DIE GENERATION Y GUT AUSGEBILDET, WISSBEGIERIG, SELBSTBEWUSST - STANDORT - Handelskammer beider Basel

Die Seite wird erstellt Katharina Hinz
 
WEITER LESEN
DIE GENERATION Y GUT AUSGEBILDET, WISSBEGIERIG, SELBSTBEWUSST - STANDORT - Handelskammer beider Basel
3. Ausgabe
                                                      Herbst 2015

                                                      FOKUS
                                  GUT AUSGEBILDET,
                                     WISSBEGIERIG,
                                   SELBSTBEWUSST
                             DIE GENERATION Y

STANDORT                        AUS DER ’KAMMER
Mobilitätsmanagement Basel      Die Export-Experten
DIE GENERATION Y GUT AUSGEBILDET, WISSBEGIERIG, SELBSTBEWUSST - STANDORT - Handelskammer beider Basel
IN DIESER AUSGABE

                   FOKUS                                             STANDORT                                      AUS DER ’KAMMER

    4 Generation Y                                      14 Texas–Basel einfach                                27 Handlungsfreiheit gewinnen –
                                                        15 High-Tech in Allschwil                                Schulden abbauen
                                                        16 Das neue Klinikum 2                               28 Die Handelskammer
                                                        18 Zur gemeinsamen Spital-                              ist umgezogen
                                                           strategie von BS und BL
                                                      20 Basel Nord

    10 Generationenmanagement
    12 Inmitten des demografischen
       Wandels
                                                                                                              29 Vielversprechender Jahrgang
                                                                                                               30 Abstimmungen
                                                        22 Intelligentes                                       32 Die Export-Experten
                                                           Mobilitätsmanagement                               33 Agenda
                                                        24 Hatebur fährt (fast immer) mit                     34 Impressionen

IMPRESSUM
twice erscheint zweimal im Jahr (Frühjahr und Herbst) HERAUSGEBER Handelskammer beider Basel, St. Jakobs-Strasse 25, Postfach, 4010 Basel, T +41 61 270 60 60,
F +41 61 270 60 65, E-Mail: info@hkbb.ch REDAKTIONSLEITUNG Martina Hilker, Bereichsleiterin Kommunikation, m.hilker@hkbb.ch, MITAUTORINNEN:
Melina Baumgartner, m.baumgartner@hkbb.ch und Anne Theiss, Brenneisen Theiss Communications ART DIRECTION Brenneisen Theiss Communications, Basel
FOTOS Daniela Friedli, Patrick Lüthy, Dominik Plüss, Peter Schnetz, Linda Sonderegger, Lukas Stadelmann, Martin Töngi, Andreas Zimmermann DRUCK Schaub Medien AG,
Sissach

2    twice Herbst 2015
DIE GENERATION Y GUT AUSGEBILDET, WISSBEGIERIG, SELBSTBEWUSST - STANDORT - Handelskammer beider Basel
EDITORIAL

GENERATIONEN
IM WANDEL
LIEBE LESERIN, LIEBER LESER
Freizeitorientiert, anspruchsvoll und verwöhnt. Die Generation Y ist in aller
Munde: Sie hinterfragt langjährig erprobte Arbeitsmodelle, sucht gleichzeitig
nach Flexibilität und Beständigkeit und ist bei der Vereinbarkeit von Familie
und Karriere nur bedingt kompromissbereit. Eine Generation also, welche die
Wirtschaft vor grosse Herausforderungen stellt. Doch unterscheiden sich die
jungen Berufstätigen tatsächlich so stark von der Generation X und den Baby
Boomern, die heute noch die Mehrzahl der Arbeitnehmenden ausmachen?
Wir richten den FOKUS ganz auf die Generation Y, begeben uns auf die Suche
nach Unterschieden und auch Gemeinsamkeiten und holen Erfahrungen
und Meinungen ein, worauf sich Unternehmen und Führungskräfte künftig
einstellen sollten.

Wie Unternehmen mit verschiedenen freiwilligen Massnahmen animiert
werden sollen, um ihren eigenen Arbeitsverkehr wirtschaftsfreundlich zu
gestalten, zeigen wir in der Rubrik STANDORT auf. Aus Aktualitätsgründen
dürfen in dieser Herbstausgabe auch einzelne Standpunkte zum Container-
terminal Basel Nord sowie zur seitens Regierungen kommunizierten gemein-
samen Spitalstrategie Basel-Stadt und Baselland nicht fehlen.

Während die städtischen Stimmbürger im November über die Strasseninitiative
abstimmen, entscheiden die Landschäftler über die Zukunft von ELBA und
des Beschaffungsgesetzes. Lesen Sie hierzu die Stellungnahmen der Handels-
kammer beider Basel.

In diesem Sinne wünschen wir eine anregende Lektüre!

Dr. Franz A. Saladin, Direktor

                                                                     twice Herbst 2015   3
DIE GENERATION Y GUT AUSGEBILDET, WISSBEGIERIG, SELBSTBEWUSST - STANDORT - Handelskammer beider Basel
FOKUS

DIE GENERATION Y
HERAUSFORDERUNG UND BEREICHERUNG FÜR UNTERNEHMEN

4   twice Herbst 2015
DIE GENERATION Y GUT AUSGEBILDET, WISSBEGIERIG, SELBSTBEWUSST - STANDORT - Handelskammer beider Basel
Von Prof. Dr. Andreas Hirschi

Die junge Generation stellt Unternehmen vor grosse Herausforderungen, und
Führungskräfte fragen sich, wie sie junge Mitarbeitende motivieren können.
Viele Unternehmen überlegen, wie sie sich als attraktive Arbeitgeber am Markt
positionieren sollen, um im Kampf um Nachwuchstalente, sogenannte «high
potentials», bestehen zu können. Im Zusammenhang mit Ansprüchen und Arbeits-
einstellungen von jungen Mitarbeitenden wird häufig über die speziellen Eigen-
arten der Generation Y gesprochen.

                  GENERATION Y                            diese Einstellungen von früheren Generationen unter­
Die Generation Y wird definiert als alle Personen, wel-   scheiden. Auch Unterschiede zwischen Altersgruppen
che zwischen 1980 und 2000 geboren sind. Sie wer-         lassen sich genauso gut durch Alterseffekte anstelle
den von zwei Generationen abgegrenzt, die zusam-          von Generationsunterschieden erklären.
men gegenwärtig den Hauptanteil an Arbeitnehmern
ausmachen: der Generation X – geboren zwischen                  PERSÖNLICHKEITSEIGENSCHAFTEN
1960 und 1980 – und den Baby Boomern – geboren                            DER GENERATION Y
zwischen 1940 und 1960. Bei der Generation Y han-         Es gibt jedoch einige wenige Studien – insbesondere
delt es sich somit häufig um Jugendliche und junge        der amerikanischen Psychologin Jean Twenge – die
Erwachsene, die noch in einer Berufslehre oder im         mittels Archivdaten Einstellungen und Persönlich-
Studium sind. Allerdings befinden sich darunter auch      keitsmerkmale über Generationen hinweg untersucht
junge Berufstätige, inklusive Führungskräfte.             haben. Diese Studien zeigen, dass die Generation Y im
                                                          Mittel über ein höheres Selbstwertgefühl verfügt als
Die grundlegende Idee von «Generationen» ist, dass        frühere Generationen. Ebenfalls weisen die Studien
Personen in ihrer Kindheit und Jugend kulturellen,        eine höhere narzisstische Einstellung der Generation
wirtschaftlichen und sozialen Faktoren ausgesetzt         Y im Vergleich zu früheren Generationen auf. Die Au-
sind, die ihre Einstellungen und Persönlichkeitsmerk­     toren der Studien erklären diese Befunde durch den
male langfristig beeinflussen. So wird zum Beispiel       gesteigerten Individualismus in den westlichen Gesell­
angenommen, dass der Zugang zum World Wide Web,           schaften, welcher die Einzigartigkeit und die Wichtig-
Smartphones und Social Media sowie das Ende des           keit der individuellen Selbstverwirklichung betont. An­
Wirtschaftsbooms und die zunehmend, zumindest             hand dieser Persönlichkeitseigenschaften erklären die
faktische Gleichstellung von Mann und Frau die Ge-        Autoren auch Befunde, wonach die Generation Y häu-
neration Y wesentlich beeinflusst haben.                  fig überhöhte Ansprüche in der Arbeitswelt stellt und
                                                          schnelle Beförderungen, hohes Gehalt und stetiges
      STUDIEN ZU UNTERSCHIEDEN DER                        positives Feedback zu Person und Leistung erwartet.
  GENERATIONEN SIND WISSENSCHAFTLICH
                OFT FRAGWÜRDIG                                        ARBEITSEINSTELLUNGEN
Die meisten empirischen Studien zu Unterschieden                          DER GENERATION Y
bezüglich der Einstellungen und Persönlichkeits-          Die Generationsstudien von Twenge haben auch Ge-
merkmale zwischen Generationen sind methodisch            nerationsunterschiede in der Arbeitseinstellung un-
jedoch fragwürdig und lassen oft nur eingeschränkte       tersucht. Anhand von über 16’000 Personen verteilt
Schlüsse auf Generationsunterschiede zu. Viele Stu-       über 30 Jahre und drei Generationen, fanden die Au-
dien befragen Jugendliche und junge Erwachsene zu         toren, dass insbesondere die Freizeitorientierung zu-
ihren Werten sowie Vorstellungen und leiten daraus        genommen hat. Gegenüber der Generation X und den
Eigenschaften der Generation Y ab. Andere Studien         Baby Boomern legt die Generation Y ein signifikant
vergleichen junge und ältere Personen. Beide Metho-       stärkeres Gewicht auf Aspekte, die ausserhalb der
den sind streng genommen nicht gültig, um Rück-           Arbeit liegen. Diese Resultate bestätigen andere Stu-
schlüsse auf Generationsunterschiede zu ziehen. Denn      dien, wonach die Wichtigkeit an Work-Life-Balance,
die Tatsache, dass junge Erwachsene über bestimmte        indem also Arbeits- und Privatleben in Einklang ste-
Einstellungen verfügen, bedeutet noch nicht, dass sich    hen, in den letzten Jahrzehnten zugenommen hat. >

