Die Patek Philippe Nautilus 5976/1G - Racines "Grande Complication Nr. 2086" - Auktionen Dr. Crott
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3. Ausgabe April 2021 Racines "Grande Complication Nr. 2086" Uhren mitI RechenscheibeI IIWC im A. Lange &II ISöhne Gehäuse I Die Patek Philippe Nautilus 5976/1G 1 www.uhren-muser.de
LIEBE LES UND L N ach den ersten drei ChronoHype Magazinen haben wir uns entschlos- sen, die Erscheinungsweise von bisher dreimonatlich auf zweimonatlich zu ver- kürzen. Aus der Leserschaft kam der Wunsch, doch nicht so zahlreiche Beiträge zu bringen und dafür häufiger zu erscheinen. Also wird es ab 1. April alle zwei Monate ein neues Magazin geben, und zwar Anfang Juni, Au- gust, Oktober und Dezember. Die in kürzeren Abständen erscheinenden Ausgaben werden dann zwischen 60 und 90 Seiten Umfang haben. Der Erfolg und die Begeiste- rung bei den Kunden haben uns bisher sehr gefreut, und wir werden uns große Mühe 2
SERINNEN Das Ch LESER, ronoH ype Magaz in wird es nun all e zwei Monat e geben geben, die Qualität zu halten uhren, Marinechronometer oder noch zu verbessern. Da- und gelegentlich auch mal mals war es ja ein Wagnis für eine französische Pendule Herrn und Frau Muser, den oder deutsche Bodenstand- cpb aus seiner jahrzentelang uhr. Nicht zu übersehen die gewohnten Umgebung raus- Präzisionspendeluhren, ein zuholen und mit ihm jene Spezialgebiet des Aktions- Themen auszuwählen, von hauses und Stefan Musers. denen das Auktionshaus der Und natürlich die immer Meinung war, sie könnten die mehr in den Vordergrund tre- Kunden und Uhrenliebhaber tenden Armbanduhren, ohne begeistern. Nach dem Ende die heute keine Auktion mehr von "Klassik Uhren" beim denkbar ist. Alles Themen, Ebner-Verlag ist ChronoHype die die Leser hoffentlich inte- jetzt die einzige regelmäßig ressieren werden. Was noch erscheinende Veröffentli- nicht so richtig läuft, sind die chung im deutschsprachigen Leserbriefe oder die "Frage Raum, die das weite Feld und Antwort" Rubrik - da hät- von der frühen Räderuhr te ich gerne häufiger etwas zu aus Nürnberg/Augsburg bis beantworten. zu den Taschenuhren des 21. Jahrhunderts behandelt, Christian Pfeiffer-Belli darüber hinaus Kutschen- 3
Inhalt 6 20 Uhren mit Rechenscheibe Die 103. Auktion aus Sicht eines Uhrenfreundes 24 26 Glashütter Uhren – Wie alles Ein Taschenuhrwerk von IWC begann mit einem Glashütter Gehäuse von Lange & Söhne
30 32 Leserbrief Patek Philippe Nautilus 5976/1G 42 54 Highlights der kommenden Die große „Grande Complica- 104. Auktion tion Nr. 2086“ 74 90 Bildanhang zu César Racine und Buchbesprechungen von Etienne César Racine Christian Pfeiffer-Belli
Timm Delfs Uhren mit Rechenscheibe Sie gehören zwar streng ge- nommen nicht zu den Kompli- kationen, cool und optisch an- sprechend sind sie dennoch, die Armbanduhren mit Rechen- scheibe. 6
Timm Delfs Uhren mit Rechenscheibe F ür Puristen muss eine uhrmacherische Kom- plikation zwingend mechanisch mit dem Uhr- werk verbunden sein. Das kümmerte jedoch bereits den großen Uhrmacher Breguet nicht groß, der einige seiner Uhren mit einem Thermo- meter ausstattete, einer Zu- satzfunktion, die nicht vom Uhrwerk angetrieben wird, aber durchaus nützlich ist. Zu diesen vom Werk unabhängi- 1 gen Anzeigen gehört auch der in die Uhr integrierte Rechen- schieber. Das bekannteste in etlichen Berufen sowie in Beispiel ist das Modell «Navi- der Schule zum Alltag. Die timer» von Breitling. Es wur- handlichen Instrumente be- de 1952 lanciert, richtete sich nötigten keinen Strom und an Piloten und wird bis heute passten bequem in die Hosen- mit praktisch unverändertem tasche. Ihre Funktion beruht Design hergestellt. Breitling auf jeweils zwei identischen hatte bereits zehn Jahre frü- logarithmischen Skalen, die her das Modell «Chronomat» mit möglichst großer Präzi- eingeführt, mit dem man In- sion gegeneinander verscho- genieure als Zielpublikum an- ben werden können. In den visierte. Der Name, der heute meisten Fällen handelt es sich 2 an einen Chronographen um Skalen von 1 bis 10, wobei mit automatischem Aufzug die Anfangs- und die Endpo- denken lässt, enthielt damals sition bei der runden Rechen- Titel: Katalogauszug 70. Auk- in Wirklichkeit die Abkür- scheibe zusammenfallen. tion, Auktionen Dr. Crott zungen für Chronograph und Ausgehend von der Position 1 Mathematik. verringern sich die Abstände 1 Mimo Loga, Schweiz, ca. 1941/42 Vor der Erfindung des Ta- zwischen den ganzen Zah- schenrechners in den siebzi- len. Verdreht man die beiden 2 Boucher, Le Havre, ca. 1880 ger Jahren gehörten Rechen- Skalen gegeneinander, stehen schieber und Rechenscheiben sich auf der gesamten Skala 7
Timm Delfs Uhren mit Rechenscheibe 2 Breitling Chronomat, 1941/42 2a Navitimer Cosmonaut, 1968 2b Breitling „Chronomat“ ca. 1970 2c Breitling „Navitimer Mont- brillant Datora Chronographe“ ca. 2001 2d Breitling „Cosmonaut“ ca. 1966 2e Breitling „Cosmonaut Chrono-Matic“ ca. 1969 unterschiedliche Zahlenwerte gegenüber. Dreht man bei- spielsweise die 2 der äusseren Skala über die 1 der inneren Skala, steht an jeder Position der äusseren Skala plötzlich ein Wert, der das Doppelte des Wertes an derselben Posi- 2 tion der inneren Skala dar- stellt. Auf diese Weise lassen sich mit dem Rechenschieber oder der Rechenscheibe Ope- rationen wie Multiplikation und Division auf einfache Weise durchführen. Beson- ders gut eignen sie sich für Währungsumrechnungen und die Konvertierung von Maßeinheiten unterschied- licher Länder. 8
Timm Delfs Uhren mit Rechenscheibe Besonders großer Beliebtheit erfreuten sich Rechenschei- ben in der Fliegerei. Die vom amerikanischen Leutnant Philip Dalton (1903-1941) gemeinsam mit Philip Van Horn Weems (1889-1979) ent- wickelte Rechenscheibe E-6B wurde in großen Stückzahlen fürs Militär und die zivile Fliegerei produziert. Weems erlangte in der Uhrmacherei unter anderem durch die Ent- wicklung der Stundenwinkel- uhr in Zusammenarbeit mit Charles Lindbergh und Lon- gines Bekanntheit. Die spe- ziell für Piloten entwickelten Rechenscheiben erlaubten die schnelle Berechnung von Spritverbrauch, Umrechnun- gen internationaler Maße so- wie trigonometrischer Funk- tionen, wie zum Beispiel die Flugrichtung bei Seitenwind. Der zur Boeing-Gruppe ge- hörende Hersteller von Cock- 3 pitinstrumenten Jeppensen 10
