DGAPanalyse Nukleare Abschreckung und Verteidigungspolitik in Frankreich: Eine symbiotische Beziehung - DGAP eV

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DGAPanalyse                                                              Nr. 4 / März 2017

Nukleare Abschreckung und
Verteidigungspolitik in Frankreich:
Eine symbiotische Beziehung
Corentin Brustlein

Zusammenfassung Als eine der offiziellen Nuklearmächte hält Frankreich auch
lange nach Ende des Kalten Krieges an seinem Arsenal zur nuklearen Abschre-
ckung fest – um sich gegen größere Bedrohungen zu wappnen und um die ei-
gene Unabhängigkeit zu bewahren. Kernwaffen haben eine politisch-strategische
Bedeutung, d. h. sie werden in Friedenzeiten dazu eingesetzt, jede direkte und
bedrohliche ­Aggression eines anderen Staates zu unterbinden. Seit dem Ende
des Kalten Krieges ist das Arsenal an Kernwaffen in Frankreich aufgrund unilatera-
ler und unwiderruflicher Entscheidungen von über 500 auf heute weniger als 300
Köpfe geschrumpft. Ebenso wurden eine größere Bandbreite an Reaktionsmög-
lichkeiten und Maßnahmen geschaffen, welche die A   ­ bschreckungsstrategie ergän-
zen. Momentan sind Frankreich und Europa direkt mit einer vermutlich d  ­ auerhaften
Verschlechterung ihrer Sicherheitslage konfrontiert, weshalb sich eine Kürzung
des Verteidigungsetats derzeit schwierig gestaltet. Zugleich scheint ein größerer
Realismus hinsichtlich der Art und Ausprägungen der bestehenden Bedrohungen
wie auch des Umfangs der erforderlichen Mittel geboten, um auf diese Bedrohun-
gen angemessen reagieren zu können. Das Kommando über die Kernwaffen ist in
Frankreich direkt an das Amt des Präsidenten gebunden, der ebenfalls eine zentra-
le Rolle bei der Gestaltung und Ausübung der Außenpolitik des Landes einnimmt.
DGAPanalyse / Nr. 4 / März 2017
Inhalt

3    Nukleare Abschreckung und
     Verteidigungspolitik in Frankreich:
     Eine symbiotische Beziehung
     Corentin Brustlein

 3   Ein zentraler Aspekt der nationalen strategischen Kultur

 4   Prinzipien und Realität der Selbstgenügsamkeit nach dem Kalten
     Krieg

 4   Anpassung der Kräfte

 5   Die angepasste Doktrin

 6   Die weitere Entwicklung

 6   Gegenwärtige und künftige Bedrohungen

 8   Politik, Etat, Verteidigung – ein Ausblick

10   Anmerkungen

                                                  DGAPanalyse / Nr. 4 / März 2017
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DGAPanalyse / Nr. 4 / März 2017
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Nukleare Abschreckung und
Verteidigungspolitik in Frankreich:
Eine symbiotische Beziehung
Corentin Brustlein

Seit Frankreich 1960 Nuklearmacht wurde, verfolgt es          z­ unehmenden Risiken und Bedrohungen, denen Frank-
eine Abschreckungspolitik, die sich bis heute an den          reich ausgesetzt ist, muss gefragt werden, wie nachhaltig
folgenden gleichbleibenden Konstanten orientiert: einem       diese symbiotische Beziehung ist.
beschränkten Arsenal hochentwickelter Waffen, das
stets auf dem neuesten Stand ist, um jeden potenziellen
Gegner abzuschrecken, und dessen Kontrolle in natio-          Ein zentraler Aspekt der nationalen
naler Hand liegt. Im Gegensatz zum – offiziellen oder         strategischen Kultur
inoffiziellen – Diskurs anderer Nuklearmächte, insbeson-      An Frankreichs Entscheidung, Kernwaffen anzuschaffen
dere der näheren Verbündeten, haben sich die politischen      und diese auch nach dem Ende des Kalten Krieges zu
Entscheidungsträger in Frankreich dabei immer wieder          behalten, lassen sich verschiedene Besonderheiten der
offen skeptisch gezeigt, was die vollständige Abschaffung     strategischen Kultur des Landes festmachen. Infolge einer
von Kernwaffen betrifft. Insofern hat das Land mit seiner     Reihe historischer Erfahrungen stehen zwei Aspekte im
Strategie der nuklearen Abschreckung wie auch mit sei-        Zentrum der französischen Bestrebungen: zum einen,
ner gesamten Atompolitik und seiner Außen- wie Vertei-        sich gegen größere Bedrohungen zu wappnen, zum ande-
digungspolitik oftmals eine Ausnahme dargestellt.1            ren, sich seine eigene Unabhängigkeit zu bewahren.
   In dieser Untersuchung werden die Grundlagen der              Der Deutsch-Französische Krieg 1870-71 und die beiden
französischen Abschreckungspolitik dargelegt und deren        Weltkriege prägten die politischen und militärischen
Einbindung in die Verteidigungspolitik des Landes analy-      Eliten durch die Unzahl an Opfern, die Demütigungen
siert. Diese beiden Elemente stehen in einer symbiotischen    und den durch Niederlagen und Invasionen fortschrei-
Beziehung, deren Ursprung in einer nationalen strategi-       tenden Verlust an Freiheit (nach dem Zweiten Weltkrieg)
schen Kultur liegt, die sich insbesondere aus den Erfahrun-   nachhaltig, zuallererst Charles de Gaulle, der 1958 erster
gen der beiden Weltkriege, des Scheiterns der IV. Republik    Präsident der Fünften Republik wurde. Die Niederlage im
und des Beginns des Kalten Krieges heraus entwickelt          Indochinakrieg 1954 und der Zerfall des französischen
hat. Diese Beziehung ist geprägt durch die wechselseitige     Kolonialreichs und die Art und Weise, wie sich das Verei-
Abhängigkeit zwischen der Verteidigungsstrategie und der      nigte Königreich, Frankreich und Israel 1956 nach dem di-
nuklearen Abschreckung in den Bereichen Politik, Kultur,      plomatischen Druck der USA und Russlands aus der Suez-
Militär und Industrie. Die Notwendigkeit der Landes-          krise verabschiedeten, schürten in Frankreich das Verlan-
verteidigung legitimiert die Abschreckung, die durch          gen nach nationaler Autonomie und Stärke. Obwohl das
konventionelle Mittel ergänzt wird. Und umgekehrt kann        Land in beiden Weltkriegen von seinen Alliierten unter-
Frankreich dank seines Abschreckungspotenzials sein           stützt wurde, blieb der bittere Nachgeschmack, die ­Hilfe
gesamtes Konfliktspektrum abdecken und stärkt zugleich        sei zu zaghaft gewesen (Vereinigtes Königreich) oder zu
seine militärischen und industriellen Kapazitäten. Wenn-      spät gekommen (USA). Vor allem aber wurde durch die
gleich Frankreichs Abschreckungspolitik verschiedene          Gefahr der vollständigen Vernichtung des Landes durch
größere Umwälzungen erlebt hat, zuletzt nach dem Ende         Kernwaffen nach 1945 die Skepsis gegenüber dem Wert
des Kalten Krieges, ist sie doch den Grundprinzipien der      von Allianzen als Mittel zur Wahrung der eigenen Sicher-
Selbstgenügsamkeit und Autonomie treu geblieben und           heit weiter angestachelt: Die Sicherheitsgarantien, die die
trägt heute in der französischen Außenpolitik gewiss am       Alliierten angesichts einer Angriffsgefahr geben konnten,
deutlichsten ­gaullistische Züge. Angesichts der ­rapiden     hatten durch die enorm gestiegenen Risiken im Atomzeit-
Verschlechterung des strategischen Umfelds und der            alter extrem an Glaubwürdigkeit verloren.

