E-Rad macht mobil Potenziale von Pedelecs und deren Umweltwirkung - Umweltbundesamt
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Impressum Herausgeber: Umweltbundesamt Fachgebiet I 3.1 - Umwelt und Verkehr Postfach 14 06 06844 Dessau-Roßlau Tel: +49 340-2103-0 info@umweltbundesamt.de Internet: www.umweltbundesamt.de /umweltbundesamt.de /umweltbundesamt Autoren: Ulrike Wachotsch, Andrea Kolodziej, Bernhard Specht, Regina Kohlmeyer und Falk Petrikowski unter Mitarbeit von Caroline Ommeln, Katrin Dziekan, Nadja Richter, Tina Mutert, Markus Menge und Manuela Weber Gestaltung: Umweltbundesamt Publikationen als pdf: http://www.umweltbundesamt.de/publikationen/ e-rad-macht-mobil Bildquellen: Titel: © autofocus67 / Fotolia.de S. 5: © Giant S. 19, 20: Katrin Dziekan / UBA S. 13: Backfiets.nl S. 16: Andrea Kolodziej / UBA S. 21: © Microstockfish / Fotolia.de S. 22: www.inmod.de Stand: August 2014
Inhalt Zusammenfassung/Abstract 4 1. Status Quo 5 2. Einsatzmöglichkeiten von Pedelecs und Potenziale 8 2.1 Pedelecs – Einsatzmöglichkeiten 8 2.2 Infrastrukturanforderungen und Abstellplätze 14 3. Umweltwirkung von Pedelecs 15 3.1 Geringer Energieverbrauch und CO2-Ausstoß 15 3.2 Geringere Belastung der Luftqualität 15 3.3 Wenig Flächenverbrauch und Lärm 16 3.4 Eigenschaften und Umweltwirkungen der aktuell eingesetzten Akkutypen 17 3.5 Rücknahme und Recycling der Pedelecs und Akkus 19 4. Handlungsempfehlungen 21 Anhang Exkurs: E-Räder – Typenvielfalt und rechtliche Einordnung 23 Abkürzungsverzeichnis und Glossar 27 Notizen 28
Zusammenfassung/Abstract Pedelecfahren ist Radfahren mit Rückenwind: Län- liches Fahrrad ohne Elektromotor, aber die relativ gere Strecken als mit dem herkömmlichen Fahrrad geringen negativen Umwelteffekte der Pedelecs wer- bewältigen, ohne verschwitzt anzukommen. Etwa den deutlich aufgewogen wenn PKW-Fahrten durch 1,6 Millionen E-Räder sind aktuell in Deutschland Pedelecfahrten ersetzt werden. Die Energiemenge, im Einsatz. Davon stellt das Pedelec, ein Fahrrad mit die ein Pedelec für eine Strecke von 10 km benötigt, Elektromotorunterstützung, mit einem Marktanteil entspricht in etwa der Energie, die erforderlich ist, von 95% den Großteil der Elektrofahrzeugflotte in um 0,7 Liter Wasser bei Raumtemperatur zum Kochen Deutschland. Radfahren liegt im Trend, und das Ziel zu bringen. Bei der Stromerzeugung fallen derzeit der Bundesregierung, bis 2020 den Radverkehrsan- mit dem deutschen Energiemix noch Luftschadstof- teil von bisher 10% auf 15% zu steigern, kann auch fe an, dieser Anteil ist für den Pedelecstrom jedoch durch zunehmende Pedelecnutzung unterstützt nur ein Bruchteil der Luftschadstoffe, die bei einem werden. Die Vorzüge und Einsatzmöglichkeiten Verbrennungsmotor für die gleiche Strecke anfallen. von E-Rädern sind vielfältig: Sie erleichtern das Die aktuell am häufigsten bei Pedelecs eingesetzten Überwinden größerer Distanzen, ermöglichen den Lithium-Ionen-Akkus belasten das Klima in der Her- Transport größerer Lasten, natürliche Hindernisse stellung und Entsorgung mit 22-30kg CO2eq. Vergleicht wie Höhenunterschiede oder Gegenwind lassen sich man das mit 21,5kg CO2eq pro 100 km aus eingespar- leichter bewältigen. Zudem sind Dienst-Pedelecs eine ten PKW-Kilometern, sind bereits nach 100 Pedelec- Alternative zum Dienst-PKW und auch eine ideale Kilometern die Treibhausgasemissionen des Akkus Fortbewegungsmöglichkeit in der Freizeit und bei beglichen. Sinnvolles Recycling von Akkus und auch touristischen Touren. Die teilweise schnelleren Ge- der Räder selbst trägt zur Ressourcenschonung bei. schwindigkeiten verglichen mit dem herkömmlichen Fahrrad und die höheren Anforderungen an sichere Im Rahmen einer integrierten Verkehrsplanung Abstellmöglichkeiten erfordern Investitionen in die sind Pedelecs ein wichtiger Baustein für nachhalti- Infrastruktur. ge Mobilität in Städten, aber auch ganz besonders im ländlichen Raum. Aus Umweltsicht ist diese Art Die Frage nach den Potenzialen von Pedelecs für von Elektrofahrzeugen zu begrüßen und sollte aktiv nachhaltige Mobilität und insbesondere nach den beworben und gefördert werden, um noch mehr Umweltwirkungen wird häufig gestellt. In diesem Pa- neuen Nutzergruppen Pedelecs als attraktive, kosten- pier werden dazu Antworten aufgezeigt. Ein Pedelec günstige und umweltverträgliche Mobilitätsform als belastet zwar die Umwelt stärker als