DIE VOLLZIEHUNG DES OÖ JAGDGESETZES DURCH DIE BEZIRKSVERWALTUNGSBEHÖRDEN
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Eingereicht von Elisabeth Ebner Angefertigt am Institut für Verwaltungsrecht und Verwaltungslehre Beurteiler Univ.-Prof. Dr. Michael Mayrhofer März 2021 DIE VOLLZIEHUNG DES OÖ JAGDGESETZES DURCH DIE BEZIRKSVERWALTUNGSBEHÖRDEN Diplomarbeit zur Erlangung des akademischen Grades Magistra der Rechtswissenschaften im Diplomstudium der Rechtswissenschaften
EIDESSTATTLICHE ERKLÄRUNG Ich erkläre an Eides statt, dass ich die vorliegende Diplomarbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt bzw die wörtlich oder sinngemäß entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe. Die vorliegende Diplomarbeit ist mit dem elektronisch übermittelten Text- dokument identisch. Zur besseren Lesbarkeit wird in der vorliegenden Diplomarbeit auf die gleich- zeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Personenbezogene Bezeichnungen, die sich auf beide Geschlechter beziehen, werden nur im generischen Maskulinum verwendet, wobei Männer als auch Frauen gemeint sind. Ried im Innkreis, 29. März 2021 Elisabeth Ebner 29. März 2021 Elisabeth Ebner 2
VORWORT Das Thema meiner wissenschaftlichen Arbeit befasst sich mit der „Vollziehung des Oö Jagdgesetzes durch die Bezirksverwaltungsbehörden“. Sie bildet gemeinsam mit dem Praktikum Öffentliche Verwaltung für Studierende der Rechtswissenschaften die Diplomarbeit. Es war mir eine große Freude und Ehre, von 05. Juli bis 05. November 2020 als Verwaltungspraktikantin bei der Bezirkshauptmannschaft Ried unterstützend mitarbeiten zu können. Während des Praktikums wurde mir das abwechslungs- reiche Tätigkeitsfeld des Öffentlichen Rechts näher gebracht und ich konnte das gelernte theoretische Wissen in der Praxis umsetzen. Ich wurde mit vielseitigen und abwechslungsreichen Aufgabenbereichen aus den Abteilungen Soziales, Anlagenrecht und Sicherheitsrecht bekannt gemacht und konnte meinen Wissenshorizont erweitern und vertiefen. Als angehende Jägerin und Halterin eines Jagdhundes ist das Jagdrecht für mich von besonderem Interesse. Seit Kindheitsbeinen an begleite ich meinen Vater und Großvater zu Jagden und helfe bei der Hege und Pflege von Wald und Wild mit. Es war mir daher ein besonderes Anliegen, in der Praktikumszeit weitere Erfahrungen in der Materie Jagdrecht sammeln zu können. Es freut mich sehr, mein Interesse an der Verwaltungstätigkeit bei den Bezirks- verwaltungsbehörden als auch jenes am Jagdrecht in meiner Diplomarbeit vereinen zu können. Besonderer Dank gilt Herrn Univ.-Prof. Dr. Michael Mayrhofer und Herrn Landes- amtsdirektor Dr. Erich Watzl, welche in Kooperation mit dem Fachbereich Öffentliches Recht der JKU Linz, dem Land Oberösterreich und der Landes- hauptstadt Linz das Verwaltungspraktikum ins Leben gerufen haben und interessierten Studenten dadurch die Möglichkeit geboten wird, einen Einblick in das tägliche Verwaltungsgeschehen zu bekommen. Ried im Innkreis, 29. März 2021 Elisabeth Ebner 29. März 2021 Elisabeth Ebner 3
INHALTSVERZEICHNIS Vorwort .............................................................................................................. 3 Inhaltsverzeichnis............................................................................................... 4 Abkürzungsverzeichnis ..................................................................................... 5 I. Das Jagdrecht .................................................................................................7 1. Verfassungsrechtliche Grundlagen ..........................................................7 2. Historische Entwicklung .......................................................................... 8 3. Bedeutung in Österreich ......................................................................... 9 II. Das Oö Jagdgesetz ...................................................................................... 10 1. Einführung ............................................................................................. 10 2. Verpflichtung zum Jagdschutz, Wildhege ............................................. 12 3. Eigenjagdgebiet, genossenschaftliches Jagdgebiet ............................. 12 4. Jagdkarte und Jagdprüfung .................................................................. 13 5. Schonzeiten .......................................................................................... 14 6. Jagdhunde ............................................................................................ 15 III. Die Bezirksverwaltungsbehörden iZm der Vollziehung des Oö Jagdgesetzes – Ausgewählte Themenbereiche ............................................................... 15 1. Einführung ............................................................................................. 15 2. Feststellung von Grundflächen als Eigenjagdgebiet .............................. 16 3. Vereinigung und Zerlegung genossenschaftlicher Jagdgebiete ............ 17 4. Arrondierung – Abrundung von Jagdgebieten ....................................... 18 5. Öffentliche Versteigerung genossenschaftlicher Jagdrechte ................ 22 6. Abschussplan ........................................................................................ 23 7. Zwangsabschuss .................................................................................. 24 8. Entziehung der Jagdkarte ..................................................................... 27 IV. Résumé ..................................................................................................... 27 Literaturverzeichnis ......................................................................................... 30 Weitere Quellen .............................................................................................. 31 29. März 2021 Elisabeth Ebner 4
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS AB Ausschussbericht Abs Absatz Art Artikel AVG Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 BezVBeh Bezirksverwaltungsbehörde BH Bezirkshauptmannschaft BlgNR Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates B-VG Bundes-Verfassungsgesetz bzgl bezüglich bzw beziehungsweise ca circa dbzgl diesbezüglich ebd ebenda FFH-Richtlinie Richtlinie zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen gem gemäß GP Gesetzgebungsperiode grds grundsätzlich ha Hektar IA Initiativantrag idF in der Fassung idgF in der geltenden Fassung idS in dem Sinn idZ in diesem Zusammenhang iSd im Sinne des iSe im Sinne eines iwS im weiteren Sinn iZm im Zusammenhang mit LGBl Landesgesetzblatt lit litera LVwG Landesverwaltungsgericht 29. März 2021 Elisabeth Ebner 5
