Die Translationsregion für digitalisierte Gesundheitsversorgung - DIE ZUKUNFT FÜR GESUNDHEIT UND PFLEGE
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VR 360° Die Translationsregion für digitalisierte Gesundheitsversorgung DIE ZUKUNFT FÜR GESUNDHEIT UND PFLEGE 1
Die Translationsregion für digitalisierte Gesundheitsversorgung DIE ZUKUNFT FÜR GESUNDHEIT UND PFLEGE 2 3
INHALTSVERZEICHNIS INHALTSVERZEICHNIS 7 Executive Summary 29 Die Innovationspioniere 10 PROJEKTE FÜR DIE ZUKUNFT: WIR! GESTALTEN DAS 8 Digitale Pflege und Gesundheit tragen zu besserer Versorgung insbesondere in ländlichen Regionen bei 30 RehaTransHome: Aus der Reha nach Hause – Grußwort von Petra Grimm-Benne, Bessere Versorgung durch Virtual Reality-Anwendungen Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt 32 AphaDigital: Sprachtherapeutische Versorgung von Aphasie-Patient:innen 10 Wir wollen das Mitteldeutsche Revier stärker und attraktiver machen: 34 ELISE: Entlastung der Pflegeinfrastruktur durch IT-basierte Einbindung für Wissenschaft, Unternehmen und Menschen spontan bürgerlichen Engagements Grußwort von von Prof. Dr. Armin Willingmann, Minister für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt 36 ADAPP: Eine Apotheken-Drohnen-App und stellvertretender Ministerpräsident des Landes Sachsen-Anhalt 38 ALiS: Erhalt der Autonomie älterer Menschen und Personen 13 »Leading statt Lost in Translation: Unser Alleinstellungsmerkmal mit Einschränkungen im Alltag durch Smart Home Technologien ist der Fokus auf die Pflege und die Gesundheitsversorgung« Ein Interview mit der Beiratsvorsitzenden Sarah Theune 40 SmInT: Smarte Innovation für ältere Menschen vor Ort und Projektleiter Patrick Jahn 42 VIN: Virtuell Invertierte Neurotherapie / Spiegel- plus Spieleweltentherapie 17 Transformation, Tech und Teamplay: TDG – eine Region, wo Altern Zukunft hat 44 DigiCare: VR-Anwendung zur Unterstützung der Pflegeausbildung 23 Das Bündnis- und Innovationsmanagement: 46 DigiVid19: VR-Anwendung zur Atemtherapie, Stressreduktion Partner:innen, Beirat und Manager:innen – und Rehabilitation der Atemwege gemeinsam für ein innovatives Ökosystem im Bereich Digital Health 48 DigitHAL: Digitales Versorgungskonzept bei Herzinsuffizienz 26 Die TDG-Social-Innovation Matrix 50 Zukunftsausblick: Das Mitteldeutsche Revier – Modellregion für Pflege und Gesundheitsversorgung »Made in Germany« 53 Evidenzbasierte Transformation der Gesundheitsversorgung als Garant für Innovation und wissenschaftlich-begründeter Daseinsvorsorge Nachwort von Prof. Dr. med. Michael Gekle, Dekan der Medizinischen Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg 4 5
ZAHLEN / DATEN / FAKTEN ZUSAMMENFASSUNG / EXECUTIVE SUMMARY Der demografische Wandel Die Translationsregion fordert die TDG-Region stärker heraus für digitalisierte Gesundheitsversorgung Nie zuvor haben so viele Menschen ein so hohes Alter Die Digitalisierung wird dabei zum Booster und verbessert erreicht wie heute. Die durchschnittliche Lebenserwar- die Gesundheitsversorgung auch im ländlichen Raum. Sie Der Altersdurchschnitt der Bevölkerung Bei der Pflegebedürftigkeit ist die TDG-Region tung hat sich innerhalb von 150 Jahren auch in Deutsch- ermöglicht eine qualitativ hochwertige Gesundheitsver- liegt in der TDG-Region bei überdurchschnittlich betroffen. Während deutsch- land verdoppelt. Im Jahr 2035 fehlen voraussichtlich sorgung selbst in abgelegenen Regionen. Menschen kön- landweit 5 % der Bevölkerung pflegebedürftig sind, 500.000 Pflegefachpersonen. Gleichzeitig wird die Zahl nen möglichst lange in ihrer gewohnten Umgebung leben. 47 Jahren liegt der Anteil in der TDG-Region mit der pflegebedürftigen Menschen steigen. Die TDG-Re- Der Anteil der Gesundheitswirtschaft wird bei Wertschöp- (Bundesdurchschnitt: 44,5 Jahre). gion Sachsen-Anhalt ist vom demografischen Wandel be- fung und Beschäftigten im Vergleich zur Gesamtwirtschaft 5,8 Prozent deutlich über dem Durchschnitt. sonders betroffen. weiter überdurchschnittlich wachsen. Im Zusammenspiel Die Translationsregion digitale Gesundheitsversorgung mit den Branchen IT und Ingenieurswissenschaft und Der Anteil der über 65-Jährigen liegt mit knapp (TDG) wird zum regionalen Treiber und europäischen Kultur-und Kreativwirtschaft wird Pflege und Medizin zur Überdurchschnittlich viele Pflegebedürftige: Vorreiter eines innovativen Ökosystems für Digital Health. Schlüsselbranche. 26 Prozent ebenfalls über dem Entlang der gesamten Liefer- und Wertschöpfungskette Der nächste Schritt ist eine Modellregion für Digital Bundesdurchschnitt von 21,8%. 28 Prozent werden in der TDG-Region werden nutzerorientierte Unterstützungssysteme “Made Care mit zahlreichen neuen Ansiedlungen von Unterneh- ambulant versorgt. Deutschlandweit sind in Germany” entwickelt. men und Einrichtungen rund um die Innovationsfelder Medizin, Pflege, IT, Industrie und Kreativwirtschaft. es nur 24 Prozent. Bis 2035/40 wird der Anteil der über 65-Jährigen in der TDG-Region um Der Betreuungsschlüssel in der ambulanten Pflege ist in der TDG-Region mit The Translational Region for Digital Health 6,3 Prozent auf 33,1% steigen und damit stärker als im Bundesdurchschnitt 2,67 deutlich schlechter als im Bundesdurch- Never before have so many people lived to such an ad- Digitization is becoming a booster here, improving health- (28,6%) wachsen. schnitt (2,82). vanced age as today. Average life expectancy has also dou- care in rural areas as well. It enables high-quality health- bled in Germany within 150 years. In 2035, there will care to be provided even in remote regions. People can live probably be a shortage of 500,000 nursing professionals. in their familiar surroundings for as long as possible. The At the same time, the number of people in need of care share of the healthcare industry will continue to grow at an will rise. Southern Saxony-Anhalt is particularly affected above-average rate in terms of added value and employees ist eines von 43 Projekten, by demographic change. The Translational Region for Digital Health (TDG) is compared to the economy as a whole. In interaction with the sectors of IT and engineering and cultural and creative becoming an innovation driver and a European pioneer industries, care and medicine are becoming a key sector. die seit 2019 im Rahmen des Programms »WIR! – Wandel durch Innovation in der Region« for the establishment of an innovation ecosystem in the The next step is a Model Region for Digital Care with vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert werden. field of Digital Health. User-oriented support systems numerous new settlements of companies and institutions Aus mehr als einhundert Bewerbungen und 32 Finalisten konnte sich die TDG durchsetzen. “Made in Germany” are developed along the entire sup- around the innovation fields of medicine, care, IT, industry Nach positiver Zwischenevaluation startete im April 2022 die zweite Phase der Umsetzung der TDG. ply and value chain. and creative industries. Die Fördersumme durch das BMBF für beide Phasen beträgt insgesamt 15 Millionen Euro. 21 ÜBER innovative Projekte im Bereich Gesundheits- 100 Bündnispartner:Innen aus Wissenschaft & und Pflegeversorgung Forschung, IT- und Kreativ- hat die TDG in den ersten wirtschaft, Innovations- zwei Jahren auf den Weg management, Qualifizierung, gebracht. Bis 2025 sollen Ingenieurstechnik mindestens 10 weitere Projekte folgen. 6 7