                                                                                            DGAPanalyse / Nr. 4 / März 2017
4 Nukleare Abschreckung und Verteidigungspolitik in Frankreich

    So eröffnete das französische Atomprogramm, das              entscheidet. Dies führte 1962 zu einer Verfassungsreform,
direkt nach dem Zweiten Weltkrieg aufgelegt wurde, ab            wonach der Präsident in einer allgemeinen direkten Wahl
Mitte der 1950er-Jahre eine militärische Dimension, die          gewählt wird. Diese Sonderstellung des Präsidenten hat
bis dahin nur im Stillen gewirkt hatte.2 Als die Entschei-       bis heute Gültigkeit und sich zudem im Laufe von fünfzig
dung erst einmal gefällt war, ging es mit der Umsetzung          Jahren praktizierter Abschreckung noch ausgeweitet. Die
sehr schnell: Den ersten Atomwaffentest unternahm                verschiedenen Präsidenten haben sich jeweils eine be-
Frankreich am 13. Februar 1960 in der algerischen Sahara,        stimmte öffentliche Haltung angeeignet, die sich an ihrer
die Indienstnahme der Mirage IV der französischen                Funktion orientiert. Durch die Notwendigkeit, sich an
strategischen Fliegerkräfte (FAS) folgte vier Jahre später       Friedens- wie an Krisenzeiten anzupassen, ist die Inter-
im Oktober 1964. Auf dieser Grundlage begann sich                pretation der Lage des jeweiligen Staatspräsidenten von
Frankreich mit einem Arsenal verschiedenster Kernwaf-            zentraler Bedeutung, und zwar zum Grad der Bedrohung,
fen auszustatten, das, obwohl es am Ende des Kalten              zur Dimensionierung der nuklearen Vergeltungsmittel
Krieges auf über 500 Nuklearsprengköpfe angewachsen              und zur Vertretung der höchsten Interessen des Landes,
war, einer Logik der „Selbstgenügsamkeit“ („stricte              die den Griff zur Kernwaffe erforderlich machen würde.4
suffisance“) folgt: Für Frankreich als Mittelstaat ging es
nicht darum, in der Waffenstärke dasselbe Niveau wie
alle seine potenziellen Gegner zu erreichen, damals              Prinzipien und Realität der
insbesondere die UdSSR. Im Gegenteil sollte ein Arsenal          Selbstgenügsamkeit nach dem Kalten Krieg
aufgebaut werden, das durch seinen Umfang und seine
technische Ausstattung und Einsatzmöglichkeiten sogar            Anpassung der Kräfte
eine Supermacht von dem Versuch abhielte, Frankreichs             Mit dem Prinzip der Selbstgenügsamkeit („stricte
vitale Interessen anzugreifen. Infolgedessen wurde die            ­suffisance“) unterschied sich die französische von der
Kernwaffe zum zentralen Element der französischen Ver-            Haltung der beiden Großmächte. Beide waren in einen
teidigungspolitik der 1960er-Jahre, da sie als ein glaub-         qualitativen und quantitativen Wettbewerb getreten, der
würdiges Mittel zum Schutz gegen größere Bedrohungen               sowohl die Waffen als auch die Mittel der Durchsetzung
von außen erschien, das Ungleichgewicht im Bereich der            betraf – ballistische Raketen und Marschflugkörper, stra-
konventionellen Waffen kompensierte und mithin auch               tegische Bomber, Atom-U-Boote mit Interkontinentalra-
die nationale Unabhängigkeit stärkte. Frankreich leitete          keten, verschiedenste Systeme für taktische Atomschläge
damit eine „nukleare Revolution“3 ein, die dem Land               etc. Dagegen nimmt das Prinzip der Selbstgenügsamkeit
politische Unabhängigkeit, diplomatische Stärke und die           nicht das Arsenal des Gegners zur Grundlage, sondern
Fähigkeit verschaffte, sein eigenes Territorium zu sichern,       ein anderes entscheidendes Kriterium: die Einschät-
was während der letzten Kriege mithilfe traditioneller            zung, welcher Schaden für einen beliebigen potenziellen
Waffen nicht gelungen war.                                        Gegner nicht mehr akzeptabel wäre. Zu diesem zentralen
    Kernwaffen sind in Frankreich seit jeher an das Amt           Kriterium kommen noch andere Faktoren hinzu, um als
des Präsidenten gebunden, der wiederum eine zentrale              Abschreckungsmacht in technischer und operationeller
Rolle bei der Gestaltung und Ausübung der Außenpoli-              Hinsicht glaubwürdig zu sein, das heißt die Fähigkeit,
tik des Landes einnimmt. Diese Verbindung geht auf die            Vergeltungsmaßnahmen mit dem minimal erwünschten
Person de Gaulles zurück, der die Ansicht vertrat, die            Zerstörungsgrad unabhängig von den Umständen (gegne-
Außen- und Verteidigungspolitik gehöre zwingend in                rischer Überraschungsangriff) und den Kapazitäten des
das „Hoheitsgebiet“ des Präsidenten. Diese in der Verfas-         betreffenden Staates (Raketenabwehrsysteme, geschütz-
sung der V. Republik von 1958 festgehaltene Erklärung             te Ziele etc.) tatsächlich durchführen zu können. Auf-
wurde durch Frankreichs Anschaffung von Kernwaffen                grund dieser Definition des eigenen Bedarfs entwickelte
untermauert. Fortan setzte die Regierung alles daran, die          sich also im Kalten Krieg eine Verteidigungsstrategie, die
Abschreckung politisch wie organisatorisch glaubwürdig            auf einer strategischen Triade beruht (Bomber des Typs
erscheinen zu lassen. Ein entscheidender Punkt dabei              Mirage IV, Atom-U-Boote mit ballistischen Interkontinen-
ist, dass der Präsident allein entscheiden darf, ob eine          talraketen der Klasse Le Redoutable, ballistische Boden-
Kernwaffe gezündet wird, sodass schnell gehandelt wer-            Boden-Raketen), ergänzt durch eine taktische (oder
den kann. Die politische Glaubwürdigkeit basiert auf der         „prästrategische“) Einheit mit Land- und Luftraketen, die
Legitimität des Entscheidungsträgers, der im Falle einer          im Falle einer Invasion in Europa und einer bevorstehen-
Nuklearkrise über das Schicksal der gesamten Nation               den Bedrohung der vitalen Interessen Frankreichs einen

