Direkte Ethanolmetabolite in Blut und Urin: Relevanz in Diagnose und Therapie alkoholbezogener Störungen - Krause und ...
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Journal für Neurologie, Neurochirurgie und Psychiatrie www.kup.at/ JNeurolNeurochirPsychiatr Zeitschrift für Erkrankungen des Nervensystems Direkte Ethanolmetabolite in Blut Homepage: und Urin: Relevanz in Diagnose und www.kup.at/ Therapie alkoholbezogener Störungen JNeurolNeurochirPsychiatr Wurst FM, Thon N, Weinmann W Online-Datenbank mit Autoren- Journal für Neurologie und Stichwortsuche Neurochirurgie und Psychiatrie 2009; 10 (3), 82-85 Indexed in EMBASE/Excerpta Medica/BIOBASE/SCOPUS Krause & Pachernegg GmbH • Verlag für Medizin und Wirtschaft • A-3003 Gablitz P.b.b. 02Z031117M, Verlagsor t : 3003 Gablitz, Linzerstraße 177A /21 Preis : EUR 10,–
DGfE 2022 60. Jahrestagung der DGfE 27.–30. APRIL 2022 l Leipzig © Jakob Fischer l shutterstock www.epilepsie-tagung.de AbstrAct DEADlinE 09. DEzEmbEr 2021 73. Jahrestagung Deutsche gesellschaft für neurochirurgie abstract Deadline: 04. Januar 2022 Joint Meeting mit der griechischen gesellschaft für neurochirurgie www.dgnc-kongress.de
Direkte Ethanolmetabolite Direkte Ethanolmetabolite in Blut und Urin: Relevanz in Diagnose und Therapie alkoholbezogener Störungen F. M. Wurst1, N. Thon1, W. Weinmann2 Kurzfassung: Biomarker sind in der Diagnose blut 2–3 Wochen. Zusätzlich können EtG und ety of confounds due to age, gender, other in- und Therapie alkoholbezogener Störungen eine FAEEs in Haaren monatelang nachgewiesen gested substances and non-alcohol-associated nützliche Ergänzung zu Selbstberichten der Patient- werden. Zum Nachweis unterschiedlicher Alko- diseases. In light of the limitations of these cur- innen und Patienten. Traditionelle Biomarker wie holmengen über verschiedene Zeiträume – vom rently available markers, direct ethanol meta- Gamma glutamyltraspeptidase und mittleres kurzfristigen Konsumereignis kleiner Mengen bolites, positive only after ethanol intake, have korpuskuläres Volumen weisen vielfältige Limi- bis zum längerfristigen Konsumereignis großer gained interest. These markers include ethyl tationen auf, da es sich um indirekte Marker Mengen – steht jeweils ein geeigneter Ethanol- glucuronide (EtG), ethyl sulfate (EtS), phos- handelt: Hierzu gehören die Zeitfenster, die sie metabolit zur Verfügung. Damit eröffnen diese phatidylethanol (PEth) and fatty acid ethyl esters jeweils abdecken, sowie ein Vielzahl von Para- Marker neue Perspektiven in Prävention, inter- (FAEEs). metern wie Alter, Geschlecht, nicht-alkohol- disziplinärer Kooperation, Diagnose und Thera- Each of these measures is positive in serum or bezogene Störungen etc., die die Ergebnisse be- pie alkoholbezogener Störungen. urine for a characteristic time spectrum after the einflussen. Direkte Ethanolmetabolite – Stoff- cessation of ethanol intake: EtG and EtS in urine wechselprodukte von Ethanol, die nur nachweis- up to 7 days, PEth in whole blood for 2–3 weeks. bar sind, wenn Alkohol aufgenommen wurde – Abstract: Direct Ethanol Metabolites. Cur- Additionally, EtG and FAEE can be detected in sind dagegen direkte Biomarker für Alkohol- rently available biological state markers of alco- hair for months. konsum. Besondere Beachtung fanden in den ver- hol intake are limited in two basic respects: (1) Complementary use of these markers to- gangenen Jahren insbesondere Ethylglucuronid Their time spectra are limited to only recent in- gether with other biological state markers and (EtG), Ethylsulfat (EtS), Phosphatidylethanol (PEth) take (e.g. serum