Der Wald in Deutschland - Ausgewählte Ergebnisse der dritten Bundeswaldinventur - www.bmel.de - BMEL-Statistik
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Der Wald in Deutschland Ausgewählte Ergebnisse der dritten Bundeswaldinventur www.bmel.de www.bmel.de
1 Die Waldverteilung in Deutschland Deutschland 35.720.780 Landesfläche 11.419.124 Waldfläche = 32 % Alle Flächenangaben in Hektar Schleswig-Holstein Mecklenburg-Vorpommern 1.579.957 2.319.318 173.412 = 11 % 558.123 = 24 % nietsloH-giwselhcS nremmoproV-grubnelkceM Niedersachsen Hamburg & Bremen 4.769.942 115.907 1.204.591 = 25 % 13.846 = 12 % nemerB & grubmaH Nordrhein-Westfalen Berlin & Brandenburg neshcasredeiN 3.409.772 3.037.573 909.511 = 27 % 1.130.847 = 37 % nilreB & grubnednarB nelhaftseW-niehrdroN Hessen Sachsen-Anhalt 2.111.480 2.045.029 894.180 = 42 % 532.481 = 26 % nesseH tlahnA-neshcaS Rheinland-Pfalz Sachsen 1.985.406 1.842.002 839.796 = 42 % 533.206 = 29 % zlafpdnalniehR neshcaS Saarland Thüringen 256.977 1.617.250 102.634 = 40 % 549.088 = 34 % dnalraaS negnirühT Baden-Württemberg Bayern 3.575.148 7.055.019 1.371.847 = 38 % 2.605.563 = 37 % grebmettrüW-nedaB Wald nreyaB
vorwort 1 Liebe Bürgerinnen und Bürger, der Wald besitzt viele Talente. Er ist Heimat für Tiere und Pflanzen, ein wichtiger Klimaschützer und Hort biologischer Vielfalt. Zudem ist er für uns ein wichtiger Rohstofflieferant. Wir benötigen Holz zum Haus- und Möbelbau, zur Energiegewinnung und für das Papier, auf dem diese Broschüre gedruckt ist. Der Wald ist aber auch ein Ort, der uns zur Ruhe kommen lässt, der uns Rückzugsmöglichkeiten und Erholung in einer hektischen, schnelllebigen Welt bietet. Der Wald ist daher für unser aller Leben unverzichtbar. Deutschland ist mit 11,4 Millionen Hektar zu einem Drittel bewaldet. Die dritte Bundeswaldinventur (BWI) liefert erfreuliche Nachrichten: Unsere Waldfläche ist konstant geblieben. Es wächst mehr Holz nach, als wir nutzen. Zudem haben wir mehr davon als jedes andere Land der Europäischen Union. Der Vorrat im Wald ist trotz hoher Nutzung auf 3,7 Milliarden Kubikmeter angestiegen. 90 Milliarden alte und junge Fichten, Kiefern, Buchen, Eichen und seltenere Baumarten prägen das Gesicht des deutschen Waldes. Der Anteil der Laubbäume ist gestiegen. Die Wälder sind vielfältiger und naturnäher strukturiert. Wir finden mehr Totholz – eine wichtige Grundlage für Biodiversität. Der gute Zustand des Waldes ist das Ergebnis waldbaulichen Handelns vieler Waldeigentümer und Förster und das Ergebnis einer Waldpolitik, die auf Balance und Nachhaltigkeit setzt und Verantwortung auf viele Schultern verteilt: Etwa die Hälfte des deutschen Waldes ist in privaten Händen. Ein Fünftel besitzen Gemeinden, Städte und andere öffentliche Körperschaften. Ein Drittel gehört den Ländern und dem Bund. Die Bundeswaldinventur zeigt aber auch Handlungsbedarf auf. Ein Beispiel ist die Fichte: Die BWI bestätigt für die Fichte als wichtigem Rohstofflieferanten der Holzwirtschaft einen Rückgang. Wir müssen nun also darüber sprechen, wie viel Fichtenwald wir brauchen und welche Alternativen zur Fichte sich angesichts des Klimawandels bieten. Der Wald soll bestmöglich genutzt werden, ohne ihn zu überfordern. Damit das gelingt, hat die Bundesregierung die Waldstrategie 2020 entwickelt. Ziel ist es, die vielfältigen Ansprüche an den Wald zu formulieren und aufeinander abzustimmen. Nur so kann es gelingen, auch zukünftigen Generationen die Chance auf einen intakten Wald zu erhalten. Daher gilt für mich der Grundsatz „Unser Wald – nutzen und bewahren“. Diese Broschüre soll Verständnis schaffen – für Wald, Waldeigentümer und Förster. Bürgerinnen und Bürger erhalten hiermit die Möglichkeit, die Funktionen des Waldes kennen und seinen Wert schätzen zu lernen. In diesem Sinne soll die Broschüre einen Beitrag zu einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung leisten. Ihr Christian Schmidt MdB Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft
2 inhalt Vorwort 1 Rohstoffquelle Wald – Holzvorrat auf Rekordniveau 29 Waldland Deutschland – Vorrat weiter angestiegen 30 Waldfläche konstant 3 Vorratsanstieg vor allem bei dicken Bäumen 31 Wald – überwiegend in privater Hand 9 Sonderfall Fichte – Vorrat abgenommen 33 Unterschiedlicher Holzzuwachs auf hohem Niveau 33 Waldreichtum der Länder 10 Holznutzung auf hohem Niveau 34 Zuwachs größer als Nutzung 36 Lebensraum Wald – Holznutzung zunehmend eingeschränkt mehr biologische Vielfalt im Wald 11 oder ausgesetzt 38 Fichte, Kiefer, Buche, Eiche – häufigste Baumarten 12 Waldschäden führten zum Umdenken – Klimawandel Klimaschützer Wald – bringt neue Herausforderungen 15 weiterhin Kohlenstoffsenke 39 Mehr älterer Wald 16 Laubbaumanteil gestiegen 17 Vermessung des Waldes 43 Wald vielfältiger aufgebaut 19 Trotz Inventur geöffnet – das Inventurverfahren 44 Naturnähe der Baumarten-Zusammensetzung − etwas verbessert 22 Bundeswaldinventur – etablierte Informationsbasis 48 Totholz – mehr als vor zehn Jahren 23 Besonders geschützte Biotope − Fachbegriffe 49 fünf Prozent der Waldfläche 26 Invasive Pflanzen im Wald – derzeit von geringer Bedeutung 26 Verzeichnis der Abbildungen 52 Biotopbäume – Trittsteine für die biologische Vielfalt 27 Impressum 52 Erhaltungszustand großflächiger Bundeswaldinventur und Waldentwicklungs- FFH-Waldlebensraumtypen 28 und Holzaufkommensmodellierung im Internet
Inhalt 3 Waldland Deutschland – Waldfläche konstant Ein Drittel der Landesfläche Deutschlands ist bewaldet. Das sind 11,4 Mio. Hektar. Die Verantwortung für den Wald verteilt sich auf viele Schultern. Die Hälfte des deutschen Waldes ist Privateigentum.