max maximal ME Meines Erachtens mind mindestens Nr Nummer Oö Oberösterreich Oö JagdG Oberösterreichisches Jagdgesetz Rz Randzahl sog sogenannte stRsp ständige Rechtsprechung ua unter anderem ÜG 1920 Übergangsgesetz 1920 va vor allem VfGH Verfassungsgerichtshof VfSlg Sammlung der Erkenntnisse und wichtigen Beschlüsse des Verfassungsgerichtshofes Vgl Vergleiche Vogelschutz-Richtlinie Richtlinie über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten VStG Verwaltungsstrafgesetz 1991 VwG Verwaltungsgericht VwGH Verwaltungsgerichtshof VwSlg Erkenntnisse und Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofes Z Ziffer 29. März 2021 Elisabeth Ebner 6
I. Das Jagdrecht 1. Verfassungsrechtliche Grundlagen „Das Jagdrecht erfließt aus dem Grundeigentum und ist mit diesem verbunden.“1 Nach der stRsp des VfGH ist das Jagdrecht ein sich aus dem Eigentum an Grund und Boden ergebendes Privatrecht.2 Die Gesetzgebungs- und Vollzugs- kompetenz liegt somit beim Bund (Art 10 Abs 1 Z 6 B-VG). Das Jagdrecht ist also mit dem Grundeigentum fest verbunden, die Begründung als selbständiges dingliches Recht kommt nicht in Betracht.3 Erfasst werden neben der Erdober- fläche und dem Wasserspiegel, auch die Fläche unter der Erde sowie der Luftraum.4 Das Jagdrecht ist vom Recht zur Jagdausübung zu differenzieren.5 Die Ausübung der Jagd verfolgt Interessen der Jagdwirtschaft sowie der Jagdpolizei 6 und fällt gem Art 15 Abs 1 B-VG unter die Generalklausel zugunsten der Länder. Gesetzgebung und Vollziehung sind Landessache. In Österreich bestehen daher neun unterschiedliche Landesjagdgesetze und darauf aufbauende Durch- führungsverordnungen. Zu beachten ist auch die sog lex Starzynski nach Art 15 Abs 9 B-VG, wonach die Länder im Rahmen ihrer Gesetzgebungshoheit dazu befugt sind, im Bereich des Straf- und Zivilrechtes die erforderlichen Bestimmungen zu erlassen. Diese stellt eine lex specialis zu Art 10 Abs 1 Z 6 B-VG dar, welche die Zuständigkeit im Straf- und Zivilrechtswesen dem Bund zuordnet. Die Vollziehung bleibt aber weiterhin in der Verbandskompetenz des Bundes.7 Hinsichtlich des Adhäsions- prinzips8 wird vorausgesetzt, dass die Bestimmungen für die Landesmaterie unerlässlich sind.9 Auf dieser Grundlage können die Länder straf- und zivilrecht- liche Regelungen im Bereich des Jagdrechtes erlassen.10 1 § 1 Abs 1 Gesetz vom 3. April 1964 über die Regelung des Jagdwesens (Oö Jagdgesetz) LGBl 32/1964 idgF. 2 Siehe etwa VfSlg 1712/1948; 3151/1957. 3 Vgl § 8 Abs 1 Oö JagdG. 4 Reisinger/Schiffner, Oberösterreichs Jagdrecht (2020) § 1, 13. 5 Ebd. 6 Vgl etwa VfSlg 3151/1957; 6264/1970; 6549/1971; 6828/1972. 7 Janko, Staats- und Verwaltunsorganisation 2 (2014) 14. 8 Nach dem Adhäsionsprinzip existieren Zuständigkeiten, die nicht als selbständiger Kompetenz- tatbestand verankert sind, sondern vielmehr unselbständig in anderen Kompetenztatbeständen mitenthalten sind (Annexmaterien). 9 Siehe etwa VfSlg 13.322/1992; 16.699/2002; 19.146/2010; 19.427/2011; 19.804/2013. 10 Grabenwarter/Holoubek, Verfassungsrecht – Allgemeines Verwaltungsrecht 4 (2019) Rz 193. 29. März 2021 Elisabeth Ebner 7
2. Historische Entwicklung Das Recht zu jagen war in seiner historischen Entwicklung11 vielen Änderungen unterworfen. Konnte die Jagd noch ursprünglich von jedermann ausgeübt und Wild von jedem Bürger gefangen, erlegt und angeeignet werden, so entwickelte sie sich im Laufe der Zeit zu einem Privileg der Herrschaft bzw Obrigkeit. Das Jagdrecht wurde von Königen und Fürsten nicht nur auf eigenem, sondern auch auf fremden Grund in Anspruch genommen, der übrigen Bevölkerung hingegen wurde das Jagen verboten. Mit der Jagd- und Wildschützenverordnung vom 28. Februar 1786 wurden zwar landesfürstliche Bestimmungen aufgehoben, die Jagd auf fremden Grund und Boden war für die Könige und Fürsten jedoch weiterhin möglich. Zu einem Ende der Rechte der privilegierten Stände kam es im Zuge der Revolution 1848. Mit dem von Kaiser Franz Joseph I erlassenen Reichsjagdgesetz 184912 wurde der Ausschluss der Bauern und Bürger von der Jagdausübung beseitigt, das Jagd- recht auf fremden Grund und Boden aufgehoben und als Ausfluss des Grund- eigentums erklärt. Mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges und der Besetzung durch das Deutsche Reich kam es im Staatsgebiet der Republik Österreich zur Einführung des deutschen Reichsjagdgesetzes vom 03. Juli 1934. Diesem war die Kompetenz des Bundes im Jagdrecht zugrunde gelegt. Auch nach der Befreiung Österreichs hatte dieses Gesetz bis zum 31. März 1947 Geltung.13 Als dann das B-VG idF der Änderungen von 1929 wieder in Geltung gesetzt wurde, wurde auch das Jagdrecht wieder zu einer Landesmaterie. Die Landtage der jeweiligen Bundesländer beschlossen schrittweise (neue) Landesjagd- gesetze und darauf aufbauende Durchführungsverordnungen. In Oberösterreich gilt das Gesetz vom 3. April 1964 über die Regelung des Jagdwesens (Oö Jagd- gesetz) LGBl 32/1964 idgF. 11 Siehe AB 115/1963 BlgNR 19. GP 1; Schlager, Jagdrecht, in Norer (Hrsg), Handbuch des Agrarrechts2 (2012) 234; Bayer/Schaffgotsch/Ladeck, Wem gehört das Wild?, RdU 2018/67, 108 (109 ff). 12 Kaiserliches Patent vom 07. März 1849 RGBl 154/1848. 13 AB 115/1963 BlgNR 19. GP 1. 29. März 2021 Elisabeth Ebner 8
3. Bedeutung in Österreich Die Jagd begleitet die Menschheit seit Anbeginn ihrer Geschichte. Sie war für Nahrung sowie Erzeugung von Werkzeug und Kleidung lebensnotwendig und spielte eine bedeutende Rolle im alltäglichen Leben. War der Mensch zuvor Jäger und Sammler, so kam es im Laufe der Zeit zu einer Fortentwicklung des Jägers, welcher neben dem Beutemachen nach Hege und Pflege von Wald und Wild strebt. Das Jagdrecht befindet sich in einem Spannungsverhältnis zwischen Natur- schutz, Tierschutz sowie Land- und Forstwirtschaft, verfolgen die jeweiligen Materien doch oftmals verschiedene Interessen und Ziele. Auf Grund der sich daraus ergebenden Diskrepanzen ist die Jagd häufig Streitgegenstand und Ausgangspunkt für gesellschaftspolitische Meinungsverschiedenheiten und Diskussionen. Wegen des Überflusses an Lebensmitteln und des vielseitigen Nahrungs- angebots wird vermehrt die Behauptung vertreten, dass die Jagd überflüssig sei oder nur mehr aus Lust am Töten ausgeübt werden würde. Zwar ist es zutreffend, dass der Abschuss von Wildtieren zu den Pflichten eines jeden Jägers zählt, jedoch stellt diese nur einen Teilbereich des vielseitigen Jagdwesens dar. ME zutreffend spricht der OÖ Landesjagdverband davon, dass „Jagd mehr als töten ist. Freude am Jagen bedeutet nicht Freude am Töten.