Die Bundeswehr - Festschrift 65 Jahre
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www.dbwv.de Das Magazin des Deutschen BundeswehrVerbands /DeutscherBundeswehrVerband Die Bundeswehr Januar 2017 BETREUUNG UND FÜRSORGE Mit dem richtigen Rückhalt Interview: Steinmeier sieht Europa in der Pflicht Endlich: Durchbruch in Sachen Trennungsgeld
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ZUR SACHE 1 Mit Zuversicht ins neue Jahr W Wir starten in das neue Jahr mit den Bildern des Anschlags von Ber- lin vor Augen. Der Terror ist auch bei uns angekommen. Das macht uns wütend und traurig. Dazu die Kriege, Vertreibung und das Elend in vielen Teilen der Erde – es wird immer schwerer, unseren Kindern Durchsetzungswillen und Unterstützung der ganzen Bundesregierung benötigt als bisher. Aber ich warne davor, das durch zahlreiche Refor- men, Sparmaßnahmen und eine weiter zunehmende Einsatzdichte oh- nehin hoch beanspruchte „Bestandspersonal“ der Bundeswehr noch all das zu erklären und mit dem Gefühl der Ohnmacht zurechtzu- weiter zu belasten. Plänen zur pauschalen Anhebung des Eintrittsalters kommen. in den Ruhestand werden wir weiterhin entschlossen entgegentreten. Manche Menschen stecken in dieser Lage den Kopf in den Sand, Lassen Sie uns gemeinsam dafür kämpfen, dass nach 2014 als dem einige suchen ihr Heil in populistischen „Einfachlösungen“, die keine Jahr der „sicherheitspolitischen Schocks“, 2015 als dem des „Erkennens sind. Die meisten aber – da bin ich mir sicher – bleiben zuversichtlich. des Mangels“ und 2016 als dem der „Einleitung von Trendwenden“ das Und Zuversicht ist die stärkste Antwort einer wehrhaften Demokratie Jahr 2017 für „Zuversicht und Umsetzung“ – mit und nicht gegen die auf diejenigen, die ihr schaden wollen. Die sicherheitspolitischen He- Bundeswehrangehörigen – steht. Auch deswegen hat die anstehende rausforderungen sind enorm, aber sie können bewältigt werden. Das Bundestagswahl eine herausragende Bedeutung. Hier sind wir ALLE erfordert viel Energie, Ausdauer, abgewogene Vorgehensweisen und gefragt – nicht nur, um ein Wahlkreuz zu machen, sondern um bereits Haltung. Gerade Letzteres stärkt eine Gesellschaft wie die unsere. im Vorfeld die Wahlkämpfer und Parteien für die Bedeutung sicher- Nun kommen in Deutschland und in der EU Prozesse in Bewegung, heitspolitischer Themen zu sensibilisieren. die Jahrzehnte als illusorisches Wunschdenken bequem abgetan wur- den. Damit meine ich nicht die Vision vom Aufbau einer europäischen ✶✶✶✶ Armee, sondern eine von Pragmatismus und Sachlichkeit begleitete Besinnung auf das, worauf es mehr denn je ankommt: die Entwick- Umsetzung und Fortschritt – dafür steht auch diese Ausgabe unse- lung handfester gemeinsamer Positionen und das Streben nach einer res Verbandsmagazins. Das vor einigen Monaten veränderte Layout durch Kooperation geprägten militärischen Handlungsfähigkeit. Und wirkt auf neuem Papier noch attraktiver und gefälliger als bisher Deutschland stellt sich zunehmend der auch von Verbündeten einge- schon. Gleiches gilt für unsere Homepage, die alsbald im neuen Kleid forderten Führungsverantwortung in Europa. Der Weißbuchprozess und über eine optimierte Struktur den Informationsservice für unse- zeigt seine Wirkung, auch wenn beispielsweise der vernetzte Ansatz re Mitglieder weiter ausbauen wird. Das zeigt: Auch im vierten Jahr immer noch nur als „Ansatz“ empfunden wird. In der Bundeswehr der laufenden Amtsperiode setzen wir planmäßig die Forderungen wurden schonungslose Bestandsaufnahmen vorgenommen und Trend- unserer Mitglieder um – so, wie Sie es von uns gewohnt sind. wenden aufgelegt, selbst wenn diese erst verzögert ihre Wirkung zeigen werden. Mit kameradschaftlichen und kollegialen Grüßen ✶✶✶✶ Gewiss, wir stehen noch am Anfang. Noch hat nicht die gesamte Po- litik die Dimension der Aufgabe verinnerlicht, an vielen Ecken hakt es. Aber seien wir ehrlich: Verglichen mit der Bewegung von heute darf man vergangene Zeiten gerne mit „Dornröschenschlaf “ gleich- setzen. Deswegen kommt es mehr denn je darauf an, die anlaufenden Prozesse auf dem richtigen Kurs zu halten oder dorthin zu bringen. Dazu gehört ebenso viel Mut wie Zuversicht. Der DBwV verfügt über beides, genauso wie über klare Zielsetzungen. Für uns kommt es darauf an, dass die politischen Vorgaben für die Fähigkeiten der Bundeswehr personell wie materiell unterfüttert und die im Weißbuch benannten Gestaltungsbereiche mit Leben gefüllt werden. Voraussetzung ist natürlich eine entsprechende Anpassung des Verteidigungshaushalts. Es steht außer Frage, dass aufgrund der Auf- tragslage der geplante personelle Aufwuchs trotz Binnenoptimierung nicht ausreichen wird und die Zielgröße für den Personalumfang nach oben korrigiert werden muss. Wir alle wissen, dass diese Mammutauf- gabe der Personalgewinnung und -bindung noch viel mehr Kreativität, Oberstleutnant André Wüstner, Bundesvorsitzender DIE BUNDESWEHR | JANUAR 2017
2 AKTUELL Meist nur Formsache: die Verlängerung Foto: dpa/picture alliance von Einsatzmandaten (Archivfoto von der Abstimmung im vergangenen Jahr). Diesmal wurde über Afghanistan viel diskutiert. (101 Gegenstimmen, neun Enthaltungen), das bis zu 980 Soldaten umfasst. Auftrag ist weiterhin, die afghanischen Verteidigungs- und Sicherheits- kräfte zu befähigen, ihrer Verantwortung nachzu- kommen, heißt es in der Begründung der Regie- rung. Das Mandat ist auf ein Jahr befristet. Die Mandate für die UN-Friedensmission im Südsudan (UNMISS) und dem Einsatz in Dar- Mandate für Afghanistan, fur (UNAMID) umfassen jeweils 50 Soldaten, die „Führungs-, Verbindungs-, Beratungs- und Unterstützungsaufgaben“ übernehmen sollen. Darfur und Südsudan verlängert In Darfur im Sudan sei es bisher nicht gelun- gen, „einen dauerhaften und nachhaltigen Frie- den zu etablieren“, erklärte die Regierung zur Berlin. Die Bundeswehr soll weiter an den Mis- Besonderes Augenmerk lag in einer turbulenten Begründung schriftlich. Es komme noch immer sionen in Afghanistan, Darfur und im Südsudan Debatte, die geprägt war von zahlreichen emoti- zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen beteiligt sein. Das beschloss der Bundestag im onalen Beiträgen, natürlich auf dem Einsatz in Rebellen, Milizen und staatlichen Streitkräften. Dezember in getrennten Abstimmungen auf An- Afghanistan (Resolute Support). 