ethanol detects only use within self report measures is expected to lead to sig- und Fettsäureethylester (FAEEs). Sie sind hoch- the past several hours) or long-term, chronic in- nificant improvement in treatment outcome, sensitiv und hochspezifisch, derzeit bereits take through measurement of adverse conse- therapy efficacy, and reduction of health, social routinemäßig einsetzbar und decken komple- quences of heavy drinking on end-organ func- and socio-economic consequences of excessive mentäre Zeitfenster des Konsumnachweises ab: tioning (gamma glutamyl transpeptidase [GGT], alcohol consumption. J Neurol Neurochir EtG und EtS im Urin bis zu 7 Tage, PEth im Voll- mean corpuscular volume [MCV]) and (2) a vari- Psychiatr 2009; 10 (3): 82–5. Einleitung In Sinne einer Sekundärprävention – d. h. der frühzeitigen Diagnose und Therapie alkoholbezogener Störungen, um Alkoholbezogene Störungen sind häufig, teuer in den Ge- Folgeerkrankungen zu vermeiden – können sowohl Frage- samtfolgekosten und werden gleichzeitig häufig unterdiagno- bögen wie der CAGE oder der Alcohol Use Disorders stiziert [1, 2]. Identification Test (AUDIT) [5] als auch Biomarker hilf- reich sein. Sie zählen zu den zehn häufigsten Krankheiten und verursa- chen Kosten wie risikoreiches Sexualverhalten (HIV, HCV). Neben traditionellen Biomarkern, wie der Gammaglutamyl- Die Kosten in den USA beispielsweise liegen weit über 180 tranferase (Gamma-GT), dem mittleren korpuskulären Volu- Mrd. US$ pro Jahr, in der Schweiz über 2,3 Mrd. Franken. Die men (MCV) und CDT (kohlenhydratdefizientes Transferrin) Kosten entstehen durch Produktionsausfall, infolge von finden in der letzten Dekade zunehmend direkte Ethanolmeta- Krankheit, Unfall und Tod, Behandlungskosten und Behe- bolite Beachtung. Diese direkten Stoffwechselprodukte von bung von Sachschäden. Nicht berücksichtigt sind dabei Pro- Alkohol sind nur nachweisbar, wenn Alkohol konsumiert bleme im privaten Umfeld, wie beispielsweise in der Familie. wurde. Sie haben sich als Biomarker mit hoher Sensibilität und Spezifität etablieren können, die ein komplementäres Die Punktprävalenz für Alkoholabhängigkeit wird für Öster- Zeitfenster abdecken, jetzt bereits routinemäßig verwendet reich, wie in anderen vergleichbaren Ländern mit 5 %, die werden können und neue Perspektiven in Prävention, interdis- Lebenszeitprävalenz mit 10 % angegeben [3]. In einer kürz- ziplinärer Kooperation, Diagnose und Therapie alkoholbezo- lich durchgeführten Untersuchung von österreichischen Re- gener Störungen eröffnen. kruten wurde bei 15 % ein schädlicher Gebrauch von Alkohol, bei 3,2 % eine Abhängigkeit gefunden [4]. Die gegenwärtig eingesetzten indirekten Statemarker (Gam- ma-GT, MCV) werden durch Alter, Geschlecht, eine Vielzahl von Substanzen und von nicht alkoholbezogenen Störungen beeinflusst und decken nicht die ganze Zeitachse für Alkohol- konsum ab [6–8]. Aus der 1Univ.-Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie II, Christian-Doppler-Klinik, SALK und dem 2Institut für Rechtsmedizin, Universitätsklinikum Freiburg. Korrespondenzadresse: Univ.-Prof. Dr. med. Friedrich Martin Wurst, Univ.-Klinik Direkte Ethanolmetabolite (Abb. 1) hingegen sind im Serum für Psychiatrie und Psychotherapie II, Christian-Doppler-Klinik, SALK, PMU, für Stunden, im Urin für bis zu sieben Tage, im Vollblut über A-5020 Salzburg, Ignaz-Harrrer-Straße 79; E-Mail: f.wurst@salk.at 2–3 Wochen und in Haaren über Monate nachweisbar. 82 J NEUROL NEUROCHIR PSYCHIATR 2009; 10 (3) For personal use only. Not to be reproduced without permission of Krause & Pachernegg GmbH.
