DIE GENERATION Y GUT AUSGEBILDET, WISSBEGIERIG, SELBSTBEWUSST - STANDORT - Handelskammer beider Basel
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3. Ausgabe Herbst 2015 FOKUS GUT AUSGEBILDET, WISSBEGIERIG, SELBSTBEWUSST DIE GENERATION Y STANDORT AUS DER ’KAMMER Mobilitätsmanagement Basel Die Export-Experten
IN DIESER AUSGABE FOKUS STANDORT AUS DER ’KAMMER 4 Generation Y 14 Texas–Basel einfach 27 Handlungsfreiheit gewinnen – 15 High-Tech in Allschwil Schulden abbauen 16 Das neue Klinikum 2 28 Die Handelskammer 18 Zur gemeinsamen Spital- ist umgezogen strategie von BS und BL 20 Basel Nord 10 Generationenmanagement 12 Inmitten des demografischen Wandels 29 Vielversprechender Jahrgang 30 Abstimmungen 22 Intelligentes 32 Die Export-Experten Mobilitätsmanagement 33 Agenda 24 Hatebur fährt (fast immer) mit 34 Impressionen IMPRESSUM twice erscheint zweimal im Jahr (Frühjahr und Herbst) HERAUSGEBER Handelskammer beider Basel, St. Jakobs-Strasse 25, Postfach, 4010 Basel, T +41 61 270 60 60, F +41 61 270 60 65, E-Mail: info@hkbb.ch REDAKTIONSLEITUNG Martina Hilker, Bereichsleiterin Kommunikation, m.hilker@hkbb.ch, MITAUTORINNEN: Melina Baumgartner, m.baumgartner@hkbb.ch und Anne Theiss, Brenneisen Theiss Communications ART DIRECTION Brenneisen Theiss Communications, Basel FOTOS Daniela Friedli, Patrick Lüthy, Dominik Plüss, Peter Schnetz, Linda Sonderegger, Lukas Stadelmann, Martin Töngi, Andreas Zimmermann DRUCK Schaub Medien AG, Sissach 2 twice Herbst 2015
EDITORIAL GENERATIONEN IM WANDEL LIEBE LESERIN, LIEBER LESER Freizeitorientiert, anspruchsvoll und verwöhnt. Die Generation Y ist in aller Munde: Sie hinterfragt langjährig erprobte Arbeitsmodelle, sucht gleichzeitig nach Flexibilität und Beständigkeit und ist bei der Vereinbarkeit von Familie und Karriere nur bedingt kompromissbereit. Eine Generation also, welche die Wirtschaft vor grosse Herausforderungen stellt. Doch unterscheiden sich die jungen Berufstätigen tatsächlich so stark von der Generation X und den Baby Boomern, die heute noch die Mehrzahl der Arbeitnehmenden ausmachen? Wir richten den FOKUS ganz auf die Generation Y, begeben uns auf die Suche nach Unterschieden und auch Gemeinsamkeiten und holen Erfahrungen und Meinungen ein, worauf sich Unternehmen und Führungskräfte künftig einstellen sollten. Wie Unternehmen mit verschiedenen freiwilligen Massnahmen animiert werden sollen, um ihren eigenen Arbeitsverkehr wirtschaftsfreundlich zu gestalten, zeigen wir in der Rubrik STANDORT auf. Aus Aktualitätsgründen dürfen in dieser Herbstausgabe auch einzelne Standpunkte zum Container- terminal Basel Nord sowie zur seitens Regierungen kommunizierten gemein- samen Spitalstrategie Basel-Stadt und Baselland nicht fehlen. Während die städtischen Stimmbürger im November über die Strasseninitiative abstimmen, entscheiden die Landschäftler über die Zukunft von ELBA und des Beschaffungsgesetzes. Lesen Sie hierzu die Stellungnahmen der Handels- kammer beider Basel. In diesem Sinne wünschen wir eine anregende Lektüre! Dr. Franz A. Saladin, Direktor twice Herbst 2015 3
Von Prof. Dr. Andreas Hirschi Die junge Generation stellt Unternehmen vor grosse Herausforderungen, und Führungskräfte fragen sich, wie sie junge Mitarbeitende motivieren können. Viele Unternehmen überlegen, wie sie sich als attraktive Arbeitgeber am Markt positionieren sollen, um im Kampf um Nachwuchstalente, sogenannte «high potentials», bestehen zu können. Im Zusammenhang mit Ansprüchen und Arbeits- einstellungen von jungen Mitarbeitenden wird häufig über die speziellen Eigen- arten der Generation Y gesprochen. GENERATION Y diese Einstellungen von früheren Generationen unter Die Generation Y wird definiert als alle Personen, wel- scheiden. Auch Unterschiede zwischen Altersgruppen che zwischen 1980 und 2000 geboren sind. Sie wer- lassen sich genauso gut durch Alterseffekte anstelle den von zwei Generationen abgegrenzt, die zusam- von Generationsunterschieden erklären. men gegenwärtig den Hauptanteil an Arbeitnehmern ausmachen: der Generation X – geboren zwischen PERSÖNLICHKEITSEIGENSCHAFTEN 1960 und 1980 – und den Baby Boomern – geboren DER GENERATION Y zwischen 1940 und 1960. Bei der Generation Y han- Es gibt jedoch einige wenige Studien – insbesondere delt es sich somit häufig um Jugendliche und junge der amerikanischen Psychologin Jean Twenge – die Erwachsene, die noch in einer Berufslehre oder im mittels Archivdaten Einstellungen und Persönlich- Studium sind. Allerdings befinden sich darunter auch keitsmerkmale über Generationen hinweg untersucht junge Berufstätige, inklusive Führungskräfte. haben. Diese Studien zeigen, dass die Generation Y im Mittel über ein höheres Selbstwertgefühl verfügt als Die grundlegende Idee von «Generationen» ist, dass frühere Generationen. Ebenfalls weisen die Studien Personen in ihrer Kindheit und Jugend kulturellen, eine höhere narzisstische Einstellung der Generation wirtschaftlichen und sozialen Faktoren ausgesetzt Y im Vergleich zu früheren Generationen auf. Die Au- sind, die ihre Einstellungen und Persönlichkeitsmerk toren der Studien erklären diese Befunde durch den male langfristig beeinflussen. So wird zum Beispiel gesteigerten Individualismus in den westlichen Gesell angenommen, dass der Zugang zum World Wide Web, schaften, welcher die Einzigartigkeit und die Wichtig- Smartphones und Social Media sowie das Ende des keit der individuellen Selbstverwirklichung betont. An Wirtschaftsbooms und die zunehmend, zumindest hand dieser Persönlichkeitseigenschaften erklären die faktische Gleichstellung von Mann und Frau die Ge- Autoren auch Befunde, wonach die Generation Y häu- neration Y wesentlich beeinflusst haben. fig überhöhte Ansprüche in der Arbeitswelt stellt und schnelle Beförderungen, hohes Gehalt und stetiges STUDIEN ZU UNTERSCHIEDEN DER positives Feedback zu Person und Leistung erwartet. GENERATIONEN SIND WISSENSCHAFTLICH OFT FRAGWÜRDIG ARBEITSEINSTELLUNGEN Die meisten empirischen Studien zu Unterschieden DER GENERATION Y bezüglich der Einstellungen und Persönlichkeits- Die Generationsstudien von Twenge haben auch Ge- merkmale zwischen Generationen sind methodisch nerationsunterschiede in der Arbeitseinstellung un- jedoch fragwürdig und lassen oft nur eingeschränkte tersucht. Anhand von über 16’000 Personen verteilt Schlüsse auf Generationsunterschiede zu. Viele Stu- über 30 Jahre und drei Generationen, fanden die Au- dien befragen Jugendliche und junge Erwachsene zu toren, dass insbesondere die Freizeitorientierung zu- ihren Werten sowie Vorstellungen und leiten daraus genommen hat. Gegenüber der Generation X und den Eigenschaften der Generation Y ab. Andere Studien Baby Boomern legt die Generation Y ein signifikant vergleichen junge und ältere Personen. Beide Metho- stärkeres Gewicht auf Aspekte, die ausserhalb der den sind streng genommen nicht gültig, um Rück- Arbeit liegen. Diese Resultate bestätigen andere Stu- schlüsse auf Generationsunterschiede zu ziehen. Denn dien, wonach die Wichtigkeit an Work-Life-Balance, die Tatsache, dass junge Erwachsene über bestimmte indem also Arbeits- und Privatleben in Einklang ste- Einstellungen verfügen, bedeutet noch nicht, dass sich hen, in den letzten Jahrzehnten zugenommen hat. > twice Herbst 2015 5