DGAPanalyse / Nr. 4 / März 2017
Nukleare Abschreckung und Verteidigungspolitik in Frankreich 5

taktischen Atomschlag als sogenanntes „ultime avertis-        Generation französischer Kernwaffen gewährleisten soll,
sement“ (dt. „letzte Warnung“) vorsieht – als allerletztes    ohne dazu Atomtests durchführen zu müssen.
Warnsignal an den Gegner, ehe strategische Vergeltungs-
maßnahmen angewandt würden.                                   Die angepasste Doktrin
   Nach dem Ende des Kalten Krieges fällte Frankreich         Nach dem Ende des Kalten Krieges blieb der Kern des
mehrere bedeutende Entscheidungen, die eine Beschrän-         französischen Abschreckungsprogramms auch aus
kung des Abschreckungsmodells zum Ziel hatten, das aber       doktrinärer Sicht erhalten, wurde aber in bestimmten
zugleich aufrechterhalten werden sollte. Die einschnei-       Punkten überarbeitet. Kernwaffen sind weiterhin ein
dendsten Änderungen ordnete Jacques Chirac Mitte der          Mittel, das nur unter Ausnahmebedingungen eingesetzt
1990er-Jahre an. Nach einer letzten Reihe von Atomtests       werden sollte, wenn die vitalen Interessen des Landes
1995-1996 schloss er das Testpolygon in Französisch-Poly-     bedroht wären und damit eine Situation legitimer Selbst-
nesien, das späterhin abgerissen wurde, und unterzeichne-     verteidigung einträte. Sie haben keine taktische, sondern
te und ratifizierte den Kernwaffenteststopp-Vertrag. Auch     politisch-strategische Bedeutung: Ihre Verwendung soll
die Produktionsstätten für Spaltprodukte in Marcoule und      nicht dazu dienen, auf einem bestimmten Operationsfeld
Pierrelatte wurden geschlossen und abgerissen. Die 18 auf     einen Vorteil gegenüber dem Feind zu erlangen. Vielmehr
dem Plateau d’Albion eingerichteten Raketensilos wurden       werden sie in Friedenszeiten dazu eingesetzt, jede direkte
mitsamt Atomraketen und Nuklearköpfen zerstört. Die           und bedrohliche Aggression eines anderen Staates zu
Anzahl der Atom-U-Boote mit ballistischen Raketen der         unterbinden. Im Gegensatz zur Strategie der ­nuklearen
Force océanique stratégique (FOST) wurde von sechs auf        Nötigung ist das einzige Ziel der Abschreckung die
vier verringert, die Anzahl der Bombereinheiten der FAS       Wahrung des Status quo. Dazu stützt sie sich auf einen
von fünf auf drei und Ende der 2000er-Jahre auf zwei.         glaubwürdigen Apparat, der jederzeit einsatzbereit ist,
Die gesamte taktische Einheit wurde aufgelöst, sodass         sowie auf einen öffentlichen Diskurs, der in offiziellen Do-
die Mission des „ultime avertissement“ seither in Händen      kumenten (vor allem den Weißbüchern zur Verteidigung
der FAS-Einheiten liegt.5 In wenigen Jahren schrumpfte        von 1994, 2008 und 2013) und den Reden des Präsidenten
damit das Arsenal an Kernwaffen in Frankreich aufgrund        zum Ausdruck kommt. Dies könnte in Krisenzeiten durch
unilateraler und unwiderruflicher Entscheidungen von          explizitere Warnungen gegenüber jedem Feind ergänzt
über 500 auf heute weniger als 300 Köpfe.                     werden, der sich anschickt, den entscheidenden Schritt
   Die Einschnitte im Arsenal, in der Konzeption und          zu weit zu gehen. Das sogenannte „ultime avertissement“
der Produktion der Waffen spiegeln den Dualismus des          ist und bleibt – abgesehen von Vergeltungsschlägen – die
Prinzips der Selbstgenügsamkeit: Eine Dimensionierung         einzige Maßnahme, bei der die französischen Entschei-
auf dem niedrigsten denkbaren Niveau, immer voraus-           dungsträger die Verwendung einer Kernwaffe erlauben.
gesetzt, dass dadurch nicht die Glaubwürdigkeit der Ab-       Diese darf einzig eingesetzt werden, um einen Gegner zur
schreckung und damit die nationale Sicherheit gefährdet       Räson zu bringen, der die Glaubwürdigkeit der Warnung
wird. Von daher können diese Einschnitte nur vollzogen        infrage stellt, und soll mithin Frankreichs Entschlossen-
werden, indem zugleich die Glaubwürdigkeit der fran-          heit demonstrieren, sich zu verteidigen.
zösischen Schlagkraft durch andere Initiativen gesichert          Das Ende des Kalten Krieges bot für Frankreich die
wird. Schon die höhere Leistungsfähigkeit der heutigen        Gelegenheit, seine Verteidigungspolitik unter Verwen-
Generation der Verteidigungssysteme im Vergleich              dung nuklearer und konventioneller Waffen neu auszu-
zur Ausstattung im Kalten Krieg (u. a. Reichweite und         tarieren. Während des Kalten Krieges sollten sich beide
Geschwindigkeit der Marschflugkörper der FAS, Reich-          Waffenarten gegenseitig ergänzen: Das als Streitkorps
weite der ballistischen Raketen der FOST und Anzahl der       organisierte Gros der konventionellen Streitkräfte sollte
Nuklearköpfe und Penetrationshilfen) – trotz der Redu-        innerhalb des Bündnisses zur Verteidigung Westeuropas
zierung des Arsenals und der gestiegenen Verteidigungs-       beitragen und einen etwaigen Vormarsch des Warschauer
kapazitäten potenzieller Gegner (bessere Luftverteidi-        Pakts verhindern oder zumindest bremsen. Tatsächlich
gung und immer effizientere Raketenabwehr) – sichert          war das Streitkorps Sinnbild für die Entschlossenheit
einen ausreichenden Grad an Glaubwürdigkeit.6 So hat          Frankreichs, sich gegen jegliche Angriffe zur Wehr zu
insbesondere das Kommissariat für Atomenergie (CEA)           setzen, und eines der Mittel, um die Sowjetunion daran
sogenannte „robuste“ thermonukleare Ladungen ent-             zu hindern, die Abschreckung gewissermaßen buchstäb-
wickelt7 und ein großangelegtes Simulationsprogramm           lich „zu unterlaufen“. Bei einer Abschaffung der Panzer-
initiiert, das die Zuverlässigkeit und Sicherheit der neuen   truppen und der mechanisierten Streitkräfte wäre das