4 Sanderson stellt solche Re- eine Uhr mit Rechenscheibe 3 Le Coultre ca. 1975 chenscheiben noch heute her. stammt von der Firma Graef 4 Longines Watch Co./Witt- Sie werden im Flugtraining & Cie Fabrique MIMO aus La nauer „Lindbergh - Hour Angle Watch“ ca. 1940 und als Backup verwendet. Chaux-de-Fonds aus dem Jahr Wahrscheinlich liess sich 1941. Darin beschreibt die Fir- Breitling von solchen Rechen- ma nicht die längst bekannte scheiben zur Gestaltung der Logarithmenskala, sondern «Navitimer» inspirieren. Sie wie sie gedenkt, die unter stellt eine abgespeckte Ver- dem Glas befindliche Skala sion eines solchen «Flight drehbar zu lagern. Computers» dar. Doch die Bei der Anordnung der damals noch in La Chaux-de- Skalen gingen die wenigen Fonds ansässige Firma war Uhrenmarken, die Rechen- nicht die erste, die eine Re- scheiben in ihre Uhren in- chenscheibe aufs Zifferblatt tegrierten, unterschiedliche brachte. Ein erstes Patent für Wege. 11
Timm Delfs Uhren mit Rechenscheibe 5 Girard-Perregaux, 1943/44 6 Juvenia Aritmo, 50er Jahre 5 Pionier Breitling wendete das nung hat den Vorteil, dass die eine solche Konstruktion, wie Patent von Graef & Cie an, fein bedruckte Skala auf den sie auch in den 90er Jah- bei dem die beiden gegen- Ringen durch das Glas ge- ren von Ventura verwendet einander drehbaren Reife schützt ist und nicht zerkratzt wurde, abdichten, muss der unter dem Glas an Stelle eines werden kann. Der Nachteil verwendete O-Ring stets gut Rehaut angeordnet sind. Um liegt darin, dass eine solche geschmiert sein, damit die den äusseren Reif zu ver- Konstruktion sehr schwer ab- Skala drehbar bleibt. stellen, wird die gerändelte zudichten ist, weshalb frühe Einen anderen Weg schlug Lünette mitsamt Glas von Modelle wahrscheinlich nicht Heuer 1972 mit dem Modell Hand gedreht. Diese Anord- wasserdicht waren. Will man «Calculator» ein, einem mit 12
den damals noch brandneuen Kalibern 12 und 15 ausgerüs- teten automatischen Chro- nographen. Bei dem heute noch sehr modern wirken- den kantigen Gehäuse mit matter Oberfläche waren die logarithmischen Skalen um das Uhrglas angeordnet. Der äussere Ring liess sich von Hand drehen, was die Gehäu- sekonstruktion vereinfachte. Die Aussenseitermarke Ike- pod lancierte zu Beginn der 2000er das 46mm große Mo- dell «Megapode» mit Chrono- graph und Rechenscheibe. Bei diesem Modell sind die logarithmischen Skalen unter dem Uhrglas und werden über eine separate Krone ein- gestellt. Uhren mit Rechenscheiben sind noch heute Exoten, die von wenigen Herstellern angeboten werden. Breitling besitzt beinahe eine Mono- polstellung und hat jüngst ein 35 mm großes Damenmodell 6 der «Navitimer» vorgestellt. Weitere Hersteller sind Ha- milton (X-Wind Auto Chrono) und Bólido (X LOG). Timm Delfs Weiter zum Bildteil 13
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Timm Delfs Uhren mit Rechenscheibe 9 7 Dugena Easymath, hergestellt von Fortis, 1965 8 Ollech & Ways, CH, Compu- ter, 1968 9 Fortis Easymath, 1970 10 Breitling Chronoslide, Stopp- 10 uhr, 70er Jahre 15
Timm Delfs Uhren mit Rechenscheibe 11 12 13 16
Timm Delfs Uhren mit Rechenscheibe 11 Jaguar Divisor, 1967 12 Hamilton Khaki Automatik, X-Wind Crosswind, 70er Jahre 13 Helvetia, CH, 70er Jahre 14 Heuer Calculator mit Rechenbeispiel, 70er Jahre 14 17
15 15 ELKA Gallet Exel-O-Graph 16 IKEPOD Megapode, 1999 17 Ventura, 90er Jahre 18 Sinn 903 ST, 90er Jahre 17 16 18
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Die 103. Auktion des Auktionshauses Dr. Crott aus Sicht eines Uhrenfreundes Unmittelbar nachdem Stefan Muser das letzte Los der 102. Auktion zugeschlagen hatte, übrigens eine Hublot mit Tourbillon und Minutenrepetition für 13.800 Euro inklusive Aufgeld, begann für mich die 103. Auktion: Denn ein bekanntes deut- sches Sprichwort sagt ja sinngemäß: Nach der Auktion ist vor der Auktion! 20
Max Sammlerfreund E ine ganze Weile kann man sich ja noch mit den Ergebnislisten und dem Nachverkauf beschäftigen. Vielleicht hat hier auch der ein oder andere von Ihnen das Glück gehabt, einen guten Preis zu verhandeln für ein Los, das nicht sofort einen Liebhaber gefunden hatte. Aber eigent- lich beginnen bereits das Warten und die Vor- freude auf die nächste Auktion. Welche Be- sonderheiten werden wohl zur Versteigerung kommen? Wird eine Uhr dabei sein, die zu meinen Traumuhren gehört? Ist es dann auch das richtige Material und die richtige Farbe des Zifferblattes? Und wird sich die Preisvor- stellung des Einliefernden mit meinen Vor- stellungen des Wertes decken? Oder werde ich vielleicht etwas Neues, mir bislang Unbekann- tes sehen können? Und: wird es den Musers wieder einmal gelingen, eine Uhrensensation anbieten zu können? Vielleicht eine Lange 1 in Stahl oder eine Patek Ref. 1518 ebenfalls in Stahl? Die Vorfreude ist für mich auch deshalb so Bitte verstehen Sie mich nicht falsch! Ich bin groß, weil es - abgesehen von den Sensationen kein Sammler, sondern einfach ein Uhren- und meinen persönlichen Lieblingen - immer freund. Aber das schließt für mich nicht aus, etwas zu entdecken gibt und das in wirklich mir die gleichen Gedanken wie ein Sammler jedem Preissegment ab 4 Stellen. Dabei geht machen zu dürfen, nur dass ich mir eben kei- es nicht nur um die Schönheit, es geht mir ne Gedanken über Bezahlung, Versicherung auch um die vielen technischen Lösungen, die und die pflegliche Unterbringung machen sich die großen und kleinen Konstrukteure zu muss (Sie sehen, ich versuche positiv zu den- allen Zeiten haben einfallen lassen. Jedem von ken). Allerdings muss ich auch zugeben, dass Ihnen wird spontan dazu ein Modell vor Au- ich immer damit rechnen muß, bei den vielen gen treten und für die meisten von uns wird in Einschränkungen in Coronazeiten auch mal jedem Katalog etwas beschrieben sein, das uns keinen Platz im Auktionsraum zu bekommen. zuvor unbekannt war – vielleicht sogar Herrn Schließlich ist und bleibt es eine Verkaufs- Muser? Außerdem gibt es ja noch die span- veranstaltung und ich möchte den Museen, nenden Katalogbeschreibungen der Uhren mit Sammlern, Händlern, Journalisten und Res- einer besonderen Vorgeschichte. Es muss ja tauratoren keinen Platz wegnehmen. Wie gut, nicht das Weihnachtsgeschenk des Herrn H. dass es das Internet gibt und ich im Zweifel an Herrn G. aus der 103. Auktion sein. Aber auch mal von daheim dem Treiben zusehen z.B. Los Nr. 91 aus der 98. Auktion: eine Uhr könnte. aus der Sammlung des Kaisers von China. Das 21
