" DIGILOGE" WORKFLOWS - Zeitschrift für Zahnärztliche ...
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I FALLBERICHT I
„ DIGILOGE“
WORKFLOWS
Auf dem Weg zum Digital Workflow: Zeitgemäße Optimierung von Arbeitsabläufen und
-qualität mithilfe intraoraler Scantechnik bei Sofortversorgungen ganzer Kiefer mit reduzierter Implantatzahl
Dr. Joachim Beck-Mußotter
Einleitung: Das digitale intraorale Scan- HINTERGRUND
nen wird als moderne Alternative zu den Die meisten Zahnärzte nutzen in der Tat
konventionellen Abformmethoden nur von das analoge Verfahren der Abformung als
15 % der Zahnärzte genutzt. Dabei hat Arbeitsgrundlage und verzichten häufig
sich gezeigt, dass mithilfe der digitalen auf die Chance, die das digitale intraorale
Technik die Arbeitsabläufe in der Implan- Scannen mit sich bringt. Laut Erhebungen
→ Warum Sie diesen tologie effizienter gestaltet werden kön- nutzen nur 15 % die moderne Alternative,
Beitrag lesen sollten? nen. während sich die übrigen Zahnärzte für die
Hier erfahren Sie am Beispiel der Falldarstellungen: Ein Patient mit den konventionelle Abformmethode entschei-
Sofortversorgung beim ganzen verbliebenen Zähnen 11 und 12 im Ober- den. Im Vergleich dazu stehen Dentalla-
Kiefer im Rahmen eines kiefer soll neu versorgt werden. Ein Kon- bore dem digitalen Workflow wesentlich
implantologisch-prothetischen zept der Sofortversorgung wird mit offener gegenüber: Bereits 3 von 4 Labo-
Konzepts, welchen Zugewinn die 4 Implantaten nach digilogem Workflow ren in Deutschland setzen auf die digitale
Anwendung der intraoralen durchgeführt. Technik [9].
Scantechnik für den
implantologisch-prothetisch Zitierweise: Beck-Mußotter J: „Digiloge“ Effiziente Arbeitsabläufe
arbeitenden Zahnmediziner und Workflows. Zahnärztl Implantol 2020; 36: Gerade in der Implantologie liefert eine
Zahntechniker in der Praxis hat. 48−52 präoperative, lichtoptische und berüh-
Der moderne Workflow bringt DOI.org/10.3238/ZZI.2020.0048−0052 rungsfreie Abformung mit anschließen-
viele Vorteile. der dreidimensionaler Behandlungspla-
Schlüsselwörter: Abformung; digitaler nung erfahrungsgemäß eine gute Aus-
Workflow; intraorale digitale Abformung; gangssituation für eine sichere und prä-
Intraoralscanner; Pro-Arch-Konzept; So- zise Patientenversorgung. Intraoperati-
fortversorgung ve Scans bleiben wegen Blutungen und
intraoperativer Parameter schwierig,
weswegen wir im vorliegenden Artikel
zeigen wollen, wie digitale und analoge
Verfahren im Sinne „digiloger“ Work-
flows sinnvolle Möglichkeiten für die Pra-
xis bieten.
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Abb. 1–15: Dr. J. Beck-Mußotter, Weinheim
Abb. 1: Ausgangssituation vor Extraktion nicht erhaltungswürdiger
Zähne
Abb. 2: Screenshot der Durchführung einer 3D-Planung der Oberkiefer-
region
Kritiker mögen die anfänglich hohen kungen auf die Effizienz der Abläufe im probleme minimiert werden und zum an-
Investitionskosten für ein digitales Sys- Praxisbetrieb hat. Und sollte einmal eine deren kann der Patient dank intraoperati-
tem monieren. Die Erfahrung zeigt aber, Reproduktion nötig sein, ist der Aufwand ver Scans direkt nach Implantatinsertion
dass sich mit der modernen Alternative um einiges geringer als bei der konventio- bereits bei der Implantatfreilegung mit ei-
Kosten einsparen lassen – etwa in pun- nellen Methode der Abformung. Auch ein nem individuellen Gingivaformer oder Pro-
kto Chairtime, beim Materialeinsatz oder anteiliges Scannen ist möglich – so muss visorium versorgt werden. Bei dieser Vor-
Versand. Außerdem können mithilfe der nicht noch einmal der gesamte Abfor- gehensweise wird im Übrigen auch eine
digitalen Technik Arbeitsabläufe effi- mungsprozess gestartet werden. sehr ästhetische Weichgewebsausfor-
zienter gestaltet werden und die Kom- mung erreicht.