Direkte Ethanolmetabolite ≥ 75 für EtG und m/z 226 ≥ 75 für d5-EtG. Mit einer einfachen Massenspektrometrie ist die Zuverlässigkeit der Aussage ge- ringer. WHO/ISBRA-Studie Wichtige Ergebnisse konnten im Rahmen der „WHO/ISBRA Study on biological state and trait markers of alcohol use and dependence“ gewonnen werden. Diese Studie ist mit 1863 Patienten und bis zu 1300 verfügbaren Variablen pro Patient die umfangreichste ihrer Art. Hier konnte die Nützlichkeit von Ethylglukuronid im Vergleich mit anderen biologischen Statemarkern und Self reports bei großen Fallzahlen vergli- Abbildung 1: Bildung direkter Ethanolmetabolite. Aus: Wurst et al. Ärzte Krone 5/2008. chen werden. Darüber hinaus konnte die Robustheit der LC/ MS-MS-Methode nachgewiesen werden [16, 18]. Zu erwähnen sind hier insbesondere: ● Ethylglucuronid (EtG) in Serum, Urin und Haaren [9–21]. Weitere Anwendungsbeispiele ● Ethylsulfat (EtS) in Urin und Serum [22–24]. Weiteren Einsatz fand Ethylglukuronid, aber auch das über ● Phosphatidylethanol (PEth) in Vollblut [17, 25–29] Wochen nachweisbare Phosphatidylethanol (s. u.) bei foren- ● Fettsäureethylester (FAEEs) insbesondere in Haaren [30– sisch-psychiatrischen Patienten (§ 64 StGB, Deutschland). 33]. Hier wurden 35 psychiatrische Patienten über 12 Monate mit Atemalkoholtest, Urinalkohol, Urin-EtG, %CDT, Phospha- Im Weiteren wird wegen der zum einen sehr viel umfangrei- tidylethanol, Gamma-GT/MCV und Self Reports monitorisiert. cheren Datenlage für die Biomarker in Serum und Blut, zum Von 146 Urinproben waren 14 positiv für Ethylglucuronid. anderen wegen der komplexen, einen eigenständigen Beitrag rechtfertigenden Situation der direkten Ethanolmetabolite in Nur in einem Fall war ein anderer Biomarker, nämlich Atem- Haaren hier überwiegend auf die Nutzung in Serum und Blut alkohol nachweisbar. In allen Fällen hatten die Betroffenen eingegangen. Es sei jedoch erwähnt, dass sich zunehmend den Konsum und den Zeitpunkt eingeräumt [17]. verschiedene Vorteile für die Nutzung von EtG in Haaren (ge- genüber FAEEs) herauskristallisieren und EtG in Haaren viel- Bei einer Vielzahl von Patienten in einer opioidgestützten fach z. B. in der Fahreignungsbegutachtung Eingang gefun- Behandlung liegt eine Hepatitis C-Infektion vor. Hier kann den hat [9, 20, 29, 30, 32, 33]. Alkoholkonsum – insbesondere in höheren Mengen – zu einer Progression der Zirrhose führen. In einem Kollektiv von 49 HCV-positiven Patienten in Sydney konnten Wurst et al. [19] Ethylglukuronid zeigen, dass 8 von 19 UEtG-positiven Patienten keinen Alkohol- Bei Ethylglukuronid handelt es sich um ein sehr kleines Mole- konsum in den letzten fünf Tagen eingeräumt hatten. kül mit einem Molekulargewicht von 222 g/mol, einem Schmelzpunkt bei 150 °C, das bereits 1901 von Neubauer [34, Ähnliches gilt für ein Kollektiv von 40 opioidgestützt be- 35] beschrieben wurde. Es stellt einen kleinen Weg der handelten Patienten in Basel, wo gemäß der Haaranalyse 75 % Alkoholelimination dar (weniger als 0,1 %). Es ist nicht flüch- einen längerfristigen höheren Alkoholkonsum aufwiesen, von tig, wasserlöslich, lagerungsstabil und kann noch lange, nach denen jedoch zwei Drittel diesen nicht berichtet hatten. abgeschlossener Alkoholelimination aus dem Körper, nach- gewiesen werden. Ein weiteres Anwendungsbeispiel sind die „Physician Health Programs“ in den USA. Substanzabhängige Ärztinnen und Selbst kleine Mengen, wie beispielsweise 0,1 l Champagner, Ärzte können dort ihre Lizenz behalten und weiterarbeiten, konnten bis zu 27 Stunden