DER SHARE DEAL NACH EINER - JKU ePUB

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DER SHARE DEAL NACH
                                        Eingereicht von
                                        Marko Saric

EINBRINGUNG   EINER
                                        Angefertigt am
                                        Institut für
                                        Unternehmensrecht

BELASTETEN SACHE IN                     Beurteiler / Beurteilerin
                                        o.Univ.-Prof. Dr. Martin

EINE  GESELLSCHAFT:
                                        Karollus

                                        Monat Jahr

ZUR UMGEHUNG VON
                                        02/2021

VORKAUFSRECHTEN

Diplomarbeit
zur Erlangung des akademischen Grades

Magister iuris
im Diplomstudium

Rechtswissenschaften

                                        JOHANNES KEPLER
                                        UNIVERSITÄT LINZ
                                        Altenberger Straße 69
                                        4040 Linz, Österreich
                                        www.jku.at
                                        DVR 0093696
EIDESSTATTLICHE ERKLÄRUNG

Ich erkläre an Eides statt, dass ich die vorliegende Diplomarbeit selbstständig und
ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht
benutzt bzw. die wörtlich oder sinngemäß entnommenen Stellen als solche kenntlich
gemacht habe.

Die vorliegende Diplomarbeit ist mit dem elektronisch übermittelten Textdokument
identisch.

Linz, am 22.02.2021

22. Februar 2021                             Marko Saric                               2/41
Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis ................................................................................................................ 5
I.     Das Vorkaufsrecht ................................................................................................................ 7
      A.    Allgemeine Erklärungen zum Vorkaufsrecht ..................................................................... 7
           1.    Auslösen eines Vorkaufsfalls, Bedingungen und Fristen .............................................. 8
           2.    Erweitertes Vorkaufsrecht ............................................................................................ 9
           3.    Persönlich obligatorisches und dinglich verbüchertes Vorkaufsrecht ........................... 9
      B.    Das Vorkaufsrecht im Gesellschaftsrecht ....................................................................... 10
           1.    Gründe und Möglichkeiten für Vorkaufsrechte im Gesellschaftsrecht ........................ 10
                a)    GmbH ................................................................................................................... 10
                b)    AG ........................................................................................................................ 11
      C.    Einlösungspreis .............................................................................................................. 11
           1.    Kaufverhältnis zwischen Verpflichtetem und Berechtigtem ........................................ 11
                a)    Nebenbedingungen ............................................................................................... 12
                     (1) Bedeutungslose Nebenbedingungen ................................................................ 12
           2.    Vereinbarungen bzgl des Einlösungspreises ............................................................. 13
      D.    Erlöschen des Vorkaufsrechts ........................................................................................ 14
           1.    Erlöschen durch Ausübung ........................................................................................ 14
           2.    Erlöschen durch Nichtausübung ................................................................................ 14
           3.    Erlöschen durch Tod des Berechtigten ...................................................................... 14
II.    Allgemeine Überlegungen zur Umgehung von Vorkaufsrechten ......................................... 15
      A.    Ausgangslage ................................................................................................................ 15
           1.    Umgehungshandlung................................................................................................. 15
                a)    Qualifizierung der Einbringung der Sache in ein Unternehmen als „andere
                      Veräußerungsart“ .................................................................................................. 16
III. Umgehung des Vorkaufsrechts durch die Einbringung der belasteten Sache in ein
     Unternehmen und späterer Veräußerung der Anteile .......................................................... 17
      A.    Allgemeines ................................................................................................................... 17
           1.    Rechtslage in Österreich ........................................................................................... 17
           2.    Rechtslage in Deutschland ........................................................................................ 18
                a)    Das Vorkaufsrecht der Gemeinden an Grundstücken ........................................... 21
           3.    Transformation in die österreichische Rechtsordnung ............................................... 23
                a)    Umgehung gesetzlicher Vorkaufsrechte in Österreich ........................................... 24

22. Februar 2021                                                         Marko Saric                                                           3/41
(1) Eintrittsrechte der Gemeinden .......................................................................... 25
     B.    Subjektive Komponente ................................................................................................. 25
          1.    Umgehungsabsicht .................................................................................................... 25
          2.    Ältere Rechtsprechung und Lehrmeinung .................................................................. 26
          3.    Objektiver Ansatz ...................................................................................................... 27
          4.    Resümee ................................................................................................................... 28
IV. Rechtsfolgen der Umgehung .............................................................................................. 29
     A.    Allgemeines ................................................................................................................... 29
          1.    Folgen gegenüber der Gesellschaft ........................................................................... 30
               a)     Einlösen des Berechtigten..................................................................................... 30
                    (1) Abforderungsanspruch ..................................................................................... 31
                    (2) Löschung aus dem Grundbuch ......................................................................... 31
               b)     Nicht verbüchertes Vorkaufsrecht ......................................................................... 32
          2.    Folgen gegenüber dem ursprünglich Verpflichteten ................................................... 32
V.    Einlösungspreis .................................................................................................................. 33
     A.    Allgemeines ................................................................................................................... 33
          1.    Preis beim Mengenkauf ............................................................................................. 33
          2.    Auskunftspflicht des Abtretungspreises und der Fristenlauf ....................................... 34
               a)     Frist zur Einlösung ................................................................................................ 34
VI. Anbietung der übrigen Vermögenswerte ............................................................................. 35
     A.    Ausdehnung des Vorkaufsrechts.................................................................................... 35
          1.    Untrennbares Gesamtpaket ....................................................................................... 36
          2.    Anwendung auf den Verkauf von Gesellschaftsanteilen ............................................ 37
VII. Zusammenfassung ............................................................................................................. 38
     A.    Objektiver Tatbestand .................................................................................................... 38
     B.    Umgehungsabsicht ........................................................................................................ 38
     C.    Rechtsfolgen .................................................................................................................. 38
     D.    Einlösungspreis .............................................................................................................. 39
Literaturverzeichnis .................................................................................................................... 40

Anmerkung
In dieser Arbeit wird auf das sprachliche Gendern verzichtet. Dies geschieht
ausschließlich, um eine bessere Lesbarkeit und Verständlichkeit zu gewähren. Soweit
geschlechtsbezogene Angaben verwendet werden, ist selbstverständlich das jeweils
andere Geschlecht gleichermaßen umfasst.

22. Februar 2021                                                      Marko Saric                                                        4/41
Abkürzungsverzeichnis

ABGB                    Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch
ABGB-ON                 ABGB Onlinekommentar
Abs                     Absatz
AG                      Aktiengesellschaft/en
AktG                    Aktiengesetz
dBauGB                  deutsches Baugesetzbuch
dBauNVO                 deutsche Baunutzungsverordnung
BGH                     deutscher Bundesgerichtshof
BR                      Bürgerliches Recht
bzgl                    bezüglich
bzw                     beziehungsweise
d.h.                    das heißt
dBGB                    deutsches Bürgerliches Gesetzbuch
DM                      deutsche Mark
f                       folgende/r
ff                      fortfolgende/r
gem                     gemäß
GmbH                    Gesellschaft/en mit beschränkter Haftung
GmbHG                   Gesetz über GmbH
iF                      in Form
iHv                     in der Höhe von
iSd                     im Sinne des/der
JBl                     Juristische Blätter
KG                      Kommanditgesellschaft
Mio                     Million/en
oÄ                      oder Ähnliches etc
OGH                     oberster Gerichtshof
OLG                     Oberlandesgericht
Rn                      Randnummer
ROG                     Raumordnungsgesetz
Rsp                     Rechtsprechung
Rz                      Randziffer
Sog                     sogenannte/r/s
SR                      Sachenrecht

22. Februar 2021           Marko Saric                             5/41
stRsp              ständige Rechtsprechung
UGB                Unternehmensgesetzbuch
usw                und so weiter
uU                 unter Umständen
uvm                und viele mehr
Vgl                vergleiche
WGG                Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz
zB                 zum Beispiel
ZR                 Zivilrecht

