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DER SHARE DEAL NACH Eingereicht von Marko Saric EINBRINGUNG EINER Angefertigt am Institut für Unternehmensrecht BELASTETEN SACHE IN Beurteiler / Beurteilerin o.Univ.-Prof. Dr. Martin EINE GESELLSCHAFT: Karollus Monat Jahr ZUR UMGEHUNG VON 02/2021 VORKAUFSRECHTEN Diplomarbeit zur Erlangung des akademischen Grades Magister iuris im Diplomstudium Rechtswissenschaften JOHANNES KEPLER UNIVERSITÄT LINZ Altenberger Straße 69 4040 Linz, Österreich www.jku.at DVR 0093696
EIDESSTATTLICHE ERKLÄRUNG Ich erkläre an Eides statt, dass ich die vorliegende Diplomarbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt bzw. die wörtlich oder sinngemäß entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe. Die vorliegende Diplomarbeit ist mit dem elektronisch übermittelten Textdokument identisch. Linz, am 22.02.2021 22. Februar 2021 Marko Saric 2/41
Inhaltsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis ................................................................................................................ 5 I. Das Vorkaufsrecht ................................................................................................................ 7 A. Allgemeine Erklärungen zum Vorkaufsrecht ..................................................................... 7 1. Auslösen eines Vorkaufsfalls, Bedingungen und Fristen .............................................. 8 2. Erweitertes Vorkaufsrecht ............................................................................................ 9 3. Persönlich obligatorisches und dinglich verbüchertes Vorkaufsrecht ........................... 9 B. Das Vorkaufsrecht im Gesellschaftsrecht ....................................................................... 10 1. Gründe und Möglichkeiten für Vorkaufsrechte im Gesellschaftsrecht ........................ 10 a) GmbH ................................................................................................................... 10 b) AG ........................................................................................................................ 11 C. Einlösungspreis .............................................................................................................. 11 1. Kaufverhältnis zwischen Verpflichtetem und Berechtigtem ........................................ 11 a) Nebenbedingungen ............................................................................................... 12 (1) Bedeutungslose Nebenbedingungen ................................................................ 12 2. Vereinbarungen bzgl des Einlösungspreises ............................................................. 13 D. Erlöschen des Vorkaufsrechts ........................................................................................ 14 1. Erlöschen durch Ausübung ........................................................................................ 14 2. Erlöschen durch Nichtausübung ................................................................................ 14 3. Erlöschen durch Tod des Berechtigten ...................................................................... 14 II. Allgemeine Überlegungen zur Umgehung von Vorkaufsrechten ......................................... 15 A. Ausgangslage ................................................................................................................ 15 1. Umgehungshandlung................................................................................................. 15 a) Qualifizierung der Einbringung der Sache in ein Unternehmen als „andere Veräußerungsart“ .................................................................................................. 16 III. Umgehung des Vorkaufsrechts durch die Einbringung der belasteten Sache in ein Unternehmen und späterer Veräußerung der Anteile .......................................................... 17 A. Allgemeines ................................................................................................................... 17 1. Rechtslage in Österreich ........................................................................................... 17 2. Rechtslage in Deutschland ........................................................................................ 18 a) Das Vorkaufsrecht der Gemeinden an Grundstücken ........................................... 21 3. Transformation in die österreichische Rechtsordnung ............................................... 23 a) Umgehung gesetzlicher Vorkaufsrechte in Österreich ........................................... 24 22. Februar 2021 Marko Saric 3/41
(1) Eintrittsrechte der Gemeinden .......................................................................... 25 B. Subjektive Komponente ................................................................................................. 25 1. Umgehungsabsicht .................................................................................................... 25 2. Ältere Rechtsprechung und Lehrmeinung .................................................................. 26 3. Objektiver Ansatz ...................................................................................................... 27 4. Resümee ................................................................................................................... 28 IV. Rechtsfolgen der Umgehung .............................................................................................. 29 A. Allgemeines ................................................................................................................... 29 1. Folgen gegenüber der Gesellschaft ........................................................................... 30 a) Einlösen des Berechtigten..................................................................................... 30 (1) Abforderungsanspruch ..................................................................................... 31 (2) Löschung aus dem Grundbuch ......................................................................... 31 b) Nicht verbüchertes Vorkaufsrecht ......................................................................... 32 2. Folgen gegenüber dem ursprünglich Verpflichteten ................................................... 32 V. Einlösungspreis .................................................................................................................. 33 A. Allgemeines ................................................................................................................... 33 1. Preis beim Mengenkauf ............................................................................................. 