“14 Die Jagd umfasst wichtige und verantwortungsvolle Aufgaben, welche sich mit der Hege und Pflege von Wald und Wild auseinandersetzen. Dazu zählt etwa die Aufzucht verwaister Rehkitze, die Errichtung von Ruhezonen und Brutplätzen für Wildtiere, die Lieferung von regionalem Wildbret, die Nachsuche und Erlösung von durch Verkehrsmittel verletztem Wild, sowie Maßnahmen zur Verringerung von Wildschäden oder zur Vermeidung von Tierseuchen wie der Tollwut oder Schweinepest. Von großer Bedeutung sind auch die jährlich stattfindenden Rettungsaktionen, bei welchen Kitze vor dem „Mähtod“ bewahrt werden oder das artgerechte Füttern in der Notzeit, insbesondere während des Winters. Neben all diesen Aufgaben ist es aber auch eine wesentliche Pflicht des Jägers, während eines festbestimmten Zeitraumes jagdbares Wild zu erlegen, um dadurch den Abschussplan erfüllen zu können. 14https://www.ooeljv.at/wp-content/uploads/2014/02/Behauptung-Jagen-aus-Lust-am-Töten_- Niemand-kontrolliert-die-Jäger.pdf – zuletzt abgefragt am 29. März 2021. 29. März 2021 Elisabeth Ebner 9
Nicht ohne Grund wird in den COVID-19-Präventionsinformationen zur Jagdaus- bung in Österreich15 festgehalten, dass die Jagd systemrelevante Aufgaben auf Grundlage der Landesjagdgesetze wahrnimmt. Die Ausübung der Jagd erfolgt nicht zur Freizeitbeschäftigung, sondern verfolgt Interessen zum Wohl der Allgemeinheit. Eine Verringerung der Wildstände und Wildschäden, die Aufrecht- erhaltung der land- und forstwirtschaftlichen Kulturen sowie auch die Vermeidung von Tierseuchen kann nur durch die Jagd erreicht werden. Die umfangreichen Aufgaben der Jägerschaft erfolgen nicht nur auf Grundlage behördlicher Anordnungen, sondern sind auch für die Erhaltung der Natur zwingend notwendig und somit unaufschiebbar.16 Das Jagdwesen stellt also eine Materie von grundlegender Bedeutung dar. Eine Auseinandersetzung mit jagdrechtlichen Bestimmungen ist daher für jeden Jäger unumgänglich.17 II. Das Oö Jagdgesetz Das Gesetz vom 3. April 1964 über die Regelung des Jagdwesens (Oö Jagd- gesetz) ist ein vom Oö Landtag erlassenes einfaches Landesgesetz. Es enthält Bestimmungen über das Jagdrecht sowie die Jagdausübung, die Feststellung von Jagdgebieten, die Durchführung der genossenschaftlichen Jagd, die Verwertung des Jagdrechtes in Eigenjagdgebieten, die jagdlichen Legitimationen, den Jagdschutz, die Jagdregeln, die Jagd- und Wildschäden, die Behörden, sonstige Organe und besondere Bestimmungen, sowie Straf- und Schlussbestimmungen. Das Oö JagdG ist Grundlage für viele Durchführungs- verordnungen. Auf einzelne dieser Verordnungen wird in der Folge noch näher eingegangen bzw verwiesen. 1. Einführung Die Jagdausübung hat in Übereinstimmung mit den allgemein anerkannten Prinzipien der Weidgerechtigkeit zu erfolgen. Es ist dabei auf die Interessen der Landeskultur (Land- und Forstwirtschaft iwS18) Bedacht zu nehmen. Im Falle des Widerstreits mit jagdlichen Interessen ist den Interessen der Landeskultur der Vorrang zu gewähren.19 15 https://www.jagd-oesterreich.at/2020/11/12/covid-19-praeventionsinformationen-zur- jagdausuebung-in-oesterreich/ – zuletzt abgefragt am 29. März 2021. 16 Siehe auch bereits VfGH 10.10.2017, E2446/2015. 17 Reisinger/Schiffner, Oberösterreichs Jagdrecht 4. 18 proLIBRIS, Oö Jagdgesetz [Texte, Materialien, Judikatur]4 (2020) § 1, 19. 19 Vgl § 1 Abs 2 Oö JagdG. 29. März 2021 Elisabeth Ebner 10
Der Begriff der Weidgerechtigkeit ist im Gesetz nicht definiert und bedarf der Auslegung.20 Es ist nicht auf das subjektive Empfinden des jeweiligen Jägers ab- zustellen, sondern erfordert eine Betrachtung nach objektiven Gesichtspunkten. Ansatzpunkt sind va die Wertvorstellungen (Jagdregeln) und Traditionen, welche sich im Laufe der Entwicklung herausgebildet haben. Zu diesen Grundregeln der Weidgerechtigkeit gehören ua die Einhaltung des Abschussplanes und der Schonzeiten, ein respektvoller Umgang mit Wald und Wild, die gewissenhafte Nachsuche, der Einsatz der richtigen Waffe sowie Munition, Sanktionen bei Nichteinhaltung jagdrechtlicher Bestimmungen sowie auch die Bewahrung des Ansehens der Jäger.21 Das Jagdrecht umfasst im Jagdgebiet das Recht bzw die Pflicht, das Wild zu hegen, zu fangen, zu erlegen und sich anzueignen. Auch können Fallwild, verendetes Wild, Abwurfstangen oder Gelege von Federwild an sich gebracht werden.22 Unter Wild werden die in der Anlage zum Oö JagdG bezeichneten jagdbaren Tiere verstanden.23 Dazu zählen das Haarwild (etwa Rotwild, Schwarzwild, Feldhase, Wolf, Fuchs, Dachs) und das Federwild (etwa Rebhuhn, Fasan, Waldschnepfe, Wildente, Habicht).24 Die Auflistung von Tieren bedeutet aber noch nicht, dass diese auch schrankenlos bejagt werden dürfen.25 Zu beachten ist idZ va die Oö Schonzeitenverordnung 2007.26 Die Aufzählung von jagdbaren Tieren ist taxativ, ua Hunde und Katzen stellen kein Wild dar, sondern werden als sog Raubzeug bezeichnet. Wildernde Hunde sowie Katzen, die sich in einer Entfernung von mehr als 300 Meter vom nächst bewohnten Haus aufhalten, können aber getötet werden.27 Begründet wird dies damit, dass es ansonsten zu einer Gefährdung des Wildes kommen könnte. Die grundlose Tötung kann eine Bestrafung wegen Missachtung der Bestimmungen nach dem Oö JagdG, sowie straf- und zivilrechtliche Konsequenzen (Sachbeschädigung, Schadenersatz) nach sich ziehen.28 20 Der Begriff der Weidgerechtigkeit wurde erstmals mit dem deutschen Reichsjagdgesetz 1934 gesetzlich festgeschrieben. Eine Definition, was darunter zu verstehen ist, findet sich jedoch auch hier nicht; vgl Rittershofer, Die Jagd braucht ein neues Leitbild2 (2003) 139. 21 Reisinger/Schiffner, Oberösterreichs Jagdrecht § 1, 14 f; Pesendorfer/Rechberger, Das oberösterreichische Jagdrecht2 (1994) § 1, 3 f. 22 Vgl § 1 Abs 3 Oö JagdG. 23 Vgl § 3 Abs 1 Oö JagdG. 24 Siehe Anlage zu § 3 Abs 1 Oö JagdG. 25 Reisinger/Schiffner, Oberösterreichs Jagdrecht § 3, 16. 26 Vgl Verordnung der Oö Landesregierung über die Schonzeiten der jagdbaren Tiere (Oö Schonzeitenverordnung 2007) LGBl 72/2007 idgF. 27 Vgl § 47 Abs 5 lit b Oö JagdG. 28 Reisinger/Schiffner, Oberösterreichs Jagdrecht § 47, 91. 29. März 2021 Elisabeth Ebner 11