nachgewiesen werden. Bei länger- wenn sie eine Abstinenzvereinbarung unterschreiben und sich fristigem exzessiven Konsum, wie beispielsweise bei Alko- einer regelmäßigen Monitorisierung unterziehen. Hier konn- holentzugspatienten, waren nach vier Tagen noch alle Urin- ten Skipper et al. [12] durch den Einsatz von EtG im Urin im proben positiv. Bereich von 7 % positive Tests nachweisen. Alle Proben waren negativ für Urinalkohol. Diese Ergebnisse wurden in- Ethylglukuronid konnte aber auch in postmortalen Körper- zwischen in der Routine zehntausendfach reproduziert: Seit flüssigkeiten und Geweben, wie glutealem und abdominellem Einführung der Methode vor einigen Jahren hat der Test in Fett, Leber, Hirn und Liquor cerebrospinalis [15], kürzlich den Vereinigten Staaten immense Verbreitung erreicht. zusätzlich auch in Knochenmark und Muskelgewebe nachge- Bereits nach drei Jahren wurden mehr als 20.000 Tests pro wiesen werden [13]. Monat im Rahmen dieser Programme durchgeführt. Methodische Aspekte Im Hinblick auf das fetale Alkoholsyndrom (FAS) stellt Alko- Eine adäquate Analytik ist Voraussetzung für zuverlässige Er- holkonsum in der Schwangerschaft ein relevantes Thema dar. gebnisse. Insbesondere hat sich der Einsatz von Penta-Deute- Eine Untersuchung an 103 konsekutiv untersuchten Schwan- rium-markiertem Ethylglukuronid im Rahmen der Flüssig- geren am Ende des dritten Trimenons in Uppsala konnte zei- keitschromatographie-Tandem-Massenspektrometrie (LC-MS/ gen, dass abweichend von dem selbst berichteten Alkohol- MS) bewährt. Die beobachteten Ionenübergänge sind m/z 221 konsum 12 der Frauen im Bereich von 30–40 g täglich konsu- J NEUROL NEUROCHIR PSYCHIATR 2009; 10 (3) 83
Direkte Ethanolmetabolite miert hatten (entsprechend 750–1000 ml Bier oder 400 ml ● Identifikation verschiedener Trinkmuster zusammen mit Wein), vier > 60 g täglich. Letzteres entspricht mehr als 1500 anderen Markern ml Bier respektive 600 ml Wein [20]. ● Offenlegung von kürzlichem Alkoholkonsum bei sozialen Trinkern in ungeeigneten und gefährlichen Situationen wie Ethylsulfat dem Führen eines Fahrzeugs, am Arbeitsplatz, während der Schwangerschaft etc. Ethylsulfat stellt ebenfalls einen sekundären Eliminationsweg ● Untersuchung der Bedeutung von Hang-over, dem bei Un- für Alkohol dar. Nach Alkoholkonsum sind gewöhnlich beide fällen eine größere Bedeutung zukommt Marker nachweisbar, wenn auch in interindividuell unter- ● Therapieoptimierung im Sinne einer „Harm reduction“ bei schiedlichen Konzentrationsverhältnissen. Während für EtS z. B. Patienten in opioidgestützter Behandlung mit Hepati- bislang in keinem Fall ein bakterieller Abbau oder eine bakte- tis C (wo ein Konsum von weniger als 60 g Ethanol/die mit rielle Neugenese in Urinproben gefunden wurde, kann dies einer erheblich verbesserten Prognose im Hinblick auf die bei bakteriellem Befall (z. B. durch Harnwegsinfekt) bei La- Zirrhoseentwicklung verbunden ist) gerung bei Raumtemperatur bzw. ohne Zusatz von bakterizi- den Stabilisatoren zu einer Verfälschung der EtG-Ergebnisse Zusammenfassung führen. Daher wird von einigen Wissenschaftlern inzwischen EtS als zuverlässigerer Marker favorisiert. Ein einfaches Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es vom kurzfristigen immunchemisches Nachweisverfahren steht jedoch momen- Konsumereignis kleiner Mengen bis zum längerfristigen tan nur für EtG, nicht für EtS, kommerziell zur Verfügung. Konsumereignis großer Mengen Alkohol jeweils den geeig- Für den kombinierten EtS- und EtG-Nachweis wird