DVFA-Finanzschriften_ - DVFA-Grundsätze für Effektive Finanzkommunikation

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DVFA-Finanzschriften_

Nr. 02/06

          DVFA-Grundsätze für
     Effektive Finanzkommunikation

            Version 3.0 vom Mai 2008

            Deutsche Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management
Impressum:

DVFA
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Fax: +49 (0)6103 - 58 33-34
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Zur Entstehung der Grundsätze
Die DVFA-Grundsätze für Effektive Finanzkommunikation wurden im Mai 2006 dem deutschen und als „DVFA Prin-
ciples for Effective Financial Communication“ im September 2006 den europäischen Kapitalmärkten vorgestellt und
wurden von Investoren, Finanzanalysten und Investor Relations-Professionals positiv aufgenommen. Eine Umfrage
der Hamburger Nachrichtenagentur News Aktuell aus September 2006 ergab, dass zwei von drei IR-Managern die
DVFA-Grundsätze kennen und grundsätzlich begrüßen. Dies ist nicht zuletzt dem Deutschen Investor Relations
Verband DIRK e.V. geschuldet, der die Definition der Grundsätze nicht nur mit begleitet hat sondern unter seinen
Mitgliedern für Aufmerksamkeit und Akzeptanz für die Grundsätze geworben hat.
Die DVFA-Grundsätze haben sich zwischenzeitlich als Industriestandard für zielgruppengerechte Finanzkommunika-
tion etabliert. Die DVFA hat darüber hinaus die 30 Grundsätze in ein messbares Verfahren zur Erhebung der IR-
Perfomance von Unternehmen übersetzt („DVFA Perception Profiles“). Die vorliegende Version der Grundsätze be-
rücksichtigt die Befragung von mehr als 500 Investment Professionals (Finanzanalysten und institutionelle Investo-
ren) im Rahmen der Erhebung von Perception Profiles zur Investor Relations börsennotierter Unternehmen. Ziel ist
es, die Wahrnehmung der IR-Performance der untersuchten Unternehmen verschiedener Branchen und Indices
anhand von Perception Profiles zu quantifizieren. Die Grundsätze selbst wurden inhaltlich nicht angepasst.
Die DVFA-Grundsätze für Effektive Finanzkommunikation beschreiben Erwartungen institutioneller Anleger und Fi-
nanzanalysten an die Finanzkommunikation von Unternehmen und erläutern, wie Abweichungen von diesen Erwar-
tungen unter Umständen von den Adressaten interpretiert werden können.
In diesem Sinne stehen die Grundsätze für eine neuere ökonomische Theorie - der Behavioural Finance -, die Er-
kenntnisse aus der Verhaltenspsychologie, der Humanwissenschaft und der systemischen Theorie auf die Verhal-
tensweisen ökonomischer Akteure anwendet, insbesondere wie kognitiv oder emotional bedingtes Verhalten die
vermeintliche Rationalität von Akteuren beeinflusst. Dank der Behavioural Finance konnte das Paradigma des Homo
Oeconomicus, der ausschließlich rationale und logische Entscheidungen trifft z.B. bei der Beurteilung von Entschei-
dungsoptionen, bei der Urteilsbildung unter Zeitnotständen oder im Chaos widersprüchlicher Informationen, über-
wunden werden.
Die DVFA-Grundsätze zeigen, wie Investoren und Finanzanalysten unternehmerisches Verhalten auch jenseits ratio-
naler Umstände interpretieren und wie Glaubwürdigkeit von Finanzkommunikation auf Basis heuristischer, nicht-
logischer Urteile „konstruiert“ wird. Damit sei nicht gesagt, dass Investoren irrationale Entscheidungen treffen. Viel-
mehr ist das Zusammenspiel von analytischer und zahlenbasierter Urteilsbildung mit einer emotional gefärbten und
unter Sachzwängen wie Zeitnot, Information Overload, Zuversichts-Bias etc. entstandenen Einschätzung gemeint,
das dafür sorgt, dass strikt linear-logische Entscheidungen von Investoren eher Ausnahmen bilden.
Die Grundsätze verstehen sich bewusst als Empfehlungen - nicht Vorschriften - an Vorstände, IR-Manager und inter-
essierte Kreise. Definiert wurden die Grundsätze vom DVFA-Committee „Effektive Finanzkommunikation“, in dem
neben Investment Professionals verschiedener Asset-Klassen auch IR-Manager und Vertreter der Berufsverbände
DIRK und DPRG zusammenarbeiten.
Die in den Grundsätzen enthaltenen Empfehlungen basieren auf von Investment Professionals geschilderten Bei-
spielen gelungener bzw. misslungener Finanzkommunikation. Mit Hilfe des aus der Konsumentenforschung abgelei-
teten Verfahrens der „Critical Incidents" wurden die Beispiele abstrahiert und systematisch in einem mehrstufigen
Prozess mit einem erweiterten Kreis von Investment Professionals zu Empfehlungen verdichtet.

Committee „Effektive Finanzkommunikation“
Leitung:
Prof. Dr. Alexander Bassen, Universität Hamburg (Vorsitzender)
Susan Levermann, vormals: DWS Investment GmbH (Vorsitzende)
Mitglieder:
Kay W. Bommer, DIRK - Deutscher Investor Relations Verband e.V.
Michael Knupfer, CEFA, PLUTOS Vermögensverwaltungs AG
Jochen Mathée, Fortis Investments
Heike Möhlmann, CEFA, vormals: INVESCO Asset Management GmbH, heute: MEAG Asset Management
Gundolf Moritz, vormals: Thyssen Krupp AG, heute: Brunswick Group GmbH
Dr. Andreas Neubauer, Deutsche Bank AG
Jörg Pfannenberg, JP|KOM
Markus Plümer, CEFA, Commerzbank AG
Prof. Dr. Dirk Schiereck, EUROPEAN BUSINESS SCHOOL
Thomas Schießle, EQUI.TS GmbH
Horst Soulier, Landesbank Baden-Württemberg
Peter Staab, Medion AG
Organisation und Redaktion:
Karin Wenzel & Ralf Frank, DVFA GmbH

© 2008 DVFA                                             -1-
A. Glaubwürdigkeit

Effektive Finanzkommunikation beruht auf der             frühzeitig und proaktiv in den Markt zu kommu-
Glaubwürdigkeit des Managements von Unter-               nizieren. Die Informationsstände von Manage-
nehmen und glaubwürdig vorgetragener Kom-                ment und Kapitalmarktteilnehmern werden so
munikation.                                              angeglichen.

Glaubwürdigkeit entsteht aus Erfahrungen der             Die Komplexität von Unternehmen als Zusam-
Kapitalmarktteilnehmer, insbesondere der In-             menspiel von Strategien, Plänen, Produkten,
vestment Professionals (Institutionelle Investo-         Märkten und Segmenten erschließen sich letzt-
ren und Finanzanalysten). Weiß man von ei-               lich nur durch verbindliche und glaubwürdige
nem Unternehmen, dass es frühere Aussagen                Kommunikation und können nicht vollständig
und Prognosen eingehalten bzw. mögliche                  aus der Gewinn- und Verlustrechnung, der
Abweichungen frühzeitig kommuniziert hat,                Bilanz oder dem Cashflow-Statement eines
vertraut man darauf, dass dies auch in Zukunft           Unternehmens abgeleitet werden. Da sich Er-
geschieht. Glaubwürdigkeit fungiert wie ein              wartungen an ein Investment auf zukünftige
Vorschuss auf zukünftig zu erbringende Lei-              Leistungen und Resultate des Unternehmens
stungen in Form von Vertrauen.                           beziehen, bildet die Herstellung von Glaubwür-
                                                         digkeit und die Sicherung von Vertrauenswür-
Als vertrauenswürdig gilt ein Unternehmen                digkeit ein wesentliches Ziel von effektiver Fi-
dann, wenn der Wille sichtbar ist, sich auf die          nanzkommunikation.
Interessen der Kapitalmarktteilnehmer einzu-
lassen und in ernsthafter und fairer Weise über          Nur wenn die Kommunikation von Unterneh-
Ziele, Strategien und Geschäftsverlauf zu in-            men an Investoren und Finanzanalysten glaub-
formieren. Hierzu gehört es, Szenarien zu ent-           würdig, d.h. als authentisch und wahrhaftig
wickeln, die zugrunde liegenden Annahmen                 wahrgenommen wird, werden Investoren auch
offen zu legen und Änderungen der Parameter              langfristig in ein Unternehmen investieren.

