LEITFADEN ZUR AUWALDBEWIRTSCHAFTUNG - Eigenschaften der Baumarten, Anbaueignung und Beispiele von Oberrhein und Donau - Fachagentur ...

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waldklimafonds.de

LEITFADEN ZUR
AUWALDBEWIRTSCHAFTUNG
Eigenschaften der Baumarten,
Anbaueignung und Beispiele von
Oberrhein und Donau

                            LEITFADEN
LEITFADEN ZUR AUWALDBEWIRTSCHAFTUNG - Eigenschaften der Baumarten, Anbaueignung und Beispiele von Oberrhein und Donau - Fachagentur ...
IMPRESSUM
Herausgeber
Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR)
OT Gülzow, Hofplatz 1
18276 Gülzow-Prüzen
Tel.: 03843/6930-0
Fax: 03843/6930-102
info@fnr.de
www.fnr.de

Gefördert durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft und das Bundesministerium für Umwelt, Natur-
schutz und nukleare Sicherheit aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages

Verbundvorhaben „Auwald im Klimawandel“
In der vorliegenden Broschüre werden die Ergebnisse des Verbundvorhabens „Auwald im Klimawandel“ vorgestellt, das im
Rahmen des Waldklimafonds gefördert wurde. Für den Inhalt sind allein die Autoren verantwortlich.

Zuwendungsempfänger
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Geographie und Geoökologie, Aueninstitut
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Professur für Standorts- und Vegetationskunde
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Professur für Waldbau
Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF)
FKZ: 22WC4110-01 (KIT), -02 (Universität Freiburg), -04 (LWF)

Autoren
Mareike Roeder, Karlsruher Institut für Technologie
Rüdiger Unseld, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Albert Reif, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Gregory Egger, Karlsruher Institut für Technologie

Fachliche Beratung (alphabetisch):
R. Baumgärtel, T. Dichtl, E. Dister, L. Gerstner, K. Gutzweiler, M. Koch, S. Kolonko, S. Mailänder, M. Niederl, E. Schneider,
T. Scholz, H. Tiefenbacher, K. Velbecker, H. Weixler, H. Wicht

Bilder
Titel: T. Dichtl (Versuchsanpflanzung im Forstrevier Auewald, Bühl)

Gestaltung/Realisierung
www.tangram.de, Rostock

Druck
MKL Druck GmbH & Co. KG, Ostbevern

Gedruckt auf 100 % Recyclingpapier mit Farben auf Pflanzenölbasis

Bestell-Nr. 1.146
FNR 2021
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LEITFADEN ZUR
AUWALDBEWIRTSCHAFTUNG
Eigenschaften der Baumarten,
Anbaueignung und Beispiele von
Oberrhein und Donau
LEITFADEN ZUR AUWALDBEWIRTSCHAFTUNG - Eigenschaften der Baumarten, Anbaueignung und Beispiele von Oberrhein und Donau - Fachagentur ...
© Michael Möller/Adobe.Stock

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INHALT
1       Hintergrund                                                                            4
1.1     Motivation des Leitfadens                                                              4
1.2     Besonderheiten von Auwäldern im Bereich Biodiversität, Naturschutz und Waldfunktion    5
1.3     Waldbauliche Besonderheiten bei der forstlichen Nutzung von Auwäldern                  6
1.4     Potentielle natürliche Vegetation                                                      7
1.5     Klimawandel und Auwald in Zukunft                                                      8

2       Baumarten, Standort, Nutzung                                                           9
2.1     Benutzung des Leitfadens                                                               9
2.2     Bestimmung des Standorts                                                              11
2.3     Baumarten und deren Eigenschaften                                                     12
2.4     Eignungseinstufung der Baumarten                                                      13
2.5     Waldentwicklungstypen                                                                 16
2.5.1   Waldentwicklungstyp Stieleichenmischwald                                              16
2.5.2   Waldentwicklungstyp Buntlaubbaum-Mischwald                                            18

3       Best Practice – Beispiele aus der Praxis                                              20
3.1     Stieleichenbestand                                                                    21
3.2     Mischbestand aus Schwarznuss, Platane und Spitzahorn                                  22
3.3     Mischbestand aus Hybridpappeln und Stieleiche                                         23
3.4     Mischbestand aus Hybridnuss und Buntlaubholz                                          24
3.5     Schwarznussbetonter Bestand                                                           25
3.6     Mischbestand aus Hybridplatane und Flatterulme                                        26
3.7     Mischbestand aus Stieleiche mit Hainbuche                                             27

4       Anhang: Definitionen und Bewertungsskalen der Eigenschaften von Baumarten             28
4.1     Holzwert                                                                              28
4.2     Produktionszeitraum                                                                   28
4.3     Überflutungstoleranz                                                                  29
4.4     Ansprüche an die Basenversorgung                                                      29
4.5     Konkurrenzfähigkeit der Naturverjüngung                                               29
4.6     Pflegeaufwand nach einer Pflanzung                                                    30
4.7     Verbisstoleranz                                                                       30
4.8     Seltenheit und Gefährdung der Baumart                                                 31
4.9     Rolle für die biologische Vielfalt                                                    31
4.10    Standortheimisch                                                                      31
4.11    Invasiv                                                                               31
4.12    Herkunft                                                                              31
4.13    Toleranz gegenüber Trockenheit                                                        31
4.14    (Spät-) Frostresistenz                                                                32
4.15    Resistenz gegen Schaderreger                                                          32
4.16    Resistenz gegen Sturm                                                                 32

5       Literatur                                                                             39

                                                                                               3
LEITFADEN ZUR AUWALDBEWIRTSCHAFTUNG - Eigenschaften der Baumarten, Anbaueignung und Beispiele von Oberrhein und Donau - Fachagentur ...
1 HINTERGRUND
1.1     Motivation des Leitfadens                                              ren einen erheblichen Handlungsbedarf: Die Esche besitzt
                                                                               einen hohen Baumartenanteil in der Aue und viele ihrer
Im Auwald sind über die letzten Dekaden mehrere Haupt-                         Bestände sterben inzwischen großflächig ab. Reine Hybrid-
baumarten durch Krankheiten ausgefallen: Das Ulmenster-                        pappelbestände sind nicht mehr zeitgemäß und werden
ben begann schon Anfang des 20. Jahrhunderts (Burdekin                         umgebaut, da sie wirtschaftlich vielerorts nicht mehr ren-
1983), das Erlensterben durch Phytophthora-Befall wurde                        tabel und auch naturschutzfachlich fragwürdig sind. Auch
ab den 1990er Jahren vermehrt beobachtet (Kehr et al.                          ein Zugewinn von Wald auf revitalisierten, bislang unbe-
2004). In den letzten Jahren hat das Eschentriebsterben                        waldeten Aueflächen durch Deichrückverlegungen erfor-
großflächige Verluste verursacht (Lenz et al. 2012, Ender-                     dert für die Wiederbewaldung ein waldbauliches Manage-
le & Metzler 2014). In Zukunft ist vermutlich mit weiteren                     mentkonzept. Gleichzeitig werden vermehrt Flächen zur
Schäden bei anderen Baumarten zu rechnen, wie z.B. durch                       Erreichung der in der „Nationalen Biodiversitätsstrategie“
die Rußrindenkrankheit des Ahorns oder die Eichenkom-                          (BMUB 2015a) geforderten Prozessschutzfläche im Wald
plexkrankheit (Burgdorf & Strasser 2019, Gaertig et al.                        („5 %-Ziel“) stillgelegt.
2005). Mit dem Klimawandel kann sich die Krankheitspro-
blematik durch verbesserte Klimabedingungen für Schader-                       Auewaldgebiete sind oft klein und liegen zerstreut. Sie
reger und durch von Extremwetterereignissen geschwächte                        stellen meist nur einen kleinen Teil eines Forstbezirks dar.
Bäume in Zukunft verschärfen. Die ursprüngliche Waldzu-                        Gleichzeitig erfordern sie durch das Überflutungsregime
sammensetzung des Hartholz-Auwaldes im Sinne eines Ul-                         eine besonders angepasste Bewirtschaftung und sind ein
men-Eichen- oder Erlen-Eschenwaldes wird dann zukünftig                        hochproduktiver Standort. All dies stellt Auewaldbewirt-
kaum noch vorhanden oder wiederherzustellen sein.                              schaftende vor viele Entscheidungen und Fragen. Dieser
                                                                               Leitfaden gibt einen Überblick über Baumarteneignungen
Durch diese Änderungen verlieren bisherige Konzepte für                        und Waldentwicklungstypen in der Aue. Er richtet sich an
die Bewirtschaftung und den Schutz des Auwaldes an Be-                         die Akteure im Auwald, insbesondere die Waldeigentümer
deutung. Jedoch gibt es gerade jetzt in vielen Auwaldrevie-                    und Waldbewirtschaftende.
                               © M. Hafner

                                                                 © M. Hafner

                                                                                                     © C. Damm

                                                                                                                                      © A. Reif

Abb. 1: Ulmensterben, Phythophthera-Befall bei Erlen, Eschentriebsterben und seit neusten Rußrindenkrankheit beim Ahorn führen in
(Alt-) Auwäldern seit Jahren zum Ausfall mehrerer Hauptbaumarten.

