Die Bundeswehr - Festschrift 65 Jahre

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Die Bundeswehr - Festschrift 65 Jahre
www.dbwv.de
Das Magazin des Deutschen BundeswehrVerbands          /DeutscherBundeswehrVerband

           Die Bundeswehr
                                                             Januar 2017
  BETREUUNG UND FÜRSORGE

  Mit dem richtigen Rückhalt
  Interview: Steinmeier sieht Europa in der Pflicht
  Endlich: Durchbruch in Sachen Trennungsgeld
Die Bundeswehr - Festschrift 65 Jahre
Seit 1956
                                           FöG
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                                Exklusiver Versicherungsschutz vom
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                                               Förderungsgesellschaft
                                                 des Deutschen
                                             BundeswehrVerbandes mbH

Gesucht: Kamerad/in ohne Anwartschafts-
         und Pflegepflichtversicherung
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                                                     Experten vor Ort.

                         www.continentale-soldatenversicherung.de

                         Continentale Krankenversicherung a.G.
                         Bundeswehrservice
                         Ruhrallee 92, 44139 Dortmund
                         Tel. 0231 919-3003
                         bws@continentale.de
Die Bundeswehr - Festschrift 65 Jahre
ZUR SACHE             1

Mit Zuversicht ins neue Jahr

W
Wir starten in das neue Jahr mit den Bildern des Anschlags von Ber-
lin vor Augen. Der Terror ist auch bei uns angekommen. Das macht
uns wütend und traurig. Dazu die Kriege, Vertreibung und das Elend
in vielen Teilen der Erde – es wird immer schwerer, unseren Kindern
                                                                              Durchsetzungswillen und Unterstützung der ganzen Bundesregierung
                                                                              benötigt als bisher. Aber ich warne davor, das durch zahlreiche Refor-
                                                                              men, Sparmaßnahmen und eine weiter zunehmende Einsatzdichte oh-
                                                                              nehin hoch beanspruchte „Bestandspersonal“ der Bundeswehr noch
all das zu erklären und mit dem Gefühl der Ohnmacht zurechtzu-                weiter zu belasten. Plänen zur pauschalen Anhebung des Eintrittsalters
kommen.                                                                       in den Ruhestand werden wir weiterhin entschlossen entgegentreten.
   Manche Menschen stecken in dieser Lage den Kopf in den Sand,                  Lassen Sie uns gemeinsam dafür kämpfen, dass nach 2014 als dem
einige suchen ihr Heil in populistischen „Einfachlösungen“, die keine         Jahr der „sicherheitspolitischen Schocks“, 2015 als dem des „Erkennens
sind. Die meisten aber – da bin ich mir sicher – bleiben zuversichtlich.      des Mangels“ und 2016 als dem der „Einleitung von Trendwenden“ das
Und Zuversicht ist die stärkste Antwort einer wehrhaften Demokratie           Jahr 2017 für „Zuversicht und Umsetzung“ – mit und nicht gegen die
auf diejenigen, die ihr schaden wollen. Die sicherheitspolitischen He-        Bundeswehrangehörigen – steht. Auch deswegen hat die anstehende
rausforderungen sind enorm, aber sie können bewältigt werden. Das             Bundestagswahl eine herausragende Bedeutung. Hier sind wir ALLE
erfordert viel Energie, Ausdauer, abgewogene Vorgehensweisen und              gefragt – nicht nur, um ein Wahlkreuz zu machen, sondern um bereits
Haltung. Gerade Letzteres stärkt eine Gesellschaft wie die unsere.            im Vorfeld die Wahlkämpfer und Parteien für die Bedeutung sicher-
   Nun kommen in Deutschland und in der EU Prozesse in Bewegung,              heitspolitischer Themen zu sensibilisieren.
die Jahrzehnte als illusorisches Wunschdenken bequem abgetan wur-
den. Damit meine ich nicht die Vision vom Aufbau einer europäischen                                          ✶✶✶✶
Armee, sondern eine von Pragmatismus und Sachlichkeit begleitete
Besinnung auf das, worauf es mehr denn je ankommt: die Entwick-               Umsetzung und Fortschritt – dafür steht auch diese Ausgabe unse-
lung handfester gemeinsamer Positionen und das Streben nach einer             res Verbandsmagazins. Das vor einigen Monaten veränderte Layout
durch Kooperation geprägten militärischen Handlungsfähigkeit. Und             wirkt auf neuem Papier noch attraktiver und gefälliger als bisher
Deutschland stellt sich zunehmend der auch von Verbündeten einge-             schon. Gleiches gilt für unsere Homepage, die alsbald im neuen Kleid
forderten Führungsverantwortung in Europa. Der Weißbuchprozess                und über eine optimierte Struktur den Informationsservice für unse-
zeigt seine Wirkung, auch wenn beispielsweise der vernetzte Ansatz            re Mitglieder weiter ausbauen wird. Das zeigt: Auch im vierten Jahr
immer noch nur als „Ansatz“ empfunden wird. In der Bundeswehr                 der laufenden Amtsperiode setzen wir planmäßig die Forderungen
wurden schonungslose Bestandsaufnahmen vorgenommen und Trend-                 unserer Mitglieder um – so, wie Sie es von uns gewohnt sind.
wenden aufgelegt, selbst wenn diese erst verzögert ihre Wirkung zeigen
werden.                                                                       Mit kameradschaftlichen und kollegialen Grüßen

                                ✶✶✶✶

Gewiss, wir stehen noch am Anfang. Noch hat nicht die gesamte Po-
litik die Dimension der Aufgabe verinnerlicht, an vielen Ecken hakt
es. Aber seien wir ehrlich: Verglichen mit der Bewegung von heute
darf man vergangene Zeiten gerne mit „Dornröschenschlaf “ gleich-
setzen. Deswegen kommt es mehr denn je darauf an, die anlaufenden
Prozesse auf dem richtigen Kurs zu halten oder dorthin zu bringen.
Dazu gehört ebenso viel Mut wie Zuversicht. Der DBwV verfügt über
beides, genauso wie über klare Zielsetzungen.
   Für uns kommt es darauf an, dass die politischen Vorgaben für die
Fähigkeiten der Bundeswehr personell wie materiell unterfüttert und
die im Weißbuch benannten Gestaltungsbereiche mit Leben gefüllt
werden. Voraussetzung ist natürlich eine entsprechende Anpassung des
Verteidigungshaushalts. Es steht außer Frage, dass aufgrund der Auf-
tragslage der geplante personelle Aufwuchs trotz Binnenoptimierung
nicht ausreichen wird und die Zielgröße für den Personalumfang nach
oben korrigiert werden muss. Wir alle wissen, dass diese Mammutauf-
gabe der Personalgewinnung und -bindung noch viel mehr Kreativität,

                                                            Oberstleutnant André Wüstner,
                                                                      Bundesvorsitzender

                                                                                                                             DIE BUNDESWEHR | JANUAR 2017
Die Bundeswehr - Festschrift 65 Jahre
2                                AKTUELL

                                                                                                                                           Meist nur Formsache: die Verlängerung
    Foto: dpa/picture alliance

                                                                                                                                           von Einsatzmandaten (Archivfoto von der
                                                                                                                                           Abstimmung im vergangenen Jahr). Diesmal
                                                                                                                                           wurde über Afghanistan viel diskutiert.

                                                                                                                                           (101 Gegenstimmen, neun Enthaltungen), das bis
                                                                                                                                           zu 980 Soldaten umfasst. Auftrag ist weiterhin,
                                                                                                                                           die afghanischen Verteidigungs- und Sicherheits-
                                                                                                                                           kräfte zu befähigen, ihrer Verantwortung nachzu-
                                                                                                                                           kommen, heißt es in der Begründung der Regie-
                                                                                                                                           rung. Das Mandat ist auf ein Jahr befristet.
                                                                                                                                             Die Mandate für die UN-Friedensmission im
                                                                                                                                           Südsudan (UNMISS) und dem Einsatz in Dar-

                                   Mandate für Afghanistan,
                                                                                                                                           fur (UNAMID) umfassen jeweils 50 Soldaten,
                                                                                                                                           die „Führungs-, Verbindungs-, Beratungs- und
                                                                                                                                           Unterstützungsaufgaben“ übernehmen sollen.

                                   Darfur und Südsudan verlängert                                                                            In Darfur im Sudan sei es bisher nicht gelun-
                                                                                                                                           gen, „einen dauerhaften und nachhaltigen Frie-
                                                                                                                                           den zu etablieren“, erklärte die Regierung zur
                                 Berlin. Die Bundeswehr soll weiter an den Mis-           Besonderes Augenmerk lag in einer turbulenten    Begründung schriftlich. Es komme noch immer
                                 sionen in Afghanistan, Darfur und im Südsudan         Debatte, die geprägt war von zahlreichen emoti-     zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen
                                 beteiligt sein. Das beschloss der Bundestag im        onalen Beiträgen, natürlich auf dem Einsatz in      Rebellen, Milizen und staatlichen Streitkräften.
                                 Dezember in getrennten Abstimmungen auf An-           Afghanistan (Resolute Support). 467 Abgeordne-      Im Südsudan spricht die Regierung gar von einer
                                 trag der Bundesregierung.                             te stimmten für eine Verlängerung des Mandates      „massiven Herausforderung“.