FOKUS DIE STEREOTYPISIERUNG DER GENERATIONEN GENERATION Z 1941 bis 1960 1961 bis 1980 1981 bis 2000 2001 bis Disziplin Autonomie Individualität Gehorsam Direktheit Flexibilität Pflichtbewusstsein Skepsis Spass/Freude Was ist wichtig? Was ist wichtig? Was ist wichtig? Geld Herausforderung Sinnvolle Arbeit Status Freiheit Internationalität Macht Ausgewogenheit Gesellschaftliche Relevanz (Je nach Literatur variiert die Zeitspanne einer «Generation») Entgegen einer häufigen Annahme zeigen die Resulta- Eine bestimmte Person in der Generation Y kann in te jedoch auch, dass die Wichtigkeit von extrinsischen ihren Einstellungen und Persönlichkeitsmerkmalen Belohnungen (wie zum Beispiel ein hohes Gehalt oder einer Person aus einer anderen Generation deutlich das Prestige des Berufs oder der Position) bei der Ge- ähnlicher sein, als einer Person aus der gleichen Ge- neration Y höher ausgeprägt ist als bei den Baby Boo- neration. Generationsunterschiede repräsentieren also mern und sich auf gleichem Niveau wie bei der Genera allgemeine Tendenzen – ohne dass dadurch Rück- tion X befindet. Die junge Generation legt somit gleich schlüsse auf bestimmte Mitarbeitende gezogen wer- viel Wert auf konventionelle Erfolgsfaktoren bei der den könnten. Arbeit wie die frühere Generation. Im Unterschied zu dieser setzt sie aber gleichzeitig auch den Wert einer Ein weiter Kritikpunkt ist, dass viele «Generationsun- guten Work-Life-Balance höher an. Vor allem für jün- terschiede» auch durch Unterschiede im Lebensalter gere Mitarbeitende stellt somit der Anspruch, sowohl erklärt werden können – und mit der Generation an einer erfolgreichen Karriere nachzugehen als auch sich eventuell nichts zu tun haben. Die psychologische Zeit für Familie, Freunde und persönliche Interessen Forschung konnte zum Beispiel aufzeigen, dass sich zu haben, eine grosse Herausforderungen in der Lauf- mit zunehmendem Alter die Zeitperspektive verändert, bahnentwicklung und Karriereplanung dar. und Personen von einem offenen Zeithorizont («Was kann ich noch Neues ausprobieren?») zu einem fixen ALTERSUNTERSCHIEDE KÖNNEN WICHTIGER Zeithorizont («Wie viel Zeit bleibt mir noch?») über SEIN ALS GENERATIONSUNTERSCHIEDE gehen. Durch solche Veränderungen lässt sich unter Die Studien zu Generationsunterschieden sind wis- anderem erklären, dass junge und ältere Mitarbeitende senschaftlich jedoch umstritten. Ein wesentlicher in der Regel unterschiedliche Arbeitseinstellungen Kritikpunkt ist, dass Generationen sehr grobe Grup- aufweisen. Studien aus der Organisationspsychologie pen darstellen, die relativ beliebig gewählt wurden. konnten zum Beispiel zeigen, dass jüngere Mitarbei- Zudem sind Unterschiede innerhalb einer Gruppe in tende häufiger Wert auf Karriereentwicklung und Wei der Regel grösser als zwischen Gruppen. Es lassen sich terbildung legen, während für die älteren Aspekte wie somit keine Rückschlüsse auf Einzelpersonen ziehen. Arbeitsplatzsicherheit und intrinsische Belohnungen 6 twice Herbst 2015
STUDIE bei der Arbeit (wie zum Beispiel Eigenständigkeit, Einsatz von Fähigkeiten oder interessante Arbeit) wich- tiger sind. Solche Altersunterschiede sind für Unter- ARBEITGEBER- nehmen und Führungskräfte potenziell wichtiger als mögliche Generationsunterschiede. Um junge Mitarbei- ATTRAKTIVITÄT tende zu rekrutieren und zu motivieren, muss ein Un- Die Trendstudie 2015 «Arbeitgeberattraktivität von innen be- ternehmen primär wissen, was diese Gruppe in der Re- trachtet – eine Geschlechter- und Generationenfrage» der Uni- gel anspricht – unabhängig davon, ob dies nun wirklich versität St. Gallen unterstreicht: Es gibt viele gute Gründe, auf mittels Generationsunterschieden erklärt werden kann. die Attraktivität als Arbeitgeber besonderen Wert zu legen und Generationsunterschiede sind demgegenüber vor allem auch differenziert vorzugehen. für die langfristige, strategische Personalplanung wich- tig, da sie grundlegende Trends in unserer Gesellschaft Arbeitgeberattraktivität zahlt sich aus über mehrere Jahrzehnte hinweg aufzeigen. Die Studie belegt deutlich die positive Wirkung der Arbeitgeber attraktivität auf die Gesamtleistung und Innovation des Unter- EMPFEHLUNGEN FÜR UNTERNEHMEN nehmens. Hohe Attraktivität senkt die Kündigungsabsicht UND FÜHRUNGSKRÄFTE erheblich. Mitarbeitende sind in attraktiven Unternehmen we- Wenn die Befunde aus der Generationsforschung und niger krank. Der allgemeine Gesundheitszustand ist besser und der Forschung zu Altersunterschieden kombiniert die emotionale Erschöpfung deutlich reduziert. werden, lassen sich folgende Empfehlungen für Un- ternehmen und Führungskräfte ableiten: Die attraktivsten Arbeitgeber… 1. Ermöglichen Sie jungen Mitarbeitenden eine beruf … stellen Wertschätzung, Sinn und unternehmerisches liche Entwicklung in Ihrem Unternehmen. Fördern Handeln ins Zentrum. Sie deren Kompetenzerwerb und zeigen Sie Entwick … fördern produktive und angenehme Energie. lungspfade für eine Karriere im Unternehmen auf. … bauen gezielt negative Energie und resignative Trägheit ab. 2. Unterstützen Sie aktiv eine Integration von Arbeit … leben ergebnisorientierte und inspirierende Führung. und anderen Lebensbereichen. Zeigen Sie Flexibili … überwinden aktiv die Beschleunigungsfalle. tät bei Arbeitszeiten, Ferien und längeren Abwesen heiten aus persönlichen und familiären Gründen. Zentrale Treiber und Killer Fördern Sie eine Unternehmenskultur, die nicht auf Die Generationen X und Y reagieren allergisch auf die Be- Präsenz, sondern auf Zielerreichung ausgerichtet schleunigungsfalle. Während die Generation Y ein besonderes ist und die anerkennt, dass Arbeit nur ein Teil des Augenmerk auf Lernmöglichkeiten und einen inspirierenden Lebens ist. Führungsstil legt, spielen Vertrauen und Familienorientierung 3. Erlauben Sie Freiheiten und Mitbestimmung bei für die Generation X eine wichtige Rolle. Bei den Killern sind der Arbeitsgestaltung, so dass Mitarbeitende ihre sich die Generationen einig. Die Beschleunigungsfalle ist der eigenen Stärken und Interessen in die Arbeit ein- grösste Killer der Arbeitgeberattraktivität. Ist diese in Unter- bringen können. nehmen hoch ausgeprägt, brennen im schlimmsten Fall nicht 4. Führen Sie kurze Zyklen für die Karriereplanung nur die Mitarbeitenden, sondern das gesamte Unternehmen aus. ein. Definieren Sie Projekte, Aufgaben und Kompe- tenzbereiche, die in den nächsten drei bis sieben Das Institut für Führung und Personalmanagement der Univer- Jahren bearbeitet werden. Gestalten Sie interne sität St. Gallen wertete im Auftrag des Zentrums für Arbeitge- Karrierepfade als Abfolge von solchen kleinen Lern- berattraktivität, zeag GmbH, die Befragungsergebnisse von und Entwicklungs-Zyklen – nicht als lange, lineare 16’274 Führungskräften und Mitarbeitenden aus 96 Unterneh- Wege nach oben. men aus. 5. Definieren Sie die Arbeitsbeziehung nicht über grundsätzliche Loyalität zum Unternehmen. Statt- dessen als gegenseitige Verpflichtung, worin Un- KONTAKT ternehmen und Vorgesetzte einen Beitrag zur be- Universität St. Gallen ruflichen Entwicklung der Mitarbeitenden leisten Institut für Führung und Personalmanagement und im Gegenzug einen engagierten Einsatz zur Prof. Dr. Heike Bruch Erreichung der Unternehmensziele erhalten. heike.bruch@unisg.ch PROF. DR. ANDREAS HIRSCHI ist Leiter der Abteilung Organisations- Die gesamte Studie ist kostenlos erhältlich unter und Arbeitspsychologie am Psychologischen Institut der Universität in Bern. topjob.de > Projekt > Trendstudien twice Herbst 2015 7