                                                                                               twice Herbst 2015   5
DIE GENERATION Y GUT AUSGEBILDET, WISSBEGIERIG, SELBSTBEWUSST - STANDORT - Handelskammer beider Basel
FOKUS

            DIE STEREOTYPISIERUNG DER GENERATIONEN

                                                                                                               GENERATION Z
            1941 bis 1960                  1961 bis 1980                           1981 bis 2000                        2001 bis

               Disziplin                     Autonomie                              Individualität
              Gehorsam                       Direktheit                               Flexibilität
         Pflichtbewusstsein                   Skepsis                              Spass/Freude

         Was ist wichtig?                Was ist wichtig?                       Was ist wichtig?
               Geld                      Herausforderung                        Sinnvolle Arbeit
              Status                         Freiheit                           Internationalität
              Macht                      Ausgewogenheit                         Gesellschaftliche
                                                                                    Relevanz

                                            (Je nach Literatur variiert die Zeitspanne einer «Generation»)

                        Entgegen einer häufigen Annahme zeigen die Resulta-                Eine bestimmte Person in der Generation Y kann in
                        te jedoch auch, dass die Wichtigkeit von extrinsischen             ihren Einstellungen und Persönlichkeitsmerkmalen
                        Belohnungen (wie zum Beispiel ein hohes Gehalt oder                einer Person aus einer anderen Generation deutlich
                        das Prestige des Berufs oder der Position) bei der Ge-             ähnlicher sein, als einer Person aus der gleichen Ge-
                        neration Y höher ausgeprägt ist als bei den Baby Boo-              neration. Generationsunterschiede repräsentieren also
                        mern und sich auf gleichem Niveau wie bei der Genera­              allgemeine Tendenzen – ohne dass dadurch Rück-
                        tion X befindet. Die junge Generation legt somit gleich            schlüsse auf bestimmte Mitarbeitende gezogen wer-
                        viel Wert auf konventionelle Erfolgsfaktoren bei der               den könnten.
                        Arbeit wie die frühere Generation. Im Unterschied zu
                        dieser setzt sie aber gleichzeitig auch den Wert einer             Ein weiter Kritikpunkt ist, dass viele «Generationsun-
                        guten Work-Life-Balance höher an. Vor allem für jün-               terschiede» auch durch Unterschiede im Lebensalter
                        gere Mitarbeitende stellt somit der Anspruch, sowohl               erklärt werden können – und mit der Generation an
                        einer erfolgreichen Karriere nachzugehen als auch                  sich eventuell nichts zu tun haben. Die psychologische
                        Zeit für Familie, Freunde und persönliche Interessen               Forschung konnte zum Beispiel aufzeigen, dass sich
                        zu haben, eine grosse Herausforderungen in der Lauf-               mit zunehmendem Alter die Zeitperspektive verändert,
                        bahnentwicklung und Karriereplanung dar.                           und Personen von einem offenen Zeithorizont («Was
                                                                                           kann ich noch Neues ausprobieren?») zu einem fixen
                        ALTERSUNTERSCHIEDE KÖNNEN WICHTIGER                                Zeithorizont («Wie viel Zeit bleibt mir noch?») über­
                           SEIN ALS GENERATIONSUNTERSCHIEDE                                gehen. Durch solche Veränderungen lässt sich unter
                        Die Studien zu Generationsunterschieden sind wis-                  anderem erklären, dass junge und ältere Mitarbeitende
                        senschaftlich jedoch umstritten. Ein wesentlicher                  in der Regel unterschiedliche Arbeitseinstellungen
                        Kritikpunkt ist, dass Generationen sehr grobe Grup-                aufweisen. Studien aus der Organisationspsychologie
                        pen darstellen, die relativ beliebig gewählt wurden.               konnten zum Beispiel zeigen, dass jüngere Mitarbei-
                        Zudem sind Unterschiede innerhalb einer Gruppe in                  tende häufiger Wert auf Karriereentwicklung und Wei­
                        der Regel grösser als zwischen Gruppen. Es lassen sich             terbildung legen, während für die älteren Aspekte wie
                        somit keine Rückschlüsse auf Einzelpersonen ziehen.                Arbeitsplatzsicherheit und intrinsische Belohnungen

6   twice Herbst 2015
DIE GENERATION Y GUT AUSGEBILDET, WISSBEGIERIG, SELBSTBEWUSST - STANDORT - Handelskammer beider Basel
STUDIE
bei der Arbeit (wie zum Beispiel Eigenständigkeit,
Einsatz von Fähigkeiten oder interessante Arbeit) wich-
tiger sind. Solche Altersunterschiede sind für Unter-                                    ARBEITGEBER-
nehmen und Führungskräfte potenziell wichtiger als
mögliche Generationsunterschiede. Um junge Mitarbei-
                                                                                        ATTRAKTIVITÄT
tende zu rekrutieren und zu motivieren, muss ein Un-
                                                                              Die Trendstudie 2015 «Arbeitgeberattraktivität von innen be-
ternehmen primär wissen, was diese Gruppe in der Re-
                                                                              trachtet – eine Geschlechter- und Generationenfrage» der Uni-
gel anspricht – unabhängig davon, ob dies nun wirklich
                                                                              versität St. Gallen unterstreicht: Es gibt viele gute Gründe, auf
mittels Generationsunterschieden erklärt werden kann.
                                                                              die Attraktivität als Arbeitgeber besonderen Wert zu legen und
Generationsunterschiede sind demgegenüber vor allem
                                                                              auch differenziert vorzugehen.
für die langfristige, strategische Personalplanung wich-
tig, da sie grundlegende Trends in unserer Gesellschaft
                                                                              Arbeitgeberattraktivität zahlt sich aus
über mehrere Jahrzehnte hinweg aufzeigen.
                                                                              Die Studie belegt deutlich die positive Wirkung der Arbeitgeber­
                                                                              attraktivität auf die Gesamtleistung und Innovation des Unter-
      EMPFEHLUNGEN FÜR UNTERNEHMEN
                                                                              nehmens. Hohe Attraktivität senkt die Kündigungsabsicht
               UND FÜHRUNGSKRÄFTE
                                                                              erheblich. Mitarbeitende sind in attraktiven Unternehmen we-
Wenn die Befunde aus der Generationsforschung und
                                                                              niger krank. Der allgemeine Gesundheitszustand ist besser und
der Forschung zu Altersunterschieden kombiniert
                                                                              die emotionale Erschöpfung deutlich reduziert.
werden, lassen sich folgende Empfehlungen für Un-
ternehmen und Führungskräfte ableiten:
                                                                              Die attraktivsten Arbeitgeber…
1.	Ermöglichen Sie jungen Mitarbeitenden eine beruf­
                                                                              … stellen Wertschätzung, Sinn und unternehmerisches
    liche Entwicklung in Ihrem Unternehmen. Fördern
                                                                                Handeln ins Zentrum.
    Sie deren Kompetenzerwerb und zeigen Sie Entwick­
                                                                              … fördern produktive und angenehme Energie.
    lungspfade für eine Karriere im Unternehmen auf.
                                                                              … bauen gezielt negative Energie und resignative Trägheit ab.
2.	Unterstützen Sie aktiv eine Integration von Arbeit
                                                                              … leben ergebnisorientierte und inspirierende Führung.
    und anderen Lebensbereichen. Zeigen Sie Flexibili­
                                                                              … überwinden aktiv die Beschleunigungsfalle.
    tät bei Arbeitszeiten, Ferien und längeren Abwesen­
    heiten aus persönlichen und familiären Gründen.
                                                                              Zentrale Treiber und Killer
    Fördern Sie eine Unternehmenskultur, die nicht auf
                                                                              Die Generationen X und Y reagieren allergisch auf die Be-
    Präsenz, sondern auf Zielerreichung ausgerichtet
                                                                              schleunigungsfalle. Während die Generation Y ein besonderes
    ist und die anerkennt, dass Arbeit nur ein Teil des
                                                                              Augenmerk auf Lernmöglichkeiten und einen inspirierenden
    Lebens ist.
                                                                              Führungsstil legt, spielen Vertrauen und Familienorientierung
3.	Erlauben Sie Freiheiten und Mitbestimmung bei
                                                                              für die Generation X eine wich­tige Rolle. Bei den Killern sind
    der Arbeitsgestaltung, so dass Mitarbeitende ihre
                                                                              sich die Generationen einig. Die Beschleunigungsfalle ist der
    eigenen Stärken und Interessen in die Arbeit ein-
                                                                              grösste Killer der Arbeitgeber­attraktivität. Ist diese in Unter-
    bringen können.
                                                                              nehmen hoch ausgeprägt, brennen im schlimmsten Fall nicht
4.	Führen Sie kurze Zyklen für die Karriereplanung
                                                                              nur die Mitarbeitenden, sondern das gesamte Unternehmen aus.
    ein. Definieren Sie Projekte, Aufgaben und Kompe-
    tenzbereiche, die in den nächsten drei bis sieben
                                                                              Das Institut für Führung und Personalmanagement der Univer-
    Jahren bearbeitet werden. Gestalten Sie interne
                                                                              sität St. Gallen wertete im Auftrag des Zentrums für Arbeitge-
    Karrierepfade als Abfolge von solchen kleinen Lern-
                                                                              berattraktivität, zeag GmbH, die Befragungs­ergebnisse von
    und Entwicklungs-Zyklen – nicht als lange, lineare
                                                                              16’274 Führungskräften und Mitarbeitenden aus 96 Unterneh-
    Wege nach oben.
                                                                              men aus.
5.	Definieren Sie die Arbeitsbeziehung nicht über
    grundsätzliche Loyalität zum Unternehmen. Statt-
    dessen als gegenseitige Verpflichtung, worin Un-
                                                                              KONTAKT
    ternehmen und Vorgesetzte einen Beitrag zur be-
                                                                              Universität St. Gallen
    ruflichen Entwicklung der Mitarbeitenden leisten
                                                                              Institut für Führung und Personalmanagement
    und im Gegenzug einen engagierten Einsatz zur
                                                                              Prof. Dr. Heike Bruch
    Erreichung der Unternehmensziele erhalten.
                                                                              heike.bruch@unisg.ch