2. Verpflichtung zum Jagdschutz, Wildhege Der Jagdschutz enthält die Verpflichtung, das Wild vor Futternot, Raubwild, Raubzeug oder Wilderern zu schützen, sowie, dass die Jagdausübung nach den Regeln der Weidgerechtigkeit und des Oö JagdG erfolgt. Es bedarf eines ausreichenden, dauernden und regelmäßigen Jagdschutzes, welcher grds präventiver Natur ist.29 Unter Wildhege werden weidgerechte Maßnahmen verstanden, welche eine Entfaltung und Sicherung eines artenreichen und gesunden Wildstandes, sowie den Schutz des Wildes anstreben.30 Zu nennen ist etwa der Schutz von Rebhühnern und Fasanen, welche durch Veränderungen der Kulturlandschaft immer mehr zurückgedrängt werden. Die Maßnahmen umfassen etwa das Pflanzen neuer Sträucher und Hecken, eine artgerechte Fütterung sowie auch die Aufzucht und Auswilderung dieser Wildtierarten. 3. Eigenjagdgebiet, genossenschaftliches Jagdgebiet Ein Jagdgebiet31 ist ein territorial abgegrenztes Gebiet (Eigenjagdgebiet oder genossenschaftliches Jagdgebiet), in welchem das Jagdrecht nur dem Jagd- ausübungsberechtigten zusteht. Das bedeutet, dass etwa ein Wanderer, welcher ein leidendes Wild antrifft, nicht dazu berechtigt ist, dieses zu töten. Die erforderlichen Maßnahmen dürfen nur vom Berechtigten getroffen werden.32 Unter Eigenjagdgebiet wird eine zusammenhängende und jagdlich nutzbare Grundfläche von mind 115 Hektar verstanden, die im Alleineigentum oder gemeinschaftlichen Eigentum steht und von der BezVBeh als Eigenjagdgebiet festgestellt wird.33 Eine Grundfläche ist jagdlich nutzbar, wenn einer Schalen- wildart (etwa Rotwild, Gamswild, Schwarzwild) Äsungsmöglichkeiten und Einstand geboten wird. Auch müssen Handlungen möglich sein, die zu einem ordentlichen Jagdbetrieb gehören.34 Eine Grundfläche gilt als zusammen- hängend, wenn die Grundstücke derart miteinander verbunden sind, sodass von einem Grundteil zum anderen gelangt werden kann, ohne fremden Grund zu 29 Vgl § 42 Abs 2 und 3 Oö JagdG; Reisinger/Schiffner, Oberösterreichs Jagdrecht § 42, 79. 30 Vgl § 3 Abs 2 Oö JagdG. 31 Vgl § 5 Oö JagdG. 32 Reisinger/Schiffner, Oberösterreichs Jagdrecht § 1, 15; VwGH 24.04.1979, 2768/77. 33 Vgl § 6 Abs 1 Oö JagdG. 34 VwGH 12.10.1983, 83/03/0173, 0174. 29. März 2021 Elisabeth Ebner 12
übertreten.35 Einer Mindestgröße von 115 Hektar bedarf es, weil ab jener eine Grundfläche jagdwirtschaftlich zweckmäßig genutzt und betrieben werden kann.36 Jagdberechtigte sind die Grundeigentümer, Jagdausübungsberechtigte sind die Eigentümer, Pächter oder Jagdverwalter.37 Genossenschaftliche Jagdgebiete sind die im Gebiet einer Ortsgemeinde gelegenen Grundstücke, die kein Eigenjagdgebiet darstellen.38 Jagdberechtigter ist die Jagdgenossenschaft, Jagdausübungsberechtigte sind die Pächter oder Jagdverwalter.39 4. Jagdkarte und Jagdprüfung Die Jagdausübung setzt voraus, dass eine gültige Jagdkarte besessen wird.40 Die Jagdkarte begründet die Legitimation zur Jagdausübung, sie verleiht jedoch noch kein Recht zur Jagdausübung. Damit es auch zur Ausübung der Jagd kommen kann, bedarf es einer schriftlichen Bewilligung iSe Jagderlaubnis- scheins.41 Zu beachten ist, dass die Jagdkarte nur für das Bundesland Oberösterreich gilt. Jagdkarten aus anderen Bundesländern werden nur anerkannt, wenn ein Nachweis über den bezahlten Mitgliedsbeitrag an den Oö Landesjagdverband und ein Nachweis einer ausreichenden Jagdhaftpflichtversicherung vorliegt.42 Zwar gibt es seit Jahren Bestrebungen zur wechselseitigen Anerkennung der Jagdkarten, diese scheiterten jedoch bislang an der Besorgnis der Jagdverbände um den Verlust von Mitgliedsbeiträgen.43 Die Jagdkarte setzt den Nachweis der iZm der Jagdausübung erforderlichen Verlässlichkeit, die jagdliche Eignung, eine ausreichende Jagdhaftpflicht- versicherung und das Nichtvorliegen eines Verweigerungsgrundes iSd § 39 Oö JagdG voraus.44 35 Vgl § 6 Abs 3 Oö JagdG. 36 Erlacher, Waffen- und Jagdrecht1 (2015) 69. 37 Vgl § 8 Abs 1 und 2 Oö JagdG. 38 Vgl § 7 Oö JagdG. 39 Vgl § 8 Abs 1 und 2 Oö JagdG. 40 Vgl § 35 Abs 1 Oö JagdG. 41 Vgl § 35 Abs 2 Oö JagdG; Reisinger/Schiffner, Oberösterreichs Jagdrecht § 35, 65. 42 Vgl § 35 Abs 1 Oö JagdG. 43 Reisinger/Schiffner, Oberösterreichs Jagdrecht § 35, 66. 44 Vgl § 38 Abs 1 Oö JagdG. 29. März 2021 Elisabeth Ebner 13
Ob eine Person verlässlich ist, beurteilt sich nach ihrer gesamten Geisteshaltung und Sinnesart. So können etwa Fahrlässigkeitsdelikte, Alkoholismus, Neigungen zu Sexualdelikten oder Aggressionshandlungen sowie Überängstlichkeit die Verlässlichkeit in Frage stellen.45 Die Jagdhaftpflichtversicherung46 erfasst sämtliche Schäden, die von Jagdkarteninhabern durch den Besitz oder Gebrauch von Jagdhunden oder Jagdwaffen verursacht werden. Weiters werden Schäden erfasst, die durch den Gebrauch von Fanggeräten oder den Bestand von Jagdeinrichtungen eintreten.47 Der Nachweis der jagdlichen Eignung erfolgt durch die Jagdprüfung48, welche vor einer bei der Bezirksgruppe des Oö Landes- jagdverbandes einzurichtenden Prüfungskommission stattzufinden hat. Es ist nachzuweisen, dass die zur Jagdausübung unverzichtbaren Kenntnisse und eine hinreichende Vertrautheit im Umgang mit Jagdwaffen gegeben sind.49 Die Prüfungskommission setzt sich aus dem Bezirksjägermeister sowie drei weiteren Mitgliedern zusammen, wobei eines dieser Mitglieder ein rechtskundiger Bediensteter der BezVBeh zu sein hat.50 5. Schonzeiten Das Wild ist zum Zweck der Wildhege unter Beachtung der Bedürfnisse der Landeskultur im notwendigen Umfang zu schonen. Die geschonten Wildtiere dürfen während der Schonzeit nicht gejagt, gefangen oder getötet werden.51 Die Nichteinhaltung dieser Vorschriften stellt eine Verwaltungsübertretung dar und ist mit einer Geldstrafe von 1.000 Euro bis 10.000 Euro zu ahnden. 52 Die Rehgeiß und das Rehkitz sind etwa von 01. Jänner bis 15. August geschützt. Eine ganz- jährige Schonzeit besteht etwa für den Wolf, Fischotter, Mäusebussard oder Habicht. Keine Schonzeit hingegen genießen etwa Schwarzwild (außer die führende Bache), wildes Kaninchen, Fuchs oder Waschbär.53 45 Vgl Pesendorfer/Rechberger, Das oberösterreichische Jagdrecht2 § 38, 80 f. 46 Näheres siehe Verordnung der Oö Landesregierung betreffend die Mindestversicherungs- summe für die Jagdhaftpflichtversicherung LGBl 26/2011. 47 Vgl § 38 Abs 2 Oö JagdG. 48 Näheres siehe Verordnung der Oö Landesregierung vom 7. September 1964 über die Jagdprüfung sowie die Berufsausbildung, die die Ablegung dieser Prüfung ersetzt (Oö Jagdprüfungsverordnung) LGBl 44/1964 idgF. 49 Vgl § 38 Abs 3 Oö JagdG. 50 Vgl § 38 Abs 5 Oö JagdG. 51 Vgl § 48 Abs 1 und 2 Oö JagdG. 52 Vgl § 95 Abs 1 lit h iVm Abs 2 Oö JagdG. 53 Vgl § 48 Abs 1 Oö JagdG iVm §§ 1 f Oö Schonzeitenverordnung 2007. 29. März 2021 Elisabeth Ebner 14
