstieg aufs Fahrrad fördern und den öffentlichen Nahverkehr attraktiver machen. Wir dürfen aber auch in unsere Straßen investieren, denn die Straße muss auch in Zukunft enorm viel leisten! Drei Kriterien sind für eine gute Straßeninfrastruktur besonders wichtig: Die Straße muss leistungsfähig sein, denn sie spielt eine herausragende Rolle für unsere mittelständische Wirtschaft. Dann muss sie bedarfsgerecht ausgebaut sein, damit Bayern auch in Zukunft beim internationalen Wettbewerb mithalten kann. Und sie muss sicher sein, denn nur auf sicheren Straßen ist eine moderne und nachhaltige Mobilität möglich. Das Thema Sicherheit spielt generell für alle Verkehrsteilnehmer eine entscheidende Rolle. Darum ist mir unser Engagement in dem Bereich auch besonders wichtig. Mit unserem Verkehrssicherheitsprogramm 2020 haben wir schon viel erreicht. Auf diesen Erfolgen ruhen wir uns aber nicht aus. Darum gehen wir diesen Weg mit dem neuen Verkehrs- sicherheitsprogramm 2030 konsequent weiter und knüpfen dort an, wo wir noch besser werden können. Unsere Aufgabe ist es, jeden Unfall zu verhindern, wo das möglich ist. Denn jeder Tote und Verletzte ist einer zu viel. Mit dieser Broschüre möchten wir über alle aktuellen Entwicklungen in den Bereichen Verkehrssicherheit und Straßeninfrastruktur informieren und Einblicke in eines der spannendsten Arbeitsfelder meines Ministeriums geben. Ich danke all denjenigen, die sich mit viel Herzblut und Sachverstand für die Zusammenstellung dieser Broschüre eingesetzt haben. Denn nur mit dem entsprechenden Engagement kommen wir an dieser wichtigen Stelle auch weiter. Ich wünsche Ihnen immer eine gute und unfallfreie Fahrt! Ihre Kerstin Schreyer, MdL Bayerische Staatsministerin für Wohnen, Bau und Verkehr 1
1 Mobilität in Bayern während der Corona-Pandemie Am 11. März 2020 stufte die Weltgesundheitsorganisation die Verbreitung des Corona- virus SARS-CoV-2 als Pandemie ein. Die Infektionszahlen stiegen weltweit. In Deutschland wurden Schutzmaßnahmen getroffen, um die Verbreitung des Virus einzudämmen. Einige der Maßnahmen griffen sehr tief in den gewohnten Alltag der Bevölkerung ein. Schulen, Kindertagesstätten, Einzelhandelsgeschäfte und Freizeiteinrichtungen wurden geschlossen. Für Pflegeeinrichtungen wurde ein Besuchsverbot erteilt und die Bevölkerung wurde angehalten, die persönlichen Kontakte zu reduzieren und Sicherheitsabstände zu anderen Personen einzuhalten. Arbeitgeber und Arbeitnehmer wurden aufgerufen, wo immer möglich, dezentrales Arbeiten (Home Office) einzurichten. Einige Unternehmen konnten ihrem Geschäft nicht weiter nachgehen und nutzten die Möglichkeiten zur Kurzarbeit. Grenzen zu Nachbarstaaten wurden für nicht als notwendig erachtete Übertritte geschlos- sen. Das gewohnte öffentliche Leben kam ab Mitte März in Deutschland zum Erliegen. Ab Ende April hatte sich das Infektionsgeschehen in Deutschland so entwickelt, dass die Maßnahmen schrittweise gelockert werden konnten. Um den Weg aus diesem Stillstand zurück in Richtung (einer neuen) Normalität zu be- obachten, wurde das MOBICOR-Projekt initiiert. Ein Teil dieses Projektes besteht aus einer Panelstudie mit zunächst drei Befragungszeitpunkten. Die erste Befragungswelle wurde in Bayern im Mai und Juni 2020 durchgeführt, also zu einem Zeitpunkt, zu dem die Kontakt- beschränkungen deutlich gelockert waren, aber noch immer spürbare Einschränkungen den Alltag prägten. Die zweite Befragungswelle wurde im Oktober 2020 bei wieder deutlich steigenden Infek- tionszahlen durchgeführt. Da dieser Text Anfang November, erst kurz nach Abschluss der Erhebung, geschrieben wird, fokussiert er auf die Ergebnisse der ersten MOBICOR- Erhebungswelle aus dem Mai und Juni 2020. Im Ausblick wird ein Blick auf die ersten Ergebnisse zur Mobilität im Oktober geworfen. 2
Veränderter Alltag und reduzierte Alltagsmobilität Im Mai und Juni gab lediglich rund die Hälfte In der Gruppe mit hohem verfügbaren Einkom- der Erwerbstätigen an, im Vergleich zu der men lag der Anteil der Personen mit mindestens Zeit vor der Corona-Pandemie unverändert zu einer täglichen Aktivität außerhalb der eigenen arbeiten. Etwa ein Drittel war ganz oder über- vier Wände und die tägliche Unterwegszeit wiegend von zu Hause aus tätig, ein Fünftel fast auf dem Ausgangsniveau, das in der MiD gab an, Überstunden abzubauen und jeweils gemessen wurde. Gleichwohl sanken die täglich etwa ein Zehntel war in Kurzarbeit oder hatte zurückgelegten Wege und Kilometer ebenfalls auf Anordnung des Arbeitgebers den Urlaub deutlich. In diesen Gruppen hatte sich das Ver- vorgezogen. Familien mit Kindern mussten die kehrsverhalten im Mai und Juni 2020 verändert, Betreuung organisieren und bei Schulkindern aber die Mobilität hatte sich nicht grundsätzlich kamen zusätzlich die Aufgabe der Vermittlung verringert. In den unteren Statusgruppen wurde des Schulstoffs und die Unterstützung bei den die Mobilität hingegen deutlicher reduziert. Le- Schularbeiten für Familien dazu. diglich rund drei Viertel der Personen gingen an einem durchschnittlichen Tag Aktivitäten außer- Der Anteil der Personen ab 16 Jahren, die an haus nach. Die Anzahl der täglich unternomme- einem durchschnittlichen Tag im Mai und Juni nen Wege sank um etwas mehr als 40 Prozent. 2020 in Bayern mindestens einer Aktivität außerhalb der eigenen vier Wände nachgingen, Ein Blick auf die Altersklassen zeigt, dass es vor lag bei 78 Prozent. Damit liegt das Ergebnis allem die Gruppe der Seniorinnen und Senioren rund 10 Prozent unterhalb des Wertes, der in war, die ihre Mobilität reduziert hatte. Lediglich der Studie zur Mobilität in Deutschland 2017 rund zwei Drittel dieser Personen waren an für diese Monate ermittelt wurde und als einem durchschnittlichen Tag außerhaus unter- Vergleichswert herangezogen werden kann. Im wegs gewesen. Bei den unter 30-Jährigen lag Durchschnitt legte jede Person ab 16 Jahre im die Unterwegsquote mit 85 Prozent fast unver- Mai und Juni 2020 täglich 2,4 Wege mit einer ändert. Aber die durchschnittliche Anzahl täglich Gesamtlänge von rund 35 km in insgesamt 76 zurückgelegter Wege, die Tagesstrecke und die Minuten zurück. Alle vier Indikatoren liegen zum Unterwegszeit sanken in dieser Altersgruppe Teil deutlich unterhalb des Ausgangsniveaus der ebenfalls deutlich unterhalb des Niveaus, das MiD. Am deutlichsten fiel die Reduktion zum in der MiD ermittelt wurde. Das Verkehrsge- in der MiD gemessenen Ausgangsniveau mit schehen fiel im Mai und Juni 2020 also deutlich einem Viertel bei der durchschnittlichen Anzahl geringer aus als unter Normalbedingungen. Wege und mit einem Fünftel bei der Tages- strecke aus. Doch die Reduktion betraf nicht alle Personen- gruppen gleichermaßen. Personen mit ge- ringerem verfügbaren Einkommen reduzierten ihre Mobilität deutlich stärker als Personen mit hohem verfügbaren Einkommen. 3