467 Abgeordne- Im Südsudan spricht die Regierung gar von einer trag der Bundesregierung. te stimmten für eine Verlängerung des Mandates „massiven Herausforderung“. Liebe Leser, Internetnutzer und Freunde des BundeswehrVerbands, wie bereits in der Dezember-Ausgabe angekün- In der Übergangszeit wird aufgrund der tech- sen geprüft. Dennoch kann es vorkommen, dass digt, wird im Januar nicht nur unser Magazin mit nischen Komplexität der Freischaltung mögli- ein Link oder eine Komfortfunktion noch nicht einer deutlich verbesserten Papierqualität erschei- cherweise nicht alles reibungslos ablaufen. So hinterlegt ist. Wir bitten für diesen Fall um eine nen. Auch der Internetauftritt des Verbands und kann es durchaus sein, dass die Verbandshome- kurze Nachricht an online@dbwv.de. seiner zwei „Töchter“ mit eigener Website (För- page in der ersten Januarwoche für mehrere Tage Sollten Sie einer der rund 54 000 bereits regis- derungsgesellschaft/FöG und Karl-Theodor-Mo- nicht erreichbar und stattdessen ein „Baustellen- trierten Nutzer sein, haben Sie bis Ende Dezem- linari-Stiftung/Bildungswerk) wird vollständig schild“ zu sehen ist. Wir haben alle Funktionen ber eine Mail erhalten, mit der Sie auf die Not- erneuert. der neuen Seite nach bestem Wissen und Gewis- wendigkeit einer Neuregistrierung für den neuen geschützten Bereich hingewiesen wurden. Diese Neuregistrierung erfolgt dann ganz unkompli- ziert durch Betätigen eines Links, der mit einer zweiten Mail verschickt wird. Dann noch das ©Rürup Profil ausfüllen und speichern, und schon können sie auf Entdeckungsreise gehen. Das Ergebnis wird zeigen, dass sich der Auf- wand gelohnt hat. Die neue Startseite ist über- sichtlicher, die Kopfnavigation ermöglicht die schnelle Wahl Ihrer bevorzugten Seite. Vielleicht noch wichtiger: Die Darstellung auf Mobilgerä- ten (Smartphones und Tablets) ist deutlich kom- fortabler. Vereinfacht hat sich auch die Nutzung des geschützten Mitgliederbereichs. Das neue Mitgliederportal bietet jetzt alle Informationen rund um den Verband und der FöG auf einer Sei- te. Apropos geschützter Bereich: Hier sind Nach- richten, Termine und Daten nun deutlich einfa- cher abzurufen. Die Kommunikationsmöglich- keiten und der Austausch von Informationen sind unkompliziert zu bewerkstelligen. Sollte es zu technischen Problemen kommen, werden wir diese so schnell wie möglich beheben. Wir bitten für eventuelle Unannehmlichkeiten um Nachsicht. DIE BUNDESWEHR JANUAR 2017
I N H A LT 3 Foto: dpa 9 Politikverdrossenheit, austauschbare Volksparteien, Veränderungswut – die bevorstehende Bundestagswahl macht viele Bürger ratlos. In seinem Gastbeitrag plädiert Nikolaus Blome deshalb für eine Renaissance der klassischen Lager „links“ und „rechts“. VERBAND AKTUELL POLITIK 1 Zur Sache: Mit Zuversicht ins neue Jahr 6 Außenpolitik: Frank-Walter Steinmeier im Interview 10 Bundestagswahl: Jetzt aktiv einbringen 37 Missionsmodell: Ausrichtung an neuer Einsatzrealität 24 Verbandserfolg: Durchbruch bei Umzugsregelung 26 SAZV: Erste Nachbesserungen und Notventillösung AUS DER TRUPPE 32 AG Soldatinnen: Kritikpunkt Dienstbekleidung 33 Podiumsdiskussion: Vereinbarkeit Familie und Dienst 29 Berufszufriedenheit: Verbesserungen kaum spürbar 34 CESI: Führung bestätigt 40 Heer: Feste Zulage für Sprengstoffentschärfer gefordert 43 Luftwaffe: Zielgruppentagung zur Arbeitszeit 45 Marine: 60 Jahre deutsche Marine TITEL 47 Streitkräftebasis: SKB als Vorbild für Europa 50 Sanitätsdienst: Versorgung von Terroropfern im Fokus 12 Betreuung/Fürsorge: Nicht in Zweitfunktion leistbar 13 Wehrbeauftragter: Eine Frage der Attraktivität FÜR UNSERE MITGLIEDER 14 Betreuungskommunikation: Ziel erreicht 16 Pilotprojekt: Betreuung unter einem Dach 39 Ansprechpartner Auslandseinsatz 18 Einsatzbetreuung: Weiterhin mängelbehaftet 78 Ansprechpartner Verband intern 20 Bewirtschaftete Betreuung: Vor großen Veränderungen 52 Versorgung/ERH: Nachbesserung beim Altersgeld 21 Betreuungsportal: Fürsorge auf einen Blick 53 Personalia 23 Familienbetreuung: Unverzichtbarer Bestandteil 55 Beteiligungsrechte: Personalmanagement im HPR 57 Zivile Beschäftigte: Wichtige Beschlüsse des Bundestags Zu unserem Titelbild: 59 Reservisten: Änderung der Musterungsvorschrift Von Betreuungsbüros über kos- 60 SaZ-Kurier: Gemeinsames Informationsseminar BFD-DBwV tenlose Betreuungskommuni- 64 Justitia: Dienstgradherabsetzung nach Belästigung kation und Familienbetreuung 65 Stiftung: Vereinte Hilfe für Veteranenfamilie bis hin zu Truppenküche sowie 68 Aus den Landesverbänden Marketender: Fürsorge und 79 Rat und Hilfe Betreuung sollen dem Soldaten 80 Gedenken in der Heimat und im Einsatz den Rücken freihalten. Erfüllt MAGAZIN der Dienstherr diesen An- spruch? (Foto: DPA/Fotolia/ 67 Leserbriefe DBwV, Montage: DBwV) 84 Freizeit: Multimedia, Kino, Auto, Rätsel 88 Impressum DIE BUNDESWEHR | JANUAR 2017
IST IS ES KALE DE BL AT T Foto: dpa/picture alliance Vor Jahren Der Bundestag 2 beschlie t die 2 Januar entenreform 2 Die edenkstätte Berliner Mauer in der Bernauer Stra e in Berlin Mitte Nach langer Debatte verabschiedet der Bundestag das von der Bundesre- Januar gierung eingebrachte „Gesetz zur Neuregelung des Rechts der Rentenver- Vor 2 Jahren sicherung der Arbeiter und Angestellten“ (Rentenversicherungsgesetz). Es markiert den Übergang von einem Rücklagensystem zur Umlagefinanzie- Erste Urteilsverkündung in den rung. Das Gesetz tritt rückwirkend zum 1. Januar 1957 in Kraft. Die Reform brachte eine massive Erhöhung der Renten um mehr als 60 Mauerschützen rozessen Prozent. In der politischen Auseinandersetzung der 50er Jahre sprach man D vom Generationenvertrag, der die Verantwortung der Generationen fürein- ander betonte. Das Landgericht Berlin verkündet das erste Urteil der sogenannten Mau- Die Höhe der Renten folgte nun in gewissen Abständen den Löhnen. In erschützenprozesse. Im Juni 1991 war Anklage gegen vier ehemalige den Jahren 1957 bis 1969 stiegen diese um 115,7 Prozent, die Renten folgten DDR-Grenzsoldaten erhoben worden, Todesschüsse auf Flüchtlinge an der und stiegen um 110,5 Prozent. Es wurde Berliner Mauer abgegeben zu haben. Einer der Angeklagten wird wegen Tot- festgesetzt, dass die Standardrente 60 Pro- schlags zu einer Haftstrafe von dreieinhalb Jahren verurteilt. Die anderen zent der aktuellen durchschnittlichen erhalten Bewährungsstrafen oder werden freigesprochen. Bruttobezüge aller Versicherten umfassen Zahlreiche weitere Gerichtsverfahren wegen der tödlichen Schüsse an sollte. Zwar wurde dieses Ziel nicht er- der Berliner Mauer und des Schießbefehls während der deutschen Teilung reicht – die Standardrente bewegte sich in (1961 bis 1989) folgen. In den von 1991 bis 2004 vor Gerichten in Berlin, den folgenden