                                 Liebe Leser, Internetnutzer und Freunde
                                 des BundeswehrVerbands,
                                 wie bereits in der Dezember-Ausgabe angekün-            In der Übergangszeit wird aufgrund der tech-      sen geprüft. Dennoch kann es vorkommen, dass
                                 digt, wird im Januar nicht nur unser Magazin mit      nischen Komplexität der Freischaltung mögli-        ein Link oder eine Komfortfunktion noch nicht
                                 einer deutlich verbesserten Papierqualität erschei-   cherweise nicht alles reibungslos ablaufen. So      hinterlegt ist. Wir bitten für diesen Fall um eine
                                 nen. Auch der Internetauftritt des Verbands und       kann es durchaus sein, dass die Verbandshome-       kurze Nachricht an online@dbwv.de.
                                 seiner zwei „Töchter“ mit eigener Website (För-       page in der ersten Januarwoche für mehrere Tage        Sollten Sie einer der rund 54 000 bereits regis-
                                 derungsgesellschaft/FöG und Karl-Theodor-Mo-          nicht erreichbar und stattdessen ein „Baustellen-   trierten Nutzer sein, haben Sie bis Ende Dezem-
                                 linari-Stiftung/Bildungswerk) wird vollständig        schild“ zu sehen ist. Wir haben alle Funktionen     ber eine Mail erhalten, mit der Sie auf die Not-
                                 erneuert.                                             der neuen Seite nach bestem Wissen und Gewis-       wendigkeit einer Neuregistrierung für den neuen
                                                                                                                                           geschützten Bereich hingewiesen wurden. Diese
                                                                                                                                           Neuregistrierung erfolgt dann ganz unkompli-
                                                                                                                                           ziert durch Betätigen eines Links, der mit einer
                                                                                                                                           zweiten Mail verschickt wird. Dann noch das
                                                                                                                                  ©Rürup

                                                                                                                                           Profil ausfüllen und speichern, und schon können
                                                                                                                                           sie auf Entdeckungsreise gehen.
                                                                                                                                              Das Ergebnis wird zeigen, dass sich der Auf-
                                                                                                                                           wand gelohnt hat. Die neue Startseite ist über-
                                                                                                                                           sichtlicher, die Kopfnavigation ermöglicht die
                                                                                                                                           schnelle Wahl Ihrer bevorzugten Seite. Vielleicht
                                                                                                                                           noch wichtiger: Die Darstellung auf Mobilgerä-
                                                                                                                                           ten (Smartphones und Tablets) ist deutlich kom-
                                                                                                                                           fortabler. Vereinfacht hat sich auch die Nutzung
                                                                                                                                           des geschützten Mitgliederbereichs. Das neue
                                                                                                                                           Mitgliederportal bietet jetzt alle Informationen
                                                                                                                                           rund um den Verband und der FöG auf einer Sei-
                                                                                                                                           te.
                                                                                                                                              Apropos geschützter Bereich: Hier sind Nach-
                                                                                                                                           richten, Termine und Daten nun deutlich einfa-
                                                                                                                                           cher abzurufen. Die Kommunikationsmöglich-
                                                                                                                                           keiten und der Austausch von Informationen
                                                                                                                                           sind unkompliziert zu bewerkstelligen.
                                                                                                                                              Sollte es zu technischen Problemen kommen,
                                                                                                                                           werden wir diese so schnell wie möglich beheben.
                                                                                                                                           Wir bitten für eventuelle Unannehmlichkeiten
                                                                                                                                           um Nachsicht.

    DIE BUNDESWEHR JANUAR 2017
Die Bundeswehr - Festschrift 65 Jahre
I N H A LT        3
Foto: dpa

              9
            Politikverdrossenheit, austauschbare Volksparteien, Veränderungswut – die bevorstehende Bundestagswahl macht viele Bürger ratlos.
            In seinem Gastbeitrag plädiert Nikolaus Blome deshalb für eine Renaissance der klassischen Lager „links“ und „rechts“.

                                    VERBAND AKTUELL                                                                                    POLITIK

            1     Zur Sache: Mit Zuversicht ins neue Jahr                                               6     Außenpolitik: Frank-Walter Steinmeier im Interview
            10    Bundestagswahl: Jetzt aktiv einbringen                                                37    Missionsmodell: Ausrichtung an neuer Einsatzrealität
            24    Verbandserfolg: Durchbruch bei Umzugsregelung
            26    SAZV: Erste Nachbesserungen und Notventillösung                                                                 AUS DER TRUPPE
            32    AG Soldatinnen: Kritikpunkt Dienstbekleidung
            33    Podiumsdiskussion: Vereinbarkeit Familie und Dienst                                   29    Berufszufriedenheit: Verbesserungen kaum spürbar
            34    CESI: Führung bestätigt                                                               40    Heer: Feste Zulage für Sprengstoffentschärfer gefordert
                                                                                                        43    Luftwaffe: Zielgruppentagung zur Arbeitszeit
                                                                                                        45    Marine: 60 Jahre deutsche Marine
                                            TITEL                                                       47    Streitkräftebasis: SKB als Vorbild für Europa
                                                                                                        50    Sanitätsdienst: Versorgung von Terroropfern im Fokus
            12    Betreuung/Fürsorge: Nicht in Zweitfunktion leistbar
            13    Wehrbeauftragter: Eine Frage der Attraktivität                                                             FÜR UNSERE MITGLIEDER
            14    Betreuungskommunikation: Ziel erreicht
            16    Pilotprojekt: Betreuung unter einem Dach                                              39    Ansprechpartner Auslandseinsatz
            18    Einsatzbetreuung: Weiterhin mängelbehaftet                                            78    Ansprechpartner Verband intern
            20    Bewirtschaftete Betreuung: Vor großen Veränderungen                                   52    Versorgung/ERH: Nachbesserung beim Altersgeld
            21    Betreuungsportal: Fürsorge auf einen Blick                                            53    Personalia
            23    Familienbetreuung: Unverzichtbarer Bestandteil                                        55    Beteiligungsrechte: Personalmanagement im HPR
                                                                                                        57    Zivile Beschäftigte: Wichtige Beschlüsse des Bundestags
                                                Zu unserem Titelbild:                                   59    Reservisten: Änderung der Musterungsvorschrift
                                                Von Betreuungsbüros über kos-                           60    SaZ-Kurier: Gemeinsames Informationsseminar BFD-DBwV
                                                tenlose Betreuungskommuni-                              64    Justitia: Dienstgradherabsetzung nach Belästigung
                                                kation und Familienbetreuung                            65    Stiftung: Vereinte Hilfe für Veteranenfamilie
                                                bis hin zu Truppenküche sowie                           68    Aus den Landesverbänden
                                                Marketender: Fürsorge und                               79    Rat und Hilfe
                                                Betreuung sollen dem Soldaten                           80    Gedenken
                                                in der Heimat und im Einsatz
                                                den Rücken freihalten. Erfüllt                                                         MAGAZIN
                                                der Dienstherr diesen An-
                                                spruch? (Foto: DPA/Fotolia/                             67    Leserbriefe
                                                DBwV, Montage: DBwV)
                                                                                                        84    Freizeit: Multimedia, Kino, Auto, Rätsel
                                                                                                        88    Impressum

                                                                                                                                                    DIE BUNDESWEHR | JANUAR 2017
Die Bundeswehr - Festschrift 65 Jahre
IST       IS      ES KALE             DE BL AT T
Foto: dpa/picture alliance

                                                                                                                                                              Vor       Jahren

                                                                                                                                                              Der Bundestag
                                                                                                                                          2                   beschlie t die
                                                                               2                                                           Januar
                                                                                                                                                               entenreform
                                                                       2
                              Die edenkstätte Berliner
                              Mauer in der Bernauer Stra e
                              in Berlin Mitte
                                                                                                                                     Nach langer Debatte verabschiedet der Bundestag das von der Bundesre-
                                                                         Januar                                                      gierung eingebrachte „Gesetz zur Neuregelung des Rechts der Rentenver-
                             Vor 2 Jahren                                                                                            sicherung der Arbeiter und Angestellten“ (Rentenversicherungsgesetz). Es
                                                                                                                                     markiert den Übergang von einem Rücklagensystem zur Umlagefinanzie-
                             Erste Urteilsverkündung in den                                                                          rung. Das Gesetz tritt rückwirkend zum 1. Januar 1957 in Kraft.
                                                                                                                                        Die Reform brachte eine massive Erhöhung der Renten um mehr als 60
                              Mauerschützen rozessen                                                                                 Prozent. In der politischen Auseinandersetzung der 50er Jahre sprach man