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I. Das Vorkaufsrecht

A. Allgemeine Erklärungen zum Vorkaufsrecht

Beim Vorkaufsrecht handelt es sich um das Recht, eine Sache zum Kauf angeboten zu
bekommen, wenn der vom Vorkaufsrecht verpflichtete Verkäufer sich entscheidet, die
Sache veräußern zu wollen. Ein solches Vorkaufsrecht kann nicht bloß durch Verträge,
sondern auch von Gesetzes wegen oder durch letztwillige Verfügungen begründet
werden1. Aufgrund unterschiedlicher Meinungen in der Geschichte des Vorkaufsrechts
über die Bedeutung des Wortes „will“ in der Normierung des § 1072 ABGB ist an dieser
Stelle die Bedeutung zu analysieren. Es ist festzuhalten, dass der bloße Wille, die
belastete Sache zu verkaufen, nicht genügen kann. Vielmehr wird das innere
Bestreben des Verpflichteten eine äußere Rechtshandlung benötigen, um eine Pflicht
zur Anbietung der belasteten Sache auszulösen. Dies ergibt sich zum einen aus §
1077 ABGB, der sich bzgl des Einlösungspreises für den Grundfall an das Angebot des
Dritten orientiert. Zum anderen erklärt sich die Formulierung der Gesetzesstelle aus
dem damaligen Sprachgebrauch. An einigen weiteren Stellen des ABGB findet sich
ebenfalls ein „will“, welches wie ein „wird“ zu verstehen ist. Daraus ergibt sich, dass
auch im Falle des Vorkaufsrechts die Pflicht zur Anbietung der Sache von einer
Rechtshandlung des Verpflichteten abhängig ist2. Vom Vorkaufsrecht umfasst sein
können Sachen gem § 285 ABGB, es kann sich jedoch auch auf Liegenschaften oder
Rechte beziehen3. Zusätzlich wird von großen Teilen der Lehre und der Rsp4 vertreten,
dass bei einer nicht börsennotierten AG ein Vorkaufsrecht für vinkulierte Aktien bereits
in der Satzung vorgesehen werden kann5.
Es herrscht keine einhellige Meinung bezüglich des Wesens des Vorkaufsrechts.
Neben mittlerweile veralteten Überlegungen bzgl der Rechtsnatur, so etwa die
Vorvertragstheorie, scheint sich aber mittlerweile die überwiegende Auffassung6 einig
zu sein, dass es sich um ein Gestaltungsrecht handelt. Dieses befähigt den
Berechtigten dazu, einseitig ein Vertragsverhältnis zu begründen, indem er an die
Stelle des Dritten in den Kaufvertrag tritt7. Des Weiteren handelt es sich beim

1 Rabl/Riedler, Bürgerliches Recht III6 (2017) Rz 1/21.
2 Faistenberger, das Vorkaufsrecht: zum Vorkauf im österreichischen bürgerlichen Recht (1967) 32f, 46.
3 Verschraegen in Kletečka /Schauer (Hrsg), ABGB-ON1.08 § 1072 Rz 2 (Stand 1.5.2020, rdb.at).
4 OGH 08.05.2013, 6 Ob 28/13f.
5 Artmann/Rüffler, Gesellschaftsrecht2 (2020) Rz 724.
6 Verschraegen in Kletečka /Schauer, ABGB-ON1.08 § 1072 Rz 1; F.Bydlinski in Klang (Hrsg) IV/2, S.752

(1978); Aicher in Rummel/Lukas (Hrsg), ABGB4 § 1072 Rz 2 (Stand 1.5.2017, rdb.at).
7 OGH 18.12.2007, 10 Ob 76/07k.

22. Februar 2021                                        Marko Saric                                      7/41
Vorkaufsrecht um ein höchstpersönliches Recht, es kann somit weder vererbt noch
übertragen oder abgetreten werden8. Folglich liegt es auf der Hand, dass das
Vorkaufsrecht mit dem Tod der berechtigten Person grundsätzlich erlischt9.
Ausnahmen von diesem Grundsatz können jedoch im Gesellschaftsrecht auftreten.
Exemplarisch       hierfür   beschäftigte    sich    der    OGH      mit   dem   Übergang   des
Gesellschaftsvermögens iSd § 142 Abs 1 Satz 1 UGB auf den verbliebenen
Gesellschafter und der Frage ob damit auch das vereinbarte Vorkaufsrecht bestehen
bleibt. Er hielt fest, dass im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auch das Vorkaufsrecht
übergeht10.

1. Auslösen eines Vorkaufsfalls, Bedingungen und Fristen

Anders als bei ähnlichen Rechtsinstituten hängt das Vorkaufsrecht von einem sog
Vorkaufsfall ab, dh es kann erst ausgeübt werden, wenn der Berechtigte die Sache
veräußern möchte und bereits ein gültiger Vertrag entstanden ist oder sich der Vertrag
iF eines Vorvertrages, einem bindenden Kaufanbot oÄ anbahnt. Um gegenüber Dritten
nicht wegen Doppelverkaufs schadenersatzpflichtig iSd § 430 ABGB zu werden, ist es
für den Verpflichteten empfehlenswert, den Kaufvertrag unter dem Vorbehalt
abzuschließen, dass das Vorkaufsrecht nicht ausgeübt wird.
Für die Dauer der Fristen, in welchen das Vorkaufsrecht ausgeübt werden kann, wird
zwischen beweglichen und unbeweglichen Sachen unterschieden. Handelt es sich um
eine bewegliche Sache, so beträgt die Frist grundsätzlich 24 Stunden, bei
unbeweglichen Sachen hingegen 30 Tage11. Jedoch handelt es sich bei diesen Fristen
um dispositive Rechtsnormen, wodurch Abweichendes vereinbart werden kann12. Die
Frist beginnt in jenem Zeitpunkt zu laufen, in dem der Berechtigte alle Unterlagen
erhalten hat, die er benötigt, um das ihm eingeräumte Gestaltungsrecht sinnvoll
ausüben zu können. Ihm ist daher das unterbreitete Angebot bzw der bereits
abgeschlossene Kaufvertrag zu übermitteln. Auch in Fällen, in denen dem Berechtigten
eine Einlösung nicht angeboten wird und er auf anderem Wege vom Vorkaufsfall
erfährt, steht ihm das Recht zu, sein Gestaltungsrecht auszuüben. Die oben
ausgeführten Fristen beginnen in diesen Fällen jedoch nicht zu laufen. Um in einem
Vorkaufsfall die Frist tatsächlich zu wahren, muss der Berechtigte gem § 1075 ABGB
„wirklich einlösen“. Gemeint ist damit, dass er erklären muss, zu identen Konditionen
wie der Dritte kontrahieren zu wollen. Er muss auch gleichzeitig die angebotene

8 Verschraegen in Kletečka /Schauer, ABGB-ON1.08 § 1074 Rz 1.
9 Verschraegen in Kletečka /Schauer, ABGB-ON1.08 § 1072 Rz 9.
10 OGH 18.06.2020, 5 Ob 74/20y.
11 Rabl/Riedler, BR III6 Rz 1/21-22.
12 Verschraegen in Kletečka /Schauer, ABGB-ON1.08 § 1075 Rz 1, 7.

22. Februar 2021                                       Marko Saric                                8/41
Leistung begleichen oder zumindest anbieten. Folglich entsteht zwischen Berechtigtem
und Verpflichtetem ein Kaufvertrag mit denselben Bedingungen, wie er zwischen dem
Verpflichteten und dem Dritten abgeschlossen wurde bzw abgeschlossen werden
sollte. Davon umfasst sind auch etwaige Nebenleistungen, Vereinbarungen bzgl der
Tragung der Vertragskosten und sonstige Vereinbarungen. Handelt es sich bei den
Nebenleistungen um Leistungen, die vom Berechtigten nicht erbracht werden können,
so ist der Wert dieser Leistung zu schätzen und seitens des Berechtigten zu vergüten.
Ist eine vollständige Befriedigung durch die Vergütung nicht möglich, so kann das
Gestaltungsrecht nicht ausgeübt werden13.