© 2008 DVFA                                        -2-
B. Finanzanalyse
Als „Institutionelle Investoren“ werden Kapital-             Von Unternehmen berichtete Daten werden von
marktteilnehmer bezeichnet, die professionell                Finanzanalysten in Spreadsheets verarbeitet.
Investitionen tätigen und z.B. bei Kredit-                   Anders als häufig angenommen, werden die
instituten, Investmentgesellschaften, Versiche-              berichteten Finanzdaten und Kennzahlen nicht
rungen oder Pensionsfonds tätig sind.                        dazu genutzt, lediglich durchgerechnet zu wer-
                                                             den. Vielmehr vergleichen Analysten „ihr“ Mo-
Finanzanalysten sind Kapitalmarktteilnehmer,                 dell und die auf Basis historischer Daten mo-
die professionell Wertpapiere analysieren und                dellierten Ergebnisse mit dem effektiv vom Un-
auf Basis ihrer Analyse (Kauf-)Empfehlungen                  ternehmen berichteten Zahlen, um die Unter-
aussprechen. Dazu zählen Berufsangehörige                    schiede zwischen ihren Annahmen und den
der Sell-Side d.h. Finanzanalysten, die für Bro-             kommunizierten Ergebnissen zu ermitteln. So-
ker und Wertpapierhandelsunternehmen so-                     mit lässt sich erklären, warum die Modellierung
wohl in der Asset-Klasse Aktien als auch Anlei-              der Finanzdaten und Kennzahlen des Unter-
hen tätig sind sowie Finanzanalysten auf der                 nehmens nicht mit ein paar Handgriffen geän-
Buy-Side, die Anleihen oder Aktien analysieren               dert werden kann und Investment Professionals
und als Angestellte oder im direkten Auftrag                 Konsistenz und Kontinuität der Berichte von
des Kapitalanlegers tätig sind.                              Unternehmen fordern.

Im Dokument wird der Begriff Investment Pro-                 Um die Rahmendaten und Prämissen für ihre
fessionals als synonym und gleichwertig zu                   Prognose festzulegen reicht eine bloße Erfas-
„institutionelle Investoren und Finanzanalysten“             sung von Zahlen nicht aus. Entscheidend ist ein
gebraucht. Unter Investment Professionals                    kontinuierlicher Dialog mit dem Unternehmen in
versteht die DVFA Personen, die professionell                dem die eigenen Annahmen mit denen des
Investments oder Kreditrisiken evaluieren                    Unternehmens verglichen werden. Dieser kon-
und/oder managen.                                            tinuierliche Abgleich von Prämissen für einen
                                                             fundamentalen Datenkranz ist eine wesentliche
Im Folgenden soll die Finanzanalyse kurz dar-                Zielsetzung der effektiven Finanzkommunikati-
gestellt werden, um den Kontext, in dem die                  on.
Grundsätze zur Anwendung kommen, zu er-
läutern.

Im Mittelpunkt der Finanzanalyse, die auf der
gesamten Prozesskette von Analyse bis hin zur
Anlageentscheidung als zentrales Instrument in
der Beurteilung eines Investments eingesetzt
wird, steht ein geschlossenes Analysemodell
auf Basis monetärer und finanzanalytischer
Kennzahlen.

Essenziell für die Arbeit von Finanzanalysten
und professionellen Investoren ist ein Spread-
sheet, in dem das Unternehmen finanzanaly-
tisch zerlegt und modelliert wird. Das Modell
umfasst in aller Regel:

§    GuV, CF, Bilanz auf Quartalsbasis
§    GuV, CF, Bilanz auf Jahresbasis
§    Segmentmodell (Umsatz, Margen)
§    Geschäftsmodell (Volumen, Preise,
     Marktmodell)
§    Diskontierungsmodelle (DDM, DCF)
§    Peer Group und Multiplikatoren

Quelle: Markus Plümer West LB, Handout DVFA-Workshop
Managing Expectations 2005

© 2008 DVFA                                            -3-
C. Struktur der Grundsätze

                                              Glaubwürdigkeit

    1. Zielgruppen-                       2. Transparenz                      3. Kontinuität
     Orientierung

                      1.1.Kapitalmarkt-                 2.1. Wesentlichkeit                      3.1 Aktualität /
                         orientierung                                                           Vergleichbarkeit

                  1.2. Gleichbehand-                   2.2. Nachvollziehbar-                   3.2. Erwartungsma-
                          lung                                 keit                                 nagement

Die Grundsätze sind wie folgt strukturiert:                        Regel- und Pflichtpublizität sowie Notierungs-
                                                                   vorschriften bilden allerdings immer nur ein
§    3 Dimensionen, in denen effektive Finanz-                     Minimum der notwendigen und möglichen
     kommunikation wirksam ist                                     Maßnahmen ab. Ein gutes Verhältnis zu Inve-
§    6 Verhaltensmaxime, von denen je 2 den                        storen und Finanzanalysten stellt sich für Un-
     Dimensionen zugeordnet wurden                                 ternehmen dann ein, wenn sie ihre Ansprech-
§    30 Leitsätze inklusive Erläuterungen, Be-                     partner im Kapitalmarkt verbindlich und zuvor-
     griffsdefinitionen sowie Beispielen                           kommend mit Informationen versorgen. Die hier
                                                                   aufgeführten Grundsätze zur Kapitalmarktori-
Die Grundsätze werden durch empirische Da-                         entierung geben Empfehlungen dazu ab.
ten und Beispiele aus Perception Profiles, ba-
sierend auf Befragungen der Jahre 2006 bis
2008, untermauert. Die Perception Profiles                         1.1.1. Vorstände und Senior Management ste-
wurden aufgrund der Bewertung der Investment                       hen mehrmals im Jahr für Gespräche zur Ver-
Professionals zu den Grundsätzen effektiver                        fügung (One-on-Ones, Roadshows, Investo-
Finanzkommunikation und zusätzlicher State-                        rentage).
ments ermittelt. Diese Art der Erhebung ermög-
licht es Investment Professionals, ihre Kritik zur                 Gängige Praxis ist es, dass CEO und/oder CFO
Investor Relations der zu bewertenden Unter-                       zusätzlich zu den Pflichtveranstaltungen (z.B.
nehmen diskret und anonym zu äußern.                               Investorenkonferenzen im Rahmen des Listings
                                                                   im Prime Standard der Deutschen Börse) In-
                                                                   vestment Professionals regelmäßig Gespräche
1. ZIELGRUPPENORIENTIERUNG                                         anbieten. Im Rahmen der unterjährigen Be-
                                                                   richterstattung können das auch Conference
1.1. Kapitalmarktorientierung                                      Calls sein (siehe auch Regel 1.2.5.).

Bedürfnisse der Zielgruppen der Finanz-                            Zusätzlich ist es hilfreich, zu wichtigen operati-
kommunikation werden vom Top-Manage-                               ven Themen Senior Manager wichtiger Unter-
ment adäquat beantwortet. Das Unterneh-                            nehmensfunktionen wie z.B. Forschung & Ent-
men sucht aktiv das Gespräch mit Investo-                          wicklung, Produktdesign, Vertriebsmanagement
ren und Analysten.                                                 etc. einzubringen. Für Finanzanalysten und
                                                                   Investoren ist von hohem Interesse, Unterneh-
Im deutschen Kapitalmarkt ist über Vorschriften                    mensstandorte, Werke, Produktionsanlagen
zu Regel- und Pflichtpublizität rechtlich gere-                    kennen zu lernen, um sich ein Bild vom Unter-
gelt, wann und unter welchen Umständen                             nehmen vor Ort zu machen.
Emittenten verpflichtet sind, in den Dialog mit
Investoren und anderen Kapitalmarktteilneh-
mern zu treten.

© 2008 DVFA                                                -4-
Kommentare aus verschiedenen Perception                  1.1.3. Kompetente Ansprechpartner im IR-
Profiles der Jahre 2006 bis 2008:                        Bereich kommunizieren verbindlich und zeit-
                                                         nah.
§   „Improve access for bondholders“.
§   „Mehrere Roadshows p.a. mit unterschied-             Das IR-Management spielt die Rolle eines
    lichen Brokern, um eine breite Investoren-           Kontaktmanagers, der zwischen den Bedürfnis-
    schicht zu erreichen und dabei Unabhän-              sen von Investment Professionals und dem
    gigkeit zu garantieren.“                             Vorstand vermittelt und in den Gesprächen die
§   „Häufigere Verfügbarkeit für One-on-Ones             Rolle eines Moderators übernimmt.
    bei wichtigen Investoren.“
§   „Conference Calls (Vorstand + IR mit Ana-            Zusätzlich sollte das IR-Management für häufig
    lysten) bei wichtigen Ereignissen.“                  wiederkehrende Fragen und im Bereich der
§   „Direkter Managementzugang fehlt.“                   weniger prioritären Zielgruppen, die Gespräche
§   “We would like to see them in a one-on-one           eigenständig und ohne Beisein von Vorständen
    meeting once a year, rather than only be             führen.
    invited to attend group events.”