D
                                                                                                                                     vom Generationenvertrag, der die Verantwortung der Generationen fürein-
                                                                                                                                     ander betonte.
                             Das Landgericht Berlin verkündet das erste Urteil der sogenannten Mau-                                     Die Höhe der Renten folgte nun in gewissen Abständen den Löhnen. In
                             erschützenprozesse. Im Juni 1991 war Anklage gegen vier ehemalige                                       den Jahren 1957 bis 1969 stiegen diese um 115,7 Prozent, die Renten folgten
                             DDR-Grenzsoldaten erhoben worden, Todesschüsse auf Flüchtlinge an der                                   und stiegen um 110,5 Prozent. Es wurde
                             Berliner Mauer abgegeben zu haben. Einer der Angeklagten wird wegen Tot-                                festgesetzt, dass die Standardrente 60 Pro-
                             schlags zu einer Haftstrafe von dreieinhalb Jahren verurteilt. Die anderen                              zent der aktuellen durchschnittlichen
                             erhalten Bewährungsstrafen oder werden freigesprochen.                                                  Bruttobezüge aller Versicherten umfassen
                               Zahlreiche weitere Gerichtsverfahren wegen der tödlichen Schüsse an                                   sollte. Zwar wurde dieses Ziel nicht er-
                             der Berliner Mauer und des Schießbefehls während der deutschen Teilung                                  reicht – die Standardrente bewegte sich in
                             (1961 bis 1989) folgen. In den von 1991 bis 2004 vor Gerichten in Berlin,                               den folgenden Jahren lediglich zwischen
                             Neuruppin, Potsdam, Schweinfurt und Schwerin geführten Verfahren wa-                                    40 und 50 Prozent – dennoch war dies
                             ren sowohl ausführende Personen als auch politisch und militärisch Verant-                              immer noch eine deutliche Steigerung,
                             wortliche des DDR-Regimes angeklagt. Die Verfahren waren möglich, weil                                  lag die Standardrente 1956 doch bei nur
                             in den Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (BGH) festgestellt wurde,                                  34,5 Prozent. Außerdem trug die Reform
                             dass Tötungen von Flüchtlingen auch in der DDR strafbar waren.                                          dazu bei, das Vertrauen der Bürger in die

                                                                                                                                                                                                                       Foto: dpa/picture alliance
                               Das Bundesverfassungsgericht sah 1995 in Urteilen keinen Verstoß gegen                                westdeutsche Sozialstaatlichkeit wieder-
                             das Rückwirkungsverbot, ebenso wenig 2001 der Europäische Gerichtshof                                   herzustellen. Dieses Vertrauen ist seit ei-   Medienwirksam beschw rt
                             für Menschenrechte. In der Politik sprach die PDS von der Fortsetzung des                               nigen Jahren allerdings erschüttert, da der   der damalige Arbeitsminister
                             Kalten Kriegs, Gorbatschow von Hexenjagd, während CDU und SPD die                                       demografische Faktor dem Generationen-          orbert Blüm im A ril     die
                             Urteile befürworteten.                                                                                  vertrag die Grundlage zu entziehen droht.     Sicherheit des Umlages stems.

                             Vor      Jahren

                                   annsee Konferenz
                                                                                                              I   In einer Villa am Berliner Wannsee planen führende Ministerialbeamte sowie hohe
                                                                                                                  NSDAP- und SS-Funktionäre die technische und organisatorische Umsetzung der als
                                                                                                                  „Endlösung“ bezeichneten Vernichtung der europäischen Juden.
                                                                                                                     Nichts Geringeres als einen „Gesamtentwurf über die organisatorischen, sachlichen und
                                                                                                                  materiellen Vorausmaßnahmen zur Durchführung der angestrebten Endlösung der Judenfra-
                                                                                             Foto: ddp pictures

                                                                                                                  ge“ hatte Reichsmarschall Hermann Göring im Juli 1941 bei Reinhard Heydrich angefordert.
                                                                                                                  Diese „Endlösung“ war zu diesem Zeitpunkt bereits beschlossen. Heydrich, Chef des Reichs-
                                                                                                                  sicherheitshauptamts (RSHA), berief die Konferenz ein und leitete sie. Es kamen 14 führende
                                                                                                                  Ministerialbeamte aus verschiedenen Reichsministerien sowie hohe NSDAP- und SS-Funktio-
                                                                                                                  näre am Wannsee zusammen. Protokollführer des Treffens war Adolf Eichmann, Judenreferent
                                                                                                                  im RSHA.
                                                                                                                     In diesem Protokoll wird – im üblichen NS-Jargon – klar ausgeführt, was mit den elf Millio-
                                                                                                                  nen Juden in den von Deutschland kontrollierten Gebieten geschehen sollte:
                                                                                                                     „In großen Arbeitskolonnen [...] werden die arbeitsfähigen Juden straßenbauend in diese Gebiete
                                                                                                                  geführt, wobei zweifellos ein Großteil durch natürliche Verminderung ausfallen wird. Der allfällig
                                                                                                                  endlich verbleibende Restbestand wird [...] entsprechend behandelt werden müssen [...]“
                                         2                                                                           Der Mord an den europäischen Juden hatte bereits im Juni 1941 mit dem Überfall auf die
                                                                                                                  Sowjetunion begonnen. Doch nach der Konferenz begann die technokratisch organisierte Ver-

                                   2
                                                             Die Villa ist heute eine e
                                                             denk und Ausstellungsstätte .                        nichtung von Juden aus ganz Europa in neuen Dimensionen. Im März 1942 setzte sie mit der
                                                                                                                  Ankunft der ersten Deportationszüge in den Vernichtungslagern Belzec, Treblinka, Sobibor
                                                                                                                  und Auschwitz ein. Bis zum Kriegsende 1945 werden über sechs Millionen Juden ermordet.
                                   Januar

DIE BUNDESWEHR | JANUAR 2017
Die Bundeswehr - Festschrift 65 Jahre
N O T IZE N AUS DE R H AU P T S TA DT                 5
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rare
Berlin Sk line

                                                    Jan Me er,
                                                    Herausgeber

                 Das neue Heft: Zur Abwechslung etwas
                 Handfestes in der „postfaktischen Zeit“
                                                                                                         wie dem von Nikolaus        Ärgerlich. Oder wie der Bund der Steuerzahler
                    Das Magazin des Deutschen BundeswehrVerbands
                                                                                           www dbwv de
                                                                            DeutscherBundeswehrVerband
                                                                                                         Blome, stellvertretender    nüchtern kommentiert: Das Ministerium bügelt
                                                                                                         Chefredakteur von „Bild     Fehlentscheidungen aus – und „Die Kosten da-

                               Die Bundeswehr
                                                                                                         „und Bild.de, Buchautor     für müssen die Steuerzahler begleichen.“
                                                                                                         und profunder Kenner
                                                                                                         der Berliner Politszene.                         ✶✶✶✶
                                                                                  Januar 2017
                                                                                                         Oder mit Karikaturen
                      BETREUUNG UND FÜRSORGE
                                                                                                         von Stephan Rürup, der      Manchmal fragt man sich, wo die ihre Ohren ha-
                                                                                                         in der „Titanic“ ebenso     ben. Die Jury der Gesellschaft für deutsche Spra-
                      Mit dem richtigen Rückhalt                                                         veröffentlicht wie in der   che in Wiesbaden hat den Begriff „postfaktisch“
                                                                                                         „Welt am Sonntag“. Cool,    zum „Wort des Jahres 2016“ gewählt. Eigentlich
                      Interview: Steinmeier sieht Europa in der Pflicht                                  oder? Wenn Ihnen jetzt      hätte er das Zeug zum Unwort gehabt, bezeichnet
                      Endlich: Durchbruch in Sachen Trennungsgeld
                                                                                                         allerdings vor Begeiste-    er doch den Umstand, dass angeblich heutzutage
                                                                                                         rung der Kaffee umfällt,    Emotionen, „gefühlte Fakten“, manchmal wichti-
                                                                                                         denken Sie daran: Sie       ger sind als Tatsachen. Ein Gedanke, der bei der
                                                                                                         brauchen jetzt etwas an-    Bundeswehr natürlich absolut unvorstellbar ist.
                                                                                                         deres zum Aufwischen.       Deswegen gab es da auch zwei andere Favoriten
                                                                                                         Diese Zeitung saugt nun     auf den Titel. Bei den Führungskräften war es
                                                                                                         keine Flüssigkeiten mehr    „Preisschild“ – als Synonym für die Konsequen-
                                                                                                         auf …                       zen, die die Erfüllung von Aufträgen trotz eigent-
                                                                                                                                     lich ungenügender Ressourcen für die Betroffe-
                                                                                                                  ✶✶✶✶               nen hat. Und bei der Truppe war es der Klassiker:
                                                                                                                                     „SAZV“. Aber vielleicht haben die zwei ja noch
                                                                                                Wenn Sie sich als Steuer-            eine Chance, wenn das „Unwort des Jahres“ge-
                                                                                                zahler mal so ein richtig            wählt wird …
                                                                                                gutes Gefühl verschaffen
                                                                                                wollen, lesen Sie einfach                                 ✶✶✶✶
                                                                                                ein bisschen im Schwarz-
                                                                                                buch des Bundes der                  Das ist der Fluch des digitalen Zeitalters: Es
                                                                                                Steuerzahler.    Glauben             gibt Schätze, die aus Platzgründen nicht in die
                                                                                                Sie mir, das Geben fällt             Zeitung finden – und in der Onlineausgabe an
                 „Die Bundeswehr“, Jahrgang 2017: Wir geben alles                               viel leichter, wenn man              einer Bezahschranke hängen bleiben. Die Folge
                                                                                                sich diese wunderbaren               ist: Sie werden wenig gelesen, sie werden nicht