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1.2     Besonderheiten von Auwäldern im                                  Naturnahe Auen zählen zu den arten- und strukturreichs-
        Bereich Biodiversität, Naturschutz                               ten Ökosystemen (Naiman et al. 2006). Ihre Biodiversität
        und Waldfunktion                                                 ist höher als in jedem anderen mitteleuropäischen Wald-
                                                                         typ, obwohl sie nur ca. 5 % der Landfläche beanspruchen
Auwälder sind Waldgesellschaften, die durch eine hohe                    (Kühne, Röhrig & Bartsch 2005, Kuhn 1987, Schneider et
Überschwemmungs- und Grundwasserdynamik geprägt                          al. 2018). Mitunter sind dies die letzten Rückzugsräume für
sind. Durch die Dynamik der Flüsse befinden sich in der Aue              ursprünglich weit verbreitete Arten und damit wichtige Re-
auf engstem Raum aquatische bis terrestrische Lebensräu-                 fugien für den Erhalt der Biodiversität (Hering et al. 2018).
me, deren räumlich und zeitliche Verteilung sich durch Ero-
sion und Anlandung ständig ändert. Für den Mittellauf der                Rund ⅔ der ursprünglichen Überflutungsaue in Deutsch-
Flüsse ändert sich die Vegetation typischerweise mit dem                 land, und mancherorts noch weit mehr, sind durch was-
Abstand zum Fluss und dem Überflutungseinfluss bzw. der                  serbauliche Maßnahmen verloren gegangen (BMU & BFN
Geländehöhe. An die flussbegleitenden Uferpionierstand-                  2009, Brunotte et al. 2009). Auwälder wurden in der Ver-
orte folgen ufernahe Röhrichte, welche eng verzahnt mit                  gangenheit großflächig gerodet und beschränken sich
Weidengebüschen sind. Auf diese folgen Weichholzau-                      heute vielerorts auf schmale, gewässerbegleitende Säume.
enwälder mit baumförmigen Weiden und verschiedenen                       So liegen aktuell ca. 61.000 ha Waldfläche in der rezenten
Pappelarten. Auf den höchsten Standorten befinden sich                   Flussaue (Brunotte et al. 2009), dies entspricht ca. 0,5 %
Hartholzauenwälder. Die Hartholzauen lassen sich in eine                 der Gesamtwaldfläche von Deutschland. Viele Auwaldflä-
tiefe, mittlere und höhere Stufe unterteilen. In den oftmals             chen sind forstlich überprägt, was im Falle einer naturfernen
vermoorten Randsenken finden sich dauernasse Standor-                    Bewirtschaftung negative Konsequenzen für die auentypi-
te, in denen von Natur aus Schwarzerlen, Traubenkirschen,                sche Biodiversität hat. Weitere Probleme sind die Frag-
Eschen und andere Baumarten waldbildend sind.                            mentierung der verbliebenen Auwaldflächen, wodurch ein

                                                                                                                                   © H. Zettl

Abb. 2: Ein struktur- und artenreicher Hartholzauwald mit Bärlauch am Kühkopf.

                                                                                                                                        5
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Austausch zwischen Populationen erschwert wird, die Be-         Leuschner 2010). In frischen Bereichen der Aue sind die
gradigung der Flüsse, die Stabilisierung der Flussläufe und     Wuchsbonitäten standortsgeeigneter Baumarten zumeist
die daraus resultierende permanente Anlandung sowie die         sehr hoch, können auf trockeneren Kiesrücken oder ständig
Einwanderung invasiver Arten. All dies führt zu einer starken   vernässten Stellen jedoch deutlich absinken (Hepfer 2014).
Gefährdung bis hin zum völligen Verschwinden einer Viel-
zahl auenspezifischer Arten (Egger et al. 2018, Riecken et      Die Bestandesregeneration über Naturverjüngung (aus
al. 2006, 2010, Haupt et al. 2009, Ellwagner et al. 2012),      Samen oder vegetativer Vermehrung) ist in den tiefer ge-
weshalb Auen zu den am stärksten bedrohten Lebensräu-           legenen Auestufen, wie der unteren Hartholzaue, nur bei
men Deutschlands gehören und oftmals einen mehrfachen           wirtschaftlich uninteressanten Baumarten wie der Silber-
Schutzstatus aufweisen, beispielsweise Europaschutzge-          weide oder der Silberpappel möglich (Tiefenbacher 2017).
biet nach der FFH- und Vogelschutzrichtlinie, Natur- und        Wirtschaftlich interessante Baumarten müssen dort zu-
Waldschutzgebiet (Scholz et al. 2018).                          meist über Pflanzung eingebracht werden. Dagegen ist in
                                                                den höher gelegenen Bereichen, wie der mittleren oder
Auen wurden vom Menschen immer intensiv genutzt. His-           hohen Hartholzaue, ein Arbeiten mit Naturverjüngung prin-
torisch gesehen war die Hartholzaue, wie alle Wälder, in        zipiell möglich (Kühne 2004). Erschwert wird die natürliche
erster Linie Lieferant von Bau- und Brennholz. Waldweide        und künstliche Verjüngung durch die überdurchschnittlich
und Schneitelnutzung spielten eine wichtige Rolle für die       hohen Wildstände in Auwäldern (Patz et al. 2000). Wild-
Tierhaltung. Der Mittelwald war dafür die ideale Nutzungs-      zäune werden vom Hochwasser zerstört, deshalb werden
form mit der Stieleiche als herrschende Baumart im Ober-        Jungbäume oft mit Einzelschutz umgeben, der nach einem
holz. Hinzu kamen weitere Nutzungen wie Jagd, Bienen-           Hochwasserereignis wiederaufgerichtet werden muss. Zu-
haltung, Streunutzung oder auch das Sammeln von Pilzen          dem bieten die fruchtbaren Auestandorte der Konkurrenz-
(z. B. Morcheln) und Kräutern (z. B. Bärlauch). In den letz-    vegetation des Unterwuchses, aber auch neophytischen
ten Jahrzehnten hat sich der forstwirtschaftliche Schwer-       Baumarten (Liess 2013; Vor et al. 2015; Zsak et al. 2015)
punkt bei der Holznutzung weg von Massensortimenten             ideale Wachstumsbedingungen.
hin zur Erzeugung wertvollen, starken Holzes verschoben
(Mettendorf & Hass 2010). Weitere Ökosystem-Dienstleis-
                                                                              NEOPHYTISCHE BAUMARTEN
tungen gewannen zusätzlich an Bedeutung wie Naherho-
lung (Wantzen et al. 2016), Wasserreinhaltung (Klapproth
& Johnson 2009), Aufnahme von Nährstoffen (Lowrance et           Neophyten sind Pflanzen, die sich in einem Gebiet etab-
al. 1984), Beitrag zur Hochwasserrückhaltung (Walz et al.        liert haben, in dem sie zuvor nicht natürlich vorgekommen
2017), Schutz gegen Bodenerosion bei Hochwasser, Kli-            sind. Für gewöhnlich steht diese Etablierung in direktem
maausgleich und Luftreinhaltung sowie die hohe Kapazität         Zusammenhang mit menschlichen Handeln. Problema-
zur Speicherung von Kohlenstoff (Hofmann & Anders 1996,          tisch sind diese Arten, wenn sie konkurrenzstärker als hei-
Giese et al. 2003, Fierke & Kauffmann 2005, Cierjacks et         mische Arten sind und diesen ihren Lebensraum streitig
al. 2010).                                                       machen.

1.3     Waldbauliche Besonderheiten bei der                     Daher müssen die Zielbaumarten in den ersten Jahren
        forstlichen Nutzung von Auwäldern                       aufwändig herausgepflegt werden (Weinfurter 2013). Als
                                                                Pflanzmaterial dienen zur Verringerung des Pflegeaufwands
Die Bewirtschaftung von Auwäldern weist waldbauliche Be-        häufig teure Großpflanzen (Burschel & Huss, 2003). In vie-
sonderheiten auf, die sie vom Waldmanagement in anderen         len Auwaldbetrieben sind aufgrund der hohen Wuchskraft
Waldtypen unterscheidet. In Auwäldern reduzieren saisonal       die Produktionszeiträume niedriger als in Forstbetrieben
hohe, mehr oder weniger langanhaltende Wasserstände             mit anderen Standortsbedingungen. Dadurch sind die im
aber auch Trockenphasen bei Niedrigwasser das Spek-             Auwald oftmals hohen Begründungskosten inklusive Pfle-
trum an standortsgeeigneten und zugleich ökonomisch             geaufwand ökonomisch leichter kompensierbar. Durch den
interessanten Baumarten. Bei Vorkommen von Bibern, die          mehrfachen Schutzstatus vieler Auwälder muss die wald-
bestimmte Baumarten als Fress- und Baumaterial bevorzu-         bauliche Vorgehensweise auch den verordneten Rahmen-
gen (Allgöwer 2005), kann sich die Auswahl besonders in         bedingungen angepasst werden.
Gewässernähe zusätzlich verringern. Bei ein- und derselben
Baumart wiederum kann es auf kleiner Fläche zu deutlichen
Wuchsunterschieden kommen, denn durch die Sedimen-
tations- und sehr lokal auch Erosionsprozesse in der Aue
besteht häufig ein kleinflächiges Mosaik an unterschied-
lichen Standortsbedingungen (Kälble 1988; Ellenberg &

6
LEITFADEN ZUR AUWALDBEWIRTSCHAFTUNG - Eigenschaften der Baumarten, Anbaueignung und Beispiele von Oberrhein und Donau - Fachagentur ...
© T. Dichtl
Abb. 3. Waldbau in der Aue ist durch die Wasserdynamik besonders herausfordernd.