Jahren lediglich zwischen Neuruppin, Potsdam, Schweinfurt und Schwerin geführten Verfahren wa- 40 und 50 Prozent – dennoch war dies ren sowohl ausführende Personen als auch politisch und militärisch Verant- immer noch eine deutliche Steigerung, wortliche des DDR-Regimes angeklagt. Die Verfahren waren möglich, weil lag die Standardrente 1956 doch bei nur in den Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (BGH) festgestellt wurde, 34,5 Prozent. Außerdem trug die Reform dass Tötungen von Flüchtlingen auch in der DDR strafbar waren. dazu bei, das Vertrauen der Bürger in die Foto: dpa/picture alliance Das Bundesverfassungsgericht sah 1995 in Urteilen keinen Verstoß gegen westdeutsche Sozialstaatlichkeit wieder- das Rückwirkungsverbot, ebenso wenig 2001 der Europäische Gerichtshof herzustellen. Dieses Vertrauen ist seit ei- Medienwirksam beschw rt für Menschenrechte. In der Politik sprach die PDS von der Fortsetzung des nigen Jahren allerdings erschüttert, da der der damalige Arbeitsminister Kalten Kriegs, Gorbatschow von Hexenjagd, während CDU und SPD die demografische Faktor dem Generationen- orbert Blüm im A ril die Urteile befürworteten. vertrag die Grundlage zu entziehen droht. Sicherheit des Umlages stems. Vor Jahren annsee Konferenz I In einer Villa am Berliner Wannsee planen führende Ministerialbeamte sowie hohe NSDAP- und SS-Funktionäre die technische und organisatorische Umsetzung der als „Endlösung“ bezeichneten Vernichtung der europäischen Juden. Nichts Geringeres als einen „Gesamtentwurf über die organisatorischen, sachlichen und materiellen Vorausmaßnahmen zur Durchführung der angestrebten Endlösung der Judenfra- Foto: ddp pictures ge“ hatte Reichsmarschall Hermann Göring im Juli 1941 bei Reinhard Heydrich angefordert. Diese „Endlösung“ war zu diesem Zeitpunkt bereits beschlossen. Heydrich, Chef des Reichs- sicherheitshauptamts (RSHA), berief die Konferenz ein und leitete sie. Es kamen 14 führende Ministerialbeamte aus verschiedenen Reichsministerien sowie hohe NSDAP- und SS-Funktio- näre am Wannsee zusammen. Protokollführer des Treffens war Adolf Eichmann, Judenreferent im RSHA. In diesem Protokoll wird – im üblichen NS-Jargon – klar ausgeführt, was mit den elf Millio- nen Juden in den von Deutschland kontrollierten Gebieten geschehen sollte: „In großen Arbeitskolonnen [...] werden die arbeitsfähigen Juden straßenbauend in diese Gebiete geführt, wobei zweifellos ein Großteil durch natürliche Verminderung ausfallen wird. Der allfällig endlich verbleibende Restbestand wird [...] entsprechend behandelt werden müssen [...]“ 2 Der Mord an den europäischen Juden hatte bereits im Juni 1941 mit dem Überfall auf die Sowjetunion begonnen. Doch nach der Konferenz begann die technokratisch organisierte Ver- 2 Die Villa ist heute eine e denk und Ausstellungsstätte . nichtung von Juden aus ganz Europa in neuen Dimensionen. Im März 1942 setzte sie mit der Ankunft der ersten Deportationszüge in den Vernichtungslagern Belzec, Treblinka, Sobibor und Auschwitz ein. Bis zum Kriegsende 1945 werden über sechs Millionen Juden ermordet. Januar DIE BUNDESWEHR | JANUAR 2017
N O T IZE N AUS DE R H AU P T S TA DT 5 Fotolia com rare Berlin Sk line Jan Me er, Herausgeber Das neue Heft: Zur Abwechslung etwas Handfestes in der „postfaktischen Zeit“ wie dem von Nikolaus Ärgerlich. Oder wie der Bund der Steuerzahler Das Magazin des Deutschen BundeswehrVerbands www dbwv de DeutscherBundeswehrVerband Blome, stellvertretender nüchtern kommentiert: Das Ministerium bügelt Chefredakteur von „Bild Fehlentscheidungen aus – und „Die Kosten da- Die Bundeswehr „und Bild.de, Buchautor für müssen die Steuerzahler begleichen.“ und profunder Kenner der Berliner Politszene. ✶✶✶✶ Januar 2017 Oder mit Karikaturen BETREUUNG UND FÜRSORGE von Stephan Rürup, der Manchmal fragt man sich, wo die ihre Ohren ha- in der „Titanic“ ebenso ben. Die Jury der Gesellschaft für deutsche Spra- Mit dem richtigen Rückhalt veröffentlicht wie in der che in Wiesbaden hat den Begriff „postfaktisch“ „Welt am Sonntag“. Cool, zum „Wort des Jahres 2016“ gewählt. Eigentlich Interview: Steinmeier sieht Europa in der Pflicht oder? Wenn Ihnen jetzt hätte er das Zeug zum Unwort gehabt, bezeichnet Endlich: Durchbruch in Sachen Trennungsgeld allerdings vor Begeiste- er doch den Umstand, dass angeblich heutzutage rung der Kaffee umfällt, Emotionen, „gefühlte Fakten“, manchmal wichti- denken Sie daran: Sie ger sind als Tatsachen. Ein Gedanke, der bei der brauchen jetzt etwas an- Bundeswehr natürlich absolut unvorstellbar ist. deres zum Aufwischen. Deswegen gab es da auch zwei andere Favoriten Diese Zeitung saugt nun auf den Titel. Bei den Führungskräften war es keine Flüssigkeiten mehr „Preisschild“ – als Synonym für die Konsequen- auf … zen, die die Erfüllung von Aufträgen trotz eigent- lich ungenügender Ressourcen für die Betroffe- ✶✶✶✶ nen hat. Und bei der Truppe war es der Klassiker: „SAZV“. Aber vielleicht haben die zwei ja noch Wenn Sie sich als Steuer- eine Chance, wenn das „Unwort des Jahres“ge- zahler mal so ein richtig wählt wird … gutes Gefühl verschaffen wollen, lesen Sie einfach ✶✶✶✶ ein bisschen im Schwarz- buch des Bundes der Das ist der Fluch des digitalen Zeitalters: Es Steuerzahler. Glauben gibt Schätze, die aus Platzgründen nicht in die Sie mir, das Geben fällt Zeitung finden – und in der Onlineausgabe an „Die Bundeswehr“, Jahrgang 2017: Wir geben alles viel leichter, wenn man einer Bezahschranke hängen bleiben. Die Folge sich diese wunderbaren ist: Sie werden wenig gelesen, sie werden nicht E Beispiele für Geldver- zitiert, landen kaum in Presseauswertungen. Es schwendung anschaut. ist, als seien die Sätze nie gefallen. In manchen Ehrlich, normalerweise machen wir das nicht. Leider taucht da auch die Bundeswehr in dieser Fällen ist das besonders schade. Wie in diesem Aber dieses eine Mal geht’s nicht anders. Das bunten Aufstellung auf – konkret: Die Bundes- hier. Im „Bild“-Interview sagte Verteidigungs- neue Heft macht uns schon stolz. Nicht nur, wehrreform. Viel Geld wurde im Rahmen des ministerin Ursula von der Leyen mit Blick auf weil wir jetzt auch ein Papier haben, auf dem Bundeswehrreform-Begleitgesetzes unter Tho- die Notwendigkeit, mehr Geld für Verteidigung unser neues Layout endlich richtig zur Geltung mas de Maizière in die Hand genommen, um auszugeben: „Wir steuern das zwei Prozent-Ziel kommt. Nicht nur, weil ein paar Unverdrossene den radikalen Personalabbau zu beschleunigen. der Nato in angemessenen Schritten an. (…) Ide- von uns gleichzeitig alles gegeben haben, da- Auch wenn der mittlerweile gestoppt ist, wird er al wäre eine langsame, aber stetige Erhöhung des mit auch unser Internetauftritt schöner wird. noch bis Ende 2017 durch die bisherigen Zusa- Verteidigungsetats. (…) Es wäre aufrichtig, die- Sondern weil wir permanent alles tun, um ein gen mehr als 190 Millionen Euro kosten. Und da ses Ziel auch im Wahlprogramm festzuschrei- besseres Heft zu machen. Mit Interviews mit jetzt ja mit der „Trendwende“ wieder Soldaten ben.“ Absolut. Das wäre es. Wir schauen nach, Spitzenpolitikern wie Bundesaußenminister und Beamte neu eingestellt werden sollen, gibt fest versprochen. Und im Zweifel fragen wir Frank-Walter Steinmeier. Mit Gastbeiträgen das BMVg viel Geld für Werbung aus. Schade. nach! DIE BUNDESWEHR | JANUAR 2017