   E
                                                                                                Beispiele für Geldver-               zitiert, landen kaum in Presseauswertungen. Es
                                                                                                schwendung anschaut.                 ist, als seien die Sätze nie gefallen. In manchen
                 Ehrlich, normalerweise machen wir das nicht.             Leider taucht da auch die Bundeswehr in dieser             Fällen ist das besonders schade. Wie in diesem
                 Aber dieses eine Mal geht’s nicht anders. Das            bunten Aufstellung auf – konkret: Die Bundes-              hier. Im „Bild“-Interview sagte Verteidigungs-
                 neue Heft macht uns schon stolz. Nicht nur,              wehrreform. Viel Geld wurde im Rahmen des                  ministerin Ursula von der Leyen mit Blick auf
                 weil wir jetzt auch ein Papier haben, auf dem            Bundeswehrreform-Begleitgesetzes unter Tho-                die Notwendigkeit, mehr Geld für Verteidigung
                 unser neues Layout endlich richtig zur Geltung           mas de Maizière in die Hand genommen, um                   auszugeben: „Wir steuern das zwei Prozent-Ziel
                 kommt. Nicht nur, weil ein paar Unverdrossene            den radikalen Personalabbau zu beschleunigen.              der Nato in angemessenen Schritten an. (…) Ide-
                 von uns gleichzeitig alles gegeben haben, da-            Auch wenn der mittlerweile gestoppt ist, wird er           al wäre eine langsame, aber stetige Erhöhung des
                 mit auch unser Internetauftritt schöner wird.            noch bis Ende 2017 durch die bisherigen Zusa-              Verteidigungsetats. (…) Es wäre aufrichtig, die-
                 Sondern weil wir permanent alles tun, um ein             gen mehr als 190 Millionen Euro kosten. Und da             ses Ziel auch im Wahlprogramm festzuschrei-
                 besseres Heft zu machen. Mit Interviews mit              jetzt ja mit der „Trendwende“ wieder Soldaten              ben.“ Absolut. Das wäre es. Wir schauen nach,
                 Spitzenpolitikern wie Bundesaußenminister                und Beamte neu eingestellt werden sollen, gibt             fest versprochen. Und im Zweifel fragen wir
                 Frank-Walter Steinmeier. Mit Gastbeiträgen               das BMVg viel Geld für Werbung aus. Schade.                nach!

                                                                                                                                                            DIE BUNDESWEHR | JANUAR 2017
Die Bundeswehr - Festschrift 65 Jahre
6                                      INTERVIEW
    Foto: DBwV Willem gr Darrelmann

                                        Oberster Diplomat und wohl bald
                                        Bundespräsident: Frank-Walter
                                        Steinmeier

                                      „Ziel ist eine schrittweise Anhebung
                                          des Verteidigungshaushalts“
                                       Der Krieg in Syrien, die Krise in der Türkei, Donald Trump als neuer US­Präsident: Lauter gute Gründe für ein
                                              Gespräch mit dem Außenminister. Auch und gerade, wenn er demnächst Bundespräsident wird.

                                      Die Bundeswehr: Herr Minister, der „vernetzte        den neuen Leitlinien für das Krisenengagement           auch aus der unmittelbaren Nachbarschaft Syriens
                                      Ansatz“ ist der Leitgedanke des deutschen En­        der Bundesregierung wollen wir die Koordinierung        – macht die Versuche, den Konflikt einer Lösung
                                      gagements in Krisenregionen. Welche Erfolge se­      zwischen diesen Maßnahmen weiter verbessern.            zuzuführen, so unglaublich schwierig.
                                      hen Sie bei der praktischen Entwicklung? Wo gibt                                                             Das bedeutet aber nicht, dass wir einfach aufgeben:
                                      es Nachholbedarf?                                    Wie erklären Sie sich das Komplettversagen der          Deutschland steht ganz vorne bei der humanitären
                                                                                           internationalen Staatengemeinschaft in Syrien?          Hilfe. Wir drängen auf Zugang für internationale
                                      Frank-Walter Steinmeier: Wir sind mit unserer        Wie können solche Katastrophen in Zukunft ver­          Hilfslieferungen und Helfer, auf Feuerpausen und
                                      Politik immer dann besonders erfolgreich, wenn       hindert werden?                                         Möglichkeiten der Evakuierung. Und wir brauchen
                                      wir in einer Gesamtstrategie unterschiedliche Per-                                                           dringend eine Rückkehr zu einem politischen Pro-
                                      spektiven, Ansätze und Projekte zusammenden-         Der Bürgerkrieg in Syrien sucht mit all seinem          zess – sonst wird der Konflikt kein Ende finden.
                                      ken: Stabilisierungsmaßnahmen des Auswärtigen        Schrecken, seiner Gewalt und der Grausamkeit sei-
                                      Amtes zusammen mit Einsätzen der Bundeswehr          nesgleichen. Aber der Konflikt ist auch sehr kom-       Wie bereitet sich die internationale Staatenge­
                                      und Entwicklungsprojekten des Entwicklungshil-       plex: Da haben wir es mit einem nur schwer durch-       meinschaft auf die Zeit nach dem IS vor?
                                      feministeriums, an manchen Orten auch ergänzt        schaubaren Gewirr von Interessen und Akteuren zu
                                      um den Einsatz deutscher Polizisten – und all das    tun, in dem es natürlich um die nackte Macht geht,      Es lässt sich nicht absehen, wann die Terrormiliz
                                      abgestimmt mit den Projekten, die unsere Partner     aber auch um religiöse, ethnische und ideologische      in den Gebieten, die sie in Syrien und Irak noch in
                                      in EU und Vereinten Nationen leisten. In vielen      Gegensätze, die sich nicht einfach so überbrücken       ihrer Gewalt hat, endgültig geschlagen sein wird.
                                      Ländern funktioniert das schon sehr gut: In Soma-    lassen. Hinzu kommt: Anders als früher folgt aus        Sehen kann man aber, dass unsere Strategie, IS
                                      lia geht die Pirateriebekämpfung auf See Hand in     verhandelten Vereinbarungen zwischen den bei-           politisch, militärisch und weltanschaulich anzuge-
                                      Hand mit einer militärischen EU-Ausbildungsmis-      den Großmächten USA und Russland nicht mehr             hen, Wirkung zeigt. In Syrien und im Irak konn-
                                      sion, Stabilisierungsmaßnahmen und europäischen      automatisch eine klare Marschrichtung aller Betei-      te IS schon massiv zurückgedrängt werden. Auch
                                      und nationalen Entwicklungsprogrammen. Mit           ligten. Dass so viele Akteure beteiligt sind – gerade   in Mossul gibt es Fortschritte im Kampf gegen IS.

    DIE BUNDESWEHR | JANUAR 2017
Die Bundeswehr - Festschrift 65 Jahre
INTERVIEW                                               7