1.4     Potentielle natürliche Vegetation                              der Hartholzaue. In diesem Stadium konnte die Stieleiche
                                                                       sich vermutlich aufgrund ihres Altersvorsprungs sowie ihrer
Ursprüngliche potentielle natürliche Vegetation                        Langlebigkeit gegenüber den einwandernden Halbschatt-
Im Bereich der Hartholzaue war bis vor etwa 100 Jahren die             baumarten und Sträuchern halten. Findet keine weitere ka-
rekonstruierte natürliche Vegetation ein Mischwald, in dem             tastrophale Zerstörung durch ein Extremhochwasser oder
die Stieleiche in eher geringen Anteilen zwar beteiligt war,           Eisgang statt, würde die zunehmende Aufsedimentierung
aber schattentolerantere Baum- und Straucharten hohe An-               schließlich zur Einwanderung von Hainbuche und dann Rot-
teile besessen haben mögen (Suck et al. 2013, 2014a, b).               buche führen. Damit entsprechen die Hartholz-Auwälder
Weitere Arten in der Baumschicht waren Feld- und Flatter-              einem Zwischenwaldtyp, in dem sich die Lichtbaumart Stiel-
ulme, in der mittleren Hartholzaue Feld-Ahorn und Esche,               eiche aufgrund ihrer hohen Lebenserwartung gegenüber
in der oberen Hartholzaue zusätzlich Hainbuche. Die Rot-               beigemischten Schattbaumarten lange behauptet, sich
Buche kann die episodisch und dann nur kurz überfluteten               aber nicht mehr natürlich verjüngt und dafür auf natürliche
Randbereiche besiedeln. Pflanzensoziologisch gesehen                   Störungen und gleichzeitig geringen Schalenwildbestand
entsprechen diese Waldgesellschaften den Verbänden des                 angewiesen ist, wie dies nach Extremhochwässern der Fall
Eichen-Hainbuchen-Waldes (Carpinion; obere Hartholzaue)                sein kann.
bzw. Alno-Ulmion (mittlere, tiefe Hartholzaue).
                                                                       Heutige potentielle natürliche Vegetation
Durch die früher natürliche Verlagerung von Flussarmen ist             Durch Veränderungen des Überflutungsregimes, Gewässer-
zu erwarten, dass die damaligen Waldbestände durch die                 eutrophierung, neuartige Baumkrankheiten sowie Einbür-
Erosions- und Sedimentationsprozesse immer wieder einer                gerung invasiver fremdländischer (Baum-)Arten hat sich die
Störung unterlagen (Ellenberg & Leuschner 2010). Es kann               als natürlich anzusehende Artenzusammensetzung, Wald-
angenommen werden, dass Blößen zunächst von Weiden-                    struktur und Walddynamik im Bereich der Hartholzaue stark
und Pappel-Arten besiedelt wurden. Die Stieleiche hatte                verändert (Brunotte et al. 2009). Grundbesitzstrukturen
sich vermutlich zeitgleich mit angesiedelt. Darauf weisen              und Landnutzungsrechte verhindern heute fast überall im
die dynamischen Prozesse im Bereich des Naturwaldreser-                Bereich von Flussauen die natürliche Erosion und Sedimen-
vats „Kühkopf“ in Südhessen hin (Reif et al. 2016). Diese              tation. Die heutige potentielle natürliche Vegetation kann
Bestände wirkten als Sedimentfalle, sie landeten auf und er-           nur durch Annahmen konstruiert werden. In der tiefen Hart-
reichten schließlich das weniger häufig überflutete Niveau             holzaue führt die Einwanderung von Feld-Ulme, Traubenkir-

                                                                                                                                    7
LEITFADEN ZUR AUWALDBEWIRTSCHAFTUNG - Eigenschaften der Baumarten, Anbaueignung und Beispiele von Oberrhein und Donau - Fachagentur ...
sche und überflutungstoleranten Sträuchern, wie etwa Hart-    da bereits mehrere, bis vor kurzem bewährte wirtschaftliche
riegel, zu Buschwäldern mit geringen Baumanteilen. Hinzu      Hauptbaumarten ausgeschieden sind. In besonderen Fällen
kommen regional nicht-heimische Arten wie Eschen-Ahorn        kann es deshalb erforderlich sein, zusätzlich nicht gebiets-
und Rot-Esche. Im Unterwuchs sind Grasarten (Rohrglanz-       heimische, gut erprobte Baumarten mit klimagerechten
gras, lokal Schilf) oftmals dominierend.                      Herkünften in diese Mischung einzubringen.

In der mittleren und oberen Hartholzaue können Feld-,         In der Folge des Klimawandels wird dem Auwald eine noch
Berg- und Spitzahorn, Flatterulme sowie Hainbuche die         größere Bedeutung zukommen, einerseits als Retentions-
Baumschicht bilden. Kletterpflanzen wie Waldrebe, Wilder      raum und anderseits als Kohlenstoffsenke. Durch gehäuf-
Hopfen und Efeu wachsen bis ins Kronendach. Hinzu kom-        te Starkregenereignisse können in Zukunft auch vermehrt
men regional eingebürgerte fremdländische Baumarten. In       Hochwassersituationen auftreten und eine Vergrößerung
der Strauchschicht können sich Esche, Feld- und Flatterul-    des natürlichen Rückhalteraums wird dadurch dringender.
me und schattenfeste Straucharten halten.                     Die Kohlenstoffvorräte in Auen sind deutlich größer als in
                                                              terrestrischen Ökosystemen (Scholz et al. 2012, Cierjacks
Die bis heute verbliebenen, periodisch überfluteten Wälder    et al. 2011). Daher bieten bestehende, renaturierte oder
sind hinsichtlich ihrer Entwicklung als Übergangsstadium      wiederbegründete Auwälder das Potenzial zur Kohlenstoff-
zu schattholzreicheren Beständen zu sehen, in denen die       speicherung. Dieses Speicherpotenzial gilt es durch geeig-
Stieleiche und andere Lichtbaumarten, beispielsweise Wei-     nete Waldbausysteme oder auch mittels Stilllegungsflächen
den und Pappeln, ausgedunkelt werden und verschwinden.        zu erhalten. Um diese Funktionen zu erfüllen, braucht die
Langfristig führt die Standortsveränderung (Auflandung)       Aue Platz: Ein enormes Potenzial könnten Wasserstraßen-
und Sukzession zu terrestrischen Waldtypen.                   abschnitte bieten, die im Zuge der Reform der Wasser- und
                                                              Schifffahrtsverwaltung nicht mehr für den Gütertransport
                                                              gebraucht werden (BMUB & BfN 2015b), sowie Flächen,
1.5    Klimawandel und Auwald in Zukunft                      die durch Deichrückverlegungen wieder an die Flussdyna-
                                                              mik angebunden werden.
Wie für alle Wälder, wird auch im Auwald mit negativen Aus-
wirkungen des Klimawandels gerechnet. Das können sich
ändernde Standortbedingungen, z. B. durch eine Häufung
von Extremwetterereignissen (Trockenperioden, Spätfröste,
Stürme, Starkregen) und günstigere klimatische Bedingun-
gen für die Vermehrung von Waldschädlingen sein (IPCC
2014). In direkter Auswirkung auf den Hartholz-Auwald
wird sich die Vegetationsperiode verlängern, zunehmende
Hitzeperioden im Sommer bei immer noch wirksamen Käl-
teeinbrüchen im Winter werden das Klima prägen, die kli-
matische Wasserbilanz wird sich verändern und damit die
Sommertrockenheit und den Winterniederschlag erhöhen
(KLIWA 2006, KLIWAS 2014, Feldmann 2010), sowie die
Gefahr von Spät- und Frühfrost steigen. (Liu et al. 2018)

Wahrscheinlich gravierender werden sich die indirekten
Auswirkungen durch das veränderte Überflutungsregime
der Flüsse auswirken. In den durch Alpenzuflüsse geprägten
Strömen Oberrhein und Donau werden sich die Hochwas-
serzeiträume zum Spätwinter- und Frühjahr hin verlagern,
an der Donau wird sich der Niedrigwasserabfluss deutlich
verringern (KLIWAS 2015). Für den Auwald der Zukunft
könnten diese Veränderungen zur Einwanderung subme-
diterraner oder südosteuropäischer Arten führen, z. B. die
Schmalblättrige Esche entlang der Donau, sowie eine Zu-
nahme neophytische Baumarten. Für die Waldbewirtschaf-
                                                                                                                       © M. Roeder

tung soll dieser Unsicherheit bezüglich des Klimawandels
mit dem Fokus auf Mischbeständen zur Risikostreuung und
struktureller Vielfalt begegnet werden (UBA 2015). Jedoch
ist die Ausgangssituation im Auwald besonders schwierig,      Abb. 4: Der Auwald als Retentionsraum bei Hochwasser.