6 INTERVIEW Foto: DBwV Willem gr Darrelmann Oberster Diplomat und wohl bald Bundespräsident: Frank-Walter Steinmeier „Ziel ist eine schrittweise Anhebung des Verteidigungshaushalts“ Der Krieg in Syrien, die Krise in der Türkei, Donald Trump als neuer USPräsident: Lauter gute Gründe für ein Gespräch mit dem Außenminister. Auch und gerade, wenn er demnächst Bundespräsident wird. Die Bundeswehr: Herr Minister, der „vernetzte den neuen Leitlinien für das Krisenengagement auch aus der unmittelbaren Nachbarschaft Syriens Ansatz“ ist der Leitgedanke des deutschen En der Bundesregierung wollen wir die Koordinierung – macht die Versuche, den Konflikt einer Lösung gagements in Krisenregionen. Welche Erfolge se zwischen diesen Maßnahmen weiter verbessern. zuzuführen, so unglaublich schwierig. hen Sie bei der praktischen Entwicklung? Wo gibt Das bedeutet aber nicht, dass wir einfach aufgeben: es Nachholbedarf? Wie erklären Sie sich das Komplettversagen der Deutschland steht ganz vorne bei der humanitären internationalen Staatengemeinschaft in Syrien? Hilfe. Wir drängen auf Zugang für internationale Frank-Walter Steinmeier: Wir sind mit unserer Wie können solche Katastrophen in Zukunft ver Hilfslieferungen und Helfer, auf Feuerpausen und Politik immer dann besonders erfolgreich, wenn hindert werden? Möglichkeiten der Evakuierung. Und wir brauchen wir in einer Gesamtstrategie unterschiedliche Per- dringend eine Rückkehr zu einem politischen Pro- spektiven, Ansätze und Projekte zusammenden- Der Bürgerkrieg in Syrien sucht mit all seinem zess – sonst wird der Konflikt kein Ende finden. ken: Stabilisierungsmaßnahmen des Auswärtigen Schrecken, seiner Gewalt und der Grausamkeit sei- Amtes zusammen mit Einsätzen der Bundeswehr nesgleichen. Aber der Konflikt ist auch sehr kom- Wie bereitet sich die internationale Staatenge und Entwicklungsprojekten des Entwicklungshil- plex: Da haben wir es mit einem nur schwer durch- meinschaft auf die Zeit nach dem IS vor? feministeriums, an manchen Orten auch ergänzt schaubaren Gewirr von Interessen und Akteuren zu um den Einsatz deutscher Polizisten – und all das tun, in dem es natürlich um die nackte Macht geht, Es lässt sich nicht absehen, wann die Terrormiliz abgestimmt mit den Projekten, die unsere Partner aber auch um religiöse, ethnische und ideologische in den Gebieten, die sie in Syrien und Irak noch in in EU und Vereinten Nationen leisten. In vielen Gegensätze, die sich nicht einfach so überbrücken ihrer Gewalt hat, endgültig geschlagen sein wird. Ländern funktioniert das schon sehr gut: In Soma- lassen. Hinzu kommt: Anders als früher folgt aus Sehen kann man aber, dass unsere Strategie, IS lia geht die Pirateriebekämpfung auf See Hand in verhandelten Vereinbarungen zwischen den bei- politisch, militärisch und weltanschaulich anzuge- Hand mit einer militärischen EU-Ausbildungsmis- den Großmächten USA und Russland nicht mehr hen, Wirkung zeigt. In Syrien und im Irak konn- sion, Stabilisierungsmaßnahmen und europäischen automatisch eine klare Marschrichtung aller Betei- te IS schon massiv zurückgedrängt werden. Auch und nationalen Entwicklungsprogrammen. Mit ligten. Dass so viele Akteure beteiligt sind – gerade in Mossul gibt es Fortschritte im Kampf gegen IS. DIE BUNDESWEHR | JANUAR 2017
INTERVIEW 7 Schon jetzt müssen wir aber auch Fotos: dpa picture alliance für den Tag danach planen. Des- halb haben wir in der internatio- nalen Anti-IS-Koalition von An- fang an eine Führungsrolle für den so wichtigen Bereich der Stabili- sierung übernommen. Wir wollen den Menschen in den Gebieten, die von IS befreit sind, schnell eine Perspektive für die Zukunft bieten. In Mossul planen wir be- reits mit den nationalen und lokal Verantwortlichen, wie das gehen kann. Das ist ein ganz essenzieller Donald Trump. Die Europäer werden laut Steinmeier mehr Zerst rte Gebäude in Aleppo: Der Außenminister hofft auf eine Teil unseres umfassenden Ansatzes globale Verantwortung übernehmen müssen. Rückkehr zum politischen Prozess. im Kampf gegen IS. Denn Terroris- mus und islamistischer Extremismus sind militärisch allein nicht zu besie- gen – weder in Europa noch im Irak und in Syrien. Was bedeutet das für die künftige Rolle der Nato? hungen unterhielten, die voll auf unserer Linie lie- In Kürze wird Donald Trump sein neues Amt als gen, würde unsere Außenpolitik auf ein nettes, aber Präsident der Vereinigten Staaten antreten – ein Gerade im Umgang mit aktuellen Sicherheitsher- doch eher kleines Kaffeekränzchen aus Europäern Mann, den Sie im Vorfeld aus nachvollziehbaren ausforderungen ist es entscheidend, dass Nato und zusammenschrumpfen, und dann noch nicht ein- Gründen als „Hassprediger“ bezeichnet haben. EU ihre militärischen und zivilen Instrumente mal mit allen. Aber natürlich geht die Nato-Mit- Welches Miteinander können Sie sich vorstellen? besser miteinander verzahnen. Das gilt für die Ko- gliedschaft auch mit außen-, sicherheits- und vertei- Was wird auf Ihren Nachfolger im Amt zukommen? operation bei der Cybersicherheit, aber auch für digungspolitischen Verpflichtungen einher. Ob sich gemeinsame Frühwarnmechanismen und aufein- die Türkei auf Europa und den Westen zubewegt, Wir müssen damit rechnen, dass die Außenpolitik ander abgestimmte Militärübungen. Es ist gut, dass oder eher nach Osten drängt – das muss sie letztlich der neuen US-Administration weniger vorherseh- wir beim letzten Treffen der Nato-Außenminister selbst entscheiden. bar sein wird, dass die Amerikaner künftig auch in Brüssel Anfang Dezember eine entsprechende häufiger im Alleingang entscheiden und natio- Erklärung verabschieden konnten, die diese Punkte Ihre künftige Rolle als Bundespräsident ist ja dem nale Interessen mehr in den Vordergrund stellen