                                                                                                DGAPanalyse / Nr. 4 / März 2017
6 Nukleare Abschreckung und Verteidigungspolitik in Frankreich

französische ­Hoheitsgebiet dem Vormarsch feindlicher             Sarkozy und verfolgt auch François Hollande. Hollande
Truppen schutzlos ausgeliefert gewesen, wodurch wie-              erklärte dazu: „Das Mittel der Abschreckung gestattet
derum nukleare Vergeltungsschläge an Glaubwürdigkeit              uns, jederzeit unsere Handlungs- und Entscheidungsfrei-
gewonnen hätten. Mit Beginn der 1990er-Jahre und dem              heit zu bewahren, denn sie gestattet mir, jede drohende
Golfkrieg legte die französische Verteidigungspolitik den         Erpressung durch einen anderen Staat abzuwehren, die
Fokus verstärkt auf Missionen im Bereich der Machtpro-            beabsichtigte, unser Land zu paralysieren“.10 Parallel zum
jektion, um auf die Gefahr einer Destabilisierung von             Aufkommen neuer potenzieller Gegner auf staatlicher
Zonen strategischen Interesses durch regionale Mächte             Ebene und den Möglichkeiten, die sich durch bessere
reagieren zu können. Die Zunahme der Kapazitäten für              Ausrüstung ergeben (insbesondere dank der höheren
Auslandseinsätze, die sich im Weißbuch zur Verteidigung           Präzision der Kernwaffenträger und der besseren Informa-
von 1994, den Reformen 1996 bis 1997 und der Loi de Pro-          tion durch die Geheimdienste), bildete sich in Frankreich
grammation Militaire, einem Gesetz zur langfristigen              eine neue Politik heraus, welche Ziele im Falle eines Falles
Planung der Militärausgaben, zwischen 1997 und 2002               anzugreifen seien. Nachdem traditionell eine sogenannte
nachverfolgen lässt, hat dementsprechend einen Rück-             „anti-cité“-Strategie verfolgt worden ist, bei der die großen
gang des Abschreckungspotenzials in der französischen             Ballungszentren des Gegners anvisiert wurden, um die
Verteidigungsstrategie zur Folge.8 Diese neue Gewich-             Bevölkerung mit größtmöglicher Wirkung zu dezimieren,
tung, die wieder mehr auf konventionelle Verteidigung             hat Frankreich zum Jahrtausendwechsel seine Strategie
setzt, resultierte aus einer Neubewertung der politischen         geändert, um nunmehr „die politischen, wirtschaftlichen
und militärischen Entscheidungsträger in Frankreich.              und militärischen Machtzentren“11 des Gegners zu treffen.
Danach verlangten die derzeitigen und vorhersehbaren              Hinsichtlich der deklaratorischen Politik schließlich
Bedrohungen nach einer größeren Bandbreite an Reak-               bewahrt Frankreich in weiten Zügen seine historische
tionsmöglichkeiten und insbesondere nach Maßnahmen,               Haltung zur nuklearen Abschreckung, auch „du faible au
um die Abschreckungsstrategie zu ergänzen. Was bis dato           fort“ genannt („von schwach zu stark“). Die Politik des
zentrales Element der Landesverteidigung gewesen war,             Verzichts auf den Erstschlag (no first use) stand von An-
sollte nun durch eine Handlungsstrategie komplemen-               fang an dem Prinzip der französischen Abschreckungspo-
tiert werden, die sich auf den Einsatz professionalisierter       litik diametral entgegen, die diesen ja gerade als Reaktion
und modernisierter klassischer Streitkräfte stützt. Wo            auf die Androhung einer konventionellen Invasion vorsah.
keine unmittelbare, existenzgefährdende Bedrohung                 Insofern wird diese Verpflichtung von den französischen
seiner vitalen Interessen vorliegt, kann Frankreich damit         Entscheidungsträgern allgemein als Minderung der eige-
besser außerhalb seiner eigenen Landesgrenzen agieren,            nen Glaubwürdigkeit angesehen: Kein politischer Ent-
sei es, um seine Pflichten als permanentes Mitglied des           scheidungsträger sähe sich tatsächlich durch eine solche
UN-Sicherheitsrats zu erfüllen, sei es, um seine eigenen          unilaterale Verpflichtung gebunden, sollten die vitalen
nationalen Interessen im Ausland zu vertreten.                    Interessen des Landes durch einen Feind bedroht sein. Der
   Diese Umwälzung in der französischen Verteidigungs-            Verzicht auf den Erstschlag besteht nach wie vor. Er wird
politik hat, wenngleich sie natürlich vor allem die kon-          jedoch durch negative Sicherheitsgarantien gegenüber
ventionellen Streitkräfte betrifft, auch Auswirkungen             allen Ländern ergänzt, die den Atomwaffensperrvertrag
auf die Abschreckungsstrategie des Landes, was sich seit          unterzeichnet haben und ihrerseits ihre Verpflichtungen
Anfang der 2000er-Jahre bemerkbar macht. Das gleich-              einhalten. Dieses Prinzip betonte Hollande zuletzt aus-
zeitige Aufstreben regionaler Gegner und die exponen-             drücklich in einer Rede zur eigenen Abschreckungspolitik
tiell steigende Zahl von Massenvernichtungswaffen                 im Februar 2015.12
und Kernwaffenträgern stellt Frankreich vor ein neues
Problem: Eine mögliche Erpressung durch die Androhung
des Gebrauchs nuklearer, chemischer oder biologischer            Die weitere Entwicklung
Waffen, womit Frankreichs Handlungsfreiheit außerhalb
des eigenen Landes eingeschränkt würde. Seit der ersten          Gegenwärtige und künftige Bedrohungen
Präsidentschaft Jacques Chiracs ist daher die nukleare           Seit dem Ende des Kalten Krieges und dem Zusammen-
Abschreckung ein wichtiges Mittel, um sich gegen eine            bruch der Sowjetunion sowie des Warschauer Paktes
solche Erpressung zu schützen, die das Land derart pa-           stellen die französischen Entscheidungsträger die nukle-
ralysieren würde, dass es seine eigenen Interessen nicht         are Abschreckung als eine Art „Lebensversicherung“ für
mehr verteidigen könnte.9 Dieselbe Linie verfolgte ­Nicolas      die nationale Sicherheit dar. Sie gilt als Werkzeug, das