routine- neten direkten Ethanolmetaboliten für den Konsumnachweis mäßig ein schnelles LC-MS/MS-Verfahren eingesetzt. gibt (Tab. 1). Phosphatidylethanol Biomarker sind in Ergänzung zu Self reports von Bedeutung in der Diagnose und Therapie alkoholbezogener Störungen. Phosphatidylethanol ist ein Phospholipid, das nur in der Ge- Die traditionellen Biomarker weisen vielfältige Limitationen genwart von Alkohol über die Aktion von Phospholipase D auf. Direkte Ethanolmetabolite sind sensitiv und spezifisch, gebildet wird. Nur wiederholter Konsum über 2–3 Wochen von decken ein komplementäres Zeitfenster des Konsumnach- mehr als 50 g Alkohol ruft positive Ergebnisse hervor [27]. weises ab und können bereits jetzt routinemäßig eingesetzt werden. Damit eröffnen sie neue Perspektiven in Prävention, Bei den oben erwähnten forensisch-psychiatrischen Patien- interdisziplinärer Kooperation, Diagnose und Therapie alko- ten, die nur einzelne kleinere Konsumereignisse hatten, war in holbezogener Störungen. Die Laborergebnisse bedürfen je- allen Fällen Phosphatidylethanol nicht nachweisbar, sodass doch immer einer klinischen Interpretation. hier keine falsch-positiven Ergebnisse vorlagen [17]. Eine adäquate Analytik ist Voraussetzung für zuverlässige Er- Keine falsch-negativen Ergebnisse fanden sich bei Alkohol- gebnisse. Für Ethylglucuronid, den gegenwärtig am häufigs- entzugspatienten: Entsprechend war die Sensitivität 100 % ten bestimmten direkten Ethanolmetaboliten, hat sich die (gegenüber CDT, MCV und Gamma-GT mit 47 %, 38 % und Analyse mit Flüssigkeitschromatographie-Tandem-Massen- 72 % [18]). spektrometrie (LC-MS/MS) bewährt und muss besonders in Fragestellungen von juristisch/forensischer Relevanz als Bei 144 Patientinnen und Patienten konnten Aradottir et al. Standard angesehen werden. Mit einer einfachen Massen- [26] eine Sensitivität von PEth von 99 %, von CDT, MCV und spektrometrie ist die Zuverlässigkeit der Aussage geringer. GGT von 40–77 % sowie eine Korrelation zwischen Konsum- Ein Test-Kit steht uns zur Verfügung und erhöht die Ver- menge und PEth-Wert zeigen. Dieses hervorragende Ergebnis fügbarkeit des Tests. für PEth wird von einer weiteren Publikation unterstrichen: In einer kürzlich publizierten „Receiver-operated characteris- tics (ROC) curve analysis“ von aktiven Trinkern gegen absti- Tabelle 1: Synopsis der direkten Ethanolmetaboliten: Wel- nente Patienten (Zustandsvariable) mit Phosphatidylethanol, cher ist der Marker der Wahl für verschiedene Konsum- MCV und Gamma-GT als Testvariablen konnte für Phospha- mengen und Konsumdauern? Aus: Wurst et al. Ärzte Krone tidylethanol eine „Area under the curve“ (AUC) von 0,973 5/2008. gefunden werden, die Sensitivität lag bei 94,5 %, die Spezi- > 2 Gramm/Tag > 40–60 Gramm/Tag fität bei 100 % [28]. > 1 Tag EtOH, Serum und EtOH, Serum und Urin, SEtG, UetG, Urin, SEtG, UetG, Folgende Applikationen sind vorstellbar und werden teil- SEtS, UEtS SEtS, UEtS weise bereits genutzt: > 1 Tag bis UEtG, UEtS UEtG, UEtS ● Identifikation von Konsumereignissen und Rückfällen zu mehreren ● Motivational feedback Tagen ● Differenzialdiagnose beispielsweise erhöhter Transaminasen > 14 Tage EtOH, UEtG, UEtS EtOH, UEtG, UEtS, ● Identifikation von Risikogruppen PEtH ● Evaluation von gegenwärtigen Behandlungsprogrammen Wochen/Monate EtOH, UEtG, UEtS PEtH, EtG und ● Effizienznachweis von Antidipsotropika FAEEs in Haaren 84 J NEUROL NEUROCHIR PSYCHIATR 2009; 10 (3)