4 waldland deutschland – waldfläche konstant Deutschland ist ein dicht besiedeltes Land. Über 80 Mio. Erfolg des Bundeswaldgesetzes, dass der Wald nach wie Menschen leben auf 35,7 Mio. Hektar. Seit Jahrhunderten vor ein Drittel der Landfläche einnimmt und dass sein bewohnt und bewirtschaftet der Mensch Deutschland Bestand gesichert ist. intensiv. 13 % der Landfläche nutzt er für Siedlung und Verkehr. Auf 52 % der Fläche wird Landwirtschaft Die Waldfläche hat sich zwischen 2002 und 2012 nur betrieben. Die Landwirtschaft ist damit die größte wenig verändert. Einem Waldverlust von 58.000 Hektar Flächennutzung in Deutschland. Danach folgen der stehen 108.000 Hektar neuer Wald gegenüber. In der Wald bzw. die Forstwirtschaft mit 32 %. Summe hat die Waldfläche um 0,4 % oder 50.000 Hektar zugenommen. In den letzten Jahrzehnten sind die Ansprüche an Lebensstandard und Konsum sowie an die Erhaltung der Umwelt gestiegen. Dies führt zu wachsender Konkurrenz zwischen verschiedenen Landnutzungsformen. Es ist ein Raubbau am Wald – Nein danke! dem Wald. Die Zahlen der Bundeswaldinventur belegen, dass diese Gesetze den Wald wirksam vor unsachgerechter Behand- Der Wald in Deutschland ist heute so wichtig wie eh und je: lung, Übernutzung, Raubbau und Flächenverlust bewahren. Er reinigt unsere Luft, produziert den lebenswichtigen Sauerstoff, sorgt für unser Trinkwasser und ist Heimat für viele Tier- und Nachhaltige Forstwirtschaft bewahrt den Wald Pflanzenarten. Im dicht besiedelten Deutschland bietet er Raum für Erholung und Naturerleben. Nicht zuletzt liefert der Wald den Die deutsche Forstwirtschaft verjüngt, pflegt und bewirtschaftet bedeutendsten nachwachsenden Rohstoff: Holz. Er leistet damit den Wald und stellt seine vielfältigen Funktionen für die Gesell- einen wesentlichen Beitrag zur Beschäftigung und Wertschöp- schaft nachhaltig bereit. Sie kann auf über 300 Jahre Erfahrung fung im ländlichen Raum. im nachhaltigen Umgang mit der Ressource Wald zurückbli- cken. Während sich die Nachhaltigkeit in den Anfängen auf die Die Tatsache, dass Deutschland heute noch zu einem Drittel Holzversorgung bezog, entwickelte die Forstwirtschaft dieses bewaldet ist und wir unseren Wald nutzen und genießen können, Prinzip – unterstützt durch Wissenschaft und Forschung – weiter. ist keine Selbstverständlichkeit. Das zeigt sowohl der Blick auf Ziel ist, die vielfältigen ökonomischen, ökologischen und sozialen andere Länder oder Erdteile als auch der Blick zurück in unsere Leistungen des Waldes zum Nutzen gegenwärtiger und zukünfti- eigene (Wald-)Geschichte. ger Generationen dauerhaft und optimal sicherzustellen. Hüter des Waldes – das Bundeswaldgesetz Das Bundeswaldgesetz hat in den letzten Jahrzehnten maßgeb- lich dazu beigetragen, den Wald zu bewahren. Zusammen mit den Waldgesetzen der Länder regelt es seit 1975 den Umgang mit
waldland deutschland – waldfläche konstant 5 Waldfläche – historische Entwicklung Wälder ließ erst nach, als neue Energiequellen wie Kohle an Be- deutung gewannen und Holz nicht mehr der zentrale Brennstoff Seit der Ausbreitung des Ackerbaus vor etwa 7.000 Jahren beein- für alle Wirtschaftszweige war. flusst der Mensch zunehmend die Wälder. Die starke Nutzung der Wälder im Mittelalter und vor der industriellen Revolution führte Allmählich erholten sich die Wälder und die Waldfläche nahm Anfang des 19. Jahrhunderts zu einem Tiefstand der Bewaldung. wieder zu. Der letzte große Aderlass an der Substanz des Waldes Kahle und wüste Flächen prägten damals die Landschaft. erfolgte im und nach dem Zweiten Weltkrieg. Kriegszerstörun- gen, Reparationshiebe und großer Holzbedarf zum Wiederauf- Gleichzeitig stieg der Holzbedarf für die Energiegewinnung, den bau forderten ihren Tribut. Borkenkäfermassenvermehrungen Bergbau, die Eisenverhüttung und die Bauwirtschaft. Zur Abwehr zwangen zu weiteren Hieben. So entstanden große Kahlflächen. der drohenden Holznot formulierten Hannß Carl von Carlowitz Der Wiederaufbau der Wälder ist eine bedeutende Kulturleistung. und andere Forstleute im 18. Jahrhundert die Grundsätze der Sie war so prägend, dass sie sich damals auf der Rückseite der nachhaltigen Forst- und Waldwirtschaft. Im Zuge von Wald- und 50-Pfennig-Münze in Form einer eine Eiche pflanzenden Frau Landreformen, die die Nutzung vieler Wälder neu gestalteten, niedergeschlagen hat. begannen die Forstleute aufzuforsten. Der Nutzungsdruck auf die Dank 300 Jahren Erfahrung im nachhaltigen Umgang mit der Ressource Wald können wir diesen heute noch nutzen und genießen.
6 waldland deutschland – waldfläche konstant „Brotbaum“ der deutschen Forstwirtschaft, so wird die Fichte auch genannt. Sie wächst vergleichsweise schnell und verfügt über vorzügliche Holzeigenschaften. Wald: Was ist das eigentlich? Zum Wald zählen zudem dauerhaft baumfreie Flächen wie Wald- wege, Holzlagerplätze, Waldeinteilungs- und Sicherungsstreifen Botanisch betrachtet ist Wald eine von Bäumen geprägte Vegeta- sowie weitere mit dem Wald verbundene und ihm dienende tion, deren Fläche so groß ist, dass sich ein Waldklima entwickeln Flächen. Diese Flächen werden als „Nichtholzboden“ bezeichnet. kann. Das unterscheidet den Wald zum Beispiel von Baumalleen, Parkanlagen oder Baumschulen. Die Bundeswaldinventur orientiert sich an der gesetzlichen Wald- definition. Im Sinne einer klaren und einheitlichen Abgrenzung Rechtlich betrachtet ist Wald jede mit Forstpflanzen bestockte gilt ergänzend, dass eine Fläche erst als Wald erfasst wird, wenn Grundfläche (§ 2 Bundeswaldgesetz). Förster bezeichnen diese sie mindestens 0,1 Hektar groß und 10 m breit ist (siehe Fachbe- Fläche traditionell als „Holzboden“. Hierzu zählen auch Waldflä- griffe: Wald). chen, auf denen vorübergehend keine Bäume stehen (Lücken und Blößen). Die Bundeswaldinventur hat 11,4 Mio. Hektar Wald restlichen knapp 328.000 Hektar oder 3 % der Waldfläche. erfasst. Über 98 % davon sind begehbar. Auf diesen Er erfüllt wichtige Funktionen für den Forstbetrieb (z. B. Flächen haben die Inventurtrupps Daten erhoben. als Holzlagerplätze), für die Erholung (z. B. Waldwege) Mit insgesamt rund 10,9 Mio. Hektar ist der sog. „Holz- und als Lebensraum für licht- und wärmebedürftige boden“ die größte Flächenkategorie (95 %). Die meisten Tier- und Pflanzenarten. Die vielfältigen Leistungen des Ergebnisse der Bundeswaldinventur beziehen sich auf Waldes gehen von seiner ganzen Fläche aus. den Holzboden. Auf den „Nichtholzboden“ entfallen die