                                                         1.1.4. Es existiert eine enge Abstimmung und
1.1.2. Vorstände sind mit der aktuellen Unter-           einheitliche Sprachregelung zwischen Mana-
nehmensperformance en Detail vertraut und                gement, IR und PR.
können wesentliche Kennzahlen auf Anhieb
kommentieren.                                            Sprachregelungen stellen sicher, dass Äuße-
                                                         rungen von Management, IR oder PR nicht
Wesentliche und breite Informationsfähigkeit ist         widersprüchlich sind. Sprachregelungen sind
vom für den Kapitalmarkt zuständigen Vorstand            dann sinnvoll, wenn Investoren und Analysten
- i. d. R. CEO und/oder CFO - zu erwarten.               eine werthaltige Orientierung („Guidance“) be-
Dadurch wird verdeutlich, dass die Zahlen vom            kommen soll.
Vorstand „gelebt“ werden. Eine enge Verzah-
nung mit der IR-Fachabteilung sorgt für unver-           Beispielsweise kann in einer Sprachregelung
zügliche, adäquat ergänzende Informationen.              festgehalten werden, dass Änderungen z.B.
Andere Vorstandsressorts sollten auf ihr be-             strategischer Ziele oder finanzieller Größen
grenztes Informationsrecht/-fähigkeit hinweisen          grundsätzlich nur von CEO oder CFO bekannt
und ggf. auch nicht ohne Kollegen das Unter-             gegeben und kommentiert werden, während IR
nehmen präsentieren. Bei Investorenkonferen-             im Tagesgeschäft inklusive der Kontinuität des
zen stehen ggf. Experten des Unternehmens                Status Quo dient. Zudem dient eine einheitliche
zur Verfügung, um Detailfragen zu beantwor-              Sprachregelung bei sensiblen Themen dazu,
ten.                                                     Interpretationen der Kapitalmarktteilnehmer und
                                                         damit Unsicherheit zu minimieren. Daneben
Kommentare aus verschiedenen Perception                  kann so ein juristische Absicherung erzielt wer-
Profiles der Jahre 2006 bis 2008:                        den.

§   „Die Vorstände müssen wissen, dass sie               Negatives Beispiel: Der neue CEO eines klei-
    gegenüber institutionellen Investoren in di-         neren Technologie-Unternehmens (sein erster
    rektem Vergleich zu anglo-amerikanischen             Job bei einem börsennotierten Unternehmen)
    Investmentgesellschaften stehen. Das be-             gibt gegenüber einem Börsenradio seine gera-
    deutet, dass sie sehr genau alle Kennzah-            de in der Aufsichtsratsitzung abgesegneten
    len verfügbar haben müssen.“                         Wachstumsziele der nächsten beiden Jahre
§   “More detailed information on business line          bekannt. Diese waren bislang mit Hinweis auf
    level in conference calls and analyst meet-          die Aufsichtsratsitzung nicht bekannt und wi-
    ings.”                                               dersprachen sogar den bisher kommunizierten
§   “Management appears to be less close to              Zielen. Obwohl es eine für IR-Arbeit zuständige
    the operational detail of the company com-           Person im Unternehmen gab, war diese nicht
    pared to some. The management is less                über die Ergebnisse der Aufsichtsratsitzung
    willing than some to discuss the underlying          informiert noch wusste sie über das gegebene
    market outlook for key areas such as mar-            Interview Bescheid. So dementierte sie anfäng-
    ket prices.”                                         lich gegenüber den Analysten, die sie auf die
                                                         neuen Wachstumsziele ansprachen.

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Kommentar aus einem Perception Profile aus                §   „Vorstandswechsel und Nachfolgeregelung
2007:                                                         besser kommunizieren.“

§   “Consistency in reporting figures and mak-            Regelbeispiele für ad-hoc-pflichtige Umstände
    ing sure reporting conventions are in line            sind u.a.
    with what investors analyse. Also, some-              §    Veräußerung, Rückzug oder Aufnahme
    times the message from different members                   von Kerngeschäften,
    of the management team contradicts each               §    Erwerb oder Veräußerung von wesentli-
    other, which hurts credibility.”                           chen Beteiligungen,
                                                          §    Neubesetzung von Schlüsselpositionen in
                                                               Vorstand oder Aufsicht,
1.1.5. Nachrichten - auch negative - werden               §    Entstehung/Beilegung beträchtlicher
vom Unternehmen proaktiv kommuniziert.                         Rechtsstreitigkeiten
                                                          §    Kürzung von Kreditlinien durch die Ban-
Im deutschen Kapitalmarkt ist in Vorschriften zu               ken,
Regel- und Pflichtpublizität rechtlich geregelt,          §    Ausfall wesentlicher Schuldner,
wann und unter welchen Umständen Emitten-                 §    Bedeutende Erfindungen,
ten verpflichtet sind, wichtige Vorfälle aktiv zu         §    Erteilung bedeutender Patente und Ge-
berichten. Grundlage hierfür sind das zuletzt                  währung wichtiger (aktiver/passiver) Li-
durch das Anlegerschutzverbesserungsgesetz                     zenzen,
(AnSVG) geänderte Wertpapierhandelsgesetz                 §    maßgebliche Produkthaftungs- oder Um-
(WpHG), für das der Emittentenleitfaden der                    weltschadensfälle.
BaFin eine hilfreiche Auslegungshilfe darstellt.          Quelle: DIRK Deutscher Investor Relations Verband, 2006.
                                                          Weitere Informationen: Emittentenleitfaden der BaFin.
Darüber hinaus gibt es jedoch zahlreiche In-
formationen, die zwar nicht der gesetzlichen Ad           Darüber hinaus gibt es im unternehmerischen
hoc-Pflicht unterliegen, jedoch in der Erwar-             Alltag auch jenseits ad-hoc-pflichtiger Umstän-
tungsbildung von Investment Professionals                 de eine Vielzahl von Geschehnissen und Vor-
wichtige Bausteine darstellen ohne den Markt-             kommnissen, deren Offenlegung für Investment
preis unmittelbar erheblich zu beeinflussen. Die          Professionals wichtig ist, da sie Einschätzun-
kontinuierliche Kommunikation dieser Eck-                 gen unternehmerischer Chancen und Risiken
punkte auch für den Fall, dass deren Trends               verbessern. Dieses gilt nicht nur für positive,
nicht ausschließlich positiv zu werten sind, ist          sondern besonders auch für negative Entwick-
für die Ausbildung eines Vertrauensverhältnis-            lungen.
ses zwischen Unternehmen und Kapitalmarkt
von besonderer Bedeutung.                                 Dazu zählt u.a. die Einstellung der Entwicklung
                                                          einer neuen Produktlinie (die bei einem
Galt vor Inkrafttreten des Anlegerschutzverbes-           Wachstums-Unternehmen regelmäßig zu einer
serungsgesetzes (AnSVG), dass Emittenten                  Ad-hoc-Mitteilung führen dürfte); Pläne, Vorha-
Tatsachen veröffentlichen müssen, die potenzi-            ben, Projekte, die in wichtigen geographischen
ell Auswirkung auf Vermögens- oder Finanzla-              Regionen nicht aufgehen. Aber auch Marktent-
ge oder allgemeinen Geschäftsverlauf oder                 wicklungen wie beispielsweise der Preisverfall
Eintritt im Tätigkeitsbereich des Emittenten              im Festnetzbereich bei Telekommunikations-
haben könnten, schreibt das AnSVG nunmehr                 unternehmen ist ein Beispiel für eine negative
vor, dass konkrete Information über                       Entwicklung, die als Nachricht auf direktem
§    nicht öffentlich bekannte Umstände,                  Wege zu den Investment Professionals kom-
§    die sich auf einen oder mehrere Emitten-             muniziert werden sollte.
     ten von Insiderpapieren oder auf die Insi-
     derpapiere selbst bezieht,                           Darüber hinaus gilt, dass selbst wenn ein Um-
§    und die geeignet wäre, im Fall ihres öffent-         stand ein Unternehmen zur Abgabe einer Ad-
     lichen Bekanntwerdens den Börsen- oder               hoc-Meldung verpflichtet, es nicht unbedingt
     Marktpreis erheblich zu beeinflussen,                heißt, dass Investment Professionals diese
ad-hoc berichtet werden müssen.                           Nachrichten des Unternehmens empfangen
                                                          und verarbeitet haben. Vor dem Hintergrund
Kommentare aus verschiedenen Perception                   chronischer Informationsüberflutung der Märkte
Profiles der Jahre 2006 bis 2008:                         und vor dem Hintergrund verschiedener Zeitzo-
                                                          nen, sollten es Unternehmen bei gravierenden
§   „Während der Subprime Krise hätte man                 Umständen oder hohem Risikopotential nicht
    schneller auf die Finanzierungssituation              dabei belassen, lediglich die Nachricht abzu-
    eingehen können. Man hätte genauer die                setzen. Das Angebot eines Conference Calls,
    Effekte auf zukünftige Finanzierungen er-             in dem Investment Professionals die Möglich-
    läutern können.“                                      keit gegeben wird, sich persönlich direkt beim
§   „Steuerreform Diskussion.“