tuts für mich auch – und sogar viel besser … die Prospekte der Glashütter Manufakturen Sie sehen, ich empfinde Auktionskataloge, be- der letzten 25 Jahre durchbuchstabieren mit sonders die von Musers, als einen Fundus des dem Schwerpunkt auf den großen Komplika- Wissens und der Unterhaltung. Darum möch- tionen und edlen Materialien. Wie, nur Weiss- te ich an dieser Stelle auf den Appell des Herrn gold? Pfeiffer-Belli verweisen. Recht hat er! Die Kataloge sollen bleiben! In der Internetversion Als besonderes Highlight empfand ich die kann ich nichts notieren und TippEx auf dem wunderbaren Präzisonspendeluhren von Bildschirm – na, Sie wissen schon … Riefler (u.a. ein Modell D, dessen Gangergeb- nisse Anfang des 20. Jahrhunderts die Uhr Die 103. Auktion war am 07. November 2020. zur präzisesten Uhr der Welt machten) und Wenn ich mich Recht entsinne fiel meine Uh- Stübner aus dem Warner and Swasey Obser- ren-Weihnachtszeit 2020, also die Veröffentli- vatory, Cleveland, Ohio, USA. Diese flankiert chung des neuen Katalogs, auf September und von einer PPU von Breguet, die leider unver- Oktober. Zunächst nur zögerlich, dann und kauft blieb, und einer bislang unbekannten wann ein paar Seiten, aber dann kam der gan- Knoblich von 1870, ebenfalls mit interessanter ze Rest auf einen Schlag. Lange Strecken von Geschichte. Glashütte Original, viele Lange Taschenuhren in allen Qualitäten, ebenso viele Armbanduh- Neben diesen wunderbaren Uhren gab es noch ren von Lange. Der Schwerpunkt lag eindeutig andere Trouvaillen. So eine Patek Ref. 3700, in Sachsen. Es war für mich, als würde man die interessanterweise getrennt von ihrer Box 22
Max Sammlerfreund angeboten wurde. Diese Box erzielte einen gegeben, einige Uhren in ihren Geschäfts- Extraerlös von 8.200 Euro, so dass die Uhr mit räumen anschauen zu können. Auch wurde Box zusammen zum kostspieligsten Los der Stefan Muser nicht müde, all meine Fragen Armbanduhren wurde. Faszinierend in Tech- mit gleichbleibender Freundlichkeit zu be- nik und Preis waren aber auch eine skelettier- antworten. Es ist ein wunderbares Erlebnis, te AP mit ewigem Kalender für 115.000 Euro, diese raren Kunstwerke in die Hand nehmen eine Breguet mit Doppeltourbillon auf einem zu können, sie von allen Seiten in Ruhe zu Planetengetriebe, das das Stundenrad ersetzt betrachten, ihre solide Schwere zu fühlen, und eine Chopard „All in One“, für die die Uhr- ihre Perfektion und den Moment zu genie- macher gewissermaßen einmal so richtig die ßen. Wohl wissend, dass diese Uhren kaum in Sau rauslassen konnten (wenn ich mich nicht freier Wildbahn zu sehen sein dürften. verzählt habe: zusammen 14 Komplikationen auf Vorder- und Rückseite!) zu jeweils 112.500 Übrigens, diese Vorbesichtigungen können Euro. alle Interessenten nutzen und ich kann es Ihnen nur empfehlen. Bevor Sie sich aber nun Last but not least möchte ich aber noch von Sorgen machen: Diesen Artikel habe ich frei- der letzten großen Freude an der Auktion willig verzapft! berichten und das ist die Vorbesichtigung. Großzügiger Weise und völlig unprätentiös von Musers haben sie mir die Möglichkeit 23
Lieber Reinhard, wir möchten nicht versäumen, Dir auf diesem Wege für die jahrelange zuverlässige, konstruk- tive und freundschaftliche Zusammenarbeit zu danken. Steffi & Stefan Muser sowie das gesamte Team von Auktionen Dr. Crott 24
Glashütter Uhren – Wie alles begann Ausstellung im Glashütter Uhrenmuseum vom 18.09.2020 bis 05.09.2021 E ine kleine Sonderausstellung im ersten Veröffentlichung von Herrn Peter wird auf die Stock des Museums, die letzte, die R. Texte von H. Dittrich im Band 4 der Buchreihe Reichel vor seinem Ruhestand noch über die Glashütter Uhren zur Entwicklung gestemmt hat. In Verbindung mit Herrn Peter der „Glashütter Uhrenkaliber“ hingewiesen. aus Dresden, der eben sein Buch „Die ersten Weitere Texte verschiedener Autoren finden 25 Jahre Glashütter Uhrenindustrie 1845-1870“ sich in der Zeitschrift „Alte Uhren/Klassik herausgebracht hat; zu bestellen über VJP Uhren“. Leider fehlen einige (mindestens vier) 2020@t-online.de zum Preis von 59 €. frühe Uhren, die im Privatbesitz sind und wohl Der Bogen der ausgestellten Uhren und Uhr- nicht ausgeliehen wurden. werke reicht von der Nr. 106 bis zu einem Foto einer Großmann Uhr mit der Nr. 4136. Weitere Christian Pfeiffer-Belli Namen, die mit Uhren vertreten sind, sind Julius Assmann, Moritz Großmann und Adolf Schneider. Zentrales Element ist die techni- sche Entwicklung der Uhrwerke in den ersten 25 Jahren seit der Gründung 1845. Die hieraus entstandene charakteristische Glashütter Bau- weise wurde in den darauf folgenden, knapp 80 Jahren – also solange Taschenuhren die Fertigung dominierten – nahezu unverändert praktiziert. Sie ist stilprägend bis heute, wie eine Übersicht aktueller Uhrwerke der gegen- wärtig neun Glashütter Uhrenhersteller in der Ausstellung verdeutlicht. Obwohl all diese Uhrwerke markenspezifische Besonderheiten aufweisen, sind die gemeinsamen Glashütter Wurzeln unverkennbar. Zu den Uhren gesel- len sich noch Werkzeug, Texte auf Tafeln, eine große Guillochiermaschine und Bilder von Uhren und Menschen, die sie damals herstell- ten. Leider gibt es kein quadratisches Katalog- heft wie sonst immer. Man muss also mit- schreiben, was man gesehen hat. Außer der 25
Ein Taschenuhrwerk der International Watch Company mit einem Glashütter Gehäuse von A. Lange & Söhne
Stefan Muser Ein Taschenuhrwerk von IWC E ine sehr interessante Ta- schenuhr wurde uns im letzten Jahr angeboten, aus der wir nicht recht schlau wurden. Die erste naheliegen- de Vermutung war, dass es sich bei diesem Stück um eine Marriage, also um ein Uhr- werk mit später hinzugefüg- tem Gehäuse, handeln könn- te. Dagegen spricht, dass das Gehäuse perfekt angepasst ist und sämtliche konstruktiven Details des Uhrwerkes be- rücksichtigt sind. Mit Hilfe von Dr. David Seyffer, Kurator des IWC Museums und Reinhard Reichel, ehemals Kurator des Glashütter Uhrenmuseums, haben wir uns auf Spurensu- che begeben. Zunächst fällt die Signatur unbedingt für solch schwere CH26139 "Dispositif de reg- "C. Billan Fils Zürich" auf Goldgehäuse bekannt, und lage du spiral des montres" dem Zifferblatt auf. ein Feingehalt von 18 kt ist bei vom 03.07.1903 ausgestattet. Laut Dr. Seyffer wurde eine IWC Taschenuhren um 1900 Diese aufwändige Feinregu- IWC Taschenuhr an diesen Ju- auch eher die Ausnahme. lierung ist bei IWC Taschen- welier am 21. Dezember 1903 Das Uhrwerk, Caliber Sav. uhren selten und wurde nur geliefert und zwar eingeschalt c53-19lig. H7 ist chatoniert in den besseren Modellen ver- in ein 80 Gramm schweres und zusätzlich mit einer baut. Wir dürfen bei all die- 18 kt Goldgehäuse. Nun sind patentierten Feinregulie- sen Details davon ausgehen, IWC Taschenuhren nicht rung nach Schweizer Patent dass es sich um eine teure 27
Söhne eingeschalte Fremd- uhrwerke auf. Neben IWC sind Namen wie Longines, Vacheron & Constantin, Jung- hans, Julius Assmann oder Uhrenfabrik Union zu finden. In mehreren Verkaufsbelegen findet sich die Bemerkung "Gehäuse für Fremdwerk". So wurden mit Auftrag vom 28.08.1942 "4 Stück Silber- gehäuse angefertigt". Davon 2 IWC Uhrwerke mit den Werknummern 174376 sowie 252364. Die Kosten hierbei be- liefen sich auf 50 Reichsmark pro Gehäuse plus zusätzlich 6 Reichsmark für Passungs- arbeiten pro Uhr. Einen wei- Anschaffung gehandelt hat. teren Eintrag im Versandbuch David Seyffer vermutet hier findet man beispielsweise im zu recht, dass das Gehäuse in Auftrag vom 19.09.1937. Dort Notzeiten eingeschmolzen wurde das IWC-Uhrwerk mit wurde. der Nummer 796175 einge- schalt. Hier kommt nun das Lange & Söhne Gehäuse ins Spiel. Für die Firma Franz Ott in Reinhard Reichel hat im Wien wurde mit Auftrag vom Glashütter Uhrenmuseum 09.12.1941 das IWC- Uhrwerk mehrere Tage die Lange Ver- mit der Nummer 897432 mit kaufsbücher durchgesehen. einem Lange Gehäuse ver- Interessanterweise fielen sehen. Nicht zuletzt haben ihm dabei einige bei Lange & wir das IWC-Uhrwerk mit der 28