2 waldland deutschland – waldfläche konstant 7 Waldkategorien Wald 11.419.124 ha Nicht- Begehbarer Wald begehbare 11.215.375 ha Fläche 203.749 ha Nicht- Holzboden holzboden 10.887.990 ha 327.385 ha Blöße Bestockter Holzboden 40.852 ha 10.847.138 ha Hektar = ha Begehbarer Wald: Hier haben die Inventurtrupps Daten erhoben. Nichtbegehbare Fläche: Nicht begehbar, zum Beispiel wegen Betretungsverbotes oder gefährlicher Geländebedingungen Holzboden: Dauernd zur Holzerzeugung bestimmte Fläche. Dazu gehören auch Gräben, Leitungstrassen, zeitweilig unbestockte Flächen (Blößen) sowie Wege und Schneisen unter 5 m Breite, auch Flächen wie z. B. in Nationalparken. Nichtholzboden: Nicht zur Holzerzeugung bestimmte Teile des Waldes, zum Beispiel Waldwege und Schneisen ab 5 m Breite, und Holzlagerplätze Bestockter Holzboden: Holzboden, auf dem Bäume wachsen Blöße: Holzboden, auf dem vorübergehend keine Bäume stehen Waldkategorien Wald 11.419.124 Hektar Nicht- Begehbarer Wald begehbare 11.215.375 Hektar Fläche 203.749 Hektar Holzboden 10.887.990 Hektar Bestockter Holzboden 10.847.138 Hektar Nichtholzboden Blöße 327.385 Hektar 40.852 Hektar
waldland deutschland – waldfläche konstant 9 Wald – überwiegend in privater Hand Von den 11,4 Mio. Hektar Wald in Deutschland sind Aufgrund der in der Summe großen Fläche der Klein- 48 % Privatwald. 29 % des Waldes sind im Eigentum der und Kleinstprivatwaldeigentümer ist deren forstfachli- Länder, 19 % im Eigentum von Körperschaften und 4 % che Beratung und Betreuung ein wichtiges Feld der im Eigentum des Bundes. Forstpolitik. Die Eigentümer kleiner Waldflächen sind oftmals wegen räumlicher Distanzen, urbaner Lebens- Dabei bestehen erhebliche regionale Unterschiede. Der weise oder ihrer beruflicher Tätigkeiten kaum noch mit Anteil des Privatwaldes reicht von 24 % in Hessen bis Erfordernissen einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung 67 % in Nordrhein-Westfalen. Er überwiegt häufig in den vertraut. Zudem sind die finanziellen Erträge aus der dünner besiedelten ländlichen Regionen. Der Staatswald- Waldbewirtschaftung an den Gesamteinkünften des anteil liegt zwischen 17 % in Nordrhein-Westfalen und Eigentümers oftmals vernachlässigbar klein. Neben den 50 % in Mecklenburg-Vorpommern. Den größten Teil Fragen zur Nutzung des nachwachsenden Rohstoffes des heutigen Staatswaldes bilden ehemals landes- Holz sind es u. a. Aspekte der Waldpflege, der Anpassung herrliche Wälder und säkularisierter Klosterbesitz. Der an den Klimawandel, der Abwehr biotischer Schäden, Körperschaftswald hat in Rheinland-Pfalz einen Anteil aber auch des Waldnaturschutzes und der Biodiversität, von 46 %, in Brandenburg etwa 7 %, in Niedersachen die mit Blick auf die gesellschaftlichen Leistungen des und Sachsen-Anhalt rund 9 %. In dicht besiedelten Waldes in Zukunft eine besondere Aufmerksamkeit und Großstadtregionen ist sein Anteil häufig besonders hoch. Unterstützung des Kleinprivatwaldes durch Bund und Länder erfordern. Der Privatwald in Deutschland ist überwiegend klein strukturiert und zersplittert. Rund die Hälfte der Privat- Aus der Vielfalt der Waldeigentümer folgen unterschied- waldfläche teilen sich Betriebe mit weniger als 20 liche Zielstellungen der Waldbehandlung. Daher unter- Hektar. Nur 13 % des Privatwaldes gehören zu Betrieben scheiden sich die Wälder in einigen Kenngrößen wie der mit einer Größe über 1.000 Hektar. Die Eigentumsstruk- Baumarten-Zusammensetzung, dem Holzvorrat oder turen haben sich historisch und regional unterschiedlich der Nutzung. entwickelt. Die Klein- und Kleinstwaldflächen in Privatbesitz sind vielfach im Zuge der historischen bäuerlichen Besiedelung oder durch Erbteilung, Teilung der Allmende oder Aufforstung landwirtschaftlicher Flächen entstanden. Die Zahl der körperschaftlichen und privaten Waldeigentümer in Deutschland wird auf 2 Mio. geschätzt1. Ist das Betreten von Privatwald gestattet? Gründen gesperrt sind (z. B. Holzeinschlag, Kulturfläche). Das Betreten geschieht auf eigene Gefahr. Wer im Wald andere Ziele Ja, aber … Grundsätzlich darf man Privatgelände nur mit der verfolgt (z. B. gewerbliches Sammeln von Pilzen), benötigt hierzu Zustimmung des Eigentümers betreten. Das gilt für Wohnungen, die Zustimmung des Waldeigentümers. Die Waldeigentümer Hausgärten, Firmengelände, Privatwege oder landwirtschaftliche müssen das Betreten zum Zwecke der Erholung dulden. Wald und Flächen gleichermaßen. Ausnahmen gibt es für den Wald (§ 14 Waldeigentümer freuen sich, wenn sich im Gegenzug der Wald- Bundeswaldgesetz). Danach darf in Deutschland jeder den Wald besucher wie ein Gast verhält. zur Erholung betreten, sofern diese Flächen nicht aus besonderen 1 Nach Angaben der „AGDW – Die Waldeigentümer“
3 10 waldland deutschland – waldfläche konstant Waldfläche nach Eigentumsart Eigentumsgröße im Privatwald Staatswald Bund Treuhandwald 403.464 Hektar über 1000 Hektar 2% 4% 13 % über 500 – 1000 Hektar 6% Staatswald Land 3.309.537 Hektar über 200 – 500 Hektar 29 % 8% Privatwald 5.485.679 Hektar 48 % } bis 20 Hektar 50 % über 100 – 200 Hektar 6% Körperschaftswald über 50 – 100 Hektar 2.220.445 Hektar 6% über 20 – 50 Hektar 19 % 10 % Basis: Gesamter Wald 11.419.124 Hektar Unterschiedlicher Waldreichtum der Länder Knapp ein Drittel der Landfläche Deutschlands (32 %) ist Saarland (40 %), von Baden-Württemberg (38 %), Bayern bewaldet. Wald findet sich besonders dort, wo der (37 %), Brandenburg mit Berlin (37 %) und Thüringen Standort wegen des Klimas, der Bodenbeschaffenheit (34 %). Demgegenüber erreichen die restlichen Länder oder der Geländebedingungen für Ackerbau oder Bewaldungsanteile von 29 % (Sachsen) bis 11 % (Schles- Siedlungen wenig geeignet war. Einen überdurchschnitt- wig-Holstein) (s. Abb. im Innendeckel). lichen Waldanteil bezogen auf die Landfläche haben Rheinland-Pfalz (42 %) und Hessen (42 %), gefolgt vom Statistische Sicherheit Seltene Ereignisse sind mit hohen statistischen Fehlern behaftet. Der Nutzer dieser Daten muss mit Interpretationen vorsichtig Die Bundeswaldinventur ist die nationale Nachhaltigkeitskont- sein. Dies gilt für seltene Baumarten wie die Tanne, kleine regio- rolle für die Waldbewirtschaftung. Sie leuchtet großflächige und nale Einheiten wie z. B. das Saarland oder kleine Auswertungs- bedeutende Entwicklungen aus. einheiten wie z. B. den Staatswald des Bundes.
11 Lebensraum Wald – mehr biologische Vielfalt im Wald Der deutsche Wald ist vielfältig und bietet Lebensraum für viele Tier- und Pflanzenarten. Fichte, Kiefer, Buche und Eiche sind die häufigsten Baumarten in Deutschland. Laubbäume, Mischwälder und die Struktur im Kronenraum haben zugenommen. Der Wald enthält rund 93 Mio. Bäume mit ökologisch bedeutsamen Baummerkmalen, 224 Mio. m³ Totholz und besonders geschützte Biotope auf 5 % der Waldfläche.