GRUSSWORT GRUSSWORT Digitale Pflege und Gesundheit tragen zu besserer Versorgung insbesondere in ländlichen Regionen bei von Petra Grimm-Benne Der demografische Wandel gehört für unser Land zu den ihnen sind Frauen, entlasten. Digitalisierung bringt inter- deutlich, dass die menschliche Interaktion nicht durch Einen herzlichen Dank möchte ich an dieser Stelle allen größten Herausforderungen der Zukunft. Die Zahl der sektorale Vernetzung im ambulanten und stationären Be- Technologie ersetzt werden kann. „Menschliche Empathie Mitwirkenden im TDG-Bündnis und bei den TDG-Pro- pflegebedürftigen Menschen steigt bundesweit von heu- reich, in der Rehabilitation und in der Pflege. Sie stärkt die und Emotionen können Maschinen und Künstliche Intel- jekten sagen. Ich freue mich außerordentlich, dass sich in te vier auf rund sechs Millionen im Jahr 2035, gleich- Kommunikation und die Transparenz aller Akteure. Das ligenz nie ersetzen“, so Liza Smolla und Ines Oppermann Sachsen-Anhalt mit dem TDG die Möglichkeit eröffnet, zeitig fehlen voraussichtlich 500.000 Pflegefachkräfte. verbessert die medizinische Versorgung auf hohem Niveau vom Projekt DigiCare in diesem Report. Digitale Techno- eine für alle bessere und zukunftsgewandte Pflege auf den Die TDG-Region, das südliche Sachsen-Anhalt, ist vom unter anderem in den Bereichen Diagnostik, Therapie, Re- logien bedeuten für die Pflegefachkräfte eine Aufwertung Weg zu bringen. Nutzen wir diese Chancen! demografischen Wandel besonders betroffen. Während habilitation und Pflege. Zugleich stärkt Digitalisierung die ihres Berufs und sie verändern das Tätigkeitsprofil. heute fünf Prozent in Deutschland pflegebedürftig sind, Gesundheitskompetenz und die Selbstbestimmung unse- Petra Grimm-Benne ist Ministerin sind es in dieser Region fast sechs Prozent. In der Region rer Bürger:innen. Immer mehr Patient:innen fordern di- Neustart für die Pflege in Deutschland für Arbeit, Soziales, Gesundheit werden mehr Ältere als im Bundesdurchschnitt ambulant gitale Angebote ein. und Gleichstellung des Landes versorgt. Der demografische Wandel stellt aber auch eine Damit digitale Pflege ein Chancenthema für alle wird, Sachsen-Anhalt Chance für die Region und das gesamte Bundesland dar: Aus Translation wird Transformation braucht es einen Neustart für die Pflege in Deutschland. Die Nachfrage nach innovativen Pflege- und Gesundheits- Dazu gehören bessere Arbeitsbedingungen und Gehäl- lösungen wächst. In den letzten zehn Jahren stieg das Plus Mit der Verbindung von Pflege und digitaler Versorgung ter, die direkte Beteiligung der Pflegeprofession in der bei den Beschäftigten in der Gesundheits- und Pflegebe- verfolgt das TDG-Bündnis ein gemeinsames Ziel, das für gemeinsamen Selbstverwaltung und im Innovationsaus- reich in Sachsen-Anhalt um mehr als 16 Prozent. die Zukunft immer wichtiger wird: Pflegefachkräfte arbei- schuss. Die Corona-Pandemie hat uns auf dramatische ten interprofessionell mit anderen Gesundheitsberufen in Weise gezeigt, wie systemrelevant Pflegende in unserem Die Mehrheit der Pflegebedürftigen wird ambulant bzw. Teams zusammen. Als „Translationsregion für digitalisier- Land sind. Dieser Report zeigt, wie zukunftsrelevant der zu Hause versorgt. 72 Prozent aller Pflegebedürftigen in te Gesundheitsversorgung“ setzt das Bündnis auf Teilhabe, Pflegebereich sein kann. Die Potenziale sind vorhanden, Sachsen-Anhalt werden von pflegenden Angehörigen und Transparenz und Teamplay. Aus Translation („Überset- ebenso Pilotprojekte und Pionier:innen. ambulanten Pflegediensten versorgt. Es braucht daher zung“) wird Transformation („Umgestaltung“). Die mehr wohnortnahe Versorgungskonzepte, teilhabeorientierte als 100 Akteur:innen und Partner:innen des TDG-Bünd- Wohnformen und Qualifizierungskonzepte für pflegende nisses verstehen sich als Übersetzer der unterschiedlichen Fachkräfte und Angehörige. Digitale Lösungen wie tech- Sprachen und Disziplinen und Brückenbauer:innen zwi- nologische Assistenzsysteme, Tele-Pflege und Künstliche schen den Welten von Gesundheit, Pflege, Medizin, IT- Intelligenz, können einen erheblichen Beitrag dafür leis- und Kreativwirtschaft. Alle Akteur:innen kommunizieren ten, dass mehr ältere Menschen zuhause auf dem Land und agieren auf Augenhöhe. Das TDG-Bündnis zeigt ein- oder in der Stadt im Quartier versorgt werden. Richtig drucksvoll, dass digital unterstützte Pflege und Gesund- eingesetzt können digitale Lösungen und Anwendungen heit zu besserer Versorgung insbesondere in ländlichen auch die pflegenden Fachkräfte, die große Mehrheit von Regionen beitragen. Die TDG-Projekte machen aber auch 8 9
GRUSSWORT Wir wollen das Mitteldeutsche Revier stärker und attraktiver machen: für Wissenschaft, Unternehmen und Menschen von Professor Dr. Armin Willingmann Sachsen-Anhalt ist wie kaum ein anderes Bundesland von Nachhaltige Beschäftigungsimpulse großen Umbrüchen betroffen. Zu den wichtigsten Heraus- forderungen gehört – neben Klima und Demografie der Entscheidend ist, dass die Menschen – Pflegende, Patien- Strukturwandel. Die Braunkohleregion im Landessüden fit tinnen und Patienten sowie deren Angehörige – bei dieser für die Zukunft zu machen, ist mit viel Arbeit verbunden Entwicklung mitgenommen und ihre Ängste wie Vorbehal- bietet aber zugleich große Chancen für unser Land. Dafür te weiter abgebaut werden. Die Projekte der TDG stehen gibt es auch Rückenwind aus Berlin: Das Strukturstärkungs- für Transformation durch Teilhabe: Neue Entwicklungen gesetz des Bundes zeigt auf, wie die Transformation, die werden im Vorfeld erprobt, Testphasen wissenschaftlich zum Erreichen der deutschen Klimaziele beitragen soll, ge- begleitet und die Betroffenen werden beteiligt. Sicherheit, lingen kann. Dabei ist ein erfolgreicher Strukturwandel aus Nutzen, Wirksamkeit