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© gpitfoto/Adobe.Stock

2 BAUMARTEN, STANDORT, NUTZUNG
2.1     Benutzung des Leitfadens                                  ten natürlichen Umweltfaktoren eines Auenwaldes berück-
                                                                  sichtigt. Eine weitere Untergliederung der Auestandorte in
Der Leitfaden ist in vier aufeinander folgende Schritte geglie-   verschiedene Bodentypen, Auflagenstärken des Sediments
dert, durch die der Leser zu möglichen Waldentwicklungs-          etc. erfolgte nicht. Die Beschreibung des jeweiligen Wald-
typen gelangt: (1) Zuordnung des Standorts zur Auestufe; (2)      entwicklungstyps geht von guten bis sehr guten Boden- und
Zuordnung der Baumarten mit ihren ökologischen und wald-          damit Wuchsbedingungen aus, also einem Standort mit
baulichen Eigenschaften zur Auestufe; (3) Identifikation des      mächtiger Sedimentauflage und feiner Korngröße, perio-
Betriebszieles; (4) Erstellung des waldbaulichen Konzeptes        discher, nicht permanenter Vernässung sowie einer hohen
auf Basis der möglichen Waldentwicklungstypen.                    Speicherfähigkeit für Wasser und Nährstoffe (keine flach-
                                                                  gründige Brennen, stark vernässte Senken usw.). Weichen
Mit der Vorgabe in Schritt 1, der Zuordnung zu einem der          die Standortseigenschaften davon deutlich ab, müssen
drei unterschiedlichen Standorte (tief, mittel, hoch), wird       andere Lösungsansätze gefunden werden, die hier im Leit-
indirekt der Überflutungseinfluss als einer der wesentlichs-      faden nicht behandelt werden.

                                                                                                                                    9
1. Standort bestimmen

                                                                                                                               © E. Dister
       2. Baumarten & Eigenschaften

                                                                                                          © M. Roeder

       3. Bestandesziel
                                                                   © R. Unseld

                                                                                                                                                  © R. Unseld

                                                       Gewinn                    ausgewogen                             Naturschutz

       4. Waldentwicklungstyp
                                                                                                                                             © E. Dister

Abb. 5: Entscheidungsfindung zum Waldentwicklungstyp über Standort, Baumarteneigenschaft und Bestandesziel.

10
2.2       Bestimmung des Standorts

Der Leitfaden beschränkt sich auf die Hartholzaue, da in
diesem Bereich die meisten bewirtschafteten Flächen des
Auwaldes liegen. Für die weiteren Schritte wurde die tiefe
Hartholzaue als Standort nicht mehr berücksichtigt, da sie
flächenmäßig bei der Bewirtschaftung kaum ins Gewicht fällt.
Abbildung 6 gibt einen Überblick über alle Auenstandorte,
die Unterteilung der Hartholzaue wird in Tabelle 1 erklärt.

TAB. 1: CHARAKTERISIERUNG DER AUESTUFEN

 Untere (tiefe) Hartholzaue                      Mittlere Hartholzaue                             Obere (hohe) Hartholzaue
 regelmäßig jährlich überflutet, zumeist über    alle ein bis zwei Jahre überflutet, zumeist      episodisch überflutet, lediglich von Spitzen-
 längere Zeiträume, deutlicher Überflutungs-     über kürzere Zeiträume, mittlerer Überflu-       hochwässern erfasst, geringer Überflutungs-
 einfluss                                        tungseinfluss                                    einfluss
                                     Beispiele für Überflutungsregime Oberrhein und Donau/Lechmündung
 Rhein-Durchschn. Tage/Jahr: 12–29               Rhein-Durchschn. Tage/Jahr: 6–12                 Rhein-Durchschn. Tage/Jahr: 3–6
 Rhein- Durchschn. Tage/Veg.: 7–18               Rhein-Durchschn. Tage/Veg.: 4–7                  Rhein- Durchschn. Tage/Veg.: 2–4
 Rhein-Max. Tage/Jahr: 53–90                     Rhein-Max. Tage/Jahr: 41–53                      Rhein-Max. Tage/Jahr: 20–41
 Rhein-Max. Tage/Veg.: 43–64                     Rhein-Max. Tage/Veg.: 35–43                      Rhein-Max. Tage/Veg.: 16–35

                                                                                                  Donau-Durchschn. Tage/Jahr: 1–4
                                                                                                  Donau-Durchschn. Tage/Veg.: 1–2
                                                                                                  Donau-Max. Tage/Jahr: 10–15
                                                                                                  Donau-Max. Tage/Veg.: 8–11
                                                Typische Artenkombinationen in der Krautschicht
 Scharbockskraut (Ficaria verna),                Arten aus tiefer Hartholzaue und zusätzlich:     Arten der mittleren und tiefen Hartholzaue
 Brennesseln (Urtica dioica),                    Bärlauch (Allium ursinum),                       und zusätzlich:
 Gundermann (Glechoma hederacea),                Buschwindröschen (Anemone nemorosa),             Waldzwenke (Brachypodium sylvaticum),
 Kletten-Labkraut (Galium aparine),              Große Schlüsselblume (Primula elatior),          Goldnessel (Lamium galeobdolon),
 Kratzbeere (Rubus caesius),                     Blaustern (Scilla bifolia) – lokal,              Nelkenwurz (Geum urbanum),
 Gemeines Rispengras (Poa trivialis),            Gefleckter Aronstab (Arum maculatum),            Sanikel (Sanicula europaea)
 Wiesen-Schaumkraut (Cardamine pratensis)        Vielblütige Weißwurz (Polygonatum mul-
                                                 tiflorum),
                                                                                                  (Schneider, pers. Kommunikation)
                                                 Wald-Segge (Carex sylvatica),
 (Schneider et al. 2018)
                                                 Wald-Veilchen (Viola reichenbachiana),
                                                 Gold-Hahnenfuß (Ranunculus auricomus
                                                 agg.),
                                                 Einbeere (Paris quadrifolia),
                                                 Märzenbecher (Leucojum vernum) – lokal,
                                                 Waldzwenke (Brachypodium sylvaticum),
                                                 Dünnährige Segge (Carex strigosa)

                                                 (Schneider et al. 2018, abgeändert)

Veg. = Vegetationsperiode
Max. = maximale Überflutung in 30 Jahren (1999–2018)

                                                                                                                                               11
© E. Diester, unveröffentlicht

Abb. 6: Schematischer Querschnitt durch die Oberrheinaue bei Karlsruhe im naturnahen Zustand.

2.3        Baumarten und deren Eigenschaften

Über 40 Baumarten, die in der Aue vorkommen können,
wurden anhand ihrer waldbaulichen, ökophysiologischen,
naturschutzfachlichen und ökonomischen Eigenschaften
bewertet. Dies beinhaltet natürlich vorkommende, ge-
pflanzte oder eingewanderte Arten. Die Baumartenauswahl
orientiert sich vornehmlich an in der rezenten Aue (= Über-
flutungsaue) bereits aktuell vorkommenden Baumarten.
Ebenfalls einbezogen wurden Baumarten mit Vorkommen
in der Altaue oder in angrenzenden permanent vernässten
Standorten wie etwa den Randsenken. Die verwendeten
Baumarten, Eigenschaften und deren Skalierung werden im
Anhang (ab S. 28) näher erläutert. Die Beschreibung der
Eigenschaften wurde so formuliert, dass eine hohe Zahl
eine positive oder weitgehende Erfüllung der Eigenschaft
bedeutet. Die Skalierung reicht von 1 bis 5, zusätzlich be-
zeichnet „x“, dass eine Eigenschaft nicht relevant ist, indiffe-
rent ist, oder nicht zutrifft. Die Bewertungen beziehen sich,
wo immer möglich, speziell auf Auenstandorte und wurden
für zwei Auenstufen, die mittlere und hohe Hartholzaue,
durchgeführt. Hieraus ergaben sich zwei Arten-Merkmal
Tabellen, die für die weiteren Schritte der Nutzungseignung
herangezogen wurden.
                                                                                                © I. Becker