Schon jetzt müssen wir aber auch

                                        Fotos: dpa picture alliance
für den Tag danach planen. Des-
halb haben wir in der internatio-
nalen Anti-IS-Koalition von An-
fang an eine Führungsrolle für den
so wichtigen Bereich der Stabili-
sierung übernommen. Wir wollen
den Menschen in den Gebieten,
die von IS befreit sind, schnell
eine Perspektive für die Zukunft
bieten. In Mossul planen wir be-
reits mit den nationalen und lokal
Verantwortlichen, wie das gehen
kann. Das ist ein ganz essenzieller
                                               Donald Trump. Die Europäer werden laut Steinmeier mehr  Zerst rte Gebäude in Aleppo: Der Außenminister hofft auf eine
Teil unseres umfassenden Ansatzes
                                               globale Verantwortung übernehmen müssen.                Rückkehr zum politischen Prozess.
im Kampf gegen IS. Denn Terroris-
mus und islamistischer Extremismus
sind militärisch allein nicht zu besie-
gen – weder in Europa noch im Irak und in Syrien.
                                                         Was bedeutet das für die künftige Rolle der Nato?      hungen unterhielten, die voll auf unserer Linie lie-
In Kürze wird Donald Trump sein neues Amt als                                                                   gen, würde unsere Außenpolitik auf ein nettes, aber
Präsident der Vereinigten Staaten antreten – ein Gerade im Umgang mit aktuellen Sicherheitsher- doch eher kleines Kaffeekränzchen aus Europäern
Mann, den Sie im Vorfeld aus nachvollziehbaren ausforderungen ist es entscheidend, dass Nato und zusammenschrumpfen, und dann noch nicht ein-
Gründen als „Hassprediger“ bezeichnet haben. EU ihre militärischen und zivilen Instrumente mal mit allen. Aber natürlich geht die Nato-Mit-
Welches Miteinander können Sie sich vorstellen? besser miteinander verzahnen. Das gilt für die Ko- gliedschaft auch mit außen-, sicherheits- und vertei-
Was wird auf Ihren Nachfolger im Amt zukommen? operation bei der Cybersicherheit, aber auch für digungspolitischen Verpflichtungen einher. Ob sich
                                                         gemeinsame Frühwarnmechanismen und aufein- die Türkei auf Europa und den Westen zubewegt,
Wir müssen damit rechnen, dass die Außenpolitik ander abgestimmte Militärübungen. Es ist gut, dass oder eher nach Osten drängt – das muss sie letztlich
der neuen US-Administration weniger vorherseh- wir beim letzten Treffen der Nato-Außenminister selbst entscheiden.
bar sein wird, dass die Amerikaner künftig auch in Brüssel Anfang Dezember eine entsprechende
häufiger im Alleingang entscheiden und natio- Erklärung verabschieden konnten, die diese Punkte Ihre künftige Rolle als Bundespräsident ist ja dem
nale Interessen mehr in den Vordergrund stellen aufgreift – jetzt kommt es auf die Umsetzung an.                Wesen nach eine einende. Angesichts des weltwei­
werden. Das betrifft jetzt schon die internationale                                                             ten Erstarkens von Rechtspopulisten: Was ist Ihr
Handelspolitik mit dem von Donald Trump an- Muss gegebenenfalls die europäische Sicherheits­ Plan, um den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu
gekündigten Ausstieg der USA aus dem Transpa- und Verteidigungspolitik gestärkt werden? Was festigen?
zifischen Freihandelsabkommen, aber wird sich würde das für Deutschland bedeuten?
wohl im Bereich der Außen- und Sicherheitspoli-                                                                 Ich glaube, um mit den aktuellen Herausforderun-
tik fortsetzen. Deshalb müssen wir abwarten, wie Wir müssen die EU so aufstellen, dass sie noch bes- gen umzugehen – dazu gehört auch das Erstarken
Präsident Trump sich in der Klimapolitik oder ser Sicherheit für die Menschen in Europa liefern von Populismus und Nationalismus in Europa –
beim Umgang mit den Krisen in Syrien, im Na- kann. Dafür arbeiten schon heute zivile Experten, brauchen wir eine lebendige und wache politische
hen Osten und gegenüber Russland positionieren Polizisten und Soldaten in 17 Kriseneinsätzen der Kultur, und zwar auch über alle gesellschaftlichen
wird. Ich hoffe, dass die künftige amerikanische EU auf drei Kontinenten zusammen.                              Grenzen hinweg. Eine Kultur, in der wir uns nicht
Administration das transatlantische Verhältnis zu Auch unter den EU-Mitgliedsstaaten gibt es eine mit einfachen Antworten zufrieden geben und die
schätzen weiß – nicht nur gegenüber Deutschland, große Bereitschaft, die Gemeinsame Sicherheits- Schuld nicht stets beim Anderen suchen. Sondern
sondern auch gegenüber Europa insgesamt. Dieses und Verteidigungspolitik in Europa voranzubrin- in der wir auch mal heftig miteinander streiten kön-
Verhältnis ist das Fundament des Westens; es muss gen. Ich habe dafür mit meinem französischen nen, ohne den Respekt voreinander zu verlieren. Ich
intensiv gepflegt werden – von beiden Seiten.            Kollegen Vorschläge gemacht; auch die Verteidi- bin zuversichtlich, dass das gelingen kann: Das, was
                                                         gungsministerin arbeitet hier eng mit ihren fran- wir miteinander hier in Deutschland geschafft ha-
Herr Trump hat eine Reihe wenig vielverspre­ zösischen, italienischen und spanischen Kollegen ben – die Verbindung von wirtschaftlicher Vernunft
chender Bemerkungen in Richtung Nato gemacht. zusammen. Europa ist da auf dem richtigen Weg. und sozialer Verantwortung – das hat uns weltweit
Was, glauben Sie, will er wirklich?                      Klar ist aber auch: Wir müssen bereit sein zu mehr zu einem anerkannten Partner gemacht und dazu
                                                         gemeinsamer Finanzierung. Die Mühe wird sich können wir selbstbewusst stehen.
Die USA werden künftig sicher noch deutlicher for- lohnen: Die Arbeit für einen stärkeren europäi-
dern, dass sich die Europäer stärker an der Gewähr- schen Beitrag zur gemeinsamen Sicherheit kommt
leistung der eigenen Sicherheit beteiligen. Das ist im am Ende allen zugute, auch unseren transatlanti-
Prinzip nichts Neues: Auch mit einer Präsidentin schen Partnern.
Clinton hätten wir uns auf diese Forderung ein-
                                                                                                                                                                       Foto: DBwV Willem gr Darrelmann

stellen müssen und das ist seit Jahren Konsens. Im Wie entwickelt sich das Verhältnis zur Türkei?
wohlverstandenen Eigeninteresse sind wir gut bera- Ein Nato­Partner, der sich Russland und China
ten, Europas Fähigkeiten auszubauen. Das Ziel der annähert?
Bundesregierung ist eine schrittweise Anhebung
des Verteidigungshaushalts – gleichzeitig müssen Dass die Türkei ihre Beziehungen zu Russland oder
wir aber auch darauf achten, noch mehr Synergien zu China aufbaut und pflegt, ist doch ganz normale
zu schaffen bei den verschiedenen Verteidigungsfä- Außenpolitik. Dagegen ist erstmal nichts zu sagen.
higkeiten der Nato-Partner und zwischen Nato und Wenn wir uns die Welt so aufteilen würden, dass Entspanntes Gespräch im Auswärtigen Amt: Außenminis-
EU.                                                      wir nur noch mit denjenigen sprechen oder Bezie- ter Frank-Walter Steinmeier mit Herausgeber Jan Me er

                                                                                                                                        DIE BUNDESWEHR | JANUAR 2017
Die Bundeswehr - Festschrift 65 Jahre
AKTUELL
 Fotos: dpa/picture alliance

                                   Kontingentsol
                                   daten begrü en
                                   Verteidigungsmi
                                   nisterin Ursula von
                                   der Le en in ao.
                                                                                                                               Ein Schau latz der Verwüstung: der eihnachtsmarkt in Berlin

                               Von der Le en stimmt Bundeswehr                                                                                 Der Wehrbeauftragte Hans-Peter Bartels be-
                                                                                                                                            klagte ebenfalls, dass militärische und zivile Mis-
                               auf langen Einsatz in Mali ein                                                                               sionen zu schlecht aufeinander abgestimmt seien.
                                                                                                                                               Überschattet wurde der Besuch von dem ver-
                                as kommt auf die Tru e in Mali zu Die Ministerin mahnt zur eduld beim                                       heerenden Anschlag auf den Berliner Weihnachts-
                               Besuch in Afrika. Von der Le ens eise ist vom Anschlag in Berlin überschattet                                markt an der Gedächtniskirche. Von der Leyen