und Wettbewerbsfähigkeit der ent- meiner Sicht vor allem mit der Schaffung guter, zukunfts- wickelten Produkte und Dienstleistungen werden so be- sicherer Arbeitsplätze und der Sicherung der Wertschöp- reits ab der ersten Phase des Innovationsprozesses berück- fung vor Ort verbunden. Das Mitteldeutsche Revier muss sichtigt. Das Wissenschaftsministerium unterstützt die stärker und attraktiver werden: für Wissenschaft, Unterneh- Forschung zu digitalisierter Gesundheitsversorgung daher men und vor allem für die Menschen, jung wie alt. mit großer Überzeugung und wird ihr als Partner auch in den kommenden Jahren zur Verfügung stehen. Der Wandel ist eine Chance für eine Die enge Zusammenarbeit von Wissenschaft und Wirt- zukunftsweisende Gesundheitsversorgung schaft ist fundamental für Fortschritt, Innovation und Wohlstand. Zeiten des Wandels bedeuten gerade für Grün- Dazu beitragen kann auch die Gesundheitswirtschaft, die derinnen und Gründer neue Chancen. Die Gründer und zweifelsohne zu den zentralen Wachstumsmärkten der Zu- Partner der TDG haben die Chance genutzt und ein breites kunft gehört. Sie ist ein wichtiger regionaler Wirtschafts- und innovatives Ökosystem auf die Beine gestellt. Ich teile faktor, trägt zur Wertschöpfung im gesamten Land bei und den Optimismus des Bündnisses: Im vor uns liegenden sichert Arbeitsplätze. Besonders große Chancen bietet da- Jahrzehnt sind in der TDG-Region zusätzliche, nachhaltige bei der Bereich der digitalen Gesundheitsversorgung, der Beschäftigungsimpulse in Wissenschaft und Wirtschaft zu künftig noch wichtiger wird. Der „Digital Health“-Markt erwarten. wächst schon heute dynamisch – und wir in Sachsen-An- halt wollen dieses Zukunftsthema mitgestalten, damit die Prof. Dr. Armin Willingmann Menschen hierzulande auch künftig Zugang zu hochwer- ist Minister für Wissenschaft, tiger medizinischer Versorgung haben. Energie, Klimaschutz und Gerade hier in Sachsen-Anhalt wird der Anteil älterer Umwelt und stellvertretender Menschen an der Bevölkerung in den nächsten Jahren Ministerpräsident des Landes weiter steigen. Daher müssen die Strukturen zur Gesund- Sachsen-Anhalt. heitsversorgung im Land modernisiert und ausgebaut wer- den. Dass die Digitalisierung hierbei unverzichtbar ist, zeigt das Projekt „Translationsregion digitalisierte Gesund- heitsversorgung“ (TDG). Das TDG-Bündnis mit mehr als 100 Partnern im südlichen Sachsen-Anhalt sorgt für ein wachsendes digitales Innovationsökosystem in Gesund- heit, Medizin und Pflege. Dabei setzt das Bündnis auf ein kreatives Zusammenspiel der Akteure aus der Gesund- heitswirtschaft mit den IT- und Ingenieurwissenschaften und der Kreativwirtschaft. 10 11
»Leading statt Lost in Translation: Unser Alleinstellungsmerkmal ist der Fokus auf die Pflege und die Gesundheitsversorgung« Ein Interview mit der Beiratsvorsitzenden Sarah Theune und Projektleiter Patrick Jahn Eine große Mehrheit der Deutschen will zuhause alt wer- Was war ausschlaggebend für die Gründung und wer sind die den. Digitale Unterstützung im häuslichen Wohnumfeld Mütter und Väter des Projektes? wird damit zur Zukunftsaufgabe. Im südlichen Sachsen- Anhalt entsteht die passende Modellregion für digitali- Das Projekt hat viele Mütter und Väter. Herr Dr. Schwarz sierte Gesundheitsversorgung Die „Translationsregion und ich hatten die Idee ein praxisorientiertes Entwick- für digitalisierte Gesundheitsversorgung“ (TDG), 2019 lungsnetzwerk für Digitalisierung und Pflege aufzusetzen gestartet, besteht heute aus mehr als 100 Bündnispart- und als wir die Ausschreibung zum WIR-Programm des nern und kommt bislang auf ein Fördervolumen von fast Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) 13 Millionen Euro. Über den Wandel in der Region, wie es sahen, haben wir schnell zu einem Gespräch mit Vertre- zum Projektbündnis kam, was es einzigartig macht und tern der Industrie und Gesundheitswirtschaft eingeladen wie es in Zukunft weitergeht, verraten Beiratsvorsitzende und über Bedarfe und Lösungen gesprochen. Schon im Sarah Theune (ST) und Projektleiter Patrick Jahn (PJ). ersten Termin hatten wir ein großes Interesse und eine Begegnung von Entwicklern und Anwendern als Partner Die „Translationsregion für digitalisierte Gesundheitsversorgung“ auf Augenhöhe. Jede(r) hat seine Expertise, keiner ragt he- (TDG) liegt im südlichen Sachsen-Anhalt und wird wie kaum eine raus und keiner spielt eine kleinere Rolle. Das hat uns in andere in Deutschland vom strukturellen und demografischen der Antragsphase getragen und ist auch heute gemeinsame Wandel herausgefordert. Ist der digitale Wandel die dritte Bedro- Kultur der TDG. hung für die Region? „Translation“ heißt Übersetzung. Was muss geleistet werden? Struktur-, demografischer und digitaler Wandel gehören zusammen. Für die Menschen in der Region ist die Gesund- Übersetzt werden müssen die Sprachen und Welten der heitsversorgung, das wissen wir aus Studien und Umfragen, Partner. Die Welt der Anbieter von sozialen und gesund- ein Top-Thema. Die TDG ist neben den Innovationen auch heitlichen bis pflegerischen Diensten und die der techno- eine Antwort auf die soziale Bedarfslage. Als Modell- und logischen Entwickler. Beide Welten haben das gleiche Ziel, Vorreiterregion entwickeln wir Lösungen für die Menschen aber unterschiedliche Landkarten und unterschiedliche vor Ort. Die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie wichtig Di- Sprachen. Und beide Welten brauchen Hilfe, wenn es da- gitalisierung in der Gesundheitsversorgung ist, wenn wir rum geht Anträge zu schreiben und nutzerorientiert vorzu- in einer Krise auf alternative Versorgungsformen angewie- gehen. sen sind. Heute müssen wir niemanden mehr von der Idee Statt um „Lost“ geht es uns um „Leading in Translation“ und den Vorteilen des Projektes überzeugen. Wir haben (lacht). Translation bedeutet Übersetzung in die Praxis, und die Chancen schon vor der Pandemie gesehen und jetzt die zwar in beide Richtungen: Das bewährte, evidenzbasier- Mentalität im Land, um den Wandel positiv zu begleiten. te Angebot muss übersetzt und zur Anwendung gebracht Der digitale Wandel ist eine große Chance für die Re- werden. Also der Übergang von einer wissenschaftlichen in gion. Mit der TDG haben wir eine Infrastruktur geschaffen, eine soziale Innovation, aber auch der Weg zurück. Viele in- um diesen Wandel positiv zu gestalten. Es geht jetzt nicht novative Ideen kommen aus der Praxis und müssen wissen- mehr um das „Ob“, sondern um das „Wie“. schaftlich weiterentwickelt und verbessert werden. 12 13