6. Jagdhunde Um dem Tierschutz sowie einer weidgerechten Jagdausübung entsprechen zu können, ist es notwendig, krankgeschossenes Wild so bald als möglich von seinen Qualen zu erlösen. Ohne dem Einsatz eines brauchbaren Jagdhundes wäre es dem Jäger oftmals gar nicht oder nur schwer möglich, diesen Verpflichtungen nachzukommen.54 Daher muss der Jagdausübungsberechtigte für jedes Jagdgebiet bis zu 1500 Hektar einen brauchbaren Jagdhund, für je angefangene 1000 Hektar mehr einen weiteren Jagdhund halten.55 Die Landesregierung regelt, welche Eigenschaften und Voraussetzungen ein brauchbarer Jagdhund besitzen muss und wie jene nachzuweisen sind.56 III. Die Bezirksverwaltungsbehörden iZm der Vollziehung des Oö Jagdgesetzes – Ausgewählte Themenbereiche 1. Einführung Sofern im Oö JagdG nichts anderes bestimmt ist, ist die sachlich zuständige Behörde die Bezirksverwaltungsbehörde.57 Unter BezVBeh werden einerseits die Bezirkshauptmannschaften und andererseits die Bürgermeister der Statutar- städte verstanden.58 Die BH sind monokratisch organisierte Landesverwaltungsbehörden, welche Aufgaben der Landesverwaltung sowie der mittelbaren Bundesverwaltung wahrnehmen.59 Deren Bestand ist verfassungsrechtlich in § 8 Abs 5 lit b ÜG 1920 und in Art 15 Abs 10 B-VG verankert. Die BH sind subsidiär allzuständige staatliche Verwaltungsbehörden, welche dann sachlich zuständig sind, wenn keine andere Behörde gesetzlich vorgesehen ist. Sie stellen die bedeutendsten Behörden auf der untersten staatlichen Vollzugsebene dar.60 54 Reisinger/Schiffner, Oberösterreichs Jagdrecht § 58, 117. 55 Vgl § 58 Abs 1 Oö JagdG. 56 Vgl § 58 Abs 3 Oö JagdG iVm Verordnung der Oö Landesregierung vom 19. Oktober 1964 über die Brauchbarkeit von Jagdhunden LGBl 61/1964 idgF sowie die Prüfungsordnung des Oö Landesjagdverbandes für Jagdhunde – Brauchbarkeitsprüfungsordnung 2010. 57 Vgl § 91 Abs 1 Oö JagdG. 58 In Oberösterreich gibt es 15 Bezirkshauptmannschaften und die drei Statutarstädte Linz, Wels und Steyr. 59 Raschauer, Allgemeines Verwaltungsrecht5 (2017) Rz 312. 60 Kahl/Weber, Allgemeines Verwaltungsrecht7 (2019) Rz 210, 308; Grabenwarter/Holoubek, Verfassungsrecht – Allgemeines Verwaltungsrecht4 Rz 905. 29. März 2021 Elisabeth Ebner 15
Städten mit eigenem Statut wird kraft Art 116 Abs 3 B-VG ein eigenes Stadtrecht verliehen. Diese Gemeinden sind zugleich Bezirksverwaltungssprengel und haben neben den Aufgaben einer Gemeinde auch die Geschäfte einer BH im übertragenen Wirkungsbereich wahrzunehmen.61 Die der BezVBeh bei der Vollziehung des Oö JagdG übertragenen Aufgaben sind vielseitig und umfangreich. Eine abschließende Behandlung würde den Rahmen der wissenschaftlichen Arbeit übersteigen, eine nähere Betrachtung erfolgt daher nur anhand einzelner Themenbereiche. Überblicksartig seien folgende Tätigkeitsfelder erwähnt: Bewilligung eines Wild- geheges62 oder Tiergartens63, Feststellung der Jagdgebiete64, Aufsicht über die Organe der Jagdgenossenschaft65, Verpachtung des Jagdrechtes66, Funktionen bzgl der Erlangung, Ausstellung, Verweigerung oder Entziehung der Jagdkarte67, Bestellung von Jagdschutzorganen68, Anordnung einer Abschusssperre oder eines Zwangsabschusses69, Aufgaben betreffend des Abschussplans, der Abschussliste und der Trophäenschau70, sowie bzgl der Errichtung von Jagd- einrichtungen, Ruhezonen oder Wildwintergatter71, Vorkehrungen betreffend Jagd- und Wildschäden72, Bestellung von Mitgliedern des Bezirksjagdbeirates73, Führung eines Jagdkatasters und Erstellung einer Jagdstatistik74, sowie die Verhängung von Geldstrafen im Falle der Begehung von Verwaltungs- übertretungen.75 2. Feststellung von Grundflächen als Eigenjagdgebiet Der Anspruch auf Feststellung von Grundflächen als Eigenjagdgebiet ist vom Eigentümer spätestens sechs Monate vor Ablauf der Jagdperiode 76 bei der BezVBeh anzumelden. Die BezVBeh kann die notwendigen Unterlagen zur 61 Grabenwarter/Frank, B-VG Art 116, Rz 6 (Stand 20.06.2020, rdb.at). 62 Vgl § 6a Oö JagdG. 63 Vgl § 6b Oö JagdG. 64 Vgl §§ 9 ff Oö JagdG. 65 Vgl §§ 15 ff Oö JagdG. 66 Vgl §§ 19 ff Oö JagdG. 67 Vgl §§ 37 ff Oö JagdG. 68 Vgl §§ 43 ff Oö JagdG. 69 Vgl § 49 Oö JagdG. 70 Vgl §§ 50 ff Oö JagdG. 71 Vgl §§ 54 ff Oö JagdG. 72 Vgl §§ 64 ff Oö JagdG. 73 Vgl § 92 Oö JagdG. 74 Vgl § 93 Oö JagdG. 75 Vgl § 95 Oö JagdG. 76 Die Jagdperiode endet am 31. März (§ 2 Abs 1 Oö JagdG). Die Anträge müssen spätestens sechs Monate vor Ablauf der Periode, also bis längstens 30. September gestellt werden. 29. März 2021 Elisabeth Ebner 16
Feststellung der Voraussetzungen zum Eigenjagdgebiet verlangen.77 Spätestens drei Monate vor dem Ende der Jagdperiode ist das Eigenjagdgebiet und welche Grundflächen hinzugehören, festzustellen.78 Die im Feststellungsbescheid angeführten Flächen sind nummern- und flächenmäßig auszuweisen. Zu diesem Zweck hat der Grundeigentümer die beanspruchten Parzellen in seinem Antrag detailliert anzuführen.79 Weiters wird der Nachweis der grundbücherlichen Eintragung verlangt. Sollte die Eigenjagdbefugnis auf Grundlage einer Ersitzung beansprucht werden, so muss die Frage des Eigentums von der BezVBeh als Vorfrage nach § 38 AVG behandelt werden.80 Für den Fall, dass die Antragsfrist zur Feststellung nicht eingehalten werden sollte, gilt, dass die Grundflächen für die Dauer der folgenden Jagdperiode beim genossenschaftlichen Jagdgebiet verbleiben. Der Antrag ist von der Jagd- behörde als verspätet zurückzuweisen. Eine Feststellung kann immer nur zu Beginn der Jagdperiode vorgenommen werden.81 Jagdpächtern und Grundstückseigentümern, die zum genossenschaftlichen Jagdgebiet gehören, kommt keine Parteistellung im Jagdgebietsfeststellungs- verfahren zu. Zwar wird ihnen ein wirtschaftliches, jedoch kein rechtliches Interesse zugesprochen. Mangels Stellung als Partei können sie auch keine Beschwerde an das LVwG erheben.82 Einer Feststellung von Grundflächen als Eigenjagdgebiet bedarf es dann nicht, wenn sich keine Veränderungen des Jagdgebiets während der Jagdperiode (§ 14 Oö JagdG) ergeben haben. Die bisherige Eigenjagdgebietsfeststellung gilt dann für die nächste Jagdperiode weiter.83 Einer neuerlichen Anmeldung und Feststellung bedarf es nicht.84 3. Vereinigung und Zerlegung genossenschaftlicher Jagdgebiete Eine Vereinigung benachbarter genossenschaftlicher Jagdgebiete oder Teile davon zu einem gemeinschaftlichen Jagdgebiet ist von der BezVBeh zu 77 Vgl § 10 Abs 1 und 2 Oö JagdG. 78 Vgl § 10 Abs 3 lit a Oö JagdG. 79 Vgl etwa VwGH 01.10.1980, 0658/79; 18.06.1997, 97/03/0019. 80 VwSlg 1359 A/1950. 81 Reisinger/Schiffner, Oberösterreichs Jagdrecht § 10, 33. 82 Pesendorfer/Rechberger, Das oberösterreichische Jagdrecht2 § 10, 26; VwSlg 3559 A/1953. 83 Vgl § 10 Abs 4 Oö JagdG. 84 Reisinger/Schiffner, Oberösterreichs Jagdrecht § 10, 34. 29. März 2021 Elisabeth Ebner 17