V
                                                                                                                                            zeigte sich entsetzt über den Anschlag in Berlin.
                                                                                                                                            Sie sprach von „bestürzenden Nachrichten“ aus
                               Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hat        Bereits jetzt sind drei Bundeswehrdrohnen vom        Deutschland. Die Gäste auf einem Empfang in der
                               die deutschen Soldaten im gefährlichen Norden des    Typ „Heron“ für Aufklärungsflüge in Gao statio-         deutschen Botschaft in Bamako bat von der Leyen
                               afrikanischen Krisenstaats Mali auf einen langen     niert. „Das ist für diese UN-Mission ganz entschei-     um einen Moment des Gedenkens für die Opfer.
                               Einsatz eingestimmt. „Es gilt bei diesem Einsatz,    dend“, sagte von der Leyen. Sie nahm auch die ma-          Auch dem BundeswehrVerband blieb angesichts
                               dass wir Geduld haben müssen“, sagte sie bei einem   lische Regierung in die Pflicht: „Ganz entscheidend     des schrecklichen Geschehens in Berlin nur, seine
                               Truppenbesuch bei den UN-Blauhelmsoldaten in         ist, dass die malische Regierung, die Politik in Mali   Anteilnahme auszudrücken: „Doch bei aller Wut
                               Gao am Rande der Sahara. Vergleiche mit dem seit     und die Gesellschaft in Mali mitzieht.“                 und allen Sorgen, die dieser Abend auslöst: Wir
                               15 Jahren laufenden, verlustreichen Einsatz in Af-      DBwV-Chef Oberstleutnant André Wüstner               sollten jetzt das tun, was so viele seit dem gestrigen
                               ghanistan wies von der Leyen aber zurück.            rügte, operativ sei in Mali wenig von einem ver-        Abend tun: Wir trauern mit den Angehörigen der
                                  In Gao sind fast 600 deutsche Blauhelmsoldaten    netzten Ansatz zu sehen. „Ich habe die Sorge, dass      Opfer. Und wir wünschen den vielen Verletzten
                               stationiert. Die Beteiligung der Bundeswehr soll     dauerhaft die gleichen Fehler wie in Afghanistan        baldige Genesung.“
                               im nächsten Jahr ausgeweitet werden. Die Man-        gemacht werden: zielloser Einsatz von Entwick-
                               datsobergrenze steigt dann von 650 auf 1000. Für     lungsgeldern, wenig Koordination zwischen den
                               Rettungseinsätze sollen jeweils vier Sanitäts- und   Ressorts gepaart mit Machbarkeitsillusionen und
                               Kampfhubschrauber bereitgestellt werden.             überzogene Erwartungen“, sagte er der „Bild“.             ach den Dienstbezügen nun auch
                                                                                                                                            die Mindestleistungen der Unterhalts
                                                                                    Weil sie so selten tagt, gibt es immer wieder Fra-
                                                                                                                                            sicherung: Sie werden steigen
                               So wird der                                          gezeichen rund um die größte parlamentarische
                                                                                    Versammlung Deutschlands: die Bundesver-
                                                                                                                                            Was für die Dienst- und Versorgungsbezüge
                                                                                                                                            schon lange gilt, hat nun auch die Mindestleis-
                               Bundes räsident                                      sammlung, die den Bundespräsidenten wählt.
                                                                                    Dieses Gremium besteht aus den Mitgliedern
                                                                                                                                            tungen für die Angehörigen der Reserve erreicht.
                                                                                                                                            Die Leistungen werden dynamisiert, das heißt,
                               gewählt                                              des Deutschen Bundestags und einer gleichen
                                                                                    Zahl von Mitgliedern, die von den Volksvertre-
                                                                                                                                            sie nehmen an den regelmäßigen Erhöhungen
                                                                                                                                            nach den Tarifrunden teil. Das hat der Bundestag
                                                                                    tungen der Länder gewählt werden. Wie viele             beschlossen. Dies war einer der letzten noch feh-
                                                                                    Mitglieder die jeweilige Volksvertretung in             lenden Bausteine für eine Anpassung der Bezüge
                                                                                    die Bundesversammlung entsendet, hängt von              an die steigenden Kosten des Lebensunterhalts.
                                                                                    der Bevölkerungszahl des jeweiligen Landes ab           Der DBwV forderte das schon seit Jahren für die
                                                                                    (Einwohner mit deutscher Staatsbürgerschaft).           RDL.
                                                                                    Die auf ein Land entfallenden Mitglieder wer-              Die Anpassung wird am Tag nach der Ver-
                                                                                    den dann vom jeweiligen Landesparlament per             kündung in Kraft treten und beträgt 4,55 Pro-
                                                                                    Verhältniswahl aus den Vorschlagslisten be-             zent. Das entspricht nicht ganz der Tarifrunde
                                                                                    stimmt.                                                 2016/2017, da sich die Mindestleistungen der
                                                                                       Zur Bundesversammlung ist wählbar, wer               Unterhaltssicherung ja am monatlichen Netto
                                                                                    zum Bundestag wählbar ist. Die zur Bundesver-           der aktiven SaZ/BS orientieren.
                                                                                    sammlung entsandten Vertreter müssen keine
                                                                                    Mitglieder der Volksvertretungen sein. Deswe-
                                                                                    gen werden regelmäßig neben den Spitzenpo-              Korrektur
                                                                                    litikern der einzelnen Länder auch ehemalige            In der November-Ausgabe ist im Beitrag „Der
                                                                                    Politiker, Prominente, Sportler und Künstler            Weg weist nach Europa“ in einem Zitat von Flot-
                                                                                    gewählt. Die Mitglieder der Bundesversamm-              tillenadmiral Jürgen Ehle der Begriff „ESVP“ er-
                                                                                    lung sind an Aufträge und Weisungen nicht               wähnt. Admiral Ehle hat jedoch korrekterweise
                                                                                    gebunden. Dennoch ist es wahrscheinlich, dass           den Begriff GSVP (Gemeinsame Sicherheits- und
                                                                                    der Kandidat der Großen Koalition, Außenmi-             Verteidigungspolitik) verwendet, der seit dem
                                                                                    nister Frank-Walter Steinmeier (siehe Interview         Lissaboner Vertrag 2009 eingeführt ist. Wir bit-
© dpa

                                                                                    Seite 6), der nächste Bundespräsident wird.             ten um Nachsicht.

DIE BUNDESWEHR JANUAR 2017
GASTBEITRAG                                            9

                                                            Foto: Flashmedia
F
                              Von Nikolaus Blome
Für Angela Merkel ist 2017 der vierte Wahlkampf
ums Kanzleramt. Aber fast nichts wird so sein wie
sonst. Nicht für sie, nicht für das Land.
  Die Flüchtlingskrise geht an Merkels Mar-
kenkern. In der politischen Mitte, wo Bundes-
tagswahlen nach wie vor gewonnen werden,
herrscht so viel Verunsicherung wie lange nicht.
Die Wähler der Mitte beobachten ein vielfälti-
ges Vollzugsdefizit des Staates und sorgen sich,
ob Grenzen noch etwas gelten. Grenzen rund um
Deutschland, Grenzen der Integrationsfähigkeit,
Grenzen also auch für den Zuzug von Flüchtlin-                                                                                               Die Volksparteien scheinen
gen und Migranten. Das ist politisch ein gefährli-                                                                                           weitgehend austauschbar,
cher Moment für eine Kanzlerin, deren Marken-                                                                                                der Gegensatz von „links“
kern als Krisenmanagerin sinngemäß aus dem                                                                                                   und „rechts“ verschwunden.
Satz besteht: „Ich hab’s für Sie im Griff.“

Bundestagswahl 2017

Alles neu für Merkel und uns
   Angela Merkel steckt also in der Defensive. Sie                                 Angela Merkel CDU , Horst
wird im Wahljahr 2017 nicht in der Lage sein,                                    Seehofer CSU, r. und Sigmar
ihre politischen Gegner zu lähmen. Im Gegen-                                   Gabriel SPD einigten sich 2013
teil: Sie polarisiert zum ersten Mal selbst, als Per-                                 auf eine Große Koalition.
son. Sie hat ihren stolzen Satz: „Wir schaffen das“
weitgehend einkassiert, weil er mehr provoziert         AfD sitzt in zehn Landtagen.
als das erreicht, was gemeint war: nämlich An-          Der Verdruss vieler Neu-Wäh-
sporn zu sein und Haltung zu zeigen. Und, auch          ler von Anti-Parteien wie den
das ist neu, Angela Merkel steckt in einer Zange        Piraten oder der AfD wächst
aus Rot-Rot-Grün und AfD. Die Parteien der              aus der Wahrnehmung, dass
Großen Koalition bringen in manchen Bundes-             die beiden Volksparteien weit-

                                                                                                                                                                           Foto: dpa/Picture allince
ländern keine regierungsfähige Mehrheit mehr            gehend austauschbar sind.
zusammen.                                               Dass der klassische Gegensatz
   Der Überdruss geht auch auf die Berliner Ver-        von „linkem“ und „rechtem“
hältnisse zurück, wo in sieben der letzten elf Jahre    Lager dauerhaft verschwun-
eine Große Koalition regierte. Die beiden Volks-        den scheint. Dass Union und
parteien haben sich zu lange sicher gefühlt. „Die       SPD gleichsam die Hillary
Leute interessieren sich in Wahrheit doch gar           Clinton von Deutschland
nicht für Politik“, so redet Merkel über die Mitte      sind. Erfahren, ja. Aber sattsam bekannt, sklero-         Ränder auf das normale Maß zurückstutzen.
der Gesellschaft, wenn sie im kleinen Kreis ein-        tisch, um nicht zu sagen: verbraucht.                     Schließlich ist der Einzug der AfD in den Bun-
mal offen ist, und an der Spitze der SPD wird in           Ändern kann das nur die Renaissance der La-            destag kein Naturgesetz. Denn: Wer Wut- und
Wahrheit genauso gedacht. Aber CDU und SPD              ger. Links oder rechts, jener Gegensatz, der eine         Frust-Wähler bei Laune halten will, muss die Do-
haben die Experimentierfreude ihrer Wähler              ganze Zeit lang an sein Ende gekommen schien              sis aus Provokation und radikalen Forderungen
unterschätzt oder deren Veränderungswut nicht           wie einst „die Geschichte“ im berühmten Buch              stetig erhöhen, Populismus ist eine Droge. Das
ernst genug genommen. Heute ist ein Grüner Mi-          von Francis Fukuyama. Ein Lagerwahlkampf                  aber könnte die Partei erst zermürben und dann
nisterpräsident von Baden-Württemberg, und die          aber könnte das Land und die Wähler im besten             zerreißen entlang der Trennlinie zwischen ihrem
                                                        Sinne polarisieren – damit sie sich nicht weiter          offen fremdenfeindlich-völkischen Teil und jener
                                                        von den Rändern hinein in die Mitte radikali-             Gruppe, der sich die CDU/CSU der 80er Jahre
                                                        sieren. Dazu würde freilich gehören, dass SPD,            und die Zeit vor Globalisierung und Mauerfall
                                                        Linke und Grüne sich trauen, gemeinsam als                zurück wünscht, mitsamt dem damals geltenden
                                                        „Rot-Rot-Grün“ (Berliner Sprech: „R2G“) in                Frauen- und Familienbild.
                                                        einen Bundestagswahlkampf zu ziehen. Denn                    Kurzum: Der Einzug der AfD in den Bundes-
   Nikolaus Blome ist                                   anders als mit R2G kann die SPD keine glaub-              tag ist alles andere als sicher. Sicher ist nur eines:
     stellvertretender                                  hafte Machtperspektive darstellen – die ihr in            Eine weitere Große Koalition in Berlin wäre in
    Chefredakteur der                                   den Wahlkämpfen 2009 und 2013 so sehr fehl-               jedem Fall die falsche Antwort auf die Verunsi-
    „Bild“-Zeitung und                                  te. Schließlich: Ein klassischer Lagerwahlkampf           cherung der Mitte und das Auffächern der Par-
    verantwortlich für                                  würde der AfD das Aufmerksamkeitsmonopol                  teienlandschaft. Es werden die Lager sein, die das
 das Politik- und Wirt-                                 abspenstig machen und damit die politischen               Land zusammenhalten.
       schaftsressort.