12
TAB. 2: VERWENDETE EIGENSCHAFTEN ZUR EIGNUNGSBEURTEILUNG DER BAUMARTEN UND IHRE SKALIERUNG

 Forstwirtschaft und Standort                                                                      Skala
 Holzwert für Stammholz                                                                          1–5/k. A./x
 Produktionszeitraum bis zum Mindestzieldurchmesser                                               1–5/k. A.
 Überflutungstoleranz                                                                             1–5/k. A.
 Ansprüche an die Basenversorgung                                                                   1–5
 Konkurrenzfähigkeit der Naturverjüngung                                                         1–5/k.A./x
 Pflegeaufwand nach einer Pflanzung                                                              1–5/k. A./x
 Verbisstoleranz                                                                                  1–5/k. A.
 Naturschutz
 Gefährdungsgrad und Seltenheit der Baumart                                                      1–5/k. A./x
 Rolle für die biologische Vielfalt                                                               1–5/k. A.
 standortheimisch                                                                                 ja/nein/x
 invasiv                                                                                          ja/nein/x
 Herkunft nicht heimischer Arten: Europa, nicht Europa, Hybrid                                  EU/n. EU/Hy/x
 Klimawandel
 Toleranz gegenüber Trockenheit                                                                   1–5/k. A.
 (Spät-) Frostresistenz                                                                           1–5/k. A.
 Resistenz gegen Schaderreger                                                                     1–5/k. A.
 Resistenz gegen Sturm                                                                            1–5/k. A.

k. A. = keine Angabe
x = nicht relevant
EU = Europa
n. EU = nicht Europa
Hy = Hybrid

Als Quellen diente (teils auenunspezifisch) folgende Lite-       2.4    Eignungseinstufung der Baumarten
ratur: BfN Neobiota 2020, BfN Floraweb 2020; Breunig &
Demuth 1999, Carl 2018, de Avila & Albrecht 2017, Dister         Mit einer Nutzwertanalyse wurden die Baumarten hinsicht-
1983, Ellenberg et al. 2001, Forster Falk & Reger 2019,          lich einer spezifischen Zielsetzung des Bewirtschafters be-
Forstliche Versuchs- Und Forschungsanstaltbaden-Würt-            wertet (vgl. Unseld, 2021). Dazu wurden die Kriterien und
temberg 2018, Glenz et al. 2006, Hellwig 2000, Kádasi-Ho-        Bewertungen der Baumarten aus der Matrix Tab. 4 und 5
ráková et al. 2017, Kölling 2007, Kramer 1987, Landhäus-         (siehe Anhang) verwendet. Von den ökonomischen Kriterien
ser et al. 2003, LFU 2003, Macher 2008, Mettendorf 2016,         wurden der Holzwert des Stammholzes, die Dauer des Pro-
Metzing et al. 2018, Nielsen et al. 2017., Pfarr et al. 2007,    duktionszeitraums, eine konkurrenzfähige Verjüngung und
Šeho et al. 2017, Šeho et al. 2019, Späth 2002, USDA Fo-         der Aufwand für Pflanzung und Jungbestandspflege als am
rest Service 2009, USDA Natural Resources Conservation           wichtigsten herausgefiltert. Bei den ökologischen Kriterien
Service 2002, Vor et al. (Hrsg.) 2015, Williams 1990 sowie       wurden von den Experten die Gefährdung der Baumart, Rol-
die Einschätzung der Eigenschaften durch Auwaldbewirt-           le für die Vielfalt der Fauna und des Unterwuchses, stand-
schafter aus Baden-Württemberg, Bayern, Österreich und           ortheimisches Vorkommen und Invasivität der Baumart als
Hessen und durch die projektinternen Ökologen (siehe Im-         am bedeutsamsten eingeschätzt. Die verwendeten Kriterien
pressum). Bei sehr unterschiedlichen Bewertungen durch           zur Risikovermeidung lauteten Überflutungstoleranz, Ver-
die beteiligten Experten wurde die gesamte Spanne ange-          bisstoleranz, Toleranz gegenüber Trockenheit, Spätfrostre-
geben. Standortsbedingt können die Eigenschaften lokal           sistenz, Resistenz gegen Schaderreger und Sturmfestigkeit.
sehr unterschiedliche Ausprägungen haben.                        Alle genannten Kriterien wurden nach ihrer Bedeutsamkeit

                                                                                                                        13
in der mittleren und hohen Hartholzaue von Experten mit                 entworfen, bei dem die ökologischen und ökonomischen
Gewichtungen versehen. Je nach Zielsetzung des Betriebes                Kriterien sowie die Risikokriterien jeweils 33 % an Gewicht
wurden sie anschließend nochmals gewichtet. Bei einer                   erhielten. Mit den Gewichtungen wurden für jede Baumart
gewinnorientierten Zielsetzung wurden den ökonomischen                  eine Punktzahl berechnet. Daraus wurden Ranglisten und
Kriterien insgesamt eine Gewichtung von 66 % und den                    vier Eignungsklassen von sehr gut geeignet bis nicht geeig-
Risikokriterien insgesamt 33 % zugeordnet. Bei der natur-               net bestimmt. Die Eignungsklassen der Baumarten sind bei
schutzorientierten Zielsetzung flossen dagegen die ökolo-               der Baumartenempfehlung in den Waldentwicklungstypen
gischen Kriterien mit 66 % und wiederum die Risikokriterien             im anschließenden Kapitel berücksichtigt.
mit 33 % ein. Außerdem wurde ein ausgewogenes Szenario

TAB. 3: EIGNUNG DER BAUMARTEN AN ZWEI AUESTANDORTEN HINSICHTLICH DER ZIELSETZUNG DES BESTANDES
(GEWINNORIENTIERT, AUSGEWOGEN ODER NATURSCHUTZORIENTIERT).

             gewinnorientiert                           ausgewogen                              naturschutzorientiert
                                                      Mittlere Hartholzaue
                Schwarznuß                                 Stieleiche                                  Wildbirne
                  Walnuß                                  Flatterulme                                   Wildapfel
                 Hybridnuß                                 Wildbirne                                 Schwarzpappel
                 Baumhasel                                Baumhasel                                    Stieleiche
                 Flatterulme                            Schwarzpappel                                 Silberpappel
                 Bergahorn                                Graupappel                                  Graupappel
               Balsampappel                               Schwarznuß                                 Traubenkirsche
                 Stieleiche                              Silberpappel                                  Flatterulme
               Hybridplatane                                  Walnuß                                   Feldahorn
                Hybridpappel                               Wildapfel                                    Feldulme
                 Spitzahorn                             Traubenkirsche                               Gemeine Esche
                 Wildbirne                                 Bergahorn                                   Baumhasel
                  Robinie                                 Hybridnuß                                    Spitzahorn
                Götterbaum                               Balsampappel                                  Bergahorn
               Schwarzpappel                              Spitzahorn                                 Balsampappel
                Graupappel                                    Feldulme                                 Hainbuche
               Gemeine Esche                            Gemeine Esche                                  Sandbirke
               Traubenkirsche                            Hybridplatane                                 Winterlinde
                  Feldulme                               Hybridpappel                             Schmalblättrige Esche
                Silberpappel                               Feldahorn                                    Walnuß
                  Wildapfel                               Hainbuche                                   Schwarznuß
            Schmalblättrige Esche                    Schmalblättrige Esche                             Hybridnuß
                 Hainbuche                                 Sandbirke                                 Hybridplatane
                 Sandbirke                                    Robinie                                 Hybridpappel
                 Feldahorn                                Winterlinde                                   Robinie
                 Winterlinde                              Götterbaum                                  Götterbaum

14
gewinnorientiert          ausgewogen           naturschutzorientiert
                                    Hohe Hartholzaue
                  Schwarznuß            Stieleiche                Wildapfel
                   Hybridnuß            Wildbirne                Wildbirne
               Hybridplatane            Baumhasel                Stieleiche
                  Baumhasel             Flatterulme            Schwarzpappel
                     Walnuß             Bergahorn               Silberpappel
                   Bergahorn          Schwarzpappel             Graupappel
                  Flatterulme         Hybridplatane            Traubenkirsche
                    Stieleiche         Graupappel                Feldahorn
               Balsampappel              Walnuß                  Flatterulme
               Hybridpappel              Wildapfel                  Aspe
                    Wildbirne          Schwarznuß                 Feldulme
                     Robinie            Hybridnuß                Sandbirke
                  Götterbaum           Silberpappel            Gemeine Esche
                  Spitzahorn            Sandbirke               Vogelkirsche
               Schwarzpappel            Spitzahorn               Baumhasel
                   Sandbirke           Vogelkirsche              Spitzahorn
                  Graupappel               Aspe                  Bergahorn
                  Vogelkirsche        Traubenkirsche             Hainbuche
                      Aspe              Feldahorn                Winterlinde
                  Silberpappel           Feldulme                 Rotbuche
                    Feldulme          Balsampappel          Schmalblättrige Esche
                  Hainbuche           Gemeine Esche            Gemeine Esche
                    Rotbuche            Hainbuche                 Walnuß
               Gemeine Esche           Hybridpappel            Balsampappel
                    Wildapfel           Winterlinde             Schwarznuß
                  Winterlinde            Robinie                 Hybridnuß
           Schmalblättrige Esche         Rotbuche               Hybridpappel
               Traubenkirsche      Schmalblättrige Esche          Robinie
                    Feldahorn          Götterbaum               Götterbaum