12 lebensraum wald – mehr biologische vielfalt im wald Vielfältige Wälder können mehr: Sie bieten das größte sich an Umweltveränderungen anzupassen und wald- Potenzial, um die an sie gestellten Anforderungen zu bauliche Risiken wie Sturm, Schaderreger und Baum- erfüllen. Der Wald erbringt für die Gesellschaft unter- krankheiten auszugleichen. Mischwälder sind vorteilhaft schiedlichste Leistungen. Er trägt zum Schutz von Klima, für den Waldboden und die Grundwasserspende. Neben Wasser und Boden bei, ist Lebensraum für Tiere und ästhetisch ansprechenden Waldbildern bieten sie Pflanzen, bietet Raum für Erholung und Naturerleben mannigfaltige Lebensräume und damit eine Vorausset- und liefert den bedeutendsten nachwachsenden Roh- zung für eine artenreiche Fauna und Flora. Vielfalt im stoff Holz. Nachhaltige Forstwirtschaft in Deutschland Wald beginnt beim Waldeigentum. Die Vielfalt der handelt nach dem Leitbild der Multifunktionalität und Waldeigentümer, ihrer Zielsetzungen, Bewirtschaftungs- sichert die Leistungen des Waldes. praktiken und Betriebsgrößen spiegelt sich in der Vielfalt unserer Wälder wider. Forstpolitisches Ziel sind standortgerechte, strukturrei- che Mischwälder. Sie werden den gegenwärtigen Anfor- derungen und künftigen Herausforderungen am besten gerecht. Mischwälder bieten bessere Voraussetzungen, Fichte, Kiefer, Buche, Eiche – häufigste Baumarten Gegenwärtig prägen Fichten, Kiefern, Buchen und In der Bundeswaldinventur wurden 51 Baumarten bzw. Eichen auf insgesamt 73 % des Holzbodens das Gesicht Baumartengruppen erhoben. 11 Baumarten nehmen unserer Wälder. Die Baumarten haben unterschiedliche ca. 90 % des Holzbodens ein. Das sind neben den schon regionale Schwerpunkte. Die Fichte findet sich beson- genannten Baumarten Gemeine Fichte, Gemeine Kiefer, ders vom Alpenvorland bis in die Hochlagen Süd- und Rotbuche, Traubeneiche und Stieleiche des Weiteren die Südwestdeutschlands und in den Mittelgebirgen Baumarten Gemeine Birke, Gemeine Esche, Schwarzerle, Nordostbayerns bis in den Thüringer Wald und das Europäische Lärche, Douglasie und Bergahorn. Die Erzgebirge, zudem in Hunsrück, Eifel, Taunus, Wester- übrigen 40 Baumarten teilen sich die restlichen 10 % des wald, Rothaargebirge und Harz. Die Kiefer zieht sich v. a. Holzbodens. Trotz ihrer geringen Flächenverbreitung im nordostdeutschen Tiefland von Niedersachsen bis leisten sie wichtige Beiträge für Vielfalt, Stabilität, nach Brandenburg und Sachsen. Weitere Schwerpunkte Bodenpflege und Holzerzeugung. Sie füllen ökologische liegen zudem im Pfälzer Wald, in der Rhein-Main-Nie- Nischen aus wie die Zirbelkiefer im Gebirge. Ihr Holz derung und im Oberpfälzer Becken- und Hügelland. Die wird gesucht für Spezialverwendungen wie z. B. Esche Buche kommt schwerpunktmäßig in den Mittelgebirgen für Werkzeugstiele, Linde für Bildhauerei oder Vogelkir- von der Schwäbisch-Fränkischen Alb über Pfälzerwald, sche für Möbel. Eifel, Odenwald und Spessart bis zum Solling vor. Die Eiche findet man besonders im Pfälzer Wald, dem Spessart und den warmen Tieflagen Deutschlands.
4 lebensraum wald – mehr biologische vielfalt im wald 13 Verbreitung von Fichte, Kiefer, Buche und Eiche in Deutschland A nteil F ic hte Trak tec k e A nteil K iefer Trak tec k e bis 1/3 bis 1/3 Fichte über 1/3 bis 2/3 Kiefer über 1/3 bis 2/3 über 2/3 über 2/3 Waldtrakt (ohne Fi) Waldtrakt (ohne Ki) A nteil B uc he (Traktec ke) A nteil E ic he Trak tec k e bis 1/3 bis 1/3 über 1/3 bis 2/3 Buche über 1/3 bis 2/3 Eiche über 2/3 über 2/3 Waldtrakt (ohne Ei) Waldtrakt (ohne Fi) Anteil am Trakt bis 1/3 über 1/3 bis 2/3 über 2/3 Waldtrakt mit anderen Baumarten
14 lebensraum wald – mehr biologische vielfalt im wald Baumartenfläche der Buche oder den Buchenanteil in den Mischwäldern. Der Typ „Buchenbesto- Buchenbestockungstyp ckungstyp“ hingegen enthält alle Wälder, in denen die Buche häufigste Baumart ist – einschließlich der dort beigemischten Für die Ermittlung der Baumartenflächen wird Mischwald nach Flächen anderer Baumarten. Deshalb unterscheidet sich die den Flächenanteilen der einzelnen Baumarten in „rechnerische Buchenfläche mit 1,68 Mio. Hektar von der Fläche des „Buchen- Reinbestände“ aufgeteilt. So enthält zum Beispiel die angegebene bestockungstyps“ mit 1,80 Mio. Hektar. Buchenfläche nicht nur die reinen Buchenwälder, sondern auch Die selteneren Laubbaumarten werden zu den Sammel- Expeditionen brachten fremdländische Baumarten nach gruppen „andere Laubbäume mit hoher Lebensdauer Europa. Im Vergleich zu unseren heimischen Baumarten (ALH)“ und „andere Laubbäume mit niedriger Lebens- spielen diese eingeführten Baumarten im Wald in dauer (ALN)“ zusammengefasst. Das sind Baumarten wie Deutschland eine untergeordnete Rolle. Fremdländische die Hainbuche, die nur selten obere Kronenschichten Waldbaumarten wie Douglasie, Japanlärche, Roteiche, beherrschen. Andere Baumarten (z. B. Speierling und Robinie, Sitkafichte, Schwarzkiefer, Weymouthkiefer, Elsbeere) können sich gegen schattenertragende Baum Küstentanne und andere haben zusammen einen arten wie Buche und Fichte nur auf trocken-warmen Flächenanteil von knapp 5 %. Der Anbau dieser Baumar- Standorten behaupten. Standort und baumartspezifische ten eröffnet zusätzliche waldbauliche Alternativen zu Konkurrenzkraft bewirken so eine natürliche Differen- der durch die Eiszeiten stark verminderten Zahl mittel- zierung der Baumarten-Zusammensetzung. Zusätzlich europäischer Baumarten. Dieser Aspekt gewinnt ange- macht der Wildverbiss den Jungwüchsen insbesondere sichts der Klimaänderung an Bedeutung. Am weitesten der seltenen Baumarten zu schaffen. verbreitet, gleichwohl anteilmäßig immer noch gering, ist die Douglasie mit rund 218.000 Hektar oder 2 %, Eine weitere Gestaltungskraft im Wald ist der Mensch: gefolgt von Japanlärche (ca. 83.000 Hektar oder 0,8 %) Sein waldbauliches Handeln bestimmt wesentlich und Roteiche (ca. 55.000 Hektar oder 0,5 %). darüber, welche Baumarten im Wirtschaftswald vor- kommen. Dabei zeugen die heutigen Wälder sowohl von den aktuellen als insbesondere auch von den Gegeben- heiten, den gesellschaftlichen Bedürfnissen und den waldbaulichen Entscheidungen unserer Vorväter. In den vergangenen Jahrhunderten war oft Ödland aufzufors- ten, um die Wälder wieder herzustellen und die Holz- nachfrage zu decken. So hat die eigentlich im Bergland heimische Fichte eine weite Verbreitung gefunden – auf ärmeren Standorten die Kiefer.