                                                                                                                                           DIE BUNDESWEHR | JANUAR 2017
10        B U N D E S TA G S WA H L 2 017

            Deutsch
                   er
                                            Aus der Deckung –

 ✗
                    Bu
                      nde
                         swehrVerband

                 Bundes-
                                            In den Wahlkampf
                 tagswahl
                 2017                                                                Die Wahl beginnt jetzt
                                                                                     Nicht über die Politik jammern, sondern für die Interessen
                                                                                     der Angehörigen der Bundeswehr kämpfen, lautet die Devi-
        Diese Wahl ist so wichtig für die                                            se des DBwV! Deshalb setzen wir in diesem Wahlkampf auf
                                                                                     unsere Mitglieder. Wir fordern Sie auf, sich aktiv einzubrin-
        Bundeswehr wie kaum eine andere!                                             gen! Gehen Sie auf Wahlkampfveranstaltungen und sprechen
                                                                                     Sie Ihre Kandidaten an. Schreiben Sie einen Brief oder eine
                                                                                     E-Mail an die Parteizentralen oder senden Sie eine Nach-
        Es geht um die Zukunft der                                                   richt über die sozialen Medien wie Facebook, Twitter oder
                                                                                     Abgeordnetenwatch. Fragen Sie gezielt nach: Wann wird das
        Bundeswehr!                                                                  Weißbuch im Deutschen Bundestag debattiert? Wie setzen
                                                                                     sich die Kandidaten für die Kameraden in den Auslands-
                                                                                     einsätzen ein? Wie wird Deutschland seiner Führungsrolle
        Der ganze DBwV bringt sich ein:                                              gerecht?
                                                                                        Sorgen Sie dafür, dass die Bundeswehr Wahlkampfthema
        Bundesvorstand, Mandatsträger,                                               wird. Der DBwV unterstützt Sie dabei. In Kürze finden Sie
                                                                                     auf unserer Homepage Tipps und Hinweise, wie Sie Ihre Kan-
        Mitglieder.                                                                  didaten finden und welche Themen im Wahlkampf wichtig
                                                                                     sind. Lassen Sie uns an Ihren Fragen teilhaben. Schicken Sie
                                                                                     uns die Antworten, die sie erhalten haben und wir veröffent-
        Wir wollen Antworten auf unsere Fragen!                                      lichen eine Auswahl im Internet. Schildern Sie uns Ihre Ein-
                                                                                     drücke von Gesprächen mit den Kandidaten. Lassen Sie uns
                                                                                     gemeinsam daran arbeiten, dass die Anliegen der Angehörigen
        Machen Sie mit!                                                              der Bundeswehr im laufenden Wahlkampf den gebührenden
                                                                                     Stellenwert erhalten, denn im September 2017 heißt es: Wir
                                                                                     wählen Deutschland!

                                              Ein Superwahljahr für die Bundeswehr
                                              Dieses Superwahljahr wird überschattet von gewaltigen sicherheitspolitischen Herausforderungen.
                                              Die Bedrohungslage ist so komplex und unübersichtlich wie nie zuvor. Weltweite Krisen und Kon-
                                              flikte, Cyberangriffe, Terroristen und neue Formen der Kriegsführung fordern die deutsche Sicher-
                                              heitspolitik heraus. Unter US-Präsident Trump wird der Druck auf die Europäer und insbesondere
                                              Deutschland wachsen, mehr sicherheitspolitische Verantwortung zu übernehmen. Die EU versucht
                                              ihre eigenen sicherheitspolitischen und militärischen Kapazitäten zu stärken und zu bündeln. Mit der
                                              Veröffentlichung des Weißbuchs hat die Bundesrepublik erklärt, ihrer Führungsrolle in Europa auch
                                              militärisch gerecht werden zu wollen.
                                                 Das heißt: Die Aufgaben für die Bundeswehr werden immer zahlreicher und anspruchsvoller. Doch
                                              noch stehen der Bundeswehr nicht die Mittel zur Verfügung, die sie braucht, um ihren Auftrag pro-
                                              fessionell und hundertprozentig zu erfüllen. Selbst eine im Grundsatz richtige Entscheidung wie die
                                              Einführung einer Arbeitszeitrichtlinie fordert die Angehörigen der Bundeswehr durch Mängel in der
                                              Umsetzung heraus.
                                                 Die „neu ausgerichtete“ Bundeswehr ist eine kleine, halb kaputtgesparte, auf Auslandseinsatz ge-
                                              trimmte Freiwilligenarmee. Dass sie dennoch so zuverlässig ihre Aufträge erfüllt, liegt an den groß-
                                              artigen und einzigartigen Menschen, die in ihr dienen. Die Bundesministerin der Verteidigung hat
                                              Schwächen der Bundeswehr erkannt und Trendwenden eingeleitet. Bei Ausrüstung, Personal und
                                              Haushalt soll alles besser werden. Doch damit aus den Trendwenden mehr als nur eine gute Perspek-
                                              tive wird, sind noch riesige Anstrengungen zu unternehmen. Dieser besonderen Verantwortung für
                                              die Menschen der Bundeswehr müssen sich die Kandidaten bewusst sein, die nach den Wahlen in den
                                              Bundestag einziehen möchten. Die Belange der Bundeswehrangehörigen verdienen einen festen Platz
                                              in den Wahlprogrammen der Parteien und erst recht im nächsten Koalitionsvertrag!

     DIE BUNDESWEHR | JANUAR 2017
B U N D E S TA G S WA H L 2 017            11

                                                                                                            Wir haben die Wahl
                                                                                                            Demokratie lebt also vom Mitmachen. Nur wer sich aktiv
                                                                                                            einbringt, hat die Chance, Politik zu gestalten. Die Mög-
                                                                                                            lichkeiten beschränken sich nicht nur auf das Ankreuzen
                                                                                                            eines Stimmzettels. Vor allem im Wahlkampf gibt es viele
                                                                                                            Gelegenheiten, sich bei den Politikern Gehör für die eige-
                                                                                                            nen Anliegen zu verschaffen. Kandidaten aller Parteien
                                                                                                            sind schon Monate vor den eigentlichen Wahlen bei Veran-
                                                                                                            staltungen und an Infoständen präsent. Dort besteht eine
                                                                                                            gute Möglichkeit, um ins Gespräch zu kommen. Vor allem
                                                                                                            bei sicherheitspolitischen Veranstaltungen sollten Soldaten
                                                                                                            sich einbringen. Schließlich sind sie die sicherheitspoliti-
                                                                                                            schen Praktiker und können ihre Erfahrungen sowohl aus
                                                                                                            dem Alltag in der Truppe als auch den Einsätzen einbrin-
                                                                                                            gen. Nur wer seine Interessen artikuliert, hat eine Chance,
                                                                                                            dass diese berücksichtigt werden. Aber auch die (zukünfti-
                                                                                                            gen) Abgeordneten müssen wissen, dass sie mit ihrem Man-
                                                                                                            dat eine große Verantwortung für die Parlamentsarmee
                                                                                                            Bundeswehr übernehmen. Dann entscheiden sie mit ihrer
                                                                                                            Stimme über aktuelle und zukünftige Auslandseinsätze,
Fotos: dpa/picture alliance

                                                                                                            legen den Haushalt der Bundeswehr fest und überneh-
                                                                                                            men Verantwortung für die Ausrüstung und Ausstattung
                                                                                                            der Streitkräfte. Schließlich ist der Bundestag die politi-
                                                                                                            sche Bühne, auf der über die großen sicherheitspolitischen
                                                                                                            Grundsatzentscheidungen debattiert werden muss.