›› Abb. 1 Kennzahlen zur Mittlere Tageswerte Ökonomischer Status 16 - 29 30 - 49 50 - 64 65 Jahre pro Person Jahre Jahre Jahre und Alltagsmobilität in älter gesamt niedrig mittel hoch Bayern und ihre Entwicklung auf Unterwegsquote 78% 73% 78% 85% 84% 83% 81% 65% Grund der Corona- Pandemie Wege pro Tag 2,4 1,8 2,6 2,8 2,3 2,6 2,9 1,7 Kilometer pro Tag 35 29 36 38 28 35 49 22 Unterwegszeit pro 76 67 76 84 66 80 95 55 Tag in Minuten Veränderungen in 15 Datenbasis: MOBICOR Bayern und Ausschnitt aus der regionalen Prozent gegenüber 10 dem Ausgangswert aus der MID 2017 5 für Mai/Juni 0 -5 MID für Personen ab 16 Jahren im Mai/Juni -10 -15 -20 -25 -30 -35 -40 -45 ›› Abb. 2 Verkehrsaufkommen Verkehrsaufkommen 12 Datenbasis: MOBICOR Bayern und Ausschnitt aus der regionalen MID für Personen ab 16 Jahren im Mai/Juni, stichprobenbedingt größere Fehler- nach Anlässen in Bayern pro Tag im Mai/Juni absolut für Personen 10 10,1 ab 16 Jahren 8,3 8 8,0 ›› Personen ab 16 Jahren in Bayern 6 6,1 5,7 spielräume in MOBICOR (+/- 15%) 5,5 Im Mai/Juni 2020 rund 28 Mio. 5,2 Wege proTag Im Vergleichszeitraum 2017 rund 4 4,2 4,2 36 Mio. 2,5 2,5 MOBICOR 2 MiD 2017 1,0 0 Angaben in Arbeit/ Ausbildung dienstlich Einkauf Erledigung Freizeit Begleitung Millionen Wegen 4
Verschobene Mobilitätsanlässe Um zu erkennen, aus welchen Anlässen die Die Anteile des sogenannten motorisierten Bevölkerung im Mai und Juni 2020 in Bayern Individualverkehrs (MIV), der hauptsächlich mit unterwegs war, ist ein Blick auf die hochgerech- dem Pkw bestritten wird, lagen im Vergleich neten absoluten Zahlen hilfreich. Im Mai und zum in der MiD ermittelten Ausgangsniveau Juni 2020 wurden von der Bevölkerung ab 16 nahezu unverändert. Lediglich die Aufteilung Jahre in Bayern täglich rund 28 Mio. Wege pro zwischen Fahrer/innen und Mitfahrer/innen Tag zurückgelegt. Das ist ein knappes Viertel verschob sich vor allem in den Stadtregionen weniger Wege als unter Normalbedingungen etwas in Richtung der Fahrer/innen. Es ist also während der Erhebung der MiD. Die Differenzie- davon auszugehen, dass der Besetzungsgrad rung der Wegezwecke zeigt, dass die Reduktion der Pkw im Mai und Juni 2020 niedriger ausfiel alle Wegezwecke mit Ausnahme der Einkaufs- als zuvor. wege betraf. Einkaufswege nahmen um rund Ein Blick auf die hochgerechneten absoluten 10 Prozent zu. Die Reduktion fand vor allem bei Personenkilometer (Pkm), die an einem durch- den dienstlichen Wegen, Begleitwegen und den schnittlichen Tag im Mai und Juni 2020 in Bayern Freizeitwegen statt. zurückgelegt wurden, verdeutlicht noch einmal die Verkehrsreduktion in dieser Zeit. Pro Tag wurden in diesem Zeitraum durchschnittlich Nahmobilität mit größerer Bedeutung 370 Mio. Pkm ›› Abb. 4 zurückgelegt. Das ist rund ein Viertel weniger als im Vergleichszeitraum Insgesamt verschob sich die Verkehrsmittelnut- der MiD. Passend zu den kürzeren Tagesstre- zung im Mai und Juni 2020 in Bayern leicht in cken sind die motorisierten Verkehrsmittel am Richtung „der eigenen Füße“ und des Fahrrads. stärksten von der Reduktion betroffen. Im MIV Diese Veränderung fiel in den ländlichen Regi- wurden jeden Tag durchschnittlich rund ein Viertel onen deutlicher aus, während der zusammen- weniger Pkm zurückgelegt. Bei den öffentlichen gefasste Anteil von „zu Fuß“ und Rad in den Verkehrsmitteln fiel die Reduktion mit 60 Prozent Stadtregionen konstant blieb. Vergleichsweise deutlich drastischer aus. Es profitierten vor deutlich verloren die öffentlichen Verkehrsmittel. allem die Fußwege. Der Rückgang ist vor allem in den Stadtregionen und in den Bevölkerungsgruppen zu beobachten, die über höhere Einkommen und damit in der Regel über Mobilitätsalternativen verfügen. Bayern gesamt Stadtregion Ländliche Region ›› Abb. 3 ländliche 6 9 3 5 12 Datenbasis: MOBICOR Bayern und Ausschnitt aus der regionalen Verkehrsmittel- Regionen 8 54 52 MID für Personen ab 16 Jahren im Mai/Juni, rundungsbedingte 58 nutzung – Verkehrs- städtische 49 Regionen 49 aufkommen Nürnberg 42 Stadtregionen- grenzen München Abweichungen vonn 100% möglich 100 km 8 9 ÖV 10 4 12 12 12 17 11 MIV-Fahrer 14 11 MIV-Mitfahrer 25 10 23 20 20 Fahrrad 18 16 Zu Fuß Wege, Angaben in Prozent MOBICOR MOBICOR MOBICOR MiD 2017 MiD 2017 MiD 2017 5
Alltagsmobilität in Bayern während der Erwerbstätige und Familien mit Kindern sowie Corona-Pandemie die höheren gesundheitlichen Risiken durch die Pandemie vor allem für ältere Menschen, Zusammenfassend kann festgehalten werden, fiel der Verkehr deutlich geringer aus als im dass im Mai und Juni 2020 ein Großteil der Vergleichszeitraum der MiD. Insgesamt wurden Bevölkerung ab 16 Jahre (wieder) zu Aktivitäten täglich etwa ein Viertel weniger Wege und ein außerhaus unterwegs war. Das trifft vor allem Viertel weniger Personenkilometer zurückgelegt. auf die Jüngeren sowie auf jene mit höherem Zugenommen haben Einkaufs- und Ver- verfügbaren Einkommen zu. Durch die verän- sorgungswege, während aus allen anderen An- derten Rahmenbedingungen insbesondere für lässen weniger Wege unternommen wurden. ›› Abb. 4 300 Verkehrsmittel- Verkehrsleistung in Bayern Datenbasis: MOBICOR Bayern und Ausschnitt aus der regionalen MID für Personen ab 16 Jahren im Mai/Juni, stichprobenbedingt größere Fehler- nutzung – Verkehrs- pro Tag im Mai/Juni 287 leistung absolut für Personen ab 16 Jahren 250 232 200 ›› 150 spielräume in MOBICOR (+/- 15%) Auf Wegeebene ähnliche Personen ab 16 Jahren in Bayern Anteile, aber deutlich längere Im Mai/Juni 2020 rund 370 Mio. Wege per Rad als vorher - Personenkilometer pro Tag mit viel Freizeitmobilität. 