PROF. DR. ANDREAS HIRSCHI ist Leiter der Abteilung Organisations-                  Die gesamte Studie ist kostenlos erhältlich unter
und Arbeitspsychologie am Psychologischen Institut der Universität in Bern.        topjob.de > Projekt > Trendstudien

                                                                                                                                       twice Herbst 2015   7
DIE GENERATION Y GUT AUSGEBILDET, WISSBEGIERIG, SELBSTBEWUSST - STANDORT - Handelskammer beider Basel
Y, DAS SIND WIR
FOKUS

              Gianluca Joerin (35), Geschäftsführer der                          Verena Albert (28), Biochemikerin (PhD),
                    Suter, Joerin AG in Arlesheim                                    Biozentrum der Universität Basel

                                                                                                                IN 10 JAHREN
                                                                                                              ARBEITE ICH ALS

                                                                                          UNABHÄNGIGE
    IN 10 JAHREN                                                                              GRUPPEN-
    ARBEITE ICH ALS
                                                                                            LEITERIN AN
    GESCHÄFTSFÜHRER                                                                  EINER UNIVERSITÄT
    DER SUTER, JOERIN AG                                                                IN DER SCHWEIZ

                «DIE UNTERNEHMENSKULTUR                                             «UNIVERSITÄT UND INDUSTRIE
             IST EIN ENTSCHEIDENDER FAKTOR»                                               ERGÄNZEN SICH GUT»
Gianluca Joerin kam mit dem Rohwarensektor bereits zu Stu­            Für die Biochemikerin Verena Albert, die kürzlich ihren PhD am
dienzeiten in Kontakt und arbeitete nach seinem Abschluss vier        Basler Bio- und Pharmazentrum erworben hat, gibt es keinen ty-
Jahre bei einem Rohstoffkonzern in Zug. 2012 wechselte der            pischen Arbeitstag: «An manchen Tagen bin ich sehr intensiv mit
Volkswirt zur Suter, Joerin AG, die er 2014 von seinem Vater          meinen Experimenten beschäftigt und verbringe den ganzen Tag
übernommen hat. Suter, Joerin beliefern Privathaushalte und Un-       im Labor. An anderen Tagen werte ich die gesammelten Daten
ternehmen mit verschiedenen Brenn- und Treibstoffen: «In aller        aus und versuche die Ergebnisse zu interpretieren oder plane
Regel beginne ich meinen Arbeitstag früh, um noch bevor das           wiederum nächste Experimente.» Die junge Biochemikern will
Telefon zu klingeln beginnt und die E-Mails reinflattern, produk-     mit ihrer Arbeit verschiedene Stoffwechselvorgänge des mensch-
tiv zu sein. Über Mittag pflege ich Kontakte mit Kunden, Freunden     lichen Körpers besser verstehen – gerade für die Entwicklung
oder treibe Sport. Mein Feierabend beginnt mal früher oder später,    von Medikamenten gegen Krankheiten wie Diabetes ist dieses
das entscheide ich je nach Arbeitslast situativ.» Dass die Genera-    Wissen unverzichtbar. Wie die meisten Vertreter der Generation
tion Y im Gegensatz zu ihren Eltern und Grosseltern besonderen        Y zieht auch Verena Albert keinen klaren Strich zwischen ihrer
Wert auf eine ausgewogene «Work-Life-Balance» lege, glaubt Gian-      Arbeit und dem Privatleben: «Meine Arbeit ist mir sehr wichtig.
luca Joerin hingegen nicht: «Zumindest in meinem Umfeld gibt es       Ich kann mir nicht vorstellen, etwas anderes zu machen. Mein
keine signifikanten Unterschiede zwischen den Generationen. Bei       Job fordert mich zu 100 Prozent – oft denke ich auch Zuhause
mir sind die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit hin und wieder      noch über ein ungelöstes Problem nach.» Zwischen der universi-
fliessend – ein abendlicher Kundenanlass kann durchaus freizeit­      tären und industriellen Forschung ortet Verena Albert keine
ähnlichen Charakter haben. Dennoch achte ich darauf, dass Ferien      grundlegenden Differenzen. Viel mehr glaubt sie, dass sich beide
und Feierabende wirklich auch frei von Verpflichtungen sind.          gut ergänzen: «An der Uni kann sehr gut an Grundlagen ge-
Aber ich bin sicher, auch die Baby Boomer geniessen ihre Freizeit!»   forscht werden, die zum generellen Verständnis der biologischen
Gianluca Joerin fühlt sich als junger Geschäftsführer ernst genom-    Prozesse im menschlichen Körper beitragen. Die industrielle For-
men: «Akzeptanz resultiert aus der Kombination von Fachwissen,        schung hingegen ist näher am Patienten und deshalb darauf aus-
Sozialkompetenz und Führungserfahrung. Einen ausgeprägten             gerichtet, neue Medikamente zu entwickeln. Es macht also Sinn,
Generationenkonflikt sehe ich bei uns nicht. Die Unternehmens-        dass beide Aspekte – die Grundlagenforschung und Medikamen-
kultur ist dabei ein entscheidender Faktor: Ist das Klima konstruk-   tenentwicklung – kombiniert werden und gemeinsame Ziele er-
tiv und offen, können die Mitarbeitenden ihr Potenzial am besten      reichen.» Dennoch bleibt sie der universitären Forschung treu:
ausschöpfen», fasst Gianluca Joerin zusammen und betont: «Ver-        «In einigen Jahren würde ich gern meine eigene Forschungs-
bindlichkeit darf darunter aber keinesfalls leiden.»                  gruppe an einer Schweizer Uni führen.»

8   twice Herbst 2015
DIE GENERATION Y GUT AUSGEBILDET, WISSBEGIERIG, SELBSTBEWUSST - STANDORT - Handelskammer beider Basel
Sie ist egoistisch, will sich möglichst viele Optionen offen halten und fordert mehr, als dass sie
leistet. Der Generation Y wird im Arbeitsleben vieles nachgesagt. Doch wie gestalten junge Frauen
  und Männer heute ihren Berufsalltag? Was leisten sie und was erwarten sie von der Wirtschaft?