Wer ist Translator und wer sind die Innovationstreiber:innen, zusammen. Ich bin überzeugt, dass die partnerschaftlichen Innovationsanwender:innen und Innovationspartner:innen im Beziehungen, die heute in den Projekten entstanden sind, TDG-Projekt? fortbestehen. Ein zentraler Faktor ist das Schaffen einer breiten In- In den Projekten werden alle zu Translatoren und entwi- novationskultur. Um von der Idee ins Tun zu kommen, ckeln eine gemeinsame sprachliche Basis der Zusammenar- braucht es Mut und die Motivation vieler, gemeinsam beit. Aus unterschiedlichen Perspektiven und Motivationen Neues auszuprobieren, um die eigenen Herausforderun- wird dann eine gemeinsame Zielrichtung und ein gemein- gen selbst zu lösen. sames Zielbild. der Zukunft bestehen. Wir können aber auch umgekehrt Toll wäre es, wenn 2030 viele Beteiligte am Pflege- und Wir sind Partner mit wechselnden Rollen. Keiner ist nur In diesem Report werden 10 Projekte vorgestellt, angefangen von von anderen Regionen lernen. Versorgungsprozess digitale Technologie ganz selbstver- Geber oder Nehmer. Alle sind Mitgestalter:innen. Das Pro- einer Drohnen-App für Arzneimittel über digitale Reha für Long- ständlich nutzen. Und das wird dann möglich sein, wenn jekt lebt vom Prinzip der Wechselseitigkeit. Der Mehrwert Covid-Patienten bis hin zur Sprachtherapie mit Unterstützung von Wir haben bereits europäische Partner, mit denen wir die Technologie wirklich als Entlastung wirkt, eine sekto- in einem Ökosystem entsteht durch echten Dialog und Zu- VR. Haben Sie ein Lieblingsprojekt? uns austauschen und werden diese Aktivitäten in der zwei- renübergreifende Kommunikation vereinfacht und Trans- hören. Die Translationsfähigkeit ist das A und O für den Er- ten Umsetzungsphase mit dem Hintergrund aus unseren parenz ermöglicht, welche den Menschen nutzt, die Unter- folg. Die Kreativität der Entwickler und Unternehmen und Ich persönlich bin ein Fan von allen Projekten, die sich Projekten verstärkt angehen. Im September sind Kollege:in- stützung erhalten sollen. der reelle soziale Bedarf beispielsweise an Pflegeunterstüt- mit Quartiersentwicklung beschäftigen. Dabei geht es um nen aus einem ähnlichen Projekt in Süddänemark als Gäste Es wird alle brauchen, auch die Ärzt:innen. Zusammen- zung müssen zusammenkommen. Entscheidend ist auch, die Kombination aus professioneller und ehrenamtlicher auf unserem Summit geplant. arbeit und Arbeitsteilung werden sich ändern. Wir brau- die Pflegenden selbst als Innovatoren zu sehen und ein- Unterstützung und Zusammenarbeit mit Anbietern wie chen ein neues Miteinander und Vertrauen zwischen den zubinden. Pflegende wollen in Zukunft nicht nur auf ihre Wohnungsbaugenossenschaften, welche mit digitalen Tools Welchen Beitrag erwarten Sie von der Politik? Berufsgruppen. Versorgung wird ambulanter, integrierter, Rolle in der Versorgung festgeschrieben sein, sie wollen an das Zusammenleben so gestalten, dass der längere Verbleib digitaler und damit häuslicher. Wir wollen in der Region innovativen Projekten und Produkten mitarbeiten und da- in der Häuslichkeit ambulant möglich ist. Es geht um wichtige politische Rahmenbedingungen. möglichst viele Innovationen etablieren und eine wohn- durch Pflege auch qualitativ verbessern. Innovationen müssen schneller umgesetzt werden können. ortnahe Versorgung ermöglichen. Niedergelassene Praxen, Gefördert wird das Bündnis aktuell vom BMBF. Welche Ziele ha- Regionale Gesundheitsbudgets und Anteile an Innovations- Pflegeeinrichtungen, Krankenhäuser und Telemedizin wer- Wie profitieren Patient:innen, Ärzt:innen und andere Gesund- ben Sie für die nächsten Jahre und wann soll das Projekt auf eige- budgets können gerade für Ökosysteme eine enorme Be- den stärker kooperieren. In Zeiten von Fachkräftemangel heitsberufe, Unternehmen und Universität von dem Projekt? nen Beinen stehen? schleunigungswirkung entfalten. Für vieles ist regulativ der braucht es eine übergreifende Versorgung und die Bereit- Bund zuständig und die Steuerung erfolgt auf Landesebene. schaft, neue Wege zu gehen. Der entscheidende Vorteil aus Sicht der Akteure sind Die Förderung läuft bis Ende 2025. Aktuell sind wir in Wichtig ist der enge Austausch mit den Entscheider:innen. Kooperation und Partnerschaften. Beide, Wissenschaft und der zweiten Phase der Umsetzung, in der es um nachhalti- Wir benötigen vor allem eine verlässliche Regelfinan- Sarah Theune ist Vorständin des Verbands für Digitalisierung Industrie, verbindet das Ziel, gemeinsam zu Lösungen zu ge Verstetigung geht. Die Produkte gehen jetzt Schritt für zierung für die Kosten, die im Rahmen der Digitalisierung in der Sozialwirtschaft e.V. und Vorsitzende des Beirats der TDG kommen. Hinzu kommt das Denken in größeren Zusam- Schritt an den Markt, die Unternehmen sind auf der Suche entstehen. Wenn wir vermeiden wollen, dass die Projekt- menhängen. Es geht um eine größere Kraft und passfähige nach Investoren. Wir müssen auf eigenen Beinen stehen ergebnisse nach dem Ende der Laufzeit in Schubladen ver- Prof. Dr. Patrick Jahn ist Leiter der AG-Versorgungsforschung, Lösungen, welche auch die Wahrnehmungsschwelle über- und uns diversifizieren. Einiges werden wir ausgliedern, schwinden, braucht es gerade für die Anbieter von Pfle- Universitätsmedizin Halle (Saale) und Projektleiter der TDG schreiten und die Region verändern. anderes wird Zuschussgeschäft bleiben. Wichtig ist eine ge- ge- und Betreuungsleistungen nicht nur Anschub- und meinsame Perspektive im Bündnis. Investitionsförderung, sondern auch nachhaltige Budgets, Was sind aus Ihrer Sicht die zentralen Faktoren für den Erfolg um Infrastruktur dauerhaft zu betreiben und Mitarbeiten- eines regionalen Bündnisses und innovativen Ökosystems? Was können andere Regionen in Deutschland und Europa von der den bspw. immer wieder zu schulen und im Umgang mit TDG lernen? der Technologie zu unterstützen. Projekte brauchen Partner und das Bündnis lebt von Per- spektivenvielfalt. Das Bündnis bringt eine enorme Vielfalt Das TDG-Projekt hat eine Signalwirkung weit über die Alt-Kanzler Helmut Schmidt wird der Satz nachgesagt „Wer Visio- an Perspektiven aus der Industrie, der Sozialwirtschaft und Region hinaus. Die Investitionsausgaben für Forschung und nen sucht, soll zum Arzt gehen“. Gehen wir in Zukunft überhaupt Pflege und Medizin, von Therapeuten über Krankenhäuser, Entwicklung sind in der Gesundheitswirtschaft und Pflege noch zum Arzt oder zur Ärztin – was sind Ihre Visionen für die Kommunen und Kassen und damit das gesamte Ökosystem völlig unterentwickelt, obwohl hier die größten Bedarfe in TDG-Region und das Bündnis im Jahr 2030? 14 15