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Nukleare Abschreckung und Verteidigungspolitik in Frankreich 7

verfügbar sein sollte, weil nicht alle Bedrohungen, die         aber werden diese destabilisierenden Aktionen von
 Frankreichs vitale Interessen gefährden könnten, im            ­ inweisen auf russische Nuklearwaffen begleitet, die
                                                                H
Voraus identifizierbar seien. Tatsächlich richteten sich        gegen westliche Großstädte gerichtet sein sollen. Zudem
 Frankreichs Prioritäten in der Verteidigungspolitik auf        sind der Abschuss von Raketen mit nuklearer Sprengkraft
Auslandseinsätze, die dem Erhalt des Friedens dienen            und vermehrte Übungen mit strategischen Raketen14 zu
oder Maßnahmen als Reaktion auf Aufstände oder                  verzeichnen. Dies geht einher mit einer Rhetorik, die auf
Terrorismus darstellten. Ende der 2000er-Jahre fürchtet         die großen nuklearen Kapazitäten Russlands hinweist.
man eine „strategische Überraschung“, die das Ende einer        Außerdem gibt es Patrouillen strategischer Bomber mit
 Periode vergleichsweise großen Einverständnisses unter         großer Reichweite in Küstennähe u. a. Westeuropas,
den Großmächten und den Beginn einer Ära zwischen-              Nordamerikas und Japans.15 In Kombination mit der
 staatlicher Spannungen einläuten könnte und sogar die          Modernisierung der russischen strategischen Streitkräfte
Gefahr eines größeren Krieges berge.13                          zeigen die von Russland ausgesendeten nuklearen Signa-
    Seither hat sich die strategische Sicherheit Frankreichs    le der letzten Jahre eine beunruhigende Verschiebung in
 und Europas tiefgreifend und dauerhaft destabilisiert.         Russlands Haltung hin zu einer nuklearen Strategie, die
Die Folgen des arabischen Frühlings und die im gesamten         mit doktrinärer Zweideutigkeit operiert. Dabei oszilliert
Mittelmeerraum wie auch im Nahen Osten zunehmende               diese zwischen Abschreckung und Nötigung und der ge-
Zahl an Bürgerkriegen, der wachsende Einfluss dschiha-          zielten Infragestellung des territorialen Status quo.16
distischer Gruppen in der Sahelzone und nicht zuletzt die           Obwohl sich Frankreich heute durch den IS mit der
 terroristischen Anschläge in Frankreich, insbesondere          Rückkehr eines Feindes im umfassendsten Sinn des
 seit Januar 2015, stellen das Land vor ganz unterschied-       Begriffes konfrontiert sieht, scheint es unwahrscheinlich,
 liche Sicherheitsfragen, die aber zugleich miteinander in      dass der nuklearen Abschreckung in den nächsten zehn
Verbindung stehen. Als erste Reaktion hat Paris verschie-       Jahren drastisch weniger Bedeutung zukommen wird –
dene Operationen im Ausland durchgeführt (Sahelzone,            das heißt, in jenem Jahrzehnt, in dem die Sicherung des
Irak und Syrien sowie friedenserhaltende Maßnahmen in           Fortbestands des französischen Waffenarsenals bis zu
der Zentralafrikanischen Republik und in Libanon), seit         den Jahren 2040 bis 2050 eingeleitet und im Wesentli-
2015 dann auch im Inland. Inzwischen erreicht Frank-            chen auch realisiert werden müsste. François Hollande
reich regelmäßig das im Weißbuch von 2013 festgelegte           erinnert in seiner Rede zur nuklearen Abschreckung
Quantum an Einsätzen und Operationen seiner Streit-             2015 in Istres in Bezug auf die Ukrainekrise daran, dass
 kräfte oder überschreitet es sogar.                           „Frieden niemals als gesichert erachtet“ werden dürfe
    Diese Destabilisierung, die wie in einer Kettenreak­        und „die Möglichkeit eines staatlichen Konflikts, der
 tion vonstattengegangen ist und einen Bogen von                uns direkt oder indirekt betrifft, nicht ausgeschlossen“17
­Mauretanien bis nach Afghanistan gespannt hat, ist von         werden könne. Auf ähnliche Weise weist der Verteidi-
Signalen begleitet, die immer wieder die Gefahr eines           gungsminister in seinem Buch Qui est l’ennemi? (dt. „Wer
größeren Krieges in Erinnerung rufen, wie es seit Ende          ist der Feind?“) darauf hin, dass es unabdingbar sei, „über
des Kalten Krieges nicht mehr der Fall gewesen ist. Die         den gegenwärtigen Feind hinaus“18 zu denken, um auf
 Provokationen Nordkoreas und die Territorialstrategie          künftige Risiken vorbereitet zu sein, die durchaus auch
Chinas, das im Chinesischen Meer vollendete Tatsachen           von staatlichen Akteuren ausgehen könnten. Zur Stunde
geschaffen hat, stellen eine zwar ferne, aber reale Gefahr      haben die Entscheidungsträger trotz der terroristischen
dar. Russlands Verhalten in Osteuropa hingegen hat              Bedrohung Sicherheitsrisiken größerer Dimension für
eine fortschreitende Destabilisierung der europäischen          Frankreich und für Europa – aus gutem Grund – noch
Sicherheitsordnung zur Folge. Russland hat eine Strate-         nicht vollständig aus ihren Überlegungen verdrängt.
gie entwickelt, die es selbst als defensiv betrachtet, die          Die Bedrohungen, seien sie regulärer oder irregulä-
 aber in Wahrheit eine Änderung des territorialen Status        rer, konventioneller oder nicht-konventioneller Natur,
quo durch den begrenzten oder indirekten Einsatz von            ersetzen einander nicht, sondern überlagern sich in einer
Streitkräften zum Ziel hat; etwa bei der Annexion der           gegebenen strategischen Umgebung oder können sich so-
Krim oder der Destabilisierung der Ostukraine mit Unter-        gar zu einem spezifischen Operationsfeld akkumulieren.
 stützung separatistischer Milizen, wo russische Eliteein-      Insofern ist es für die Entscheidungsträger des Landes
 heiten und neueste Mittel konventioneller Kriegsführung        heute wichtiger denn je, sich nicht aus dem „oberen Spek-
(u. a. moderne Artillerie, elektronische Kampfführung,          trum“ der Konflikte zurückzuziehen, vor allem angesichts
Boden-Luft-Abwehr) eingesetzt worden sind. Vor allem            der Ungewissheit, inwieweit sich die USA unter Präsident

                                                                                                  DGAPanalyse / Nr. 4 / März 2017
8 Nukleare Abschreckung und Verteidigungspolitik in Frankreich