munikation mit dem Labor wird digitali- In seinen Praxiskliniken setzt der Autor
siert und vereinfacht. Weiterhin lassen inzwischen bei einem hohen prozentualen
sich die Behandlungszeiten verkürzen, Anteil der implantatprothetischen Fälle
denn mit digitaler Unterstützung gelingt und bei vielen Prothetikversorgungen auf
die Abformung nicht nur präzise, son- Dank intraoperativer Scans das intraorale, digitale Scannen und auf
dern auch mit einem geringeren Zeitauf- kann der Patient direkt nach 3D-Verfahren.
wand. Darüber hinaus entfallen Neben- Die folgende Falldarstellung soll zei-
Implantatinsertion bereits bei
wirkungen der konventionellen Methode gen, wie sich der Einsatz der modernen di-
wie Würgereiz oder Einschränkungen der Implantatfreilegung mit gitalen Abformung und Behandlungspla-
des Geschmackssinns, wofür jeder Pa- einem individuellen Gingiva- nung unter Einsatz eines Intraoralscan-
tient dankbar ist. Studien bescheinigen former oder Provisorium ners in der Praxis bewährt.
der modernen Technik zudem ein Plus
versorgt werden.
an Kommunikation zwischen Patient, FALLDARSTELLUNG
Zahnarzt und Zahntechniker, was der Mit dem Wunsch nach „festen Zähnen“
Autor nach seinen Erfahrungen bestäti- stellte sich ein 65-jähriger Patient ohne all-
gen kann [12]. gemeingesundheitliche Auffälligkeiten
beim Autor vor (Abb. 1). Er war nach
Standardisierung Zahnextraktionen zunächst mit Interims-
Ein weiterer Vorteil des Einsatzes digitaler Dank der Echtzeitdarstellung ist es schon Klammerprothesen im Ober- und Unter-
Verfahren, wie sie ein Intraoralscanner während des Scanvorgangs möglich, ei- kiefer versorgt worden. Nun sollte die Res-
bietet, ist u.a. die Standardisierung von Ar- nen Blick auf die jeweilige Situation zu tauration im Bereich des Oberkiefers mit
beitsprozessen, was nachweislich Auswir- werfen. So können zum einen Stitching- den verbliebenen Zähnen 11 und 12 neu
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Abb. 3: Ausgangssituation im Oberkiefer Abb. 4: Bildung des Mukoperiostlappens beid- Abb. 5: Dental und gingival abgestützte
seitig Schablone
Abb. 6: Guided Surgery Verfahren, Bohrung Abb. 7: Insertion der Implantate nach Opera- Abb. 8: Eingeschraubte abgewinkelte Abut-
mithilfe von Bohrlöffel und geführtem Bohrer tionsprotokoll ments
Abb. 9: Spannungsfreier Nahtverschluss mit Abb. 10: Aufgeschraubte Titanhülsen für die Abb. 11: Verkleben (Komposit) der Titanhül-
resorbierbaren Nähten Bissnahme sen mit der Interimsprothese zur Kieferrela-
tionsbestimmung und Bissfixierung
überdacht werden. Im Beratungsgespräch zahnten Patienten oder kompromittierten gen. Können diese Parameter nicht si-
kristallisierte sich die Sofortversorgungs- Kiefern. Voraussetzungen für eine dauer- cher gewährleistet werden, würde der
lösung als die von ihm bevorzugte Varian- haft erfolgreiche Behandlung mit diesem Autor einem konservativen Verfahren mit
te heraus (Abb. 2). Therapiekonzept sind dabei eine gute gedeckter Einheilung den Vorzug geben.