33 2. Auskunftspflicht des Abtretungspreises und der Fristenlauf ....................................... 34 a) Frist zur Einlösung ................................................................................................ 34 VI. Anbietung der übrigen Vermögenswerte ............................................................................. 35 A. Ausdehnung des Vorkaufsrechts.................................................................................... 35 1. Untrennbares Gesamtpaket ....................................................................................... 36 2. Anwendung auf den Verkauf von Gesellschaftsanteilen ............................................ 37 VII. Zusammenfassung ............................................................................................................. 38 A. Objektiver Tatbestand .................................................................................................... 38 B. Umgehungsabsicht ........................................................................................................ 38 C. Rechtsfolgen .................................................................................................................. 38 D. Einlösungspreis .............................................................................................................. 39 Literaturverzeichnis .................................................................................................................... 40 Anmerkung In dieser Arbeit wird auf das sprachliche Gendern verzichtet. Dies geschieht ausschließlich, um eine bessere Lesbarkeit und Verständlichkeit zu gewähren. Soweit geschlechtsbezogene Angaben verwendet werden, ist selbstverständlich das jeweils andere Geschlecht gleichermaßen umfasst. 22. Februar 2021 Marko Saric 4/41
Abkürzungsverzeichnis ABGB Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch ABGB-ON ABGB Onlinekommentar Abs Absatz AG Aktiengesellschaft/en AktG Aktiengesetz dBauGB deutsches Baugesetzbuch dBauNVO deutsche Baunutzungsverordnung BGH deutscher Bundesgerichtshof BR Bürgerliches Recht bzgl bezüglich bzw beziehungsweise d.h. das heißt dBGB deutsches Bürgerliches Gesetzbuch DM deutsche Mark f folgende/r ff fortfolgende/r gem gemäß GmbH Gesellschaft/en mit beschränkter Haftung GmbHG Gesetz über GmbH iF in Form iHv in der Höhe von iSd im Sinne des/der JBl Juristische Blätter KG Kommanditgesellschaft Mio Million/en oÄ oder Ähnliches etc OGH oberster Gerichtshof OLG Oberlandesgericht Rn Randnummer ROG Raumordnungsgesetz Rsp Rechtsprechung Rz Randziffer Sog sogenannte/r/s SR Sachenrecht 22. Februar 2021 Marko Saric 5/41
stRsp ständige Rechtsprechung UGB Unternehmensgesetzbuch usw und so weiter uU unter Umständen uvm und viele mehr Vgl vergleiche WGG Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz zB zum Beispiel ZR Zivilrecht 22. Februar 2021 Marko Saric 6/41
I. Das Vorkaufsrecht A. Allgemeine Erklärungen zum Vorkaufsrecht Beim Vorkaufsrecht handelt es sich um das Recht, eine Sache zum Kauf angeboten zu bekommen, wenn der vom Vorkaufsrecht verpflichtete Verkäufer sich entscheidet, die Sache veräußern zu wollen. Ein solches Vorkaufsrecht kann nicht bloß durch Verträge, sondern auch von Gesetzes wegen oder durch letztwillige Verfügungen begründet werden1. Aufgrund unterschiedlicher Meinungen in der Geschichte des Vorkaufsrechts über die Bedeutung des Wortes „will“ in der Normierung des § 1072 ABGB ist an dieser Stelle die Bedeutung zu analysieren. Es ist festzuhalten, dass der bloße Wille, die belastete Sache zu verkaufen, nicht genügen kann. Vielmehr wird das innere Bestreben des Verpflichteten eine äußere Rechtshandlung benötigen, um eine Pflicht zur Anbietung der belasteten Sache auszulösen. Dies ergibt sich zum einen aus § 1077 ABGB, der sich bzgl des Einlösungspreises für den Grundfall an das Angebot des Dritten orientiert. Zum anderen erklärt sich die Formulierung der Gesetzesstelle aus dem damaligen Sprachgebrauch. An einigen weiteren Stellen des ABGB findet sich ebenfalls ein „will“, welches wie ein „wird“ zu verstehen ist. Daraus ergibt sich, dass auch im Falle des Vorkaufsrechts die Pflicht zur Anbietung der Sache von einer Rechtshandlung des Verpflichteten abhängig ist2. Vom Vorkaufsrecht umfasst sein können Sachen gem § 285 ABGB, es kann sich jedoch auch auf Liegenschaften oder Rechte beziehen3. Zusätzlich wird von großen Teilen der Lehre und der Rsp4 vertreten, dass bei einer nicht börsennotierten AG ein Vorkaufsrecht für vinkulierte Aktien bereits in der Satzung vorgesehen werden kann5. Es herrscht keine einhellige Meinung bezüglich des Wesens des Vorkaufsrechts. Neben mittlerweile veralteten Überlegungen bzgl der Rechtsnatur, so etwa die Vorvertragstheorie, scheint sich aber mittlerweile die überwiegende Auffassung6 einig zu sein, dass es sich um ein Gestaltungsrecht handelt. Dieses befähigt den Berechtigten dazu, einseitig ein Vertragsverhältnis zu begründen, indem er an die Stelle des Dritten in den Kaufvertrag tritt7. Des Weiteren handelt es sich beim 1 Rabl/Riedler, Bürgerliches Recht III6 (2017) Rz 1/21. 2 Faistenberger, das Vorkaufsrecht: zum Vorkauf im österreichischen bürgerlichen Recht (1967) 32f, 46. 3 Verschraegen in Kletečka /Schauer (Hrsg), ABGB-ON1.08 § 1072 Rz 2 (Stand 1.5.2020, rdb.at). 4 OGH 08.05.2013, 6 Ob 28/13f. 5 Artmann/Rüffler, Gesellschaftsrecht2 (2020) Rz 724. 6 Verschraegen in Kletečka /Schauer, ABGB-ON1.08 § 1072 Rz 1; F.Bydlinski in Klang (Hrsg) IV/2, S.752 (1978); Aicher in Rummel/Lukas (Hrsg), ABGB4 § 1072 Rz 2 (Stand 1.5.2017, rdb.at). 7 OGH 18.12.2007, 10 Ob 76/07k. 22. Februar 2021 Marko Saric 7/41