Direkte Ethanolmetabolite Ethylglucuronid lässt sich auch nach Konsum einer sehr ge- mortem tissue and blood samples. Int J alcohol consumption. Addiction 2006; 101: Legal Med 2005; 30: 1–6. 204–11. ringen Ethanolmenge (1 g) mit Hilfe von LC-MS/MS im Urin 14. Wurst FM, Kempter, C, Seidl S, Alt A. 25. Alling C, Gustavsson L, Änggård E. An nachweisen. Geringe Ethanolmengen finden sich z. B. in Pra- Ethyl glucuronide – a marker of alcohol con- abnormal phospholipid in rat organs after sumption and a relapse marker with clinical ethanol. FEBS Lett 1983; 152: 24–8. linen, Torten, „alkoholfreiem“ Bier, Arzneizubereitungen und and forensic implications. Alcohol Alcohol 26. Aradottir S, Asanovska G, Gjerss S, auch in Sauerkraut und können bei der Anwendung von 1999; 34: 71–7. Hansson P, Alling C. Phosphatidylethanol Mundwässern und Desinfektionsmitteln resorbiert werden. 15. Wurst FM, Kempter C, Seidl S, Gilg T, (PEth) concentrations in blood are correlated Alt A, Jachau K. Can ethyl glucuronide be to reported alcohol intake in alcohol-de- Die Behauptung eines Patienten, keinerlei Alkohol getrunken determined in post mortem body fluids and pendent patients. Alcohol Alcohol 2006; 41: zu haben, kann daher der Wahrheit entsprechen, auch wenn tissues? Alcohol Alcohol 1999; 34: 262–3. 431–7. sich EtG im Urin in niedrigen Konzentrationen (< 1 mg/l) 16. Wurst FM, Metzger JW on behalf of the 27. Varga A, Hansson P, Lundqvist C, Alling WHO/ISBRA study on biological state and C. Phosphatidylethanol in blood as a marker nachweisen lässt. Da Alkoholentwöhnungspatienten Ethanol trait markers of alcohol use and depend- of ethanol consumption in healthy volun- auch in kleinsten Mengen meiden sollten, müssen sie unbe- ence. The direct ethanol metabolite ethyl teers: comparison with other markers. Alco- glucuronide is a useful marker of recent al- hol Clin Exp Res 1998; 22: 1832–7. dingt über solche „versteckte Vorkommen“ aufgeklärt wer- cohol consumption. Alcohol Clin Exp Res 28. Hartmann S, Aradottir S, Graf M, Wies- den, um zu verhindern, dass sie unwissentlich Alkohol auf- 2002; 26: 1114–9. beck G, Lesch O, Ramskogler K, Wolfersdorf 17. Wurst FM, Vogel R, Jachau K, Varga A, M, Alling C, Wurst FM. Phosphatidylethanol nehmen. Für forensische Zwecke ist zu überlegen, den bishe- Alling C, Skipper GE, Alt A. Ethyl glucuro- as a sensitive and specific biomarker – com- rigen Cut-off (0,1 mg/l) anzupassen, damit Fälle unbeabsich- nide detects recent alcohol use in forensic parison with gamma glutamyl transpeptid- psychiatric inpatients. Alcohol Clin Exp Res ase, mean corpuscular volume and carbohy- tigter Ethanolaufnahme mit Sicherheit ausgeschlossen wer- 2003; 27: 471–6. drate-deficient transferrin. Addict Biol 2007; den können. 18. Wurst FM, Wiesbeck GA, Metzger JW, 12: 81–4. Weinmann W, Graf M on behalf of the 29. Wurst FM, Alexson S, Wolfersdorf M, WHO/ISBRA study on biological state and Bechtel G, Forster S, Alling C, Aradottir S, trait markers of alcohol use and depend- Jachau K, Huber P, Allen J P, Auwärter V, Relevanz für die Praxis ence. On sensitivity, specificity and the in- fluence of various parameters on ethyl Pragst F. Concentration of fatty acid ethyl esters in hair of alcoholics: Comparison to glucuronide levels in urine – Results from other biological state markers and self re- Vom kurzfristigen Konsumereignis kleiner Mengen bis the WHO/ISBRA Study. Alcohol Clin Exp Res ported ethanol intake. Alcohol Alcohol 2004; 2004; 28: 1220–8. zum längerfristigen Konsumereignis großer Mengen Al- 39: 33–8. 