Y, DAS SIND WIR FOKUS Gianluca Joerin (35), Geschäftsführer der Verena Albert (28), Biochemikerin (PhD), Suter, Joerin AG in Arlesheim Biozentrum der Universität Basel IN 10 JAHREN ARBEITE ICH ALS UNABHÄNGIGE IN 10 JAHREN GRUPPEN- ARBEITE ICH ALS LEITERIN AN GESCHÄFTSFÜHRER EINER UNIVERSITÄT DER SUTER, JOERIN AG IN DER SCHWEIZ «DIE UNTERNEHMENSKULTUR «UNIVERSITÄT UND INDUSTRIE IST EIN ENTSCHEIDENDER FAKTOR» ERGÄNZEN SICH GUT» Gianluca Joerin kam mit dem Rohwarensektor bereits zu Stu Für die Biochemikerin Verena Albert, die kürzlich ihren PhD am dienzeiten in Kontakt und arbeitete nach seinem Abschluss vier Basler Bio- und Pharmazentrum erworben hat, gibt es keinen ty- Jahre bei einem Rohstoffkonzern in Zug. 2012 wechselte der pischen Arbeitstag: «An manchen Tagen bin ich sehr intensiv mit Volkswirt zur Suter, Joerin AG, die er 2014 von seinem Vater meinen Experimenten beschäftigt und verbringe den ganzen Tag übernommen hat. Suter, Joerin beliefern Privathaushalte und Un- im Labor. An anderen Tagen werte ich die gesammelten Daten ternehmen mit verschiedenen Brenn- und Treibstoffen: «In aller aus und versuche die Ergebnisse zu interpretieren oder plane Regel beginne ich meinen Arbeitstag früh, um noch bevor das wiederum nächste Experimente.» Die junge Biochemikern will Telefon zu klingeln beginnt und die E-Mails reinflattern, produk- mit ihrer Arbeit verschiedene Stoffwechselvorgänge des mensch- tiv zu sein. Über Mittag pflege ich Kontakte mit Kunden, Freunden lichen Körpers besser verstehen – gerade für die Entwicklung oder treibe Sport. Mein Feierabend beginnt mal früher oder später, von Medikamenten gegen Krankheiten wie Diabetes ist dieses das entscheide ich je nach Arbeitslast situativ.» Dass die Genera- Wissen unverzichtbar. Wie die meisten Vertreter der Generation tion Y im Gegensatz zu ihren Eltern und Grosseltern besonderen Y zieht auch Verena Albert keinen klaren Strich zwischen ihrer Wert auf eine ausgewogene «Work-Life-Balance» lege, glaubt Gian- Arbeit und dem Privatleben: «Meine Arbeit ist mir sehr wichtig. luca Joerin hingegen nicht: «Zumindest in meinem Umfeld gibt es Ich kann mir nicht vorstellen, etwas anderes zu machen. Mein keine signifikanten Unterschiede zwischen den Generationen. Bei Job fordert mich zu 100 Prozent – oft denke ich auch Zuhause mir sind die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit hin und wieder noch über ein ungelöstes Problem nach.» Zwischen der universi- fliessend – ein abendlicher Kundenanlass kann durchaus freizeit tären und industriellen Forschung ortet Verena Albert keine ähnlichen Charakter haben. Dennoch achte ich darauf, dass Ferien grundlegenden Differenzen. Viel mehr glaubt sie, dass sich beide und Feierabende wirklich auch frei von Verpflichtungen sind. gut ergänzen: «An der Uni kann sehr gut an Grundlagen ge- Aber ich bin sicher, auch die Baby Boomer geniessen ihre Freizeit!» forscht werden, die zum generellen Verständnis der biologischen Gianluca Joerin fühlt sich als junger Geschäftsführer ernst genom- Prozesse im menschlichen Körper beitragen. Die industrielle For- men: «Akzeptanz resultiert aus der Kombination von Fachwissen, schung hingegen ist näher am Patienten und deshalb darauf aus- Sozialkompetenz und Führungserfahrung. Einen ausgeprägten gerichtet, neue Medikamente zu entwickeln. Es macht also Sinn, Generationenkonflikt sehe ich bei uns nicht. Die Unternehmens- dass beide Aspekte – die Grundlagenforschung und Medikamen- kultur ist dabei ein entscheidender Faktor: Ist das Klima konstruk- tenentwicklung – kombiniert werden und gemeinsame Ziele er- tiv und offen, können die Mitarbeitenden ihr Potenzial am besten reichen.» Dennoch bleibt sie der universitären Forschung treu: ausschöpfen», fasst Gianluca Joerin zusammen und betont: «Ver- «In einigen Jahren würde ich gern meine eigene Forschungs- bindlichkeit darf darunter aber keinesfalls leiden.» gruppe an einer Schweizer Uni führen.» 8 twice Herbst 2015
Sie ist egoistisch, will sich möglichst viele Optionen offen halten und fordert mehr, als dass sie leistet. Der Generation Y wird im Arbeitsleben vieles nachgesagt. Doch wie gestalten junge Frauen und Männer heute ihren Berufsalltag? Was leisten sie und was erwarten sie von der Wirtschaft? Sarina Pensa (34), Projektmitarbeiterin Marketing- Kooperationen, Aussenbeziehungen und Standortmarketing, Lukas Stadelmann (24), selbstständig in der Präsidialdepartement Kanton Basel-Stadt visuellen Kommunikation und Student IN 10 JAHREN ARBEITE ICH ALS IN 10 JAHREN ARBEITE ICH IN ART EINER DIRECTOR FÜHRUNGS- IN MEINER POSITION ODER ALS EIGENEN FREIBERUFLERIN FIRMA «FAMILIENGRÜNDUNG IST AUCH FÜR «KAUM EIN WIRTSCHAFTSZWEIG FUNKTIONIERT DEN JOB WERTVOLL» SO FREI WIE DIE KREATIVBRANCHE» «Kinder zu haben, ist eine private Entscheidung, für die man auch Nach der Berufsmatur und Lehre zum Grafiker vertieft Lukas entsprechend Verantwortung tragen muss. Nichtsdestotrotz sind Stadelmann an der Luzerner Hochschule für Design und Kunst Kinder kein Hobby,» stellt Sarina Pensa klar. Die bald zweifache momentan sein Wissen im Bereich «Camera Arts». Nebenher ar- Mutter startet ihren Tag um acht Uhr im Büro, während ihr Mann beitet er selbstständig als Grafiker und Fotograf. Geschichten ein ihren Sohn in die Kinderkrippe bringt. Ihre Abende verbringt sie Gesicht zu verleihen und auf Papier zu bringen – wie die von ihm mit ihrer Familie oder ehrenamtlichen Tätigkeiten: «An meinen eingefangene Generation Y in diesem twice – steht für ihn dabei arbeitsfreien Wochentagen steht mein Sohn im Fokus. Wir ma- im Vordergrund. Dass er deshalb ab und zu sein Erspartes anzap- chen kleine Ausflüge oder besuchen Familie und Freunde.» Die fen muss, stört ihn kaum: «Die Kreativbranche ist eine ganz eige- Generation Y besinnt sich auf die Werte der Familie zurück, sucht ne Welt, in der man sich sehr frei bewegen kann. Unsicherheit aber gleichzeitig deren Vereinbarkeit mit dem Beruf: «Mein Mann gehört dazu. Ich liebe diese Unbeständigkeit, die Möglichkeit zu und ich können uns beide nicht vorstellen, 100 Prozent Zuhause machen, was mir gefällt – völlig individuelle Arbeit zu leisten.» tätig zu sein. Der