Vorkaufsrecht um ein höchstpersönliches Recht, es kann somit weder vererbt noch übertragen oder abgetreten werden8. Folglich liegt es auf der Hand, dass das Vorkaufsrecht mit dem Tod der berechtigten Person grundsätzlich erlischt9. Ausnahmen von diesem Grundsatz können jedoch im Gesellschaftsrecht auftreten. Exemplarisch hierfür beschäftigte sich der OGH mit dem Übergang des Gesellschaftsvermögens iSd § 142 Abs 1 Satz 1 UGB auf den verbliebenen Gesellschafter und der Frage ob damit auch das vereinbarte Vorkaufsrecht bestehen bleibt. Er hielt fest, dass im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auch das Vorkaufsrecht übergeht10. 1. Auslösen eines Vorkaufsfalls, Bedingungen und Fristen Anders als bei ähnlichen Rechtsinstituten hängt das Vorkaufsrecht von einem sog Vorkaufsfall ab, dh es kann erst ausgeübt werden, wenn der Berechtigte die Sache veräußern möchte und bereits ein gültiger Vertrag entstanden ist oder sich der Vertrag iF eines Vorvertrages, einem bindenden Kaufanbot oÄ anbahnt. Um gegenüber Dritten nicht wegen Doppelverkaufs schadenersatzpflichtig iSd § 430 ABGB zu werden, ist es für den Verpflichteten empfehlenswert, den Kaufvertrag unter dem Vorbehalt abzuschließen, dass das Vorkaufsrecht nicht ausgeübt wird. Für die Dauer der Fristen, in welchen das Vorkaufsrecht ausgeübt werden kann, wird zwischen beweglichen und unbeweglichen Sachen unterschieden. Handelt es sich um eine bewegliche Sache, so beträgt die Frist grundsätzlich 24 Stunden, bei unbeweglichen Sachen hingegen 30 Tage11. Jedoch handelt es sich bei diesen Fristen um dispositive Rechtsnormen, wodurch Abweichendes vereinbart werden kann12. Die Frist beginnt in jenem Zeitpunkt zu laufen, in dem der Berechtigte alle Unterlagen erhalten hat, die er benötigt, um das ihm eingeräumte Gestaltungsrecht sinnvoll ausüben zu können. Ihm ist daher das unterbreitete Angebot bzw der bereits abgeschlossene Kaufvertrag zu übermitteln. Auch in Fällen, in denen dem Berechtigten eine Einlösung nicht angeboten wird und er auf anderem Wege vom Vorkaufsfall erfährt, steht ihm das Recht zu, sein Gestaltungsrecht auszuüben. Die oben ausgeführten Fristen beginnen in diesen Fällen jedoch nicht zu laufen. Um in einem Vorkaufsfall die Frist tatsächlich zu wahren, muss der Berechtigte gem § 1075 ABGB „wirklich einlösen“. Gemeint ist damit, dass er erklären muss, zu identen Konditionen wie der Dritte kontrahieren zu wollen. Er muss auch gleichzeitig die angebotene 8 Verschraegen in Kletečka /Schauer, ABGB-ON1.08 § 1074 Rz 1. 9 Verschraegen in Kletečka /Schauer, ABGB-ON1.08 § 1072 Rz 9. 10 OGH 18.06.2020, 5 Ob 74/20y. 11 Rabl/Riedler, BR III6 Rz 1/21-22. 12 Verschraegen in Kletečka /Schauer, ABGB-ON1.08 § 1075 Rz 1, 7. 22. Februar 2021 Marko Saric 8/41
Leistung begleichen oder zumindest anbieten. Folglich entsteht zwischen Berechtigtem und Verpflichtetem ein Kaufvertrag mit denselben Bedingungen, wie er zwischen dem Verpflichteten und dem Dritten abgeschlossen wurde bzw abgeschlossen werden sollte. Davon umfasst sind auch etwaige Nebenleistungen, Vereinbarungen bzgl der Tragung der Vertragskosten und sonstige Vereinbarungen. Handelt es sich bei den Nebenleistungen um Leistungen, die vom Berechtigten nicht erbracht werden können, so ist der Wert dieser Leistung zu schätzen und seitens des Berechtigten zu vergüten. Ist eine vollständige Befriedigung durch die Vergütung nicht möglich, so kann das Gestaltungsrecht nicht ausgeübt werden13. 2. Erweitertes Vorkaufsrecht Das Vorkaufsrecht kann wie oben bereits beschrieben lediglich im Falle eines Vorkaufsfalles ausgeübt werden. Ein Vorkaufsfall liegt grundsätzlich nur im Falle der Übereinkunft iF eines Kaufvertrages vor. Ist der Verpflichtete Schuldner einer Geldleistung und möchte die belastete Sache an Zahlungs Statt leisten, kann das Vorkaufsrecht ebenso ausgeübt werden14. Soll das Vorkaufsrecht jedoch auch auf „andere Veräußerungsarten“ wie zB den Tausch oder die Schenkung ausgedehnt werden, so bedarf es nach der ausdrücklichen Normierung des § 1078 ABGB einer weiteren Verabredung15, womit ein sog erweitertes Vorkaufsrecht entsteht16. Wird eine Vereinbarung getroffen, die das Vorkaufsrecht auf andere Veräußerungsarten ausdehnen soll, so wird ein Vorkaufsfall bereits durch jede rechtsgeschäftliche oder letztwillige Verfügung begründet. Der Grund hierfür ist, dass bei anderen Veräußerungsarten abseits des Verkaufs oft andere Beweggründe im Vordergrund stehen, die eher immaterieller Natur sind17. 3. Persönlich obligatorisches und dinglich verbüchertes Vorkaufsrecht Ein bloß persönlich obligatorisches Vorkaufsrecht stellt eine schuldrechtliche Verbindung zwischen Vorkaufsverpflichtetem und Vorkaufsberechtigtem dar. Gemeint ist, dass die Verpflichtung, die Sache dem Berechtigten anzubieten, lediglich zwischen ihm und dem Verpflichteten besteht, wohingegen das dingliche verbücherte Vorkaufsrecht ohne Rücksicht auf die Person des Verpflichteten besteht. Das dingliche Vorkaufsrecht räumt dem Berechtigten somit ein Recht gegenüber Jedermann ein; es 13 Rabl/Riedler, BR III6 Rz 1/22-25. 14 Apathy/Perner in Koziol/Bydlinski/Bollenberger (Hrsg), ABGB6 § 1078 Rz 1 (2020). 15 Verschraegen in Kletečka /Schauer, ABGB-ON1.08 § 1078 Rz 1. 16 Rabl/Riedler, BR III6 Rz 1/23. 17 Verschraegen in Kletečka /Schauer, ABGB-ON1.08 § 1078 Rz 5. 22. Februar 2021 Marko Saric 9/41
wirkt somit absolut18. Diese in der Überschrift erwähnte Unterscheidung ist vor allem dann wichtig, wenn kein Kaufvertrag, sondern eine anderes Veräußerungsgeschäft über eine Liegenschaft abgeschlossen werden soll und kein erweitertes Vorkaufsrecht begründet wurde. Wie bereits dargelegt löst eine solche Situation eben keinen Vorkaufsfall aus und ein Einlösen seitens des Berechtigten ist nicht möglich. Während in diesem Fall ein bloß obligatorisches Vorkaufsrecht erlischt, genießt das verbücherte Vorkaufsrecht einen weiteren Bestandschutz. Das dingliche Vorkaufsrecht bleibt auch weiterhin bestehen und gewährt dem Vorkaufsberechtigten im Falle eines späteren Verkaufs des Erwerbers das Recht, von seinem Vorkaufsrecht Gebrauch zu machen19. B. Das Vorkaufsrecht im Gesellschaftsrecht Wie bereits weiter oben angedeutet können in einer AG, aber auch in einer GmbH an die Veräußerung von Aktien bzw Geschäftsanteilen gewisse Voraussetzungen geknüpft werden. So sehen sowohl das AktG als auch das GmbHG die Möglichkeit der Vinkulierung von Anteilen vor. Gemeint ist damit, dass als zusätzliche Voraussetzung zu den Formpflichten eine Zustimmung der übrigen Aktionäre bzw aller oder auch nur einzelner Gesellschafter eingeholt werden muss. Des Weiteren besteht bei einer GmbH, ident zu der oben ausgeführten Variante der nicht börsennotierten AG, die Möglichkeit, den übrigen Gesellschaftern ein Vorkaufsrecht in Bezug auf die Anteile einzuräumen. 1. Gründe und Möglichkeiten für Vorkaufsrechte im Gesellschaftsrecht a) GmbH In der Praxis ist es nicht unüblich, solche Vinkulierungen bzw Vorkaufsrechte vorzusehen, womit dem durchaus personalistisch geprägten Charakter der GmbH Rechnung getragen werden soll20. Da der Gesetzeswortlaut die Vinkulierung als Veräußerungsbeschränkung nur beispielhaft erwähnt, sind andere Beschränkungen, somit auch das Vorkaufsrecht für GmbH-Geschäftsanteile, unstrittig möglich21. Eine Besonderheit ist aber in diesem Zusammenhang zu erwähnen: Entgegen dem § 1073 ABGB, der die Individualisierung des Berechtigten gebietet, wird das Vorkaufsrecht in Gesellschaften üblicherweise für alle Gesellschafter begründet. Damit wird der Grundsatz der Höchstpersönlichkeit des Vorkaufsrechts unterlaufen. Dies ist 18 Dullinger, Schuldrecht Allgemeiner Teil II6 (2017) Rz 5/18, 26. 19 Verschraegen in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.08 § 1078 Rz 8. 20 Artmann/Rüffler, Gesellschaftsrecht2 Rz 724, 1072. 21 Zollner in U.Torggler (Hrsg), GmbHG § 76 Rz 9 (Stand 1.8.2014, rdb.at). 22. Februar 2021 Marko Saric 10/41