aufgreift – jetzt kommt es auf die Umsetzung an. Wesen nach eine einende. Angesichts des weltwei werden. Das betrifft jetzt schon die internationale ten Erstarkens von Rechtspopulisten: Was ist Ihr Handelspolitik mit dem von Donald Trump an- Muss gegebenenfalls die europäische Sicherheits Plan, um den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu gekündigten Ausstieg der USA aus dem Transpa- und Verteidigungspolitik gestärkt werden? Was festigen? zifischen Freihandelsabkommen, aber wird sich würde das für Deutschland bedeuten? wohl im Bereich der Außen- und Sicherheitspoli- Ich glaube, um mit den aktuellen Herausforderun- tik fortsetzen. Deshalb müssen wir abwarten, wie Wir müssen die EU so aufstellen, dass sie noch bes- gen umzugehen – dazu gehört auch das Erstarken Präsident Trump sich in der Klimapolitik oder ser Sicherheit für die Menschen in Europa liefern von Populismus und Nationalismus in Europa – beim Umgang mit den Krisen in Syrien, im Na- kann. Dafür arbeiten schon heute zivile Experten, brauchen wir eine lebendige und wache politische hen Osten und gegenüber Russland positionieren Polizisten und Soldaten in 17 Kriseneinsätzen der Kultur, und zwar auch über alle gesellschaftlichen wird. Ich hoffe, dass die künftige amerikanische EU auf drei Kontinenten zusammen. Grenzen hinweg. Eine Kultur, in der wir uns nicht Administration das transatlantische Verhältnis zu Auch unter den EU-Mitgliedsstaaten gibt es eine mit einfachen Antworten zufrieden geben und die schätzen weiß – nicht nur gegenüber Deutschland, große Bereitschaft, die Gemeinsame Sicherheits- Schuld nicht stets beim Anderen suchen. Sondern sondern auch gegenüber Europa insgesamt. Dieses und Verteidigungspolitik in Europa voranzubrin- in der wir auch mal heftig miteinander streiten kön- Verhältnis ist das Fundament des Westens; es muss gen. Ich habe dafür mit meinem französischen nen, ohne den Respekt voreinander zu verlieren. Ich intensiv gepflegt werden – von beiden Seiten. Kollegen Vorschläge gemacht; auch die Verteidi- bin zuversichtlich, dass das gelingen kann: Das, was gungsministerin arbeitet hier eng mit ihren fran- wir miteinander hier in Deutschland geschafft ha- Herr Trump hat eine Reihe wenig vielverspre zösischen, italienischen und spanischen Kollegen ben – die Verbindung von wirtschaftlicher Vernunft chender Bemerkungen in Richtung Nato gemacht. zusammen. Europa ist da auf dem richtigen Weg. und sozialer Verantwortung – das hat uns weltweit Was, glauben Sie, will er wirklich? Klar ist aber auch: Wir müssen bereit sein zu mehr zu einem anerkannten Partner gemacht und dazu gemeinsamer Finanzierung. Die Mühe wird sich können wir selbstbewusst stehen. Die USA werden künftig sicher noch deutlicher for- lohnen: Die Arbeit für einen stärkeren europäi- dern, dass sich die Europäer stärker an der Gewähr- schen Beitrag zur gemeinsamen Sicherheit kommt leistung der eigenen Sicherheit beteiligen. Das ist im am Ende allen zugute, auch unseren transatlanti- Prinzip nichts Neues: Auch mit einer Präsidentin schen Partnern. Clinton hätten wir uns auf diese Forderung ein- Foto: DBwV Willem gr Darrelmann stellen müssen und das ist seit Jahren Konsens. Im Wie entwickelt sich das Verhältnis zur Türkei? wohlverstandenen Eigeninteresse sind wir gut bera- Ein NatoPartner, der sich Russland und China ten, Europas Fähigkeiten auszubauen. Das Ziel der annähert? Bundesregierung ist eine schrittweise Anhebung des Verteidigungshaushalts – gleichzeitig müssen Dass die Türkei ihre Beziehungen zu Russland oder wir aber auch darauf achten, noch mehr Synergien zu China aufbaut und pflegt, ist doch ganz normale zu schaffen bei den verschiedenen Verteidigungsfä- Außenpolitik. Dagegen ist erstmal nichts zu sagen. higkeiten der Nato-Partner und zwischen Nato und Wenn wir uns die Welt so aufteilen würden, dass Entspanntes Gespräch im Auswärtigen Amt: Außenminis- EU. wir nur noch mit denjenigen sprechen oder Bezie- ter Frank-Walter Steinmeier mit Herausgeber Jan Me er DIE BUNDESWEHR | JANUAR 2017
AKTUELL Fotos: dpa/picture alliance Kontingentsol daten begrü en Verteidigungsmi nisterin Ursula von der Le en in ao. Ein Schau latz der Verwüstung: der eihnachtsmarkt in Berlin Von der Le en stimmt Bundeswehr Der Wehrbeauftragte Hans-Peter Bartels be- klagte ebenfalls, dass militärische und zivile Mis- auf langen Einsatz in Mali ein sionen zu schlecht aufeinander abgestimmt seien. Überschattet wurde der Besuch von dem ver- as kommt auf die Tru e in Mali zu Die Ministerin mahnt zur eduld beim heerenden Anschlag auf den Berliner Weihnachts- Besuch in Afrika. Von der Le ens eise ist vom Anschlag in Berlin überschattet markt an der Gedächtniskirche. Von der Leyen V zeigte sich entsetzt über den Anschlag in Berlin. Sie sprach von „bestürzenden Nachrichten“ aus Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hat Bereits jetzt sind drei Bundeswehrdrohnen vom Deutschland. Die Gäste auf einem Empfang in der die deutschen Soldaten im gefährlichen Norden des Typ „Heron“ für Aufklärungsflüge in Gao statio- deutschen Botschaft in Bamako bat von der Leyen afrikanischen Krisenstaats Mali auf einen langen niert. „Das ist für diese UN-Mission ganz entschei- um einen Moment des Gedenkens für die Opfer. Einsatz eingestimmt. „Es gilt bei diesem Einsatz, dend“, sagte von der Leyen. Sie nahm auch die ma- Auch dem BundeswehrVerband blieb angesichts dass wir Geduld haben müssen“, sagte sie bei einem lische Regierung in die Pflicht: „Ganz entscheidend des schrecklichen Geschehens in Berlin nur, seine Truppenbesuch bei den UN-Blauhelmsoldaten in ist, dass die malische Regierung, die Politik in Mali Anteilnahme auszudrücken: „Doch bei aller Wut Gao am Rande der Sahara. Vergleiche mit dem seit und die Gesellschaft in Mali mitzieht.“ und allen Sorgen, die dieser Abend auslöst: Wir 15 Jahren laufenden, verlustreichen Einsatz in Af- DBwV-Chef Oberstleutnant André Wüstner sollten jetzt das tun, was so viele seit dem gestrigen ghanistan wies von der Leyen aber zurück. rügte, operativ sei in Mali wenig von einem ver- Abend tun: Wir trauern mit den Angehörigen der In Gao sind fast 600 deutsche Blauhelmsoldaten netzten Ansatz zu sehen. „Ich habe die Sorge, dass Opfer. Und wir wünschen den vielen Verletzten stationiert. Die Beteiligung der Bundeswehr soll dauerhaft die gleichen Fehler wie in Afghanistan baldige Genesung.