2. Erweitertes Vorkaufsrecht

Das Vorkaufsrecht kann wie oben bereits beschrieben lediglich im Falle eines
Vorkaufsfalles ausgeübt werden. Ein Vorkaufsfall liegt grundsätzlich nur im Falle der
Übereinkunft iF eines Kaufvertrages vor. Ist der Verpflichtete Schuldner einer
Geldleistung und möchte die belastete Sache an Zahlungs Statt leisten, kann das
Vorkaufsrecht ebenso ausgeübt werden14. Soll das Vorkaufsrecht jedoch auch auf
„andere Veräußerungsarten“ wie zB den Tausch oder die Schenkung ausgedehnt
werden, so bedarf es nach der ausdrücklichen Normierung des § 1078 ABGB einer
weiteren Verabredung15, womit ein sog erweitertes Vorkaufsrecht entsteht16. Wird eine
Vereinbarung getroffen, die das Vorkaufsrecht auf andere Veräußerungsarten
ausdehnen soll, so wird ein Vorkaufsfall bereits durch jede rechtsgeschäftliche oder
letztwillige       Verfügung begründet.      Der    Grund      hierfür   ist,   dass bei   anderen
Veräußerungsarten abseits des Verkaufs oft andere Beweggründe im Vordergrund
stehen, die eher immaterieller Natur sind17.

3. Persönlich obligatorisches und dinglich verbüchertes Vorkaufsrecht

Ein bloß persönlich obligatorisches Vorkaufsrecht stellt eine schuldrechtliche
Verbindung zwischen Vorkaufsverpflichtetem und Vorkaufsberechtigtem dar. Gemeint
ist, dass die Verpflichtung, die Sache dem Berechtigten anzubieten, lediglich zwischen
ihm und dem Verpflichteten besteht, wohingegen das dingliche verbücherte
Vorkaufsrecht ohne Rücksicht auf die Person des Verpflichteten besteht. Das dingliche
Vorkaufsrecht räumt dem Berechtigten somit ein Recht gegenüber Jedermann ein; es

13 Rabl/Riedler, BR III6 Rz 1/22-25.
14 Apathy/Perner in Koziol/Bydlinski/Bollenberger (Hrsg), ABGB6 § 1078 Rz 1 (2020).
15 Verschraegen in Kletečka /Schauer, ABGB-ON1.08 § 1078 Rz 1.
16 Rabl/Riedler, BR III6 Rz 1/23.
17 Verschraegen in Kletečka /Schauer, ABGB-ON1.08 § 1078 Rz 5.

22. Februar 2021                                        Marko Saric                                  9/41
wirkt somit absolut18. Diese in der Überschrift erwähnte Unterscheidung ist vor allem
dann wichtig, wenn kein Kaufvertrag, sondern eine anderes Veräußerungsgeschäft
über eine Liegenschaft abgeschlossen werden soll und kein erweitertes Vorkaufsrecht
begründet wurde. Wie bereits dargelegt löst eine solche Situation eben keinen
Vorkaufsfall aus und ein Einlösen seitens des Berechtigten ist nicht möglich. Während
in diesem Fall ein bloß obligatorisches Vorkaufsrecht erlischt, genießt das verbücherte
Vorkaufsrecht einen weiteren Bestandschutz. Das dingliche Vorkaufsrecht bleibt auch
weiterhin bestehen und gewährt dem Vorkaufsberechtigten im Falle eines späteren
Verkaufs des Erwerbers das Recht, von seinem Vorkaufsrecht Gebrauch zu machen19.

B. Das Vorkaufsrecht im Gesellschaftsrecht

Wie bereits weiter oben angedeutet können in einer AG, aber auch in einer GmbH an
die Veräußerung von Aktien bzw Geschäftsanteilen gewisse Voraussetzungen
geknüpft werden. So sehen sowohl das AktG als auch das GmbHG die Möglichkeit der
Vinkulierung von Anteilen vor. Gemeint ist damit, dass als zusätzliche Voraussetzung
zu den Formpflichten eine Zustimmung der übrigen Aktionäre bzw aller oder auch nur
einzelner Gesellschafter eingeholt werden muss. Des Weiteren besteht bei einer
GmbH, ident zu der oben ausgeführten Variante der nicht börsennotierten AG, die
Möglichkeit, den übrigen Gesellschaftern ein Vorkaufsrecht in Bezug auf die Anteile
einzuräumen.

1. Gründe und Möglichkeiten für Vorkaufsrechte im Gesellschaftsrecht

a) GmbH

In der Praxis ist es nicht unüblich, solche Vinkulierungen bzw Vorkaufsrechte
vorzusehen, womit dem durchaus personalistisch geprägten Charakter der GmbH
Rechnung getragen werden soll20. Da der Gesetzeswortlaut die Vinkulierung als
Veräußerungsbeschränkung nur beispielhaft erwähnt, sind andere Beschränkungen,
somit auch das Vorkaufsrecht für GmbH-Geschäftsanteile, unstrittig möglich21.
Eine Besonderheit ist aber in diesem Zusammenhang zu erwähnen: Entgegen dem §
1073 ABGB, der die Individualisierung des Berechtigten gebietet, wird das
Vorkaufsrecht in Gesellschaften üblicherweise für alle Gesellschafter begründet. Damit
wird der Grundsatz der Höchstpersönlichkeit des Vorkaufsrechts unterlaufen. Dies ist

18 Dullinger, Schuldrecht Allgemeiner Teil II6 (2017) Rz 5/18, 26.
19 Verschraegen in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.08 § 1078 Rz 8.
20 Artmann/Rüffler, Gesellschaftsrecht2 Rz 724, 1072.
21 Zollner in U.Torggler (Hrsg), GmbHG § 76 Rz 9 (Stand 1.8.2014, rdb.at).

22. Februar 2021                                         Marko Saric                      10/41
damit zu erklären, dass die Immobilisierung der GmbH-Anteile dauerhaft sein soll und
folglich die allgemeinen Regeln des ABGB in diesem Zusammenhang teleologisch zu
reduzieren sind22.

b) AG

Weniger einfach ist die Zulässigkeit des Vorkaufsrechts für die AG zu beantworten, da
es hier mit anderen Grundprinzipien in Konflikt stehen könnte. Dem Wesen der AG
entsprechend soll es Aktionären möglichst freistehen, ihre Aktien zu veräußern und
zusätzlich herrscht im AktG grundsätzlich Satzungsstrenge. Gemeint ist damit, dass
ein Abweichen von den gesetzlichen Bestimmungen nur dort erlaubt ist, wo es
ausdrücklich vorgesehen ist. Wie bereits dargelegt kann die Übertragbarkeit nach dem
Gesetzeswortlaut bei Namensaktien iF einer Vinkulierung eingeschränkt werden, die
Möglichkeit der Einräumung eines Vorkaufsrechts der Aktionäre ist jedoch nicht
normiert. Mittlerweile wird aber anerkannt, dass von der Satzungsstrenge im AktG
Ausnahmen          immer   dann    bestehen     können,      wenn    die   Bestimmung        weder
Grundprinzipen der AG noch Gläubigerschutzvorschriften oder dem öffentlichen
Interesse widersprechen. Hinzukommend grenzt die Sittenwidrigkeitsklausel die
Möglichkeiten ebenfalls ein Stück weit ein23.
Auch der OGH bejaht diese Ausführungen und ergänzt als zusätzliches Argument für
die Satzungsautonomie in passenden Fällen, dass in Österreich – anders als in
Deutschland – die Satzungsstrenge nicht ausdrücklich im Gesetz normiert ist24. Aus
den geführten Überlegungen ging hervor, dass ein Vorkaufsrecht die Kriterien erfüllt,
wodurch nichts dagegen spricht, in diesen Fällen einer AG Satzungsautonomie
zuzusprechen und ein Vorkaufsrecht für Aktien zuzulassen.