sehr gut geeignet
    geeignet
 wenig geeignet
 nicht geeignet

                                                                                    15
2.5     Waldentwicklungstypen                                       Nachfolgend werden die beiden WET für eine gewinnori-
                                                                    entierte, eine ausgewogene und eine naturschutzorien-
Die staatlichen Forstverwaltungen mehrerer Bundesländer             tierte Zielsetzung näher beschrieben. Als Richtschnur für
haben für ihre Wälder Waldentwicklungstypen (WET) bzw.              die ausgewogene Zielsetzung wurden die Beschreibungen
Bestockungszieltypen (BZT) definiert. Die nachfolgenden             aus den Richtlinien landesweiter Entwicklungstypen von
Beschreibungen orientieren sich an Angaben aus ForstBW              ForstBW in deutlich gekürzter Form verwendet. Bei der
(2014), welche vor allem die Auwaldstandorte an Rhein               nachfolgenden Gegenüberstellung wurden nur wesentliche
und Donau betreffen. Als oberstes Ziel zur Ausgestaltung            Unterschiede beim Bestandesaufbau und der Herangehens-
der WET wird dort eine nachhaltige, multifunktionale und            weise herausgearbeitet, die durch die drei unterschied-
naturnahe Waldwirtschaft genannt, so dass ökologische und           lichen Zielsetzungen entstehen können. Die Übersicht soll
ökonomische Unterziele integriert sind. Die WET umfassen            damit die Entscheidungsfindung von Waldbesitzenden bei
dabei „Waldbestände mit vergleichbarem waldbaulichen                der Flächenbewirtschaftung erleichtern.
Ausgangszustand und vergleichbarer Zielsetzung. Sie be-
schreiben die zweckmäßigsten Verfahren zur Erreichung die-          Bei der Baumartenzusammensetzung wurde auf die Er-
ser Zielsetzung unter Beachtung der Funktionenvielfalt des          gebnisse der Nutzwertanalyse zurückgegriffen. Detaillier-
Waldes“ (Forst BW, 2014). In Baden-Württemberg kommen               te Angaben zur Vorgehensweise bei Pflanzung, Astung,
für die mittlere und hohe Hartholzaue der WET „Stieleichen-         Durchforstungsrhythmus oder Z-Baumanzahl können den
mischwald“ oder der WET „Buntlaubbaum-Mischwald“ in                 waldbaulichen Maßnahmen der Waldentwicklungstypen-
Frage. Der ebenfalls in Frage kommende WET „Pappel-Misch-           Richtlinien unter www.forstbw.de entnommen werden.
wald“ wurde nicht separat berücksichtigt, da er bei einem           Empfehlenswert ist außerdem eine Beratung vor Ort. An-
hohen Eichenanteil deutliche Gemeinsamkeiten mit dem                sprechpartner sind beispielsweise unter https://privat
WET „Stieleichenmischwald“ aufweisen kann. Ein reiner Pro-          wald.fnr.de/ansprechpartner aufgelistet.
zessschutz als Ziel für einen WET wurde aufgrund fehlender
Managementaufgaben ebenfalls nicht aufgeführt.

2.5.1 Waldentwicklungstyp Stieleichenmischwald

 Zielsetzung Betrieb               gewinnorientiert                    ausgewogen                    naturschutzorientiert
 Entwicklungsziel           Bedingt naturnaher Stieleichen-    Naturnaher Stieleichen-Misch-    Naturnaher bis sehr naturnaher
                            Mischwald mit geraden starken      wald mit geraden starken         Stieleichen-Mischwald mit starken
                            Stämmen und großen Kronen          Stämmen und großen Kronen        Stämmen, bei Nutzung auch Pro-
                            zur Produktion von wertvollem      zur Produktion von wertvollem    duktion von Eichen-Schneideholz.
                            Schneideholz verschiedener Laub-   Eichen-Schneideholz.
                            baumarten.
 Baumartenanteile in der Hauptnutzungsphase
 Mittlere Hartholzaue       > 50 % Stieleiche;                 60–80 % Stieleiche;              60–80 % Stieleiche;
                            < 50 % sonstige Laubbäume:         20–40% sonstige Laubbäume:       20–40 % sonstige Laubbäume:
                            Schwarz-/Wal-/Hybridnuss;          Flatterulme; Wildbirne; Baum-    Wildapfel/-birne; Schwarz-/Silber-/
                            Baumhasel;                         hasel; Schwarz-/Grau-/Silber-    Graupappel; Traubenkirsche;
                            Flatterulme; Balsam-/Hybrid-       pappel; Schwarznuss;             Flatter-/Feldulme; Feld-/Spitz-/
                            pappel; Berg-/Spitzahorn;          Wal-/Hybridnuss; Wildapfel;      Bergahorn; Esche
                            Platane; Wildbirne                 Traubenkirsche; Berg-/Spitz-
                                                               ahorn; Balsampappel; Feldulme;
                                                               Esche
 Hohe Hartholzaue           > 50 % Stieleiche;                 60–80 % Stieleiche;              60–80 % Stieleiche;
                            < 50 % sonstige Laubbäume:         20–40 % sonstige Laubbäume:      20–40 % sonstige Laubbäume:
                            Schwarz-/Wal-/Hybridnuss;          Wildbirne; Flatterulme; Baum-    Wildapfel/-birne; Schwarz-/Silber-/
                            Baumhasel, Bergahorn, Platane,     hasel; Bergahorn                 Graupappel; Traubenkirsche;
                            Flatterulme, Balsam-/Hybrid-       Schwarz-/Grau-/Silberpappel;     Feldahorn; Flatterulme;
                            pappel; Wildbirne, Robinie         Wildapfel; Schwarz-/Hybrid-/     Aspe, Feldulme; Esche; Vogel-
                                                               Walnuss; Spitzahorn;             kirsche; Spitz-/Bergahorn; Sand-
                                                               Vogelkirsche; Platane            birke; Hainbuche; Winterlinde

16
Zielsetzung Betrieb             gewinnorientiert                          ausgewogen                     naturschutzorientiert
Anmerkung                Als FFH-LRT: Anteil nicht lebens-      Als FFH-LRT: Anteil nicht lebens-   Als FFH-LRT: Anteil nicht lebens-
                         raumtypischer Mischbaumarten           raumtypischer Mischbaumarten        raumtypischer Mischbaumarten
                         max. 30 %.                             max. 30 %.                          max. 30 %.
Struktur                 Ein- bis zweischichtig. Schaftpflege   Zwei- bis mehrschichtig:            Ein-bis mehrschichtig: keine geziel-
in der Hauptnutzungs-    durch zweite Schicht aufgrund          Unter- und Zwischenstand durch      te Schaftpflege. Angestrebte hohe
phase                    Astung nicht zwingend notwendig,       schattenertragende Baumarten        Strukturierung durch Belassen von
                         durch Sukzessionsbaumarten             zur Beschattung der Eichen-         Gehölzen ohne Konkurrenzeinwir-
                         eventuell temporär vorhanden.          stämme und des Waldbodens           kung auf die Eiche.
                                                                sowie Belassen aufkommender
                                                                Sträucher.
Waldbauliche Maßnahmen
Begründung               Große Pflanzsortimente; maschi-        Pflanzung mittlerer bis großer      Pflanzung großer Pflanzsorti-
                         nelle Unterstützung bei Flächen-       Pflanzsortimente; maschinelle       mente; händische Pflanzverfahren
                         vorbereitung oder Pflanzung.           oder händische Pflanzverfahren.     Übernahme von entwicklungsfä-
                                                                                                    higer Eichennaturverjüngung falls
                                                                                                    vorhanden.
Astung                   Astung bis maximal 6 m Schaft-         Natürliche Astreinigung.            Natürliche Astreinigung.
                         höhe.
Durchforstung            Konsequenter Kronenausbau zur          Zu Beginn extensive Entnahme        Ziel sind starke überlebensfähige
                         Förderung des Dickenwachstums          qualitativ schlecht veranlagter     Eichen. Daher bei Eichen Vitalität
                         („Dimensionierung“) ab dem             Eichen, zum Schluss Z-Baum-         vor Qualität bei notwendigen
                         Jugendstadium, danach Z-Baum-          orientierte Hochdurchforstung.      Durchforstungen.
                         orientierte Hochdurchforstung.
                         Lenkung des Zuwachses auf vitale,      Lenkung des Zuwachses auf           Extensive Eingriffe zum Erhalt
                         qualitativ hochwertige Eichen.         vitale, qualitativ hochwertige      vitaler Eichen.
                                                                Eichen.
Zieldurchmesser          60–80 cm                               ≥ 70 cm                             Keine Vorgabe von Zieldurch-
                                                                                                    messern. Ökologische Aspekte
                                                                                                    bestimmen Hiebszeitpunkt.
Nutzung                  Klein- bis großflächige Nutzung im     Räumlich geordnete Löcherhiebe      Einzelbaum- bis gruppenweise Nut-
                         Rahmen der Waldgesetzgebung            (min. 0,5 ha) oder blockweise       zung zur Etablierung kleinflächiger
                         und lokalen Verordnungen.              Räumung.                            Verjüngung der Eichen (Femelung >
                                                                                                    0,3 ha; max. Kleinkahlschlag).
Spezielle Naturschutz-   • Belassen geschützter Einzelbäu-      • Belassen geschützter Einzel-      • Förderung und Belassen ge-
maßnahmen                  me nach BNatSchG.                      bäume nach BNatSchG.                schützter und nicht geschützter
                         • Weitere Maßnahmen nur im             • Auswahl und Belassen von Ha-        Einzelbäume.
                           Rahmen lokaler Verordnungen.           bitatbaumgruppen: 1 HBG mit       • Auswahl und Belassen von
                                                                  ca. 15 Bäumen auf 3 ha Fläche.      Habitatbaumgruppen: 1 HBG mit
                                                                • Erhaltung seltener, konkur-         ca. 15 Bäumen auf 1 ha Fläche.
                                                                  renzschwacher Mischbaum-          • Erhaltung seltener, konkurrenz-
                                                                  arten (Ulme, Schwarz-Pappel,        schwacher Mischbaumarten
                                                                  Wildobst).                          (Ulme, Schwarz-Pappel, Wild-
                                                                • Förderung von Pionierbaum-          obst).
                                                                  arten durch phasenweise           • Förderung von Pionierbaumarten
                                                                  Beteiligung in der Aufwuchs-        durch phasenweise Beteiligung in
                                                                  phase.                              der Aufwuchsphase.
                                                                                                    • Nutzung von Eichen bei möglichst
                                                                                                      hohem Erntealter.