fachliche Austausch und die berufliche Heraus- Damit spricht Lukas Stadelmann typische Wünsche seiner Gene- forderung würden uns fehlen. Dass sich unsere Rollen tauschen, ration an: Selbstverwirklichung und flexible Arbeitsmodelle. Sein oder mein Mann oder ich einmal freiberuflich arbeiten, ist abso- Blick auf die Arbeitswelt ist deshalb aber keineswegs verklärt. lut möglich.» Bisher standen die Arbeitgeber von Sarina Pensa dem «Der Kreativbranche wird wenig wirtschaftliches Verständnis Thema Familie stets offen gegenüber, was aber auch 2015 noch entgegengebracht, die Arbeit oft unterschätzt. Der Branche stehen nicht selbstverständlich ist: «Familienzeit wird in der Wirtschaft im Wettbewerb um Aufträge und in Zeiten der Rückbesinnung oft als Auszeit angesehen und nicht als Erfahrung und Erwerb auf Grundbedürfnisse zudem keine rosigen Zeiten bevor. Sich von Fähigkeiten. Danach muss man kreativ sein und wieder bewei- selbstständig zu finanzieren, ist eine Herausforderung.» Den sen, dass man seinen Job machen kann.» Dennoch glaubt Sarina Wunsch nach Sicherheit kennt der junge Grafiker gut: «Ich könn- Pensa, dass immer mehr Firmen eine breite Diversität in ihrer Be- te mein Leben viel einfacher gestalten. Trotzdem schätze ich es, legschaft schätzen und Familienerfahrung als wirtschaftlich momentan für mich verantwortlich und nicht abhängig vom Er- wertvolles Wissen einstufen. Nicht zuletzt auch, weil Fachkräfte folg einer Firma zu sein.» Nach dem Studium kann sich Lukas in den nächsten Jahren ein immer rareres Gut werden: «Ich bin Stadelmann allerdings eine Kombination aus einer Teilzeitstelle überzeugt, dass die Wirtschaft langfristig umdenken muss, um in einer Agentur und selbstständiger Arbeit gut vorstellen – «mein kein Personal- und Know-how-Problem zu entwickeln. Immer hoher Anspruch an Selbstverwirklichung nervt mich manchmal mehr Eltern möchten die Betreuung ihrer Kinder teilen – unab- selbst», schmunzelt er. • hängig von den Kosten.» twice Herbst 2015 9
FOKUS GENERATIONEN- MANAGEMENT IM UNTERNEHMEN RICHTET SICH AN ALLE Für das Versicherungsunternehmen Helvetia ist es aufgrund des demografischen Wandels sowie des drohenden Fachkräftemangels heute mit erfolgsentscheidend, wie gut es Human Resources zusammen mit den Führungskräften gelingt, die unterschiedlichen Stärken der Generationen im Unternehmen zu nutzen. Bei Helvetia ist die berufliche Entwicklung von Mit- für die Generation Y ein wichtiges Kriterium, um einen arbeitenden ein wichtiger Bestandteil der strategi- Arbeitgeber als attraktiv zu beurteilen. Ihre Loyalität schen Personalplanung. Entsprechend richtet das Un- zur Firma liegt im Durchschnitt deutlich unter der ternehmen sein Augenmerk auf alle im Unternehmen von älteren Generationen. tätigen Altersgruppen. Neben den regelmässig statt- findenden Jahresgesprächen zwischen Mitarbeitenden BEDÜRFNISUNTERSCHIEDE, DIE KEINE SIND und Vorgesetzten ist die Diskussion um das Erkennen Helvetia will die Generationen-Thematik jedoch nicht und die Entwicklung von möglichen «high potentials» stereotyp betrachten. Hat das Unternehmen doch die bereits in einer frühen Phase der beruflichen Lauf- Erfahrung gemacht, dass die Unterschiede innerhalb bahn ein wichtiger Aspekt. Denn die Chance zur be- einer Generation oft grösser sind als zwischen Gene- ruflichen und persönlichen Weiterentwicklung bzw. rationen. Befragungen und Studien zeigen, dass sich die Möglichkeit zur Einflussnahme darauf ist gerade die unterschiedlichen Altersgruppen in ihren Bedürf- nissen – wie sinnvolle Aufgaben, Weiterbildungs- und Laufbahnmöglichkeiten, Anerkennung, flexible Ar- beitsmodelle – gar nicht so sehr unterscheiden. Das Versicherungsunternehmen bietet daher eine Aus- wahl von Massnahmen und Instrumenten an, aus de- nen die Mitarbeitenden die für sie am besten passen- den auswählen. Beispiel Arbeitszeitmodelle: Es gibt kaum ein Modell, das nur für eine Altersgruppe at- traktiv ist. Je nach Lebensphase sind die Gründe für den Wunsch nach flexibler Arbeitszeit unterschied- lich gelagert und reichen von der Kindererziehung über eine (zweite) Ausbildung bis hin zur Pflege von Angehörigen. Das bedeutet auch, dass Themen wie Digitalisierung, Work-Life-Balance oder die Vorstel- lung von sinnstiftender Arbeit nicht nur aus Sicht ei- ner Generation betrachtet werden, sondern aus Sicht der gesamten Belegschaft. GENERATIONENMANAGEMENT ALS REZEPT Im «Diversity-Ansatz» von Helvetia werden beispiels- weise die Schwerpunkte Geschlecht und Lebensalter definiert. Dabei geht es weniger darum, die Bedürfnis- se einer einzelnen Generation zu fokussieren, als viel- 10 twice Herbst 2015
mehr um das Generationenmanagement insgesamt. Im Sinne eines Blended Learning wurde zudem eine Dieses hat zum Ziel, dass Mitarbeitende in unter- Plattform für Gruppen zum Wissens- und Informati- schiedlichen Lebensaltern mit unterschiedlichen onsaustausch eingesetzt, um zu erreichen, dass sich Fähigkeiten und Erfahrungen erfolgreich zusammen- die Zielgruppe bewusst den neuen Medien stellt und arbeiten. Wie wichtig es ist, das generationenüber- daran wächst. greifende Arbeiten gezielt zu fördern, wurde im Rah- men des Weiterbildungsprogramms «50plus – erfahren, Die Teilnehmenden profitierten bei der Kollegin aus engagiert und erfolgreich» deutlich. Dieses wurde der Generation Baby Boomer von ihrer umfassenden noch bei Nationale Suisse speziell für ältere Mitarbei- Erfahrung und ihrem ausgeprägten fachlichen Know- tende entwickelt und nach dem Zusammenschluss how und von der Expertise der Praktikantin der Gene- mit Helvetia fortgeführt. Bei der Konzeption und Um- ration Y für neue Medien und aktuelle wissenschaftli- setzung des entwicklungsorientierten Programms che Entwicklungen. Die Praktikantin unterstützte wurden erste Erfahrungen mit der Zusammenarbeit zudem die ältere Kollegin in organisatorischen Belan- verschiedener Generationen gemacht. Eine erfahrene gen. Eine wichtige Erkenntnis aus dieser Pilotreihe Personalentwicklerin des Unternehmens mit Jahr- war, dass viele 50plus-Themen nicht ausschliesslich gang 1955 konzipierte die Workshop-Reihe gemein- für diese Zielgruppe von Bedeutung sind, sondern sam mit einer Praktikantin mit Jahrgang 1987 und dass der gesamte Zyklus der lebensphasenorientierten verantwortete die Durchführung. In dieser Konstella- Personalentwicklung betrachtet werden muss und tion wurde das generationenübergreifende Arbeiten Wege der generationenübergreifenden Zusammenar- selbst erfahren und vorgelebt. Das Programm um- beit gefunden werden sollten. fasst vier Module von je einem Halbtag mit folgenden Themenschwerpunkten: Orientierung im Gesamt- Die begonnene Arbeit in dieser Thematik fortzusetzen kontext 50plus; aktuelle Lebensphase 50plus; be- und weiter auszubauen zum Beispiel mit (reversen) rufliche Themen 50plus und Resilienz 50plus. In der Mentoring-Programmen oder der Förderung des Aus- Evaluation wurden Themen wie ressourcenorientier- tauschs zum Thema Transitions/Übergänge im Le- ter Blick auf das Älterwerden, Wissenstransfer im benslauf, erachtet Helvetia als eine spannende Heraus- Unternehmen, generationenübergreifende Zusammen- forderung für kommende Zeiten. • arbeit, Gesundheitskompetenz und lebenslanges SIMONE LAZARUS ist Leiterin Personal- und Organisationsentwick- Lernen/Entwicklung als Schlüsselthemen identifiziert. lung bei den Helvetia Versicherungen. twice Herbst 2015 11