100 ›› Im Vergleichszeitraum 2017 rund 480 Mio. 84 70 75 MOBICOR 50 MiD 2017 34 17 22 17 12 0 Anzahl der Personen- ÖV MIV- Fahrer MIV- Mitfahrer Fahrrad Zu Fuß kilometer pro Tag in Mio. ›› Das MOBICOR-Projekt geht im Bereich der Alltagsmobilität den Veränderungen durch die Verbreitung des SARS-CoV-2-Erregers und den damit verbundenen Schutzmaßnahmen nach. Es hat sich vorgenommen, die Mobilität der Menschen in Deutschland vor, während und nach der Corona-Pandemie zu messen und Veränderungen zu beobachten. MOBICOR wurde als Forschungsprojekt des Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialfor- schung (WZB) initiiert und wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Im Rahmen dieses Forschungsprojektes wurde vom infas Institut für angewandte Sozialwissenschaft ein Konzept für ein Mobilitätspanel mit zunächst drei Erhebungswellen entwickelt. Mithilfe der Panelbefragung sollen die Veränderung der Alltagsmobilität während und nach der Pandemie und die damit verbundenen Beschränkungen ermittelt werden. Die „Ausgangslage“ wird mithilfe der Studie „Mobilität in Deutschland“ (MiD) geschätzt. Die MiD wurde 2017 von infas zusammen mit Partnern im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) sowie einer Vielzahl regionaler Auftraggeber durchgeführt. Der Freistaat Bayern, vertreten durch das Bayerische Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr, hat sich sowohl am MOBICOR Mobilitätspanel als auch an der MiD beteiligt. Die erste Erhebungswelle des MOBICOR Mobilitätspanels fand in Bayern im Mai und Juni 2020 statt. Befragt wurden 1.259 Personen ab 16 Jahre. In der zweiten Erhebungswelle wurden 1.058 Personen ab 16 Jahre im Oktober 2020 befragt. Als Vergleichszahlen werden aus der MiD 2017 die Ergebnisse für die gleiche Zielgruppe (Personen ab 16 Jahre) sowie die gleichen Erhebungsmonate (Mai und Juni) verwendet. Die in diesem Rahmen ausgewiesenen MiD- Vergleichswerte können dadurch etwas von denen für die MiD Bayern insgesamt berichteten Werte abweichen. 6
Persönliche Treffen fanden virtuell mittels Video- Der Verkehrsmittelmix hat sich seit Mai/Juni konferenzen statt, fielen aus oder wurden ver- diesen Jahres verschoben. Die öffentlichen schoben. Von dem geringeren Verkehrsgesche- Verkehrsmittel wurden wieder häufiger genutzt hen und den kürzeren Tagesstrecken haben in als im Frühjahr. Anteile verloren hat hingegen Bayern vor allem die Fußweg-Anteile profitiert. das Fahrrad. Inwieweit dies ein Effekt von Im Oktober 2020 waren durchschnittlich wieder Verhaltensveränderungen oder der veränderten mehr Personen ab 16 Jahre zu mindestens einer Aktivitätsanlässe ist, werden die weiteren Aus- Aktivität außerhaus unterwegs. Das Verkehrs- wertungen zeigen. aufkommen und die Verkehrsleistung bewegten Die nächste MOBICOR-Erhebungswelle ist für sich deutlich in Richtung des Ausgangsniveaus, das Frühjahr 2021 vorgesehen und wird zeigen, das in der MiD 2017 gemessen wurde. Es wie sich die Alltagsmobilität in Bayern unter wurde aber noch nicht wieder erreicht. Das liegt den veränderten Rahmenbedingungen weiter auch daran, dass die außerhäuslichen Aktivi- entwickelt. // täten im Laufe des Oktobers mit steigenden Infektionszahlen wieder abnahmen. ›› Zahl der Verkehrsunfälle auf einem Tiefstand Die Schutzmaßnahmen zur Begrenzung der Infektionen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 haben sich erheblich auf das Verkehrsaufkommen und damit auch auf das Verkehrsunfallgeschehen in Bayern ausgewirkt. Nach den vorläufigen Meldungen der bayerischen Polizei ereigneten sich im Straßenverkehr von Januar bis einschließlich September 2020 insgesamt 35.591 Unfälle mit Perso- nenschaden. Das waren 5.256 Personenschadensunfälle bzw. 12,9 Prozent weniger als im Mittel der entsprechenden Zeiten der Vorjahre 2017-2019. Am stärksten fiel der Rückgang im Monat April mit einem Minus von 32,1 Prozent aus. Insgesamt waren – den vorläufigen Ergebnissen zufolge – im Vergleich der ersten drei Quartale 2020 mit dem entsprechenden Durchschnittswert der Jahre 2017-2019 um 17,1 Prozent weniger Getötete und um 17,3 Prozent weniger Verletzte zu beklagen. Demzufolge wurden noch nie seit Beginn der Unfallaufzeichnungen vor mehr als 60 Jahren in Bayern innerhalb der ersten neun Monate eines Jahres weniger Menschen bei Verkehrsun- fällen getötet oder verletzt. Außerhalb geschlossener Ortschaft nahm die Zahl der Verunglückten (Summe aus Getöteten und Verletzten) stärker ab als innerorts. In der nächsten Ausgabe dieses Jahresheftes soll ein ausführlicher Beitrag zur Verkehrsunfallentwicklung auf Straßen des über- örtlichen Verkehrs in Bayern – dann mit den endgültigen Ergebnissen der amtlichen Verkehrsunfall- statistik 2020 – erscheinen. Entwicklung in [%] 0 -1,4 -2,3 -3,6 -3,6 -10 -7,5 -12,9 Januar bis -12,9 -17,6 September -17,1 -17,3 -20 -19,5 -23,1 -27,8 -30 -32,1 -40 Unfälle mit Personen- Jan Feb Mar Apr Mai Jun Jul Aug Sep Getötete Verletzte außerorts innerorts schäden nach Monaten Verunglückte Verunglückte ›› Abb. 5 Entwicklung der Unfälle mit Personenschaden einschließlich Verunglückten von Jan. bis Sept. 2020 (vorläufige Ergebnisse) in Bayern im Vergleich zum Durchschnitt der Vorjahre 2017 - 2019 (endgültige Ergebnisse) 7
2 Mobilität in Bayern - Wie mobil sind wir Bayern? Die Studie „Mobilität in Deutschland 2017“, deren Ergebnisse seit Ende 2019 vorliegen (MiD-Studie), ist bundesweit die Leitstudie zum alltäglichen Mobilitätsverhalten der Be- völkerung [1]. Durch die intensive Beteiligung bayerischer Institutionen an der MiD-Studie können die bayerischen Ergebnisse regional sehr weit heruntergebrochen werden. Dass sich die Bayerinnen und Bayern in ihrer Mobilitätsausübung nicht alle gleich verhalten, ist vermutlich keine große Überraschung. Spannend sind dagegen die doch großen regionalen Unterschiede, aber auch die soziodemografischen Einflüsse auf das Mobilitätsverhalten, die in der MiD-Studie herausgearbeitet werden konnten. Viele Faktoren beeinflussen unseren Mobilitätsalltag. In Bayern lassen sich aus der MiD-Studie vier zentrale Trennlinien ableiten, an denen sich die Alltagsmobilität unterscheidet. Der Stadt-Land-Unterschied, die Unterschiede nach Lebensphasen, das Wohlstandsgefälle und das Ost-West-Gefälle. Diese Trennlinien kann man nahezu in allen Auswertungen erkennen. Beispielsweise lassen sich am Modal Split (Verkehrsmittelwahl) sehr gut die regionalen Unterschiede (Stadt-Land-Gefälle bzw. Ost-West-Gefälle) verdeutlichen. Generell gilt, in Großstädten und deren Verdichtungsräumen, wo das Angebot an Verkehrsmitteln des Umweltverbunds (ÖV, Fahrrad, Zu Fuß) gut ist, werden diese Verkehrsmittel in der Regel auch gut genutzt und haben einen hohen Anteil am Modal Split, während wiederum die Anteile des moto- risierten Individualverkehrs (MIV) deutlich niedriger als im bayerischen Durchschnitt sind. Im ländlichen Raum ist es genau anders herum. Die MiD-Studie liefert einen gewaltigen Datenschatz, der die Grundlage für siedlungs- und verkehrspolitische Diskussionen und Entscheidungen darstellen und bei der künftigen Verkehrsplanung eine wichtige Unterstützung liefern kann. 8