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Management über den Umstand zu informie-                                       Begründungen nach sich ziehen und im Falle
ren, wird in gravierenden Fällen empfohlen.                                    einer Missachtung dazu führen können, dass
                                                                               sich das Management des Unternehmens Wi-
Negative Beispiele:                                                            derständen aus der Investorenschaft ausge-
Ein Technologieanbieter bekommt in einer                                       setzt sieht.
Ausschreibung des Bundesverteidigungsmini-
steriums – anders als erwartet - nicht den Zu-                                 Dazu gehören beispielsweise Akquisitionen und
schlag für einen Etat, der ca. 20% der gesam-                                  Übernahmen, Kapitalerhöhungen, die Höhe der
ten erwarteten Umsätze ausmacht. Von der                                       Vorstandsvergütung oder die Handhabung von
Bekanntgabe der Entscheidung des Bundes-                                       Rechtsstreitigkeiten. Im Vordergrund der Er-
verteidigungsministeriums bis zum Kommuni-                                     wartungen von Investment Professionals ste-
qué des Unternehmens vergehen 7 Kalender-                                      hen dabei zeitnahe Information und die pro-
tage.                                                                          spektive Plausibilisierung von Entscheidungen
                                                                               vor dem Hintergrund der kommunizierten Stra-
Ein Unternehmen der Medizintechnikbranche                                      tegie (Equity Story). Entscheidungen müssen
führte im vergangenen Geschäftsjahr einen                                      schlicht in die Story passen. Dies wird am Be-
grundlegenden Strategiewechsel durch, wel-                                     sten dadurch erreicht, dass Emittenten laufend
cher auf einer Investorenveranstaltung als er-                                 und konsultativ im Dialog mit Kapitalmarktteil-
folgreich umgesetzt und gelungen bezeichnet                                    nehmern stehen.
wurde. Ebenso wies das Management auf die
positive Geschäftsentwicklung hin. Zwei Mo-                                    Solche grundsätzlichen Themen, über die ein
nate später wurde ein dramatischer Gewin-                                      kontinuierlicher strategischer Dialog mit den
neinbruch mit dem Strategiewechsel begründet.                                  Investment Professionals geführt werden sollte,
                                                                               sind beispielsweise:

1.1.6. Hinweise von Investment Professionals                                   §   Die Frage des Wachstums mittels Akquisi-
zu strategischen Fragen werden aufgenommen                                         tionen, deren Verzinsung und Finanzie-
und bei der Entscheidungsfindung berücksich-                                       rung
tigt.                                                                          §   Die grundsätzliche Verwendung des Cash
                                                                                   Flows für Investitionen oder Ausschüttung
Abweichungen bei der unternehmerischen Ent-                                    §   Die Ausschüttungspolitik (Ausschüttungs-
scheidungsfindung von den Erwartungen der                                          quote versus Dividendenkontinuität)
Kapitalmarkteilnehmer als Eigentümer oder                                      §   Die Höhe der Verschuldung und gegebe-
Intermediäre führt zumeist zu Kursreaktionen                                       nenfalls Veränderungen in der Kapital-
und tendenziell zu -abschlägen. Um diese Re-                                       struktur
aktionen zu antizipieren und bestenfalls zu                                    §   Der Eintritt in neue Geschäftsfelder oder
verhindern, ist es sinnvoll, die Hinweise und                                      regionale Märke
Befindlichkeiten von Kapitalmarktteilnehmern                                   §   Strategische Diversifikation versus einer
bei anstehenden unternehmerischen Entschei-                                        Fokussierung auf bestehende Kernge-
dungen zu berücksichtigen bzw. auf die Besei-                                      schäftsfelder
tigung der Erwartungslücke bei den Kapital-                                    §   Renditeziele des Unternehmens
marktteilnehmern durch kommunikative Maß-
nahmen hinzuwirken.                                                            Hinsichtlich der Kapitalmarktorientierung wei-
                                                                               sen die Unternehmen eine sehr homogene
Hier sind Sachverhalte und Management-                                         Bewertung auf. Einzig die Hinweise von In-
Entscheidungen gemeint, die von Investment                                     vestment Professionals werden bei der Ent-
Professionals kontrovers aufgenommen werden                                    scheidungsfindung nicht zufriedenstellend be-
können, den Wunsch nach Hintergründen und                                      rücksichtigt.

1.1. Kapitalmarktorientierung
  1.1.1. Vorstände und Senior Management stehen mehrmals im Jahr für Gespräche zur
         Verfügung.

  1.1.2. Vorstände sind mit der aktuellen UN-Performance en Detail vertraut.

  1.1.3. Die Reaktion des IR-Managements ist verbindlich und zeitnah.

   1.1.4. Es existiert eine enge Abstimmung und einheitliche Sprachregelung zwischen
          Management, IR und PR.

   1.1.5. Nachrichten - auch negative - werden vom Unternehmen proaktiv kommuniziert.

   1.1.6. Hinweise von Investment Professionals zu strategischen Fragen werden
          aufgenommen und bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt.

                                                                                              0        20       40       60       80       100

   Erfüllungsgrad der Grundsätze in %; Durchschnitt über alle Perception Profiles der Jahre 2006 bis 2008 (å = 503 Investment Professionals).