“ im nächsten Jahr ausgeweitet werden. Die Man- gemacht werden: zielloser Einsatz von Entwick- datsobergrenze steigt dann von 650 auf 1000. Für lungsgeldern, wenig Koordination zwischen den Rettungseinsätze sollen jeweils vier Sanitäts- und Ressorts gepaart mit Machbarkeitsillusionen und Kampfhubschrauber bereitgestellt werden. überzogene Erwartungen“, sagte er der „Bild“. ach den Dienstbezügen nun auch die Mindestleistungen der Unterhalts Weil sie so selten tagt, gibt es immer wieder Fra- sicherung: Sie werden steigen So wird der gezeichen rund um die größte parlamentarische Versammlung Deutschlands: die Bundesver- Was für die Dienst- und Versorgungsbezüge schon lange gilt, hat nun auch die Mindestleis- Bundes räsident sammlung, die den Bundespräsidenten wählt. Dieses Gremium besteht aus den Mitgliedern tungen für die Angehörigen der Reserve erreicht. Die Leistungen werden dynamisiert, das heißt, gewählt des Deutschen Bundestags und einer gleichen Zahl von Mitgliedern, die von den Volksvertre- sie nehmen an den regelmäßigen Erhöhungen nach den Tarifrunden teil. Das hat der Bundestag tungen der Länder gewählt werden. Wie viele beschlossen. Dies war einer der letzten noch feh- Mitglieder die jeweilige Volksvertretung in lenden Bausteine für eine Anpassung der Bezüge die Bundesversammlung entsendet, hängt von an die steigenden Kosten des Lebensunterhalts. der Bevölkerungszahl des jeweiligen Landes ab Der DBwV forderte das schon seit Jahren für die (Einwohner mit deutscher Staatsbürgerschaft). RDL. Die auf ein Land entfallenden Mitglieder wer- Die Anpassung wird am Tag nach der Ver- den dann vom jeweiligen Landesparlament per kündung in Kraft treten und beträgt 4,55 Pro- Verhältniswahl aus den Vorschlagslisten be- zent. Das entspricht nicht ganz der Tarifrunde stimmt. 2016/2017, da sich die Mindestleistungen der Zur Bundesversammlung ist wählbar, wer Unterhaltssicherung ja am monatlichen Netto zum Bundestag wählbar ist. Die zur Bundesver- der aktiven SaZ/BS orientieren. sammlung entsandten Vertreter müssen keine Mitglieder der Volksvertretungen sein. Deswe- gen werden regelmäßig neben den Spitzenpo- Korrektur litikern der einzelnen Länder auch ehemalige In der November-Ausgabe ist im Beitrag „Der Politiker, Prominente, Sportler und Künstler Weg weist nach Europa“ in einem Zitat von Flot- gewählt. Die Mitglieder der Bundesversamm- tillenadmiral Jürgen Ehle der Begriff „ESVP“ er- lung sind an Aufträge und Weisungen nicht wähnt. Admiral Ehle hat jedoch korrekterweise gebunden. Dennoch ist es wahrscheinlich, dass den Begriff GSVP (Gemeinsame Sicherheits- und der Kandidat der Großen Koalition, Außenmi- Verteidigungspolitik) verwendet, der seit dem nister Frank-Walter Steinmeier (siehe Interview Lissaboner Vertrag 2009 eingeführt ist. Wir bit- © dpa Seite 6), der nächste Bundespräsident wird. ten um Nachsicht. DIE BUNDESWEHR JANUAR 2017
GASTBEITRAG 9 Foto: Flashmedia F Von Nikolaus Blome Für Angela Merkel ist 2017 der vierte Wahlkampf ums Kanzleramt. Aber fast nichts wird so sein wie sonst. Nicht für sie, nicht für das Land. Die Flüchtlingskrise geht an Merkels Mar- kenkern. In der politischen Mitte, wo Bundes- tagswahlen nach wie vor gewonnen werden, herrscht so viel Verunsicherung wie lange nicht. Die Wähler der Mitte beobachten ein vielfälti- ges Vollzugsdefizit des Staates und sorgen sich, ob Grenzen noch etwas gelten. Grenzen rund um Deutschland, Grenzen der Integrationsfähigkeit, Grenzen also auch für den Zuzug von Flüchtlin- Die Volksparteien scheinen gen und Migranten. Das ist politisch ein gefährli- weitgehend austauschbar, cher Moment für eine Kanzlerin, deren Marken- der Gegensatz von „links“ kern als Krisenmanagerin sinngemäß aus dem und „rechts“ verschwunden. Satz besteht: „Ich hab’s für Sie im Griff.“ Bundestagswahl 2017 Alles neu für Merkel und uns Angela Merkel steckt also in der Defensive. Sie Angela Merkel CDU , Horst wird im Wahljahr 2017 nicht in der Lage sein, Seehofer CSU, r. und Sigmar ihre politischen Gegner zu lähmen. Im Gegen- Gabriel SPD einigten sich 2013 teil: Sie polarisiert zum ersten Mal selbst, als Per- auf eine Große Koalition. son. Sie hat ihren stolzen Satz: „Wir schaffen das“ weitgehend einkassiert, weil er mehr provoziert AfD sitzt in zehn Landtagen. als das erreicht, was gemeint war: nämlich An- Der Verdruss vieler Neu-Wäh- sporn zu sein und Haltung zu zeigen. Und, auch ler von Anti-Parteien wie den das ist neu, Angela Merkel steckt in einer Zange Piraten oder der AfD wächst aus Rot-Rot-Grün und AfD. Die Parteien der aus der Wahrnehmung, dass Großen Koalition bringen in manchen Bundes- die beiden Volksparteien weit- Foto: dpa/Picture allince ländern keine regierungsfähige Mehrheit mehr gehend austauschbar sind. zusammen. Dass der klassische Gegensatz Der Überdruss geht auch auf die Berliner Ver- von „linkem“ und „rechtem“ hältnisse zurück, wo in sieben der letzten elf Jahre Lager dauerhaft verschwun- eine Große Koalition regierte. Die beiden Volks- den scheint. Dass Union und parteien haben sich zu lange sicher gefühlt. „Die SPD gleichsam die Hillary Leute interessieren sich in Wahrheit doch gar Clinton von Deutschland nicht für Politik“, so redet Merkel über die Mitte sind. Erfahren, ja. Aber sattsam bekannt, sklero- Ränder auf das normale Maß zurückstutzen. der Gesellschaft, wenn sie im kleinen Kreis ein- tisch, um nicht zu sagen: verbraucht. Schließlich ist der Einzug der AfD in den Bun- mal offen ist, und an der Spitze der SPD wird in Ändern kann das nur die Renaissance der La- destag kein Naturgesetz. Denn: Wer Wut- und Wahrheit genauso gedacht. Aber CDU und SPD ger. Links oder rechts, jener Gegensatz, der eine Frust-Wähler bei Laune halten will, muss die Do- haben die Experimentierfreude ihrer Wähler ganze Zeit lang an sein Ende gekommen schien sis aus Provokation und radikalen Forderungen unterschätzt oder deren Veränderungswut nicht wie einst „die Geschichte“ im berühmten Buch stetig erhöhen, Populismus ist eine Droge. Das ernst genug genommen. Heute ist ein Grüner Mi- von Francis Fukuyama. Ein Lagerwahlkampf aber könnte die Partei erst zermürben und dann nisterpräsident von Baden-Württemberg, und die aber könnte das Land und die Wähler im besten zerreißen entlang der Trennlinie zwischen ihrem Sinne polarisieren – damit sie sich nicht weiter offen fremdenfeindlich-völkischen Teil und jener von den Rändern hinein in die Mitte radikali- Gruppe, der sich die CDU/CSU der 80er Jahre sieren. Dazu würde freilich gehören, dass SPD, und die Zeit vor Globalisierung und Mauerfall Linke und Grüne sich trauen, gemeinsam als zurück wünscht, mitsamt dem damals geltenden „Rot-Rot-Grün“ (Berliner Sprech: „R2G“) in Frauen- und Familienbild. einen Bundestagswahlkampf zu ziehen. Denn Kurzum: Der Einzug der AfD in den Bundes- Nikolaus Blome ist anders als mit R2G kann die SPD keine glaub- tag ist alles andere als sicher. Sicher ist nur eines: stellvertretender hafte Machtperspektive darstellen – die ihr in Eine weitere Große Koalition in Berlin wäre in Chefredakteur der den Wahlkämpfen 2009 und 2013 so sehr fehl- jedem Fall die falsche Antwort auf die Verunsi- „Bild“-Zeitung und te. Schließlich: Ein klassischer Lagerwahlkampf cherung der Mitte und das Auffächern der Par- verantwortlich für würde der AfD das Aufmerksamkeitsmonopol teienlandschaft. Es werden die Lager sein, die das das Politik- und Wirt- abspenstig machen und damit die politischen Land zusammenhalten. schaftsressort. DIE BUNDESWEHR | JANUAR 2017