19. Wurst FM, Haber PS, Wiesbeck G, kohol gibt es jeweils den geeigneten direkter Ethanol- Watson B, Wallace C, Whitfield JB, Halter 30. Auwärter V, Sporkert F, Hartwig S, Pragst F, Vater H, Diefenbacher A. Fatty acid metaboliten für den Konsumnachweis. Damit eröffnen C, Weinmann W, Conigrave KM. Assess- ethyl esters in hair as markers of alcohol ment of alcohol consumption among hepati- sie neue Perspektiven in Prävention, interdisziplinärer tis C positive people receiving opioid main- consumption. Segmental hair analysis of alcoholics, social drinkers, and teetotalers. Kooperation, Diagnose und Therapie alkoholbezogener tenance treatment using direct ethanol Clin Chem 2001; 47: 2114–23. metabolites and self report– a pilot study. Störungen. Die Laborergebnisse bedürfen jedoch immer Addict Biol 2008; 13: 416–22. 31. Pragst F, Auwaerter V, Sporkert F, Spiegel einer klinischen Interpretation. 20. Wurst FM, Kelso E, Weinmann W, Pragst K. Analysis of fatty acid ethyl esters in hair F, Yegles M, Sundström Poromaa I. Meas- as possible markers of chronically elevated urement of direct ethanol metabolites sug- alcohol consumption by headspace solid- gests higher rate of alcohol use among phase microextraction (HS-SPME) and gas pregnant women than found with the AUDIT chromatography-mass spectrometry (GC- – a Pilot Study in a Population-Based Sam- MS). Forensic Sci Int 2001; 121: 76–88. ple of Swedish Women. Am J Obstet 32. Appenzeller BMR, Agirman R, Neuberg and dependence investigators. CDT, GGT, Gynecol 2008; 198: 407.e1–407.e5. P, Yegles M, Wennig R. Segmental determi- Literatur: nation of ethyl glucuronide in hair: A pilot and AST as markers of alcohol use: The 21. Politi L, Morini L, Leone F, Polettini A. 1. World Health Organisation (WHO) Global WHO/ISBRA collaborative project. Alcohol Ethyl glucuronide in hair: Is it a reliable study. Forensic Sci Int 2007; 173: 87–92. Status Report on Alcohol 2004. http://www. Clin Exp Res 2002; 26: 332–9. marker of chronic high levels of alcohol con- 33. Pragst F, Yegles M. Alcohol markers in who.int/substance_abuse/publications/ sumption? Addiction 2006; 101: 1408–12. hair in analytical and practical aspects drug global_status_report_2004_overview.pdf. 7. Laposata M. Assessment of ethanol in- take – current tests and new assays on the 22. Dresen S, Weinmann W, Wurst FM. Fo- testing in hair. In: Kintz P (ed). Analytic & [Gesehen 21.12.2007]. Practical Aspects of Drug Testing in Hair. horizon. Am J Clin Pathol 1999; 112: 443– rensic confirmatory analysis of ethyl sulfate 2. Moore RD, Bone LR, Geller G, Mamon JA, 50. – a new marker for alcohol consumption – CRC Press Taylor & Francis, Boca Raton-Lon- Stokes EJ, Levine DM. Prevalence, detection, by liquid chromatography/electrospray ioni- don-New York, 2007; 287–324. and treatment of alcoholism in hospitalized 8. Helander A. Biological markers in alcohol- sation/tandem mass spectrometry. J Americ 34. Halter CC, Dresen S, Auwärter V, Wurst patients. JAMA 1989; 261: 403–7. ism. J Neural Transm 2003; 66 (Suppl): 15– Soc Mass Spectrom 2004; 15: 1644–8. FM, Weinmann W. Kinetics in serum and 32. 3. Uhl A, Kobrna U, Bachmayer S. Factsheet: 23. Helander A, Beck O. Mass spectrometric urinary excretion of ethyl sulfate and ethyl Alkoholkonsum in Österreich – Ergebnisse 9. Alt A, Janda I, Seidl S, Wurst FM. Deter- identification of ethyl sulfate as an ethanol glucuronide after medium dose ethanol in- unterschiedlicher aktueller Quellen ein- mination of ethyl glucuronide in hair sam- metabolite in humans. Clin Chem 2004; 5: take. Int J Leg Med 2007; 122: 123–8. schließlich der österreichweiten repräsen- ples. Alcohol Alcohol 2000; 35: 313–4. 