5lebensraum wald – mehr biologische vielfalt im wald 15 Fläche der Baumartengruppen Eiche 1.129.706 Hektar Lücke und Blöße 260.477 Hektar Lärche 307.050 Hektar Kiefer 2.429.623 Hektar Buche 1.680.072 Hektar Alle Nadelbäume Alle Laubbäume 5.900.253 Hektar 4.727.260 Hektar Douglasie 217.604 Hektar Tanne 182.757 Hektar ALH 769.578 Hektar Fichte 2.763.219 Hektar ALN 1.147.904 Hektar Basis: Holzboden 10.887.990 Hektar, rechnerischer Reinbestand Die Bundeswaldinventur hat die Bäume im deutschen Wald zu 51 Baumarten oder Baumartengruppen zusammengefasst erhoben. Für die Auswertung wurden sie zu neun Baumartengruppen zusammenge- fasst: Eiche, Buche, andere Laubbäume mit hoher Lebensdauer (ALH), andere Laubbäume mit niedriger Lebensdauer (ALN), Fichte, Tanne, Douglasie, Kiefer, Lärche. Andere Laubbäume mit hoher Lebensdauer (ALH): Ahorn, Esche, Kastanie, Linde, Mehlbeere, Speierling, Robinie, Ulme Andere Laubbäume mit niedriger Lebensdauer (ALN): Birke, Elsbeere, Erle, Pappel, Traubenkirsche, Vogelbeere, Vogelkirsche, Weide, Wildobst Waldschäden führten zum Umdenken – Klimawandel bringt neue Herausforderungen Die durch Luftverschmutzung verursachten Waldschä- nahen Waldbau. Dagegen bringen weiträumig auftreten- den hatten in den 1980er-Jahren zu einem Umdenken de Krankheiten nun manche Baumart in Bedrängnis. bei der Baumartenwahl geführt und insbesondere der Betroffen sind schon seit Jahrzehnten Ulmen sowie seit Fichte und der Tanne weniger Perspektive gegeben. einigen Jahren Eschen. Daher suchen Wissenschaftler Zwischenzeitlich haben sich die Luftqualität und damit und Förster nach Baumarten, die sich an den Klimawan- auch die Zukunftsaussichten der Tanne wieder verbes- del anpassen oder die unter den zu erwartenden Bedin- sert. Die Tanne wird daher wieder vermehrt als waldbau- gungen gedeihen, viel Kohlendioxid aus der Atmosphäre liche Option und zur Risikostreuung angebaut. Parallel binden und artenreiche Ökosysteme bilden. hierzu hat die Waldökosystemforschung die große Bedeutung der Laubbäume für die Waldböden gezeigt. Laubbäume sind daher ein zentrales Element im natur-
616 lebensraum wald – mehr biologische vielfalt im wald Alterspyramide des Waldes Hektar Jahre Hektar > 160 270.155 80.014 141 – 160 316.076 152.910 121 – 140 383.136 310.083 101 – 120 460.319 628.982 81 – 100 856.662 532.531 61 – 80 720.382 990.281 41 – 60 1.473.360 754.798 673.709 21 – 40 957.284 1 – 20 616.157 450.677 Laubbäume Nadelbäume 2002 2012 Basis: Rechnerischer Reinbestand Mehr älterer Wald Es gibt immer mehr Waldfläche mit alten Bäumen. junge Bäume über besondere Mikrohabitate wie z. B. Der Wald ist im Durchschnitt heute 77 Jahre alt und Grobborke, Kronentotholz oder Spechthöhlen. Viele gegenüber 2002 damit viereinhalb Jahre älter. Im seltene Arten sind darauf angewiesen. Zudem sind alte Durchschnitt am ältesten sind Eichen mit 102, Buchen Bäume ein attraktiver Blickfang für Waldbesucher. mit 100 und Tannen mit 96 Jahren. Die Douglasie ist mit im Mittel 45 Jahren die „jüngste“ Baumart. Für die Forst- und Holzwirtschaft stellen dicke Bäume zunehmend eine Herausforderungen dar. Moderne Knapp ein Viertel des Waldes (24 %) ist älter als 100 Jahre, Säge- und Profilspanerwerke haben sich auf die Verar- 14 % sogar älter als 120 Jahre. Die Fläche der Altbestände beitung von kleinen und mittelstarken Baumstämmen über 100 Jahre ist gegenüber 2002 um 393.000 Hektar konzentriert. Sie können aus diesen Stämmen qualitativ gestiegen. hochwertige Holzwerkstoffe beinahe beliebiger Dimen- sion erzeugen. Dicke Bäume werden daher immer Die Altersstruktur des Waldes in Deutschland ist durch weniger nachgefragt. die umfangreichen Wiederaufforstungen nach dem Zweiten Weltkrieg geprägt. Nie wieder mussten in Bleiben dicke Bäume bis zum Zerfall im Wald, erhöhen Deutschland so viele Waldflächen neu aufgeforstet sich entlang von Straßen, Parkplätzen und Wanderwe- werden wie in den 1950er- und 1960er-Jahren. Diese sind gen im Wald Haftungsrisiken aus der Verkehrssiche- jetzt zwischen 40 und 60 Jahre alt. rungspflicht und Gefahren für die Arbeit im Wald. Zudem können sich aus den gesetzlichen Vorgaben zum Es gibt immer mehr dicke Bäume im Wald. Diese dicken, Schutz seltener Arten an solchen Bäumen u. U. Ein- alten Bäume können in besonderem Maße zur biologi- schränkungen für die Bewirtschaftung ergeben. schen Vielfalt beitragen, denn sie verfügen häufiger als
lebensraum wald – mehr biologische vielfalt im wald 17 Laubbaumanteil gestiegen In Deutschlands Wäldern gibt es wieder mehr Laubbäu- Vom Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert wurden viele me. Aktuell haben sie einen Anteil von 43 % des Holzbo- Wälder übernutzt oder kahlgeschlagen (siehe Infokasten dens. Damit ist der Anteil der Laubbäume gegenüber Waldfläche – historische Entwicklung auf Seite 5). 2002 um rund 7 % (ca. 315.000 Hektar) gestiegen und der So waren in den vergangenen Jahrhunderten häufig Anteil der Nadelbäume um ca. 4 % (267.000 Hektar) Ödland oder große Kahlflächen aufzuforsten. Auf gesunken. Die Differenz von rund 48.000 Hektar ent- solchen Flächen herrschen waldfeindliche Bedingungen: spricht der Waldflächenzunahme. Ohne den Schutz alter Bäume sind die kleinen Bäume dem Einfluss von Sonne, Wind und Frost ungeschützt Der heutige Wald ist ein Erbe der Vergangenheit. ausgesetzt und müssen sich gleichzeitig gegen eine rasch Von Natur aus würden Laubbäume das Erscheinungs- wachsende Konkurrenzvegetation wie Gräsern, Adler- bild der Wälder in Deutschland bestimmen. Dass die farn oder Brombeeren durchsetzen. Mäuse, Pilze, heutigen Wälder von Nadelbäumen, vor allem Fichten Insekten und der Verbiss durch Wildtiere setzen den und Kiefern, geprägt werden, ist ein Ergebnis unserer kleinen Bäumen zusätzlich zu. Geschichte. Die Bundeswaldinventur-Ergebnisse zeigen mehr Laubbäume und mehr Mischwälder. Der Anteil der Laubbäume ist seit 2002 um rund 7 % gestiegen. Die Entwicklung weg von Nadelbaumreinbeständen hin zu standortgerechten, strukturreichen Mischwäldern soll den Auswirkungen des Klimawandels vorbeugen.
7 18 lebensraum wald – mehr biologische vielfalt im wald Veränderung der Waldfläche nach Baumartengruppen Eiche 1.129.706 Hektar Buche 1.680.072 Hektar ALH 769.578 Hektar ALN 1.147.904 Hektar Fichte 2.763.219 Hektar Tanne 182.757 Hektar Douglasie 217.604 Hektar Kiefer 2.429.623 Hektar Lärche 307.050 Hektar 2002 2012 Basis: Rechnerischer Reinbestand ALH = andere Laubbäume mit hoher Lebensdauer, ALN = andere Laubbäume mit niedriger Lebensdauer rasch und ihr Holz ist wegen der ausgezeichneten Eigenschaften gesucht. Daher fanden Fichten und Kiefern eine weite Verbreitung in Deutschland. So ist der heutige Wald zu einem erheblichen Teil das Ergebnis der waldbaulichen Überlegungen und Möglichkeiten unserer Vorväter. Laubbäume haben auf vielen Standorten Vorteile für den Waldboden, für die Grundwassernachlieferung, für die Vielfalt der Tier- und Pflanzenarten sowie für die Stabili- tät und Anpassungsfähigkeit der Waldbestände z. B. gegen Schaderreger, Sturm und Klimaänderung. Der Umbau von Nadelbaumreinbeständen – wie sie in Der Wald ist nach wie vor eine wichtige Rohstoffquelle. großem Umfang zuletzt nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden sind – hin zu standortgerechten Laub- und Laubmischbeständen ist daher ein Ziel der Forstpolitik des Bundes und der Länder. Er ist Bestandteil der Wald- Nur wenige Baumarten, darunter Fichte und Kiefer, baurichtlinien vieler Landesforsten und wird im Nicht- kommen mit den Bedingungen auf einer Kahlfläche gut staatswald seit Jahrzehnten mit erheblichen Mitteln zurecht. Zur raschen Wiederbewaldung bot sich zu Fichte gefördert. Der Wald soll damit für die zu erwartenden und Kiefer kaum eine Alternative. Nur von diesen Belastungen durch den Klimawandel besser aufgestellt Baumarten war das Vermehrungsgut in ausreichender werden (siehe Kapitel „Klimaschützer Wald – weiterhin Menge verfügbar. Zudem wachsen Fichte und Kiefer Kohlenstoffsenke“).