damit zu erklären, dass die Immobilisierung der GmbH-Anteile dauerhaft sein soll und folglich die allgemeinen Regeln des ABGB in diesem Zusammenhang teleologisch zu reduzieren sind22. b) AG Weniger einfach ist die Zulässigkeit des Vorkaufsrechts für die AG zu beantworten, da es hier mit anderen Grundprinzipien in Konflikt stehen könnte. Dem Wesen der AG entsprechend soll es Aktionären möglichst freistehen, ihre Aktien zu veräußern und zusätzlich herrscht im AktG grundsätzlich Satzungsstrenge. Gemeint ist damit, dass ein Abweichen von den gesetzlichen Bestimmungen nur dort erlaubt ist, wo es ausdrücklich vorgesehen ist. Wie bereits dargelegt kann die Übertragbarkeit nach dem Gesetzeswortlaut bei Namensaktien iF einer Vinkulierung eingeschränkt werden, die Möglichkeit der Einräumung eines Vorkaufsrechts der Aktionäre ist jedoch nicht normiert. Mittlerweile wird aber anerkannt, dass von der Satzungsstrenge im AktG Ausnahmen immer dann bestehen können, wenn die Bestimmung weder Grundprinzipen der AG noch Gläubigerschutzvorschriften oder dem öffentlichen Interesse widersprechen. Hinzukommend grenzt die Sittenwidrigkeitsklausel die Möglichkeiten ebenfalls ein Stück weit ein23. Auch der OGH bejaht diese Ausführungen und ergänzt als zusätzliches Argument für die Satzungsautonomie in passenden Fällen, dass in Österreich – anders als in Deutschland – die Satzungsstrenge nicht ausdrücklich im Gesetz normiert ist24. Aus den geführten Überlegungen ging hervor, dass ein Vorkaufsrecht die Kriterien erfüllt, wodurch nichts dagegen spricht, in diesen Fällen einer AG Satzungsautonomie zuzusprechen und ein Vorkaufsrecht für Aktien zuzulassen. C. Einlösungspreis 1. Kaufverhältnis zwischen Verpflichtetem und Berechtigtem Wie bereits angedeutet entsteht durch die Ausübung des Vorkaufsrechts, sofern keine andere Vereinbarung getroffen wurde, das Kaufverhältnis zwischen den Parteien, die das Vorkaufsrecht vereinbart haben25. Folglich gilt für den Grundfall, dass der Vertrag in Bezug auf die Höhe des Entgelts und etwaigen Nebenbedingungen dem Geschäft 22 Vonkilch, Immobilisierung voldn GmbH-Geschäftsanteilen durch Vorkaufsrechte?, RdW 2019/174 Heft 4, 228, 228,232. 23 Haberer/Zehetner in Artmann/Karollus (Hrsg), AktG I6 § 62 Rz 8-9 (Stand 1.5.2018, rdb.at). 24 OGH 08.05.2013, 6 Ob 28/13f. 25 Aicher in Rummel/Lukas, ABGB4 § 1077 Rz 1. 22. Februar 2021 Marko Saric 11/41
mit dem Dritten ident ist. Sofern erst ein verbindliches Angebot vorliegt, so hat es diesem zu entsprechen. a) Nebenbedingungen Meist werden in Verträgen zusätzliche Nebenbedingungen und Nebenleistungspflichten vereinbart. So etwa Vereinbarungen, die vorsehen, welcher Vertragsteil für die Vertragserrichtung aufzukommen hat, aber auch Vereinbarungen betreffend Gewährleistung, Erfüllungsort, Fälligkeit der Leistung uvm. Sind neben dem Geldbetrag somit noch weitere Leistungen geschuldet, zB eine Sachleistung, so sind die Leistungen zu gewichten und der Vertragstypus zu bestimmen und danach über das Schicksal des Vorkaufsrechts zu entscheiden. Kommt man zu dem Ergebnis, dass der Geldbetrag die Hauptleistung darstellt und es sich somit um einen Kaufvertrag handelt, stellt sich grundsätzlich die Frage, inwieweit der Berechtigte überhaupt fähig ist, die Nebenpflichten zu erfüllen. Ist es dem Berechtigten nun nicht möglich, die Nebenpflicht zu leisten, muss beurteilt werden, ob diese Leistung durch eine Geldleistung substituierbar ist. Hierfür ist ein Schätzwert, unter der Berücksichtigung des Interesses des Verpflichteten an der Nebenleistung, heranzuziehen. Führen diese Überlegungen zu keinem Ergebnis, weil die Nebenleistung nicht in Geld messbar ist und der Berechtigte nicht zur Erfüllung im Stande ist, so ist der konkrete Kaufvertrag den bereits angeführten „anderen Veräußerungsarten“ in dem Punkt gleichzusetzen, dass er keinen Vorkaufsfall auslöst und der Berechtigte sein Vorkaufsrecht nicht ausüben kann. (1) Bedeutungslose Nebenbedingungen Nun liegt aber auch auf der Hand, dass die Möglichkeit des Abschlusses von unwesentlichen Nebenpflichten eine gewisse Gefahr der Umgehung des Vorkaufsrechts birgt26. Eine unwesentliche Nebenleistung liegt dann vor, wenn angenommen werden kann, dass der Verkauf an einen Dritten auch ohne diese stattgefunden hätte27 und lediglich das Ziel verfolgen soll, eine Ausübung des Vorkaufsrechts zu vereiteln, ohne einen Vorteil für den Verpflichteten mit sich zu bringen. Bejaht man den Abschluss einer solchen bloß unwesentlichen Vertragsklausel, so ist es dem Berechtigten möglich, sein Vorkaufsrecht auszuüben, obwohl er die Leistung weder erfüllen noch durch einen Geldbetrag substituieren kann28. 26 F.Bydlinski in Klang IV/2, S.866-868. 27 Aicher in Rummel/Lukas, ABGB4 § 1077 Rz 6. 28 OGH 21.02.2014, 5 Ob 231/13a. 22. Februar 2021 Marko Saric 12/41
Den Fällen der Unmöglichkeit der Erfüllung der Vertragsklauseln ist jener Fall gleichzustellen, in dem gewisse Klauseln und Belastungen der Sache lediglich deshalb abgeschlossen werden, um dem Berechtigten, wenngleich er die Nebenbedingungen zwar erfüllen könnte, das Ausüben seines Vorkaufsrechts in solchem Maße unattraktiv zu machen, dass er von seinem Recht keinen Gebrauch macht29. 2. Vereinbarungen bzgl des Einlösungspreises Wie bereits dem Gesetz in § 1077 S 1 ABGB zu entnehmen ist, besteht die Möglichkeit, eine Vereinbarung bzgl des Einlösungspreises zu treffen, wofür mehrere Varianten denkbar sind. Eine Variante ist die Vereinbarung, dass seitens des Berechtigten – losgelöst vom tatsächlichen Kaufpreis – ein Schätzwert herangezogen wird. Dieser orientiert sich prinzipiell an Marktpreisen, sofern es einen solchen Marktpreis für die Sache gibt30. Verfügt der betroffene Gegenstand über keinen festen Verkehrswert und hängt dieser vom Schätzmann ab, so ist auch dieser in der Vereinbarung festzuhalten31. Es kann jedoch von den Parteien auch ein konkreter Kaufpreis vereinbart werden; dabei handelt es sich dann um ein sog „limitiertes Vorkaufsrecht“. Hierbei ist zu beachten, dass, sofern in der Vereinbarung eine mögliche Geldentwertung nicht berücksichtigt wird, diese grundsätzlich den Verpflichteten trifft32. An dieser Stelle ist festzuhalten, dass es sich beim Vorkaufsrecht um einen Unterfall des Optionsrechts handelt. Optionsrechte bezeichnen Verträge, die eine Partei befähigen, Rechtsgeschäfte zu im Vorhinein vereinbarten Konditionen einseitig abzuschließen. Beachtet man, dass beim Eintritt eines Vorkaufsfalls der Berechtigte einseitig erklären kann, den Vertrag mit dem Verpflichteten abzuschließen, so ist von einem bedingten Optionsrecht die Rede und auf dieses ist § 936 ABGB analog anzuwenden33. Der § 936 ABGB normiert die Möglichkeit, dass der vereinbarte Preis unter gewissen Voraussetzungen der Umstandsklausel unterliegen kann. Unter Anderem begründet eine extreme Inflation die Möglichkeit der Anpassung des vereinbarten Einlösungspreises. Voraussetzung wird jedoch sein, dass die Umstandsänderung im Zeitpunkt des Abschlusses des Vorkaufsrechts nicht vorhersehbar war34. 29 OGH 12.04.2001, 8 Ob 15/01s; OGH 29.01.2019, 4 Ob 220/18h. 30 Aicher in Rummel/Lukas, ABGB4 § 1077 Rz 7. 31 Mayer-Maly in Klang IV/2, S.231. 32 F.Bydlinski in Klang IV/2, S.870. 33 Aicher in Rummel/Lukas, ABGB4 § 1072 Rz 39. 34 Reischauer in Rummel/Lukas (Hrsg), ABGB4 § 936 Rz 32, 33 (Stand 1.5.2018, rdb.at). 22. Februar 2021 Marko Saric 13/41