936–7. 35. Neubauer O. Über Glucuronsäurepaa- tativen Bevölkerungsumfrage BMGF/LBISucht/ 24. Wurst FM, Dresen S, Allen JP, Wiesbeck rung bei Stoffen der Fettreihe. Archiv für market. Bundesministerium für Gesundheit und 10. Dahl H, Stephanson N, Beck O, Helander A. Comparison of urinary excretion charac- G, Graf M, Weinmann W. Ethyl sulphate: a experimentelle und pathologische Pharma- Frauen, Wien, 2006. (http://www.api.or.at/lbi/ direct ethanol metabolite reflecting recent kologie 1901; 46: 133–54. download.htm. [Gesehen 13.12.2007]. teristics of ethanol and ethyl glucuronide. J Anal Toxicol 2002; 26: 201–4. 4. Kapusta ND, Ramskogler K, Hertling I, Schmid R, Dvorak A, Walter H, Lesch OM. 11. Schmitt G, Aderjan R, Keller T, Wu M. Epidemiology of substance use in a repre- Ethyl-Glucuronide: An unusual ethanol Univ.-Prof. Dr. med. Friedrich Martin sentative sample of 18-year-old males. metabolite in humans. Synthesis, analytical Wurst Alcohol Alcohol 2006; 41: 188–92. data, and determination in serum and urine. J Anal Toxicol 1995; 19: 91–4. Friedrich Martin Wurst ist, nachdem er zuvor 5. Saunders JB, Aasland OG, Babor TF, de la an der Psychiatrischen Universitätsklinik Ba- Fuente JR, Grant M. Development of the 12. Skipper GE, Schaefer P, Thierauf A, Alcohol Use Disorders Identification Test Weinmann W, Allen JP, Miller M, Wurst FM. sel tätig war, seit Juli 2007 Vorstand der (AUDIT): WHO Collaborative Project on Early Detection of surreptitious alcohol use Universitätsklinik für Psychiatrie und Psycho- Detection of Persons with Harmful Alcohol among health professionals recovering from therapie II, Christian-Doppler-Klinik, Salzburg. Consumption – II. Addiction 1993; 88: 791– substance-related disorders using a new Seine Forschungsinteressen sind insbeson- 804. marker, ethyl glucuronide. Alcohol Alcohol 2004; 39: 445–59. dere die Suchtforschung sowie die Suizido- 6. Conigrave KM, Degenhardt LJ, Whitfield logie. B, Saunders B, Helander A, Tabakoff B. On 13. Schlögel H, Dresen S, Spaczynski K, behalf of the WHO/ISBRA study on biologi- Stoertzel M, Wurst FM, Weinmann W. Sta- cal state and trait markers of alcohol use bility of ethyl glucuronide in urine, post- J NEUROL NEUROCHIR PSYCHIATR 2009; 10 (3) 85
Mitteilungen aus der Redaktion Besuchen Sie unsere zeitschriftenübergreifende Datenbank Bilddatenbank Artikeldatenbank Fallberichte e-Journal-Abo Beziehen Sie die elektronischen Ausgaben dieser Zeitschrift hier. Die Lieferung umfasst 4–5 Ausgaben pro Jahr zzgl. allfälliger Sonderhefte. Unsere e-Journale stehen als PDF-Datei zur Verfügung und sind auf den meisten der markt üblichen e-Book-Readern, Tablets sowie auf iPad funktionsfähig. Bestellung e-Journal-Abo Haftungsausschluss Die in unseren Webseiten publizierten Informationen richten sich ausschließlich an geprüfte und autorisierte medizinische Berufsgruppen und entbinden nicht von der ärztlichen Sorg- faltspflicht sowie von einer ausführlichen Patientenaufklärung über therapeutische Optionen und deren Wirkungen bzw. Nebenwirkungen. Die entsprechenden Angaben werden von den Autoren mit der größten Sorgfalt recherchiert und zusammengestellt. Die angegebenen Do- sierungen sind im Einzelfall anhand der Fachinformationen zu überprüfen. Weder die Autoren, noch die tragenden Gesellschaften noch der Verlag übernehmen irgendwelche Haftungsan- sprüche. Bitte beachten Sie auch diese Seiten: Impressum Disclaimers & Copyright Datenschutzerklärung
Sie können auch lesen