Trump künftig in Europa und in der Welt engagieren               Rahmen nationaler Ambitionen, insbesondere bei der Fra-
werden.                                                          ge der strategischen Autonomie, oder um den Aufbau und
   Frankreich verfolgt keine Verteidigungsstrategie mit          Erhalt militärischer Kapazitäten und operationeller Exper­
erweiterter Abschreckung, bei der ein Staat einem Ver-           tise – in all diesen Bereichen ist die nukleare Abschre-
bündeten, der keine Kernwaffen besitzt, Schutzgarantien          ckung ein strategischer Grundpfeiler der französischen
gibt – einschließlich der Drohung, gegen einen etwaigen          Politik. Auf ihrer Grundlage hat Frankreich den stärksten
Aggressor nukleare Waffen einzusetzen. Seine Strategie           und fähigsten Militärapparat in ganz Europa unterhalten
gründet im Gegenteil auf der Unzulänglichkeit einer sol-         können, der vor allem in den vergangenen Jahren ­höchste
chen erweiterten Abschreckung und hat das alleinige Ziel,        Wertschätzung durch den Staat erfahren hat.21
die vitalen Interessen des eigenen Landes zu schützen.              Doch obwohl es auf höchster Staatsebene keinen
Dies bedeutet indes nicht, dass französische Abschreckung        Grund zu geben scheint, das Prinzip der glaubwürdigen
und europäische Sicherheit nicht korrelieren. So erkennt         Abschreckung infrage zu stellen, könnten erhebliche
die NATO seit 1974 den Beitrag der französischen Abschre-        äußere Zwänge dessen Aufrechterhaltung womöglich
ckung zur europäischen und transatlantischen Sicherheit          verhindern. Entsprechend dem Prinzip der Selbstge-
an. Zudem haben alle Präsidenten seit de Gaulle betont,          nügsamkeit liegt Frankreichs Bestreben derzeit allein
dass sich die Bedeutung vitaler Interessen nicht allein          darin, den aktuellen Kernwaffenbestand zu erhalten und
auf nationales Territorium beschränke, sondern auch das          dabei zu gewährleisten, dass dieser angesichts der von
Schicksal seiner Nachbarn und nach Ende des Kalten Krie-         potenziellen Gegnern ergriffenen Gegen- und Verteidi-
ges auch die zunehmenden Interdependenzen zwischen               gungsmaßnahmen glaubwürdig bleibt. Trotz der strikten
den nationalen Interessen Europas berücksichtigen müs-           Eingrenzung der Ziele werden aber in den nächsten zehn
se.19 François Hollande signalisierte in seiner Rede vom         Jahren wachsende Ausgaben erforderlich sein, nicht
Februar 2015, dass er mit dieser Ausrichtung vollkommen          zuletzt wegen der Kiellegung der Atom-U-Boote mit
übereinstimmt: „Die Definition unserer vitalen Interessen        Interkontinentalraketen der dritten Generation (SN3G),
darf sich nicht auf die nationale Ebene beschränken, da          der Produktion der nächsten Marschflugkörper und der
Frankreich seine Verteidigungsstrategie, auch auf dem            Weiterentwicklung des Simulationsprogramms.22 Die
Gebiet der Kernwaffen, nicht isoliert entwickelt. […] Wir        Abschreckung nimmt derzeit fast 20 Prozent des Ausrüs-
sind Teil des europäischen Projekts, wir bilden gemeinsam        tungsetats des Verteidigungsministeriums ein, das sind
mit unseren Partnern eine Schicksalsgemeinschaft und             ca. 3,5 Milliarden Euro im Jahr. Schätzungen zufolge
Frankreichs nukleare Abschreckung ist ein starker und            könnte der Bedarf bis Mitte der 2020er-Jahre auf annä-
wichtiger Beitrag für Europa. Darüber hinaus erklärt sich        hernd 6 Milliarden Euro ansteigen.23 Zu diesem Zeitpunkt
Frankreich mit seinen europäischen Partnern faktisch und         werden die aufzuwendenden Haushaltsmittel parallel zur
emotional solidarisch. Insofern kann niemand glauben,            Erneuerung der beiden genannten Komponenten ihren
dass ein Angriff, der das Überleben Europas gefährden            Höchststand erreichen, ehe sie dann wieder sinken.
könnte, keine Konsequenzen hat.“20                                  Angesichts der Erfordernisse im Bereich konventionel-
                                                                 ler Waffen (u. a. Modernisierung, Truppenverstärkung
Politik, Etat, Verteidigung – ein Ausblick                       und -erneuerung, Austausch der Ausrüstung, die durch
Es scheint derzeit keinen Anlass zu geben, Frankreichs           den intensiven operationellen Einsatz schnell verschleißt)
nukleare Strategie prinzipiell und längerfristig infrage         und ohne eine Steigerung im Gesamtvolumen des Ver-
zu stellen. Die Verteidigungspolitik des Landes ist in           teidigungshaushalts könnten sich die Finanzpläne des
ihrer heutigen Form nach wie vor vom konzeptionellen             französischen Verteidigungsministeriums als unhaltbar
Unterbau de Gaulles geprägt. Ihm verdankt die Strategie          herausstellen. Bei konstant bleibendem Etat wird die
der nuklearen Abschreckung ihre Sinngebung und ihre              Aufrechterhaltung des Abschreckungsniveaus vermutlich
grundlegende Ausrichtung, wodurch sich eine dauerhaf-            Entscheidungen notwendig machen und Verdrängungs-
te symbiotische Beziehung zwischen der allgemeinen               effekte auf die Kapazitäten konventioneller Waffen haben,
Verteidigungspolitik und der nuklearen Abschreckung              die zwar teilweise durch höhere Expertise und bessere
entwickelt hat. Diese symbiotische Beziehung zeigt sich          Ausrüstung kompensiert werden, sich aber letztlich für
auch heute noch in Fragen der Politik, Kultur und Vertei-        die französische Außenpolitik im Kontext neuerlicher
digung. Ob es dabei um übergreifende Konzepte geht, die          Bedrohungen als schädlich erweisen könnten.24
Frankreichs Platz im weltweiten Kräfteverhältnis und im             Trotz dieser Gefahr ist sich die Politik weitgehend
internationalen Krisenmanagement betreffen, um den               einig darin, die gewohnte Abschreckungsstrategie

DGAPanalyse / Nr. 4 / März 2017
Nukleare Abschreckung und Verteidigungspolitik in Frankreich 9