D. Erlöschen des Vorkaufsrechts Im Folgenden wird auf die bedeutendsten, vorkaufsrechtspezifischen Erlöschungstatbestände eingegangen: 1. Erlöschen durch Ausübung Auf der Hand liegt, dass mit der Ausübung des Vorkaufsrechts das Vorkaufsrecht endet. Hierfür bedarf es, wie bereits zuvor erläutert35, der „wirklichen Einlösung“ durch den Berechtigten. 2. Erlöschen durch Nichtausübung Ähnlich naheliegend ist der Erlöschungstatbestand im Falle der Nichtausübung. Der Berechtigte ist für die Einlösung an die bereits erörterten Fristen gebunden. Erklärt er, innerhalb der Frist sein Recht nicht in Anspruch nehmen zu wollen oder wird er nicht tätig, endet das Vorkaufsrecht mit Ablauf der Frist36. Zusätzlich ist in Bezug auf verbücherte Vorkaufsrechte festzuhalten, dass, wenn das Recht nicht fristgerecht ausgeübt wird, dem Verpflichteten das Recht zukommt, den Berechtigten auf Einwilligung zur Löschung des Vorkaufsrechts aus den Büchern zu klagen37. 3. Erlöschen durch Tod des Berechtigten Ein weiterer Grund der Beendigung eines Vorkaufsrechts ist der Tod des Berechtigten38. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 1074 ABGB, der normiert, dass das Vorkaufsrecht aufgrund der Höchstpersönlichkeit des Rechts weder vererbt noch abgetreten werden kann. Hierbei handelt es sich um eine Norm mit zwingendem Charakter, was sich daraus begründen lässt, dass andere Normen des Vorkaufsrechts, welche abweichende Vereinbarungen zulassen wollen, dies auch im Gesetz so festhalten39. An der Vererblichkeit des Vorkaufsrechts auf der Passivseite, also auf der Seite des Verpflichteten, bestehen jedoch keine Zweifel40. 35 Vgl I.A.1. 36 Faistenberger, Das Vorkaufsrecht, 196. 37 OGH 07.05.2013, 2 Ob 27/13d; Aicher in Rummel/Lukas, ABGB4 § 1073 Rz 14. 38 Faistenberger, Das Vorkaufsrecht, 196. 39 F.Bydlinski in Klang IV/2, S.836 f. 40 F.Bydlinski in Klang IV/2, S.814; Aicher in Rummel/Lukas, ABGB4 § 1073 Rz 2. 22. Februar 2021 Marko Saric 14/41
II. Allgemeine Überlegungen zur Umgehung von Vorkaufsrechten A. Ausgangslage Aufgrund der vielen Varianten, in denen das Vorkaufsrecht auftreten kann und dem grundsätzlichen Schutz der Interessen des Verkäufers, ist es naheliegend, dass durch geschickte vertragliche Konstrukte die Möglichkeit der Umgehung des Vorkaufsrechts eröffnet werden kann. In weiterer Folge sollen einige Umgehungsvarianten aufgegriffen und besprochen werden. Wie bereits weiter oben ausgeführt begründet grundsätzlich lediglich der Verkauf einen Vorkaufsfall. Sollen vom Vorkaufsrecht auch andere Geschäfte, die als Zweck die Eigentumsübertragung haben, umfasst sein, so bedarf es einer zusätzlichen Vereinbarung iSd § 1078 ABGB, womit ein erweitertes Vorkaufsrecht geschaffen wird. Schließt man eine solche Vereinbarung nicht ab, liegt also nur ein einfaches Vorkaufsrecht vor. Handelt es sich bei dem vereinbarten Vorkaufsrecht um ein bloßes obligatorisches, so erlischt es im Zuge einer „anderen Veräußerungsart“; das verbücherte Vorkaufsrecht bleibt bestehen41. Evident ist, dass eine Umgehung des Vorkaufsrechts durch Einkleidung eines Kaufvertrags in eine „andere Veräußerungsart“ somit nur dann möglich ist, wenn keine Ausdehnung des Vorkaufsrechts iSd § 1078 ABGB vereinbart wurde. 1. Umgehungshandlung Grundsätzlich gründen sich die Überlegungen, das Vorkaufsrecht nur für den Verkauf gelten lassen zu wollen darin, dass bei anderen Veräußerungsarten oft weitere immaterielle Interessen vorrangig sind, welche nicht in Geld messbar sind und folglich vom Vorkaufsberechtigten nicht erbracht werden können. Die Umgehungshandlung besteht nun darin, dass eine andere Veräußerungsart als der Kaufvertrag gewählt wird, obwohl das Interesse des Verkäufers lediglich darin besteht, für die veräußerte Sache einen Geldbetrag zu erhalten. Dadurch würde das einfache nicht verbücherte Vorkaufsrecht erlöschen, obwohl eben kein über die Geldleistung hinausreichendes Interesse besteht und die Wahl einer „anderen Veräußerungsart“ nicht gerechtfertigt bzw nachvollziehbar ist42. 41Vgl I. A.1. und 2. 42Karollus, Umgehung von Vorkaufsrechten durch Einbringung der belasteten Sache in eine Gesellschaft mit nachfolgender Anteilsveräußerung, JBl 2012, 559, 559 f. 22. Februar 2021 Marko Saric 15/41
a) Qualifizierung der Einbringung der Sache in ein Unternehmen als „andere Veräußerungsart“ Einige Rechtsgeschäfte wie zB der Tausch, die Schenkung, die Veräußerung mit Erbringung einer Werk- oder Dienstleistung im Gegenzug, der Verkauf mit dem Abschließen eines Mietvertrages im Gegenzug usw stellen nach einhelliger Meinung eine „andere Veräußerungsart“ dar43. In weiterer Folge soll geklärt werden, ob eine Umgehung durch die Einbringung als Umgehungsgeschäft möglich ist. Voraussetzung für die Umgehung durch die Einbringung ist, dass die Einbringung eine „andere Veräußerungsart“ darstellt. Auf der Hand liegt, dass es Veräußerungsarten immanent ist, dass sie Eigentum an der Sache verschaffen sollen. Das kann bei einer Einbringung eines Vermögensgegenstandes als Sacheinlage zweifelsohne bejaht werden, da dadurch das Eigentum auf die Gesellschaft übergehen soll. Nun normiert § 1078 ABGB ausdrücklich, dass eben jene Fälle vom Vorkaufsrecht ausgeschlossen werden sollen, in denen der Verpflichtete durch den Verkauf an den Berechtigten nicht so gestellt ist, wie er es wäre, wenn er das Geschäft wie geplant abgeschlossen hätte. Folglich bleibt zu klären, ob durch Sacheinlagen zusätzlich weitere Interessen befriedigt werden sollen44. Grundsätzlich wird eine Sacheinlage meistens weitergehende Interessen verfolgen als eine bloße Geldzuwendung. Exemplarisch hierfür beschäftigte sich der OGH mit einem Sachverhalt, in dem ein