»Unser Engagement gilt den Menschen unserer Region, ihrer Gesundheit Transformation, Tech und Teamplay: und ihrem Wohlstand.« TDG – eine Region, Vision der TDG-Region wo Altern Zukunft hat TDG – eine Region im südlichen Sachsen-Anhalt, die zur Digitalisierung als Chance … durch den Strukturwandel und die demografische Ent- wicklung besonders herausgefordert ist, wird zum In- novationsmotor und zum europäischen Pionier für eine Nicht nur Pflegebedürftige und Pflege- und Gesundheits- digitalisierte Gesundheits- und Pflegeversorgung und berufe wachsen, auch der Markt für digitale Anwendun- zum Best Practice für die Bewältigung des Struktur- gen und Technologien rund um Pflege und Gesundheit. Die TDG-Region wandels. Dabei entsteht als Antwort auf den Wandel im Land ein attraktives Innovations- und Technologiema- Die Corona-Pandemie wurde zum Beschleuniger bei An- wendungen und Akzeptanz. Weil die Mehrheit der Pflege- 5 Landkreise nagement für die Zukunft. Die TDG wird so zum Vor- bedürftigen ambulant bzw. zu Hause versorgt werden will, bild und Vorreiter von vernetzten Versorgungsregio- müssen wohnortnahe Versorgungskonzepte, teilhabe- Fläche: 5.900 km2 nen, die global kooperieren und voneinander lernen. orientierte Wohnformen und Qualifizierungskonzepte für = 29% der Gesamtfläche Sachsen-Anhalts pflegende Fachkräfte und Angehörige entwickelt und in 764.000 Einwohner:innen die Fläche ausgerollt werden. Die größte Hebelwirkung hat = 35% der Gesamtbevölkerung Sachsen-Anhalts Vom demografischen Wandel … das häusliche Wohnumfeld. In der Region werden mehr als MAGDEBURG zwei Drittel (70%) aller Pflegebedürftigen zu Hause von Nie zuvor haben so viele Menschen ein so hohes Alter er- pflegenden Angehörigen und ambulanten Pflegediensten reicht wie heute. Die durchschnittliche Lebenserwartung versorgt. Gesundheits- und Pflegeversorgung werden di- hat sich innerhalb von 150 Jahren auch in Deutschland gital. Angefangen von der Tele-Pflege, über Digitale Pfle- verdoppelt. Die Chance 65 oder älter zu werden, hat sich geanwendungen (DIPAs), Robotik und Automatisierung sogar verdreifacht. Im Jahr 2035 fehlen voraussichtlich im Bereich Logistik und Dokumentation, Entlastung von 500.000 Pflegefachpersonen. Gleichzeitig wird die Zahl körperlich belastenden Tätigkeiten bis hin zur Zusammen- der pflegebedürftigen Menschen von heute vier auf dann arbeit der Gesundheitsberufe über neue Möglichkeiten der rund sechs Millionen bundesweit steigen. Bis 2050 ist mit digitalunterstützen Kooperation. Versorgung muss vor Ort einem Anstieg auf mehr als 12 Mio. Pflegebedürftige zu bei den Menschen stattfinden und leicht zugänglich sein. HALLE rechnen. In Zukunft werden Digitalisierung, Internet of Things und Künstliche Intelligenz so viel leisten können, dass ältere Die TDG-Region Sachsen-Anhalt ist vom demografischen Menschen deutlich länger zuhause bleiben können. DRESDEN Wandel besonders betroffen. Während heute 5 Prozent in Deutschland pflegebedürftig sind, sind es in der TDG-Re- »Wir wollen einen Raum schaffen, ERFURT gion 5,8 Prozent. Mehr ältere Menschen als im Bundes- durchschnitt werden in der Region ambulant versorgt (28 wo sich die Zielgruppe über Gesundheit, im Vergleich zu 24%). Der Trend bedeutet gleichzeitig Pflege und Prävention informieren kann. eine Chance: Die Nachfrage nach innovativen Pflege- und Allein mit mehr Pflegeheimen werden Gesundheitslösungen wird steigen. In Sachsen-Anhalt ist die Gesundheitswirtschaft allein in den letzten zehn Jah- wir das nicht schaffen, sondern nur ren um mehr als 2,5 Milliarden Euro gewachsen, ein An- mit innovativen Angeboten in der stieg von mehr als 50 Prozent. Das Plus bei den Beschäftig- ten in der Gesundheits- und Pflegebereich stieg im selben ambulanten Versorgung.« Zeitraum um mehr als 16 Prozent. Kristin Gukasjan, Projekt SMINT 16 17
»Das Einzigartige ist die wertschätzende, »Unsere Kunden sollen schnell, »Ziel ist eine gute Balance von analogen, »VR- und AR-Projekte werden durch einen Avatar geführte, interaktive klimaneutral und kontaktfrei per Drohne sozialen und digitalen Schnittstellen.« selbstverständlicher und haben Kommunikation und Therapie.« mit Medikamenten versorgt werden.« Jens Willing, Projekt ELISE die Nische längst verlassen.« Judith Pietschmann/Susanne Voigt-Zimmermann, Martin Grünthal, Katharina Dalko, Projekt AphaDigital Projekt ADAPP Projekt DigiVid19 ist schwerpunktmäßig in der TDG-Region verortet. Die Die drei Innovationsbereiche lem im Bereich der häuslichen Pflege und bei Home Care Tech und Talente: überwiegend mittelständischen Unternehmen und Start- wie digitaler Reha möglich sein. Ältere Menschen und Per- Die TDG fokussiert sich auf drei zentrale Innovationsbe- sonen mit Einschränkungen im Alltag können durch Digital Einzigartige Voraussetzungen ups haben sich auf „Software and Services“ spezialisiert. Health und Smart Home Technologien ihre Autonomie zu Ähnliches gilt für die Kultur- und Kreativwirtschaft und reiche, um das Innovationsfeld digitalisierte Gesundheits- Hause be- und erhalten, wenn sie leicht nutzbar und niedrig- die Forschungslandschaft in der Region. Vier von zehn versorgung mit den Schwerpunkten pflegerische Versor- schwellig sind. Roboter, Assistenzsysteme, VR-Anwendun- Mit ihrem Pflege- und Versorgungsbezug hat die TDG- Hochschulen Sachsen-Anhalts sind in der TDG-Region gung und Teilhabeförderung im Alter zielgerichtet und gen und KI-Programme werden zum Standard und entlasten Region ein Alleinstellungsmerkmal. Im Zusammenspiel ansässig, darunter die größte und traditionsreichste Medi- effizient zu bearbeiten: Pflegepersonal und Gesundheitssystem. mit den folgenden vier Branchen und Sektoren kann sie zinische Fakultät der Martin-Luther-Universität und das in diesen Vorteil noch verstärken: Gesundheit & Pflege, IT ihr angesiedelte Dorothea Erxleben Lernzentrum und das 1. Digitale wohnortnahe Versorgungskonzepte: 3. Digitale Qualifizierungskonzepte & Ingenieurswissenschaften, Kultur- und Kreativwirt- Erxleben Digital-HealthCare HUB. schaft und Forschung und Entwicklung im Bereich Ge- In dem Bündnis agieren alle Akteure auf Augenhöhe. für Fachkräfte und Angehörige Hierzu gehören vor allem Innovationen, die „vor der Haus- sundheitswissenschaften. Fast zwei Drittel (63%) der in Gesundheit und Pflege werden dadurch interprofessionel- tür“ Leistungserbringer, Kommune, Pflegedienste, sonstige im häuslichen Wohnumfeld Sachsen-Anhalt angesiedelten MedTech-Unternehmen ler. Die früher strikte Trennung zwischen Therapie und Dienstleister und Angehörige miteinander vernetzen, um sind in der TDG-Region angesiedelt. Auch die