      Sarina Pensa (34), Projektmitarbeiterin Marketing-
   Kooperationen, Aussenbeziehungen und Standortmarketing,                     Lukas Stadelmann (24), selbstständig in der
           Präsidialdepartement Kanton Basel-Stadt                                visuellen Kommunikation und Student

                                                                                                                IN 10 JAHREN
                                                                                                              ARBEITE ICH ALS
                                            IN 10 JAHREN
                                           ARBEITE ICH IN
                                                                                                                 ART
                          EINER                                                                            DIRECTOR
                     FÜHRUNGS-                                                                            IN MEINER
              POSITION ODER ALS                                                                             EIGENEN
                FREIBERUFLERIN                                                                                FIRMA

           «FAMILIENGRÜNDUNG IST AUCH FÜR                                «KAUM EIN WIRTSCHAFTSZWEIG FUNKTIONIERT
                     DEN JOB WERTVOLL»                                           SO FREI WIE DIE KREATIVBRANCHE»
«Kinder zu haben, ist eine private Entscheidung, für die man auch    Nach der Berufsmatur und Lehre zum Grafiker vertieft Lukas
entsprechend Verantwortung tragen muss. Nichtsdestotrotz sind        Stadelmann an der Luzerner Hochschule für Design und Kunst
Kinder kein Hobby,» stellt Sarina Pensa klar. Die bald zweifache     momentan sein Wissen im Bereich «Camera Arts». Nebenher ar-
Mutter startet ihren Tag um acht Uhr im Büro, während ihr Mann       beitet er selbstständig als Grafiker und Fotograf. Geschichten ein
ihren Sohn in die Kinderkrippe bringt. Ihre Abende verbringt sie     Gesicht zu verleihen und auf Papier zu bringen – wie die von ihm
mit ihrer Familie oder ehrenamtlichen Tätigkeiten: «An meinen        eingefangene Generation Y in diesem twice – steht für ihn dabei
arbeitsfreien Wochentagen steht mein Sohn im Fokus. Wir ma-          im Vordergrund. Dass er deshalb ab und zu sein Erspartes anzap-
chen kleine Ausflüge oder besuchen Familie und Freunde.» Die         fen muss, stört ihn kaum: «Die Kreativbranche ist eine ganz eige-
Generation Y besinnt sich auf die Werte der Familie zurück, sucht    ne Welt, in der man sich sehr frei bewegen kann. Unsicherheit
aber gleichzeitig deren Vereinbarkeit mit dem Beruf: «Mein Mann      gehört dazu. Ich liebe diese Unbeständigkeit, die Möglichkeit zu
und ich können uns beide nicht vorstellen, 100 Prozent Zuhause       machen, was mir gefällt – völlig individuelle Arbeit zu leisten.»
tätig zu sein. Der fachliche Austausch und die berufliche Heraus-    Damit spricht Lukas Stadelmann typische Wünsche seiner Gene-
forderung würden uns fehlen. Dass sich unsere Rollen tauschen,       ration an: Selbstverwirklichung und flexible Arbeitsmodelle. Sein
oder mein Mann oder ich einmal freiberuflich arbeiten, ist abso-     Blick auf die Arbeitswelt ist deshalb aber keineswegs verklärt.
lut möglich.» Bisher standen die Arbeitgeber von Sarina Pensa dem    «Der Kreativbranche wird wenig wirtschaftliches Verständnis
Thema Familie stets offen gegenüber, was aber auch 2015 noch         entgegengebracht, die Arbeit oft unterschätzt. Der Branche stehen
nicht selbstverständlich ist: «Familienzeit wird in der Wirtschaft   im Wettbewerb um Aufträge und in Zeiten der Rückbesinnung
oft als Auszeit angesehen und nicht als Erfahrung und Erwerb         auf Grundbedürfnisse zudem keine rosigen Zeiten bevor. Sich
von Fähigkeiten. Danach muss man kreativ sein und wieder bewei­-     selbstständig zu finanzieren, ist eine Herausforderung.» Den
sen, dass man seinen Job machen kann.» Dennoch glaubt Sarina         Wunsch nach Sicherheit kennt der junge Grafiker gut: «Ich könn-
Pensa, dass immer mehr Firmen eine breite Diversität in ihrer Be-    te mein Leben viel einfacher gestalten. Trotzdem schätze ich es,
legschaft schätzen und Familienerfahrung als wirtschaftlich          momentan für mich verantwortlich und nicht abhängig vom Er-
wertvolles Wissen einstufen. Nicht zuletzt auch, weil Fachkräfte     folg einer Firma zu sein.» Nach dem Studium kann sich Lukas
in den nächsten Jahren ein immer rareres Gut werden: «Ich bin        Stadelmann allerdings eine Kombination aus einer Teilzeitstelle
überzeugt, dass die Wirtschaft langfristig umdenken muss, um         in einer Agentur und selbstständiger Arbeit gut vorstellen – «mein
kein Personal- und Know-how-Problem zu entwickeln. Immer             hoher Anspruch an Selbstverwirklichung nervt mich manchmal
mehr Eltern möchten die Betreuung ihrer Kinder teilen – unab-        selbst», schmunzelt er. •
hängig von den Kosten.»

                                                                                                                     twice Herbst 2015   9
DIE GENERATION Y GUT AUSGEBILDET, WISSBEGIERIG, SELBSTBEWUSST - STANDORT - Handelskammer beider Basel
FOKUS

GENERATIONEN-
MANAGEMENT
IM UNTERNEHMEN RICHTET SICH AN ALLE

Für das Versicherungsunternehmen Helvetia ist es aufgrund des demografischen
Wandels sowie des drohenden Fachkräftemangels heute mit erfolgsentscheidend,
wie gut es Human Resources zusammen mit den Führungskräften gelingt, die
unterschiedlichen Stärken der Generationen im Unternehmen zu nutzen.

                         Bei Helvetia ist die berufliche Entwicklung von Mit-   für die Generation Y ein wichtiges Kriterium, um einen
                         arbeitenden ein wichtiger Bestandteil der strategi-    Arbeitgeber als attraktiv zu beurteilen. Ihre Loyalität
                         schen Personalplanung. Entsprechend richtet das Un-    zur Firma liegt im Durchschnitt deutlich unter der
                         ternehmen sein Augenmerk auf alle im Unternehmen       von älteren Generationen.
                         tätigen Altersgruppen. Neben den regelmässig statt-
                         findenden Jahresgesprächen zwischen Mitarbeitenden      BEDÜRFNISUNTERSCHIEDE, DIE KEINE SIND
                         und Vorgesetzten ist die Diskussion um das Erkennen    Helvetia will die Generationen-Thematik jedoch nicht
                         und die Entwicklung von möglichen «high potentials»    stereotyp betrachten. Hat das Unternehmen doch die
                         bereits in einer frühen Phase der beruflichen Lauf-    Erfahrung gemacht, dass die Unterschiede innerhalb
                         bahn ein wichtiger Aspekt. Denn die Chance zur be-     einer Generation oft grösser sind als zwischen Gene-
                         ruflichen und persönlichen Weiterentwicklung bzw.      rationen. Befragungen und Studien zeigen, dass sich
                         die Möglichkeit zur Einflussnahme darauf ist gerade    die unterschiedlichen Altersgruppen in ihren Bedürf-
                                                                                nissen – wie sinnvolle Aufgaben, Weiterbildungs- und
                                                                                Laufbahnmöglichkeiten, Anerkennung, flexible Ar-
                                                                                beitsmodelle – gar nicht so sehr unterscheiden. Das
                                                                                Versicherungsunternehmen bietet daher eine Aus-
                                                                                wahl von Massnahmen und Instrumenten an, aus de-
                                                                                nen die Mitarbeitenden die für sie am besten passen-
                                                                                den auswählen. Beispiel Arbeitszeitmodelle: Es gibt
                                                                                kaum ein Modell, das nur für eine Altersgruppe at-
                                                                                traktiv ist. Je nach Lebensphase sind die Gründe für
                                                                                den Wunsch nach flexibler Arbeitszeit unterschied-
                                                                                lich gelagert und reichen von der Kindererziehung
                                                                                über eine (zweite) Ausbildung bis hin zur Pflege von
                                                                                Angehörigen. Das bedeutet auch, dass Themen wie
                                                                                Digitalisierung, Work-Life-Balance oder die Vorstel-
                                                                                lung von sinnstiftender Arbeit nicht nur aus Sicht ei-
                                                                                ner Generation betrachtet werden, sondern aus Sicht
                                                                                der gesamten Belegschaft.

                                                                                 GENERATIONENMANAGEMENT ALS REZEPT
                                                                                Im «Diversity-Ansatz» von Helvetia werden beispiels-
                                                                                weise die Schwerpunkte Geschlecht und Lebensalter
                                                                                definiert. Dabei geht es weniger darum, die Bedürfnis-
                                                                                se einer einzelnen Generation zu fokussieren, als viel-