Die MiD basiert auf einer bundesweiten Be- zum Mobilitätsverhalten in Deutschland entstan- fragung von Haushalten zu ihrem alltäglichen den, der in der Breite und Tiefe einzigartig ist. Verkehrsverhalten im Auftrag des Bundesmi- Bundesweit wurden 156.420 Haushalte bzw. nisteriums für Verkehr und digitale Infrastruktur 316.361 Personen befragt und dabei 960.619 (BMVI). Als Leitstudie zum Alltagsverkehr in Wege dokumentiert. Mit 103.972 Personen Deutschland wurde die MiD im Jahr 2017 - nach aus 49.229 Haushalten und 316.351 erfassten der MiD 2002 und 2008 - mittlerweile zum drit- Wegen wurden nahezu ein Drittel der bundes- ten Mal durchgeführt. Ziel der Erhebung ist es, weiten Befragungen in Bayern durchgeführt. die Alltagsmobilität der Bürgerinnen und Bürger Dies liegt daran, dass sich in Bayern neben dem zusammen mit grundlegenden Merkmalen Freistaat selbst eine große Anzahl regionaler der Haushalte und Personen zu erfassen. Die Institutionen mit zusätzlichen Befragungen an Möglichkeit sich an der Studie mit zusätzlichen der Studie beteiligt haben. Dadurch kann das Regionalstichproben zu beteiligen, haben bei der Mobilitätsverhalten in Bayern bis auf Regie- MiD-Studie 2017 letztlich rund 60 Institutionen rungsbezirksebene heruntergebrochen werden. genutzt. Dazu gehören neben den Bundeslän- Für einen Großteil der kreisfreien Städte und dern und Verkehrsverbünden auch viele Städte Landkreise sind sogar Aussagen zum Mobilitäts- und Landkreise. Durch die intensive zusätzliche verhalten auf kommunaler Ebene möglich. Beteiligung dieser Institutionen ist ein Datensatz E I N D U R C H S C H N I T T L I C H E R T A G I N B AY E R N 86 DER BEVÖLKERUNG UNTERWEGS % 3,2 PRO PERSON WEGE MIT INSGESAMT 40 KILOMETERN DER WEGE IM AUTO 59 % IN 78 MINUTEN ›› Abb. 6 Kernaussagen der Studie Mobilität in Deutschland (MID) 34 ARBEITS-, DIENST- UND % AUSBILDUNGSWEGE 9
Was und wie wurde gefragt? Für die Gewinnung der Befragungsstichprobe In der zweiten Phase wurden dann Personenin- kam der sogenannte Triple-Frame-Ansatz zum terviews durchgeführt, bei denen alle Haushalts- Einsatz. In einem ersten Schritt wurden pro mitglieder einzeln zu persönlichen Merkmalen, Bundesland per Zufallsauswahl Gemeinden zur Alltagsmobilität und zu ihren Wegen an gezogen. Die so ausgewählten Gemeinden einem vorgegebenen Stichtag befragt wurden. wurden im zweiten Schritt jeweils um eine Dabei kamen drei Methoden zum Einsatz: Zufallsstichprobe ihrer Einwohnerinnen und Einwohner gebeten. Als Auswahlrahmen ›› Telefonische Interviews (Frames) dienten sowohl das Melderegister, als (CATI: computer assisted telephone interview) auch Festnetz- und Mobilfunktelefonnummern. ›› Webbasierte Fragebögen Die Kombination dieser drei Auswahlrahmen (CAWI: computer assisted web interview) erlaubte eine optimale Abdeckung der verschie- denen Regionen und deren Einwohnerinnen und ›› Klassische Papierfragebögen Einwohner. (PAPI: paper and pencil interview) Die eigentliche Befragung erstreckte sich von Die Haushalte konnten frei zwischen Mai 2016 bis September 2017. Die Haushal- diesen drei Methoden wählen ›› Abb. 7. te der Stichprobe wurden stichtagsorientiert Die Befragungsinhalte der Haushalts- und nahezu gleich verteilt über alle Tage innerhalb Personeninterviews waren dabei zum Teil sehr des Erhebungszeitraums befragt. Zunächst umfangreich ››Abb. 8. wurden die Haushalte über ihre Haushaltszu- sammensetzung, die im Haushalt verfügbaren Verkehrsmittel und weitere Haushaltsmerkmale in sogenannten Haushaltsinterviews befragt. ›› Im Regionalbericht Bayern werden die Ergebnisse der MiD 2017 bezogen auf die sieben Regierungsbezirke und 96 kreisfreien Städte und Landkreise dargestellt. Um auch Un- terschiede und Zusammenhänge in Abhängigkeit von der Siedlungsstruktur aufzeigen zu können, werden auch die „siedlungsstrukturellen Kreistypen“ des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) verwendet. Dabei wurden die 363 Kreisregionen in Deutschland anhand verschiedener Kriterien wie des Bevölkerungsanteils in Groß- und Mittelstädten oder der Einwohnerdichte der Kreisregion in vier Kreistypen eingeteilt. Die Kreistypen sind wie folgt charakterisiert: ›› Kreisfreie Großstädte Kreisfreie Städte mit mehr als 100.000 Einwohnern ›› Städtische Kreise Kreise mit einem Bevölkerungsanteil von über 50 Prozent in Groß- und Mittelstädten und einer Einwohnerdichte von mindestens 150 Einwohner pro km² sowie Kreise ohne Groß- und Mittelstädte mit einer Einwohnerdichte von 150 Einwohner pro km² ›› Ländliche Kreise mit Verdichtungsansätzen Kreise mit einem Bevölkerungsanteil von über 50 Prozent in Groß- und Mittelstädten, aber einer Einwohnerdichte von unter 150 Einwohner pro km², sowie Kreise mit einem Bevölkerungsanteil von unter 50 Prozent in Groß- und Mittelstädten mit einer Einwoh- nerdichte ohne Groß- und Mittelstädte von mindestens 100 Einwohner pro km² ›› Dünn besiedelte ländliche Kreise Kreise mit einem Bevölkerungsanteil unter 50 Prozent in Groß- und Mittelstädten und einer Einwohnerdichte ohne Groß- und Mittelstädte unter 100 Einwohner pro km² 10
›› Abb. 7 Ablauf der Einsatzstichprobe (Triple-Frame) Recherche von Erhebungen Telefonnummern und nur Telefonnummer nur Anschrift mit Anschrift und Telefonnummer Anschrift Kontaktkanäle: Informationskanäle: Brief Hotline Anruf Website E-Mail bei Bedarf Facebook Haushaltsinterview Aufnahme der Basis- informationen zu Haus- CATI, CAWI, PAPI halt und Mitgliedern Kontaktkanäle: Mitteilung des Stich- Brief tages Anruf Erinnerung in allen SMS Kanälen inkl. CAWI- E-Mail bei Bedarf Zugangsmöglichkeiten Personeninterview (alle Haushaltsmitglieder) Aufnahme von Personen- merkmalen und Erfassung CATI, CAWI, PAPI der Wege am Stichtag ›› Abb. 8 Befragungsinhalte Haushalte Personen Haushaltsgröße, Autos Alter und Geschlecht zusätzliche persönliche Stichtag Nebenwohnsitze Mobilitätsmerkmale Bildungsabschluss Alter, Geschlecht und Jahr Führerscheinerwerb, Tätigkeitsstatus der Erwerbstätigkeit Berufspendler mit Neben- Mobilität Hersteller und Modell Personen Migrationshintergrund wohnsitz, Homeoffice, Umfeld Jahresfahrleistung Mobilitäts-Handicaps Haushaltsnetto- Führerscheinbesitz Pkw-Verfügbarkeit Antriebsart einkommen Baujahr bzw. Erst- Carsharing- Miete/Eigentum zulassung Mitgliedschaft Infrastruktur und Anzahl Fahrräder, übliches ÖPNV-Ticket digitale Versorgung Wege Pedelecs