10 B U N D E S TA G S WA H L 2 017 Deutsch er Aus der Deckung – ✗ Bu nde swehrVerband Bundes- In den Wahlkampf tagswahl 2017 Die Wahl beginnt jetzt Nicht über die Politik jammern, sondern für die Interessen der Angehörigen der Bundeswehr kämpfen, lautet die Devi- Diese Wahl ist so wichtig für die se des DBwV! Deshalb setzen wir in diesem Wahlkampf auf unsere Mitglieder. Wir fordern Sie auf, sich aktiv einzubrin- Bundeswehr wie kaum eine andere! gen! Gehen Sie auf Wahlkampfveranstaltungen und sprechen Sie Ihre Kandidaten an. Schreiben Sie einen Brief oder eine E-Mail an die Parteizentralen oder senden Sie eine Nach- Es geht um die Zukunft der richt über die sozialen Medien wie Facebook, Twitter oder Abgeordnetenwatch. Fragen Sie gezielt nach: Wann wird das Bundeswehr! Weißbuch im Deutschen Bundestag debattiert? Wie setzen sich die Kandidaten für die Kameraden in den Auslands- einsätzen ein? Wie wird Deutschland seiner Führungsrolle Der ganze DBwV bringt sich ein: gerecht? Sorgen Sie dafür, dass die Bundeswehr Wahlkampfthema Bundesvorstand, Mandatsträger, wird. Der DBwV unterstützt Sie dabei. In Kürze finden Sie auf unserer Homepage Tipps und Hinweise, wie Sie Ihre Kan- Mitglieder. didaten finden und welche Themen im Wahlkampf wichtig sind. Lassen Sie uns an Ihren Fragen teilhaben. Schicken Sie uns die Antworten, die sie erhalten haben und wir veröffent- Wir wollen Antworten auf unsere Fragen! lichen eine Auswahl im Internet. Schildern Sie uns Ihre Ein- drücke von Gesprächen mit den Kandidaten. Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, dass die Anliegen der Angehörigen Machen Sie mit! der Bundeswehr im laufenden Wahlkampf den gebührenden Stellenwert erhalten, denn im September 2017 heißt es: Wir wählen Deutschland! Ein Superwahljahr für die Bundeswehr Dieses Superwahljahr wird überschattet von gewaltigen sicherheitspolitischen Herausforderungen. Die Bedrohungslage ist so komplex und unübersichtlich wie nie zuvor. Weltweite Krisen und Kon- flikte, Cyberangriffe, Terroristen und neue Formen der Kriegsführung fordern die deutsche Sicher- heitspolitik heraus. Unter US-Präsident Trump wird der Druck auf die Europäer und insbesondere Deutschland wachsen, mehr sicherheitspolitische Verantwortung zu übernehmen. Die EU versucht ihre eigenen sicherheitspolitischen und militärischen Kapazitäten zu stärken und zu bündeln. Mit der Veröffentlichung des Weißbuchs hat die Bundesrepublik erklärt, ihrer Führungsrolle in Europa auch militärisch gerecht werden zu wollen. Das heißt: Die Aufgaben für die Bundeswehr werden immer zahlreicher und anspruchsvoller. Doch noch stehen der Bundeswehr nicht die Mittel zur Verfügung, die sie braucht, um ihren Auftrag pro- fessionell und hundertprozentig zu erfüllen. Selbst eine im Grundsatz richtige Entscheidung wie die Einführung einer Arbeitszeitrichtlinie fordert die Angehörigen der Bundeswehr durch Mängel in der Umsetzung heraus. Die „neu ausgerichtete“ Bundeswehr ist eine kleine, halb kaputtgesparte, auf Auslandseinsatz ge- trimmte Freiwilligenarmee. Dass sie dennoch so zuverlässig ihre Aufträge erfüllt, liegt an den groß- artigen und einzigartigen Menschen, die in ihr dienen. Die Bundesministerin der Verteidigung hat Schwächen der Bundeswehr erkannt und Trendwenden eingeleitet. Bei Ausrüstung, Personal und Haushalt soll alles besser werden. Doch damit aus den Trendwenden mehr als nur eine gute Perspek- tive wird, sind noch riesige Anstrengungen zu unternehmen. Dieser besonderen Verantwortung für die Menschen der Bundeswehr müssen sich die Kandidaten bewusst sein, die nach den Wahlen in den Bundestag einziehen möchten. Die Belange der Bundeswehrangehörigen verdienen einen festen Platz in den Wahlprogrammen der Parteien und erst recht im nächsten Koalitionsvertrag! DIE BUNDESWEHR | JANUAR 2017
B U N D E S TA G S WA H L 2 017 11 Wir haben die Wahl Demokratie lebt also vom Mitmachen. Nur wer sich aktiv einbringt, hat die Chance, Politik zu gestalten. Die Mög- lichkeiten beschränken sich nicht nur auf das Ankreuzen eines Stimmzettels. Vor allem im Wahlkampf gibt es viele Gelegenheiten, sich bei den Politikern Gehör für die eige- nen Anliegen zu verschaffen. Kandidaten aller Parteien sind schon Monate vor den eigentlichen Wahlen bei Veran- staltungen und an Infoständen präsent. Dort besteht eine gute Möglichkeit, um ins Gespräch zu kommen. Vor allem bei sicherheitspolitischen Veranstaltungen sollten Soldaten sich einbringen. Schließlich sind sie die sicherheitspoliti- schen Praktiker und können ihre Erfahrungen sowohl aus dem Alltag in der Truppe als auch den Einsätzen einbrin- gen. Nur wer seine Interessen artikuliert, hat eine Chance, dass diese berücksichtigt werden. Aber auch die (zukünfti- gen) Abgeordneten müssen wissen, dass sie mit ihrem Man- dat eine große Verantwortung für die Parlamentsarmee Bundeswehr übernehmen. Dann entscheiden sie mit ihrer Stimme über aktuelle und zukünftige Auslandseinsätze, Fotos: dpa/picture alliance legen den Haushalt der Bundeswehr fest und überneh- men Verantwortung für die Ausrüstung und Ausstattung der Streitkräfte. Schließlich ist der Bundestag die politi- sche Bühne, auf der über die großen sicherheitspolitischen Grundsatzentscheidungen debattiert werden muss. So erreichen Sie Ihre Kandidaten: So funktioniert die Wahl Über die jeweiligen Internetauftritte der Partei- Alle vier Jahre wird der Deutsche Bundestag gewählt. Für die Parteien bedeutet das einen sehr zeit- und arbeitsintensiven en können Sie einfach und unkompliziert mit Wahlkampf. Und dies im Prinzip schon direkt nach der letz- ten Wahl, wenigstens aber etliche Monate vorm eigentlichen den Spitzenpolitikern in den Parteizentralen in Wahltag. Die Kandidaten müssen aufgestellt und ein Wahlpro- Kontakt treten. gramm entworfen