                                                                                                                                         17
2.5.2 Waldentwicklungstyp Buntlaubbaum-Mischwald

 Zielsetzung Betrieb               gewinnorientiert                         ausgewogen                      naturschutzorientiert
 Entwicklungsziel           In der Artenzusammensetzung            In der Artenzusammensetzung         In der Artenzusammensetzung
                            kulturbestimmter bis kulturbeton-      überwiegend naturnaher, pha-        und Struktur naturnaher bis sehr
                            ter Buntlaubbaum-Mischwald mit         senweise strukturreicher Misch-     naturnaher Mischwald mit hohen
                            geraden starken Stämmen und            wald mit bedeutenden Anteilen       Anteilen standortsheimischer Edel-
                            großen Kronen zur Produktion von       an Laubbäumen, die wertvolles       laubholzarten.
                            wertvollem Schneideholz verschie-      Stammholz erzeugen.
                            dener Laubbaumarten.
 Baumartenanteile in der Hauptnutzungsphase
 Mittlere Hartholzaue       50–70 % Schwarz-/Wal-/Hybrid-          50–70 % Flatterulme, Wild-          40–70 % Feld-Ahorn; Flatterulme;
                            nuss; Baumhasel 30–50 %                birne, Baumhasel, Stieleiche        Stieleiche (Eichenanteil max. 25 %)
                            sonstige Laubbäume: Stieleiche,        (Eichenanteil max. 25 %)            30–60 % sonstige Laubbäume:
                            Flatterulme; Balsam-/Hybridpap-        30–50 % sonstige Laubbäume:         Wildapfel/-birne; Esche; Berg-/
                            pel; Berg-/Spitzahorn; Platane;        Schwarznuss, Walnuss, Wild-         Spitz-Ahorn; Tolerieren von Feldul-
                            Wildbirne                              apfel, Traubenkirsche, Berg-/       me; Traubenkirsche, Sukzessions-
                                                                   Spitzahorn, Hybridnuss, Feld-       relikte: Schwarz-/Silber-/Graupap-
                                                                   ulme, Esche                         pel; Silberweide; Sandbirke; Aspe
 Hohe Hartholzaue           50–70 % Schwarz-/Wal-/Hybrid-          50–70 % Flatterulme, Wildbir-       40–70 % Feld-Ahorn; Flatterulme;
                            nuss; Baumhasel 30–50 %                ne, Baumhasel, Stieleiche           Stieleiche (Eichenanteil max. 25 %)
                            sonstige Laubbäume: Bergahorn,         (Eichenanteil max. 25 %)            30–60 % sonstige Laubbäume:
                            Flatterulme, Platane, Spitzahorn,      30–50 % sonstige Laubbäume:         Wildapfel/-birne; Esche; Berg-/
                            Robinie, Balsam-/Hybridpappel;         Bergahorn, Wildapfel, Schwarz-/     Spitz-Ahorn; Vogelkirsche; Hainbu-
                            Wildbirne, Götterbaum, Hybrid-         Wal-/Hybridnuss, Trauben-           che; Winterlinde. Traubenkirsche,
                            pappel, Schwarzpappel                  kirsche, Spitzahorn, Platane,       Feldulme, Sukzessionsrelikte:
                                                                   Esche, Feldulme                     Schwarz-/Silber-/Graupappel;
                                                                                                       Sandbirke; Aspe; Salweide
 Anmerkung                  Als FFH-LRT: Anteil nicht lebens-      Als FFH-LRT: Anteil nicht lebens-   Als FFH-LRT: Anteil nicht lebens-
                            raumtypischer Mischbaumarten           raumtypischer Mischbaumarten        raumtypischer Mischbaumarten
                            max. 30 %.                             max. 30 %.                          max. 30 %.
 Struktur                   Ein- bis zweischichtig. Schaftpflege   Obere Baumschicht durch Wert-       Stufiger Bestandesaufbau durch
 in der Hauptnutzungs-      durch zweite Schicht aufgrund          holzträger, darunter dienende       kleinflächige Ungleichaltrigkeit
 phase                      Astung nicht zwingend notwendig,       Baumarten. Gruppenweise Un-         und unterständigen Bäumen und
                            durch aufkommende Sukzessions-         gleichaltrigkeit und Vorhanden-     Sträuchern.
                            baumarten eventuell temporär           sein lichter Teilflächen.
                            vorhanden.
 Waldbauliche Maßnahmen
 Begründung                 Pflanzung mittlerer bis großer         Pflanzung mittlerer bis großer      Übernahme der Naturverjüngung
                            Pflanzsortimente. Übernahme            Pflanzsortimente. Übernahme         mit einzelnen Ergänzungspflan-
                            geeigneter Naturverjüngung             geeigneter Naturverjüngung          zungen (Wildobst). Pflanzung von
                            (z. B. Nuss, Ahorn, evtl. Platane);    (z. B. Ahorn, Esche, Nuss).         Buntlaubhölzern nur bei fehlender
                            bei Nuss auch Saat; bei Bedarf                                             oder geringer Vorausverjüngung.
                            maschinelle Unterstützung bei Flä-                                         Gruppenweise Einbringung von
                            chenvorbereitung oder Pflanzung.                                           Eichenheistern bei größeren Auf-
                                                                                                       lichtungen.
 Astung                     Astung mit mindestens 6 m              Astung oder natürliche              Natürliche Astreinigung.
                            geastetem Schaft.                      Astreinigung.
 Durchforstung              Einphasiges Pflegekonzept mit          Ein- oder zweiphasiges Pflege-      Extensive Eingriffe zur Förderung
                            konsequentem Kronenausbau zur          konzept: einphasige Pflege bei      einzelner Eichen und seltener
                            Förderung des Dickenwachstums          Baumarten mit unzureichender        Mischbaumarten, gezielte Entnah-
                            („Dimensionierung“) ab dem             natürlicher Astreinigung („Tot-     me von Neophyten (Acer negundo,
                            Jugendstadium danach Z-Baum-           asterhalter“) und bei Baum-         ggf. Fraxinus pennsylvanica).
                            orientierte Hochdurchforstung.         arten mit rasch nachlassendem       Keine Lenkung des Zuwachses auf
                                                                   Höhenwachstum.                      Z-Bäume.

18
Zielsetzung Betrieb             gewinnorientiert                      ausgewogen                     naturschutzorientiert
Zieldurchmesser          60–80 cm                             Ab 50 cm je nach Baumart.          Keine Vorgabe von Zieldurch-
                                                                                                 messern. Ökologische Aspekte
                                                                                                 bestimmen Hiebszeitpunkt.
Nutzung                  Klein- bis großflächige Nutzung im   Zieldurchmesserernte mit flie-     Einzelbaum- oder gruppenweise
                         Rahmen der Waldgesetzgebung          ßendem Übergang zum räumlich       Nutzung.
                         und lokalen Verordnungen.            geordneten Femelschlag.
Spezielle Naturschutz-   • Belassen geschützter Einzelbäu-    • Belassen geschützter Einzel-     • Förderung und Belassen ge-
maßnahmen                  me nach BNatSchG.                    bäume nach BNatSchG.               schützter und nicht geschützter
                         • Weitere Maßnahmen nur im           • Auswahl und Belassen von Ha-       Einzelbäume.
                           Rahmen lokaler Verordnungen.         bitatbaumgruppen: 1 HBG mit      • Auswahl und Belassen von
                                                                ca. 15 Bäumen auf 3 ha Fläche.     Habitatbaumgruppen: 1 HBG mit
                                                              • Erhaltung seltener, konkur-        ca. 15 Bäumen auf 1 ha Fläche.
                                                                renzschwacher Mischbaum-         • Erhaltung seltener, konkurrenz-
                                                                arten.                             schwacher Mischbaumarten.
                                                              • Förderung von Pionierbaum-       • Förderung von Pionierbaumarten
                                                                arten durch phasenweise            durch phasenweise Beteiligung in
                                                                Beteiligung in der Aufwuchs-       der Aufwuchsphase.
                                                                phase.                           • Nutzung von Buntlauwbhölzern
                                                                                                   bei möglichst hohem Erntealter.
                                                                                                 • Belassen von Eschen zur Selek-
                                                                                                   tion resistenter Ökotypen.