bzw. E-Bikes, Internetnutzung Mobilität, Mopeds bzw. Motor- Fahrzeugmerkmale Verkehrsmittelver- übliche Verkehrsmittel für räder und Pkw im fügbarkeit Fahrrad, Versorgung, Online- Motorleistung Pedelec/E-Bike, Pkw Quelle des ersten Weges Haushalt Einkauf Start- und Ankunftszeit Halter übliche Verkehrsmittel- Anzahl Pkw- Zweck Führerscheinbesitzer üblicher Stellplatz nutzung (eigenes Auto, Carsharing, ÖPNV, Nahmobilität und genutzte Verkehrsmittel im Haushalt Fahrrad, Fernzug, Radverkehr Begleiter Carsharing-Mitglied- Fernbus, Flugzeug) Lage Ziel (Geokodierung) schaft im Haushalt übliche Nutzung Mietrad, reine Fußwege, Fahrrad- Entfernung helm, Abstellen Fahrrad Abfrage regelmäßige Reisemodul zu Hause berufliche Wege Autobesitz Gründe Nicht-Besitz Erfassung der letzten drei Reisen mit mind. einer auswärtigen Zufriedenheit und verknüpft mit Modul Übernachtung in den Einstellungen Fahrzeugmerkmale letzten drei Monaten Zuordnung Haushalts- Zufriedenheit mit ÖPNV- Angebot, Auto-, Rad- und Fahrzeuge zu Auto-Wegen Fußverkehr, Einstellungen Zusatzmodul Auto, Rad, ÖPNV, Etappenerfassung in Kernbefragung Fußwege einer Teilstichprobe an Teilstichprobe 11
Mobilitätsvoraussetzungen in Bayern Auch bei der Ausstattung mit einem funktions- tüchtigen Fahrrad, Elektrofahrrad oder Pedelec Wie häufig jemand unterwegs ist, wird von weist Bayern einen höheren Ausstattungs- zahlreichen Faktoren bestimmt. Neben den grad auf als der Bundesdurchschnitt. Rund 80 individuellen Vorlieben, der Lage der Arbeits- Prozent der Bayerinnen und Bayern haben ein und Ausbildungsstätte, der vorhandenen Fahrrad. Anders als beim Pkw-Besitz sind hier Verkehrsinfrastruktur sowie der persönlichen die siedlungsstrukturellen Unterschiede nicht Lebenssituation, zählt dazu auch die jeweilige so stark ausgeprägt. Im Hinblick auf die sozio- Mobilitätsausstattung. Mit rund 82 Prozent demografischen Faktoren ist festzustellen, dass verfügen die bayerischen Haushalte im insbesondere die Kinder und Jugendlichen bis Bundesdurchschnitt gesehen relativ häufig über 17 Jahre und die mittleren Altersgruppen über- ein eigenes Auto, gut ein Viertel der bayerischen durchschnittlich gut ausgestattet sind. Haushalte besitzen sogar zwei oder mehr Autos. Neben dem Besitz von Verkehrsmitteln ist auch Dabei gibt es starke regionale Unterschiede, die die Nutzung von ÖV-Fahrkarten ein wichtiger auf siedlungsstrukturellen Unterschieden beru- Kennwert in Sachen Mobilitätsoptionen. Nur hen. In Großstädten gibt es häufiger attraktive 17 Prozent der Befragten nutzen Zeitkarten, Alternativen zum eigenen Auto. Zudem hängt also Wochen-, Monats- oder Jahreskarten, der Autobesitz auch stark vom ökonomischen Semester- oder Jobtickets. Es ist ein deutlicher Status ab. So weisen Oberbayern und Mittel- Unterschied entlang der Siedlungsstruktur franken, geprägt durch die Landeshauptstadt festzustellen. In den Großstädten steigt die Zahl München bzw. den Großraum Nürnberg-Fürth- der Zeitkartenbesitzer in der Bevölkerung ab 14 Erlangen, die niedrigsten Pkw-Ausstattungsra- Jahren auf ein Drittel. Der Anteil der Nicht-Nut- ten auf. In München liegt der Anteil der autofrei- zer liegt lediglich bei 6 Prozent , während er in en Haushalte sogar bei 44 Prozent ›› Abb. 9. dünn besiedelten Räumen auf 41 Prozent steigt. ›› Abb. 9 1,1 1,1 1,0 1,3 1,3 1,3 1,1 1,2 1,2 0,7 1,2 1,3 1,3 Autobesitz in Haus- 3 3 5 7 6 6 4 5 5 9 5 6 6 halten 21 22 17 21 25 23 25 28 26 28 27 25 51 Angaben in Prozent; an 100% Fehlende: Weiß nicht, 54 53 55 53 54 57 55 54 56 57 55 55 keine Angabe bzw. nicht zuzuordnen Anzahl Autos Mittelwert 39 3 Autos u. mehr 2 Autos 25 1 Auto 22 22 19 Kein Auto 16 15 16 10 12 12 11 11 Bayern Regierungsbezirke Mittelfranken Schwaben Oberbayern Niederbayern Oberfranken Unterfranken Deutschland städtischer Kreis Oberpfalz dünn besiedelter ländlicher Kreis kreisfreie Großstadt ländlicher Kreis mit Verdichtungsansätzen und Kreistypen in Bayern 12
›› Abb. 10 100 Mobilitätskennwerte 88 im regionalen Vergleich 90 85 86 87 85 86 86 86 86 85 85 84 83 89 84 80 80 79 80 78 78 74 74 74 70 72 71 68 60 Anteil mobiler Personen in Prozent 50 Durchschnittliche Tagesstrecke in Kilometer 40 41 41 41 41 39 40 39 39 38 38 38 38 37 Durchschnittliche Anzahl der Wege 30 Durchschnittliche Unter- wegszeit in Minuten 20 10 3,1 3,2 3,2 3,1 3,1 3,1 3,2 3,2 3,2 3,2 3,1 3,1 3,2 Bayern Regierungsbezirke und Mittelfranken Schwaben Oberbayern Niederbayern Oberfranken Unterfranken Deutschland städtischer Kreis Oberpfalz dünn besiedelter ländlicher Kreis kreisfreie Großstadt ländlicher Kreis mit Verdichtungsansätzen Kreistypen in Bayern Zentrale Kennwerte An einem durchschnittlichen Tag sind 86 Prozent Auffällig ist auch, dass Personen aus Haushal- der Einwohnerinnen und Einwohner Bayerns ten mit niedrigem verfügbarem Einkommen mindestens für einen kurzen Weg außer Haus. am Tag nur durchschnittlich 30 Kilometer in 71 Diese Mobilitätsquote unterscheidet sich dabei Minuten zurücklegen, während Personen aus kaum zwischen den Kreistypen und den Regie- Haushalte mit hohem verfügbarem Einkommen rungsbezirken. durchschnittlich 46 Kilometer in 82 Minuten zurücklegen. Hier deutet sich an, dass sich Unterschiede zeigen sich hingegen bei der die Geschwindigkeit und damit die genutzten mittleren Wegestrecke und der Unterwegszeit. Verkehrsmittel zwischen diesen beiden Gruppen Die Bayerinnen und Bayern sind pro Tag im unterscheiden. Durchschnitt 78 Minuten unterwegs und legen dabei 40 Kilometer Entfernung zurück. In dünn besiedelten ländlichen Regionen sind sowohl die Unterwegszeit mit rund 71 Minuten, als auch die Wegestrecke mit 38 Kilometern am geringsten. In den Großstädten ist die Unter- wegszeit am höchsten, die Wegestrecke aber in etwa auf dem Niveau der dünner besiedelten ländlichen Gebiete. Die längste Wegstrecke legen täglich die Menschen in städtischen Kreisen und ländlichen Kreisen mit Verdichtungs- ansätzen mit rund 41 Kilometern zurück. 13