FOKUS INMITTEN DES DEMOGRAFISCHEN WANDELS Für Beratungsgespräche der Mitarbeitenden der regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) sind die sich verändernden Bedürfnisse der Stellensuchenden ein bestimmender Faktor. Die sich wandelnde Demografie hat einen hohen Stellenwert. Dementsprechend wichtig ist das Thema im Kontakt mit den Arbeitgebern. Inge Müssle ist Leiterin Arbeitsvermittlung beim Amt für Industrie, Gewerbe und Arbeit (KIGA) des Kantons Basel-Landschaft und somit verantwortlich für alle RAV. Sie plädiert für eine Belegschaft, bei der möglichst alle Altersgruppen vertreten sind. Seit rund einem Jahr bieten die RAV eine Demografieberatung für Unternehmen an. twice: Welche Erfahrungen machen Sie öfter vor als früher, und der Stellenwert unter einen Hut gebracht werden. Es ist mit der Generation Y? der Work-Life-Balance hat zugenommen. wichtig, dass in Teams diverse Generatio- Inge Müssle: Generalisiert können ver- Die jüngere Generation legt mehr Wert nen vertreten sind, damit das Know-how schiedenen Generationen bestimmte Eigen auf eine moderne Infrastruktur und Wei- nicht verloren geht. Der viel zitierte demo- schaften zugeordnet werden. In den regio- terbildungsmöglichkeiten. Das soll aber grafische Wandel ist den Unternehmen nalen Arbeitsvermittlungszentren fällt uns nicht heissen, dass diese Ansprüche nicht zwar ein Begriff, allerdings befassen sich auf, dass Vertreter der Generation Y in der auch bei anderen Altersgruppen beobach- viele nicht ausreichend damit. Aber wir Regel sehr flexibel, selbstbewusst und gut tet werden. Bei lebenserfahreneren Arbeit befinden uns inmitten des Wandels! Aus qualifiziert sind. nehmern spielt der Sicherheitsgedanke in diesem Grund lässt das KIGA in den Ge- Sachen Arbeitsplatz aber eher eine tragen sprächen mit Unternehmen seit Anfang Wie unterscheiden sich die Ansprüche ei- de Rolle. Jahr auch eine Demografieberatung mit nes 25-Jährigen im Gegensatz zu Älteren? einfliessen. Unsere Aussendienstberater Die Einstellung hat sich bedingt durch an Wie können Arbeitgeber auf diesen wurden entsprechend geschult. dere Lebens- und Wertvorstellungen geän Wertewandel reagieren? dert. Es werden zunehmend Job-Sharing- Die Situation stellt die Führungskräfte vor Was beinhaltet die Demografieberatung? Modelle und Teilzeitstellen nachgefragt. eine grosse Herausforderung, denn die Wir analysieren diverse Faktoren der Un- Jobwechsel kommen bei der Y-Generation verschiedenen Wertvorstellungen müssen ternehmen wie Altersstruktur, Know-how- 12 twice Herbst 2015
Transfer, Arbeitszeitgestaltung, betriebli- Wissens sind wir bislang das einzige Amt, ches Gesundheitsmanagement etc. und das seine Mitarbeitenden explizit zum The geben Tipps, wie sich das Unternehmen ma Demografie schult und dieses Wissen fitter machen kann für den Wandel. Gera- an die Arbeitgeber weitergibt. Da betrei- de hinsichtlich des Fachkräftemangels ist ben wir ein Stück weit Pionierarbeit. es wichtig, dass Unternehmen solche Über legungen in ihre strategischen Ziele auf- Welche Reaktionen haben Sie bislang nehmen. auf das Angebot erhalten? Die Arbeitgeber sind positiv überrascht, Die Demografieberatung findet im Rahmen dass wir uns diesem Thema annehmen und unserer Haupttätigkeit statt. Also bei den schätzen unsere Drehscheibenfunktion in üblichen Gesprächen mit Arbeitgebern für Sachen Informationsaustausch. Es handelt KONTAKT die Besetzung von offenen Stellen, was ge- sich um eine Zusatzdienstleistung, die nicht Amt für Industrie, nerell der Anlass für unsere Besuche ist. Es verpflichtend ist, sondern sensibilisieren Gewerbe und Arbeit (KIGA) ist aber denkbar, dass wir auch diesbezüg- soll und leicht umsetzbare Ratschläge lie- lich auf expliziten Wunsch eines Arbeitge- fert. Mich freut besonders, dass einige Inge Müssle bers beraten. Unternehmen bereits reagiert haben und Leiterin Arbeitsvermittlung ihre Teams in Bezug auf die Altersstruk- Bahnhofstrasse 32 Ist die Berücksichtigung der Demografie tur stärker durchmischen. Bei der Beset- 4133 Pratteln 1 bei Gesprächen mit Arbeitgebern üblich? zung der Belegschaft gilt es, junge, aber T 061 552 77 77 Wir sind uns bewusst, dass gerade im Kan eben auch erfahrenere Kräfte zu berück- F 061 552 77 88 ton Basel-Landschaft der demografische sichtigen, um für die Zukunft gerüstet zu inge.muessle@bl.ch Wandel ein wichtiges Thema ist. Meines sein. • Basel erleben mit dem Pro Innerstadt Geschenkbon proinnerstadtbasel.ch DAS P MITA ERFEKTE RB GESC EITER- HENK twice Herbst 2015 13
STANDORT franken stammt aus der Haushaltskasse zugezogener Familien. Neben dem «brain gain», dem Potenzial des mitgebrachten Fach- und Spezialwissens, und den Steuergeldern, bereichern vor allem die unterschied lichen Kulturen das Leben in der Region und verleihen ihr internationales Flair. Auch hier drängt sich ein Realitätscheck auf: Wie offen und international ist die Region Basel wirklich und wie gestalten sich die ersten Wochen und Monate für Neuzuzüger? Rachel Ferraro, 29, stammt aus Texas und lebt gemein- sam mit ihrem Mann Marco und ihren zwei Töchtern seit rund fünf Jahren in Basel. Rachel und Marco lern- ten sich während des Studiums in einer kleinen Stadt in Arkansas kennen. Rachel erinnert sich: «Nach un- seren ersten Verabredungen googelte ich «Basel, Schweiz», die Heimatstadt meines schweizerisch-ita lienischen Mannes. Zu diesem Zeitpunkt hätte ich nie gedacht, dass es auch einmal mein Zuhause würde.» Als Rachel dann mit 24 in die Schweiz zog, tauchte sie erst einmal in ein Wechselbad der Gefühle ein. Vom Enthusiasmus zum Heimweh und zurück. «Nach ein, zwei Jahren haben sich diese extremen Emotionen aber zu einer schönen Schweizer Neutralität ausbalan- ciert. Ich begann, mich heimisch zu fühlen.» WO IST DIE BUSHALTESTELLE? Zu Beginn war es ohne Deutschkenntnisse schwierig, in engeren Kontakt mit der Bevölkerung zu treten. Ra- TEXAS–BASEL chel begann zu üben: «Ich spazierte durch das Klein- basel und fragte Passanten immer wieder nach der nächsten Bushaltestelle. Zeigten sie in eine Richtung, EINFACH war ich erfreut, dass sie mich verstanden.» So richtig wahrgenommen fühlte sie sich aber erst als sie Mutter wurde: «Es mag an den Kilos liegen, die ich in der Als Wirtschaftsstandort mit internationaler Ausstrahlung Schwangerschaft zugenommen hatte», erinnert sich Rachel schmunzelnd, «aber die Kinder – Basel ist der zieht die Region Basel Menschen aus aller Welt an und Geburtsort meiner beiden Töchter – veränderten meine wird – ob vorübergehend oder für immer – zur neuen Beziehung