C. Einlösungspreis

1. Kaufverhältnis zwischen Verpflichtetem und Berechtigtem

Wie bereits angedeutet entsteht durch die Ausübung des Vorkaufsrechts, sofern keine
andere Vereinbarung getroffen wurde, das Kaufverhältnis zwischen den Parteien, die
das Vorkaufsrecht vereinbart haben25. Folglich gilt für den Grundfall, dass der Vertrag
in Bezug auf die Höhe des Entgelts und etwaigen Nebenbedingungen dem Geschäft

22 Vonkilch, Immobilisierung voldn GmbH-Geschäftsanteilen durch Vorkaufsrechte?, RdW 2019/174 Heft
4, 228, 228,232.
23 Haberer/Zehetner in Artmann/Karollus (Hrsg), AktG I6 § 62 Rz 8-9 (Stand 1.5.2018, rdb.at).
24 OGH 08.05.2013, 6 Ob 28/13f.
25 Aicher in Rummel/Lukas, ABGB4 § 1077 Rz 1.

22. Februar 2021                                      Marko Saric                                    11/41
mit dem Dritten ident ist. Sofern erst ein verbindliches Angebot vorliegt, so hat es
diesem zu entsprechen.

a) Nebenbedingungen

Meist         werden       in    Verträgen        zusätzliche       Nebenbedingungen       und
Nebenleistungspflichten vereinbart. So etwa Vereinbarungen, die vorsehen, welcher
Vertragsteil für die Vertragserrichtung aufzukommen hat, aber auch Vereinbarungen
betreffend Gewährleistung, Erfüllungsort, Fälligkeit der Leistung uvm. Sind neben dem
Geldbetrag somit noch weitere Leistungen geschuldet, zB eine Sachleistung, so sind
die Leistungen zu gewichten und der Vertragstypus zu bestimmen und danach über
das Schicksal des Vorkaufsrechts zu entscheiden. Kommt man zu dem Ergebnis, dass
der Geldbetrag die Hauptleistung darstellt und es sich somit um einen Kaufvertrag
handelt, stellt sich grundsätzlich die Frage, inwieweit der Berechtigte überhaupt fähig
ist, die Nebenpflichten zu erfüllen. Ist es dem Berechtigten nun nicht möglich, die
Nebenpflicht zu leisten, muss beurteilt werden, ob diese Leistung durch eine
Geldleistung substituierbar ist. Hierfür ist ein Schätzwert, unter der Berücksichtigung
des Interesses des Verpflichteten an der Nebenleistung, heranzuziehen. Führen diese
Überlegungen zu keinem Ergebnis, weil die Nebenleistung nicht in Geld messbar ist
und der Berechtigte nicht zur Erfüllung im Stande ist, so ist der konkrete Kaufvertrag
den bereits angeführten „anderen Veräußerungsarten“ in dem Punkt gleichzusetzen,
dass er keinen Vorkaufsfall auslöst und der Berechtigte sein Vorkaufsrecht nicht
ausüben kann.

(1) Bedeutungslose Nebenbedingungen

Nun liegt aber auch auf der Hand, dass die Möglichkeit des Abschlusses von
unwesentlichen          Nebenpflichten     eine   gewisse      Gefahr    der    Umgehung   des
Vorkaufsrechts birgt26. Eine unwesentliche Nebenleistung liegt dann vor, wenn
angenommen werden kann, dass der Verkauf an einen Dritten auch ohne diese
stattgefunden hätte27 und lediglich das Ziel verfolgen soll, eine Ausübung des
Vorkaufsrechts zu vereiteln, ohne einen Vorteil für den Verpflichteten mit sich zu
bringen.       Bejaht    man    den      Abschluss   einer     solchen   bloß    unwesentlichen
Vertragsklausel, so ist es dem Berechtigten möglich, sein Vorkaufsrecht auszuüben,
obwohl er die Leistung weder erfüllen noch durch einen Geldbetrag substituieren
kann28.

26 F.Bydlinski in Klang IV/2, S.866-868.
27 Aicher in Rummel/Lukas, ABGB4 § 1077 Rz 6.
28 OGH 21.02.2014, 5 Ob 231/13a.

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Den Fällen der Unmöglichkeit der Erfüllung der Vertragsklauseln ist jener Fall
gleichzustellen, in dem gewisse Klauseln und Belastungen der Sache lediglich deshalb
abgeschlossen werden, um dem Berechtigten, wenngleich er die Nebenbedingungen
zwar erfüllen könnte, das Ausüben seines Vorkaufsrechts in solchem Maße unattraktiv
zu machen, dass er von seinem Recht keinen Gebrauch macht29.

2. Vereinbarungen bzgl des Einlösungspreises

Wie bereits dem Gesetz in § 1077 S 1 ABGB zu entnehmen ist, besteht die
Möglichkeit, eine Vereinbarung bzgl des Einlösungspreises zu treffen, wofür mehrere
Varianten denkbar sind. Eine Variante ist die Vereinbarung, dass seitens des
Berechtigten – losgelöst vom tatsächlichen Kaufpreis – ein Schätzwert herangezogen
wird. Dieser orientiert sich prinzipiell an Marktpreisen, sofern es einen solchen
Marktpreis für die Sache gibt30. Verfügt der betroffene Gegenstand über keinen festen
Verkehrswert und hängt dieser vom Schätzmann ab, so ist auch dieser in der
Vereinbarung festzuhalten31.
Es kann jedoch von den Parteien auch ein konkreter Kaufpreis vereinbart werden;
dabei handelt es sich dann um ein sog „limitiertes Vorkaufsrecht“. Hierbei ist zu
beachten, dass, sofern in der Vereinbarung eine mögliche Geldentwertung nicht
berücksichtigt wird, diese grundsätzlich den Verpflichteten trifft32. An dieser Stelle ist
festzuhalten, dass es sich beim Vorkaufsrecht um einen Unterfall des Optionsrechts
handelt.       Optionsrechte     bezeichnen      Verträge,       die   eine    Partei    befähigen,
Rechtsgeschäfte zu im Vorhinein vereinbarten Konditionen einseitig abzuschließen.
Beachtet man, dass beim Eintritt eines Vorkaufsfalls der Berechtigte einseitig erklären
kann, den Vertrag mit dem Verpflichteten abzuschließen, so ist von einem bedingten
Optionsrecht die Rede und auf dieses ist § 936 ABGB analog anzuwenden33. Der §
936 ABGB normiert die Möglichkeit, dass der vereinbarte Preis unter gewissen
Voraussetzungen der Umstandsklausel unterliegen kann. Unter Anderem begründet
eine      extreme    Inflation   die    Möglichkeit     der      Anpassung      des     vereinbarten
Einlösungspreises. Voraussetzung wird jedoch sein, dass die Umstandsänderung im
Zeitpunkt des Abschlusses des Vorkaufsrechts nicht vorhersehbar war34.

29 OGH 12.04.2001, 8 Ob 15/01s; OGH 29.01.2019, 4 Ob 220/18h.
30 Aicher in Rummel/Lukas, ABGB4 § 1077 Rz 7.
31 Mayer-Maly in Klang IV/2, S.231.
32 F.Bydlinski in Klang IV/2, S.870.
33 Aicher in Rummel/Lukas, ABGB4 § 1072 Rz 39.
34 Reischauer in Rummel/Lukas (Hrsg), ABGB4 § 936 Rz 32, 33 (Stand 1.5.2018, rdb.at).