›› Abb. 11 Modal Split Modal Split der 2017 Hauptverkehrsmittel 3 4 Öffentlicher Verkehr 10 20 2008 nach Wegen und 18 Personenkilometern 9 2002 3 3 im Zeitvergleich von 24 17 2002, 2008 und 2017 MIV-Mitfahrer 14 9 21 13 33 15 17 Anteile Anteile Personen- MIV-Fahrer Wege 8 11 26 26 kilometer 20 56 11 51 56 Zu Fuß 44 41 Fahrradverkehr 45 Angaben in Prozent; ggf. von 100% abweichende Summen ergeben sich durch Rundung einzelner Anteilswerte Beim Modal Split (Verkehrsmittelwahl) weist Viertel der Wege als MIV-Mitfahrerin und -Mit- Bayern eine ähnliche Verkehrsmittelauftei- fahrer zurückgelegt. Betrachtet man den Anteil lung auf wie die anderen Flächenländer bzw. auf Ebene der Verkehrsleistung, machen die Deutschland insgesamt. Dem motorisierten Wege von MIV-Fahrerinnen und -Fahrern sowie Individualverkehr (MIV) sind mehr als die Hälfte MIV-Mitfahrerinnen und -Mitfahrern einen Anteil aller Wege zuzuordnen, davon wird etwa ein von rund drei Vierteln aus. ›› Abb. 12 Autonutzung nach Landkreisen die im Laufe einer üblichen Woche ausschließlich Auto fahren nutzen im üblichen Wochenverlauf ausschließlich das Auto. 14
Große Unterschiede zeigen sich beim Modal Split In den drei östlichen Regierungsbezirken Ober- auch in den einzelnen Regionen. In den Groß- franken, Oberpfalz und Niederbayern dagegen städten haben beispielsweise der ÖV mit 19 Pro- steigen die MIV-Anteile auf mehr als zwei Drittel. zent und der Fuß- und Fahrradverkehr mit 11 bis Die höchsten MIV-Anteile weisen in Nieder- 24 Prozent hohe Anteil. Die Anteile der Verkehrs- bayern die Landkreise Straubing-Bogen und mittel des Umweltverbunds (ÖV, Fahrrad, Zu Fuß) Freyung-Grafenau mit einem MIV-Anteil von 85 überschreiten beispielsweise in Nürnberg die bzw. 82 Prozent auf. Hier liegt auch der Fahrrad- 50-Prozent-Marke und in der Landeshauptstadt anteil an allen Wegen in beiden Kreisen bei unter München sogar die Zwei-Drittel-Marke In den 5 Prozent. Und auch die Wege mit Bussen und ländlichen Gebieten sind dagegen die Anteile der Bahnen machen in diesen Bezirken nicht mehr Verkehrsmittel des Umweltverbundes deutlich als 8 Prozent aus. schwächer ausgeprägt. Ein umgekehrtes Bild zeichnet sich beim moto- risierten Individualverkehr (MIV) ab. Die Tendenz zu höheren MIV-Anteilen in ländlichen Regionen zeigt sich insbesondere auch bei Betrachtung der einzelnen Regierungsbezirke. Im Regierungs- bezirk Oberbayern, der durch die Landeshaupt- stadt München und deren Umland geprägt ist, sinkt der MIV-Anteil auf 52 Prozent und damit auf den niedrigsten Wert. ›› Abb. 13 Modal Split Anteil Wege Hauptverkehrsmittel nach ökonomischen 11 10 10 10 5 7 15 24 7 7 Status und Tätigkeit 10 16 13 13 15 7 (Anteil Wege) ÖV 14 Angaben in Prozent; ggf. von 100% abweichende Summen 59 54 40 43 45 42 ergeben sich durch Rundung einzelner Anteilswerte 41 45 12 MIV-Mitfahrer 24 MIV-Fahrer 5 14 18 11 Fahrrad 11 11 11 12 12 10 26 24 26 22 21 22 Zu Fuß 18 18 15 Ökonomischer Status des niedrig hoch mittel Rentner(in)/Pensionär(in) Kind/Schüler(in) Student(in) Nicht-Berufstätige Vollzeitbeschäftigte/r (inkl. Auszubildende/r) Teilzeitbeschäftigte/r (inkl. Auszubildende/r) Haushalts und Tätigkeit 15
›› Abb. 14 Anteil Wege Anteil Personenkilometer Wegezwecke im 5 5 Angaben in Prozent; Wege bzw. Personenkilometer; an 100% Regionalvergleich 8 8 7 8 8 8 6 6 6 6 Fehlende: weiß nicht, keine Angabe bzw. nicht zuzuordnen 27 28 30 29 28 26 34 34 35 32 29 Begleitung 42 Freizeit 13 14 14 14 14 11 13 14 12 11 11 Erledigung 6 10 7 8 14 7 6 4 Einkauf 16 15 16 16 15 4 4 5 4 5 4 Ausbildung 7 7 7 17 19 7 7 7 17 17 17 dienstlich/ 14 16 11 10 9 9 10 geschäftlich Arbeit 16 17 18 16 17 16 21 21 18 21 22 22 Deutschland Deutschland Bayern städtischer Kreis ländlicher Kreis mit Verdichtungsansätzen dünn besiedelter ländlicher Kreis Bayern städtischer Kreis ländlicher Kreis mit Verdichtungsansätzen dünn besiedelter ländlicher Kreis kreisfreie Großstadt kreisfreie Großstadt Neben den regionalen Unterschieden differenzie- sie eher aus unterschiedlichen Lebensphasen bzw. ren sich die Ergebnisse auch für verschiedene Lebensumgebungen resultieren. So unterscheidet soziodemografische Gruppen. Denn mit dem sich das Mobilitätsverhalten einer vollzeiter- Einkommen steigen auch die verfügbaren werbstätigen Frau wenig von dem eines ebenso Mobilitätsoptionen. In Bayern legen Personen tätigen Mannes. Die intensivsten Nutzerinnen aus Haushalten mit niedrigem ökonomischem und Nutzer des ÖV sind die Studierenden und Status etwas mehr als jeden fünften Weg zu Kinder bzw. Schülerinnen und Schüler. Diese Fuß zurück und der Anteil des nicht-motorisierten Gruppen weisen auch den größten Anteil an Individualverkehrs beträgt in dieser Gruppe ein Radfahrten auf. Erwerbstätige legen über 60 Drittel. In den beiden höheren Einkommensklassen Prozent ihrer Wege mit dem Auto zurück. Bei verschieben sich die Anteile etwas zugunsten den Teilzeitbeschäftigen und Auszubildenden des Autos. Insbesondere die Fußwege werden werden lediglich 7 Prozent und bei den Vollzeit- in der höchsten Statusgruppe weniger. Ge- beschäftigten lediglich 10 Prozent der Wege mit schlechtsspezifische Unterschiede bestehen den öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt kaum. Der einzige augenscheinliche Unterschied ›› Abb. 13. besteht darin, dass Frauen seltener selbst Die meisten Wege werden mit 28 Prozent für fahren und dafür häufiger im MIV mitfahren als Freizeitzwecke zurückgelegt. Bezogen auf die Männer. Zudem sind sie etwas häufiger zu Fuß zurückgelegten Kilometer überwiegt dagegen unterwegs. Solche Unterscheidungen nach der Anteil der im weitesten Sinn beruflich be- soziodemografischen Merkmalen sind für sich dingten Wege mit über 40 Prozent ›› Abb. 14. allein genommen aber wenig aussagekräftig, da 16
Zufriedenheit mit den Mobilitätsangeboten In der MiD-Studie wurden neben der Verkehrs- Hier liegt der Mittelwert sogar bei 3,5. Deutlich mittelnutzung erstmals auch die Zufriedenheit besser schneidet die Verkehrsinfrastruktur für mit dem vorhandenen Verkehrsangebot beleuchtet. das Fahrrad mit einer Durchschnittsnote von 2,4 Analog zum Schulnotensystem konnten die ab. Tendenziell wird auch hier die Situation in Befragten die Verkehrssituation am jeweiligen Großstädten besser bewertet, wobei hier auch Wohnort bewerten. Dabei fällt insbesondere die in der Regel größeren Entfernungen in den auf, dass die Bevölkerung ab 14 Jahren die Ver- ländlichen Räumen eine Rolle spielen. Eine noch kehrssituation für die öffentlichen Verkehrsmittel bessere Beurteilung erhält die Verkehrsinfrastruk- mit einer Gesamtnote von 3,0 am schlechtesten tur für das Auto. Hier liegt die Durchschnittsnote beurteilt. Beinahe ein Fünftel der Befragten bei 2,2, wobei - umgekehrt zu den Verkehrsmit- bewertet den ÖV sogar als „mangelhaft“ oder teln des Umweltverbundes - die Situation in den schlechter. Umgekehrt haben den ÖV mehr Großstädten am schlechtesten (2,8) und in den als 40 Prozent mit der Note 1 und 2 bewertet. ländlichen Regionen (2,0 bis 2,1) deutlich besser Dieses Ergebnis offenbart eine starke Polari- bewertet wird. „Klassenprimus“ ist mit einer sierung innerhalb Bayerns abhängig von der glatten 2,0 der Fußverkehr. Siedlungsstruktur und der damit verbundenen ÖV-Infrastruktur. In den Großstädten bewerten zwei Drittel der Befragten den ÖV sehr positiv (Durchschnittsnote 2,2), während in den ländli- chen Regionen lediglich ein Drittel den ÖV mit mindestens gut bewertet. ›› Abb. 15 Deutschland Bayern Bewertung der Verkehrssituation am Angaben in Prozent; Personen ab 14 Jahren; an 100% Fehlende: 2,0 2,6 2,3 2,9 2,0 2,4 2,2 3,0 Wohnort 28 15 18 33 20 23 11 11 39 34 31 Mittelwert 49 43 weiß nicht, keine Angabe bzw. nicht zuzuordnen 49 51 47 sehr gut 21 gut 22 24 befriedigend 20 20 13 ausreichend 14 17 12 10 10 mangelhaft/ungenügend 7 15 8 19 4 9 4 6 4 4 4 7 4 Zu Fuß Fahrrad Auto ÖPNV Zu Fuß Fahrrad Auto ÖPNV 17