Einzelunternehmen, welches Eigentümer einer mit einem Vorkaufsrecht belasteten Liegenschaft war, in eine Holding eingegliedert wurde. In dieser Entscheidung wurde ausgesprochen, dass im konkreten Fall durch die Einbringung nicht bloß Vermögenswerte im Austausch für Geld abgegeben werden sollen. Vielmehr wurden dem Einbringenden Anteile an der Gesellschaft übertragen. Diese begründeten neben etwaigen Stimmrechten, Vermögensrechten, usw, auch gewisse Pflichten gegenüber der Holding. In diesen Überlegungen lässt sich schon erkennen, dass durch die Einbringung weitreichendere Ziele verfolgt werden sollten als eine bloße Geldzuwendung. Des Weiteren wurde festgehalten, dass durch die Eingliederung eines Unternehmens in eine Holding keine Vermögensmassen aus dem Vermögen ausscheiden sollen, vielmehr soll dieses dadurch erhalten bleiben45. In einer weiteren Entscheidung bestätigte der OGH diese Überlegungen und führte aus, dass sich die 43 F.Bydlinski in Klang IV/2, S.873; Aicher in Rummel/Lukas, ABGB4 § 1078 Rz 2; Verschraegen in Kletečka /Schauer, ABGB-ON1.08 § 1078 Rz 4. 44 OGH 23.02.1955, 3 Ob 832/54 45 OGH 20.03.1997, 6 Ob 45/97d. 22. Februar 2021 Marko Saric 16/41
Einbringung im Regelfall auf das Verhältnis des Einbringenden und der Gesellschaft gründet und folglich keinen Vorkaufsfall auslösen kann46. III. Umgehung des Vorkaufsrechts durch die Einbringung der belasteten Sache in ein Unternehmen und späterer Veräußerung der Anteile A. Allgemeines Bisher wurde thematisiert, wie sich eine Einbringung der belasteten Sache in eine Gesellschaft auf das Vorkaufsrecht auswirken kann. Folgend wird die Einbringung in eine Gesellschaft behandelt, wobei in weiterer Folge die Anteile an der Gesellschaft veräußert werden sollen. Diese Überlegungen sind vor allem in jenen Fällen relevant, in denen alleine die Einbringung der Sache in das Unternehmen noch kein Umgehungsgeschäft darstellt. So etwa, wenn die belastete Sache an eine Gesellschaft übertragen wird, bei der der Verpflichtete alleiniger Gesellschafter ist und es folglich durchaus vertretbar ist, dass dadurch andere Interessen verfolgt werden sollen. Zu nennen sind hierfür meist steuerliche Gründe, worauf weiter unten noch einmal eingegangen wird. Solche Umgehungskonstellationen sind vor allem über Gesellschaften mit Drittbeteiligung denkbar, wofür es für die rechtliche Beurteilung einer Aufschlüsselung der einzelnen Rechtsgeschäfte bedarf. An dieser Stelle ist zu erwähnen, dass diesbezüglich in Österreich nur wenige Entscheidungen des OGH vorliegen, weshalb in weiterer Folge vergleichbare Fälle aus Deutschland erörtert werden und versucht wird, Vergleiche zur österreichischen Rechtslage zu ziehen. 1. Rechtslage in Österreich Der OGH befasste sich mit einem, der soeben dargelegten Fallkonstellation ähnlichen, Sachverhalt betreffend eines Vorpachtrechts. Vorwegnehmend ist festzuhalten, dass die Bestimmungen und die vorangehenden Überlegungen zum Vorkaufsrecht grundsätzlich für Miet- und Pachtvereinbarungen analog anzuwenden sind. Selbstverständlich bestehen Ausnahmen, worauf mangels Relevanz für folgende Ausführungen nicht eingegangen wird47. 46 OGH 30.03.2001, 1 Ob 66/01i. 47 Aicher in Rummel/Lukas, ABGB4 § 1072 Rz 38. 22. Februar 2021 Marko Saric 17/41
Die Entscheidung beschäftigte sich mit dem Fall, dass eine Stadtgemeinde und ein Abfallbeseitigungsunternehmen einen Abfallbeseitigungsvertrag abgeschlossen hatten und hierfür dem Unternehmen die betrieblich notwendige Fläche überlassen wurde. Zusätzlich wurde ein Vorpachtrecht für die Zeit nach dem Ende des Vertrages vereinbart. Nach Ablauf des Vertrages wurde jedoch von der Gemeinde eine Gesellschaft mit Drittbeteiligung gegründet, die nun die Deponie fortführte. Die klagende Partei sah in dieser Handlung eine Umgehung des Vorkaufsrechts, da die beklagte Partei keinen Einfluss auf die Betriebsführung ausübte und diese Lösung lediglich deshalb gewählt haben soll, um keinen Vorpachtfall auszulösen. Der OGH gab der Revision Folge und verwies die Sache zurück an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung. Er führte hierzu aus, dass an einer Umgehung nicht gezweifelt werden kann, wenn die Vertragskonstellationen zwischen den Streitteilen und jenen der neu gegründeten Gesellschaft inhaltlich denselben Zweck verfolgen48. Des Weiteren befasste sich der OGH in jüngerer Vergangenheit mit der Frage bzgl der Bewilligung einer Streitanmerkung. In gegenständlicher Entscheidung wurde eine mit einem Vorkaufsrecht belastete Liegenschaft einer Stiftung geschenkt, worin die Klägerin eine Umgehungshandlung durch die Einkleidung des Geschäfts in eine „andere Veräußerungsart“ gesehen hat. Besonders bedeutsam ist, dass der OGH, obgleich er hierzu ausführt, dass seitens der Klägerin das Vorliegen einer Umgehung durch die Schenkung weiterer Präzisierungen bedarf, da ohnehin das Vorkaufsrecht verbüchert wurde und es bis zur Auslösung eines Vorkaufsfalls bestehen bleibt, er in dieser Entscheidung festhält, dass durch die Einbringung einer belasteten Sache in eine Gesellschaft und anschließender entgeltlicher Veräußerung der Anteile ein dem Kaufvertrag ähnlicher Vertragstypus vorliegen kann, welcher uU einen Vorkaufsfall auslösen kann49. Hierzu verweist er auf eine Entscheidung des BGH, auf welche weiter unten noch näher eingegangen wird. Auch in der Lehre50 und von weiteren österreichischen Autoren wird festgehalten, dass es keinen Zweifel daran geben kann, dass eine Umgehung durch Einbringung und folgender Anteilsveräußerung möglich ist und diese somit einen Vorkaufsfall auslöst51. 2. Rechtslage in Deutschland In Deutschland hingegen befassen sich Gerichte und Experten mit solchen Fallkonstellationen bereits seit mehreren Jahren. Vorab ist zu erwähnen, dass im deutschen Recht, ident dem österreichischen Recht, ein Vorkaufsrecht in der Regel 48 OGH 27.03.1996, 3 Ob 2136/96f. 49 OGH 25.10.2018, 6 Ob 179/18v. 50 Binder/Spitzer in Schwimman/Kodek (Hrsg), ABGB IV4 § 1078 ABGB Rz 1 (2014). 51 Pelinka, Verzwickte praktische Probleme des Vorkaufsrechts, ecolex 2017, 1143, 1145. 22. Februar 2021 Marko Saric 18/41