10   twice Herbst 2015
mehr um das Generationenmanagement insgesamt.             Im Sinne eines Blended Learning wurde zudem eine
Dieses hat zum Ziel, dass Mitarbeitende in unter-         Plattform für Gruppen zum Wissens- und Informati-
schiedlichen Lebensaltern mit unterschiedlichen           onsaustausch eingesetzt, um zu erreichen, dass sich
Fähigkeiten und Erfahrungen erfolgreich zusammen-         die Zielgruppe bewusst den neuen Medien stellt und
arbeiten. Wie wichtig es ist, das generationenüber-       daran wächst.
greifende Arbeiten gezielt zu fördern, wurde im Rah-
men des Weiterbildungsprogramms «50plus – erfah­ren,      Die Teilnehmenden profitierten bei der Kollegin aus
engagiert und erfolgreich» deutlich. Dieses wurde         der Generation Baby Boomer von ihrer umfassenden
noch bei Nationale Suisse speziell für ältere Mitarbei-   Erfahrung und ihrem ausgeprägten fachlichen Know-
tende entwickelt und nach dem Zusammenschluss             how und von der Expertise der Praktikantin der Gene-
mit Helvetia fortgeführt. Bei der Konzeption und Um-      ration Y für neue Medien und aktuelle wissenschaftli-
setzung des entwicklungsorientierten Programms            che Entwicklungen. Die Praktikantin unterstützte
wurden erste Erfahrungen mit der Zusammenarbeit           zudem die ältere Kollegin in organisatorischen Belan-
verschiedener Generationen gemacht. Eine erfahrene        gen. Eine wichtige Erkenntnis aus dieser Pilotreihe
Personalentwicklerin des Unternehmens mit Jahr-           war, dass viele 50plus-Themen nicht ausschliesslich
gang 1955 konzipierte die Workshop-Reihe gemein-          für diese Zielgruppe von Bedeutung sind, sondern
sam mit einer Praktikantin mit Jahrgang 1987 und          dass der gesamte Zyklus der lebensphasenorientierten
verantwortete die Durchführung. In dieser Konstella-      Personalentwicklung betrachtet werden muss und
tion wurde das generationenübergreifende Arbeiten         Wege der generationenübergreifenden Zusammenar-
selbst erfahren und vorgelebt. Das Programm um-           beit gefunden werden sollten.
fasst vier Module von je einem Halbtag mit folgenden
Themenschwerpunkten: Orientierung im Gesamt-              Die begonnene Arbeit in dieser Thematik fortzusetzen
kontext 50plus; aktuelle Lebensphase 50plus; be-          und weiter auszubauen zum Beispiel mit (reversen)
rufliche Themen 50plus und Resilienz 50plus. In der       Mentoring-Programmen oder der Förderung des Aus-
Evaluation wurden Themen wie ressourcenorientier-         tauschs zum Thema Transitions/Übergänge im Le-
ter Blick auf das Älterwerden, Wissenstransfer im         benslauf, erachtet Helvetia als eine spannende Heraus-
Unternehmen, generationenübergreifende Zusammen-          forderung für kommende Zeiten. •
arbeit, Gesundheitskompetenz und lebenslanges
                                                          SIMONE LAZARUS ist Leiterin Personal- und Organisationsentwick-
Lernen/Entwicklung als Schlüsselthemen identifiziert.     lung bei den Helvetia Versicherungen.

                                                                                                                            twice Herbst 2015   11
FOKUS

     INMITTEN DES
     DEMOGRAFISCHEN

     WANDELS
Für Beratungsgespräche der Mitarbeitenden der regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV)
sind die sich verändernden Bedürfnisse der Stellensuchenden ein bestimmender Faktor. Die sich
wandelnde Demografie hat einen hohen Stellenwert. Dementsprechend wichtig ist das Thema im
Kontakt mit den Arbeitgebern. Inge Müssle ist Leiterin Arbeitsvermittlung beim Amt für Industrie,
Gewerbe und Arbeit (KIGA) des Kantons Basel-Landschaft und somit verantwortlich für alle RAV.
Sie plädiert für eine Belegschaft, bei der möglichst alle Altersgruppen vertreten sind. Seit rund
einem Jahr bieten die RAV eine Demografieberatung für Unternehmen an.

twice: Welche Erfahrungen machen Sie          öfter vor als früher, und der Stellenwert     unter einen Hut gebracht werden. Es ist
mit der Generation Y?                         der Work-Life-Balance hat zugenommen.         wichtig, dass in Teams diverse Generatio-
Inge Müssle: Generalisiert können ver-        Die jüngere Generation legt mehr Wert         nen vertreten sind, damit das Know-how
schiedenen Generationen bestimmte Eigen­      auf eine moderne Infrastruktur und Wei-       nicht verloren geht. Der viel zitierte demo-
schaften zugeordnet werden. In den regio-     terbildungsmöglichkeiten. Das soll aber       grafische Wandel ist den Unternehmen
nalen Arbeitsvermittlungszentren fällt uns    nicht heissen, dass diese Ansprüche nicht     zwar ein Begriff, allerdings befassen sich
auf, dass Vertreter der Generation Y in der   auch bei anderen Altersgruppen beobach-       viele nicht ausreichend damit. Aber wir
Regel sehr flexibel, selbstbewusst und gut    tet werden. Bei lebenserfahreneren Arbeit­    befinden uns inmitten des Wandels! Aus
qualifiziert sind.                            nehmern spielt der Sicherheitsgedanke in      diesem Grund lässt das KIGA in den Ge-
                                              Sachen Arbeitsplatz aber eher eine tragen­    sprächen mit Unternehmen seit Anfang
Wie unterscheiden sich die Ansprüche ei-      de Rolle.                                     Jahr auch eine Demografieberatung mit
nes 25-Jährigen im Gegensatz zu Älteren?                                                    einfliessen. Unsere Aussendienstberater
Die Einstellung hat sich bedingt durch an­    Wie können Arbeitgeber auf diesen             wurden entsprechend geschult.
dere Lebens- und Wertvorstellungen geän­      Wertewandel reagieren?
dert. Es werden zunehmend Job-Sharing-        Die Situation stellt die Führungskräfte vor   Was beinhaltet die Demografieberatung?
Modelle und Teilzeitstellen nachgefragt.      eine grosse Herausforderung, denn die         Wir analysieren diverse Faktoren der Un-
Jobwechsel kommen bei der Y-Generation        verschiedenen Wertvorstellungen müssen        ternehmen wie Altersstruktur, Know-how-

12   twice Herbst 2015
Transfer, Arbeitszeitgestaltung, betriebli-    Wissens sind wir bislang das einzige Amt,
ches Gesundheitsmanagement etc. und            das seine Mitarbeitenden explizit zum The­
geben Tipps, wie sich das Unternehmen          ma Demografie schult und dieses Wissen
fitter machen kann für den Wandel. Gera-       an die Arbeitgeber weitergibt. Da betrei-
de hinsichtlich des Fachkräftemangels ist      ben wir ein Stück weit Pionierarbeit.
es wichtig, dass Unternehmen solche Über­
legungen in ihre strategischen Ziele auf-      Welche Reaktionen haben Sie bislang
nehmen.                                        auf das Angebot erhalten?
                                               Die Arbeitgeber sind positiv überrascht,
Die Demografieberatung findet im Rahmen        dass wir uns diesem Thema annehmen und
unserer Haupttätigkeit statt. Also bei den     schätzen unsere Drehscheibenfunktion in
üblichen Gesprächen mit Arbeitgebern für       Sachen Informationsaustausch. Es handelt       KONTAKT
die Besetzung von offenen Stellen, was ge-     sich um eine Zusatzdienstleistung, die nicht   Amt für Industrie,
nerell der Anlass für unsere Besuche ist. Es   verpflichtend ist, sondern sensibilisieren     Gewerbe und Arbeit (KIGA)
ist aber denkbar, dass wir auch diesbezüg-     soll und leicht umsetzbare Ratschläge lie-
lich auf expliziten Wunsch eines Arbeitge-     fert. Mich freut besonders, dass einige        Inge Müssle
bers beraten.                                  Unternehmen bereits reagiert haben und         Leiterin Arbeitsvermittlung
                                               ihre Teams in Bezug auf die Altersstruk-       Bahnhofstrasse 32
Ist die Berücksichtigung der Demografie        tur stärker durchmischen. Bei der Beset-       4133 Pratteln 1
bei Gesprächen mit Arbeitgebern üblich?        zung der Belegschaft gilt es, junge, aber      T 061 552 77 77
Wir sind uns bewusst, dass gerade im Kan­      eben auch erfahrenere Kräfte zu berück-        F 061 552 77 88
ton Basel-Landschaft der demografische         sichtigen, um für die Zukunft gerüstet zu      inge.muessle@bl.ch
Wandel ein wichtiges Thema ist. Meines         sein. •

                                                                           Basel erleben
                                                                           mit dem
                                                                           Pro Innerstadt
                                                                           Geschenkbon
                                                                           proinnerstadtbasel.ch
                                                                                                      DAS
                                                                                                          P
                                                                                                      MITA ERFEKTE
                                                                                                          RB
                                                                                                       GESC EITER-
                                                                                                            HENK

                                                                                                          twice Herbst 2015   13
STANDORT

                                                                              franken stammt aus der Haushaltskasse zugezogener
                                                                              Familien. Neben dem «brain gain», dem Potenzial des
                                                                              mitgebrachten Fach- und Spezialwissens, und den
                                                                              Steuergeldern, bereichern vor allem die unterschied­
                                                                              lichen Kulturen das Leben in der Region und verleihen
                                                                              ihr internationales Flair. Auch hier drängt sich ein
                                                                              Realitätscheck auf: Wie offen und international ist die
                                                                              Region Basel wirklich und wie gestalten sich die ersten
                                                                              Wochen und Monate für Neuzuzüger?

                                                                              Rachel Ferraro, 29, stammt aus Texas und lebt gemein-
                                                                              sam mit ihrem Mann Marco und ihren zwei Töchtern
                                                                              seit rund fünf Jahren in Basel. Rachel und Marco lern-
                                                                              ten sich während des Studiums in einer kleinen Stadt
                                                                              in Arkansas kennen. Rachel erinnert sich: «Nach un-
                                                                              seren ersten Verabredungen googelte ich «Basel,
                                                                              Schweiz», die Heimatstadt meines schweizerisch-ita­
                                                                              lienischen Mannes. Zu diesem Zeitpunkt hätte ich nie
                                                                              gedacht, dass es auch einmal mein Zuhause würde.»
                                                                              Als Rachel dann mit 24 in die Schweiz zog, tauchte
                                                                              sie erst einmal in ein Wechselbad der Gefühle ein.
                                                                              Vom Enthusiasmus zum Heimweh und zurück. «Nach
                                                                              ein, zwei Jahren haben sich diese extremen Emotionen
                                                                              aber zu einer schönen Schweizer Neutralität ausbalan-
                                                                              ciert. Ich begann, mich heimisch zu fühlen.»