Nummer 193467, mit Auf- trag vom 21.06.1923 identi- fiziert, welches mitten in der Inflation ein neues Lange Goldgehäuse erhalten hat. Die Rechnung hierzu wurde mit 90 Schweizer Franken ausgestellt, das Versandpaket mit immerhin 3.85 Millionen Reichsmark versichert. Laut Reinhard Reichel wurde die vorliegende Uhr nicht in den Büchern gefunden, aller- dings sind die Aufzeichnun- gen über Gehäuseanfertigun- gen in den Lange Unterlagen leider nicht lückenlos. Stefan Muser 29
Leserbrief Immer wieder taucht in der A. Lange & Söhne Literatur die Frage auf, welche Werke von wem und mit welchem Kali- ber bzw. mit welcher Komplikation aus der Schweiz bezogen wurden. Meine Recherche bei LeCoultre über Werkslieferungen an A. Lange & Söhne B ei der Recherche zu meinem Text „LeCoultre und sei- ne Taschenuhren“ in Klassik Uhren 5/1995, stieß ich auf einen großen Band mit Kundenadressen und den ent- sprechenden Angaben, was an komplizierten Uhren von 1900 bis in die vierziger Jahre dieses Jahrhunderts an Uh- ren gefertigt und geliefert wurde. Die Texte beschreiben Diamètre (lignes) création calibre (12e lignes) No Calibre Hauteur Total 1899 1900 1903 1904 1905 1906 1907 1908 1909 1910 1914 1919 1924 1927 1928 1929 1932 Date vers 19LMG 19 30 12 84 12 6 6 24 144 1902 vers 19LPG 19 27 6 238 10 1 255 1905 vers 19,5LMG 19 30 24 6 1 31 1902 vers 19,5LPG 19 27 48 6 54 1905 vers 19LPS 19 27 6 1 7 1904 19LS 19 1878 12 6 18 19LV 19 1878 12 6 18 19/20LMGV 20 30 1907 1 18 (*36) 6 6 31 (*49) 19LPGS 19 27 1907 12 12 19LPGV 19 27 1907 6 10 16 19,5LMGS 19 30 1904 6 6 12 19,5LMGV 19 30 1907 18 18 19,5LPGV 19 27 1907 6 6 19,5LPGS 19 27 1907 6 24 30 19/20LMGS 20 30 1904 36 (*50) 34 8 24 102 (*116) vers 19/20LPG 20 27 12 22 22 56 1905 19/20LPGV 20 27 1907 6 (*24) 12 6 18 19/20LPGS 20 27 1907 (*84) 6 2 24 (*66) 6 6 44 (*128) 19LMGS 19 30 1904 6 6 19LMGV 19 30 1907 6 6 21TMC 21 10 10 8LRB (*210) (*210) 17GCVN et 17 15 1919 *1000 *1500 *2500 *5000 17CV 6/7O 7 14 1921 1 1 7/8RL 8 1928 1 1 8LO 8 15 1921 1 1 8LR 8 1925 1 1 8SF 8 15 1928 1 1
Christian Pfeiffer-Belli Leserbrief die Art der Komplikation, die Lieferzeit, die Stückzahl, die Daten der Fertigstellung, leider aber keine Werknum- mern. Größtenteils wurden Minutenrepetitionen herge- stellt, Fünf-Minuten-Repeti- tionen, Chronographen mit und ohne Zähler, Chrono- graphen mit Schleppzeiger, Kalenderuhren mit Fenster, Uhren mit springender Stun- de und springender Sekunde. In der nachfolgenden Tabelle habe ich alle Werke und Kali- berbezeichnungen erfasst, die für A. Lange & Söhne in den Jahren 1899 bis 1932 gefertigt wurden. Christian Pfeiffer-Belli Einträge aus dem Kundenbuch, aus dem man ersehen kann, was an A. Lange & Söhne geliefert wurde. 31
Percy C. Schoeler Patek Philippe Nautilus 5976/1G Zwei Jubiläumsmodelle brachte Patek Philippe im Jahre 2016 an- lässlich des 40. Geburtstags der Nautilus heraus. Ein Review des großen Nautilus Chronographen, Ref. 5976/1G. 32
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DER CHRONO IST GROSS. Z um 30-jährigen Nauti- lus-Jubiläum im Jahre 2006 erstaunte Patek FÜR PATEK Philippe die Uhrenwelt mit der Referenz 5980. Ein Fly- back-Chronograph, der sich PHILIPPE in den folgenden Jahren sehr großer Beliebtheit erfreute, dessen Stahlvariante aller- VERHÄLTNISSE dings bereits 2014 wieder aus dem Programm genommen SCHON bzw. durch eine Stahl-Rot- gold-Version ersetzt wurde. GERADEZU Zum 10-jährigen Jubiläum der 5980 (und damit ebenfalls zum 40-jährigen der Ur-Nau- GIGANTISCH. tilus) brachte Patek Philippe 2016 dann einen, wenn man so sagen will, Nachfolger her- aus: die 5976 in Weißgold. 34
Percy C. Schoeler Patek Philippe Nautilus 5976/1G Wie in der Ursprungsversion, so findet man auch im Jubi- läumsmodell das Automatik- kaliber CH 28-520 C, einen Flyback-Chrono mit Schaltrad und Vertikalkupplung mit 28.800 Halbschwingungen und einer Gangreserve von 45 bis 55 Stunden. Das war es dann aber auch schon mit den Gemeinsam- keiten. Denn der Chrono ist groß. Für Patek Philippe Verhältnisse schon geradezu gigantisch. Doch streng ge- nommen war das die Ur-Nau- tilus 3700/1A zu ihrer Zeit ja auch schon irgendwie. Vergleich allerdings, schauen Nur - wie groß ist "groß" nun die Proportionen der Großen wirklich? Die damalige Pres- dann wiederum erstaunlich semeldung sprach von un- stimmig aus. Gut, das Ver- fassbaren 49,25 Millimetern! hältnis zwischen satinierter Wie bitte? Fast 50 Millimeter? Lünettenoberseite und der Bei einer Patek Philippe? Die Gesamtfläche des Zifferblat- Wahrheit sieht dann aber tes ist nicht ganz exakt ge- weit weniger brutal aus. Ge- troffen, doch auch das fällt, messen zwischen 10 und 4 wenn, dann eher wieder im Uhr sprechen wir von einem direkten Vergleich auf. Durchmesser von 44 Millime- tern. Das ist zwar noch immer Gut gelöst ist die Konstruk- groß, klingt aber noch zumin- tion des mit einem Saphirglas dest halbwegs zeitgemäß. bestückten Rückendeckels. Andererseits wirkt eine Optisch fällt hier nämlich 5980/1AR neben der 5976 überhaupt nicht auf, dass das gerade einmal wie eine Mid- Uhrwerk nicht mit dem Ge- size-Nautilus! Ohne direkten häuse mitgewachsen ist.
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Percy C. Schoeler Patek Philippe Nautilus 5976/1G E ines Jubiläumsmodells angemessen, hätte ich mir jedoch ein Allein- stellungsmerkmal gegenüber der anderen Nautilus-Model- le gewünscht. Etwa in Form eines besonders gestalteten Rotors. Doch auch so lässt die Finissierung mit anglierten und polierten Kanten, Gen- fer Kreisschliff, gebläuten Schrauben und vergoldeten Gravuren keine Wünsche offen. Auf dem Zifferblatt glänzen neun Baguette- und drei Prinzess-Diamanten. Wie auch beim Drei-Zeiger-Jubi- läums-Modell tun sie dies allerdings äußerst dezent. Fast noch unauffälliger als bei jener 5711/1P gestaltet sich die Prägung des Jubiläums- Schriftzugs. Dieser ist beim Chrono einzeilig aufgeführt, 1976 - 40 - 2016 ist oberhalb der Mittelachse zu lesen. Der Totalisator des Chronos nimmt den gesamten Platz zwischen Mittelachse und Mi- nuterie bei 6 Uhr ein. Die zwei mit feinen konzentrischen Kreisen und Weißgoldumran- dungen versehenen Skalen- ringe sind in verschiedenen Blautönen ausgeführt.