 ­beizubehalten, mit Ausnahme weniger Mitglieder der            übereilter oder simplifizierender Überlegungen werden
 Union des Démocrates et Indépendants (UDI), der                könnte, die eine neue Prioritätensetzung fordern. Letzte-
­Grünen und einiger linksextremer Parteien 25 – allesamt        re hätte wiederum zur Folge, dass das Land in Zukunft ge-
 Parteien, die bei den Parlamentswahlen bislang nur             genüber größeren Bedrohungen durch feindliche Staaten
  schwach abgeschnitten haben und in der politischen            nicht mehr ausreichend gewappnet wäre.
Ausrichtung des Landes wohl auch weiterhin kaum eine               Zur Stunde scheint die Situation nicht katastrophal zu
 Rolle spielen werden. In der Zivilgesellschaft sind in den     sein. Sie bietet aber auch keinen Anlass zur Beruhigung,
 vergangenen Jahren mehrere Abrüstungsinitiativen ins           insbesondere weil die Mittel des Verteidigungshaushalts
 Leben gerufen worden, um nach den internationalen              so eng sind, dass die nächsten Jahre ganz entscheidend
 Konferenzen zu den humanitären Auswirkungen von                werden. Angesichts der zunehmenden Zahl von Attenta-
 Kernwaffen (Oslo, Nayarit, Wien) und der Resolution zur        ten, die vom IS unterstützt oder angeregt werden, sowie
 nuklearen Abrüstung, die am 7. Dezember 2015 von der           der Präsidentschafts- und Parlamentswahlen zwischen
 Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschie-          April und Juni 2017 überbieten sich die Kandidaten ge-
 det wurde, in Frankreich eine weiterreichende Debatte          genseitig mit Forderungen, den Verteidigungsetat in den
 auszulösen.26 Die von Befürwortern durchgeführten              kommenden zehn Jahren massiv aufzustocken. Obwohl
 Meinungsumfragen ergeben wenig überraschend (auch              die Vorschläge allgemein die Erneuerung der beiden
 in Bezug auf die Art der Fragestellung) eine breite Un-        Komponenten der nuklearen Abschreckung miteinschlie-
 terstützung der Initiativen zur nuklearen Abrüstung. Die       ßen,28 lässt sich den Wahlprogrammen nicht entnehmen,
 Umfragen, die das Verteidigungsministerium in Auftrag          ob die Aufstockung der Mittel abgesichert und schnell
gegeben hat, formulieren hingegen offenere und kom-             genug erfolgen würde, um Entscheidungen zu verhindern,
  plexere Fragen, ohne indes nach der Beteiligung an einer      die sich negativ auf die Kapazitäten auswirken würden.
Abrüstungsinitiative zu fragen. Laut diesen Erhebungen          Auch das Gegenteil ist nicht ausgeschlossen, nämlich
  sehen 60 bis 70 Prozent der französischen Bevölkerung         dass es aufgrund von Sparzwang gar nicht erst zu einer
 die Möglichkeit der nuklearen Abschreckung als eine            Stabilisierung des Verteidigungsetats kommt. Die mit
 Stärke ihres Landes, halten diese auch für glaubwürdig         dem Planungsgesetz 2014-2019 ohnehin bereits von der
 und erachten eine Kombination nuklearer und konventi-          derzeitigen Regierung beschlossene Erhöhung der Ver-
 oneller Waffen als notwendig, um Frankreichs Sicherheit        teidigungsmittel beizubehalten und umzusetzen nähme
  zu gewährleisten.27 Ob es am politischen System Frank-        schon den Druck vom französischen Verteidigungsap-
 reichs liegt oder ob eine stärkere Strömung im Land fehlt,     parat. Somit würde auch die Gefahr eines Bruchs der
 die sich gegen Kernwaffen ausspricht, jedenfalls scheint       symbiotischen Beziehung zwischen Abschreckungspolitik
 die öffentliche Meinung wenig Wirkmacht im Bereich der         und Verteidigungspolitik eingedämmt.
  künftigen Ausrichtung der französischen Verteidigungs-           Frankreich und Europa sind direkt mit einer rapiden
  politik inklusive ihrer nuklearen Strategie zu besitzen.      und vermutlich dauerhaften Verschlechterung ihrer
     Eine Änderung der Sichtweise in Bezug auf den Fortbe-      Sicherheitslage konfrontiert, weshalb sich eine Kürzung
  stand des französischen Kernwaffenarsenals könnte sich        des Verteidigungsetats derzeit verbietet. Aber zugleich
 demzufolge also nur vollziehen, wenn verschiedenste            scheint ein größerer Realismus hinsichtlich der Art und
  kritische Faktoren aufeinanderträfen. In Folge auftre-        Ausprägungen der bestehenden Bedrohungen wie auch
 tende terroristische Angriffe auf Frankreich mit dem           des Umfangs der erforderlichen Mittel geboten, um auf
Ziel, möglichst viel Schaden anzurichten und das Land           diese Bedrohungen angemessen reagieren zu können.
  zu destabilisieren, würden den Etat kurzfristig belasten,
  sich auf die politische Positionierung auswirken und die
Wahrnehmung der politischen Klasse und der Öffentlich-          Corentin Brustlein ist Leiter des Zentrums für Sicherheits-
  keit hinsichtlich der strategischen Prioritäten Frankreichs   studien am Institut français des relations internationales
 langfristig auf die Probe stellen. Die nukleare Abschre-       (Ifri), Paris.
 ckung kann nicht dazu dienen, Frankreich vor Terroris-
 mus zu schützen, sodass sie durchaus zum Gegenstand            Aus dem Französischen von Frank Sievers.

                                                                                                     DGAPanalyse / Nr. 4 / März 2017
10 Nukleare Abschreckung und Verteidigungspolitik in Frankreich