                                                                                        WO IST DIE BUSHALTESTELLE?
                                                                              Zu Beginn war es ohne Deutschkenntnisse schwierig,
                                                                              in engeren Kontakt mit der Bevölkerung zu treten. Ra-

TEXAS–BASEL
                                                                              chel begann zu üben: «Ich spazierte durch das Klein-
                                                                              basel und fragte Passanten immer wieder nach der
                                                                              nächsten Bushaltestelle. Zeigten sie in eine Richtung,

EINFACH
                                                                              war ich erfreut, dass sie mich verstanden.» So richtig
                                                                              wahrgenommen fühlte sie sich aber erst als sie Mutter
                                                                              wurde: «Es mag an den Kilos liegen, die ich in der

Als Wirtschaftsstandort mit internationaler Ausstrahlung Schwangerschaft zugenommen hatte», erinnert sich
                                                                              Rachel schmunzelnd, «aber die Kinder – Basel ist der
zieht die Region Basel Menschen aus aller Welt an und                         Geburtsort meiner beiden Töchter – veränderten meine
wird – ob vorübergehend oder für immer – zur neuen                            Beziehung zur Stadt entscheidend.» Passanten spra-
Heimat. Sich als Neuankömmling in Basel zurechtzufinden chen sie auf der Strasse an und wünschten ihr Glück,
erfordert Engagement und etwas Kreativität.                                   Rachel schloss in der Bibliothek, im Café und im Fami-
                                                                              lienzentrum neue Freundschaften und wurde Fan der
Der Begriff «Expats» ist in aller Munde und steht für Personen und Basler Fasnacht. Ihre Freunde stammen aus Israel, Indien, Kanada,
deren Familien, die aus beruflichen Gründen für eine absehbare der Schweiz oder Nigeria. «So viele Teile der Welt klicken hier
Zeit ihr Heimatland verlassen. Ihnen gegenüber stehen die ineinander. Neu­a nkömmlingen lege ich zwei Dinge ans Herz:
«Migranten», welche sich fernab ihrer Heimat dauerhaft in einem Werdet Teil einer Gruppe! Ob im Sportverein oder als Stammgast
neuen Land niederlassen. Die starre Definition dieser Begrifflich- im Café ums Eck – ein Netzwerk zu haben, das einen an schlech-
keiten entspricht jedoch kaum der Realität. Wie eine Studie des ten Tagen auffängt, ist Gold wert. Und zweitens: lernt Deutsch
Basler Beratungsunternehmens ecos aus dem Jahr 2011 zeigt, blei- und wendet es bei Nachbarn oder Spaziergängern tatsächlich an.
ben viele der sogenannten «Expats» viel länger als ursprünglich Auch wenn man erstmal nur «Grüezi» sagen kann, man weiss nie,
geplant. Für manche wird Basel ganz zur zweiten Heimat, und die wen man wieder einmal im Tram trifft. Vielleicht wird man erkannt
Neuankömmlinge wiederum werden für die Region zum volks- und gegrüsst – eine kleine Geste, die Grosses auslöst: Wow, die
wirtschaftlichen Potenzial: Jeder zehnte Konsum- und Steuer- Leute erkennen mich. Vielleicht gehöre ich hier wirklich hin!» •

14   twice Herbst 2015
HIGH-TECH IN ALLSCHWIL
                 FLÄCHENDECKEND UND INSTITUTIONENÜBERGREIFEND

Demonstration einer neuen Navigationslösung für Rückenoperationen.                                                  Einblick in ein Labor des DBE.

Es war im Sommer letzten Jahres, als die Universität Basel verkün-                           INTERDISZIPLINÄR
dete, die Werner Siemens-Stiftung unterstütze mit 15,2 Millionen     «Aufgrund seiner interdisziplinären Zusammensetzung von
Franken eines ihrer Forschungsprojekte in der Medizinaltech-         Fachleuten aus Medizin, Natur-, Ingenieur- und Geisteswissen-
nologie. Diese News erfreuten die Handelskammer insbesonde-          schaften stellt das DBE eine einzigartige Forschungsplattform
re, da es sich um ein erstes konkretes Projekt handelte, das im      dar», beschreibt Departementsvorsteher Prof. Dr. Philippe Cattin
künf­t igen Schweizerischen Innovationspark Nordwestschweiz          die Einrichtung. In enger Zusammenarbeit mit dem Universi-
(SIP NWCH) in Allschwil untergebracht werden sollte. Für die         tätsspital Basel und dem Universitäts-Kinderspital beider Basel
Handelskammer als Mit-Trägerin des SIP NWCH war klar, dass           wird der Austausch zwischen Institutionen und Forschungsfel-
damit der Grundstein gelegt wurde, mit dem Kanton Basel-Land-        dern gefördert, um Grundlagenwissenschaft, klinische Medizin
schaft einen weiteren Universitätsstandort in der Region zu er-      und medizintechnische Industrie zu verbinden. Ziel ist es, Innova­
halten.                                                              tionen aus der Grundlagenforschung möglichst rasch zum Nutzen
                                                                     der Patientinnen und Patienten weiterzuentwickeln. «Biomedical
Ende August dieses Jahres hat das Department of Biomedical En-       Engineering gewinnt zunehmend an Bedeutung, und die Univer-
gineering (DBE) der Medizinischen Fakultät der Uni Basel seine       sität Basel will hier als treibende Kraft an vorderster Front mitwir­
Räumlichkeiten definitiv in den Innovationpark gezügelt. Dort        ken», meint die neue Uni-Rektorin Prof. Andrea Schenker-Wicki.
arbeiten über 60 Personen in zehn verschiedenen Forschungs-          Dieses Departement zeige zudem, dass die Universität Basel für
gruppen. Zu den inhaltlichen Schwerpunkten am DBE zählen             die Industrie und für private Geldgeber ein attraktiver Partner
unter anderem die medizinische Bildgebung und bildgestützte          sein kann.
Therapien, Materialwissenschaft und biotechnologische Gewebe­
bearbeitung sowie Orthopädie und Biomechanik. Im Bereich der         Das DBE gilt bereits heute als neues Kompetenzzentrum, in wel-
Lehre richtet das DBE ein neues Doktorandenprogramm ein und          chem Human- und Zahnmediziner, Naturwissenschaftler, Ingenieu-
bietet zwei Weiterbildungsprogramme auf Masterstufe an.              re und Firmen aus der lokalen medizinaltechnischen Industrie
                                                                     unter einem Dach tätig sind. Mit seinem breiten Forschungsspek-
                                                                     trum im Bereich der Medizinaltechnologie leistet es für unsere
                                                                     Wirtschaftsregion mit den Life Scienes als wichtigste Leitbranche
                                                                     einen immensen Beitrag, um im weltweiten Vergleich auf den vor-
                                                                     dersten Plätzen bestehen zu können. •

                                                                                                                       twice Herbst 2015      15
STANDORT

DAS NEUE
KLINIKUM 2
KONKRET

Das Neubauprojekt des Uni-
versitätsspitals Basel hatte
einen schwierigen Start.
Gleich nachdem im Mai 2013
das Siegerprojekt des Archi-
tekturwettbewerbs vorgestellt
wurde, setzte eine lebhafte
Diskussion über die städte-
bauliche Qualität ein. Mittler-
weile haben sich die Wogen
geglättet, und die Skepsis
gegenüber dem Neubau des
Klinikums 2 hat breiter
Zustimmung Platz gemacht.

Mit der deutlichen Verabschiedung des         samtprojekt dürfte 2030 abgeschlossen                 RÜCKSICHT NEHMEN
Be­bauungsplans durch den Grossen Rat         sein. Es handelt sich um ein höchst kom-     Die historischen Gebäude auf dem Gelände
des Kantons Basel-Stadt im Mai dieses         plexes Bauvorhaben. Ausschlaggebend für      unterliegen strengen Auflagen des Denk-
Jahres hat das Projekt der Erneuerung des     die Standortwahl waren die Vorteile des      malschutzes. Auch ist das geschützte Orts­
Klinikums 2 einen Meilenstein erreicht.       (innerstädtischen) Zentrums in unmittel-     bild der nahegelegenen Altstadt unbedingt
Zwar ist noch ein Rekurs gegen den Ent-       barer Nähe zur Universität Basel, auch       zu berücksichtigen, und der öffentliche
scheid des Grossen Rates hängig, doch         wenn ein Bau auf der «grünen Wiese» wo-      Raum des Spitalgartens kann nicht über-
weil der Neubau für das Unispital dring-      möglich baulich einfacher realisierbar ge-   baut werden. Planerisch, organisatorisch
lich ist, werden die Vor­bereitungsarbeiten   wesen wäre. Da das Areal des Unispitals      und logistisch stellt dieses Projekt höchs-
unvermindert fortgeführt.                     nahezu vollständig bebaut ist, wird der      te Anforderungen an alle Beteiligten. Die
                                              Neubau genau an der Stelle entstehen, wo     Maxime ist, dass die Patientinnen und
         ETAPPE FÜR ETAPPE                    auch das heutige Klinikum 2 steht. Abriss    Patienten von negativen Begleiterschei-
Das Unispital projektiert zusammen mit        und Neubau erfolgen in Etappen. Während      nungen während der Bauzeit möglichst
dem Generalplaner den Neubau, der in          in den zuerst errichteten Neubauteilen der   verschont bleiben, und auch die Belästi-
mehreren Etappen und bei laufendem Be-        Betrieb anläuft, geht in den noch beste-     gungen für Mitarbeitende und Anwoh-
trieb ausgeführt werden soll. Die erste       henden Altbauteilen der Patientenbetrieb     nerschaft so gering wie möglich gehalten
Etappe mit dem 60 Meter hohen Spital-         weiter. Denn Provisorien sind kaum mög-      werden. Derzeit erarbeiten Experten Lö-
turm soll 2022 in Betrieb gehen. Das Ge-      lich.                                        sungen, die Bau und Abbruch komplett