verfügen, wenn diese zu einem angemessenen einheitlichen Jagdbetrieb führen soll.85 Es bedarf übereinstimmender Anträge der beteiligten Jagdgenossen- schaften, wobei durch Fachgutachten aufzuzeigen ist, dass die Vereinigung dem Interesse eines zweckmäßigen einheitlichen Jagdbetriebes dient.86 Auf Antrag der Jagdgenossenschaft hat die BezVBeh auch die Zerlegung von genossenschaftlichen Jagdgebieten in mehrere eigenständige genossen- schaftliche Jagdgebiete zu verfügen. Vorausgesetzt wird, dass die Zerlegung dem Interesse der Jagd und Landeskultur dient und die Gestalt des Geländes dies rechtfertigt. Weiters muss jeder selbständige Jagdgebietsteil ein Ausmaß von mind 115 Hektar aufweisen. Die Grenzen der einzelnen Teile sind tunlichst nach in der Natur leicht erkennbaren Grenzen, etwa Gräben, Höhenrücken oder Wasserläufen zu bestimmen.87 Auch in einem solchen Fall bedarf es der Beiziehung eines Sachverständigen zur Beurteilung der Frage, ob die Voraussetzungen iSd § 11 Abs 2 Oö JagdG gegeben sind.88 Mit der JagdG-Novelle LGBl 83/2016 wurde für den Fall von Gemeinde- zusammenlegungen angeordnet, dass rechtskräftig festgestellte Jagdgebiete sowie die dazu abgeschlossenen Pachtverträge für die Dauer der jeweiligen Jagdperioden weiterbestehen.89 Mit Rechtswirksamkeit der Zusammenlegung gelten dann die Jagdgebiete der vorherigen Gemeinden als solche der neuen Gemeinde.90 4. Arrondierung – Abrundung von Jagdgebieten Arrondierung meint nicht zwingend eine Grenzziehung, welche Rundungen aufweist, sondern vielmehr eine Berichtigung eines ungünstigen Verlaufes von Jagdgebietsgrenzen. Es ist dies jede Tätigkeit, die asymmetrische und unzweck- mäßige Grenzen eines Jagdgebietes durch geradlinige oder gleichmäßig ovale Grenzen ausgleichen will. Es wird der Zweck verfolgt, ein Ineinandergreifen benachbarter Jagdgebiete durch Vorsprünge oder Winkel zu beseitigen.91 85 Vgl § 11 Abs 1 Oö JagdG. 86 Reisinger/Schiffner, Oberösterreichs Jagdrecht § 11, 35. 87 Vgl § 11 Abs 2 Oö JagdG. 88 Reisinger/Schiffner, Oberösterreichs Jagdrecht § 11, 36. 89 Vgl § 11 Abs 4 Oö JagdG. 90 proLIBRIS, Oö Jagdgesetz 4 § 11, 33. 91 VwSlg 3958 A/1956. 29. März 2021 Elisabeth Ebner 18
Von einem ungünstigen Verlauf der Grenzen ist etwa auszugehen, wenn Teile eines Jagdgebietes nur schwierig, aber vom benachbarten Jagdgebiet leicht bejagbar sind.92 Wird etwa ein schmaler Grundstücksstreifen von einer Seite durch eine breite Wasserfläche abgegrenzt, von der anderen Seite aber von Wild- einstandsgebieten eines anderen Jagdreviers erfasst, dann kann es mittels Arrondierung zu einem Anschluss an das benachbarte Jagdgebiet kommen.93 Für die Dauer der Jagdperiode können Jagdausübungsberechtigte benachbarter Jagdgebiete Vereinbarungen hinsichtlich geringfügiger Bereinigungen der Jagd- gebietsgrenzen treffen, wenn diese zu einer Erleichterung der Jagdausübung führen sollen. Solche Vereinbarungen sind der BezVBeh anzuzeigen.94 Mit der Novelle des Oö JagdG LGBl 83/2016 wurde die behördliche Arrondierung von Jagdgebieten beseitigt und stattdessen privatautonome Vereinbarungen über geringfügige Bereinigungen zwischen den Jagdaus- übungsberechtigten benachbarter Jagdgebiete vorgesehen. Hintergrund der Überlegungen war eine Entlastung der Jagdbehörden. Amtswegige Abrundungen nahmen oftmals sehr viel Zeit in Anspruch und verlangten häufig die Beiziehung jagdfachlicher Sachverständiger zum Beweis der jagd- wirtschaftlichen Notwendigkeit. In der Praxis zeigte sich jedoch, dass Einigungen zwischen den Jagdausübungsberechtigten oftmals nicht erzielt werden konnten und somit Flächen verblieben, auf welchen die Jagd nicht ordnungsgemäß ausgeübt werden konnte.95 Es kam daher zur JagdG-Novelle LGBl 18/2020: § 13 Abs 2 Oö JagdG ordnet nun an, dass, wenn kein Einvernehmen zustande kommt, eine Gebietsabrundung aber aus jagdwirtschaftlichen Gründen als notwendig erscheint, so dann die BezVBeh auf Antrag einzelne Teile von einem Jagdgebiet abzutrennen und dem anderen zuzuschlagen hat (Arrondierungs- gebiet). Durch die Abrundung darf das Jagdgebiet nicht unter 115 Hektar sinken. Auch sind die Grenzen tunlichst so zu ziehen, dass sie mit natürlichen, künstlichen oder erkennbaren Grenzen zusammenfallen.96 Eine behördliche Abrundung mit Arrondierungsbescheid kommt also nur dann in Betracht, wenn eine Einigung zwischen den Parteien nicht zustande kommt und 92 Reisinger/Schiffner, Oberösterreichs Jagdrecht § 13, 40. 93 VwSlg 3958 A/1956. 94 Vgl § 13 Abs 1 Oö JagdG. 95 IA 1311/2020 28. GP 1; Reisinger/Schiffner, Oberösterreichs Jagdrecht § 13, 39. 96 Vgl § 13 Abs 3 Oö JagdG. 29. März 2021 Elisabeth Ebner 19
eine Abrundung erforderlich erscheint. Ungeachtet dessen soll weiterhin das Primat der Vereinbarungen zwischen den Jagdausübungsberechtigten gelten. Der Jagdausübungsberechtigte hat dem Jagdberechtigten für die Jagdausübung im Arrondierungsgebiet ein angemessenes Entgelt zu bezahlen. Sollte es zu keinem dbzgl Einvernehmen kommen, so hat die BezVBeh das Entgelt festzusetzen. Gegen die Entscheidung ist eine Beschwerde an das LVwG unzulässig. Es kann aber die gerichtliche Entscheidung im Verfahren außer Streitsachen beantragt werden.97 Praktisches Beispiel98 Der Antragsteller begehrte am 29. September 2019 bei der BH Ried näher genannte Grundstücke als Arrondierungsgebiet seinem Eigenjagdgebiet zuzu- schlagen. Der Antrag wurde zurückgewiesen, da seit der Novelle 201699 eine behördliche Abrundung nicht mehr vorgesehen war und somit die Rechts- grundlage fehlte. Der Beschwerdeführer erhob Bescheidbeschwerde beim LVwG Oö. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb das bewährte Mittel der behördlichen Arrondierung nun plötzlich aufgehoben wurde. Der Entfall der Regelung bewirke, dass alte Konflikte, die durch Abrundungen bereinigt wurden, wieder aufleben und diese vor Behörden und Gerichten ausgetragen werden würden. Der intendierte Deregulierungszweck könne nicht erzielt werden. Das Fehlen von Übergangs- bestimmungen idS, dass bisherige Arrondierungen fortgeführt werden, stelle eine Lücke dar, die durch Analogie zu schließen sei. Die beantragte Arrondierung hätte fortgeschrieben und mit Bescheid stattgegeben werden müssen. Das LVwG Oö100 wies die Beschwerde als unbegründet ab. Der Gesetzgeber habe deutlich gemacht, dass ein Antrag für Arrondierungsverfahren nicht mehr möglich sein solle. Es stehe den Jagdausübungsberechtigten ohnehin zu, unter- einander Vereinbarungen über geringfügige Bereinigungen der Jagdgebiets- grenzen zu treffen. Eine Gesetzeslücke sei nicht erkennbar, Übergangs- bestimmungen seien nicht vorhanden. Auch entfalte die behördliche 97 Vgl § 13 Abs 4 Oö JagdG. 98 Der Sachverhalt beurteilt sich nach der Rechtslage zu LGBl 83/2016. Nach Maßgabe des vormaligen § 13 Oö JagdG waren nur privatautonome Vereinbarungen möglich. 99 LGBl 83/2016. 100 LVwG Oö 16.01.2020, LVwG-551707/4/KLe. 29. März 2021 Elisabeth Ebner 20