Radl-Land Bayern Verglichen mit dem Bundesdurchschnitt fahren In Bayern verfügt die überwiegende Mehrheit die Bayern häufiger Fahrrad. Aber auch hier der Bevölkerung ab 14 Jahren über ein eigenes zeigen sich regional starke Unterschiede. Bei Fahrrad, Elektrofahrrad oder Pedelec. Die höchste der Alltagsmobilität zeigt sich beim Radverkehr Verfügbarkeit wird dabei in der Altersgruppe in Bayern ein ausgeprägtes Ost-West-Gefälle der 14- bis 17-jährigen erreicht, mit steigendem sowie ein Stadt-Land-Gefälle. In den östlichen Alter sinkt der Fahrradbesitz wieder. Besonders Regionen Bayerns ist die Alltagsmobilität Schülerinnen und Schüler sind zu 90 Prozent deutlich stärker vom Auto geprägt als in den mit einem Fahrrad ausgestattet, während bei westlichen Regionen. In manchen Landkrei- Menschen im Ruhestand die Fahrradbesitzquote sen werden weniger als 5 Prozent aller Wege auf 70 Prozent sinkt. Interessanterweise ist der mit dem Fahrrad zurückgelegt. Die kreisfreien Ausstattungsgrad in Haushalten mit höherem Städte sind in der Regel durch einen höheren ökonomischen Einkommen mit etwa 90 Prozent Fahrradanteil am Modal Split gekennzeichnet. In deutlich höher als in Haushalten mit niedrigerem den vier Städten Landshut, Ingolstadt, Bamberg verfügbaren Einkommen. Die Verbreitung von und Erlangen wurden sogar Fahrradanteile von Elektrofahrrädern oder Pedelecs ist bayernweit über 20 Prozent gemessen. Auch die Groß- noch ziemlich gering: lediglich 6 Prozent der städte München und Nürnberg weisen einen Bevölkerung besitzen eines. Dabei ist allerdings überdurchschnittlichen Fahrradanteil auf. zu bedenken, dass die Befragungen zwischen Mai 2016 und September 2017 stattgefunden haben und sich die Verbreitung von Elektrofahr- rädern oder Pedelecs sehr dynamisch entwi- ckelt. Würde die Befragung heute stattfinden, würde man mit großer Sicherheit einen höhere Ausstattungsgrad mit Elektrofahrrädern oder Pedelecs feststellen. 18
›› Abb. 16 Anteil Fahrradwege Anteil Fahrradwege am Verkehrsaufkommen am Verkehrsauf- (Modal Split) kommen nach Landkreisen An einem durchschnittlichen Tag werden in Was sich beim Einfluss des ökonomischen Bayern 11 Prozent aller Wege mit dem Fahrrad Status auf die Verfügbarkeit bereits andeutet zurückgelegt. Die einzelnen Wege sind dabei manifestiert sich bei der Nutzung. Personen, mehrheitlich bis zu 2 Kilometer lang und dauern die das Fahrrad nie oder selten benutzen, 15 Minuten. Nahezu ein Drittel der Bevölkerung sind häufiger in Haushalten mit niedrigem oder nutzt das Fahrrad so gut wie nie, aber rund ein mittlerem ökonomischen Status zu finden. Fünftel fährt fast täglich mit dem Fahrrad und Dieser Anteil ist in Haushalten mit hohem öko- zwei Drittel der Bevölkerung fährt nach eigenen nomischem Status deutlich geringer. In diesen Angaben zumindest gelegentlich. Zwei Drittel Haushalten wird auch häufiger ein Fahrradhelm nutzen das Fahrrad gerne im Alltag, verzichten getragen. dabei aber oft auf einen Fahrradhelm. Nicht einmal jeder dritte Befragte benutzt fast immer einen Helm und nicht einmal jeder fünfte zu- mindest gelegentlich, wobei Männer tendenziell eher einen Helm tragen als Frauen. 19
Stadtphänomen ÖV Auch die ÖV-Nutzung ist regional stark unter- Zu den intensivsten ÖV-Nutzern gehört die schiedlich. Für den ÖV ergibt sich insbesondere Gruppe der Schülerinnen und Schüler sowie der ein starkes Stadt-Land-Gefälle. Die Spitzen- Studierenden. In dieser Lebensphase gehören werte für den ÖV-Anteil werden insbesondere mit 87 bzw. 91 Prozent die meisten Personen in kreisfreien Städten gemessen. Hier spielen zur Kundschaft des ÖV. Zudem ist diese Gruppe auch die Regierungsbezirke kaum eine Rolle. In „Spitze“ bei der regelmäßigen Nutzung von der Landeshauptstadt München wird nahezu Bussen und Bahnen: Zwei Drittel nutzen dieses ein Viertel aller Wege mit Bussen und Bahnen Angebot mindestens einmal wöchentlich. zurückgelegt. Innerhalb der Großstädte liegt der Anteil der Personen die regelmäßig den ÖV nutzen bei nahezu 50 Prozent. In den dünn besiedelten ländlichen Kreisen macht der Anteil derjenigen die nie öffentlich fahren dagegen fast zwei Drittel der Bevölkerung aus. Hier nutzen nur 9 Prozent regelmäßig den ÖV. ›› Abb. 17 Anteil ÖV-Wege am Anteil ÖV-Wege am Verkehrsaufkommen Verkehrsaufkommen nach Landkreisen 20
Car-Sharing & Co Durch die technologischen Möglichkeiten ohne eigenes Auto zu organisieren. Dadurch moderner Kommunikationstechnologien sind sollen die Verkehrsmittel des Umweltverbunds in den letzten Jahren mit Car- und Bikesharing gestärkt, die Zunahme des privaten Pkw- zwei zusätzliche Mobilitätsoptionen entstanden. Bestands und der damit verbundene Flächenbe- Diese neuen Angebote sind häufig mit der darf parkender Autos reduziert werden. Zudem Erwartung verbunden, dass die Verkehrsmittel eröffnet das Angebot auch Personengruppen, des Umweltverbunds gestärkt werden und das die keinen eigenen Pkw finanzieren können, Wachstum des privaten Pkw-Bestands zumin- die bedarfsweise Nutzung von Kraftfahrzeugen. dest gebremst wird. Sie sind insbesondere Bikesharing-Angebote sollen sich indes als auf urbane Räume ausgerichtet, in denen es attraktive Ergänzung der öffentlichen Verkehrs- deutlich mehr Haushalte ohne eigenen Pkw gibt mittel etablieren und der städtischen Bevölkerung und damit der Kreis der potenziellen Nutzerin- mehr Wahlmöglichkeiten und Flexibilität für ihre nen und Nutzer größer ist. Das Angebot von Alltagsmobilität bieten Carsharing-Fahrzeugen soll der städtischen Bevölkerung ermöglichen, ihren Mobilitätsalltag ›› Abb. 18 Carsharing Anteil Mitglieder in ausgewählten Städten Nutzungshäufigkeit Carsharing Mitgliedschaften und Nutzungshäufigkeit München Landshut Würzburg Augsburg Nürnberg seltener als monatlich nie bzw. fast nie Anteil der Carsharing-Mitglieder nach Altersklassen Anteil/Alter in Jahren Angaben in Prozent 21