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1.2. Gleichbehandlung                                    nicht für ein „Buy“ oder eine Investition zu ge-
                                                         winnen sind.
Kapitalmarktteilnehmer werden in punkto
Informationen gleich behandelt. Positive                 Insbesondere Finanzanalysten kennen die
oder negative Kommentierungen haben                      Finesse, mit der Unternehmen zwar keinen
keinen Einfluss auf die Informationsversor-              offensichtlichen Boykott durchführen, aber z.B.
gung.                                                    über die Gesprächszeit mit dem Management
                                                         oder über eine sehr geringe Detailtiefe ange-
Schon das bis zur Verabschiedung des Anle-               fragter Informationen kritische Investment Pro-
gerschutzverbesserungsgesetzes gültige „alte“            fessionals benachteiligen.
Ad-hoc-Recht war wesentlich strenger als die
US-amerikanische Regulation Fair Disclosure              Es wird empfohlen, mit kritischen Finanzanaly-
(RegFD). Im US-amerikanischen Kapitalmarkt               sten - ähnlich wie mit unzufriedenen Kunden -
wurde mit RegFD umgesetzt, was im deut-                  einen intensiven, konstruktiven Dialog zu star-
schen Kapitalmarkt schon lange Gesetz war.               ten. Hier gilt es gezielt nachzufragen, ob ggf.
Emittenten, die in beiden Ländern gelistet sind          Informationsdefizite bestehen und herauszufin-
und sich an die deutschen Regeln halten, dürf-           den welche Sachverhalte moniert werden, um
ten mit der RegFD in aller Regel Probleme                gegebenenfalls gezielt Aufklärung betreiben zu
bekommen.                                                können. Letztlich ist es dem Management in
                                                         diesem Fall nicht gelungen, Analysten von den
                                                         eigenen Zukunftserwartungen zu überzeugen.
1.2.1. Allen Kapitalmarktteilnehmern werden              Ein Informationsboykott würde deshalb dazu
grundsätzlich inhaltlich gleichwertige Informa-          führen, einen grundsätzlich am Unternehmen
tionen zur Verfügung gestellt.                           interessieren Multiplikator auf Dauer zu verlie-
                                                         ren.
Rechtlich gilt, dass 'wesentliche' Informationen
allen Marktteilnehmern gleichzeitig zur Verfü-           Beispiel für die Missachtung dieser Verhaltens-
gung gestellt werden müssen. Form der Dar-               regel: Ein Automotive-Unternehmen lädt gezielt
stellung und Tiefe des Detaillierungsgrades darf         sechs dem Unternehmen gegenüber positiv
sich unterscheiden, wenn Informationen da-               gestimmte Finanzanalysten ins Testcenter ein,
durch nicht 'verzerrt' werden. 'Unwesentliches'          in dem neben dem Markenchef des Unterneh-
muss weder nach US- noch nach deutschem                  mens auch der Leiter Design zum Gespräch
Recht gleich kommuniziert werden                         bereit stehen und Prototypen und Vorserien-
                                                         modelle Testgefahren werden können. Weitere
Beispiel: Eine von 10 Tochtergesellschaften              Teilnehmer werden nicht eingeladen.
eines Konzerns verliert ihre ISO-Zertifizierung
ohne dass sich dadurch wesentliche Auswir-
kungen auf Konzerngesamtgeschäft ergeben.                1.2.3. Wesentliche Informationen werden nicht
Hier darf das Unternehmen (zumindest recht-              nur über selektive Kanäle bekannt gegeben.
lich) durchaus selektiv kommunizieren.
Ein Beispiel für eine nicht optimal gestaltete           Für Investment Professionals relevante Infor-
Kommunikation bezüglich der Empfehlung: Auf              mationen werden nicht nur über selektive Me-
der Analystenkonferenz eines Unternehmens in             dien, sondern zumindest zeitgleich über wichti-
London sind Präsentationsfolien enthalten, die           ge Informationskanäle dieser Zielgruppe und
den Kollegen auf den in Deutschland stattfin-            die Internetseite des Unternehmens zur Verfü-
den Veranstaltungen nicht vorgelegt werden.              gung gestellt.
Begründet wird dies damit, dass angelsächsi-
sche Investoren ausführlichere Informationen             Beispiele hierfür sind Zeitungsinterviews eines
erwarten als kontinentaleuropäische.                     Vorstands, in denen wichtige strategische
                                                         Themen behandelt werden oder Artikel in spe-
                                                         zialisierten Branchenzeitschriften.
1.2.2. Informationsversorgung wird nicht auf
Basis positiver/negativer Empfehlungen oder              Das heißt mitnichten, dass ein Vorstand von
vorangegangener Kritik gesteuert.                        solchen Interviews absehen soll. Vielmehr hal-
                                                         ten wir es für angebracht, dass solch heraus-
Zu den Aufgaben, die von Finanzvorständen                gehobene Interviews auf der Internetseite des
und IR-Officers ein hohes Maß an Fairness                Unternehmens zeitgleich zur Verfügung gestellt
erfordern, gehört die Auseinandersetzung mit             werden. Darüber hinaus sollten die großen
Investment Professionals, die bspw. der formu-           Informationsdienste aktiv auf die Interviews
lierten Strategie eines Unternehmens skeptisch           hingewiesen werden.
gegenüberstehen, einzelne Entscheidungen
des Managements kritisch hinterfragen und                Die Beurteilung, welche Presseartikel für In-
möglicherweise am Ende - trotz vieler Mühen -            vestment Professionals von hoher Relevanz

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sein können, ist eine zentrale Aufgabe der IR-                   unerwarteten Kursbewegungen führen. Zur
Abteilung in enger Abstimmung mit der PR-                        Validierung von Gerüchten sind Investment
Abteilung.                                                       Professionals darauf angewiesen, ob und wie
                                                                 ein Unternehmen zu Gerüchten Stellung be-
Negative Beispiele:                                              zieht.
In einer Fachzeitschrift für Immobilien wird in
einem Interview mit einem Senior Manager die                     Aus dem Verhalten bei Gerüchten leiten In-
Chancen für den Erwerb mehrerer Immobilien-                      vestment Professionals häufig Erfahrungswerte
portfolios diskutiert.                                           über deren Wahrheitsgehalt ab. Dementiert
                                                                 bspw. ein Unternehmen regelmäßig Gerüchte,
Ein Vorstandsvorsitzender gibt einer großen                      in einem Fall aber nicht, könnten Marktteilneh-
überregionalen Tageszeitung ein Interview, in                    mer davon ausgehen, dass dieses Gerücht
dem er über seine Position in anstehenden                        einen Wahrheitsgehalt hat.
Verhandlungen über eine Restrukturierung
Stellung nimmt.                                                  Die Umstände, unter denen Gerüchte Insider-
                                                                 Informationen im Sinne des § 12 WpHG dar-
In einer Branchenzeitschrift wird ein neues                      stellen, spezifiziert der Emittentenleitfaden der
Produktionsverfahren erläutert, welches die                      Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
Produktionskosten des Unternehmens um mehr                       (BaFin) in Sektion III. 2.1.1.2.
als 10% senken könnte.
                                                                 Eine nachhaltige, konsistente, offene und
Kommentare aus verschiedenen Perception                          transparente Finanzkommunikation ist das be-
Profiles der Jahre 2006 bis 2008:                                ste Mittel, um Interventionen im Umfeld auf-
                                                                 kommender Gerüchte zu begegnen.
§   „Wichtige Statements erscheinen häufig
    zuerst in der Zeitung in Interviews des
    CFO.“                                                        1.2.5. Allen auswärtigen Kapitalmarktteilneh-
§   „Mir ist nicht bekannt, dass wesentliche                     mern werden grundsätzlich Conference Calls
    Informationen über selektive Kanäle be-                      sowie eMail-Pushservice angeboten.
    kannt gegeben werden!“
§   „Bei uns sind Informationen über wesentli-                   Conference Calls im Rahmen von Analysten-/
    che Ereignisse nicht oder nur verzögert an-                  Investorenkonferenzen oder wichtiger Mittei-
    gekommen.“                                                   lungen gehören bereits heute bei vielen Unter-
                                                                 nehmen zum Standard. Conference Calls bie-
                                                                 ten Investment Professionals zunächst logisti-
1.2.4. Für den Umgang mit aufkommenden                           sche Vorteile, da sie den Reiseaufwand redu-
Gerüchten existieren bekannt gemachte                            zieren und zudem in der Reportingsaison dazu
Sprach- und Kommentierungsregeln, die festle-                    beitragen, ein größeres Pensum an Konferen-
gen, unter welchen Umständen das Unterneh-                       zen bewältigen zu können.
men sich äußert.                                                 Neben der Minimierung von Reisetätigkeiten
                                                                 bieten Conference Calls Finanzanalysten klare
Gerüchte können, solange sie Gerüchte sind,                      Zeitvorteile. Finanzanalysten nehmen an einem
nicht aussagelogisch widerlegt werden - ihr                      Conference Call teil und verarbeiten zeitgleich
Wahrheitsgehalt lässt sich nicht grundsätzlich                   die vom Unternehmen kommunizierten Ergeb-
feststellen. Nur weil Gerüchte in aller Regel                    nisse am Arbeitsplatz, d.h. in ihren Modellen.
Informationen enthalten, die mit nachgewiese-                    Unmittelbar nach Beendigung des Conference
nen Ereignissen oder Tatsachen in Verbindung                     Calls sind sie damit in der Lage, ihre institutio-
gebracht werden, können sie sich überhaupt                       nellen Kunden auf direktem Wege mit Analysen
verbreiten. Zwischen den glaubhaften Anteilen                    und Ergebnissen zu versorgen und dadurch
und dem nicht näher definier- und verifizierba-                  Zeitvorteile auszunutzen.
ren Informationen findet eine gegenseitige Ver-
                                      1
stärkung, ein zirkulärer Prozess statt .                         Minimum eines Conference Call-Angebots ist:

Da auf den Kapitalmärkten eine asymmetrische                     a)   Die Bereitstellung eines gesteuerten Zu-
Informationsverteilung besteht, lösen neue                            gangs (Operator) mit der Möglichkeit, Fra-
Informationen potenziell Kursbewegungen aus.                          gen stellen zu können;
                                                                 b)   Die Bereitstellung einer begleitenden Prä-
Hierin besteht das Risiko für Unternehmen: Ein                        sentation vor Beginn des Conference
nachlässiger Umgang mit Gerüchten kann zu                             Calls, bei zeitgleicher Durchführung einer
                                                                      Präsenzveranstaltung mit Conference Call
1                                                                     die Bereitstellung einer identischen Prä-
  Dunant, Jeffrey. (2002). „Gerüchte in der Finanzkommu-
nikation“, in: Bentele et al. Kommunikationsmanagement.               sentation;