zur Stadt entscheidend.» Passanten spra- Heimat. Sich als Neuankömmling in Basel zurechtzufinden chen sie auf der Strasse an und wünschten ihr Glück, erfordert Engagement und etwas Kreativität. Rachel schloss in der Bibliothek, im Café und im Fami- lienzentrum neue Freundschaften und wurde Fan der Der Begriff «Expats» ist in aller Munde und steht für Personen und Basler Fasnacht. Ihre Freunde stammen aus Israel, Indien, Kanada, deren Familien, die aus beruflichen Gründen für eine absehbare der Schweiz oder Nigeria. «So viele Teile der Welt klicken hier Zeit ihr Heimatland verlassen. Ihnen gegenüber stehen die ineinander. Neua nkömmlingen lege ich zwei Dinge ans Herz: «Migranten», welche sich fernab ihrer Heimat dauerhaft in einem Werdet Teil einer Gruppe! Ob im Sportverein oder als Stammgast neuen Land niederlassen. Die starre Definition dieser Begrifflich- im Café ums Eck – ein Netzwerk zu haben, das einen an schlech- keiten entspricht jedoch kaum der Realität. Wie eine Studie des ten Tagen auffängt, ist Gold wert. Und zweitens: lernt Deutsch Basler Beratungsunternehmens ecos aus dem Jahr 2011 zeigt, blei- und wendet es bei Nachbarn oder Spaziergängern tatsächlich an. ben viele der sogenannten «Expats» viel länger als ursprünglich Auch wenn man erstmal nur «Grüezi» sagen kann, man weiss nie, geplant. Für manche wird Basel ganz zur zweiten Heimat, und die wen man wieder einmal im Tram trifft. Vielleicht wird man erkannt Neuankömmlinge wiederum werden für die Region zum volks- und gegrüsst – eine kleine Geste, die Grosses auslöst: Wow, die wirtschaftlichen Potenzial: Jeder zehnte Konsum- und Steuer- Leute erkennen mich. Vielleicht gehöre ich hier wirklich hin!» • 14 twice Herbst 2015
HIGH-TECH IN ALLSCHWIL FLÄCHENDECKEND UND INSTITUTIONENÜBERGREIFEND Demonstration einer neuen Navigationslösung für Rückenoperationen. Einblick in ein Labor des DBE. Es war im Sommer letzten Jahres, als die Universität Basel verkün- INTERDISZIPLINÄR dete, die Werner Siemens-Stiftung unterstütze mit 15,2 Millionen «Aufgrund seiner interdisziplinären Zusammensetzung von Franken eines ihrer Forschungsprojekte in der Medizinaltech- Fachleuten aus Medizin, Natur-, Ingenieur- und Geisteswissen- nologie. Diese News erfreuten die Handelskammer insbesonde- schaften stellt das DBE eine einzigartige Forschungsplattform re, da es sich um ein erstes konkretes Projekt handelte, das im dar», beschreibt Departementsvorsteher Prof. Dr. Philippe Cattin künft igen Schweizerischen Innovationspark Nordwestschweiz die Einrichtung. In enger Zusammenarbeit mit dem Universi- (SIP NWCH) in Allschwil untergebracht werden sollte. Für die tätsspital Basel und dem Universitäts-Kinderspital beider Basel Handelskammer als Mit-Trägerin des SIP NWCH war klar, dass wird der Austausch zwischen Institutionen und Forschungsfel- damit der Grundstein gelegt wurde, mit dem Kanton Basel-Land- dern gefördert, um Grundlagenwissenschaft, klinische Medizin schaft einen weiteren Universitätsstandort in der Region zu er- und medizintechnische Industrie zu verbinden. Ziel ist es, Innova halten. tionen aus der Grundlagenforschung möglichst rasch zum Nutzen der Patientinnen und Patienten weiterzuentwickeln. «Biomedical Ende August dieses Jahres hat das Department of Biomedical En- Engineering gewinnt zunehmend an Bedeutung, und die Univer- gineering (DBE) der Medizinischen Fakultät der Uni Basel seine sität Basel will hier als treibende Kraft an vorderster Front mitwir Räumlichkeiten definitiv in den Innovationpark gezügelt. Dort ken», meint die neue Uni-Rektorin Prof. Andrea Schenker-Wicki. arbeiten über 60 Personen in zehn verschiedenen Forschungs- Dieses Departement zeige zudem, dass die Universität Basel für gruppen. Zu den inhaltlichen Schwerpunkten am DBE zählen die Industrie und für private Geldgeber ein attraktiver Partner unter anderem die medizinische Bildgebung und bildgestützte sein kann. Therapien, Materialwissenschaft und biotechnologische Gewebe bearbeitung sowie Orthopädie und Biomechanik. Im Bereich der Das DBE gilt bereits heute als neues Kompetenzzentrum, in wel- Lehre richtet das DBE ein neues Doktorandenprogramm ein und chem Human- und Zahnmediziner, Naturwissenschaftler, Ingenieu- bietet zwei Weiterbildungsprogramme auf Masterstufe an. re und Firmen aus der lokalen medizinaltechnischen Industrie unter einem Dach tätig sind. Mit seinem breiten Forschungsspek- trum im Bereich der Medizinaltechnologie leistet es für unsere Wirtschaftsregion mit den Life Scienes als wichtigste Leitbranche einen immensen Beitrag, um im weltweiten Vergleich auf den vor- dersten Plätzen bestehen zu können. • twice Herbst 2015 15
STANDORT DAS NEUE KLINIKUM 2 KONKRET Das Neubauprojekt des Uni- versitätsspitals Basel hatte einen schwierigen Start. Gleich nachdem im Mai 2013 das Siegerprojekt des Archi- tekturwettbewerbs vorgestellt wurde, setzte eine lebhafte Diskussion über die städte- bauliche Qualität ein. Mittler- weile haben sich die Wogen geglättet, und die Skepsis gegenüber dem Neubau des Klinikums 2 hat breiter Zustimmung Platz gemacht. Mit der deutlichen Verabschiedung des samtprojekt dürfte 2030 abgeschlossen RÜCKSICHT NEHMEN Bebauungsplans durch den Grossen Rat sein. Es handelt sich um ein höchst kom- Die historischen Gebäude auf dem Gelände des Kantons Basel-Stadt im Mai dieses plexes Bauvorhaben. Ausschlaggebend für unterliegen strengen Auflagen des Denk- Jahres hat das Projekt der Erneuerung des die Standortwahl waren die Vorteile des malschutzes. Auch ist das geschützte Orts Klinikums 2 einen Meilenstein erreicht. (innerstädtischen) Zentrums in unmittel- bild der nahegelegenen Altstadt unbedingt Zwar ist noch ein Rekurs gegen den Ent- barer Nähe zur Universität Basel, auch zu berücksichtigen, und der öffentliche scheid des Grossen Rates hängig, doch wenn ein Bau auf der «grünen Wiese» wo- Raum des Spitalgartens kann nicht über- weil der Neubau für das Unispital dring- möglich baulich einfacher realisierbar ge- baut werden. Planerisch, organisatorisch lich ist, werden die Vorbereitungsarbeiten wesen wäre. Da das Areal des Unispitals und logistisch stellt dieses Projekt höchs- unvermindert fortgeführt. nahezu vollständig bebaut ist, wird der te Anforderungen an alle Beteiligten. Die Neubau genau an der Stelle entstehen, wo Maxime ist, dass die Patientinnen und ETAPPE FÜR ETAPPE auch das heutige Klinikum 2 steht. Abriss Patienten von negativen Begleiterschei- Das Unispital projektiert zusammen mit und Neubau erfolgen in Etappen. Während nungen während der Bauzeit möglichst dem Generalplaner den Neubau, der in in den zuerst errichteten Neubauteilen der verschont bleiben, und auch die Belästi- mehreren Etappen und bei laufendem Be- Betrieb anläuft, geht in den noch beste- gungen für Mitarbeitende und Anwoh- trieb ausgeführt werden soll. Die erste henden Altbauteilen der Patientenbetrieb nerschaft so gering wie möglich gehalten Etappe mit dem 60 Meter hohen Spital- weiter. Denn Provisorien sind kaum mög- werden. Derzeit erarbeiten Experten Lö- turm soll 2022 in Betrieb gehen. Das Ge- lich. sungen, die Bau und Abbruch komplett 16 twice Herbst 2015