IKT-Bran- Pflege löst sich dank digitaler Anwendungen auf. Dazu gehören innovative Bildungskonzepte die „im Kopf“ die Versorgung zu verbessern. So erhalten Patient:innen che mit einem Jahresumsatz von mehr als zwei Mrd. Euro zur Nutzung digitaler Technologien sensibilisieren und mehr Informationen und Kontrolle über ihre eigene Ge- qualifizieren, die Ausbildung von Pflegefachkräften unter- sundheit. Mit Hilfe von Apps werden sie motiviert, sich stützen und allen Zielgruppen die Teilnahme am Innova- besser zu ernähren, zu bewegen und ihre Daten mit Ärzten und Pflegefachkräften zu teilen. Digital Health erhöht so die tionsprozess der TDG ermöglichen. Bislang kommunizie- Überdurchschnittliches Profil der TDG-Region ren die Akteure im Gesundheitssystem kaum miteinander. Eigenverantwortung und die Selbstwirksamkeit des Patien- Koordination und Kooperation sind nicht die Regel. Digi- ten. Anwendungen und Lösungen sind wie ein Assistent, talisierung erhöht fördert die Vernetzung aller Akteure, so der den Patient:innen hilft, mit ihrem Verhalten für eine dass Abläufe besser geplant und gesteuert werden können. Verbesserung der eigenen Gesundheit zu sorgen. Digitale Doppeluntersuchungen werden vermieden, weil die Daten Anwendungen erhöhen die Gesundheitskompetenz, die zentral vorliegen. Die nachhaltigste Veränderung ist die Selbsttherapiefähigkeit zu Hause und entlasten so das Ge- Kommunikation: die Patient:innen können von Zuhause sundheitssystem und damit auch das Gesundheitspersonal. mit Fachpersonen per Video oder App kommunizieren und die Therapie (zum Teil) in den eigenen vier Wänden 2. Teilhabeförderliche digitalisierte durchführen. Medikamente kommen schnell und kontakt- Wohnformen bei Pflegebedürftigkeit frei per Drohne nach Hause, virtuelle Assistenten und Lö- sungen helfen im Alltag und koordinieren Therapien. Hierzu gehören insbesondere innovative technische As- sistenzsysteme, die „hinter der Haustür“ ältere Menschen und (ambulante) Pflegefachkräfte im Alltag unterstützen »Wir bringen die Therapie zum Patienten, Die blau eingefärbten Zahlen zeigen die jeweiligen statistischen Ausprägungen in der TDG, die über dem jeweiligen Bundesdurchschnitt liegen. bzw. zum Autonomieerhalt beitragen. monitoren den Gesundheitsstatus Quellen: Statistisches Bundesamt, Studierende an Hochschulen, 2017. Aktuellere Zahlen liegen in der benötigten Detailtiefe den Bundes- und Landesämtern nicht vor. Um Anamnese, Aufklärung, Therapie und Pflege geht es auch in der digitalen Medizin. Vor allem die Generation in Echtzeit und können so entsprechend 65plus, die an der Schwelle zur Pflegebedürftigkeit steht und schneller und früher reagieren und in einem nicht-professionellen Pflegeumfeld betreut wird, ist auf technologische Unterstützung und smarte Lösungen entlasten dadurch Krankenhäuser angewiesen. Mit Unterstützung von selbstlernender Soft- und Gesundheitssystem.« ware (Künstlicher Intelligenz) und digitalen Services kön- nen Ärzt:innen, Therapeut:innen und Pflegefachkräfte bes- Prof. Dr. Daniel Sedding, sere Diagnosen stellen und den Therapiefortschritt schneller Projekt DigitHal und leichter gestalten. Enorme Fortschritte werden vor al- 18 19
Die digitalisierte Pflege- und Gesundheitsversorgung mit Transformation plus Transfer: der Gesundheits- und IT-Wirtschaft leistet somit einen zen- WIR in der Region tralen Beitrag des Strukturwandels der Region hin zu ei- 3 To Do’s für den Strukturwandel nem innovativen Ökosystem. Das Ziel: innovative Ideen schneller auf Wirksamkeit prüfen, in Geschäftsmodelle Die TDG-Region entspricht den förderpolitischen Zielen des Programms des Bundesministeriums für Bildung und überführen und in die Versorgung bekommen. Das TDG- Bündnis stellt hierfür Innovationsräume, Start-ups, Inku- 1. Die digitale Transformation der Pflege- und Gesundheitsversorgung muss den Forschung (BMBF) „WIR! – Wandel durch Innovation in batoren und Kooperationen zwischen Universitäten und der Region“ und der High-Tech-Strategie der Bundesregie- Unternehmen bereit. Als transferstarke Einrichtung der Menschen nutzen! rung. Die TDG erhöht die regionale Spitzenforschung fungiert das im Rahmen der Struktur- Soziale Innovationen bringen einen wandelförderung durch das Land Sachsen-Anhalt geplante Wertschöpfung und Lebensqualität durch die Ver- Kompetenzzentrum für digitale Transformation von Pfle- unmittelbaren Mehrwert durch eine besserung der Qualität der pflegerischen Versorgung, ge und Gesundheitsversorgung (TPG). Das größte Poten- bessere Versorgung und Sicherung der Weiterbildung und Sensibilisierung der Bevölkerung zial diesen Wandel positiv zu gestalten, sind regionale Ko- Lebensverhältnisse. bzgl. der Möglichkeiten für digitalisierte Pflegeversor- operationen, Wissenstransfer und das Zusammenspiel der gung, Partizipation und Fachkräftebindung und -ent- Akteure und Berufe. wicklung, Teamplay 2. Die Stärken der regionalen Wachstums- Zusammenarbeit und Vernetzung aller Akteure in branchen stärken! der Entwicklung und Umsetzung innovativer Produkte Gesundheits- und IT-Wirtschaft sind Der demografische und digitale Wandel braucht die Zu- und Dienstleistungen, sammenarbeit möglichst vieler Akteure und Partner. Im zentrale Schlüsselsektoren. Die TDG TDG-Bündnis sind inzwischen mehr als 100 Innovations- Innovationsdynamik in der Wirtschaft durch eine partner vernetzt. Das gemeinsame Ziel: Gesundheitspro- ist Treiber für die Etablierung eines Embedded-Innovation-Umgebung im häuslichen und wohnortnahen Bezug, Entwicklung von versorgungs- fessionen aus Physiotherapeuten, Fachpflegekräfte oder Innovationsökosystems im Bereich Psychotherapeuten arbeiten interprofessionell in Teams relevanten Apps und Produkt- und Dienstleistungsin- zusammen. Digital Health. novationen und Transparenz und Teilhabe durch Einbindung aller Versorgungsakteure, Evaluation der Wirksamkeit der 3. Arbeit in der Region für die Region entwickelten Lösungen und Erarbeiten und Evaluieren binden! von Qualifizierungskonzepten im Umgang mit Digita- Bis 2038 werden wir in der TDG-Region lisierung. zusätzliche und nachhaltige Beschäftigungs- impulse in Wissenschaft und Wirtschaft schaffen. Wir leisten damit einen wichtigen Beitrag zum Ausgleich des mit dem Kohle- ausstieg verbundenen Stellenabbaus. 20 21