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c)      Die Möglichkeit, Präsentation und Auf-                                   2.1. Wesentlichkeit
        zeichnung des Conference Calls noch für
        mindestens 12 Monate im Internet abrufen                                 Die berichteten Informationen orientieren
        zu können.                                                               sich an der Relevanz für die Adressaten und
                                                                                 entsprechen in punkto Umfang, Tiefe, Fre-
Bei der zunehmenden Dichte von IR-Terminen                                       quenz und Vollständigkeit den Erwartungen
innerhalb kurzer Berichtszeiträume, können                                       von Investoren und Finanzanalysten.
Investoren und Finanzanalysten mitunter weder
an der Präsenzveranstaltung noch am Confe-
rence Call teilnehmen, und begrüßen es, Con-                                     2.1.1. Unternehmensmeldungen sind wesent-
ference Calls und Präsentationsfolien mit der                                    lich, nachvollziehbar und verständlich.
Möglichkeit einer späteren Wiedergabe zur
Verfügung gestellt zu bekommen.                                                  Wesentlich bezieht sich hier auf Wesentlichkeit
Ein attraktives zusätzliches Element ist die                                     und Dringlichkeit für die Unternehmensführung,
Verfügbarkeit eines Transkripts des Conference                                   vergleichbar mit dem Prinzip der „Materiality“
Calls, der es Teilnehmern ermöglicht, Ausfüh-                                    der internen Revision, das empfiehlt, dass pri-
rungen des Managements wie z.B. Zitate, Ant-                                     mär risikobehaftete Bereiche oder für den Ge-
worten auf Fragen etc. nachzulesen und in                                        schäftszweck essenzielle Prozesse untersucht
schriftliche Berichte zu integrieren („Copy-                                     bzw. berichtet werden.
Paste“).
                                                                                 Die Nachvollziehbarkeit eines Textes bezieht
Wird ein Conference Call angeboten, sollte die                                   sich darauf, wie schnell sich seine Aussage für
Präsentation mindestens 30 Minuten vor Be-                                       den Leser in ihrer Bedeutung erschließt. Er-
ginn im Internet oder per eMail-Anhang zur                                       gebnisse sind plausibel und lassen sich rechne-
Verfügung stehen. Alle auf der Homepage ein-                                     risch nachvollziehen. Zudem wird auf unter-
gestellten Präsentationen sollten in Umfang,                                     nehmensspezifische Begriffskreationen bei
Detailgrad und Aktualität der Präsentation in                                    Standardgrößen (z.B. Erfolgsgrößen u.a.) ver-
der Konferenz entsprechen.                                                       zichtet.

Negatives Beispiel: Ein Unternehmen bietet
zwei zeitversetzte Conference Calls an, vor-
mittags einen für deutschsprachige Teilnehmer,
Stunden später dann einen Call für eng-
lischsprachige Teilnehmer, die somit verspätet
informiert werden.

1.2. Gleichbehandlung

     1.2.1. Allen Kapitalmarktteilnehmern werden grundsätzlich inhaltlich
            gleichwertige Information zur Verfügung gestellt.

     1.2.2. Der Umgang mit negativen Nachrichten unterscheidet sich nicht wesentlich
            vom Umgang mit positiven Nachrichten.
     1.2.3. Wesentliche Information werden nicht nur über selektive Kanäle bekannt
            gegeben.
     1.2.4. Für den Umgang mit aufkommenden Gerüchten existieren bekannt gemachte
            Sprach- und Kommentierungsregeln, die festlegen, unter welchen
            Umständen das Unternehmen sich äußert.
     1.2.5.1. Allen Kapitalmarktteilnehmern werden Conference Calls zu
             wichtigen Events angeboten.

     1.2.5.2. Der Service rund um die Conference Calls sowie den eMail Pushservice
              ist umfassend und reicht aus.

                                                                                          0        20        40        60        80       100

     Erfüllungsgrad der Grundsätze in %; Durchschnitt über alle Perception Profiles der Jahre 2006 bis 2008 (å = 503 Investment Professionals).

Die empirischen Ergebnisse der Perception
Profiles zeigen, dass bei den Unternehmen vor
allem Defizite beim der Kommunikation von
aufkommenden Gerüchten bestehen. Hier liegt
der Erfüllungsgrad mit 45% am niedrigsten.
Aber auch die gleichwertige Informationsbereit-
stellung und der Umgang mit negativen Infor-
mationen deuten auf Verbesserungspotential
hin.

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Es empfiehlt sich, bei einzelnen Meldungen                       Ad-hoc-Mitteilungen, Corporate News, Presse-
zusätzliche Informationen zum Kontext anzu-                      mitteilungen, Analysten-/Investoren-Präsenta-
geben, die der Vergleichbarkeit der Informatio-                  tionen, Newsletter etc.
nen zuträglich sind und zugrunde liegende
Dynamiken erkennen lassen.                                       Eine zielgruppenspezifische Strukturierung von
                                                                 Berichten orientiert sich an den Lese- und Ver-
Daten sollten nach Möglichkeit                                   arbeitungsgewohnheiten der Adressaten. Im
                                                                 angelsächsischen Sprachraum wird kulturell
§   In identischer Struktur und Form angeben                     bedingt eine im Vergleich zum deutschen
    werden, um Vergleichbarkeit zu gewährlei-                    Sprachraum sehr unterschiedliche Strukturie-
    sten und Dynamiken aufzeigen zu können;                      rung von Dokumenten bevorzugt. Da Finanz-
§   Sich an den Bedürfnissen der Investoren                      und Kapitalmärkte ohnehin sehr deutlich von
    und Analysten orientieren, d.h. in kurzer                    angelsächsischen Gepflogenheiten dominiert
    und knapper Form, mehr in Stichworten,                       werden, empfiehlt sich eine Beachtung der
    denn in Prosa dargeboten werden;                             wesentlichen Merkmale des angelsächsischen
§   An einer der Priorität entsprechenden                        Schreibstils:
    Stelle in den Berichten aufgeführt werden;
                                                                 1. Dokumente werden „top-down“ verfasst.
§   Sich an gängigen Formaten und Standards
                                                                    Ihre Struktur erlaubt eine kursorische Re-
    orientieren, die den Geschäftsmodellen des
                                                                    zeption indem die am Anfang des Doku-
    Unternehmens ausreichend Rechnung tra-
                                                                    mentes enthaltene Zusammenfassung ge-
    gen. Empfohlen wird, dass sich Unterneh-
                                                                    lesen wird; detaillierte Angaben finden sich
    men bei Struktur, Form und Frequenz an
                                                                    auf hinteren Seiten des Dokumentes oder
    den Gepflogenheiten in- und ausländischer
                                                                    werden in separaten Anhängen zusammen
    Peers orientieren.
                                                                    gefasst.
Negatives Beispiel: Deutsche Medikamen-                          2. Längere Dokumente enthalten eine Zu-
tenentwickler neigen dazu, negative klinische                       sammenfassung („Executive Summary“),
Daten bei deren Bekanntgabe positiver darzu-                        die dem Bericht vorangestellt wird. Wesent-
stellen als es das Studienergebnis eigentlich                       liche Punkte werden dabei beispielsweise
erlauben dürfte. Zudem gelingt es den Unter-                        in Form von „Bullets“ auf maximal 1,5 Sei-
nehmen selten, die Komplexität der klinischen                       ten an den Anfang des Berichts gestellt; zu
Daten verständlich in eine Ad-hoc-Meldung zu                        den Inhalten zählen wichtige Ergebnisse,
formulieren. Ein Unternehmen zeigt ein beson-                       Veränderungen von Kenn- und Planzahlen,
deres Talent, Meldungen für den Privatanleger                       wichtige Veränderungen im Markt, bei Pro-
sehr „wichtig“ klingend aufzubereiten, obwohl                       dukten, im Management sowie Begründun-
der Experte die Inhaltsleere der Meldung er-                        gen und Hintergründe in Stichworten.
kennen kann.                                                        Kennzahlen werden ebenfalls kurz und
                                                                    knapp in einer Tabelle zusammengestellt.
                                                                    Hinweise zu Seitenzahlen auf denen sich
2.1.2. Unternehmen stellen ihre Geschäftsbe-                        im Bericht detaillierte Informationen befin-
richte und Dokumente in gut strukturierter,                         den, ergänzen das Executive Summary.
übersichtlicher und inhaltlich priorisierter Form
                                                                 3. Bei längeren Berichten in Prosaform emp-
dar, wobei wichtige Informationen an hervorge-
hobener Stelle präsentiert werden.                                  fiehlt es sich, dem Text einen so genannten
                                                                    Opening Paragraph voranzustellen, der -
                                                                    ähnlich dem Executive Summary - die
Diese Empfehlung betrifft neben Geschäfts-
                                                                    nachfolgenden Textpassagen zusammen-
und Quartalsberichten jegliche Dokumente, die
                                                                    fasst.
vom Unternehmen veröffentlicht werden z.B.