                                                                                                                                 19
3 BEST PRACTICE – BEISPIELE AUS DER PRAXIS
Nachfolgend wird eine Sammlung von sogenannten „best          vorne) wurde für die beteiligten Baumarten eine behelfs-
practice“-Beispielen für einen erfolgreichen Anbau vor-       mäßige Wertung bezüglich einer ökonomischen und öko-
gestellt. Ein erfolgreicher Anbau liegt vor, wenn die Ziel-   logischen Ausrichtung vorgenommen, die dann mit der
vorstellung des Forstbetriebs für einen Bestand optimal       jeweiligen Zielsetzung verglichen werden kann. Dabei ist
erreicht werden kann. Schwerpunkte können zum Bei-            zu berücksichtigen, dass sich die Baumartenzusammen-
spiel auf der Erfüllung der Naturschutzfunktion, der Holz-    setzung während der Bestandesentwicklung bei einigen
produktion oder beiden Funktionen liegen. Aufgeführt          Best-Practice-Beispielen ändert. Hier wurde der Zeitraum
sind Bestandesbegründungen aus der Praxis, die sich           bis zur Durchforstungsphase als auch bis zur Hiebsreife
bereits als erfolgreich erwiesen hatten oder von denen        der eigentlichen Zielbaumarten in die Bewertung mitein-
man nach dem bisherigen Wachstumsverlauf davon aus-           bezogen. Andere ökologische und ökonomische Aspekte
geht, dass sie sich erfolgreich entwickeln lassen. Alle       außer der Baumartenzusammensetzung, wie z. B. Vortei-
Beispielsbestände wurden im Rahmen des Projektes auf-         le durch Bestandesstrukturierung oder Risikoverteilung
gesucht und in Zusammenarbeit mit den Betriebsleitern         durch Baumartenmischung, wurden bei der Bewertung
in Kurzform beschrieben. Aus der Nutzwertanalyse (siehe       nicht berücksichtigt.

                                                                                                                   © I. Becker

20
3.1     Stieleichenbestand

 Groß-Gerau – Kühkopf-Knoblochsaue am Rhein
 Zielsetzung                                        Erhalt und Verbesserung der Habitatkontinuität und -qualität durch Umbau naturferner
                                                    Bestände in eichendominierte Bestände.
 Zielbestand                                        Bestand aus stark dimensionierten Alteichen.
 Baumartenzusammensetzung                           100 % Stieleiche
 Eigenheiten                                        Weitständige Pflanzung in Baumkronen gefällter Pappeln; Verzicht auf Verbissschutz.
                                                    Verbleibender Deckungsgrad Vorgängerbestand max. 30 %.
 Erfahrungszeitraum                                 Junges Baumholz.
 Ansprechpartner                                    Hessen Forst
                                                    Forstamt Groß-Gerau
                                                    Robert-Koch-Str. 3
                                                    64521 Groß-Gerau
                                                    Tel.: 06152/9249-0
                                                    ForstamtGrossGerau@Forst.Hessen.de
 Baumartenbewertung
                                                                          © R. Unseld

                                                                                                                                          © R. Unseld

Abb. 7: Weitständig gepflanzte Eichen neben lichtem Hybridpappelschirm.

                                                                                                                                          21
3.2     Mischbestand aus Schwarznuss, Platane und Spitzahorn

 Grafenegg – St. Pölten/A an der Donau
 Zielsetzung                                       Produktion von geastetem Wertholz verschiedener Baumarten;
                                                   Risikostreuung mit mehreren Wertholzträgern.
 Zielbestand                                       Bestand aus Werthölzern mit Platane, Schwarznuss und Spitzahorn
                                                   mit Zieldurchmesser 60–70 cm.
 Baumartenzu-                Durchforstungsphase   20–60 % Sukzessionsbaumarten (u. a. Silberpappel) und 40–80 % Wertholz.
 sammensetzung
                             Endnutzung            Je ca. 30 % Platane, Schwarznuss und Spitzahorn.
                             Eigenheiten           Maschinell unterstützte Reihenpflanzung 12 x 1 m.
                                                   Kleingruppen in der Reihe mit je 5–10 Bäumen einer Art.
                                                   Zwischenfeld: Sukzessionstreifen mit hohem Silberpappelanteil.
                                                   Maschinelle Jungbestandspflege an den Wertholzreihen.
                                                   Astung der Werthölzer auf 6 m.
 Erfahrungszeitraum                                Junge Baumhölzer ca. 25 Jahre.
 Ansprechpartner                                   Forstverwaltung Grafenegg
                                                   Grafenegg 1
                                                   A-3485 Haitzendorf
                                                   Tel.: +43 (0) 2735/220533
                                                   forst@grafenegg.at
 Baumartenbewertung
                                                                     © R. Unseld

                                                                                                                             © A. Hesse

Abb. 8: Wertholzbaumreihen in der Kultur- und Baumholzphase.

22
3.3     Mischbestand aus Hybridpappeln und Stieleiche

 Rastatt und Au am Rhein
 Zielsetzung                                          Produktion von geastetem Pappelholz (Vornutzung) und geastetem Eichenwertholz;
                                                      Erhöhung des Eichenanteils.
 Zielbestand                                          Eichengeprägter Bestand mit Zieldurchmesser 70–90 cm.
 Baumartenzu-             Durchforstungsphase Eiche   20–50 % Stieleiche (sonst. Hartholz: Ulme, Ahorn, Gemeine Esche),
 sammensetzung                                        50–80 % Hybridpappel.
                          Endnutzung Eiche            100 % Stieleiche (sonst. Hartholz: Ulme, Ahorn, Gemeine Esche).
 Eigenheiten                                          Variante 1
                                                      Keine Bodenvorbereitung.
                                                      Trupp- bis Nesterpflanzung Eiche ca. 700 n/ha Großpflanzen, 1,5 x 1,5 m.
                                                      Kleinstandortsabhängige Pflanzung.

                                                      Variante 2
                                                      Bodenvorbereitung durch Mulchen.
                                                      Reihenpflanzung Eiche ca. 600 n/ha Großpflanzen.
                                                      Kleinbaggerpflanzung, je zwei Eichenreihen zwischen zwei Pappelreihen.

                                                      Beide Varianten:
                                                      Reihenpflanzung Pappel 200–220 n/ha, 6 x 6 m bis 7 x 7 m, Setzstangen oder Ruten,
                                                      Astung Pappel auf 7–8 m, Stieleiche auf 4 m, schrittweiser Auszug der Pappeln bei
                                                      Zieldurchmesser 70–80 cm über/zwischen den Eichen im Rahmen der Hochdurchfors-
                                                      tungseingriffe, Wiederanbau von Pappeln auf eichenfreien Bereichen.
 Erfahrungszeitraum                                   Ca. 30 Jahre mit erfolgter Endnutzung der Pappeln, Eichen in junger Baumholzphase.
 Ansprechpartner                                      Landratsamt Rastatt
                                                      Kapellenstraße 36
                                                      76437 Rastatt
                                                      Tel.: 07222/381-4410
                                                      amt441@landkreis-rastatt.de
 Baumartenbewertung
                                                                       © R. Unseld

                                                                                                                                       © R. Unseld

Abb. 9: Junger Eichentrupp und ältere Eichen neben Hybridpappeln.

                                                                                                                                       23
3.4     Mischbestand aus Hybridnuss und Buntlaubholz

 Genderkingen – Donauwörth an der Donau
 Zielsetzung                                        Produktion von geastetem Nusswertholz.
 Zielbestand                                        Bestand aus Hybridnuss mit Zieldurchmesser > 80 cm und
                                                    Beimischung von Linde, Hainbuche, Feldahorn und naturverjüngter Feldulme.
 Baumartenzu-                Durchforstungsphase    50–70 % Hybridnuss und 30–50 % andere genannte Baumarten.
 sammensetzung
                             Endnutzung             70 % Hybridnuss und 30 % andere genannte Baumarten.
 Eigenheiten                                        Reihenpflanzung Nuss 4 x 5 m.
                                                    Umpflanzung einer Nuss mit je 4 Schattbaumarten.
                                                    Astung Nuss auf 6–10 m.
 Erfahrungszeitraum                                 Beginn Stangenholz 12 Jahre.
 Ansprechpartner                                    TU München
                                                    Lehrstuhl für Waldwachstumskunde
                                                    Hans-Carl-v.-Carlowitz-Platz 2
                                                    85354 Freising
                                                    Tel.: 08161/71-4721
 Baumartenbewertung
                                                                      © R. Unseld

                                                                                                                                © R. Unseld

Abb. 10: Hybridnüsse über Linde, Hainbuche, Feldahorn und Ulme.

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