Das Bündnis- und Innovationsmanagement: Partner:innen, Beirat und Manager:innen – gemeinsam für ein innovatives Ökosystem im Bereich Digital Health Im Bündnis aus Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft stärkt die TDG die Innovationskraft der Region. Unterstützt von einem tatkräftigen Beirat und gemanagt von einem dynamischen Team entstehen innovative Lösungen und Ideen. Das Bündnis: Über 100 Partner:innen aus sechs Kompetenzbereichen Das TDG-Bündnis bringt Expert:innen der Gesund- 103 Innovationspartner:innen heitsfachberufe, pflegende Angehörige und Pa- in sechs Kompetenzbereichen* tient:innen mit Informatiker:innen, Designer:innen 31 und Innovationsmanager:innen zusammen. Der Wissenschaft umfassende Innovationsprozess basiert auf meh- reren Schritten: Problemstellung, Lösungsidee, und Forschung Pilottest und die anschließende Entwicklung von Geschäftsmodellen und Gründungen in der Regi- on. Aus Betroffenen werden Beteiligte: Akteur:in- 61 IT- und Kreativwirtschaft nen als Mitentwickler von innovativen Lösungen in der Pflegeversorgung. Zu den über 100 Bünd- nispartner:innen aus sechs Kompetenzbereichen gehören Institutionen und Einzelpersonen in- und 16 Innovations- management »Im Bündnis aus Wirtschaft, Wissenschaft außerhalb der TDG-Region und Gesellschaft stärken wir die Innovationskraft Das TDG-LAB: 22 Qualifizierung unserer Region und inspirieren einander Innovationslabor für die Region zu innovativen Lösungen.« 5 Ingenieurstechnik Das TDG-LAB, das ebenfalls vom BMBF gefördert Vision der TDG-Region wird, versteht sich als Innovationslabor für alle Partner:innen. Zur Stärkung des regionalen In- 11 Sonstige novationsökosystems unterstützt das Lab den gesamten Innovationsprozess und arbeitet an *Doppelbelegungen in verschiedenen Kompetenzbereichen der Entwicklung neuer digitaler Lösungen und Anwendungen mit. Technologien werden auspro- biert und für den eigenen Anwendungsfall weiter- entwickelt. 22 23
Sarah Theune Gerd Neudert Prof. Dr. Boris Augurzky Jens Hennicke Prof. Dr. Patrick Jahn Angelika Küstermann Peter Löbus Friedrich Lüder Torsten Sonnenberg Dr. Karsten Schwarz Der Beirat: Spiegel der TDG-Kompetenzen Die Manager:innen: Das TDG-Team: Projektleitung, Projektkoordination Im Herz Der TDG-Beirat berät das Bündnis ehrenamtlich Gesundheitsversorgung, Kreativwirtschaft, Infor- und Team des Ökosystems in strategischen Fragen und entscheidet über die matik, Wirtschaft und Innovation wurden auf Förderwürdigkeit der Projekte in einem selbst- Vorschlag des TDG-Bündnismanagements vom ständigen Verfahren. Der Beirat ist ein Spiegel Bundesministerium für Bildung und Forschung Der Projektleiter Prof. Dr. Patrick Jahn ist die Das TDG-TEAM sind die Innovationsmanager:innen, der Kernkompetenzen der TDG: Gesundheit und (BMBF) im Rahmen des Förderprogramms »WIR! Schnittstelle zwischen der Leitung der Universi- Healthcare-Pionier:innen, Projektmanager:innen, Pflege, Informatik, Design und Innovationsma- Wandel durch Innovation in der Region« berufen. tätsmedizin Halle, dem Beirat der TDG und zum Technologiescouts und vielen anderen Visionär:in- nagement. Die acht Mitglieder aus Wissenschaft, Bündnis- und Innovationsmanagement (BIM). An- nen. Teil des Teams ist auch die Univations GmbH, gesiedelt ist das BIM in der AG Versorgungsfor- die mit der Unterstützung des Bündnis- und In- schung der Martin-Luther-Universität (MLU). novationsmanagements beauftragt ist und das Die Mitglieder des Beirats Bündnis bei der Anbahnung und Begleitung von Der Projektkoordinator Dr. Karsten Schwarz be- Innovationsvorhaben unterstützt. Aktiv sucht sie Sarah Theune (Vorsitzende des Beirats) Jens Hennicke treut alle operativen, koordinativen und orga- Synergien zwischen den Projekten und stellt in Vorständin Verband für Digitalisierung Vorstandsvorsitzender Medizinischer Dienst Sachsen-Anhalt nisatorischen Aufgaben im Bündnis, sucht neue enger Projektbegleitung Qualität und Erfolg bis in der Sozialwirtschaft e.V. (vediso) Gesundheit & Pflege Partner und vertritt die TDG nach außen. Weite- zum Markteintritt sicher. Gesellschaft, Gesundheit, Wirtschaft Torsten Sonneberg re Aufgaben des BIM neben der Organisation und Angelika Küstermann Frühphaseninvestor dem Management des Bündnisses sind die Öf- Vorsitzende der Landesseniorenvereinigung Innovationsmanagement fentlichkeitsarbeit, die Kompetenz- und Außen- Sachsen-Anhalt e.V. darstellung in Gremien, Politik und Verwaltung Gesellschaft, Politik Friedrich Lüder sowie die Umsetzung der konzeptionellen TDG- Vorstandsvorsitzender bei Games & XR Mitteldeutschland e.V., Gerd Neudert (stellv. Beiratsvorsitzender) Vorstand KWSA e.V. Arbeit. Geschäftsführer der Cluster IT Mitteldeutschland e.V. Kreativwirtschaft, Informatik Informatik Prof. Dr. Boris Augurzky Peter Löbus Geschäftsführer der Stiftung Münch, Innovationsmanagement Leiter im Kompetenzbereich „Gesundheit“ im RWI Gesundheit & Pflege Wissenschaft, Gesundheit & Pflege 24 25
TDG SOCIAL INNOVATION MOBIL ZUHAUSE STATIONÄR MATRIX ECM 1 ECM 2 ECM 3 ECM 4 ECM 5 ECM 6 Aktive Virtuell Virtuell Erhalt häuslicher Aufnahme Stationäre und unab- assistierte assistierte Versorgung in ein regionales Pflege hängige Lebensweise Lebensweise durch alle Krankenhaus Lebensweise mit Unter- Maßnahmen stützung medizinischer Die TDG-Social-Innovation Matrix durch häusliche Krankenpflege Therapie und häuslicher Krankenpflege MODULE der Pflegebedürftigkeit gemäß »Neues Begutachtungsassessment« (NBA) Für die inhaltliche Standardisierung wurde in der Es besteht aus sechs Phasen von aktiver und un- Konzeptphase die TDG Social Innovation Matrix abhängiger Lebensweise bis zur stationären Ver- (TDG SIM) entwickelt. Diese setzt sich aus den sorgung und dient als Modell für eine digital er- MODUL 1 RehaTransHome* 10 Modulen des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffes weiterte Gesundheitsversorgung. Das Modell ist Mobilität % VIN* (SGB XI) als Quantifizierung der Teilhabebeein- so konzipiert, dass es proaktiv, präventiv und ge- MODUL 2 trächtigung im Innovationsfeld der TDG und durch sundheitsbewusst ein Pflegesystem beschreibt, Kognitive und kommu- 15 % das Epital Care Model (ECM) (Phanareth et al. 2017) das dazu geeignet ist, das Selbstmanagement nikative Fähigkeiten AlphaDigital* zusammen. Das Epital Care Model (ECM) wurde des Pflegebedürftigen gezielt zu fördern. Es MODUL 3 ECareTable als kohärente, co-creative, patienten-zentrierte steht im Einklang mit dem WHO-Rahmen für in- Verhaltensweisen und psychische Problemlage Methode zur Integration technischer Lösungen tegrierte personenbezogene Gesundheitsdienste in der Gesundheitsversorgung von Personen mit und dient in der TDG als Rahmen für die Entwick- Aktiv im Alter einer oder mehreren chronischen Erkrankungen lung innovativer Technologien im Zusammen- EGON MODUL 4 40 entwickelt. hang mit neuen Versorgungsformen. Selbstversorgung % ADApp* DigiPost MODUL 5 15 Gestaltung des % Socius Alltagslebens und sozialer Kontakte MODUL 6 20 DigiCare* Bewältigung von und % selbständiger Umgang EduXbot mit krankheits- oder ELISE* therapiebedingten Anforderungen Digitale Residenz und Belastungen DigitHal* ALiS* SminT* DigiVid19* Querschnitts- TDG-Bündnismanagement projekte TDG INNO LAB TDG-Strategie * nachfolgend vorgestellte Innovationspioniere 26 27