Bayernweit sind etwa 5 Prozent der Haushalte Nur von einem Viertel dieser Personen wird das im Besitz einer Kundenkarte einer oder mehrerer Angebot zumindest einmal im Monat genutzt. Carsharing-Organisationen. Entsprechend dem Bezogen auf die Gesamtbevölkerung ist Car- Nutzerpotential liegt der Anteil in kreisfreien sharing bislang nur eine Randerscheinung: Großstädten bei 13 Prozent, in den Metropol- nur 3 Prozent der Personen ab 17 Jahren nutzen regionen sogar bei 17 Prozent. In dünn besiedelten das Angebot. Lediglich in München steigt dieser ländlichen Kreisen sinkt der Anteil zum Teil auf Anteil auf 16 Prozent. unter 1 Prozent. Beim Bike-Sharing liegt der Anteil der Bevölkerung Beim ökonomischen Status der Carsharing-Mit- ab 14 Jahren, die ein Bike-Sharingangebot glieder fällt wiederrum auf, dass vor allem Haus- nutzen bei 3 Prozent. Anders als beim Car- halte mit einem hohen verfügbaren Einkommen Sharing sind Bike-Sharingangebote nicht nur auf häufiger eine Kundenkarte besitzen. Die Hälfte die Großstädte beschränkt, obwohl auch hier der Haushalte mit einer Carsharing-Mitglied- die Nutzung in den Großstädten am größten schaft verfügt auch über ein Pkw, so dass sich ist. In den an die Großstädte angrenzenden insgesamt der Eindruck aufdrängt, dass Car- Landkreisen werden zum Teil immerhin Nut- sharing eher eine zusätzliche Mobilitätsoption zeranteile zwischen 5 und 10 Prozent erreicht. ist, die im Alltag jedoch bisher selten genutzt Tatsächlich in Anspruch genommen wird dort das wird. Bei der Nutzung ist zwischen Personen Bikesharing-Angebot allerdings seltener als ein- mit einer einzigen Mitgliedschaft und Personen mal im Monat. Die geringe Nutzerfrequenz lässt mit Mitgliedschaften bei mehreren Anbietern vermuten, dass diese Mobilitätsoption ebenfalls zu unterscheiden. Letztere nutzen die Carsha- eine untergeordnete Rolle spielt. ring Angebote wesentlich intensiver. Von den Personen mit einer Mitgliedschaft - dies ist die Mehrheit - nutzen etwa ein Drittel aller Personen das Angebot so gut wie nie. ›› Abb. 19 Verhaltensdaten für Raumstruktur Verkehrsangebot Bestandteile eines Personen- u. Güterverkehr soziodemografische Strukturdaten Netzmodelle für IV und ÖV Verkehrsmodells (Einwohnerverteilung, Altersstruktur, (u.a. aus MiD) Arbeitsplätze) Verkehrsmodell (Software) Berechnung für ANALYSE und PROGNOSE - nicht Messung Straße Schiene 22
Fazit und Ausblick Die MiD-Studie hat gezeigt, dass es für Bayern Die aus der MID 2017 gewonnenen aktuellen Er- nicht das eine Verkehrskonzept geben kann, kenntnisse und Daten zu verhaltenshomogenen das überall passt. Es kann auch keine Ver- Gruppen, Wegehäufigkeiten, Reiseweiten und kehrskonzepte von der Stange geben, die man zum Modal Split werden daher auch bei der Fort- einfach auf bestimmte Regionstypen übertragen schreibung des Landesverkehrsmodells Bayern kann und die dann überall funktionieren. Dafür verwendet. Für die Eignung und zusätzlich Ver- ist das Mobilitätverhalten in den einzelnen wendung neuartige Datenquellen, wie z.B. Mo- Regionen Bayerns einfach zu unterschiedlich. bilfunkdaten, besteht derzeit noch Forschungs- Eine zukunftsorientierte Verkehrspolitik muss bedarf. Die bisherige Turnus der Studie (6 bzw. 9 alle Verkehrsmittel im Blick haben und diese Jahre) wird aufgrund der zunehmenden Dynamik intelligent vernetzen. bei der Entwicklung neuer Mobilitätsangebote zunehmend kritisch gesehen. Während dieser Die Ergebnisse der MiD-Studie stellen für Turnus auf Bundesebene vielleicht angemessen Bayern einen gewaltigen Datenschatz dar, der erscheint, haben Länder, Kommunen und Ver- dazu beitragen kann, die künftige Verkehrsplanung kehrsunternehmen für die konkrete Verkehrspla- noch besser zu gestalten. nung andere Anforderungen an die Aktualität der Diese Ergebnisse dienen nicht nur als Input und Zahlen. Die Studie erfolgt im Auftrag des BMVI Grundlage für verkehrspolitische Diskussionen und ohne die bündelnde Funktion des BMVI und verkehrs- und städteplanerischer Entschei- wäre eine solche Studie aufgrund des hohen dungen. Sie sind auch für neue Mobilitätsfor- Koordinierungsaufwandes wohl auch kaum mög- men und die Forschung von großem Interesse. lich gewesen. Daher wird derzeit mit dem BMVI So benötigen beispielsweise Verkehrsnachfrage- die Möglichkeit erörtert, die Studie in kürzeren modelle empirische Daten über das Mobilitäts- zeitlichen Intervallen durchzuführen. // verhalten der Bevölkerung. ›› Bereitstellung der Ergebnisse Die Ergebnisse der kompletten MiD-Studie werden in Berichtsform und darüber hinaus Das Tool ist frei zugänglich und nutzbar und wird per Link über mittels dem Tabellentool Mobilität in Tabellen die Internet-seite des Bayerischen (MiT) bereitgestellt. Dieses bietet die Mög- Staatsministerium für Wohnen, Bau lichkeit den umfassenden Datensatz der MID und Verkehr zur Verfügung gestellt: 2017 online auszuwerten. Damit können je https://www.stmb.bayern.de/vum/handlungs- nach Fragestellung flexibel Tabellen mit Vertei- felder/verkehrsinfrastruktur/mobilitaet_in_ lungen und Mittelwerten erstellt werden. Für deutschland/index.php ausgewählte Themen stehen zudem auf die Grundgesamtheit hochgerechnete Ergebnisse zum Download bereit. Selbst erstellte Tabellen können zur Weiterverarbeitung ausgedruckt oder in Excel exportiert werden. Das MiT bietet insgesamt fünf Auswertungs- QR-Code ebenen: Haushalte, Personen, Wege, Reisen zum Tool MiT und Autos. Es basiert auf den originären Daten- sätzen der MiD, die für die bessere Handhab- Die bayerischen Ergebnisse der MiD 2017 barkeit im Tabellierungstool nur leicht angepasst und weitere Informationen werden hierzu wurden. Für jede der fünf Ebenen kann über die auf der Internetseite des Bayerischen Staats- Auswahl von Merkmalen auf Zeilen- und/oder ministeriums für Wohnen, Bau und Verkehr Spaltenebene sowie bei Bedarf einer dritten zur Verfügung gestellt. Dimension eine Vielzahl an Auswertungen durchgeführt werden. Das MiT stellt auf diese https://www.stmb.bayern.de/vum/handlungs- Weise Informationen für die Beantwortung ganz felder/verkehrsinfrastruktur/mobilitaet_in_ unterschiedlicher Fragestellungen bereit. deutschland/index.php 23
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