Arrondierung keine weitergehende zeitliche Kontinuität.101 Die Arrondierung würde nämlich nur für einen bestimmten Zeitraum erfolgen, weshalb auf eine darüberhinausgehende Wirkung nicht vertraut werden dürfe. Die belangte Behörde habe daher den Antrag wegen fehlender gesetzlicher Grundlage zu Recht zurückgewiesen. Gegen das Erkenntnis des VwG wurde außerordentliche Revision erhoben. Der VwGH wies diese mit Erkenntnis als unbegründet ab.102 Es wurde ausgeführt, dass mangels eindeutiger Hinweise auf eine unvollständige Bestimmung keine planwidrige Lücke vorliege. Dem in der Revision vorgebrachten Einwand des frustrierten Verfahrensaufwands bzgl früherer Arrondierungsverfahren wurde entgegengehalten, dass sich Jagdgebietsfeststellungsbescheide auf die jeweilige Jagdperiode beschränken und keine weitergehende zeitliche Wirkung entfalten würden. Von einer planwidrigen Lücke könne auch deshalb nicht ausgegangen werden, weil intendierter Zweck der Entfall nicht als zwingend erforderlich beurteilter Bestimmungen und die Einsparung von Behördenaufwand war. Auch der Verzicht auf eine Fortgeltung früherer Arrondierungsverfahren entspreche der Deregulierung. Zuletzt sei zu betonen, dass die Wiedereinführung der behördlichen Arrondierung zur Erreichung einer ordnungsgemäßen Jagd- ausübung keine planwidrige Lücke der früheren Bestimmung darstelle. Die durch die Novelle LGBl 18/2020 neuerlich eingeführte Möglichkeit einer behördlichen Arrondierung, unter gleichzeitiger Beibehaltung des Primats von privatautonomen Vereinbarungen, stellt mE ein probates Mittel dar, um zukünftig eine Abrundung von Jagdgebieten realisieren und eine ordentliche Jagdaus- übung verwirklichen zu können. Das alleinige Instrument der Vereinbarung unter Jagdausübungsberechtigten war zwar unter dem Blickpunkt der Einsparungs- maßnahmen nachvollziehbar, führte jedoch in der Praxis oftmals zu keinen Übereinkünften sowie Konflikten unter den benachbarten Jagdausübungs- berechtigten und in weiterer Folge zu fehlenden Arrondierungsgebieten und einer nicht hinreichenden Jagdausübung. Durch die Neueinführung des § 13 Abs 2 Oö JagdG wird zwar ein erneuter Behördenaufwand geschaffen, jedoch kann dadurch eine angemessene Ausübung der Jagd in allen Jagdgebietsteilen gewährleistet werden. 101 Hinweis auf VwGH 26.04.2005, 2001/03/0454. 102 VwGH 23.06.2020, Ra 2020/03/0044. 29. März 2021 Elisabeth Ebner 21
5. Öffentliche Versteigerung genossenschaftlicher Jagdrechte In einem genossenschaftlichen Jagdgebiet ist das Jagdrecht durch Verpachtung jeweils für die Dauer der Jagdperiode zu nutzen.103 Die Jagdperiode beträgt grds sechs Jahre, in Revieren mit überwiegendem Hochwildbestand beträgt die Periode neun Jahre. Sie beginnt am 01. April und endet am 31. März.104 Die Verpachtung erfolgt auf Grund einer öffentlichen Versteigerung105, eines freien Übereinkommens oder der Erneuerung eines Jagdpachtvertrages.106 Die jeweiligen Verpachtungsarten sind einander grds gleichgestellt.107 Kommt es zu einer öffentlichen Versteigerung, ist diese so rechtzeitig anzu- kündigen, dass die Verpachtung auch zu Beginn der Jagdperiode erfolgen kann.108 Die rechtliche Grundlage für den Erwerb des Jagdausübungsrechtes ist der Ablauf der Versteigerung und der Zuschlag an den Meistbietenden.109 Eines förmlichen Pachtvertrages bedarf es zur Gültigkeit hingegen nicht. 110 Kommt es anschließend zur jagdbehördlichen Bestätigung, so wird das Jagdausübungs- recht durch den Pächter erworben. Unter jagdbehördlicher Bestätigung wird die Bestätigung des Zuschlages durch die BezVBeh verstanden, welche in Bescheidform zu ergehen hat.111 Zu diesem Zweck sind der Behörde sämtliche Unterlagen, die sie zur Beurteilung benötigt, vorzulegen. Der Zuschlag wird bekräftigt, wenn die gesetzlichen Bestimmungen eingehalten worden sind, widrigenfalls der Zuschlag außer Kraft gesetzt und eine neue Versteigerung anberaumt wird. Wurde der Zuschlag verweigert, weil die Pächterfähigkeit iSd § 20 Oö JagdG nicht vorliegt, so kann die BezVBeh jenem pächterfähigen Bieter den Zuschlag erteilen, welcher das nächsthöchste Offert gestellt hat und noch immer aufrecht hält. Wenn hingegen bei der Versteigerung kein den Ausrufpreis erreichendes Angebot gestellt wurde, so ist von der Behörde der Ausrufpreis neu festzusetzen und eine neuerliche Versteigerung anzuordnen.112 103 Vgl § 19 Abs 1 Oö JagdG. 104 Vgl § 2 Abs 1 und 2 Oö JagdG. 105 Näheres hinsichtlich des Ablaufs einer öffentlichen Versteigerung siehe Verordnung der Oö Landesregierung vom 19. Oktober 1964 über die öffentliche Versteigerung eines genossen- schaftlichen Jagdrechtes (Jagd-Versteigerungsverordnung) LGBl 60/1964 idgF. 106 Vgl § 19 Abs 2 Oö JagdG. 107 proLIBRIS, Oö Jagdgesetz 4 § 22, 44. 108 Reisinger/Schiffner, Oberösterreichs Jagdrecht § 22, 52. 109 Ebd. 110 VwGH 27.06.1957, 4381 A. 111 VwSlg 7557 A/1910. 112 Vgl § 23 Oö JagdG. 29. März 2021 Elisabeth Ebner 22