lebensraum wald – mehr biologische vielfalt im wald 19 Bund und Länder haben bereits beträchtliche Investitio- Neben der Buche haben die Waldeigentümer auch den nen getätigt, um den hier dokumentierten Waldumbau Flächenanteil der anderen Laubbaumarten ausgeweitet. herbeizuführen. Mittlerweile betreiben seit mehreren Bei den Nadelbäumen haben nur die Douglasie um ca. Jahrzehnten viele Waldeigentümer eine naturnahe 35.000 Hektar oder 19 % und die Tanne um knapp 19.000 Forstwirtschaft. Durch gezielte Pflege bauen sie stabile Hektar oder 11 % geringfügig zugelegt, die Kiefer hat und ökologisch wertvolle Mischbestände mit einem dagegen um ca. 85.000 Hektar oder 3 % abgenommen. hohen Anteil zum Standort passender heimischer Besonders in den jüngeren Altersklassen fällt der Baumarten auf. Rückgang der Kiefer auf. Die Ergebnisse der Bundeswaldinventur belegen den Wälder sind langlebige Ökosysteme und entwickeln sich Erfolg dieser Maßnahmen: Im Zeitraum von 2002 bis über Jahrzehnte und Jahrhunderte. Dementsprechend 2012 nahm die Fichtenfläche um 242.000 Hektar (-8 %) lang sind die forstlichen Planungs- und Produktionszeit- ab und die Buchenfläche um 102.000 Hektar (6 %) zu. räume. Daher liegt es in der Natur des Waldes, dass Bereits zwischen 1987 und 2002 hatte die Fichtenfläche Fichten und Kiefern – trotz der Entwicklung hin zu in den alten Bundesländern um 219.000 Hektar (-8 %) mehr Laubbäumen – vorerst die beiden dominierenden ab- und die Buchenfläche um 151.000 Hektar (12 %) Baumarten bleiben. zugenommen. Diese Entwicklung wurde durch Sturmer- eignisse und Trockenjahre zusätzlich verstärkt. Wald vielfältiger aufgebaut Wichtige Merkmale für die Strukturvielfalt eines Waldes Bestockungstypen sind stärker gemischt. Die Baumar- sind seine horizontale und vertikale Struktur, d. h. seine tenmischung hat sich in den letzten 10 Jahren ein wenig Baumartenmischung und die Schichtung im Kronen- verstärkt. Die Fläche der Mischbestockungen ist um 5 % raum. Ein Wald, in dem verschiedene Baumarten gestiegen. nebeneinander und die Kronenräume mehrerer Baum- schichten übereinander stehen, bietet vielfältige Lebens- Die Naturverjüngung ist mit 85 % Flächenanteil an der räume für Tiere und Pflanzen. Er kann zudem durch die Jungbestockung die überwiegende Verjüngungsart im Strukturvielfalt besser auf Umwelteinflüsse reagieren. deutschen Wald. Pflanzungen machen nur 13 % aus. Sie finden sich vor allem in Douglasien-Bestockungen (73 % Wesentliches Element der horizontalen Struktur des der Douglasien-Bestockungen) und in Eichen-Besto- Waldes ist die Baumartenmischung. Mischwälder prägen ckungen (44 % der Eichen-Bestockungen). Die restliche mit 76 % Flächenanteil den deutschen Wald. Relativ Fläche (Saat, Stockausschlag, nicht zuzuordnen) sum- wenig gemischt sind Kiefernwald mit 57 % oder Fichten- miert sich auf gerade mal 2 %. wald mit 71 % Flächenanteil mit Mischung. Alle anderen Was ist ein Mischwald? Mischungen botanischer Arten derselben Gattung wie zum Beispiel von Stieleiche und Traubeneiche sind hingegen kein Der Begriff „Mischwald“ ist weder im allgemeinen noch im forst- Mischwald. Bei der Unterscheidung nach Laubwald und Nadel- fachlichen Sprachgebrauch einheitlich bestimmt. Die Bundes wald gilt Laubwald als gemischt bei einer 10%igen Nadelbaum- waldinventur definiert Mischwald wie folgt: Es kommen Bäume Beimischung bzw. umgekehrt. aus mindestens zwei botanischen Gattungen vor, wobei jede mindestens 10 % Flächenanteil hat. Somit sind auch Buchenwald mit Eiche oder Fichtenwald mit Tanne Mischwald.
8 20 lebensraum wald – mehr biologische vielfalt im wald Schichtung des Kronenraums Mischung Nadelbeimischung Mehrschichtig 13 % oder plenterartig Ohne 11 % Beimischung Einschichtig 24 % 32 % Zweischichtig Laubbeimischung Laub-und Nadel- 34 % 57 % beimischung 29 % Basis: Bestockter Holzboden Basis: Hauptbestockung Bestockungsaufbau Mehrschichtig oder plenterartig Einschichtig 1.167.040 Hektar Insgesamt gibt es außerdem rund 30 Mio. Überhälter. 3.465.967 Hektar 10,8 % 32 % sind besonders alte Bäume, die eine zweite Um- Das triebszeit im Wald verbleiben und deren Krone deswe- gen häufig über die anderen hinausragt. Sie sind wichtige Elemente für die Waldstruktur und die biologische Zweischichtig Vielfalt. Im Durchschnitt sind es 3 Stück je 6.213.432 Hektar. Hektar 57,3 % Am häufigsten ist ein zwei- und mehrschichtiger Aufbau bei Tannen- (84 %), Buchen- (80 %), Eichen- (78 %) und Eschenwäldern (78 %). Seltener Alle Arten von Bestockungsaufbau: ist ein zwei- und mehr- 10.846.440 schichtiger Aufbau bei Douglasien- (53 %) und Fichten- wäldern (58 %). Basis: Bestockter Holzboden Die größte Strukturvielfalt bieten Wälder, in denen Eine intakte, vielfältige Natur kann künftige Generationen mit Ökosystemleistungen wie nachwachsenden Rohstoffen, Bäume unterschiedlicher Art und Größe gemeinsam sauberer Luft oder Trinkwasser versorgen. vorkommen. Das sind häufig Buchenwälder oder Eichenwälder. Auch in den seltenen Tannenwäldern kommen oft Strukturen mit mehreren Baumarten und Die vertikale Struktur des Waldes wird durch die Schich- Schichten im Kronenraum vor. Seltener sind gemischte tigkeit beschrieben. 68 % der Wälder sind zwei- oder und geschichtete Strukturen in Fichten- und Kiefern- mehrschichtig aufgebaut. Das sind 28 % mehr als im Jahr wäldern. 2002. Auf ca. ¼ des Holzbodens findet sich Jungbesto- ckung. Sie ist damit ein wichtiges Element der vertikalen Struktur des Waldes.