werden, um die Wähler von sich zu überzeu- gen. Wesentlich für die Wahlentscheidung der Wähler ist das Wahlprogramm der jeweiligen Parteien. Ein Wahlprogramm ist der Katalog von politischen Maßnahmen, welche die Partei Auf der Internetseite des Deutschen Bundes- in der kommenden Legislaturperiode umsetzen möchte. Jede Partei verfolgt bei der Erstellung ihres Wahlprogramms ihren tags (www.bundestag.de) finden Sie über eine eigenen Zeitplan, doch die meisten Parteien befinden sich jetzt Postleitzahlensuche Ihre aktuellen Abgeord- in einer wichtigen Phase der Erstellung. Die Entwürfe der Wahlprogramme werden bei allen Partei- neten. Auch in sozialen Medien wie Facebook en von eigens dafür eingerichteten Programmkommissionen erarbeitet. Hier sitzen Politiker der Landes- und Bundesebe- haben die meisten Politiker einen Auftritt. Auf ne, der Partei und Fachleute zu den unterschiedlichen poli- www.abgeordnetenwatch.de können Kandida- tischen Bereichen zusammen. Experten zur Sicherheits- und Verteidigungspolitik üben genauso Einfluss auf das Wahlpro- ten gezielt angesprochen werden. gramm aus wie Familienpolitiker oder Sachverständige zur Gesundheitspolitik. Großen Einfluss auf das Wahlprogramm haben zudem Parteitagsbeschlüsse und Mitgliederbefragun- gen. Mindestens genauso wichtig ist aber auch der Input von Sie suchen einen bestimmten Kandidaten, außen. Bürger können mit gezielten Anfragen bei ihren Wahl- aber wissen nicht, wie Sie ihn erreichen? Wir kreisabgeordneten auf die Wichtigkeit bestimmter Themen aufmerksam machen und Druck aufbauen, sich damit tiefer helfen Ihnen. Melden Sie sich einfach im Mit- gehend auseinanderzusetzen. So fließen aus den unterschied- lichsten Richtungen Ideen zusammen. Schließlich stimmen gliederbereich auf www.dbwv.de an. Hier wer- die Delegierten der Parteien über das Wahlprogramm ab. Die den wir bis zur Bundestagswahl ausgewählte Veröffentlichung von Wahlprogrammen erfolgt regelmäßig etwa ein Vierteljahr vor der Wahl. Fragen und Antworten laufend veröffentlichen. DIE BUNDESWEHR | JANUAR 2017
2 TITEL: BET EUU uh ren. Kümmern. elfen. Betreuung und Fürsorge können nicht in „Zweitfunktion“ geleistet werden B „Betreuung und Fürsorge in der Bundeswehr – keine leeren Formeln“: So titelte jüngst ein Bei- trag auf der Website www.bundeswehr.de. Zu Wort kam dort Alice Greyer-Wieninger, Abtei- ist. In den meisten Fällen ist die Anzahl der Ne- benfunktionen sogar noch höher und Betreuung kommt dabei immer an letzter Stelle. Klar ist: Ohne Betreuung und Fürsorge geht es Ein weiterer Knackpunkt in der Praxis: Betreu- ungspersonal muss dringend qualifiziert werden. Für jeden Handgriff, den man in diesen Streitkräf- ten macht, ist ein Lehrgang notwendig – nur in lungsleiterin IUD im Verteidigungsministerium. nicht – insbesondere im Soldatenberuf, der wie der Betreuung nicht. Aber die engagierten Sol- Sie zähle bei diesem Thema vor allem auf das eh- kein anderer mit persönlichen Entbehrungen und daten und zivilen Beschäftigten haben auch hier renamtliche Engagement vieler Soldaten, ziviler Gefahren verbunden ist. Die Betreuung ist Auf- einen Anspruch darauf, notwendiges Grundla- Mitarbeiter und Angehöriger. tragsbestandteil, und deswegen muss der Dienst- genwissen vermittelt zu bekommen und sich wei- Gleich vorweg: Was Ehrenamtliche im Bereich herr seiner gesetzlichen Verpflichtung vollumfäng- terzubilden. Warum nicht Soldaten explizit für Betreuung und Fürsorge in der Bundeswehr leis- lich nachkommen. Betreuung und Fürsorge sind die Betreuung ausbilden? Ein Verwendungsbe- ten, ist enorm. Doch irgendwann erreichen auch Garanten der Berufszufriedenheit. Heimgesell- reich „Betreuung“ mit eigens dafür geschaffenen sie ihre Grenzen. Der Dienstherr muss endlich schaften (OHG, UHG) und Mannschaftsheim Lehrgängen – und nach der Dienstzeit verlässt erkennen, dass das Thema nicht mal so nebenbei beispielsweise waren und sind fester Bestandteil die Kameradin, der Kamerad die Bundeswehr als in einer „Zweitfunktion“ umfassend zu leisten der Streitkräfte und müssen dies in Zukunft blei- ausgebildete/-r und erfahrene/-r Veranstaltungs- ben. Auch wenn die jewei- kauffrau/-mann oder sogar als Eventmanager/-in. ligen Heimbetriebe unter- Damit wäre eine ganz andere Motivation für die schiedlich stark ausgelastet dienstliche Tätigkeit in der Betreuung gegeben. sind, die Notwendigkeit von Betreuungseinrich- tungen steht nicht infrage. Im Gegenteil: Betreuung umfasst heute viel mehr als Betreuung und noch zu Anfangszeiten der Bundeswehr. Hier sei nur Fürsorge sind die Familienbetreuung für Angehörige von Soldaten Garanten der inner- und außerhalb von Einsätzen genannt. Berufszufriedenheit. Allen Betreuungsmög- FREGATTENKAPITÄN MARCO THIELE lichkeiten aber war und ist eines gemeinsam: Sie müssen fast ausschließlich im Nebenamt geleistet Auf den folgenden Seiten beleuchten wir aktu- werden. Feste Dienstpos- elle Brennpunkte und wichtige Aspekte rund um ten in einer entsprechen- den Themenkomplex Betreuung und Fürsorge. den Org-Struktur gibt es Hier sollen nur einige wichtige Punkte vorab ge- bisher nur in der Bundes- nannt werden: Der Wehrbeauftragte Hans-Peter wehrbetreuungsorganisa- Bartels stellt die hohe Relevanz dieses Themas tion. Auch einige Betreu- dar, dem oft nicht die entsprechende Wertschät- ungsbüros verfügen über zung zuteil wird. Der Abteilungsleiter Führung hauptamtliches Personal – Streitkräfte, Generalleutnant Eberhard Zorn, in diesen Bereichen funkti- erläutert im Interview unter anderem, was die oniert die Betreuung dann neue Betreuungskommunikation umfasst – und auch hervorragend. Die was nicht. Hier gibt es in der Praxis noch Missver- logische Konsequenz kann ständnisse. Auch unsere Mandatsträger kommen daher nur sein, die Betreu- zu Wort: Die beiden stellvertretenden Landesvor- ung mit hauptamtlichem sitzenden und Oberstabsfeldwebel a.D., Rudolf Personal auszustatten. Schmelzer und Thomas Bielenberg, zeigen noch bestehende Unzulänglichkeiten in der Familien- betreuung auf. Fazit: Es passiert einiges, aber vieles muss noch auf Spur gebracht werden. Der Dienstherr muss seiner Verantwortung gerecht werden, insbeson- Foto: ddp images Einer hilft dem anderen: Das ist das rund rinzi von Betreuung dere in finanzieller und personeller Hinsicht. und Fürsorge. ie der Dienstherr Große Aufgaben sind eben nicht nur mit Engage- Bundeswehr das umsetzt, beobachtet ment und gutem Willen zu bewerkstelligen! MT der Deutsche BundeswehrVerband sehr genau.
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