A m äußeren Skalen- ring werden die gestoppten Stunden abgelesen, im Inneren die Minuten. Interessant, dass Pa- tek Philippe somit, verglichen mit der 5980, eine genau gegensätzliche Anordnung bevorzugt. Das Datum, welches per Kor- rekturdrücker auf acht Uhr verstellt wird, wird wieder von einem Weißgold-Rahmen umrandet. Das Blau des PVD- beschichteten Messing-Zif- ferblatts wirkt wunderschön, obgleich es in Kontrast zu Platin noch eine Spur deutli- cher in Szene gesetzt wird als dies hier beim relativ grauen 38
Percy C. Schoeler Patek Philippe Nautilus 5976/1G Weißgold der Fall ist. Kleines Detail am Rande: die zentralen Stunden- und Minutenzeiger beider Jubilä- ums-Modelle sind aus Weiß- gold gefertigt, doch während bei der 5711 ein zentraler Sekundenzeiger aus rhodi- nierter Bronze zum Einsatz kommt, besteht die zentrale Chrono-Sekunde der 5976 aus sabliertem Stahl. Das er- kennt man zwar nicht, hilft aber vielleicht dabei, beim nächsten Uhrenstammtisch zu punkten. Was uns zur essentiellsten und bislang noch unbeant- worteten Frage bezüglich des neuen Nautilus-Chrono führt: Wie trägt sich die 5976/1G- 001? Und diese Frage ist dann doch gar nicht einmal so leicht zu beantworten. Vorab muss ich anmerken, dass der Weißgold-Chrono- graph bei meinem Shooting mit seiner vollen Bandlänge aufwarten darf und damit für mein Handgelenk im Umfang deutlich überdimensioniert ist. Dem geschuldet, wirkt die 5976/1G erheblich schwerer als etwa die 5711/1P. Das Ge- wicht ist nicht zu unterschät-
EIN BEGEHRENS- WERTES UNDzen und erinnert an goldene zumindest im Falle meiner ÄUSSERST 44 Millimeter Sportmodelle anderer Hersteller. Überra- schung dann aber am Arm: Handgelenke. Störend ist dies allerdings nicht. TRAGBARES der Chrono wirkt keinesfalls so überdimensioniert, wie So lässt sich abschließend sagen, dass Patek Philippe JUBILÄUMS- ich dies im Vorfeld vermutet mit der 5976/1G ein wirk- hätte. lich begehrenswertes und darüber hinaus auch äußerst MODELL Auffällig ist einzig, dass das Gehäuse in Höhe der Band- tragbares Jubiläumsmodell auf den Markt gebracht. anstöße ein wenig vom Hand- Nicht unwichtig für Sammler gelenk absteht. Die typische übrigens: die Uhr kommt in Nautilus-Gehäuseform ist jener speziellen Schatulle, die eben sehr geradlinig und eine naturgetreue Replik der somit nur gering nach unten Original Kork-Box von 1976 gebogen. Das fällt bei 40 darstellt. Millimetern nicht auf, bei 44 Millimetern dagegen schon, Percy C. Schoeler 40
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Highlights der kommenden 104. Auktion 01 02 42
Am Samstag den 22. Mai 2021 01 Patek Philippe "Nautilus Jumbo", Referenz 3700 in Stahl mit Originalschatulle, originalem Verkaufsanhänger und Originalzertifikat - Schätzpreis 100.000 – 130.000 Euro 03 02 Patek Philippe "Nautilus Chronograph 40th Anniver- sary", Referenz 5976/1G-001 - Nahezu neuwertige Genfer Armbanduhr mit Datum und Chronograph, ein auf 1300 Stück limitiertes Jubiläumsmodell zum 40. Geburtstag der Patek Philippe Nautilus in Weißgold - Schätzpreis 250.000 – 350.000 Euro 03 A. Lange & Söhne "Cabaret", Referenz 808.030 in Weißgold - Schätzpreis 30.000 – 60.000 Euro 43
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Highlights der 104. Auktion 02
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04 François-Louis Godon, Frankreich - Schwere, rotgoldene Karossenuhr mit Vollkalender, Mondphase und Mondalter - Schätzpreis 33.000 – 40.000 Euro 05 05 Omega "Flightmaster Gold", Ref. 345.801/145.013 aus 1970 - Schätzpreis 35.000 – 55.000 Euro 06 Patek Philippe - Historisch bedeutende Genfer Taschenuhr mit Fünfminuten- repetition und royalem Monogramm, gefertigt für König Ferdinand I. von Bul- garien - mit ausführlicher Dokumentation, 06 Originalbox und Zertifikat - Schätzpreis 55.000 – 80.000 Euro 47
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Highlights der 104. Auktion 08 07 08 F.P. Journe "Tourbillon Souverain", Referenz 01T Patek Philippe "Padellone", Referenz 3448 - Atemberaubende, extrem seltene und nahezu in Gelbgold neuwertige Platin Armbanduhr mit Tourbillon, - Schätzpreis 90.000 – 150.000 Euro Remontoir d'Egalité und Ruthenium beschichte- tem Goldzifferblatt und Messingwerk, gefertigt in einer auf 99 Exemplare limitierten Serie, hier die Nr. 09! - Schätzpreis 200.000 – 400.000 Euro 49
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Highlights der 104. Auktion 10 09 10 Rolex GMT Master II, Ref. 126715CHNR Audemars Piguet “Royal Oak”, Referenz mit Originalschatulle, originalem Verkaufs- 15300ST in Stahl anhänger, Rolex-Tag, Bedienungsanleitung - Schätzpreis 22.000 – 30.000 Euro und Zertifikat. - Schätzpreis 30.000 – 40.000 Euro 51
Highlights der 104. Auktion 11 11 12 Audemars Piguet “Royal Oak”, Referenz Patek Philippe “Aquanaut”, Referenz 5164R, 15400ST in Stahl mit Originalbox und neuwertig mit Originalbox, Bedienungs- Zertifikat. anleitung und Zertifikat. - Schätzpreis 25.000 – 35.000 Euro - Schätzpreis 55.000 – 80.000 Euro 52
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Die große „Grande Auskunft über Provenienz/ Herkunft der Uhr. Aber auch auf der beigefügten Foto-Do- kumentation (13 A6-Postkar- Compli- tengroße Fotos der Uhr und ihres Etuis) ließ sich keine Punzierung o.ä. feststellen. Außer bei der ersten Inau- genscheinnahme konnte mit Ausnahme der Gehäusenum- mer 2086 nichts entdeckt cation werden, was auf irgendeinen Hersteller deuten würde. Weder im sichtbaren Teil des Werkes, noch auf dem Emailzifferblatt, noch im Ge- häuse konnte eine Signatur oder Punze – wohlgemerkt Nr. 2086“ bei der ersten Begutachtung entdeckt werden. Dem Ver- fasser fiel jedoch auf, daß der Mechanismus zum Aufzie- hen der beiden Federhäuser für die Chronographen- und Schlagwerks-Funktionen Versuch einer ausführlichen Zuschreibung allein über die Krone von dem ihm bisher bekannten System Spurensuche Dr. K. Pöhlmann deutlich abwich! Dem Erwer- ber wurde jedoch versichert, daß diese einem gewissen C. E in sehr guter Freund hatte das große Glück, eine unwahrscheinlich schöne, ließ zweifellos den Schluß zu, dass nur einer der ganz gro- ßen Hersteller/Manufakturen Racine, gefertigt nach seinem Pat. Nr. CH 6835, zuzuschrei- ben sei. Neben der obligatori- perfekt erhaltene, große in der Zeit ab Ende des 19.Jh. schen Karat-Angabe entdeck- Grand Complication im Best- diese Uhr, angeboten in einer ten wir eben nur die Nr. 2086 zustand bei Stefan Muser, Mahagoni-Schatulle (Abb. im Gehäuse. Kein Wunder Firma ChronoHype in Mann- 4) mit geheimen Auslöser also, dass nun versucht wer- heim, erwerben zu können für die Repetition, gefertigt den sollte, etwas mehr über (Abb.1-3). Die perfekte haben konnte. Ausführliche diese Uhr und ihre mögliche Ausführung des Prunkstücks beigelegte Unterlagen gaben Herkunft herauszufinden.1 54