       USA                          UK                    Deutschland
       ♦ Humor                 ♦ Humor                    ♦ Solidität von Produkt,
                                                             Unternehmen
       ♦ Witz/Esprit           ♦ Gute Story               ♦ Technische Daten
       ♦ Modernes Auftreten ♦ Gutes Produkt               ♦ Anfang - Mitte - Ende
       ♦  Slogans              ♦  Preis/Leistung          ♦ Ausreichend Dokumentation
                                                             (Papier)
       ♦  Verkaufsbemühung     ♦  Qualität                ♦ Ernsthaftigkeit
                                                          ♦ Preis/Leistung
                                                          ♦ Qualität
       Aufmerksamkeit: 30 Min. Aufmerksamkeit: 30-45 Min. Aufmerksamkeit: 1 Std.+
      Quelle: R. Frank Handout Workshop „Managing Expectations; Richard D. Lewis, When Cultures Collide“
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2.1.3. Anfragen von Investoren und Analysten                                 Gefahr in sich, dass die Glaubwürdigkeit des
nach detaillierten Informationen zu Märkten und                              Managements beschädigt wird, da Investment
Produkten werden berücksichtigt und zeitnah                                  Professionals in Abwesenheit konkreter Be-
beantwortet.                                                                 schreibungen der unternehmerischen Risiken
                                                                             Annahmen treffen müssen, die das größtmögli-
Häufig haben Kapitalmarktteilnehmer für ihre                                 che Risiko unterstellen.
Analysezwecke einen Informationsbedarf, der
über die Standardberichterstattung hinausgeht.                               Negatives Beispiel: Nach den schweren Hurri-
Diese werden von den Unternehmen auf Anfra-                                  kans im Herbst 2005 beschreibt ein Rückversi-
ge bereitgestellt. Da sich die Entwicklung von                               cherungsunternehmen den zu erwartenden
Märkten und Produkten wesentlich auf den                                     Maximalschaden. Aus den veröffentlichten
zukünftigen Unternehmenserfolg auswirken,                                    Unterlagen ist nicht zu erkennen, dass die An-
stehen diese häufig im Mittelpunkt solcher An-                               gabe sich nicht auf alle Geschäftsfelder der
fragen. Soweit verfügbar und mit dem unter                                   Gesellschaft bezog. Der Begriff „Maximalscha-
1.2.1. bereits beschriebenen Gebots der Zur-                                 den“ suggeriert, dass der Schaden nicht noch
verfügungstellung wesentlicher Informationen                                 größer werden kann und wiegt Kapitalmarktteil-
vereinbar, schätzen Investment Professionals                                 nehmer in Sicherheit. Der später eintretende
Angaben zu Wettbewerbern, Marktentwicklun-                                   Schaden übersteigt die genannten Zahlen
gen, Marktanteilen (auch von Wettbewerbern),                                 massiv, führt zu einem Kursrutsch und beschä-
Studien über Marktentwicklungen etc.                                         digte die Glaubwürdigkeit der Unternehmens-
                                                                             kommunikation.
Positives Beispiel: Ein deutscher Automobilzu-
lieferer veröffentlicht jährlich ein Fact Book mit
der Entwicklung einer Vielzahl wichtige Bran-                                2.1.5. Das Unternehmen berichtet über Non-
chendaten und Marktanteile seiner Produkte.                                  Financials, Intangibles und so genannte weiche
Das Fact Book wir jährlich aktualisiert und der                              Faktoren in strukturierter und vergleichbarer
gewählte Datenkranz im wesentlichen beibe-                                   Form.
halten
                                                                             Bei den Non-Financials sollten nur unternehme-
                                                                             rische Aspekte berichtet werden, die vom Un-
2.1.4. Risiken werden konkret und ausführlich                                ternehmen im Rahmen der gewöhnlichen Per-
beschrieben; auf Floskeln und abstrakte Be-                                  formancemessung zur Anwendung kommen,
schreibungen wird verzichtet.                                                und die von der Wirtschaftsprüfung unter nach-
                                                                             vollziehbaren Kriterien auditiert werden können.
Es ist für Investment Professionals unerlässlich,                            Berichte und Fakten zu Non-Financials und so
Risiken eines Unternehmens realistisch und                                   genannte „weiche Faktoren“ helfen Investment
konkret einschätzen zu können. In der Model-                                 Professionals, ein möglichst realistisches Bild
lierung des Unternehmens als Grundlage für                                   von den das Unternehmen betreffenden exo-
die Anlageentscheidung schlägt sich das unter-                               genen und endogenen Einflussfaktoren zu ge-
nehmerische Risiko über das Beta maßgeblich                                  winnen.
in der geforderten Risikoprämie nieder in der                                Exemplarisch ist hier der Value Reporting Fra-
                                                                                                                2
Volatilität. Die Darstellung in Floskeln oder nicht                          mework nach Labhart empfohlen.
greifbaren       Beschreibungen        birgt    die

              Bereich      Balanced-Score-    Beschreibung                       Informationen z.B. über
                           card-Perspektive

                           Management         Informationen zur                  •   strategische Optionen
                                              Unternehmensstrategie und          •   Ziele
                                              deren Umsetzung                    •   Erfolgsfaktoren
                                                                                 •   Investitionen in immaterielle Werte

                           Kunden             Informationen in                   •   Marktanteile
                                              Zusammenhang mit Marketing-        •   Daten über Kundenbindung und
                                              und Vertriebsaktivitäten               -zufriedenheit
                                                                                 •   Markenwerte
                                                                                 •   Marketinginvestitionen

              nicht        Prozesse           Darstellung interner Abläufe       •   Daten zur Produkt- und Prozessqualität
              finanziell                      und Wertschöpfungsketten           •   Anzahl der Patente
                                                                                 •   Investitionen in Forschung und Entwicklung

                           Entwicklung        Angaben zur Infrastruktur          •   Kennzahlen zu Mitarbeiterzufriedenheit und
                                              (Mitarbeiter,                          -bindung
                                              Informationssysteme) des           •   Mitarbeiterproduktivität
                                              Unternehmens                       •   Investitionen in Datenbanken und sonstige
                                                                                     Informationstechnologien

                                                                             2
                                                                              Labhart, Peter (1999). Value Reporting: Informationsbe-
                                                                             dürfnisse des Kapitalmarktes und Wertsteigerung durch
                                                                             Reporting. Zürich

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2.1. Wesentlichkeit

    2.1.1.1. Unternehmensmeldungen und Präsentationen priorisieren die
            Informationen und fokussieren auf die relevantesten Aspekte.

    2.1.1.2. Unternehmensmeldungen und Präsentationen sind präzise,
            nachvollziehbar und leicht verständlich.

    2.1.2. Die Geschäftsberichte sind gut strukturiert und übersichtlich.

    2.1.3. Anfragen von Investoren und Finanzanalysten nach detaillierten
          Informationen zu Märkten und Produkten werden berücksichtigt
          und zeitnah beantwortet.
    2.1.4. Risiken werden ausreichend konkret und ausführlich
          beschrieben; auf Floskeln und abstrakte Beschreibungen wird
          verzichtet.
    2.1.5. Das Unternehmen berichtet über Non-Financials, Intangibles
           und so genannte weiche Faktoren in strukturierter und
           vergleichbarer Form.
                                                                                      0        20        40         60         80         100
    Erfüllungsgrad der Grundsätze in %; Durchschnitt über alle Perception Profiles der Jahre 2006 bis 2008 (å = 503 Investment Professionals).