lebensraum wald – mehr biologische vielfalt im wald 21 Strukturvielfalt der Wälder 1,0 0,9 Tanne Anteil zwei-/mehrschichtig 0,8 Buche Eiche Esche Lärche ALN 0,7 Kiefer Birke Erle ALH 0,6 Fichte Douglasie 0,5 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1,0 Anteil Mischbestockung Basis: Bestockter Holzboden ALH = andere Laubbäume mit hoher Lebensdauer, ALN = andere Laubbäume mit niedriger Lebensdauer Einschichtiger oder mehrschichtiger Wald Beispiel Jungwuchs unter dem Schirm eines Altholzes sein. Waldbaulich besonders anspruchsvoll und strukturell vielfältig ist Die Schichtung beschreibt den vertikalen Aufbau des Waldes. der Plenterwald. Er ist immer mehrschichtig. Allerdings erfordert Eine Schicht bilden alle Bäume, die einen gemeinsamen Kro- er besondere standörtliche Voraussetzungen und Baumartenmi- nenraum haben und mindestens 10 % Deckungsgrad aufweisen. schungen und kommt in Deutschland nur in vernachlässigbaren Als zweischichtig gelten somit Wälder, die übereinander zwei Flächenanteilen vor. Kronenräume haben, die sich nicht berühren. Das kann zum
22 lebensraum wald – mehr biologische vielfalt im wald Naturnähe der Baumarten-Zusammensetzung − etwas verbessert Wachstum und Vitalität eines Waldes werden von der der 75 % und Eichenwälder 17 % einnehmen. Wo von Konkurrenz der Bäume untereinander geprägt. Am Natur aus Buchenwälder wachsen würden, stehen heute vitalsten sind die Bäume auf den Standorten, die ihre zu 21 % Buchenwälder; 34 % sind Fichtenwälder und artspezifischen Bedürfnisse nach Wasser, Nährelemen- 17 % sind Kiefernwälder. Auf der Fläche der natürlichen ten, Licht, Wärme etc. optimal erfüllen. Andere Baumar- Eichenwald-Gesellschaften wachsen heute nur 14 % ten können sich auf solchen Standorten ohne menschli- Eichenwälder, 55 % sind Kiefernwälder. che Unterstützung kaum durchsetzen. So führt die natürliche Selektion zu einer typischen Baumarten- Die Naturnähe der Baumarten-Zusammensetzung in der Zusammensetzung, der sog. „heutigen potenziellen Hauptbestockung hat sich im Vergleich zur letzten natürlichen Vegetation“. Das ist die Vegetation, die sich Inventur wenig verändert. Es gibt etwas weniger kultur- bei den gegenwärtigen Standortbedingungen ohne den bestimmte und dafür etwas mehr naturnahe Wälder. Einfluss des Menschen am Ende aller Entwicklungsstadi- 15 % der Wälder haben eine sehr naturnahe und weitere en einstellen würde. 21 % eine naturnahe Zusammensetzung der Baumarten. Besonders hoch ist der Anteil dieser beiden Naturnähe- Werden Bäume auf für sie weniger geeignete Standorte Stufen bei den Buchenwäldern (84 %) und den Tannen- gepflanzt, so leidet darunter ihre Vitalität und sie werden wäldern (68 %). Besonders gering ist er bei den Kiefern- anfällig gegen Schaderreger, Trockenheit, Stürme und wäldern mit 15 %. andere Stressfaktoren. Die Reaktionsfähigkeit solcher Waldbestände auf zusätzliche oder neue Stressfaktoren, Die Investitionen in den naturnahen Waldumbau zeigen wie z. B. Luftverunreinigungen oder Klimaänderung, ist sich jedoch bei der Jungbestockung (Bäume bis 4 m herabgesetzt, ihre Stabilität beeinträchtigt. Höhe): Hier beträgt der Anteil der sehr naturnahen und naturnahen Baumarten-Zusammensetzung rund 51 %. Der Parameter „Naturnähe der Baumarten-Zusammen- Kulturbetont sind nur 5 % und kulturbestimmt 13 % der setzung“ beschreibt, inwieweit die Baumarten-Zusam- Jungbestockung. mensetzung unseres Waldes der heutigen potenziellen natürlichen Vegetation entspricht. Dies ist ein Weiser für Hohe Anteile haben naturnahe und sehr naturnahe die Forstpolitik und die naturnahe Waldbewirtschaftung. Baumarten-Zusammensetzungen im Landeswald (43 %) und im Körperschaftswald (41 %). Der Waldumbau ist Der Wald ist Teil der vom Menschen geprägten Kultur- hier am weitesten vorangeschritten. landschaft. Von Natur aus ist Deutschland ein Buchen- land. Auf der heutigen Waldfläche würden Buchenwäl- Wie wird die Naturnähe erfasst? Einteilung der Naturnähe Der Naturnähe-Begriff der Bundeswaldinventur bezieht sich aus- Die Bundeswaldinventur nutzt eine fünfstufige Skala, um die schließlich auf die Baumarten des Waldes. Für die Naturnähe-Ein- Naturnähe zu beschreiben. Je weiter sich die vorhandene Baum schätzung vergleicht man die aktuell vorkommenden Baumarten arten-Zusammensetzung von der, die sich natürlich einstellen mit denen der natürlichen Waldgesellschaft (das ist die heutige würde, entfernt, umso geringer wird die Naturnähe eingestuft. potenziell natürliche Vegetation: Das ist die Vegetation, die sich bei den gegenwärtigen Standortbedingungen ohne den Einfluss des Menschen entwickeln würde.).
10 lebensraum wald – mehr biologische vielfalt im wald 23 Naturnähe der Hauptbestockung bzw. der Jungbestockung Sehr naturnah 16 % 15 % 5% 13 % 7% btpuaH 25 % Naturnah 21 % Bedingt naturnah gnukcotse 31 % J 41 % 26 % gnu Kulturbetont seb Kulturbestimmt t kco gnu Hauptbestockung Jungbestockung Basis: Bestockter Holzboden Totholz – mehr als vor zehn Jahren Totholz gehört zum natürlichen Kreislauf im Wald. Es entsteht, wenn Bäume absterben und sich ihr Holz zersetzt. Viele, insbesondere seltene Arten sind auf diesen Lebensraum spezialisiert. Pilze, Flechten, Insekten und Vögel leben vom oder am Totholz und finden hier Nahrung, Unterschlupf und Brutgelegenheit. Totholz ist somit ein wichtiger Faktor für die biologische Vielfalt. Im deutschen Wald gibt es durchschnittlich 20,6 m3 Totholz pro Hektar, insgesamt 224 Mio. m³. Damit hat der Totholzvorrat 6 % des lebenden Holzvorrates erreicht. Fast die Hälfte (49 %) ist liegendes Totholz, 23 % sind stehendes Totholz und 28 % sind Wurzelstö- cke. Das sind 18 % mehr totes Holz als vor 10 Jahren. Viele in Deutschland vorkommende Käferarten sind an Totholz Die Zunahme ist bei stehenden Bruchstücken von verschiedener Zerfallsstadien gebunden. Nadelbäumen besonders groß. Totholz verrottet. Es braucht eine stete Nachlieferung, um Totholz für die auf Totholz spezialisierten Arten zu Das entspricht einem Nutzungsverzicht von etwa einem erhalten. Früher wurde das meiste Totholz entnommen Zehntel des jährlichen Zuwachses. und für die Versorgung der Bevölkerung mit Brennholz genutzt. Heute strebt die nachhaltige Waldbewirtschaf- Etwa die Hälfte des Totholzvorrats befindet sich im tung einen angemessenen Totholzanteil zum Schutz der Stadium der fortgeschrittenen Zersetzung oder ist stark biologischen Vielfalt aktiv an. vermodert. Fast die Hälfte (47 %) sind dicke Totholzstü- cke mit mindestens 30 cm Durchmesser in der Mitte. Jährlich ist etwa 1 m3 Holz notwendig, um einen Tot- holzvorrat von 20 m3 pro Hektar dauerhaft zu erhalten 2. 2 Kroiher, Franz; Oehmichen, Katja (2010): Das Potenzial der Totholzakkumulation im deutschen Wald. Schweizerische Zeitschrift für Forstwesen = Journal forestier suisse, Band 161, Heft 5, Seiten 171-180
11 24 lebensraum wald – mehr biologische vielfalt im wald +- Totholzvorrat und seine Veränderung 20 20,6 6,9 Totholzvorrat (m3/Hektar) 15 11,6 10 13,7 5 Erweiterung der Totholzdefinition bei BWI 2012 0 2002 2012 Totholzdefinition der BWI 2002 Basis: Holzboden Waldkauz in abgestorbener Buche Totholz ist für die biologische Vielfalt von besonderer Bedeutung, bietet es doch Lebensraum für viele Tier- und Pflanzenarten. Förster achten verstärkt darauf, dass die Lebensgemeinschaften von Totholz im Wirtschaftswald solche Lebensräume finden.