   Anmerkungen
 1 Die Nuklearpolitik umfasst nicht nur die                    (abgerufen am 28.10.2016).                 des konservativen Lagers, François Fillon, hat
   allerdings nicht behandelt werden. Zum Thema          11   Vgl. Jacques Chirac, Abschlussrede am Institut        allerdings in seinem Programm keinen Bezug
   nukleare Ausnahme vgl. Corentin Brustlein,                 des Hautes Etudes de Défense Nationale, Paris,        darauf genommen; unter Federführung von Leila
   France: The Evolution of a Nuclear Exception,              8.6.2001,  (abgerufen am                 der Commission des affaires étrangères et de la
   Nuclear Proliferation, Abingdon 2012, S. 116-              28.2.2017).                                           Défense du Sénat (Kommission für ausländische
   131; Camille Grand, A French Nuclear Excepti-         12   Vgl. Hollande, Discours sur la dissuasion nuc-        Angelegenheiten und Verteidigung im Senat)
   on?, Occasional Paper Nr. 38, Stimson Center,              léaire, a.a.O. (Anm. 10).                             wurde ein Livre vert sur la Défense („Grünes Buch
   Januar 1998; und Jean Guisnel, Bruno Tertrais,        13   Vgl. Corentin Brustlein, La surprise stratégique.     der Verteidigung“) erstellt. Dieses noch vor der
   Le Président et la Bombe. Jupiter à l’Elysée, Paris        De la notion aux implications, Paris, Ifri – Focus    Annexion der Krim durch Russland verfasste
   2016. Zur Eingrenzung des Begriffs der nukle-              stratégique, Oktober 2008.                            Dokument ist bereits relativ vorsichtig, was die
   aren Ausnahme vgl. Nicolas Giacometti, The            14   Vgl. Johan Norberg, Training to Fight. Russia’s       Frage der Abschreckung betrifft, und ruft zu ei-
   Lonely Frenchman? The Evolution of the French              Major Military Exercises, 2011-2014, Stockholm,       ner „allmählichen Abrüstung in Abstimmung mit
   Exception in the Nuclear Domain, Entwurf, 2015,            Schwedisches Forschungsinstitut für Verteidi-         allen anderen Nuklearmächten“ auf, vgl. Livre
   noch nicht erschienen.                                     gung (FOI), 2015.                                     Vert sur la Défense, Paris 2014, S. 92.
 2 Vgl. Dominique Mongin, La bombe atomique              15   Vgl. Thomas Frear, Lukasz Kulesa, Ian Kearns,      26 Vgl. zum Beispiel den vor Kurzem gegründe-
   française, 1945-1958, Brüssel 1997.                        Dangerous Brinkmanship: Close Military En-            ten Verband Initiatives pour le désarmement
 3 Vgl. Bernard Brodie (Hrsg.), The Absolute Wea-             counters Between Russia and the West in 2014,         nucléaire („Initiativen für nukleare Abrüstung“),
   pon. Atomic Power and World Order, New York                London, European Leadership Network, Policy            (abgerufen am
   1946; Robert Jervis, The Meaning of the Nuclear            Brief, 2014.                                          10.3.2017).
   Revolution, Ithaca 1989.                              16   Vgl. Dmitry Adamsky, Cross-Domain Coercion.        27 Laut der 2015 durchgeführten Umfrage, die
 4 Vgl. Guisnel, Tertrais, Le Président et la Bombe,          The Current Russian Art of Strategy, Paris, Ifri,     von der Gruppe Action des Citoyens pour le
   a.a.O. (Anm. 1), insbesondere das 11. Kapitel.             Proliferation Papers, November 2015; Olga             Désarmement Nucléaire („Aktion der Bürger für
 5 Technisch spricht nichts dagegen, dass die U-              Oliker, Russia’s Nuclear Doctrine. What We            nukleare Abrüstung“) in Auftrag gegeben wurde,
   Boote der FOST einen Nuklearschlag als „ultime             Know, What We Don’t, and What That Means,             sind 75 % der Bevölkerung für die Aushandlung
   avertissement“ ausführen. Wahrscheinlicher ist             Washington, Center for Strategic and Internati-       eines multilateralen Vertrags, der Kernwaffen
   jedoch, dass die Entscheidungsträger eher auf              onal Studies, Mai 2016; Kristin Ven Bruusgaard,       verbietet, jedoch ohne einen zeitlichen Horizont
   die FAS zurückgreifen würden, allein weil sie              „Russian Strategic Deterrence“, in Survival, Bd.      oder die Bedingungen für dessen Umsetzung zu
   sichtbar sind, während die Hauptmission der                58, Nr. 4, August/September 2016, S. 7-26.            nennen oder die positiven Effekte zu diskutie-
   FOST darin besteht, möglichst diskret zu agieren      17   Vgl. Hollande, Discours sur la dissuasion nuc-        ren, die der Besitz dieser Waffe mit sich bringt,
   und nukleare Vergeltungsschläge durchzufüh-                léaire, a.a.O. (Anm. 10).                             vgl. Baromètre externe de la défense, Paris,
   ren.                                                  18   Vgl. Jean-Yves Le Drian, Qui est l’ennemi?, Paris     DICOD-LH2, 2013; Les Français et l’interdiction
 6 Ein aktueller Überblick über diese beiden                  2016.                                                 et l’élimination complète des armes nucléaires,
   Gebiete findet sich in Emmanuel Delorme, Bruno        19   Ein nützlicher historischer Abriss zu diesem          Paris, IFOP-ACDN, 2015.
   Gruselle, Guillaume Schlumberger, La nouvelle              Thema findet sich in Bruno Tertrais, La France et 28 François Fillon (Les Républicains), Benoît Ha-
   Guerre des étoiles. Idées reçues sur la défense            la dissuasion nucléaire. Concept, moyens, avenir,     mon (Parti Socialiste) und Marine Le Pen (Front
   antimissile, Paris 2013; und Corentin Brustlein,           Paris 2007, S. 111-116.                               National) haben sich alle drei dafür ausgespro-
   Etienne de Durand, Elie Tenenbaum, La sup-            20   Vgl. Hollande, Discours sur la dissuasion nuc-        chen, die nukleare Abschreckung aufrechtzu-
   rématie aérienne en péril. Menaces et contre-              léaire, a.a.O. (Anm. 10).                             erhalten, vgl. Défendre nos valeurs, exige une
   stratégies à l’horizon 2030, Paris 2014.              21   Vgl. insbesondere David Revault d’Allonnes, Les       armée forte,  (abgerufen am 1.3.2017); Benoît
   dieselbe Wirkung wie die letzte Generation ther-      22   François Hollande verkündete in Istres, dass die      Hamon propose de porter à 3% le budget de l’Etat
   monuklearer Waffen, die noch realiter getestet             SN3G eine ähnliche Tonnage haben werden wie           pour la „défense“ et la „sécurité“, in: Le Monde,
   wurden (TN-75 und TN-81), haben aber einen                 die derzeitige U-Boot-Generation der Klasse Le        6.1.2017; 144 engagements présidentiels,  (abge-
   tionsweise während der gesamten Lebensdauer                körper mit Nuklearkopf ASMP-A der Luftkräfte          rufen am 1.3.2017). Emmanuel Macron kündigte
   garantiert, was anhand von Simulationen über-              ersetzen wird, soll hypersonische Geschwin-           ebenfalls an, die Verteidigungsausgaben auf 2
   prüft wurde, die keinen tatsächlichen Testein-             digkeiten erzielen können (Mach 7 oder 8). Vgl.       % des BIP anzuheben, bleibt aber vage in Bezug
   satz mehr erfordern. Die letzten beiden von der            Hollande, Discours sur la dissuasion nucléaire,       auf die nukleare Abschreckung, Philippe Peyre,
   CEA entwickelten Waffenarten, der „Tête Nuc-               a.a.O. (Anm. 10). Anhörung des Generals Denis         Défense, renseignement … Macron dévoile
   léaire Aéroportée“ (fliegender Nuklearspreng-              Mercier, des Oberbefehlshabers der Luftstreit-        son projet de lutte contre le terrorisme, rtl.fr,
   kopf, TNA, seit 2009 bei den FAS im Einsatz) und           kräfte, Commission de la Défense nationale et         4.2.2017, 
   Ineinsatznahme bei der FOST 2016), beruhen auf             sammlung, 15.4.2014,            (Front de Gauche) hat sich in der derzeitigen
   hörung von Daniel Verwaerde in: Serge Vinçon,              (abgerufen am 3.1.2017).                              Kampagne noch nicht zu Verteidigungsfragen
   La dissuasion nucléaire: quel rôle dans la défense    23   Vgl. Guisnel, Tertrais, Le Président et la Bombe,     geäußert. 2012 hatte er sich für die Abschaffung
   française aujourd’hui?, Rapport d’information              a.a.O. (Anm. 1), S. 275-276.                          der Luftkomponente ausgesprochen unter Bei-
   Nr. 36 (2006-2007) im Namen der Commission            24   Vgl. eine aktuelle Analyse über den künftigen         behaltung der maritimen Komponente bei gleich-
   des affaires étrangères (Kommission für auslän-            Bedarf für die Truppenentsendung aus Frank-           zeitiger multilateraler nuklearer Abrüstung, vgl.
   dische Angelegenheiten), 24.10.2006, S. 25-31.             reich, Corentin Brustlein, L’entrée en premier et     Laurent Lagneau, Elections 2012: Jean-Luc Mé-
 8 Vgl. Bastien Irondelle, La réforme des armées en           l’avenir de l’autonomie stratégique, Paris, Ifri,     lenchon veut accorder aux militaires le droit de
   France, Paris 2011, S. 12-17.                              Focus stratégique, November 2016.                     se syndiquer, 6.4.2012,  (abgerufen am 1.3.2017).
   suasion nucléaire – Déplacement auprès des                 zu entfernen, diesbezügliche Vorschläge hat
   forces aériennes stratégiques, Istres, 19.2.2015,          etwa der ehemalige Verteidigungsminister

   DGAPanalyse / Nr. 4 / März 2017
Nukleare Abschreckung und Verteidigungspolitik in Frankreich   11

DGAPanalyse / Nr. 4 / März 2017

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