vom laufenden Betrieb trennen sollen. Jede nischen Bereiche im Gebäude festgelegt, des Spitalareals ein umlaufender Tunnel- Form von Verunreinigung in der Nähe der anschliessend wird die Ausstattung der ring geschaffen. Durch diesen Tunnel wer Patienten muss ausgeschlossen werden. einzelnen Räume geplant. den die Gebäude z. B. mit Strom, Wasser, Baulärm ist so weit wie möglich zu verhin- IT, Wärme und Kälte versorgt. Ab 2018 dern. NÄCHSTE SCHRITTE wird der unterirdische Bereich der Spital- Der Entwurf für das Gebäude stammt vom anlieferung und -entsorgung neu gebaut, Der Neubau richtet sich nach den Bedürf- Zürcher Architekturbüro Giuliani Hönger da zukünftig kein Lieferverkehr mehr nissen der Patientinnen und Patienten. und ging 2013 aus einem internationalen durch die Altstadt und den Petersgraben Modernste Medizintechnik, effiziente Pro Wettbewerbsverfahren als Sieger hervor. erfolgen darf. Ab 2019 startet die erste zesse und eine angenehme Umgebung sol In den kommenden zwei Jahren wird die Bauetappe des Hauptprojekts. len für die Patienten von grösstem Nutzen Planung phasenweise konkretisiert, auf die sein. Derzeit laufen die Abstimmungen mit aktuellen Anforderungen des Unispitals den zukünftigen Nutzern. So werden ne- angepasst, um die Bauunternehmen mit ben Ärzten und Pflegefachkräften auch eindeutigen Leistungsbeschreibungen be- Patientenorganisationen in die Planung auftragen zu können. Damit das Baufeld einbezogen. Aufgrund der Ergebnisse die- rechtzeitig freigeräumt werden kann, wird ser Konsultationen wird zunächst die kon- bereits 2016 mit der Verlegung der Infra- krete Zuordnung der einzelnen medizi struktur begonnen. Dafür wird am Rande twice Herbst 2015 17
STANDORT Ist die gemeinsame Spitalstrategie nicht vielmehr eine Vision, wissend, wie komplex solche Prozesse Dr. Werner Widmer an der Medienkonferenz politisch und planerisch sind? «Die beiden Basel prü- Wir gehen davon aus, dass die gemeinsame Spital- fen Gründung einer gemeinsamen Spital- gruppe im Jahr 2020 Realität ist. Sie ist gesundheits- gruppe» am 29. Juni 2015. politisch und betriebswirtschaftlich sinnvoll. Beide Spitäler fahren so besser als im Alleingang. Am meis- ten profitieren sollen die Patientinnen und Patienten. Dr. Werner Widmer, VR-Präsident des Gleichzeitig muss das Projekt zu einer Dämpfung des Kantonsspitals Baselland, im Interview Anstiegs der Gesundheitskosten in beiden Kantonen zur gemeinsamen Spitalstrategie von beitragen. Natürlich ist der Weg bis dorthin nicht ein- Basel-Stadt und Baselland fach, aber das Ziel lohnt den Aufwand. twice: Was ist Ihnen besonders wichtig an der Welche bereits angedachten Vorhaben könnten relativ gemeinsamen, bisher formulierten Spitalstrategie? schnell umgesetzt werden? Welche Bereiche sehen Sie Dr. W. Widmer: Erstens begegnen sich beide Kantone als eher schwierig zu projektieren? in diesem Projekt auf Augenhöhe. Alle Projektgremien Es geht nicht darum, jetzt schnell etwas umzusetzen. sind schon oder werden paritätisch besetzt. Wir wol- Wir stehen in der Vorprojektphase. Diese wird im len eine partnerschaftliche Kultur zwischen den bei- 2. Quartal 2016 abgeschlossen. Wichtig ist, dass wir den Spitälern entwickeln, die dann auch die Kultur bis dann alle relevanten Fragen erkannt und auch des Betriebs ab 2020 prägt. Darauf freue ich mich. schon einige Antworten gefunden haben. Dann wer- Zweitens wollen wir mit diesem Projekt einen Spital- den die beiden Regierungen entscheiden, wie die ge- betrieb entwickeln, der sich konsequent auf die Inter- meinsame Spitalgruppe konkret aussehen wird. essen der Patientinnen und Patienten ausrichtet. Das ist eine grosse Chance, nicht nur für die Bevölkerung, Wie sehen Sie den Konnex zwischen der Spital- sondern auch für Mitarbeitende, die ihren Beruf gera- strategie und der Medizinischen Fakultät der de aus diesem Grund gewählt haben. Universität Basel? Die Medizinische Fakultät braucht ein leistungsfähi- Wo steht die Gesundheitsversorgung der Region ges Universitätsspital. Der medizinische Fortschritt Nordwestschweiz im Vergleich zu anderen Kantonen findet in spezialisierten Bereichen statt. Forschungs- und Ländern in der EU heute? projekte sind auf genügend Patienten mit der be- Die Voraussetzungen für Innovationen und Verbesse- forschten Krankheit angewiesen. Die gemeinsame rungen sind vorhanden: Im Vergleich zur übrigen Spitalgruppe behandelt doppelt so viele stationäre Schweiz gibt es in den beiden Kantonen Basel-Stadt Patienten wie das Universitätsspital Basel heute. Das und Basel-Landschaft insgesamt wesentlich mehr Spi- kommt der Medizinischen Fakultät entgegen. Eine talbetten pro 100’000 Einwohner. Im internationalen besondere Herausforderung wird es sein, die Kosten Vergleich ist die durchschnittliche Aufenthaltsdauer der Patientenbehandlung auch im universitären Rah- hoch und der Anteil der ambulanten Operationen nied- men so tief zu halten, dass die Finanzierung durch rig. Eine markante Reduktion der Bettenzahl scheint Krankenkassen und Kanton gemäss Krankenversi- deshalb möglich. Die Patienten werden vermehrt ohne cherungsgesetz ausreicht. Übernachtung im Spital behandelt werden und weni- ger lang im Spital bleiben. Eine engere Zusammenar- Woran könnte die gemeinsame Spitalstrategie Ihrer beit mit den Hausärztinnen und Hausärzten sowie mit Ansicht nach scheitern? den Spitex-Organisationen und Pflegeheimen wird Ich sehe keine rationalen Gründe für ein Scheitern. Die diese Entwicklung ermöglichen. Hier besteht noch Strategie ist langfristig ausgerichtet. Sie wird sich in Verbesserungspotenzial. Gleichzeitig müssen die fi- ihren grossen Linien gegen kurzfristige Turbulenzen nanziellen Anreize im Gespräch mit den Krankenver- und Einzelinteressen durchsetzen, weil es – zumindest sicherungen und den Kantonen so verbessert werden, aus heutiger Sicht – gesundheitspolitisch und betriebs- dass sie die angestrebte Entwicklung nicht hindern. wirtschaftlich keine bessere Alternative gibt. • 18 twice Herbst 2015
FACTORING UNTERNEHMENSFINANZIERUNG MIT WEITBLICK Der banken unabhängige Partner EINFACH SCHNELL LIQUIDE! Immer mehr Unternehmen erkennen, dass sie mit Factoring entscheidende für KMU Wettbewerbsvorteile erzielen können: jederzeit über Barliquidität verfügen, aus der Region ohne die Kreditlinien bei der Bank zu belasten. GRENKE sorgt dafür, dass diese Option vor allem auch kleinen und mittleren Unternehmen zur Verfügung steht. Dabei gehen wir immer auf die individuellen Prozesse unserer Kunden ein. Einfach und persönlich. www.grenkefactoring.ch WE FINANCE YOUR BUSINESS