Dr. K. Pöhlmann Grande Complication Nr. 2086 1 2 3 César Racine Internet4, ließen die meisten Fragen unbeantwortet. Selbst Wenn man das Glück hat eine im Chamberlain findet er solch feine Uhr in den Hän- keine Erwähnung. Die nach- den halten zu dürfen, findet stehenden Informationen man selbst keine Erklärung sind fast ausschließlich, dafür, dass, nach den dazu sofern nicht extra aufgelistet, gelieferten Unterlagen, so diesen Quellen entnommen. gut wie nichts über den an- César Racine: geb. 1851 in Les gegebenen Hersteller Racine Ponts-de-Martel; gest. 1931 in 1/2/3 Gehäuse-, Zifferblatt- und bekannt sein soll. Allerdings LeLocle. Über seine Herkunft Werkansicht der Uhr Nr. 2086 hat der Versuch in der Bib- konnte der Verfasser nichts (Kadraturen der komplizierten liothek der Deutschen Ge- herausfinden. Nicht einmal Schlagwerks- und Kalender- funktionen nicht sichtbar unter sellschaft für Chronometrie, Daten über seinen Vater. Im dem Zifferblatt) einer der größten in Europa, Bourdin – siehe dort – sind in mehr in Erfahrung zu brin- LeLocle und Umgebung zahl- 1 Gesammelte Unterlagen beim gen, dies nur bestätigt. Die reiche Racines mit Bezug zur Verfasser 2 Pritchard; Swiss Time Piece üblichen Nachschlagewerke, Uhrmacherei angeführt, aber Makers mit Ausnahme von Prit- kein konkreter Hinweis auf 3 J.P. Bourdin, Repertoire des chard2, dazu das Buch von J.P. den Vater. Auch über César Horlogeres Loclois 17./19.Jh. Bourdin3 und natürlich das Racines Wohnadressen ist 4 www.c.racine.ch
Dr. K. Pöhlmann Grande Complication Nr. 2086 4 4a 4b wenig bekannt. In den 80er Zurück zu César Racine: Jahren LeLocle 2, avenue du Nimmt man die vorliegenden Nouveau Collège, und ab 1895 Daten im Bourdin als Basis, in LeLocle 8, rue du Collège kämen die beiden nachste- (Villa mit Werkräumen, henden Racines als Vater von gefertigt von Architekt Thei- César evtl. in Frage aber wie le/LaChaux-deFonds angeführt – reine Vermutung. (Jugendstil ?)). 1. Frédéric Eugène Racine; Remonteur (1820 - LeLocle Auch über seinen Sohn, 1909) oder 2. Gustave Racine; Etienne Cesare jun. Racine Horloger (LeLocle 1825 – idem 4 Prunketui der Uhr 2086 mit verstecktem Mechanismus zur (1869-1957) gibt es nur sehr 1894). Was finden wir über- Auslösung der Repetition siehe spärliche Angaben. Wir er- haupt zu C. Racine in der Text fahren aus dem Internet Literatur? 5/6 Goldene Zenith-Savonnette (Fußnote 4) daß er am als Beispiel für spätere, perfek- 4.2.1913 in der Handelskam- te, Racine zugeschriebene Uhr mer den Firmennamen „César C. Racine auf (um 1900) Racine“ eintragen ließ und Ausstellungen usw. 5 La Fédération Horlogère 1896; 1931 in Konkurs gegangen Jg.10 Nr.80 S.417 6 La Fédération Horlogère 1900; ist. Dazwischen finden sich Im Jahr 1896 erhielt César Jg.15 Nr.68 S.435 nur spärlichste Angaben über Racine eine Goldmedaille Armbanduhren. im Rahmen einer Nationalen
Dr. K. Pöhlmann Grande Complication Nr. 2086 Schweizer Uhren Ausstellung in Genf5. Er stellt u.a. 8 gro- ße Uhren mit verbesserten Schlagwerken auf Basis der Patente 4895 und 6835 vor. Hier könnte es sich um den Werktyp gehandelt haben, den auch Abb. 18-20 zeigen. Des Weiteren zeigte er eine 13-linige Uhr mit Grande Complication. Dabei wur- de darauf hingewiesen, dass 5 seine Uhren auch ein „bulletin de l’observatoire Neuchâtel“ besaßen. Hervorgehoben wur- de dann dabei die, gegenüber den bisherigen komplizierten Schlagwerken, wesentliche Erleichterung der Reparatur. Dazu die deutlich verbesserte Funktion derselben und leich- tere Behebung von Fehlern der bisher eingesetzten Schlag- 6 werke. Weiter wurde besonders gelobt, daß seine Konstruktion es ermöglichte, auch kleinere Uhren mit Komplikationen, stolz ihre Erzeugnisse6. Neben demonstriert an der 13-linigen, Barbezat-Baillot, Perret fils, zu fertigen. Außerdem wurde Ch. Tissot, u. Wolfensberger hervorgehoben, daß die Uhren stellte u.a. auch C. Racine in Etuis präsentiert wurden aus. Neben Savonnetten welche es ermöglichten, durch (Abb.5,6) und Lépines in Drücken eines Email-Knopfes Gold mit z.B. Chronographen die Uhren im geschlossenen Etui speziell mit 30- und 60- Sek.- schlagen zu lassen. Zählern. Auch die bekannten 14-linigen mit Grand Compli- Auf der Weltausstellung in Pa- cationen, dazu 2 Damen- ris 1900 präsentierten Uhrma- uhren mit feiner Email- cher des Kantons Neuchâtel malerei.
Dr. K. Pöhlmann Grande Complication Nr. 2086 7 César Racine, 20''' Minuten-Repetition mit großem Läutwerk (linkes Bild mit spezieller Feinregulierung von Charles Rosat, CH-Patent Nr. 24025 von 1902 sowie dem Fliehkraftre- gulatorssystem von Dietisheim & Cie., CH-Patent Nr. 15833 von 1898) Racine und Schweizer Ehrungen: „Patentkollegen“ 1906/7 Präsident de la Com- 18543 (1899) - Anlage; Opti- Zur Optimierung der Qualität mission de l’école d’horloge- mierung der Grand Sonnerie seiner Uhren bediente sich rie de LeLocle, 1908 Mitglied 41031 (1907) - Anlage; Über- C. Racine gerne der Patente des Gedenkausschusses Julius tragungs-Mechanismus zur seiner Kollegen. Das in der Großmann (Direktor der Auslösung der Grand Sonn- Literatur im Rahmen der Uhrmacherschule Le Locle). erie; Genfer Ausstellung erwähn- 46868 (1909) - Anlage; Zähl- te Patent-Nr. CH 4895 (siehe Patente: werk bei Chronographen Fußnote 2) stammt nicht von 66903 (1913) - Anlage; Verbes- ihm, sondern hier machte er Literaturrecherche des Autors serung bei 2 Aufzugswerken anscheinend von patentier- ergab folgende Schweizer 77131 (1917) - Anlage; Geh- ten Verbesserungen einer Patentanmeldungen7: werk für Weckwerk Schlagwerkskonstruktion 6835 (1893) – Anlage; System seines Kollegen Montadon für Minutenrepetition und Bei einer weiteren Nr. 28477 (Anlage) – damals selbst ein Grand Sonnerie (Aufzugsys- (1917), fälschlicherweise als begnadeter Uhrmacher – Ge- tem mit 2 Federhäusern) Patent ausgewiesen, handelte brauch. Weiter kamen bei 16112( 1898) – Anlage: System es sich um eine Gebrauchs- seinen Konstruktionen u.a. zur Auslösung (Schlagwerk) muster-Anmeldung (Anlage). zur Anwendung, lt. Faszina- in Uhren mit Grand Sonnerie tion Uhrwerk8, die Patent-Nr. über Kette; CH 15833 (1898) von P. Die-