Positiv fällt in den Perception Profiles die gute                                2.2.2. Der Berechnungsmodus ausgewiesener
Bewertung der Priorisierung von Information,                                     Kennzahlen wird offen gelegt.
insbesondere der Unternehmensmeldungen,
der Präsentationen und der Geschäftsberichte                                     Für den Fall, dass Kennzahlen von finanzana-
auf. Defizite werden von den Investment Pro-                                     lytischen Standards abweichen, sollte explizit
fessionals vor allem bei Detailinformationen zu                                  z.B. durch eine Beispielsrechnung oder eine
Märkten und Produkten sowie insbesondere bei                                     Formel aufgedeckt werden, wie die Kennzahl
nicht-finanziellen Informationen gesehen.                                        errechnet wurde.

                                                                                 Als Standard finanzanalytischer Kennzahlen
                                                                                 werden in diesem Sinne die im Emittentenleit-
2.2. Nachvollziehbarkeit                                                         faden der BaFin unter IV.2.2.10. „Übliche Zah-
Unternehmensberichte sollten konsistent                                          len“ aufgeführten Kennzahlen verstanden, als
und nachvollziehbar sein. Finanzielle Infor-                                     da sind:
mationen sollten quantifiziert sein und aus-
reichend begründet werden.                                                       §   Umsatz (Umsatzerlöse, Sales, Revenue)
                                                                                 §   Ergebnis pro Aktie (EPS - Earnings per
                                                                                     Share)
2.2.1. Kommunizierte Ziele sind nachvollzieh-                                    §   Jahresüberschuss (Net Profit)
bar, quantifiziert und haben ausreichenden                                       §   Cashflow
Bezug zu Finanzgrößen.                                                           §   Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT -
                                                                                     Earning before Interest and Taxes)
Da die Modellierung auf quantifizierbaren Fak-                                   §   Ergebnis vor Steuern (EBT - Earning befo-
toren beruht und zu monetären Größen in Kor-                                         re Taxes)
relation gesetzt wird, ist es plausibel, dass nur                                §   Dividende pro Aktie (Dividends per Share)
Aspekte, die sich überhaupt quantifizieren las-                                  §   Ergebnis vor Steuern, Zinsen und Ab-
sen, in das Modell eingearbeitet werden. Intan-                                      schreibungen (EBITDA - Earning before
gibles oder weiche Faktoren müssen in Lei-                                           Interest, Taxes, Depreciation and Amor-
stungsindikatoren übersetzt werden (siehe                                            tization)
auch Regel 2.1.5.)                                                               §   Ergebnismarge (in Prozent der Umsätze)
                                                                                 §   Eigenkapitalquote
Kommentare aus verschiedenen Perception                                          §   Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätig-
Profiles der Jahre 2006 und 2007:                                                    keit
                                                                                 §   Betriebliches Ergebnis
§    “Corporate earnings guidance - numbers                                      §   Operatives Ergebnis vor Sondereinflüssen
     instead of words.”                                                          Quelle: Emittentenleitfaden der Bundesanstalt für Finanz-
                                                                                 dienstleistungsaufsicht BaFin (Stand 15.07.2005)
§    “Balance sheet policy.”
§    “Defining targets / goals to be monitored.”

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Kommentare aus einem Perception Profile aus                          §   „Cashflow and divisional reporting.“
2006:                                                                §   „Kleiner Vorschlag: Zahlenveröffentlichun-
                                                                         gen auf Quartal beziehen, da mehr Aussa-
§   Would be great to have clear guidance on                             gekraft (z.B. 9M Zahlen in Ad-hoc und
    core earnings per share calculation, good                            Pressemitteilung auch mit separaten Q3
    way to show commitment to this is to have                            Zahlen, da Q3 neu und wichtig, was in H1
    dividend payout based on core earnings.                              passiert war, weiß man schon).“
                                                                     §   „Ergebnisse zusätzlich auf Quartalsbasis
                                                                         darstellen.“
2.2.3. Segmentberichte bilden das Unterneh-
men und seine Geschäftseinheiten sowie geo-
graphische Distribution adäquat ab und werden                        2.2.4. Die Struktur von Berichten sowie Inhalt
auch unterjährig detailliert dargestellt.                            und Umfang von Datenkränzen werden nur in
                                                                     begründeten Fällen geändert. Veränderungen
Für die Erfolgsrechnung eines Unternehmens                           in der Rechnungslegung und im Ergebnis wer-
ist es unerlässlich, Informationen und Zahlen zu                     den erläutert und durch Überführungsrechnun-
Segmenten und geographische Regionen se-                             gen ergänzt.
parat und konsistent verfügbar zu machen.
                                                                     Hier wird deutlich, was Eingangs über die Mo-
IAS 14 (Segmentberichterstattung) definiert die                      dellierung von Unternehmen durch Finanzana-
Anforderungen zu Angaben nach Geschäftsfel-                          lysten gesagt wurde: Jede Änderung der
dern und Regionen im Detail. Die wesentlichen                        Strukturen von Berichten und Veränderungen in
Bestandteile der Regel sind:                                         der Rechnungslegung insb. Aggregierungen
§ Die Bestimmung der geographischen Seg-                             von ausgewiesenen Zahlen ziehen Verände-
    mente ist zunächst nicht an eine Vorgabe                         rungen am Modell nach sich. Da die vom Un-
    gebunden: sie kann sich dem Standort von                         ternehmen vorgenommenen Veränderungen
    Produktionsanlagen, dem Standort der Er-                         z.B. in der Rechnungslegung mitunter vom
    bringung von Dienstleistungen richten oder                       Abnehmer nicht nachzuvollziehen sind oder nur
    dem Standort seiner Absatzmärkte und                             durch eine entsprechende Kommentierung
    Kunden (IAS 14.13);                                              seitens des Unternehmens, sollten Unterneh-
§ Grundlage der externen Berichterstattung                           men nur in Ausnahmefällen Formate und
    der Segmente sollte der Management-                              Strukturen ihrer Berichte verändern bzw. tief
    Approach sein, d.h. es wird empfohlen, das                       greifende Veränderungen wie sie bei der Um-
    interne Reporting als Grundlage für die                          stellung der Rechnungslegung auf IFRS auf-
    externe Segmentberichterstattung anzule-                         treten können mit einem detaillierten Briefing
    gen (IAS 14.14);                                                 von Analysten und Investoren begleiten.
§ Zu den Erträgen eines Segments zählen
    grundsätzlich Erträge, die dem Segment di-                       Positive Beispiele:
    rekt zuzuordnen sind und relevante Teile                         Bereits im Vorfeld der notwendigen Umstellung
    der Erträge eines Unternehmens, die auf                          auf IFRS haben zwei der Chemieindustrie zu-
    einer vernünftigen Grundlage auf eine                            geordnete Unternehmen ausführliche Analy-
    Segment verteilt werden können. Das kön-                         stenworkshops veranstaltet, bei denen die er-
    nen sowohl Außenumsätze mit Dritten oder                         warteten Auswirkungen auf die Unternehmens-
    Binnenumsätze sein (vgl. auch IAS 31);                           zahlen detailliert erläutert wurden. So konnten
§ Zu den Aufwendungen eines Segments                                 die Verwerfungen in der Berichterstattung früh-
    zählen ebenfalls direkte und indirekte Auf-                      zeitig diskutiert werden. Den Unternehmen ist
    wendungen sowohl für außen- wie auch                             es so gelungen, am erstmaligen Berichtsdatum
    Binnenumsätze. Nicht zu den Segment-                             die Konzentration der Kapitalmarktteilnehmer
    aufwendungen gehören u.a.                                        auf die Inhalte der Berichterstattung zu lenken.
§ Verluste aus dem Verkauf von Finanzinve-                           Diskussionen über die neue Darstellungsform
    stitionen,                                                       bzw. das neue Datenmaterial blieben im Hin-
§ Ertragssteuern,                                                    tergrund.
                               3
§ Zentralverwaltungskosten.
                                                                     Die Umstellung der Rechnungslegung von HGB
Kommentare aus verschiedenen Perception                              auf IFRS wird mit einer eigenen Konferenz
Profiles der Jahre 2006 bis 2008:                                    begleitet; die Umstellung der Bilanzierung des
                                                                     Factorings von Lebensversicherungsprovisio-
§   „Detaillierte Berichterstattung (Segmentbe-                      nen bei einem Finanzdienstleister wird Invest-
    richterstattung).“                                               ment Professionals auf einer Präsenzveran-
                                                                     staltung erläutert.
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  Weiterführende Literatur: Born, Karl (2005). Rechnungs-
legung international. IAS/IFRS im Vergleich mit HGB und
US-GAAP. Schäffer Poeschel

© 2008 DVFA                                                 - 14 -
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