16   twice Herbst 2015
vom laufenden Betrieb trennen sollen. Jede   nischen Bereiche im Gebäude festgelegt,      des Spitalareals ein umlaufender Tunnel-
Form von Verunreinigung in der Nähe der      anschliessend wird die Ausstattung der       ring geschaffen. Durch diesen Tunnel wer­
Patienten muss ausgeschlossen werden.        einzelnen Räume geplant.                     den die Gebäude z. B. mit Strom, Wasser,
Baulärm ist so weit wie möglich zu verhin-                                                IT, Wärme und Kälte versorgt. Ab 2018
dern.                                                  NÄCHSTE SCHRITTE                   wird der unterirdische Bereich der Spital-
                                             Der Entwurf für das Gebäude stammt vom       anlieferung und -entsorgung neu gebaut,
Der Neubau richtet sich nach den Bedürf-     Zürcher Architekturbüro Giuliani Hönger      da zukünftig kein Lieferverkehr mehr
nissen der Patientinnen und Patienten.       und ging 2013 aus einem internationalen      durch die Altstadt und den Petersgraben
Modernste Medizintechnik, effiziente Pro­    Wettbewerbsverfahren als Sieger hervor.      erfolgen darf. Ab 2019 startet die erste
zesse und eine angenehme Umgebung sol­       In den kommenden zwei Jahren wird die        Bauetappe des Hauptprojekts.
len für die Patienten von grösstem Nutzen    Planung phasenweise konkretisiert, auf die
sein. Derzeit laufen die Abstimmungen mit    aktuellen Anforderungen des Unispitals
den zukünftigen Nutzern. So werden ne-       angepasst, um die Bauunternehmen mit
ben Ärzten und Pflegefachkräften auch        eindeutigen Leistungsbeschreibungen be-
Patientenorganisationen in die Planung       auftragen zu können. Damit das Baufeld
einbezogen. Aufgrund der Ergebnisse die-     rechtzeitig freigeräumt werden kann, wird
ser Konsultationen wird zunächst die kon-    bereits 2016 mit der Verlegung der Infra-
krete Zuordnung der einzelnen medizi­        struktur begonnen. Dafür wird am Rande

                                                                                                                 twice Herbst 2015   17
STANDORT

                                                                            Ist die gemeinsame Spitalstrategie nicht vielmehr
                                                                            eine Vision, wissend, wie komplex solche Prozesse
                                                   Dr. Werner Widmer an
                                                   der Medienkonferenz      politisch und planerisch sind?
                                                  «Die beiden Basel prü-
                                                                            Wir gehen davon aus, dass die gemeinsame Spital-
                                                      fen Gründung einer
                                                    gemeinsamen Spital-     gruppe im Jahr 2020 Realität ist. Sie ist gesundheits-
                                                gruppe» am 29. Juni 2015.
                                                                            politisch und betriebswirtschaftlich sinnvoll. Beide
                                                                            Spitäler fahren so besser als im Alleingang. Am meis-
                                                                            ten profitieren sollen die Patientinnen und Patienten.
             Dr. Werner Widmer, VR-Präsident des
                                                                            Gleichzeitig muss das Projekt zu einer Dämpfung des
             Kantonsspitals Baselland, im Interview                         Anstiegs der Gesundheitskosten in beiden Kantonen
             zur gemeinsamen Spitalstrategie von                            beitragen. Natürlich ist der Weg bis dorthin nicht ein-
             Basel-Stadt und Baselland                                      fach, aber das Ziel lohnt den Aufwand.

             twice: Was ist Ihnen besonders wichtig an der                  Welche bereits angedachten Vorhaben könnten relativ
             gemeinsamen, bisher formulierten Spitalstrategie?              schnell umgesetzt werden? Welche Bereiche sehen Sie
             Dr. W. Widmer: Erstens begegnen sich beide Kantone             als eher schwierig zu projektieren?
             in diesem Projekt auf Augenhöhe. Alle Projektgremien           Es geht nicht darum, jetzt schnell etwas umzusetzen.
             sind schon oder werden paritätisch besetzt. Wir wol-           Wir stehen in der Vorprojektphase. Diese wird im
             len eine partnerschaftliche Kultur zwischen den bei-           2. Quartal 2016 abgeschlossen. Wichtig ist, dass wir
             den Spitälern entwickeln, die dann auch die Kultur             bis dann alle relevanten Fragen erkannt und auch
             des Betriebs ab 2020 prägt. Darauf freue ich mich.             schon einige Antworten gefunden haben. Dann wer-
             Zweitens wollen wir mit diesem Projekt einen Spital-           den die beiden Regierungen entscheiden, wie die ge-
             betrieb entwickeln, der sich konsequent auf die Inter-         meinsame Spitalgruppe konkret aussehen wird.
             essen der Patientinnen und Patienten ausrichtet. Das
             ist eine grosse Chance, nicht nur für die Bevölkerung,         Wie sehen Sie den Konnex zwischen der Spital-
             sondern auch für Mitarbeitende, die ihren Beruf gera-          strategie und der Medizinischen Fakultät der
             de aus diesem Grund gewählt haben.                             Universität Basel?
                                                                            Die Medizinische Fakultät braucht ein leistungsfähi-
             Wo steht die Gesundheitsversorgung der Region                  ges Universitätsspital. Der medizinische Fortschritt
             Nordwestschweiz im Vergleich zu anderen Kantonen               findet in spezialisierten Bereichen statt. Forschungs-
             und Ländern in der EU heute?                                   projekte sind auf genügend Patienten mit der be-
             Die Voraussetzungen für Innovationen und Verbesse-             forschten Krankheit angewiesen. Die gemeinsame
             rungen sind vorhanden: Im Vergleich zur übrigen                Spitalgruppe behandelt doppelt so viele stationäre
             Schweiz gibt es in den beiden Kantonen Basel-Stadt             Patienten wie das Universitätsspital Basel heute. Das
             und Basel-Landschaft insgesamt wesentlich mehr Spi-            kommt der Medizinischen Fakultät entgegen. Eine
             talbetten pro 100’000 Einwohner. Im internationalen            besondere Herausforderung wird es sein, die Kosten
             Vergleich ist die durchschnittliche Aufenthaltsdauer           der Patientenbehandlung auch im universitären Rah-
             hoch und der Anteil der ambulanten Operationen nied-           men so tief zu halten, dass die Finanzierung durch
             rig. Eine markante Reduktion der Bettenzahl scheint            Krankenkassen und Kanton gemäss Krankenversi-
             deshalb möglich. Die Patienten werden vermehrt ohne            cherungsgesetz ausreicht.
             Übernachtung im Spital behandelt werden und weni-
             ger lang im Spital bleiben. Eine engere Zusammenar-            Woran könnte die gemeinsame Spitalstrategie Ihrer
             beit mit den Hausärztinnen und Hausärzten sowie mit            Ansicht nach scheitern?
             den Spitex-Organisationen und Pflegeheimen wird                Ich sehe keine rationalen Gründe für ein Scheitern. Die
             diese Entwicklung ermöglichen. Hier besteht noch               Strategie ist langfristig ausgerichtet. Sie wird sich in
             Verbesserungspotenzial. Gleichzeitig müssen die fi-            ihren grossen Linien gegen kurzfristige Turbulenzen
             nanziellen Anreize im Gespräch mit den Krankenver-             und Einzelinteressen durchsetzen, weil es – zumindest
             sicherungen und den Kantonen so verbessert werden,             aus heutiger Sicht – gesundheitspolitisch und betriebs-
             dass sie die angestrebte Entwicklung nicht hindern.            wirtschaftlich keine bessere Alternative gibt. •

18   twice Herbst 2015
FACTORING

UNTERNEHMENSFINANZIERUNG
MIT WEITBLICK

                                                                                                          Der banken­
                                                                                                      unabhängige Partner
            EINFACH SCHNELL LIQUIDE!
            Immer mehr Unternehmen erkennen, dass sie mit Factoring entscheidende
                                                                                                           für KMU
            Wettbewerbsvorteile erzielen können: jederzeit über Barliquidität verfügen,                 aus der Region
            ohne die Kreditlinien bei der Bank zu belasten. GRENKE sorgt dafür, dass diese
            Option vor allem auch kleinen und mittleren Unternehmen zur Verfügung steht.
            Dabei gehen wir immer auf die individuellen Prozesse unserer Kunden ein.
            Einfach und persönlich.

            www.grenkefactoring.ch

                                                                                             WE FINANCE YOUR BUSINESS
STANDORT

                 BASEL NORD
     IM INTERESSE DER SCHWEIZ
           Nachdem der Ständerat und der Nationalrat im Rahmen der Totalrevision des
      Gütertransportgesetzes beschlossen haben, dass der Bund auch den Ausbau von Hafen-
           anlagen im kombinierten Verkehr mitfinanzieren kann, laufen die Arbeiten auf
     Hochtouren. Dabei geht es in erster Linie um das trimodale Containerterminal Basel Nord.