STANDORT BASEL NORD IM INTERESSE DER SCHWEIZ Nachdem der Ständerat und der Nationalrat im Rahmen der Totalrevision des Gütertransportgesetzes beschlossen haben, dass der Bund auch den Ausbau von Hafen- anlagen im kombinierten Verkehr mitfinanzieren kann, laufen die Arbeiten auf Hochtouren. Dabei geht es in erster Linie um das trimodale Containerterminal Basel Nord. Wie wichtig das Projekt Basel Nord für die ERSTE UND ZWEITE PHASE eingeplant, dessen Inbetriebnahme per 2019 Schifffahrt und die Region ist und wie Um nun die Projektierungsphase des neuen vorgesehen ist. In einer zweiten Phase soll komplex sich die Aufklärungs- und Infor- Containerterminals Basel Nord weiter vor- die Anlage mit dem neuen Hafenbecken III mationsarbeit seit Jahren darstellt, wissen anzutreiben, haben Ende Juni die drei der Schweizerischen Rheinhäfen für den die Schweizerischen Rheinhäfen wie auch Schweizer Logistik- und Transportunter- trimodalen Umschlag (Strasse/Schiene/ der Logistikcluster Region Basel der Han- nehmen Contargo AG, Hupac SA und SBB Wasser) ausgebaut und direkt an den Rhein- delskammer beider Basel und Partner- Cargo AG die gemeinsame Planungsgesell- hafen Kleinhüningen angebunden werden. organisationen. Mit der Investition in die schaft Gateway Basel Nord gegründet. Die Hafeninfrastruktur soll vor allem die ge- Gesellschaft, die für weitere Träger offen Basel Nord – wenn auch in den letzten Wo- samte Logistikkette gefestigt werden, was ist, wird das bimodale Terminal (Strasse/ chen von verschiedenen Seiten immer einem gut funktionierenden Wirtschafts- Schiene) nach dessen Realisierung betrei- wieder stark angegriffen – ist die Antwort standort wie Basel – speziell in der Grenz- ben. Die drei Unternehmen sehen vor, das auf die stetig wachsenden Containerströ- region mit seinem starken Import und Fördergesuch innerhalb der nächsten Mona- me, die maritim zu 70 Prozent über die Export – nur Vorteile bringen wird. te einzureichen. Dazu sind umfangreiche trimodale Drehscheibe Basel abgewickelt Planungsgrundlagen notwendig, die aktuell werden und die es zu bewältigen gilt. Der erarbeitet werden. Dank der zentralen Lage Terminal hat das Potenzial, künftig zwischen Eisenbahn und Autobahn wird 100’000 Lkw-Fahrten pro Jahr auf die eine optimale Erschliessung des Terminals Schiene zu verlagern. 20 twice Herbst 2015
scher Verkehrsträger mit freien Kapazitä- ten hinweisen, die Logistik erklären und die Bedeutung der Schweizerischen Rheinhä- fen für die Landesversorgung erwähnen. Dies wurde in den letzten Jahren auch in- tensiv gemacht, und zumindest in Bundes- bern hat sich das Blatt gewendet und das Interesse am vierten Verkehrsträger ist ge- «DER CONTAINERTERMINAL STEHT stiegen. Schliesslich werden über ein Drittel FÜR DIE NÄCHSTE GENERATION» der flüssigen Güter, wie Mineralöl und Treibstoffe über die Rheinhäfen importiert. 70 Prozent der umgeschlagenen Güter sind twice: Die Handelskammer lobbyiert Basel zu einer Zunahme des Container- zudem für die ganze Schweiz bestimmt – seit Jahren für den Ausbau der Container verkehrs, auch wenn das allgemeine Wirt- und lediglich 30 Prozent bleiben in der terminalkapazitäten. Wieso dauert das schaftswachstum schwach sein sollte. Die Region Nordwestschweiz. Das spricht doch so lange? wasserseitigen Umschlagskapazitäten sind deutlich für eine nationale Bedeutung der Martin Dätwyler: Lobbyingarbeit braucht in drei bis vier Jahren erschöpft. Können Rheinhäfen. Durchhaltevermögen und eine gute Koordi diese Engpässe nicht überwunden werden, nation. Dies ist uns im Rahmen der Behand ist das negativ für Importe und Exporte. Welches sind die nächsten Schritte lung des Gütertransportgesetzes gelungen. und was erwarten Sie vom Bundesamt Kantone, Parlamentarier, Schweizerische Nicht alle im Rheinhafen tätigen Firmen für Verkehr? Rheinhäfen und Verbände haben alle für sind der Ansicht, dass es Basel Nord Noch in diesem Jahr soll das bimodale die gleiche Sache gearbeitet. Stände- und braucht. Terminal (Schiene/Strasse) geplant und das Nationalrat sind nun damit einverstanden, Der Handelskammer war es von Anfang Fördergesuch beim Bundesamt für Ver- dass der Bund Hafeninfrastrukturen für ein grosses Anliegen, dass die Trägerschaft kehr eingereicht werden. Nächstes Jahr den kombinierten Verkehr bis zu 50 Prozent von Basel Nord breit abgestützt ist und der wird der Ausbauschritt für das Hafenbe- mitfinanziert. Das ist ein historischer Schritt diskriminierungsfreie Zugang gesichert cken III folgen. Ich erwarte vom Bundes- und spült bis zu 50 Millionen Franken in wird. Ich bedaure sehr, dass derzeit nicht alle amt für Verkehr, dass die Gesuche sach- die Region, speziell auch für den Bau des am selben Strick ziehen. Umso wichtiger ist lich und konstruktiv behandelt werden. Hafenbeckens III, das für Basel Nord den es, dass die Wirtschaftlichkeit des Projek- Wasseranschluss sicherstellen soll. tes nun aufgezeigt wird und so transparent Warum braucht es Basel Nord und was gemacht wird. Aber das Projekt steht noch passiert, wenn der Containerterminal Die Schweizer Wirtschaft ist aufgrund am Anfang und das letzte Wort ist hoffent- nicht gebaut wird? des starken Frankens arg unter Druck lich noch nicht gesprochen. Ich spüre immer Die Umschlagskapazitäten für den wasser geraten. Keine vorteilhafte Ausgangslage, wieder Kooperationsbereitschaft bei den seitigen Containerverkehr sind in weni- wenn man mit einer Erweiterung respekti- Unternehmen, und zwar auf beiden Seiten. gen Jahren erschöpft. Mit dem trimodalen ve einem Neubau der Umschlagskapazi Es ist zudem die Aufgabe des Bundesamtes Containerterminal Basel Nord entsteht ein täten im Hafenareal argumentieren will. für Verkehr, die Spielregeln für den diskri- Grossterminal, der die maritimen und Neue Infrastrukturen sollten nicht ohne minierungsfreien Zugang zu definieren. kontinentalen Verkehre äusserst effizient deren langfristigen Entwicklungsperspek Das haben wir auch so in Bern deponiert. aufnehmen und für die Verteilung in die tiven geplant werden. Der Terminal Basel Schweiz bereitstellen kann. Die nachhalti- Nord wird für die nächste Generation ge- Warum hat es das «Wasser» bei uns so ge Versorgung des Landes für Wirtschaft baut. Bei der vorsichtigen Beurteilung des schwer, als gleichwertiger Verkehrsträger und Gesellschaft wird gestärkt. Gelingt Wachstums im Containerverkehr ging man zu Schiene und Strasse wahrgenommen es nicht, die zusätzlichen Kapazitäten zu von ein bis zwei Prozent aus. Mitentschei- zu werden? schaffen, werden die Container nördlich dend sind strukturelle Effekte, die von den Das hat vermutlich mit der Randlage zu tun der Schweiz umgeschlagen und gelangen Seehäfen ausgehen. Rotterdam setzt stark und mit dem generellen Desinteresse an der auf der Strasse in die Schweiz. • auf Container und verlagert diese im Hin- Logistik. Die Lage können wir nicht ändern, terlandverkehr auf das Binnenschiff und aber wir können in der Kommunikation lau- MARTIN DÄTW YLER ist stellvertretender Direktor und Abteilungsleiter Standortpolitik bei der Handelskammer damit weg von der Strasse. Das führt in fend auf die Rheinschifffahrt als ökologi beider Basel. twice Herbst 2015 21
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