                                                                                                So erreichen Sie Ihre Kandidaten:
                              So funktioniert die Wahl
                                                                                                Über die jeweiligen Internetauftritte der Partei-
                              Alle vier Jahre wird der Deutsche Bundestag gewählt. Für die
                              Parteien bedeutet das einen sehr zeit- und arbeitsintensiven      en können Sie einfach und unkompliziert mit
                              Wahlkampf. Und dies im Prinzip schon direkt nach der letz-
                              ten Wahl, wenigstens aber etliche Monate vorm eigentlichen
                                                                                                den Spitzenpolitikern in den Parteizentralen in
                              Wahltag. Die Kandidaten müssen aufgestellt und ein Wahlpro-       Kontakt treten.
                              gramm entworfen werden, um die Wähler von sich zu überzeu-
                              gen. Wesentlich für die Wahlentscheidung der Wähler ist das
                              Wahlprogramm der jeweiligen Parteien. Ein Wahlprogramm
                              ist der Katalog von politischen Maßnahmen, welche die Partei      Auf der Internetseite des Deutschen Bundes-
                              in der kommenden Legislaturperiode umsetzen möchte. Jede
                              Partei verfolgt bei der Erstellung ihres Wahlprogramms ihren
                                                                                                tags (www.bundestag.de) finden Sie über eine
                              eigenen Zeitplan, doch die meisten Parteien befinden sich jetzt   Postleitzahlensuche Ihre aktuellen Abgeord-
                              in einer wichtigen Phase der Erstellung.
                                 Die Entwürfe der Wahlprogramme werden bei allen Partei-        neten. Auch in sozialen Medien wie Facebook
                              en von eigens dafür eingerichteten Programmkommissionen
                              erarbeitet. Hier sitzen Politiker der Landes- und Bundesebe-
                                                                                                haben die meisten Politiker einen Auftritt. Auf
                              ne, der Partei und Fachleute zu den unterschiedlichen poli-       www.abgeordnetenwatch.de können Kandida-
                              tischen Bereichen zusammen. Experten zur Sicherheits- und
                              Verteidigungspolitik üben genauso Einfluss auf das Wahlpro-       ten gezielt angesprochen werden.
                              gramm aus wie Familienpolitiker oder Sachverständige zur
                              Gesundheitspolitik. Großen Einfluss auf das Wahlprogramm
                              haben zudem Parteitagsbeschlüsse und Mitgliederbefragun-
                              gen. Mindestens genauso wichtig ist aber auch der Input von
                                                                                                Sie suchen einen bestimmten Kandidaten,
                              außen. Bürger können mit gezielten Anfragen bei ihren Wahl-       aber wissen nicht, wie Sie ihn erreichen? Wir
                              kreisabgeordneten auf die Wichtigkeit bestimmter Themen
                              aufmerksam machen und Druck aufbauen, sich damit tiefer           helfen Ihnen. Melden Sie sich einfach im Mit-
                              gehend auseinanderzusetzen. So fließen aus den unterschied-
                              lichsten Richtungen Ideen zusammen. Schließlich stimmen
                                                                                                gliederbereich auf www.dbwv.de an. Hier wer-
                              die Delegierten der Parteien über das Wahlprogramm ab. Die        den wir bis zur Bundestagswahl ausgewählte
                              Veröffentlichung von Wahlprogrammen erfolgt regelmäßig
                              etwa ein Vierteljahr vor der Wahl.                                Fragen und Antworten laufend veröffentlichen.

                                                                                                                                             DIE BUNDESWEHR | JANUAR 2017
2    TITEL: BET EUU

                           uh ren. Kümmern. elfen.
                 Betreuung und Fürsorge können nicht in „Zweitfunktion“ geleistet werden

    B
    „Betreuung und Fürsorge in der Bundeswehr –
    keine leeren Formeln“: So titelte jüngst ein Bei-
    trag auf der Website www.bundeswehr.de. Zu
    Wort kam dort Alice Greyer-Wieninger, Abtei-
                                                        ist. In den meisten Fällen ist die Anzahl der Ne-
                                                        benfunktionen sogar noch höher und Betreuung
                                                        kommt dabei immer an letzter Stelle.
                                                           Klar ist: Ohne Betreuung und Fürsorge geht es
                                                                                                                             Ein weiterer Knackpunkt in der Praxis: Betreu-
                                                                                                                          ungspersonal muss dringend qualifiziert werden.
                                                                                                                          Für jeden Handgriff, den man in diesen Streitkräf-
                                                                                                                          ten macht, ist ein Lehrgang notwendig – nur in
    lungsleiterin IUD im Verteidigungsministerium.      nicht – insbesondere im Soldatenberuf, der wie                    der Betreuung nicht. Aber die engagierten Sol-
    Sie zähle bei diesem Thema vor allem auf das eh-    kein anderer mit persönlichen Entbehrungen und                    daten und zivilen Beschäftigten haben auch hier
    renamtliche Engagement vieler Soldaten, ziviler     Gefahren verbunden ist. Die Betreuung ist Auf-                    einen Anspruch darauf, notwendiges Grundla-
    Mitarbeiter und Angehöriger.                        tragsbestandteil, und deswegen muss der Dienst-                   genwissen vermittelt zu bekommen und sich wei-
       Gleich vorweg: Was Ehrenamtliche im Bereich      herr seiner gesetzlichen Verpflichtung vollumfäng-                terzubilden. Warum nicht Soldaten explizit für
    Betreuung und Fürsorge in der Bundeswehr leis-      lich nachkommen. Betreuung und Fürsorge sind                      die Betreuung ausbilden? Ein Verwendungsbe-
    ten, ist enorm. Doch irgendwann erreichen auch      Garanten der Berufszufriedenheit. Heimgesell-                     reich „Betreuung“ mit eigens dafür geschaffenen
    sie ihre Grenzen. Der Dienstherr muss endlich       schaften (OHG, UHG) und Mannschaftsheim                           Lehrgängen – und nach der Dienstzeit verlässt
    erkennen, dass das Thema nicht mal so nebenbei      beispielsweise waren und sind fester Bestandteil                  die Kameradin, der Kamerad die Bundeswehr als
    in einer „Zweitfunktion“ umfassend zu leisten       der Streitkräfte und müssen dies in Zukunft blei-                 ausgebildete/-r und erfahrene/-r Veranstaltungs-
                                                                                ben. Auch wenn die jewei-                 kauffrau/-mann oder sogar als Eventmanager/-in.
                                                                                ligen Heimbetriebe unter-                 Damit wäre eine ganz andere Motivation für die
                                                                                schiedlich stark ausgelastet              dienstliche Tätigkeit in der Betreuung gegeben.
                                                                                sind, die Notwendigkeit
                                                                                von     Betreuungseinrich-
                                                                                tungen steht nicht infrage.
                                                                                Im Gegenteil: Betreuung
                                                                                umfasst heute viel mehr als                     Betreuung und
                                                                                noch zu Anfangszeiten der
                                                                                Bundeswehr. Hier sei nur                         Fürsorge sind
                                                                                die Familienbetreuung für
                                                                                Angehörige von Soldaten                          Garanten der
                                                                                inner- und außerhalb von
                                                                                Einsätzen genannt.                            Berufszufriedenheit.
                                                                                   Allen Betreuungsmög-
                                                                                                                                FREGATTENKAPITÄN MARCO THIELE
                                                                                lichkeiten aber war und
                                                                                ist eines gemeinsam: Sie
                                                                                müssen fast ausschließlich
                                                                                im Nebenamt geleistet                        Auf den folgenden Seiten beleuchten wir aktu-
                                                                                werden. Feste Dienstpos-                  elle Brennpunkte und wichtige Aspekte rund um
                                                                                ten in einer entsprechen-                 den Themenkomplex Betreuung und Fürsorge.
                                                                                den Org-Struktur gibt es                  Hier sollen nur einige wichtige Punkte vorab ge-
                                                                                bisher nur in der Bundes-                 nannt werden: Der Wehrbeauftragte Hans-Peter
                                                                                wehrbetreuungsorganisa-                   Bartels stellt die hohe Relevanz dieses Themas
                                                                                tion. Auch einige Betreu-                 dar, dem oft nicht die entsprechende Wertschät-
                                                                                ungsbüros verfügen über                   zung zuteil wird. Der Abteilungsleiter Führung
                                                                                hauptamtliches Personal –                 Streitkräfte, Generalleutnant Eberhard Zorn,
                                                                                in diesen Bereichen funkti-               erläutert im Interview unter anderem, was die
                                                                                oniert die Betreuung dann                 neue Betreuungskommunikation umfasst – und
                                                                                auch hervorragend. Die                    was nicht. Hier gibt es in der Praxis noch Missver-
                                                                                logische Konsequenz kann                  ständnisse. Auch unsere Mandatsträger kommen
                                                                                daher nur sein, die Betreu-               zu Wort: Die beiden stellvertretenden Landesvor-
                                                                                ung mit hauptamtlichem                    sitzenden und Oberstabsfeldwebel a.D., Rudolf
                                                                                Personal auszustatten.                    Schmelzer und Thomas Bielenberg, zeigen noch
                                                                                                                          bestehende Unzulänglichkeiten in der Familien-
                                                                                                                          betreuung auf.
                                                                                                                             Fazit: Es passiert einiges, aber vieles muss noch
                                                                                                                          auf Spur gebracht werden. Der Dienstherr muss
                                                                                                                          seiner Verantwortung gerecht werden, insbeson-
                                                                  Foto: ddp images

                                                                                     Einer hilft dem anderen: Das ist
                                                                                     das rund rinzi von Betreuung         dere in finanzieller und personeller Hinsicht.
                                                                                     und Fürsorge. ie der Dienstherr      Große Aufgaben sind eben nicht nur mit Engage-
                                                                                     Bundeswehr das umsetzt, beobachtet   ment und gutem Willen zu bewerkstelligen! MT
                                                                                     der Deutsche BundeswehrVerband
                                                                                     sehr genau.
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