lediglich durch einen Kaufvertrag ausgelöst wird52 und eine Umgehung folglich bei kaufähnlichen Verträgen anzunehmen ist. Gemeint ist, dass eben genau wie in Österreich das Geschäft nach seinem Sinn und Zweck zu analysieren und zu ermitteln ist, ob weitere Interessen als das bloße Erlangen eines Geldbetrages verfolgt werden. Verneint man dies, ist von einer Umgehung auszugehen53. Auf etwaige Anforderungen an die Intentionen, die der Verpflichtete zu verfolgen hat, um eine Umgehung bejahen zu können, soll in einem eigenen Punkt näher eingegangen werden. Wegweisend befasste sich das OLG Nürnberg mit folgender Fallkonstellation: Die klagende Streitpartei war Eigentümer eines, mit einem dinglichen Vorkaufsrecht belasteten Grundstücks, welches bisher an die Beklagte vermietet war. In weiterer Folge brachten jedoch die Kläger das Grundstück in eine neu errichtete Gesellschaft ein und beteiligten sich hierfür vorerst mit 95%; 5% wurden von einem weiteren Gesellschafter gehalten. Zusätzlich erhielten sie hierfür einen Betrag iHv 27.500 DM und die Zusage einer Rente iHv 2500 DM, welche von der Gesellschaft zu leisten wäre. Am gleichen Tag, an dem das Rechtsgeschäft geschlossen wurde, veräußerte die klagende Partei ihre Anteile an einen weiteren Gesellschafter und erhielt dafür eine einmalige Leistung iHv 522500 DM. Die klagende Partei beantragte die Feststellung, dass ein Vorkaufsrecht auslösendes Geschäft nicht vorgelegen hätte, wohingegen die Beklagte forderte, die Klage abzuweisen. Hierfür wurde vorgebracht, dass wirtschaftlich gesehen der Gesellschaftsvertrag mit anschließender Veräußerung der Anteile einen Verkauf darstelle und folglich eine Umgehung zu bejahen sei. Das Gericht sprach aus, dass durch die beiden Urkunden zwar jeweils Gesellschaftsverträge abgeschlossen worden sind, diese jedoch lediglich dazu geführt haben, dass das Eigentum am Grundstück für den oben aufgeschlüsselten Geldbetrag, zumindest mittelbar, an die übrig gebliebenen Gesellschafter übertragen wurde. Zusätzlich ging aus den Gesellschaftsverträgen hervor, dass die Gesellschaft im relevanten Zeitpunkt, abgesehen von dem eingebrachten Grundstück, kein weiteres Vermögen hatte. Der Umstand, dass, wie von den Klägern vorgebracht, noch weiteres Vermögen in die Gesellschaft geflossen ist, änderte nichts an der Tatsache, dass durch die Gesellschaftsverträge lediglich ein Verkauf der Liegenschaft stattgefunden hat. Bekräftigend trat hinzu, dass beide Gesellschaftsverträge an nur einem Tag gefasst wurden, weshalb ausgeschlossen werden konnte, dass der Entschluss erst nach der Unterzeichnung des ersten Dokuments gefasst wurde. Des Weiteren wurde in 52 Schermaier in Staudinger (Hrsg), BGB15 § 463 BGB Rn 10 (2013). 53 Schermaier in Staudinger, BGB15 § 463 BGB Rn 21. 22. Februar 2021 Marko Saric 19/41
dieser Entscheidung auch noch festgehalten, dass der Berechtigte nicht in die Gesellschaft, sondern anstelle von den Gesellschaftern in den Kaufvertrag eintritt54. In jüngerer Vergangenheit gab eine ähnliche Fallkonstellation dem BGH die Gelegenheit, sich in der oben angedeuteten Entscheidung55 zur Thematik zu äußern. Vorweg ist jedoch aufgrund der Relevanz für den Sachverhalt der Begriff des Erbbaurechts zu erläutern. Bei einem Erbbaugrundstück handelt es sich um ein Grundstück, welches mit dem Recht einer anderen Person belastet ist, ein Bauwerk auf diesem zu errichten. Ob das Bauwerk ober- oder unterirdisch errichtet wird, spielt grundsätzlich keine Rolle. Als Gegenleistung für das Erbbaurecht schuldet der Berechtigte einen sog Erbbauzins. Der Erbbauzins bezeichnet die Leistung des Berechtigten an den Grundeigentümer, die ihn für die Nutzung des Grundes entschädigen soll und in regelmäßigen Abständen zu erfolgen hat56. An dieser Stelle ist zu erwähnen, dass soeben genanntes Rechtsinstitut dem österreichischen Recht nicht fremd ist. Es besteht ident zur Rechtslage in Deutschland die Möglichkeit dieser Rechtsfigur; sie wird jedoch nicht Erbbaurecht, sondern nur Baurecht genannt. Das Baurecht wird sodann im Grundbuch in das C-Blatt, also das Lastenblatt, eingetragen und gilt bis zum Erlöschen des Rechts, womit dann das Bauwerk in das Eigentum des Grundeigentümers fällt. Auf etwaige Entschädigungssummen und genauere Ausführungen zu den Erlöschungstatbeständen wird mangels Relevanz für folgenden Sachverhalt verzichtet57. Gegenständlicher Fall behandelte nun die Konstellation, dass der Klägerin zunächst ein dingliches Vorkaufsrecht auf ein Erbbaugrundstück eingeräumt wurde. Als die Eigentümer des Erbbaugrundstücks in weiterer Folge insolvent wurden, wurde der Klägerin das Grundstück seitens des Insolvenzverwalters angeboten. Aufgrund von Divergenzen bzgl der Preisvorstellung wurde das Angebot nicht angenommen. Einige Zeit später wurde das Eigentum der insgesamt 87 Erbbaugrundstücke, darunter auch das betroffene, unentgeltlich an eine neu gegründete GmbH & Co. KG übertragen. Noch am selben Tag wurden durch einen zusätzlichen Vertrag die Anteile an der Gesellschaft einer weiteren Gesellschaft für insgesamt 7,47 Mio € abgetreten. Die Klägerin behauptete in diesen Verträgen ein Vorkaufsfall auslösendes Geschäft zu sehen und begehrte die Übertragung des Eigentums Zug um Zug gegen Bezahlung des Kaufpreises iHv rund 14.860 €. Vom Berufungsgericht wurde ausgesprochen, dass ein Umgehungsgeschäft nicht vorläge, da der Sinn und Zweck des Rechtsgeschäfts 54 OLG Nürnberg 27.09.1990, 2 U 950/90. 55 Vgl III.A.1. 56 Wilhelm, Sachenrecht6 (2019) Rz 2082, 2128. 57 Riedler, Zivilrecht V Sachenrecht5 (2018) Rz 11/1-5. 22. Februar 2021 Marko Saric 20/41
nicht nur in der Übertragung des Eigentums gelegen habe, sondern wurde dadurch eine Gesellschaft veräußert, welche die Grundstücke verwalten und Profite aus den Erbbauzinsen schlagen sollte. Im Ergebnis verwies der BGH die Rechtsstreitigkeit zurück, da noch einige offene Rechtsfragen vorlagen, verneinte jedoch die Ansicht des Berufungsgerichts klar und führte aus, dass es nicht auf die Bezeichnung des Vertrages zwischen dem Verpflichteten und dem Dritten ankommen kann. Vielmehr sind die Rechtsgeschäfte inhaltlich auszulegen und zu ermitteln ob es möglich ist, den Berechtigten in den Vertrag eintreten zu lassen, ohne dass die Interessen des Verpflichteten nachteilig berührt werden. Des Weiteren hielt der BGH fest, dass den obigen Ausführungen des Berufungsgerichts durch den Umstand, dass das Ergebnis für die erwerbende Gesellschaft dasselbe gewesen wäre, wenn die Klägerin die Grundstücke iF eines Kaufvertrages erworben hätte und in weiterer Folge selbst eine Gesellschaft gegründet und die Grundstücke eingebracht hätte, nicht zu folgen ist. Wirtschaftlich betrachtet sei der Verkauf von Anteilen einer Gesellschaft, die lediglich die im Eigentum der Gesellschaft stehenden Liegenschaften verwalten soll, einem Verkauf der Liegenschaften gleichgestellt58. Nach den bisherigen Ausführungen zur Thematik, sowohl in Österreich als auch in Deutschland, bleibt kein Platz für Zweifel an der Richtigkeit der Überlegungen des BGH, weswegen ihnen voll und ganz zuzustimmen ist. a) Das Vorkaufsrecht der Gemeinden an Grundstücken Ein Sonderfall des Vorkaufsrechts findet sich in § 24 dBauGB. In dieser Rechtsnorm werden einige Fälle aufgezählt, in denen der Gemeinde kraft Gesetzes ein Vorkaufsrecht für gewisse Grundstücke zukommen soll. Grund für das Vorkaufsrecht kann die Durchsetzung städtebaulicher Maßnahmen sein, aber soll dadurch zum Beispiel auch dem Hochwasserschutz Rechnung getragen werden, indem die Gemeinde durch das Vorkaufsrecht Flächen vor der Bebauung freihält. Anzumerken ist in diesem Zusammenhang, dass es sich beim Vorkaufsrecht der Gemeinde um eine öffentlich-rechtliche Angelegenheit handelt, durch die Ausübung des Vorkaufsrechts jedoch ein Kaufvertrag nach den Regeln des Zivilrechts entsteht. Folglich greifen auch die allgemeinen Regelungen des Vorkaufsrechts, wonach sich der Kaufvertrag zwischen der Gemeinde und dem Verkäufer ebenfalls nach jenem Vertrag, der zwischen Verpflichtetem und dem Dritten geschlossen werden sollte, orientiert. Des Weiteren begründet ebenfalls nur der Kaufvertrag einen Vorkaufsfall, der zur Ausübung 58 BGH 27.01.2012, V ZR 272/10. 