6. Abschussplan Der Abschuss von Schalenwild113 (mit Ausnahme des Schwarzwildes) kommt nur auf Grundlage eines der BezVBeh angezeigten oder von ihr festgesetzten Abschussplans in Betracht.114 Die Abschussplanzahlen gelten als Mindest- abschuss, sie dürfen überschritten, aber nicht unterschritten werden.115 Die Nichteinhaltung des Abschussplanes stellt eine Verwaltungsübertretung 116 dar und kann von der BezVBeh mit einer Geldstrafe geahndet werden. Es handelt sich um ein Ungehorsamsdelikt iSd § 5 Abs 1 VStG. Die Beweislast bzgl des Verschuldens trifft den Beschuldigten.117 Von einem Verschulden kann aber dann nicht gesprochen werden, wenn die Erfüllung des Abschussplanes wegen faktischer Umstände im Revier objektiv unmöglich war. Zur Beurteilung bedarf es jagdfachlicher Kenntnisse, weshalb die Behörde ein Sachverständigengutachten einzuholen hat.118 Der Abschussplan ist der Behörde jährlich anzuzeigen119, eines Bewilligungs- bescheides bedarf es nicht. Die Jagdausübungsberechtigten sind weiters dazu verpflichtet, jeden Abschuss innerhalb von zwei Wochen der BezVBeh anzuzeigen.120 Die Behörde hat den Abschussplan nur dann selbst festzusetzen, wenn gegen den angezeigten Abschussplan aus Sicht der Landeskultur und der Jagdwirtschaft Bedenken bestehen.121 Der Abschussplan „ist im Interesse der Landeskultur so zu erstellen, dass eine ökologisch und wirtschaftlich tragbare Wilddichte hergestellt und erhalten wird.“122 Davon ist auszugehen, wenn Waldbestände auf Grund natürlicher Verjüngung oder Aufforstung ohne Flächenschutz, aber mit forstlichen Maßnahmen gesichert aufwachsen können.123 Die Abschussplanung verlangt eine Beurteilung des Verbissgrades auf Weiserflächen sowie die Begutachtung des Vegetationszustandes innerhalb und außerhalb von Vergleichsflächen.124 113 Hochwild- oder Rotwild, Dam-, Sika-, Reh-, Gams- und Muffelwild. 114 Vgl § 50 Abs 1 Oö JagdG; § 1 Abs 1 Verordnung der Oö Landesregierung über den Abschussplan und die Abschussliste LGBl 74/2004 idgF. 115 Sieghartsleitner/Schiffner/Böck, OÖ Abschussplanverordnung Neuerungen bei der Abschuss- planung und -durchführung, Der OÖ Jäger Nr 168 (September 2020), 6 (7). 116 Vgl § 95 Abs 1 lit j Oö JagdG. 117 Reisinger/Schiffner, Oberösterreichs Jagdrecht § 50, 99; VwGH 20.09.1995, 93/03/0083. 118 VwGH 26.02.1986, 84/03/0317, 0318/0319. 119 Vgl § 50 Abs 2 Oö JagdG; § 5 Abs 1 Oö Abschussplanverordnung. 120 Vgl § 50 Abs 6 Oö JagdG; § 7 Abs 1 Oö Abschussplanverordnung. 121 Vgl § 50 Abs 3 Oö JagdG; § 5 Abs 2 Oö Abschussplanverordnung. 122 § 1 Abs 2 Oö Abschussplanverordnung. 123 Ebd. 124 Vgl § 1 Abs 4 Oö Abschussplanverordnung. 29. März 2021 Elisabeth Ebner 23
Unter Beachtung des Waldzustandes ist der Abschussplan dann auf Grundlage der Vergleichs- und Weiserflächen sowie der in den letzten drei Jahren vorgenommenen Abschüsse zu erstellen.125 „Vergleichsflächen sind schalen- wilddicht eingezäunte Waldflächen, die der Beurteilung der natürlichen Wald- verjüngung innerhalb und außerhalb des Zaunes dienen. Weiserflächen sind nicht gegen Wildverbiss geschützte Naturverjüngungs- oder Aufforstungs- flächen, deren Verbissgrad einwandfrei beurteilt werden kann.“126 Im Rahmen der jährlich stattfindenden Begehung werden mit Vertretern der Jägerschaft und der Grundbesitzer sowie des Forstdienstes der BezVBeh die Vergleichs- und Weiserflächen begutachtet. Es erfolgt eine Beurteilung des Vegetationszustandes und Verbissgrades anhand von Beurteilungsstufen. Beurteilungsstufe I bedeutet, dass keine beachtliche Beeinträchtigung der Natur- verjüngung durch Wildverbiss vorliegt. Es kann daher zu einer Abschusssenkung kommen. Beurteilungsstufe II liegt vor, wenn es durch den Wildverbiss zu einer wesentlichen Verlangsamung der Naturverjüngung kommt. Eine Anhebung des Abschussplanes ist die Folge. Zu einer Anhebung von mind 35% kommt es auf Grundlage der Beurteilungsstufe III. Diese ist gegeben, wenn eine Verhinderung der Naturverjüngung auf Grund eines starken Wildverbisses vorliegt.127 7. Zwangsabschuss Die BezVBeh kann, auch ohne Berücksichtigung der Schonzeiten, anordnen, dass binnen einer bestimmten Frist der Wildstand gänzlich oder der Bestand einer gewissen Wildart im bestimmten Umfang reduziert wird.128 Voraussetzung ist, dass der Zwangsabschuss dem Interesse der Volksgesundheit und der öffentlichen Sicherheit dient, zur Abwendung erheblicher Schäden an land- und forstwirtschaftlichen Kulturen, Viehbeständen, Wäldern, Fischwässern und Gewässern erforderlich ist oder zum Schutz der Pflanzen- und Tierwelt betrieben wird.129 Im Falle eines Überbestandes an Wild wird ein Zwangsabschuss unter dem Aspekt des Schutzes der Landeskultur vermehrt angeordnet werden müssen, da Verbissschäden durch Wild zu einer Bedrohung der wirtschaftlichen Existenz von 125 § 5 Abs 1 Oö Abschussplanverordnung. 126 § 3 Abs 1 Oö Abschussplanverordnung. 127 Siehe Erläuterungen zum Abschussplan in der Anlage 1 – Abschussplan der Oö Abschuss- planverordnung. 128 Vgl § 49 Abs 2 Oö JagdG. 129 Vgl § 49 Abs 2 iVm § 48 Abs 3 lit a – c Oö JagdG. 29. März 2021 Elisabeth Ebner 24
landwirtschaftlichen Betrieben führen können.130 Auch kann etwa bei sog Schadböcken, welche mit ihrem Geweih Schäden an Forstkulturen verursachen (Fegeschäden) und dadurch das Heranwachsen neuer Pflanzen verhindert wird, ein Zwangsabschuss einzelner Wildtiere angeordnet werden. Ein Zwangsabschuss kann gegenüber der Behörde nur angeregt werden. Ein Rechtsanspruch auf ein amtswegiges Vorgehen besteht nicht. Bei Nicht- einschreiten kann daher auch nicht die Verletzung eines subjektiven öffentlichen Rechtes behauptet werden.131 Ein Zwangsabschuss von Wild, das der Vogelschutz-Richtlinie132 oder der FFH- Richtlinie133 unterliegt, darf nur angeordnet werden, wenn keine andere zufriedenstellende Lösung vorhanden ist und auch der günstige Erhaltungs- zustand dieser Wildtierart aufrechterhalten wird.134 Praktisches Beispiel Die BH Freistadt wies mit Bescheid vom 12. Juni 2014 das Ansuchen um Bewilligung eines Zwangsabschusses eines Habichts und Mäusebussards betreffend einer landwirtschaftlichen Freilandhühnerhaltung ab. Gegen den Bescheid wurde rechtzeitig Beschwerde beim LVwG Oö erhoben. Mit Erkenntnis135 vom 08. September 2014 wurde der Beschwerde stattgegeben und der Zwangsabschuss antragsgemäß angeordnet. Es wurde festgestellt, dass im Jahr 2013 ca 25 Hühner und im Jahr 2014 mind 20 Hühner von diesen Greif- vögeln geschlagen wurden. Nach Ansicht des jagdfachlichen Amtssach- verständigen sei eine Entnahme von Greifvögeln zwar nicht dauerhaft zielführend, ein Zwangsabschuss würde jedoch einen positiven und kurzfristigen Erfolg herbeiführen. Die vom Oö Landesjagdverband vorgesehene Entschädigung für Schäden am Hühnerbestand sei mit max sechs Stück a fünf Euro pro Betrieb und Jahr limitiert. Da in casu der Bestand um beinahe 100% reduziert wurde, sei von einem mehr als unerheblichen Schaden am Hühner- bestand auszugehen. Anderweitige zufriedenstellende Lösungen (etwa Spannen 130 AB 115/1963 BlgNR 19. GP 5. 131 VwGH 22.10.1990, 90/19/0435. 132 RL 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten, ABl L 2010/20, 7. 133 RL 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen, ABl L 1992/206, 7. 134 § 49 Abs 3 Oö JagdG. 135 LVwG Oö 08.09.2014, LVwG-550291/7/KLE/AK. 29. März 2021 Elisabeth Ebner 25
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