Dr. K. Pöhlmann Grande Complication Nr. 2086 8 César Racine, 20''' Größe in 2 Qualitätsausführungen von Zenith tisheim (Fliehkraftregler) nämlich Borgstedt (Entdecker und von Rosat Patent-Nr. CH der Guillaume-Unruhe) und 24025 (1912) für Feinreglage Pellaton, haben z.T. dabei sei- (Abb. 7,8). Leider konnte der ne Uhren feingestellt. (Abb. Verfasser nichts Konkretes 9). Ein beredtes Zeugnis da- über die Details einer solchen für, welchen hervorragenden „Kooperation“ in Erfahrung Ruf C. Racine auch bei seinen bringen. Kollegen besaß. Regleure: Erste Überlegungen zur „Uhr Nr. 2086“ Ungewöhnlich ist weiter die Tatsache zu werten, daß C. Die Provenienz dieser hoch- Racine, überzeugt von der komplizierten Goldsavonnet- Qualität seiner Uhren mit te ist weitgehend gesichert sog. „Großen Komplikatio- (siehe Fußnote 1). Ihre techni- nen“, diese bezüglich deren schen Daten weisen aus: 7 Die „Übersetzungen“ des Ver- Ganggenauigkeit bei Wett- Ewiger Kalender mit Mond- fassers sind nur Stichpunkte, bewerben an der Sternwarte phase, ¼- und Minutenrepe- d.h. keine gesicherten „Inhalts- Neuchâtel einreichte!! Die tition auf 3 Tonfedern (=sog. angaben“!! 8 www. Faszination Uhrwerk (A. in der damaligen Zeit als die Carillon-Schlag), Schlepp-Zei- Vasiliades et al.) Besten der Regleure galten, ger Chronograph (Rattrapan-
Dr. K. Pöhlmann Grande Complication Nr. 2086 te) mit Zähler, Selbstschlag. 18 Kt. GG; Durchm. ca. 64 mm; Gewicht 271 g. (Abb. 2) Kalendarium: Wenn man Racine's Patente als Basis für seine Überlegun- gen zur Optimierung tech- nischer Komplikationen bei Taschenuhren zu Grunde legt, fällt auf, daß das Kalender- werk, auch nicht der „Ewige“, nie eine Rolle in seinen Über- legungen spielte. Vielleicht gab es da, aus seiner Sicht, nichts zu „verbessern“? Hier darf man annehmen, dass C. Racine von Anfang an Ebau- 1 ches der damals führenden
Dr. K. Pöhlmann Grande Complication Nr. 2086 Hersteller Piquet o. Aude- Jedoch ist bei den Racine zu- mars o. verwendete. geschriebenen Schlagwerken auffallend, daß zunächst ein Hammer des Schlagwerks Gedanken zu Ebauches und der Fliehkraftregler, bei Racine-Uhren nicht sichtbar, unterhalb der Werkplatine angebracht sind. Bei all den wenigen bisher Der zweite Hammer ist in der in der Literatur (siehe Fuß- Platine selbst geführt und noten u. Abb.) gefundenen nicht, wie üblich separat. In und Racine zugeschriebe- den zugehörigen Beschrei- nen Uhren findet man keine bungen findet diese, nach konkreten Aussagen über Meinung des Autors doch die mögliche Herkunft des ungewöhnliche, Besonder- Grundkalibers. Bei den bis heit keinerlei Erwähnung. dato üblichen Schlagwerken Auch nicht im Angebot des handelte es sich vom Auf- neuestens Katalogs der Fa. 9 Auszug aus der Ergebnis- bau her fast ausschließlich Cortrie für Lot Nr. 4118 in liste zur Qualitätsprüfung am um Brückenwerke mit den der 174. Uhrenauktion9. Es Observatorium Neuchâtel für Schlaghämmern rechts und handelte sich dabei um eine Racine-Uhren (s.Tabelle), links vom Fliehkraftregler. Minuten-Repetition mit der Quelle: A. Vierhuf 9
Dr. K. Pöhlmann Grande Complication Nr. 2086 erste, wie bisher bei Brücken- werken üblich, freistehend, der Fliehkraftregler jedoch, nicht sichtbar, unterhalb der Platine! Wir werden später sehen, daß dieses Konstruk- tionsmerkmal noch weiter optimiert wurde: nur noch ein Schlagwerkhammer sicht- bar geführt in der Platine, alles andere verborgen unter- halb der Platine (siehe Abbil- dungen). Warum hat L. Audemars bei dieser Uhr dieses Prinzip ver- wirklicht? Man kann jetzt nur spekulieren. Mit Sicherheit wurde dadurch die Fläche der Platine nicht unerheblich vergrößert. Um mehr Raum/ Fläche zur Anbringung von Schlagwerks-Kadraturen zu 10 schaffen und um damit viel- leicht an Höhe des gesamten Schlagwerks-Kadratur unter Werkes zu sparen? Vielleicht dem Zifferblatt, 18 Kt.-RG; auf war dies ein Grund? Warum 10 Ungewöhnliche Werkskonst- der Cuvette sign. Louis Au- hat Racine mit der Anmel- ruktion einer Minutenrepetition dung des Gebrauchsmusters demars, mit speziellem Aus- der Fa. Audemars (vermutlich vor 1900) gleichsanker und seltenem Nr. 28477 (zeigt ein Ebauche 11 Gehäuse-Punze der Uhr Kaliber. Kein Hinweis darauf, mit werkseitiger 2/3-Platine) Nr.2086, zugeschrieben C. worin das seltene Kaliber be- bis 1917 gewartet? Genaues Racine stand. Deutlich war aber in wissen wir nicht! Jedoch darf der Katalogabbildung jedoch man wohl annehmen, daß 9 Cortrie, 174 Spezialauktion; Okt.2019, S.120 die sehr ungewöhnliche Füh- Louis Audemars bei César 10 Rapport sur le „Concours pour rung des zweiten Schlagwerk- Racine zu den bevorzugten le Réglage des Chronomètres“; Prof. Gautier; Directeur de hammers in der 2/3-Platine Lieferanten von Ebauches, l’Observatoire zu erkennen (Abb. 10). Der und somit auch von Werken
Dr. K. Pöhlmann Grande Complication Nr. 2086 mit ewigen Kalendern, gehör- vermerkt, bei der vorliegen- te. Bei der vorliegenden Uhr den Uhr realisiert worden. Nr. 2086 wurde dem Erwer- Dies ist wohl ein Beweis für ber versichert, das Ebauche – eine gesicherte Zuschreibung wegen des Kalenders (?) – sei dieser Uhr zu C. Racine. Las- von Louis Elysée Piguet. sen sich noch weitere solche Details herausarbeiten ? Zuschreibung Zur Datierung Nahezu alle Racine-Uhren sind nicht namentlich sig- Möglicherweise ergibt jedoch niert. Bei der Uhr Nr. 2086 die Nr. 2086 (Abb.11) im erfolgte die Zuschreibung überschweren Gehäuse eine durch Hinweis auf das Patent weitere Spur zum Hinweis auf Nr. 6835. Ein Beweis dafür die Originalität als Racine- konnte bei der ersten Inau- Uhr. In der uns vorliegenden genscheinnahme allerdings tabellarischen Übersicht der nicht gefunden werden. Bei von Racine eingereichten einer zweiten Untersuchung Uhren auf der Sternwarte dieser Uhr wurde jedoch fällt auf, daß 4 Uhren mit den mit der Lupe eine winzige, Nummern 2081-2084 dort mit dem bloßen Auge kaum offiziell dokumentiert sind10. sichtbare Punze am Rande der Werkplatine, darstellend Alle 4 Uhren wurden im Jahr das Schweizer Kreuz, innen 1896 eingereicht, feingestellt mit der CH-Pat.-Nr. 6835, meist von Borgstedt. Wobei entdeckt. Diese Punze wird die getestete Nr. 2084 als in den der Uhr beiliegenden Letzte, mit Repetition und Unterlagen selbst nicht er- Grand Sonnerie, die damals wähnt. Bei diesem Patent komplizierteste seiner bis handelt es sich um einen dahin eingereichten Uhren verbesserten Aufzug über darstellte. Man darf wohl an- Krone, wobei mittels Wippe nehmen, daß diese Uhren in zwei Federhäuser (Geh- und den Jahren bis 1895 Schlagwerk mittig links und entworfen, konstruiert, rechts) aufgezogen werden. finissiert und dann 1896 zur 11 Dieses Prinzip ist, wie bereits Prüfung eingereicht wurden.