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D. Erlöschen des Vorkaufsrechts

Im       Folgenden      wird     auf     die     bedeutendsten,         vorkaufsrechtspezifischen
Erlöschungstatbestände eingegangen:

1. Erlöschen durch Ausübung

Auf der Hand liegt, dass mit der Ausübung des Vorkaufsrechts das Vorkaufsrecht
endet. Hierfür bedarf es, wie bereits zuvor erläutert35, der „wirklichen Einlösung“ durch
den Berechtigten.

2. Erlöschen durch Nichtausübung

Ähnlich naheliegend ist der Erlöschungstatbestand im Falle der Nichtausübung. Der
Berechtigte ist für die Einlösung an die bereits erörterten Fristen gebunden. Erklärt er,
innerhalb der Frist sein Recht nicht in Anspruch nehmen zu wollen oder wird er nicht
tätig, endet das Vorkaufsrecht mit Ablauf der Frist36.
Zusätzlich ist in Bezug auf verbücherte Vorkaufsrechte festzuhalten, dass, wenn das
Recht nicht fristgerecht ausgeübt wird, dem Verpflichteten das Recht zukommt, den
Berechtigten auf Einwilligung zur Löschung des Vorkaufsrechts aus den Büchern zu
klagen37.

3. Erlöschen durch Tod des Berechtigten

Ein weiterer Grund der Beendigung eines Vorkaufsrechts ist der Tod des
Berechtigten38. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 1074 ABGB, der
normiert, dass das Vorkaufsrecht aufgrund der Höchstpersönlichkeit des Rechts weder
vererbt noch abgetreten werden kann. Hierbei handelt es sich um eine Norm mit
zwingendem Charakter, was sich daraus begründen lässt, dass andere Normen des
Vorkaufsrechts, welche abweichende Vereinbarungen zulassen wollen, dies auch im
Gesetz so festhalten39. An der Vererblichkeit des Vorkaufsrechts auf der Passivseite,
also auf der Seite des Verpflichteten, bestehen jedoch keine Zweifel40.

35 Vgl I.A.1.
36 Faistenberger, Das Vorkaufsrecht, 196.
37 OGH 07.05.2013, 2 Ob 27/13d; Aicher in Rummel/Lukas, ABGB4 § 1073 Rz 14.
38 Faistenberger, Das Vorkaufsrecht, 196.
39 F.Bydlinski in Klang IV/2, S.836 f.
40 F.Bydlinski in Klang IV/2, S.814; Aicher in Rummel/Lukas, ABGB4 § 1073 Rz 2.

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II. Allgemeine Überlegungen zur Umgehung von Vorkaufsrechten

A. Ausgangslage

Aufgrund der vielen Varianten, in denen das Vorkaufsrecht auftreten kann und dem
grundsätzlichen Schutz der Interessen des Verkäufers, ist es naheliegend, dass durch
geschickte vertragliche Konstrukte die Möglichkeit der Umgehung des Vorkaufsrechts
eröffnet werden kann. In weiterer Folge sollen einige Umgehungsvarianten aufgegriffen
und besprochen werden.
Wie bereits weiter oben ausgeführt begründet grundsätzlich lediglich der Verkauf einen
Vorkaufsfall. Sollen vom Vorkaufsrecht auch andere Geschäfte, die als Zweck die
Eigentumsübertragung haben, umfasst sein, so bedarf es einer zusätzlichen
Vereinbarung iSd § 1078 ABGB, womit ein erweitertes Vorkaufsrecht geschaffen wird.
Schließt man eine solche Vereinbarung nicht ab, liegt also nur ein einfaches
Vorkaufsrecht vor. Handelt es sich bei dem vereinbarten Vorkaufsrecht um ein bloßes
obligatorisches, so erlischt es im Zuge einer „anderen Veräußerungsart“; das
verbücherte Vorkaufsrecht bleibt bestehen41. Evident ist, dass eine Umgehung des
Vorkaufsrechts durch Einkleidung eines Kaufvertrags in eine „andere Veräußerungsart“
somit nur dann möglich ist, wenn keine Ausdehnung des Vorkaufsrechts iSd § 1078
ABGB vereinbart wurde.

1. Umgehungshandlung

Grundsätzlich gründen sich die Überlegungen, das Vorkaufsrecht nur für den Verkauf
gelten lassen zu wollen darin, dass bei anderen Veräußerungsarten oft weitere
immaterielle Interessen vorrangig sind, welche nicht in Geld messbar sind und folglich
vom Vorkaufsberechtigten nicht erbracht werden können.
Die Umgehungshandlung besteht nun darin, dass eine andere Veräußerungsart als der
Kaufvertrag gewählt wird, obwohl das Interesse des Verkäufers lediglich darin besteht,
für die veräußerte Sache einen Geldbetrag zu erhalten. Dadurch würde das einfache
nicht verbücherte Vorkaufsrecht erlöschen, obwohl eben kein über die Geldleistung
hinausreichendes Interesse besteht und die Wahl einer „anderen Veräußerungsart“
nicht gerechtfertigt bzw nachvollziehbar ist42.

41Vgl I. A.1. und 2.
42Karollus, Umgehung von Vorkaufsrechten durch Einbringung der belasteten Sache in eine Gesellschaft
mit nachfolgender Anteilsveräußerung, JBl 2012, 559, 559 f.

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a) Qualifizierung der Einbringung der Sache in ein Unternehmen als „andere
     Veräußerungsart“

Einige Rechtsgeschäfte wie zB der Tausch, die Schenkung, die Veräußerung mit
Erbringung einer Werk- oder Dienstleistung im Gegenzug, der Verkauf mit dem
Abschließen eines Mietvertrages im Gegenzug usw stellen nach einhelliger Meinung
eine „andere Veräußerungsart“ dar43.
In weiterer Folge soll geklärt werden, ob eine Umgehung durch die Einbringung als
Umgehungsgeschäft möglich ist. Voraussetzung für die Umgehung durch die
Einbringung ist, dass die Einbringung eine „andere Veräußerungsart“ darstellt. Auf der
Hand liegt, dass es Veräußerungsarten immanent ist, dass sie Eigentum an der Sache
verschaffen sollen. Das kann bei einer Einbringung eines Vermögensgegenstandes als
Sacheinlage zweifelsohne bejaht werden, da dadurch das Eigentum auf die
Gesellschaft übergehen soll. Nun normiert § 1078 ABGB ausdrücklich, dass eben jene
Fälle vom Vorkaufsrecht ausgeschlossen werden sollen, in denen der Verpflichtete
durch den Verkauf an den Berechtigten nicht so gestellt ist, wie er es wäre, wenn er
das Geschäft wie geplant abgeschlossen hätte. Folglich bleibt zu klären, ob durch
Sacheinlagen zusätzlich weitere Interessen befriedigt werden sollen44. Grundsätzlich
wird eine Sacheinlage meistens weitergehende Interessen verfolgen als eine bloße
Geldzuwendung.
Exemplarisch hierfür beschäftigte sich der OGH mit einem Sachverhalt, in dem ein
Einzelunternehmen, welches Eigentümer einer mit einem Vorkaufsrecht belasteten
Liegenschaft war, in eine Holding eingegliedert wurde. In dieser Entscheidung wurde
ausgesprochen,        dass    im   konkreten     Fall durch          die    Einbringung    nicht    bloß
Vermögenswerte im Austausch für Geld abgegeben werden sollen. Vielmehr wurden
dem Einbringenden Anteile an der Gesellschaft übertragen. Diese begründeten neben
etwaigen Stimmrechten, Vermögensrechten, usw, auch gewisse Pflichten gegenüber
der Holding. In diesen Überlegungen lässt sich schon erkennen, dass durch die
Einbringung        weitreichendere     Ziele   verfolgt    werden          sollten   als   eine    bloße
Geldzuwendung. Des Weiteren wurde festgehalten, dass durch die Eingliederung
eines Unternehmens in eine Holding keine Vermögensmassen aus dem Vermögen
ausscheiden sollen, vielmehr soll dieses dadurch erhalten bleiben45. In einer weiteren
Entscheidung bestätigte der OGH diese Überlegungen und führte aus, dass sich die

43 F.Bydlinski in Klang IV/2, S.873; Aicher in Rummel/Lukas, ABGB4 § 1078 Rz 2; Verschraegen in
Kletečka /Schauer, ABGB-ON1.08 § 1078 Rz 4.
44 OGH 23.02.1955, 3 Ob 832/54
45 OGH 20.03.1997, 6 Ob 45/97d.