Wie wichtig das Projekt Basel Nord für die          ERSTE UND ZWEITE PHASE                 eingeplant, dessen Inbetriebnahme per 2019
Schifffahrt und die Region ist und wie        Um nun die Projektierungsphase des neuen     vorgesehen ist. In einer zweiten Phase soll
komplex sich die Aufklärungs- und Infor-      Containerterminals Basel Nord weiter vor-    die Anlage mit dem neuen Hafenbecken III
mationsarbeit seit Jahren darstellt, wissen   anzutreiben, haben Ende Juni die drei        der Schweizerischen Rheinhäfen für den
die Schweizerischen Rheinhäfen wie auch       Schweizer Logistik- und Transportunter-      trimodalen Umschlag (Strasse/Schiene/
der Logistikcluster Region Basel der Han-     nehmen Contargo AG, Hupac SA und SBB         Wasser) ausgebaut und direkt an den Rhein-
delskammer beider Basel und Partner-          Cargo AG die gemeinsame Planungsgesell-      hafen Kleinhüningen angebunden werden.
organisationen. Mit der Investition in die    schaft Gateway Basel Nord gegründet. Die
Hafeninfrastruktur soll vor allem die ge-     Gesellschaft, die für weitere Träger offen   Basel Nord – wenn auch in den letzten Wo-
samte Logistikkette gefestigt werden, was     ist, wird das bimodale Terminal (Strasse/    chen von verschiedenen Seiten immer
einem gut funktionierenden Wirtschafts-       Schiene) nach dessen Realisierung betrei-    wieder stark angegriffen – ist die Antwort
standort wie Basel – speziell in der Grenz-   ben. Die drei Unternehmen sehen vor, das     auf die stetig wachsenden Containerströ-
region mit seinem starken Import und          Fördergesuch innerhalb der nächsten Mona-    me, die maritim zu 70 Prozent über die
Export – nur Vorteile bringen wird.           te einzureichen. Dazu sind umfangreiche      trimodale Drehscheibe Basel abgewickelt
                                              Planungsgrundlagen notwendig, die aktuell    werden und die es zu bewältigen gilt. Der
                                              erarbeitet werden. Dank der zentralen Lage   Terminal hat das Potenzial, künftig
                                              zwischen Eisenbahn und Autobahn wird         100’000 Lkw-Fahrten pro Jahr auf die
                                              eine optimale Erschliessung des Terminals    Schiene zu verlagern.

20   twice Herbst 2015
scher Verkehrsträger mit freien Kapazitä-
                                                                                                    ten hinweisen, die Logistik erklären und die
                                                                                                    Bedeutung der Schweizerischen Rheinhä-
                                                                                                    fen für die Landesversorgung erwähnen.
                                                                                                    Dies wurde in den letzten Jahren auch in-
                                                                                                    tensiv gemacht, und zumindest in Bundes-
                                                                                                    bern hat sich das Blatt gewendet und das
                                                                                                    Interesse am vierten Verkehrsträger ist ge-
         «DER CONTAINERTERMINAL STEHT                                                               stiegen. Schliesslich werden über ein Drittel

          FÜR DIE NÄCHSTE GENERATION»                                                               der flüssigen Güter, wie Mineralöl und
                                                                                                    Treibstoffe über die Rheinhäfen importiert.
                                                                                                    70 Prozent der umgeschlagenen Güter sind
twice: Die Handelskammer lobbyiert                Basel zu einer Zunahme des Container-             zudem für die ganze Schweiz bestimmt –
seit Jahren für den Ausbau der Container­         verkehrs, auch wenn das allgemeine Wirt-          und lediglich 30 Prozent bleiben in der
terminalkapazitäten. Wieso dauert das             schaftswachstum schwach sein sollte. Die          Region Nordwestschweiz. Das spricht doch
so lange?                                         wasserseitigen Umschlagskapazitäten sind          deutlich für eine nationale Bedeutung der
Martin Dätwyler: Lobbyingarbeit braucht           in drei bis vier Jahren erschöpft. Können         Rheinhäfen.
Durchhaltevermögen und eine gute Koordi­          diese Engpässe nicht überwunden werden,
nation. Dies ist uns im Rahmen der Behand­        ist das negativ für Importe und Exporte.          Welches sind die nächsten Schritte
lung des Gütertransportgesetzes gelungen.                                                           und was erwarten Sie vom Bundesamt
Kantone, Parlamentarier, Schweizerische           Nicht alle im Rheinhafen tätigen Firmen           für Verkehr?
Rheinhäfen und Verbände haben alle für            sind der Ansicht, dass es Basel Nord              Noch in diesem Jahr soll das bimodale
die gleiche Sache gearbeitet. Stände- und         braucht.                                          Terminal (Schiene/Strasse) geplant und das
Nationalrat sind nun damit einverstanden,         Der Handelskammer war es von Anfang               Fördergesuch beim Bundesamt für Ver-
dass der Bund Hafeninfrastrukturen für            ein grosses Anliegen, dass die Trägerschaft       kehr eingereicht werden. Nächstes Jahr
den kombinierten Verkehr bis zu 50 Prozent        von Basel Nord breit abgestützt ist und der       wird der Ausbauschritt für das Hafenbe-
mitfinanziert. Das ist ein historischer Schritt   diskriminierungsfreie Zugang gesichert            cken III folgen. Ich erwarte vom Bundes-
und spült bis zu 50 Millionen Fran­ken in         wird. Ich bedaure sehr, dass derzeit nicht alle   amt für Verkehr, dass die Gesuche sach-
die Region, speziell auch für den Bau des         am selben Strick ziehen. Umso wichtiger ist       lich und konstruktiv behandelt werden.
Hafenbeckens III, das für Basel Nord den          es, dass die Wirtschaftlichkeit des Projek-
Wasseranschluss sicherstellen soll.               tes nun aufgezeigt wird und so transparent        Warum braucht es Basel Nord und was
                                                  gemacht wird. Aber das Projekt steht noch         passiert, wenn der Containerterminal
Die Schweizer Wirtschaft ist aufgrund             am Anfang und das letzte Wort ist hoffent-        nicht gebaut wird?
des starken Frankens arg unter Druck              lich noch nicht gesprochen. Ich spüre immer       Die Umschlagskapazitäten für den wasser­
geraten. Keine vorteilhafte Ausgangslage,         wieder Kooperationsbereitschaft bei den           seitigen Containerverkehr sind in weni-
wenn man mit einer Erweiterung respekti-          Unternehmen, und zwar auf beiden Seiten.          gen Jahren erschöpft. Mit dem trimodalen
ve einem Neubau der Umschlagskapazi­              Es ist zudem die Aufgabe des Bundesamtes          Containerterminal Basel Nord entsteht ein
täten im Hafenareal argumentieren will.           für Verkehr, die Spielregeln für den diskri-      Grossterminal, der die maritimen und
Neue Infrastrukturen sollten nicht ohne           minierungsfreien Zugang zu definieren.            kontinentalen Verkehre äusserst effizient
deren langfristigen Entwicklungsperspek­          Das haben wir auch so in Bern deponiert.          aufnehmen und für die Verteilung in die
tiven geplant werden. Der Terminal Basel                                                            Schweiz bereitstellen kann. Die nachhalti-
Nord wird für die nächste Generation ge-          Warum hat es das «Wasser» bei uns so              ge Versorgung des Landes für Wirtschaft
baut. Bei der vorsichtigen Beurteilung des        schwer, als gleichwertiger Verkehrsträger         und Gesellschaft wird gestärkt. Gelingt
Wachstums im Containerverkehr ging man            zu Schiene und Strasse wahrgenommen               es nicht, die zusätzlichen Kapazitäten zu
von ein bis zwei Prozent aus. Mitentschei-        zu werden?                                        schaffen, werden die Container nördlich
dend sind strukturelle Effekte, die von den       Das hat vermutlich mit der Randlage zu tun        der Schweiz umgeschlagen und gelangen
Seehäfen ausgehen. Rotterdam setzt stark          und mit dem generellen Desinteresse an der        auf der Strasse in die Schweiz. •
auf Container und verlagert diese im Hin-         Logistik. Die Lage können wir nicht ändern,
terlandverkehr auf das Binnenschiff und           aber wir können in der Kommunikation lau-         MARTIN DÄTW YLER ist stellvertretender Direktor und
                                                                                                    Abteilungsleiter Standortpolitik bei der Handelskammer
damit weg von der Strasse. Das führt in           fend auf die Rheinschifffahrt als ökologi­        beider Basel.

                                                                                                                                  twice Herbst 2015    21
Sie können auch lesen