Dr. K. Pöhlmann Grande Complication Nr. 2086 12a 12c 1902/10 sind von Racine die ersten Uhren mit noch mehr Komplikationen in Neuchâtel 12b dokumentiert. Diese wurden von Pellaton feingestellt! Die vorliegende Uhr Nr. 2086 Selbst wenn man mit Sicher- ist mit Sicherheit später, also heit davon ausgehen darf, nach 1896, gefertigt worden. daß Racine nicht alle von Die Aufstellung der auf der ihm gefertigten „Grand Com- Sternwarte eingereichten Uh- plication“ zur Überprüfung ren gibt uns weitere Hinweise eingereicht hat, dürfte die zumindest auf den möglichen Herstellung um frühestens Herstellungszeitraum. Ab 1897-1900, evtl. eher noch
Dr. K. Pöhlmann Grande Complication Nr. 2086 etwas später, zu datieren sein. lichkeit trat (Ausstellung), war nichts zu finden. Auch Bei all den bisher entdeckten in dem sonst sehr ausführ- Uhren waren diese C. Racine lichen Werk von Zantke11 wird ausnahmslos nur zugeschrie- im Personen- u. Sachregister ben. Man berief sich dabei Racine nicht erwähnt! Da ein immer auf sein Patent Nr. Racine-Werk mit dem Auf- 6835, ohne dass auf diese Nr. zugsmechanismus nach Pat. konkret (z.B.in Form einer CH 6835 typische, unverkenn- Abb. o.ä.) hingewiesen wur- bare Charakteristika aufweist, de. Denn abgebildet waren blieb mir nichts anderes meistens, wie üblich, das übrig, als alle Abbildungen Zifferblatt oder gelegentlich zu überprüfen. Eine einzige auch das Werk. Abbildun- Uhr, eine Goldsavonnette mit gen unter den Platinen oder Selbstschlag, Nr.2352 wurde gar unter dem Zifferblatt? auf den Seiten 460/1 (Abb. Fehlanzeige! Sollte auf Werk- 12a-c) gefunden und ist zu platinen auch kein Hinweis 100% Racine zuzuschreiben, irgendwelcher Art vermerkt aber nicht erkannt worden. In sein? Dazu nochmal ein Blick der Beschreibung dieser Uhr auf: wurde unter „Bemerkungen“ darauf hingewiesen, daß die Fa. Audemars mehrere Selbst- César Racine und schlagwerke von Fremd- Louis B. Audemars firmen bezogen und unter eigenem Namen verkauft Die bereits beschriebene Uhr hat. Namen dieser Herstel- der Abb. 10 lässt doch den ler wurden allerdings nicht möglichen Schluss zu, dass genannt. Diese Uhr trägt auf zwischen den beiden Herstel- der Halbplatine – auf der Abb. lern evtl. eine intensivere Zu- allerdings für den Leser nicht sammenarbeit existierte, als erkennbar – die Schweizer bisher bekannt war. Brassus Pat.-Punze Nr. 18543. Eine (Audemars) und LeLocle (Ra- weitere Recherche hätte dann 12 Racine-Uhr Nr. 2352 mit cine) liegen ja dicht beieinan- ergeben, daß C. Racine der Carillon, Pat.-Punze 18543, der und über die Tätigkeit von Hersteller dieses Werkes ist. geliefert um 1900 an Fa. Racine in den Jahren bis 1896, Die Nr. 2352 auf der Cuvette Audemars/Brassus (aus Zantke, siehe Text) d.h. bevor er an die Öffent- ist mit Sicherheit somit dem
13 14 Hersteller des Werkes, d.h. nicht um 1890, sondern mit Racine, und nicht Audemars ziemlicher Sicherheit später, zuzurechnen. evtl. um 1900-1905, zu datie- ren. Die Werk-Nummern von Die Hoffnung, doch noch C. Racine fündig zu werden, wollte ich schon aufgeben, als mir ein Ein Werkverzeichnis dieser befreundeter Meister-Uhr- Manufaktur wurde in der Li- macher einfiel. Er besitzt, wie teratur nicht gefunden. Kann ich jetzt erfuhr, Erfahrungen man vielleicht bestimmte mit mehr als einer Uhr von Nummern einem konkreten C. Racine. Eine Goldsavon- Zeitraum zuordnen? In den nette von Zenith besitzt ein Unterlagen der Sternwarte Werk, von C. Racine, ausge- Neuchâtel finden wir die von stattet mit Grand Sonnerie, Racine eingereichten Uhren Schlagwerk-Abstellung, 3 der Nr. 1580-2151 in den Jah- Tonfedern und 3 Schlaghäm- ren 1896 bis 1900. Die 3-Tsd.- mern (Carillon-Schlag) und Nummern ab 1920 (Firma Minutenrepetition unter dem inzwischen von Racine jun. Zifferblatt. Dabei keine einzi- geführt). In den Jahren dazwi- ge Punze, welche den „Kons- schen, zumindest nach den trukteur“ verrät. Aber der Unterlagen der Sternwarte, ist Blick auf das Werk offenbart, keine nummernmäßige Ord- dass dieses Uhrwerk wohl nung erkennbar. Demnach aus der Werkstatt von César wäre aber die Uhr Nr. 2352 Racine stammt (Abb.13-15). 66 15
Dr. K. Pöhlmann Grande Complication Nr. 2086 Ein weiteres Exemplar aus dem Zifferblatt und nicht, 13-15 Goldsavonnette mit seinem Besitz stammt von der wie bei den späteren Grande Carillon, geliefert um 1900, Uhrmacherschule Le Locle, Complikations auf der werk- an Zenith, identifiziert nach dat. 1935 (Abb. 16) und soll seitigen Rück-Platine. Das kompletter Zerlegung 16 Racine-Uhr mit Carillon, dieser von der Firma Racine Werk zeigt große Rubinlager, ehemals Besitz der Uhrmacher- überreicht worden sein. eine mächtige Schrauben-Un- schule LeLocle, vermutlich Geschenk der Fa. Racine an die Wann genau und von wem ruhe, 3 verschraubte Chatons Schule (siehe Text) konnte selbst in der Schweiz und sowohl der Fliehkraft- 17 Racine-Uhr, zerlegt, mit Komplikationen; gepunzt nicht in Erfahrung gebracht regler als auch die Schlag- mit Pat.-Nr. 41031 in einem werden. Vor 1931 könnte es hämmer sind nicht sichtbar Furniturenkasten mit Racine- Werkteilen von Racine sen. selbst (1935 unter der Platine. Man findet = Datum ? oder Werk-Nr. ?) zwar zunächst keine sichtbare oder nach diesem Jahr vom Namenssignatur mit Racine Sohn – er mußte 1931 Kon- auf dem Werk, jedoch eine kurs anmelden – der Schule kleine Punze mit dem Schwei- übergeben worden sein. Inte- zer Kreuz und den Nummern ressant ist jedoch ein drittes 6835 und 4895 (Abb.21). Exemplar. Es ist total zerlegt Stellt man jetzt Nachfor- in einem Racine-Furnitu- schungen zu diesen ren-Kasten (Abb. 17), trägt Schweizer Patentnummern aber die Pat. Nr. 41031 (siehe an, erfährt man, wie bereits 16 dort). Legt man die Patent- vorher erwähnt, zwei Namen: schrift zugrunde, könnte es Racine und Montadon. Von sich möglicherweise um eine wem stammt nun das Werk? Taschenuhr mit Komplikatio- Erst nach Abnahme des Zif- nen und spezieller Auslösung ferblatts entdeckt man den des Schlagwerks handeln. Die Namen seines Meisters: Cesar Krönung dessen, was dieser Racine, FNT Horlogerie, Locle Uhrmacher mir als Beleg (Abb.20). jedoch zur Verfügung stellen konnte, ist ein Werk von C. Wir erinnern uns: Racine hat Racine, Repetition und Grand genau so eine Uhr auf einer Sonnerie (Abb. 18-20). Auf Weltausstellung 1896 präsen- den ersten Blick ist weder auf tiert! Ob es diese Uhr mit den dem Werk noch auf dem Zif- Patent-Nummern 6835 und ferblatt eine Signatur zu fin- 4895 war, bleibt Spekulation den. Bei diesem Werk ist die (Abb.22 und 23). Wir müs- 17 Schlagwerks-Kadratur unter sen uns jetzt fragen ob Racine
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