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Einbringung im Regelfall auf das Verhältnis des Einbringenden und der Gesellschaft
gründet und folglich keinen Vorkaufsfall auslösen kann46.

III. Umgehung des Vorkaufsrechts durch die Einbringung der
       belasteten Sache in ein Unternehmen und späterer Veräußerung
       der Anteile

A. Allgemeines

Bisher wurde thematisiert, wie sich eine Einbringung der belasteten Sache in eine
Gesellschaft auf das Vorkaufsrecht auswirken kann. Folgend wird die Einbringung in
eine Gesellschaft behandelt, wobei in weiterer Folge die Anteile an der Gesellschaft
veräußert werden sollen. Diese Überlegungen sind vor allem in jenen Fällen relevant,
in denen alleine die Einbringung der Sache in das Unternehmen noch kein
Umgehungsgeschäft darstellt. So etwa, wenn die belastete Sache an eine Gesellschaft
übertragen wird, bei der der Verpflichtete alleiniger Gesellschafter ist und es folglich
durchaus vertretbar ist, dass dadurch andere Interessen verfolgt werden sollen. Zu
nennen sind hierfür meist steuerliche Gründe, worauf weiter unten noch einmal
eingegangen wird.
Solche       Umgehungskonstellationen         sind   vor    allem    über    Gesellschaften    mit
Drittbeteiligung denkbar, wofür es für die rechtliche Beurteilung einer Aufschlüsselung
der einzelnen Rechtsgeschäfte bedarf. An dieser Stelle ist zu erwähnen, dass
diesbezüglich in Österreich nur wenige Entscheidungen des OGH vorliegen, weshalb
in weiterer Folge vergleichbare Fälle aus Deutschland erörtert werden und versucht
wird, Vergleiche zur österreichischen Rechtslage zu ziehen.

1. Rechtslage in Österreich

Der OGH befasste sich mit einem, der soeben dargelegten Fallkonstellation ähnlichen,
Sachverhalt betreffend eines Vorpachtrechts. Vorwegnehmend ist festzuhalten, dass
die Bestimmungen und die vorangehenden Überlegungen zum Vorkaufsrecht
grundsätzlich       für   Miet-   und   Pachtvereinbarungen         analog   anzuwenden       sind.
Selbstverständlich bestehen Ausnahmen, worauf mangels Relevanz für folgende
Ausführungen nicht eingegangen wird47.

46   OGH 30.03.2001, 1 Ob 66/01i.
47   Aicher in Rummel/Lukas, ABGB4 § 1072 Rz 38.

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Die Entscheidung beschäftigte sich mit dem Fall, dass eine Stadtgemeinde und ein
Abfallbeseitigungsunternehmen einen Abfallbeseitigungsvertrag abgeschlossen hatten
und hierfür dem Unternehmen die betrieblich notwendige Fläche überlassen wurde.
Zusätzlich wurde ein Vorpachtrecht für die Zeit nach dem Ende des Vertrages
vereinbart. Nach Ablauf des Vertrages wurde jedoch von der Gemeinde eine
Gesellschaft mit Drittbeteiligung gegründet, die nun die Deponie fortführte. Die
klagende Partei sah in dieser Handlung eine Umgehung des Vorkaufsrechts, da die
beklagte Partei keinen Einfluss auf die Betriebsführung ausübte und diese Lösung
lediglich deshalb gewählt haben soll, um keinen Vorpachtfall auszulösen. Der OGH
gab der Revision Folge und verwies die Sache zurück an das Erstgericht zur
neuerlichen Entscheidung. Er führte hierzu aus, dass an einer Umgehung nicht
gezweifelt werden kann, wenn die Vertragskonstellationen zwischen den Streitteilen
und jenen der neu gegründeten Gesellschaft inhaltlich denselben Zweck verfolgen48.
Des Weiteren befasste sich der OGH in jüngerer Vergangenheit mit der Frage bzgl der
Bewilligung einer Streitanmerkung. In gegenständlicher Entscheidung wurde eine mit
einem Vorkaufsrecht belastete Liegenschaft einer Stiftung geschenkt, worin die
Klägerin eine Umgehungshandlung durch die Einkleidung des Geschäfts in eine
„andere Veräußerungsart“ gesehen hat. Besonders bedeutsam ist, dass der OGH,
obgleich er hierzu ausführt, dass seitens der Klägerin das Vorliegen einer Umgehung
durch die Schenkung weiterer Präzisierungen bedarf, da ohnehin das Vorkaufsrecht
verbüchert wurde und es bis zur Auslösung eines Vorkaufsfalls bestehen bleibt, er in
dieser Entscheidung festhält, dass durch die Einbringung einer belasteten Sache in
eine Gesellschaft und anschließender entgeltlicher Veräußerung der Anteile ein dem
Kaufvertrag ähnlicher Vertragstypus vorliegen kann, welcher uU einen Vorkaufsfall
auslösen kann49. Hierzu verweist er auf eine Entscheidung des BGH, auf welche weiter
unten noch näher eingegangen wird.
Auch in der Lehre50 und von weiteren österreichischen Autoren wird festgehalten, dass
es keinen Zweifel daran geben kann, dass eine Umgehung durch Einbringung und
folgender Anteilsveräußerung möglich ist und diese somit einen Vorkaufsfall auslöst51.

2. Rechtslage in Deutschland

In Deutschland hingegen befassen sich Gerichte und Experten mit solchen
Fallkonstellationen bereits seit mehreren Jahren. Vorab ist zu erwähnen, dass im
deutschen Recht, ident dem österreichischen Recht, ein Vorkaufsrecht in der Regel

48 OGH 27.03.1996, 3 Ob 2136/96f.
49 OGH 25.10.2018, 6 Ob 179/18v.
50 Binder/Spitzer in Schwimman/Kodek (Hrsg), ABGB IV4 § 1078 ABGB Rz 1 (2014).
51 Pelinka, Verzwickte praktische Probleme des Vorkaufsrechts, ecolex 2017, 1143, 1145.

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lediglich durch einen Kaufvertrag ausgelöst wird52 und eine Umgehung folglich bei
kaufähnlichen Verträgen anzunehmen ist. Gemeint ist, dass eben genau wie in
Österreich das Geschäft nach seinem Sinn und Zweck zu analysieren und zu ermitteln
ist, ob weitere Interessen als das bloße Erlangen eines Geldbetrages verfolgt werden.
Verneint man dies, ist von einer Umgehung auszugehen53. Auf etwaige Anforderungen
an die Intentionen, die der Verpflichtete zu verfolgen hat, um eine Umgehung bejahen
zu können, soll in einem eigenen Punkt näher eingegangen werden.