Das Konzept der Sofortversorgung Compliance und eine sehr gute Mundhy- Ebenso gilt ein möglichst großes Unter-
für zahnlose Kiefer basiert auf einer The- giene. Da die sofortige, festsitzende pro- stützungsfeld und bei einer Versorgung
rapie mit 4 bis 6 Implantaten, wobei die thetische Belastung der verblockten Kon- mit nur 4 Implantaten je Kiefer ein Aus-
distalen (bzw. mittleren) Implantate im struktion bereits in der Phase der Einhei- trittsprofil der distalen Implantate in
Winkel von bis zu 30 Grad anguliert inse- lung erfolgt, wird dem Patienten weiche regio 5 als Voraussetzung für ein Full-
riert werden, um Strukturen wie den N. Kost für einen Zeitraum von 6 bis 8 Wo- Arch-Konzept, wobei ein distaler Anhän-
mentalis oder den Sinus maxillaris zu chen verordnet. Dies verlässlich einzu- ger regio 6 sich als unbedenklich gezeigt
schonen und Augmentationen, z.B. einen halten ist, wie auch eine gute Hygiene hat. Ästhetisch muss in diesen Fällen die
externen Sinuslift, zu vermeiden. Diese und regelmäßige Kontrollen in dieser nicht versorgte Region des entsprechen-
Herangehensweise eignet sich für festsit- Zeit, conditio sine qua non und bei der den Siebeners kritisch begutachtet wer-
zende Sofortrestaurationen bei unbe- Auswahl der Patienten kritisch abzuwä- den. Die prothetische Konstruktion wird
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Abb. 12: Vorbereiten der Abformung und Schutz der periimplantären Abb. 13: Abformung mit präoperativ vorbereitetem individuellem Löffel
Gewebe mittels Kofferdams
also von 4 bis 6 Implantaten getragen, die reich ist auch das offene System der Pla- Guided-Surgery-Schablone die Implanta-
bei ausreichender Primärstabilität von nungssoftware, das den Datenimport und te vorbereitet und gemäß Planung inse-
mindestens 35 Ncm sofort belastet wer- -export für über 7000 Implantate verschie- riert. Die Zähne 11 und 21 dienten dabei
den können. Der zur Verfügung stehende dener Hersteller gestattet. So kann man der Stabilisierung der Schablone und un-
Knochen im Bereich der Prämolaren und als Zahnarzt oder Zahntechniker an ver- terstützten weiterhin die Bissnahme, in-
im Frontzahngebiet bildet eine weitere In- schiedenen Stellen des digitalen Work- dem der bestehende therapeutische
dikationseinschränkung. Sowohl krestal flows einsteigen und eine individuelle Lö- Zahnersatz im Sinne der Interimsprothese
als auch im Verlauf der gesamten Implan- sung kreieren. Wissenschaftliche Studien mit den Titanhülsen intraoral fixiert wurde.
tatachse muss ausreichend Knochen attestieren den Scansystemen eine hohe Ein Bissregistrat komplettierte dieses Ver-
vorhanden sein, um sowohl Primärstabili- Präzision [4–6]. fahren (Abb. 3–11).
tät als auch Sekundärstabilität, insbeson- Bei dem hier vorgestellten Patienten Nach Entfernung der Zähne 11 und 21
dere in der belasteten Einheilphase, si- kam in Verbindung mit dem Intraoralscan- und Nahtverschluss erfolgte mithilfe eines
cherzustellen. Sind all diese Kriterien er- ner auch die 3D-Planungssoftware zur vorbereiteten individuellen Abformlöffels
füllt, was die Zahl der für dieses Konzept Unterstützung der Behandlungsplanung eine Abformung auf Tissue-Level-Niveau
geeigneten Patienten einschränkt, ge- zum Einsatz. Ergo wurden in regio 12 und (Abb. 12, 13). Diese wurde nach der zahn-
staltet sich der Ablauf von der Planung 22 zwei Implantate mit einem Durchmes- technischen Herstellung der Sofortversor-
bis zum Einbringen der Implantate und ser von 3,3 mm und einer Länge von gung am selben Tag mit den Abutments
schließlich zur festsitzenden, endgülti- 14 mm geplant. Regio 15 und 25 erhielten verschraubt. Während der Einheilphase
gen prothetischen Versorgung weniger Implantate im Durchmesser von 4,1 mm wurde der Patient engmaschig zur Kon-
aufwendig und sehr patientenfreundlich. und gleicher Länge von 14 mm. trolle bestellt (Abb. 14).