Die Innovations- pioniere 10 PROJEKTE FÜR DIE ZUKUNFT: WIR! GESTALTEN DAS 28 29
entwickelt, die die Daten anonym nutzbar macht und in Verbindung mit einem Hardware-Setup, bestehend aus VR-Brille, Laptop und Präsentationsmonitor, und in der Klinik eingesetzt wird. Therapeut:innen bekommen durch die VR-Brille ein realitätsnahes Gefühl dafür, wie der Wohnraum gestaltet ist und können exakte Maße des Wohnraumes zur Umgestaltung und Hilfsmittelversor- gung nutzen. Entlastet werden in Zeiten des demografi- schen Wandels und des Fachkräftemangels Patient:innen Was sind die Erfolgsfaktoren? wie Therapeut:innen. Offene Türen und Technikbegeisterung. Die Akteure, Kli- nik und Therapeuten, haben uns aktiv unterstützt. Einige waren sehr technikaffin und euphorisch gegenüber unse- »Für die Zukunft rem Prototyp und haben die anderen damit angesteckt. sind wir sehr zuversichtlich« Was wünschen Sie sich von der Politik? Förderrichtlinien und Fördergelder müssen zu den Akteu- Interview mit Marcel Deutschel, ren passen. Kleine Unternehmen mit wenigen Mitarbei- Geschäftsführer und Entwickler codemacher UG tern und ihre Partner aus der Wissenschaft können einen Eigenanteil von 50 Prozent oft nur schwer aufbringen. Der Multimedia- und Virtual Reality-Experte über die Wir hätten das Projekt viel größer und schneller aufziehen Schwierigkeiten der Reha-Nachsorge im ländlichen Raum, können. Ein Funktionsprototyp ist ein erster Schritt, aber VR die Chancen der Virtuellen Realität, welche Rolle offene noch nicht marktreif. Türen für den Erfolg des Projekts spielen und Pläne und Visionen für die Zukunft. Was sind Ihre Pläne für die nächsten Jahre? RehaTransHome Geplant sind Wirksamkeitsstudien und neue Anwen- Was macht RehaTransHome? dungsfelder wie Sanitätshäuser. Wir fahren zweigleisig RehaTransHome schließt eine Lücke zwischen Reha-Thera- und wollen fehlende wissenschaftliche Daten durch Ko- pie und Wohnung. Unsere regionale Rehaklinik in Bad Kö- operationen mit anderen Kliniken und Fremdkapital für Aus der Reha nach Hause: sen hat einen großen Einzugsraum. Die dort beschäftigten ein marktreifes Produkt sammeln. Wir sind für die Zu- 360° Therapeut:innen sollen die Wohnumgebung ihrer Patienten kunft sehr zuversichtlich. Bessere Versorgung durch nach der rund dreiwöchigen Reha möglichst gut kennen. Es geht um eine digital unterstützte Wohnraumbegehung und Welche Vision haben Sie für das Jahr 2030? Virtual Reality-Anwendungen eine entsprechend angepasste Therapie. Wenn die Wohn- Der virtuelle Hausbesuch ist 2030 eine standardisierte Ge- umgebung bekannt ist, läuft die Therapie besser ab. sundheitsleistung im Therapieprozess. Ein geschultes Fach- personal muss die Wohnung des Patienten nicht mehr ana- Ein Schlaganfall bedeutet oft dramatische Einschnitte Digitale Unterstützung für Wie sind Sie auf die Idee gekommen? log betreten. Es geht nicht um die Ersetzung des direkten und verändert das Leben. Bei zwei Drittel der Fälle blei- Zu Beginn des TDG-Projektes gab es einen Hackathon in menschlichen Kontakts zwischen Patienten und Therapeu- ben körperliche Schäden zurück und oft auch eine vor- Patient:innen und Therapeut:innen Halle, auf den Versorger aus dem ländlichen Raum mit ten. Virtualität und Realität ergänzen sich optimal. rübergehende Pflegebedürftigkeit. Betroffene Patient:in- Unternehmen aus der IT zusammengebracht wurden. nen wollen möglichst selbstbestimmt und ohne Hilfe in Die Idee: RehaTransHome entwickelt ein VR-Abbild des Unsere Skizze zur Lösung des Problems stieß damals auf ihrem Zuhause weiterleben. Voraussetzung ist ein gutes Patientenwohnraums. Nach einem Schlaganfall soll so enorme Resonanz und führte zu dem Projekt unter der PROJEKTPARTNER/TEAM: Zusammenspiel zwischen Reha-Maßnahmen, Therapeu- eine teilhabeorientierte Überleitung aus der Rehabili- Schirmherrschaft der TDG. codemacher UG ten und Sanitätshäusern. Die Praxis sieht leider anders tation nach Hause ermöglicht werden. Entwickelt wird Marcel Deutschel aus. Nur 30 Minuten stehen einem Therapeuten laut Ge- die Anwendung durch die codemacher UG (siehe Inter- Welche Hürden mussten Sie überwinden? www.codemacher.de setzgeber für einen Hausbesuch zur Verfügung, um den view) und das Institut für Gesundheits- und Pflegewissen- Bürokratie und Laufzeit. Der Prozess der Beantragung bis Institut für Gesundheits- und Pflegewissenschaft Wohnraum einzuschätzen, Stolperfallen zu erkennen, schaft der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. zur Bewilligung war enorm und hat gedauert. Die Tech- Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg geeignete Hilfsmittel zu planen und Patient:innen anfor- Nachdem die Anforderungen gemeinsam mit Kliniken nik, die wir anfangs beantragt hatten, hatte sich zum Teil (IGPW), Medizinische Fakultät derungsorientiert zu trainieren. Insbesondere im ländli- und Patient:innen definiert waren, ging es an die tech- Dr. Susanne Saal bereits überholt. Für das TDG-Bündnis waren wir die ers- www.uk-halle.de chen Raum findet der Hausbesuch aus Zeitgründen und nische Erfassung des Wohnraums. Hürden wie Abstände ten Partner. Gemeinsam haben wir Neuland betreten. geringer Fahrkostenvergütung selten statt. Gemeinsam (Türbreite, Absatzhöhen etc.) werden genau erfasst und TDG-Ansprechpartner:in mit Gesundheits- und Pflegewissenschaftler:innen der können so vom therapeutischen Team berücksichtigt und Welchen Nutzen haben die Patient:innen von Ihrer Lösung? Dr. Anja Wolf Uni Halle-Wittenberg und der Rehaklinik in Bad Kösen mit den Patient:innen diskutiert werden. Zur Verfügung Der wissenschaftliche und messbare Nutzen steht noch aus. PROJEKTINFORMATIONEN: entwickelte codemacher ein smartes Wohnraumassess- stehen Mobiltelefone mit integriertem Lidar-Scanner – Das Versprechen ist: Die Therapie wird patientenorientiert Laufzeit 09/2020 – 04/2022 ment zur Verbesserung der teilhabeorientierten Überlei- eine Technologie, die den Wohnraum sehr schnell scannt optimal angepasst und der Patient/die Patientin wird in eine Vorhabenskosten 86.000 Euro tung aus der Rehabilitation nach Hause. und die Daten verarbeitet. Zudem wurde eine Software optimal vorbereitete Wohnumgebung entlassen. 30 31
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