Wegweisend befasste sich das OLG Nürnberg mit folgender Fallkonstellation: Die
klagende Streitpartei war Eigentümer eines, mit einem dinglichen Vorkaufsrecht
belasteten Grundstücks, welches bisher an die Beklagte vermietet war. In weiterer
Folge brachten jedoch die Kläger das Grundstück in eine neu errichtete Gesellschaft
ein und beteiligten sich hierfür vorerst mit 95%; 5% wurden von einem weiteren
Gesellschafter gehalten. Zusätzlich erhielten sie hierfür einen Betrag iHv 27.500 DM
und die Zusage einer Rente iHv 2500 DM, welche von der Gesellschaft zu leisten
wäre. Am gleichen Tag, an dem das Rechtsgeschäft geschlossen wurde, veräußerte
die klagende Partei ihre Anteile an einen weiteren Gesellschafter und erhielt dafür eine
einmalige Leistung iHv 522500 DM. Die klagende Partei beantragte die Feststellung,
dass ein Vorkaufsrecht auslösendes Geschäft nicht vorgelegen hätte, wohingegen die
Beklagte           forderte,    die   Klage   abzuweisen.      Hierfür    wurde   vorgebracht,     dass
wirtschaftlich gesehen der Gesellschaftsvertrag mit anschließender Veräußerung der
Anteile einen Verkauf darstelle und folglich eine Umgehung zu bejahen sei. Das
Gericht        sprach          aus,   dass    durch   die      beiden     Urkunden    zwar       jeweils
Gesellschaftsverträge abgeschlossen worden sind, diese jedoch lediglich dazu geführt
haben, dass das Eigentum am Grundstück für den oben aufgeschlüsselten Geldbetrag,
zumindest mittelbar, an die übrig gebliebenen Gesellschafter übertragen wurde.
Zusätzlich ging aus den Gesellschaftsverträgen hervor, dass die Gesellschaft im
relevanten Zeitpunkt, abgesehen von dem eingebrachten Grundstück, kein weiteres
Vermögen hatte. Der Umstand, dass, wie von den Klägern vorgebracht, noch weiteres
Vermögen in die Gesellschaft geflossen ist, änderte nichts an der Tatsache, dass
durch die Gesellschaftsverträge lediglich ein Verkauf der Liegenschaft stattgefunden
hat. Bekräftigend trat hinzu, dass beide Gesellschaftsverträge an nur einem Tag
gefasst wurden, weshalb ausgeschlossen werden konnte, dass der Entschluss erst
nach der Unterzeichnung des ersten Dokuments gefasst wurde. Des Weiteren wurde in

52   Schermaier in Staudinger (Hrsg), BGB15 § 463 BGB Rn 10 (2013).
53   Schermaier in Staudinger, BGB15 § 463 BGB Rn 21.

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dieser Entscheidung auch noch festgehalten, dass der Berechtigte nicht in die
Gesellschaft, sondern anstelle von den Gesellschaftern in den Kaufvertrag eintritt54.
In jüngerer Vergangenheit gab eine ähnliche Fallkonstellation dem BGH die
Gelegenheit, sich in der oben angedeuteten Entscheidung55 zur Thematik zu äußern.

Vorweg ist jedoch aufgrund der Relevanz für den Sachverhalt der Begriff des
Erbbaurechts zu erläutern. Bei einem Erbbaugrundstück handelt es sich um ein
Grundstück, welches mit dem Recht einer anderen Person belastet ist, ein Bauwerk
auf diesem zu errichten. Ob das Bauwerk ober- oder unterirdisch errichtet wird, spielt
grundsätzlich keine Rolle. Als Gegenleistung für das Erbbaurecht schuldet der
Berechtigte einen sog Erbbauzins. Der Erbbauzins bezeichnet die Leistung des
Berechtigten an den Grundeigentümer, die ihn für die Nutzung des Grundes
entschädigen soll und in regelmäßigen Abständen zu erfolgen hat56. An dieser Stelle ist
zu erwähnen, dass soeben genanntes Rechtsinstitut dem österreichischen Recht nicht
fremd ist. Es besteht ident zur Rechtslage in Deutschland die Möglichkeit dieser
Rechtsfigur; sie wird jedoch nicht Erbbaurecht, sondern nur Baurecht genannt. Das
Baurecht wird sodann im Grundbuch in das C-Blatt, also das Lastenblatt, eingetragen
und gilt bis zum Erlöschen des Rechts, womit dann das Bauwerk in das Eigentum des
Grundeigentümers          fällt.   Auf    etwaige     Entschädigungssummen   und   genauere
Ausführungen zu den Erlöschungstatbeständen wird mangels Relevanz für folgenden
Sachverhalt verzichtet57.
Gegenständlicher Fall behandelte nun die Konstellation, dass der Klägerin zunächst
ein dingliches Vorkaufsrecht auf ein Erbbaugrundstück eingeräumt wurde. Als die
Eigentümer des Erbbaugrundstücks in weiterer Folge insolvent wurden, wurde der
Klägerin das Grundstück seitens des Insolvenzverwalters angeboten. Aufgrund von
Divergenzen bzgl der Preisvorstellung wurde das Angebot nicht angenommen. Einige
Zeit später wurde das Eigentum der insgesamt 87 Erbbaugrundstücke, darunter auch
das betroffene, unentgeltlich an eine neu gegründete GmbH & Co. KG übertragen.
Noch am selben Tag wurden durch einen zusätzlichen Vertrag die Anteile an der
Gesellschaft einer weiteren Gesellschaft für insgesamt 7,47 Mio € abgetreten. Die
Klägerin behauptete in diesen Verträgen ein Vorkaufsfall auslösendes Geschäft zu
sehen und begehrte die Übertragung des Eigentums Zug um Zug gegen Bezahlung
des Kaufpreises iHv rund 14.860 €. Vom Berufungsgericht wurde ausgesprochen, dass
ein Umgehungsgeschäft nicht vorläge, da der Sinn und Zweck des Rechtsgeschäfts

54 OLG Nürnberg 27.09.1990, 2 U 950/90.
55 Vgl III.A.1.
56 Wilhelm, Sachenrecht6 (2019) Rz 2082, 2128.
57 Riedler, Zivilrecht V Sachenrecht5 (2018) Rz 11/1-5.

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nicht nur in der Übertragung des Eigentums gelegen habe, sondern wurde dadurch
eine Gesellschaft veräußert, welche die Grundstücke verwalten und Profite aus den
Erbbauzinsen schlagen sollte.
Im Ergebnis verwies der BGH die Rechtsstreitigkeit zurück, da noch einige offene
Rechtsfragen vorlagen, verneinte jedoch die Ansicht des Berufungsgerichts klar und
führte aus, dass es nicht auf die Bezeichnung des Vertrages zwischen dem
Verpflichteten und dem Dritten ankommen kann. Vielmehr sind die Rechtsgeschäfte
inhaltlich auszulegen und zu ermitteln ob es möglich ist, den Berechtigten in den
Vertrag eintreten zu lassen, ohne dass die Interessen des Verpflichteten nachteilig
berührt werden. Des Weiteren hielt der BGH fest, dass den obigen Ausführungen des
Berufungsgerichts durch den Umstand, dass das Ergebnis für die erwerbende
Gesellschaft dasselbe gewesen wäre, wenn die Klägerin die Grundstücke iF eines
Kaufvertrages erworben hätte und in weiterer Folge selbst eine Gesellschaft gegründet
und die Grundstücke eingebracht hätte, nicht zu folgen ist. Wirtschaftlich betrachtet sei
der Verkauf von Anteilen einer Gesellschaft, die lediglich die im Eigentum der
Gesellschaft       stehenden        Liegenschaften   verwalten      soll,   einem   Verkauf   der
Liegenschaften gleichgestellt58.
Nach den bisherigen Ausführungen zur Thematik, sowohl in Österreich als auch in
Deutschland, bleibt kein Platz für Zweifel an der Richtigkeit der Überlegungen des
BGH, weswegen ihnen voll und ganz zuzustimmen ist.