Die Kombination von Behandlungsschrit- Auf der Grundlage der Planung und Drei Monate später konnte die ver-
ten und der geringere Zeitaufwand belas- des Intraoralscans wurde die Operations- schraubte definitive Brücke beim Patien-
ten die Patienten deutlich weniger schablone angefertigt. Der Autor arbeitet ten eingesetzt werden (Abb. 15). Der Un-
[1, 8, 11]. prä-, peri- und postoperativ eng mit einem terkiefer soll nun ebenfalls mithilfe von im-
Im Fall des 65-jährigen Patienten kam Zahntechniker zusammen, der das Mo- plantatgetragenem, festsitzendem Zahn-
ein Intraoralscanner zum Einsatz, den der dell, Bohrschablonen, Abformlöffel und ersatz versorgt werden.
Autor bereits seit 2 Jahren vor allem in Provisorien bereits mit den modernen Ver-
Schaltlückensituationen – auch in großen fahren des 3D-Drucks oder der CAD/ BEDEUTUNG FÜR DIE PRAXIS
Schaltlücken – und für die 3D-Behand- CAM-Frästechnik herstellt. So können an- Die Behandlungsergebnisse in unserer
lungsplanung ganzer Kiefer nutzt. hand der präoperativen Daten bereits Mo- Praxis zeigen immer wieder, dass intra-
Bei der Arbeit mit dem System kann dellgussgerüste vorbereitet und im digilo- orale Scans eine sichere Grundlage zur
auf Puder oder Spray verzichtet werden. gen Verfahren finalisiert oder rein im digi- Behandlungsplanung, für Guided-Surge-
Der digitale Workflow dieses offenen Sys- talen Workflow hergestellte temporäre ry- und CAD/CAM-Verfahren innerhalb
tems erfolgt über eine Cloud-Plattform und Versorgungen generiert werden. des digitalen Arbeitsablaufs liefern. Da-
ermöglicht den freien Versand von Daten Nach Bildung des Mukoperiostlappens bei ist der digitale Workflow nicht nur ef-
im gängigen Standardformat. Sehr hilf- wurden im vorliegenden Fall mithilfe einer fizienter und effektiver, sondern auch
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Abb. 14: Sofortversorgung mit temporärer, verschraubter Brücke aus Abb. 15: Abschlussbilder der Restauration: verschraubte Brücke im
Kunststoff mit stabilisierendem Modellgussgerüst Oberkiefer
sehr patienten- und anwenderfreundlich. hygienefähigkeit, gute Compliance sowie se für die Straumann Akademie sowie
Und im Hinblick auf die Präzision steht ausreichende Knochen- und Weichge- Zahlungen für Reisen/Unterkunft über die
die digitale Methode der konventionellen websverhältnisse sind conditio sine qua Straumann Akademie.
Technik nachweislich in nichts nach non. Ein halbjährliches Recall-Programm
[2–7, 10]. mit professioneller Reinigung und ein jähr-
Um einen optimalen Arbeitsablauf ge- liches Aus- und Wiedereingliedern nach
währleisten zu können, ist es jedoch wich- Reinigung der Brücke sichern die Lang-
tig, dass die Schnittstelle zum Labor funk- zeitstabilität.
tioniert. Sicher ist es von Vorteil, in ein
System zu investieren, das digital gestütz- Interessenkonflikt: Der Autor gibt an,
te Lösungen für Praxen und Labore aus ei- dass im Zusammenhang mit seinem Bei-
ner Hand anbietet, damit der digitale trag kein Interessenkonflikt besteht. Als
Foto: privat
Workflow optimal fließen kann. relevante Aktivitäten außerhalb des einge-
Bei Sofortversorgungen ganzer Kiefer reichten Beitrags gibt der Autor Folgendes
ist für die langfristig stabile und erfolgrei- an: Mitgliedschaft Straumann BLX-Stu-
→ DR. JOACHIM BECK-MUSSOTTER
che Therapie insbesondere die Patienten- dienzentrum, Experteninterview mit Strau- Zahnkonzept Weinheim-Hohensachsen
auswahl von Bedeutung. Eine gute Mund- mann auf der IDS 2019, Referent und Kur- jbm@das-zahnkonzept.de
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