12 lebensraum wald – mehr biologische vielfalt im wald 25 Totholzvorrat nach Zersetzungsgrad Zersetzungsgrad Totholzvorrat (m³/Hektar) Unzersetzt 0,7 0,9 0,9 Beginnende Zersetzung 1,7 3,3 2,5 Fortgeschrittene Zersetzung 1,9 4,1 1,2 Stark vermodert 1,5 1,9 0,1 Wurzelstock Liegendes Totholz Stehendes Totholz Basis: Holzboden Pilze sind darauf angewiesen, totes Holz zu besiedeln oder zu zersetzen: Nur so können sie überleben und sich weiter fortpflanzen.
26 lebensraum wald – mehr biologische vielfalt im wald Besonders geschützte Biotope – fünf Prozent der Waldfläche Zusätzlich zu den ausgewiesenen und meistens durch Eine forstliche Bewirtschaftung solcher Biotope ist Beschilderung gekennzeichneten Schutzgebieten (zum i. d. R. zulässig, kann im Einzelfall aber besonderen Beispiel Naturschutzgebiete) werden bestimmte Biotope Einschränkungen unterliegen. überall, wo sie vorkommen, durch Bundesnaturschutz- gesetz, Landesnaturschutzgesetze oder Landeswaldge- Auf rund 593.000 Hektar, also 5 % der Waldfläche, setze geschützt. Wegen ihrer besonderen Bedeutung als befinden sich diese besonders geschützten Biotope. Biotope sind Handlungen, die zu einer Zerstörung oder Das sind in den meisten Fällen (77 %) Bruch-, Sumpf- einer sonstigen erheblichen Beeinträchtigung führen oder Auenwälder sowie andere Feuchtbiotope. können, verboten (§ 30 Bundesnaturschutzgesetz). Invasive Pflanzen im Wald – derzeit von geringer Bedeutung Erstmals erfasste die Inventur einige eingeschleppte Während invasive krautige Pflanzenarten im Wald krautige Pflanzenarten, die möglicherweise invasiv flächenmäßig ohne Bedeutung sind, ist eine invasive auftreten könnten. Nur das aus dem östlichen Sibirien Gehölzart erwähnenswert: Die Spätblühende Trauben- und der Mongolei stammende Kleinblütige Springkraut kirsche (Prunus serotina). Sie nimmt in der Jungbesto- (Impatiens parviflora) wurde in nennenswertem Umfang ckung rund 104.000 Hektar ein. Sie kann die Verjüngung festgestellt. Es ist auf 3 % der Waldfläche mit mindestens heimischer Waldbaumarten behindern. Sie selbst ist aber 10 % Deckungsgrad vorhanden. Am häufigsten ist die Art in der Wuchskraft unseren Waldbäumen unterlegen und in Mecklenburg-Vorpommern. Dort tritt sie auf knapp verharrt im Unterstand: Nur auf knapp 11.000 Hektar 9 % der Waldfläche auf. Ausgedehnte Vorkommen bildet sie den Hauptbestand, das ist ca. 0,1 % der gesam- wachsen in den Wäldern Deutschlands vor allem an ten Waldfläche. Standorten, die für andere Arten keine guten Lebensbe- dingungen bieten, etwa weil sie zu dunkel sind oder zu hohe Laubstreuauflagen haben. Die Bundeswaldinventur erfasste folgende weitere Arten: Riesen-Bärenklau (Heracleum mantegazzianum), Riesenknöterich (Fallopia japanica, F. sachaliniensis), Drüsiges Springkraut (Impatiens glandulifera), Kermes- beere (Phytolacca americana). Diese kommen im Wald nahezu nicht vor.
lebensraum wald – mehr biologische vielfalt im wald 27 Biotopbäume – Trittsteine für die biologische Vielfalt Im Wald gibt es über 90 Mrd. Bäume, jeder einzelne ein Die Bundeswaldinventur hat rund 22 Mio. Specht- oder Teil des Ökosystems Wald. Ein wichtiges Element der Höhlenbäume, 741.000 Horstbäume und 1 Mio. markier- biologischen Vielfalt im Wald sind Bäume mit besonde- ter Biotopbäume ermittelt. Specht- und Höhlenbäume ren, ökologisch bedeutsamen Baummerkmalen. Hierzu sind zu 80 % Laubbäume und mit im Mittel 1,9 m³ pro zählen u. a. Bäume mit Specht- und Bruthöhlen, Horst- Baum überdurchschnittlich massereich. Die Horstbäume bäume, markierte Biotopbäume sowie Bäume mit sind mit durchschnittlich 1,7 m³ pro Baum nur geringfü- Kronentotholz und sonstigen besonderen Habitatmerk- gig kleiner, aber mit 54 % auch bei den Nadelbäumen zu malen. Manche der Merkmale können gleichzeitig am finden. Markierte Biotopbäume weisen eine mittlere selben Baum aufgenommen worden sein. Holzmasse von 3,4 m³ pro Baum auf. Das sind richtig dicke und alte Bäume mit einem hohen Wert für die Bäume mit ökologisch bedeutsamen Merkmalen weist biologische Vielfalt. Die Forstwirtschaft integriert solche die Bundeswaldinventur im Mittel 9 Stück auf einen Bäume in den Wirtschaftswald. Frisch abgestorben sind Hektar nach. Im ganzen deutschen Wald sind das 93 Mio. 31 Mio. Bäume. Das sind viele junge und dünne Bäume, Bäume. Laubbäume sind mit einem Anteil von 60 % die im Konkurrenzkampf ihren Nachbarn unterlegen überproportional vertreten. sind. Junger Buntspecht in Baumhöhle
28 lebensraum wald – mehr biologische vielfalt im wald Erhaltungszustand großflächiger FFH-Waldlebensraumtypen Wälder sind innerhalb unserer Kulturlandschaft i. d. R. Hainsimsen-Buchenwald (9110), Waldmeister-Buchen- die am wenigsten beeinträchtigten Naturräume. wald (9130) und Labkraut-Eichen-Hainbuchenwald Sie beherbergen einen erheblichen Anteil der heimi- (9170) werden von der Bundeswaldinventur repräsenta- schen Flora und Fauna. Rund 17 % des deutschen Waldes tiv erfasst. Auf sie entfallen rund 83 % der gesamten sind daher Schutzgebiete nach der europäischen Richtli- Fläche aller Waldlebensraumtypen in Deutschland. nie 92/43/EWG Fauna-Flora-Habitat (FFH-Richtlinie) und damit Teil des europäischen Schutzgebietsnetz- Auf die übrigen 16 Waldlebensraumtypen entfallen die werks „Natura 2000“. Diese sogenannten „FFH-Gebiete“ restlichen 17 % der Fläche. Eine repräsentative Erfassung dienen dem Schutz bestimmter Tier- und Pflanzenarten dieser Waldlebensraumtypen ist aufgrund geringer und deren Lebensräumen. Stichprobenumfänge im Rahmen der Bundeswaldinven- tur nicht möglich. Die Länder haben den Erhaltungszu- Nach Art. 11 der FFH-Richtlinie müssen die Mitglied- stand dieser Waldlebensraumtypen daher mit anderen staaten den Erhaltungszustand der Lebensraumtypen Verfahren erhoben. Die Ergebnisse sind im nationalen regelmäßig erheben. Hierzu wurden bei der Bundes- FFH-Bericht der Bundesrepublik Deutschland 2013 waldinventur 2012 erstmalig Parameter zu spezifischen zusammengefasst3. Strukturen und Funktionen von Waldlebensraumtypen deutschlandweit einheitlich erfasst und bewertet. Die Bundeswaldinventur zählt für Deutschland 19 Waldlebensraumtypen auf. Die drei in Deutschland großflächig vorkommenden Waldlebensraumtypen 3 Siehe: www.bfn.de/0316_nat-bericht_2013-komplett.html
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