a) Das Vorkaufsrecht der Gemeinden an Grundstücken

Ein Sonderfall des Vorkaufsrechts findet sich in § 24 dBauGB. In dieser Rechtsnorm
werden einige Fälle aufgezählt, in denen der Gemeinde kraft Gesetzes ein
Vorkaufsrecht für gewisse Grundstücke zukommen soll. Grund für das Vorkaufsrecht
kann die Durchsetzung städtebaulicher Maßnahmen sein, aber soll dadurch zum
Beispiel auch dem Hochwasserschutz Rechnung getragen werden, indem die
Gemeinde durch das Vorkaufsrecht Flächen vor der Bebauung freihält. Anzumerken ist
in diesem Zusammenhang, dass es sich beim Vorkaufsrecht der Gemeinde um eine
öffentlich-rechtliche Angelegenheit handelt, durch die Ausübung des Vorkaufsrechts
jedoch ein Kaufvertrag nach den Regeln des Zivilrechts entsteht. Folglich greifen auch
die allgemeinen Regelungen des Vorkaufsrechts, wonach sich der Kaufvertrag
zwischen der Gemeinde und dem Verkäufer ebenfalls nach jenem Vertrag, der
zwischen Verpflichtetem und dem Dritten geschlossen werden sollte, orientiert. Des
Weiteren begründet ebenfalls nur der Kaufvertrag einen Vorkaufsfall, der zur Ausübung

58   BGH 27.01.2012, V ZR 272/10.

22. Februar 2021                                      Marko Saric                                   21/41
des Vorkaufsrechts berechtigt, wohingegen Tauschverträge, Schenkungen, Verkauf in
der Insolvenz, uvm keinen Vorkaufsfall auslösen59.
Wie die bisher aufgezeigten Fälle erahnen lassen, sind auch Umgehungsversuche des
Vorkaufsrechts der Gemeinden denkbar und wie folgender Fall veranschaulichen wird,
praxisrelevant. Eine aktuelle Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin beschäftigte
sich mit einem der Entscheidung des BGH zugrundeliegendem Sachverhalt sehr
ähnlich gelagerten Fall. In der gegenständlichen Rechtssache hatte das VG Berlin über
einen Antrag zum vorläufigen Rechtsschutz gegen eine Anordnung der Behörde zu
Erforschung des relevanten Sachverhalts zu entscheiden. Ausgangspunkt hierfür war
der Verkauf zweier Gesellschaften, die Eigentümerinnen mehrerer Grundstücke waren,
die mit einem Vorkaufsrecht der Gemeinde belastet waren. Im Detail wurde die
Antragstellerin im Wege eines gesellschaftsrechtlichen Anteilskauf Gesellschafterin
jeweils im Ausmaß von 89,9% an den Gesellschaften. Die restlichen Anteile iHv 10,1%
an den Gesellschaften wurden von einer zypriotischen Gesellschaft erworben. In
weiterer Folge forderte das Bezirksamt der betroffenen Gemeinde die Antragstellerin
per Bescheid auf, alle Urkunden bzgl des Erwerbs der Anteile offen zu legen,
widrigenfalls wurde ein Zwangsgeld gegen den Geschäftsführer angedroht. Als
rechtliche Grundlage für die Anordnung wurde § 208 Satz 1 Nr. 2 dBauGB genannt.
Begründend wurde ausgeführt, dass aus den bereits vorliegenden Unterlagen der
Anschein erweckt wurde, dass das abgeschlossene Rechtsgeschäft, das den
Anteilserwerb begründete, einen Vorkaufsfall auslösen könnte. Um der Sache genauer
auf den Grund zu gehen würden somit die restlichen Urkunden benötigt60.
§ 208 dBauGB ist als Ausformung des auch in Deutschland herrschenden
Untersuchungsgrundsatzes im Verwaltungsverfahren zu verstehen. Um eben diesem
gerecht werden zu können, normiert der genannte Paragraph verschiedenste
Möglichkeiten der Behörde, den relevanten Sachverhalt zu ermitteln. Unter anderem
wird auch die Alternative genannt, Beteiligte gewisse Urkunden vorlegen zu lassen, auf
welche diese sich bezogen haben61.
Der Anordnung der Behörde entgegnete die Antragstellerin unter Hinweis auf die
Darlegung der Motive für das durchgeführte Geschäft im Zuge der Anhörung, dass
folglich keinerlei Anhaltspunkte für die Umgehung des Vorkaufsrechts vorliegen
würden und das Bezirksamt darzulegen hätte, aus welchen Gründen dieser Verdacht
entstanden sei. Des Weiteren erklärte sie aber auch, dass für eine Überprüfung die
Unterlagen ohnehin nicht benötigt würden. Nach ausführlichen Erläuterungen

59 May in Rixner/Biedermann/Charlier (Hrsg), Systematischer Praxiskommentar BauGB/BauNVO3 § 24
BauGB Rz 1, 4, 27f (2018).
60 VG Berlin 13.12.2019, 19 L 566.19.
61 Battis in Battis/Krautzberger/Löhr (Hrsg), Baugesetzbuch13 § 208 Rn 2, 4 (2016).

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betreffend         die     Einhaltung     formeller    Anforderungen            im     Laufe     des
Verwaltungsverfahrens und verfassungsrechtlicher Überlegungen äußerte sich das
Gericht zur Zweck- und Verhältnismäßigkeit der Anordnung.
Dem Gericht war es erwartungsgemäß nicht möglich darüber zu entscheiden, ob eine
Umgehung vorliegt oder nicht, weil dann, wie das Gericht auch zum Ausdruck bringt,
die Unterlagen tatsächlich nicht notwendig wären, um eine Entscheidung zu fällen.
Doch es hielt fest, dass die oben erläuterten Ausführungen des BGH bzgl des
zivilrechtlichen Vorkaufsrechts auch auf das Vorkaufsrecht der Gemeinden Anwendung
finden. Es führte aus, dass zwar nach allgemeinen Erwägungen ein Grundstückskauf
iF eines Unternehmenskaufs einen Vorkaufsfall nicht auszulösen vermag, doch hielt es
fest, dass nach Auslegung der Verträge ein vorkaufsfallauslösendes Geschäft
vorliegen könnte, wenn es nach inhaltlicher Beurteilung einem Verkauf gleichkomme.
Hierfür wurde, wie bereits vom BGH ausgeführt, festgehalten, dass dem so ist, wenn
ein Eintritt des Berechtigten ohne Nachteile für den Verpflichteten möglich ist. Auf
Grund der bisher dargelegten Feststellungen erklärte das Gericht, dass die öffentlichen
Interessen an der Klärung der Sache die Geheimhaltungsinteressen der Gesellschaft
überwiegen, weshalb folglich der Antrag, wie von der Gemeinde gefordert,
zurückgewiesen wurde62.

3. Transformation in die österreichische Rechtsordnung

Wie bereits erwähnt finden sich in Österreich keine Judikate, die einen tatsächlichen
Anwendungsfall zu Grunde lege, doch erscheint bereits aus dem Verweis des OGH in
der erwähnten Entscheidung63 auf jene des BGH eine Anwendung der in Deutschland
herausgebildeten Rechtsgrundsätze naheliegend. Zusätzlich aber geht bereits aus
einer      Gesamtschau der          Umgehungstatbestände            hervor,   dass   die   bisherigen
allgemeinen Überlegungen zur Umgehung des Vorkaufsrechts keinen Platz für eine
andere Lösung zulassen. Angesichts der bisher erläuterten Voraussetzungen an der
Umgehung des Vorkaufsrechts ist prinzipiell auf Sinn und Zweck des Geschäfts
abzustellen. Geht aus dem/den Geschäft/en hervor, dass das einzige Ziel die
Erlangung einer bestimmten Geldsumme ist, kann kein Zweifel daran bestehen, dass
es sich um ein Umgehungsgeschäft handelt.
Zur Beurteilung, ob möglicherweise doch weitere Interessen verfolgt werden, ist es
empfehlenswert zu prüfen, ob der Verpflichtete bei Veräußerung an den Berechtigten
genauso stehen würde, wie wenn er das gewollte Geschäft abgeschlossen hätte.
Bejaht man diesen Prüfungsschritt, dann ist auch eine Umgehung zu bejahen. Für die

62   VG Berlin 13.12.2019, 19 L 566.19.
63   Vgl III.A.1.

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