22. Februar 2021 Marko Saric 21/41
des Vorkaufsrechts berechtigt, wohingegen Tauschverträge, Schenkungen, Verkauf in der Insolvenz, uvm keinen Vorkaufsfall auslösen59. Wie die bisher aufgezeigten Fälle erahnen lassen, sind auch Umgehungsversuche des Vorkaufsrechts der Gemeinden denkbar und wie folgender Fall veranschaulichen wird, praxisrelevant. Eine aktuelle Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin beschäftigte sich mit einem der Entscheidung des BGH zugrundeliegendem Sachverhalt sehr ähnlich gelagerten Fall. In der gegenständlichen Rechtssache hatte das VG Berlin über einen Antrag zum vorläufigen Rechtsschutz gegen eine Anordnung der Behörde zu Erforschung des relevanten Sachverhalts zu entscheiden. Ausgangspunkt hierfür war der Verkauf zweier Gesellschaften, die Eigentümerinnen mehrerer Grundstücke waren, die mit einem Vorkaufsrecht der Gemeinde belastet waren. Im Detail wurde die Antragstellerin im Wege eines gesellschaftsrechtlichen Anteilskauf Gesellschafterin jeweils im Ausmaß von 89,9% an den Gesellschaften. Die restlichen Anteile iHv 10,1% an den Gesellschaften wurden von einer zypriotischen Gesellschaft erworben. In weiterer Folge forderte das Bezirksamt der betroffenen Gemeinde die Antragstellerin per Bescheid auf, alle Urkunden bzgl des Erwerbs der Anteile offen zu legen, widrigenfalls wurde ein Zwangsgeld gegen den Geschäftsführer angedroht. Als rechtliche Grundlage für die Anordnung wurde § 208 Satz 1 Nr. 2 dBauGB genannt. Begründend wurde ausgeführt, dass aus den bereits vorliegenden Unterlagen der Anschein erweckt wurde, dass das abgeschlossene Rechtsgeschäft, das den Anteilserwerb begründete, einen Vorkaufsfall auslösen könnte. Um der Sache genauer auf den Grund zu gehen würden somit die restlichen Urkunden benötigt60. § 208 dBauGB ist als Ausformung des auch in Deutschland herrschenden Untersuchungsgrundsatzes im Verwaltungsverfahren zu verstehen. Um eben diesem gerecht werden zu können, normiert der genannte Paragraph verschiedenste Möglichkeiten der Behörde, den relevanten Sachverhalt zu ermitteln. Unter anderem wird auch die Alternative genannt, Beteiligte gewisse Urkunden vorlegen zu lassen, auf welche diese sich bezogen haben61. Der Anordnung der Behörde entgegnete die Antragstellerin unter Hinweis auf die Darlegung der Motive für das durchgeführte Geschäft im Zuge der Anhörung, dass folglich keinerlei Anhaltspunkte für die Umgehung des Vorkaufsrechts vorliegen würden und das Bezirksamt darzulegen hätte, aus welchen Gründen dieser Verdacht entstanden sei. Des Weiteren erklärte sie aber auch, dass für eine Überprüfung die Unterlagen ohnehin nicht benötigt würden. Nach ausführlichen Erläuterungen 59 May in Rixner/Biedermann/Charlier (Hrsg), Systematischer Praxiskommentar BauGB/BauNVO3 § 24 BauGB Rz 1, 4, 27f (2018). 60 VG Berlin 13.12.2019, 19 L 566.19. 61 Battis in Battis/Krautzberger/Löhr (Hrsg), Baugesetzbuch13 § 208 Rn 2, 4 (2016). 22. Februar 2021 Marko Saric 22/41
betreffend die Einhaltung formeller Anforderungen im Laufe des Verwaltungsverfahrens und verfassungsrechtlicher Überlegungen äußerte sich das Gericht zur Zweck- und Verhältnismäßigkeit der Anordnung. Dem Gericht war es erwartungsgemäß nicht möglich darüber zu entscheiden, ob eine Umgehung vorliegt oder nicht, weil dann, wie das Gericht auch zum Ausdruck bringt, die Unterlagen tatsächlich nicht notwendig wären, um eine Entscheidung zu fällen. Doch es hielt fest, dass die oben erläuterten Ausführungen des BGH bzgl des zivilrechtlichen Vorkaufsrechts auch auf das Vorkaufsrecht der Gemeinden Anwendung finden. Es führte aus, dass zwar nach allgemeinen Erwägungen ein Grundstückskauf iF eines Unternehmenskaufs einen Vorkaufsfall nicht auszulösen vermag, doch hielt es fest, dass nach Auslegung der Verträge ein vorkaufsfallauslösendes Geschäft vorliegen könnte, wenn es nach inhaltlicher Beurteilung einem Verkauf gleichkomme. Hierfür wurde, wie bereits vom BGH ausgeführt, festgehalten, dass dem so ist, wenn ein Eintritt des Berechtigten ohne Nachteile für den Verpflichteten möglich ist. Auf Grund der bisher dargelegten Feststellungen erklärte das Gericht, dass die öffentlichen Interessen an der Klärung der Sache die Geheimhaltungsinteressen der Gesellschaft überwiegen, weshalb folglich der Antrag, wie von der Gemeinde gefordert, zurückgewiesen wurde62. 3. Transformation in die österreichische Rechtsordnung Wie bereits erwähnt finden sich in Österreich keine Judikate, die einen tatsächlichen Anwendungsfall zu Grunde lege, doch erscheint bereits aus dem Verweis des OGH in der erwähnten Entscheidung63 auf jene des BGH eine Anwendung der in Deutschland herausgebildeten Rechtsgrundsätze naheliegend. Zusätzlich aber geht bereits aus einer Gesamtschau der Umgehungstatbestände hervor, dass die bisherigen allgemeinen Überlegungen zur Umgehung des Vorkaufsrechts keinen Platz für eine andere Lösung zulassen. Angesichts der bisher erläuterten Voraussetzungen an der Umgehung des Vorkaufsrechts ist prinzipiell auf Sinn und Zweck des Geschäfts abzustellen. Geht aus dem/den Geschäft/en hervor, dass das einzige Ziel die Erlangung einer bestimmten Geldsumme ist, kann kein Zweifel daran bestehen, dass es sich um ein Umgehungsgeschäft handelt. Zur Beurteilung, ob möglicherweise doch weitere Interessen verfolgt werden, ist es empfehlenswert zu prüfen, ob der Verpflichtete bei Veräußerung an den Berechtigten genauso stehen würde, wie wenn er das gewollte Geschäft abgeschlossen hätte. Bejaht man diesen Prüfungsschritt, dann ist auch eine Umgehung zu bejahen. Für die 62 VG Berlin 13.12.2019, 19 L 566.19. 63 Vgl III.A.1. 22. Februar 2021 Marko Saric 23/41
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