ein herkömm- Alternative zum PKW schmackhaft zu machen. Begriffsdefinition Häufig werden die Begriffe Pedelec, E-Rad oder E-Bike synonym oder unterschiedlich in ihrer Bedeutung verwendet. Im Nachfolgenden werden daher zunächst die Begriffe nach unserem Verständnis definiert um die Unterschiede grob zu verdeutlichen. Pedelecs sind Elektrofahrräder; sie werden mit Muskelkraft angetrieben und bis zu einer Geschwindigkeit von 25 km/h durch einen elektrischen Motor mit maximal 250 Watt Leistung unterstützt. Die Handhabung der Pedelecs unterschei- det sich von der der konventionellen Fahrräder kaum. E-Bikes sind Fahrräder mit Elektromotor, welche auch ohne Tretbewegungen, also rein elektrisch, fahren können. E-Räder (= Abkürzung von Elektroräder) ist der Überbegriff für elektrounterstützte Fahrräder also Pedelecs und E-Bikes). Die detaillierten Unterscheidungen der Pedelecs und der E-Bikes (rein technisch und rechtlich gesehen) können im Anhang „Exkurs: E-Räder – Typenvielfalt und rechtliche Einordnung“ nachgelesen werden. 4
1. Status Quo Mobilität spielt in unserer Gesellschaft eine bedeuten- Im Personenverkehr hat der motorisierte Individu- de Rolle. Diese für künftige Generationen zu erhalten alverkehr etwa einen Anteil von rund 80% an allen – vor allem unter Berücksichtigung immer knapper zurückgelegten Kilometern. Entsprechend hoch sind werdender Ressourcen und des Schutzes und Erhalts der Energieverbrauch und die Emissionen von CO2 unserer Umwelt – stellt eine große Herausforderung und anderen Luftschadstoffen pro zurückgelegtem Ki- dar. Mehr Radverkehr kann hierfür eine gute Lösung lometer. Fuß- und Radverkehr als umweltfreundliche sein. Fortbewegungsoptionen verursachen nahezu keine schädlichen Emissionen. In der Erhebung „Mobilität in Deutschland 2008“ hatte der Radverkehr einen Anteil von 10% an allen Eine Studie der Technischen Universität Dresden Wegen; der gesamte Umweltverbund (Öffentlicher im Auftrag des Umweltbundesamtes ging der Fra- Verkehr, Fuß- und Radverkehr) lag bei 42%. Das ge nach, ob Radfahren einen Beitrag dazu leisten Wachstum des motorisierten Individualverkehrs hat kann, die Treibhausgasemissionen in Deutschland sich seit der Erhebung im Jahr 2002 abgeschwächt, zu reduzieren. Sie kam zu dem Ergebnis, dass ein der Umweltverbund nahm an Bedeutung zu.1 intelligenter und umweltverträglicher Verkehr der Zukunft mit integrierten Lösungen notwendig ist: Nachhaltigkeit ist ein politisches Leitbild der Bundes- schadstoffarme oder -freie Fahrzeuge einsetzen, kurze regierung und dient als Motor für gesellschaftlichen Wege mit dem Rad fahren, allgemein kürzere Wege und politischen Fortschritt2. In der nationalen Nach- zu näheren Zielen wählen und die Vorrausetzungen haltigkeitsstrategie „Perspektiven für Deutschland“ für die vermehrte Nutzung des Umweltverbundes formuliert die Bundesregierung konkrete Aufgaben (Fuß, Fahrrad, Öffentlicher Verkehr, u.a. Car-Sharing, und Ziele. Zentrales Handlungsfeld ist das Thema Fahrradverleihsysteme etc.) verbessern. Verschiedene Klima und Energie (Reduktion der weltweiten Treib- Maßnahmenszenarien der Studie errechneten CO2- hausgasemissionen um 50% bis 2050 gegenüber Einsparungspotenziale im Personenverkehr durch 1990). Deutschland verfolgt das Ziel, seine Treibhaus- Steigerungen des Radverkehrs zwischen 10 und gasemissionen bis 2020 um 40% bzw. bis 2050 um 30%4,5,6. 85-95% gegenüber 1990 zu senken. Betrachtet man Ziel des Nationalen Radverkehrsplans 2020 (NRVP) die CO2-Emissionen aller Sektoren seit 1990 kam es der Bundesregierung ist es, den Radverkehrsanteil an jedoch nur im Verkehrssektor zu keiner Reduktion der allen Wegen bis 2020 auf 15% zu steigern. Laut der Emissionen; hier sind diese sogar angestiegen. Tech- Erhebung „Mobilität in Deutschland 2008“ (MiD) lie- nische Entwicklungen zur CO2-Minderung wurden gen mehr als 75% aller Wege im Entfernungsbereich durch den stark wachsenden Verkehr (zurückgelegte bis 10 km. Für diesen Bereich sieht die Bundesregie- Fahrzeug-Kilometer) der letzten Jahre wieder kompen- rung ein besonderes Potenzial mit den E-Rädern den siert3. Radverkehrsanteil weiter zu steigern.7 5
Abbildung 1 Modal Split 2002 und 2008 im Vergleich (Anteil an den Wegen in Prozent %) 100 9 10 90 Modal Split (Anteil an den Wegen in Prozent %) 80 24 23 70 8 60 9 50 40 60 58 30 20 10 0 2002 2008 MIV (Fahrer und Mitfahrer) ÖPV zu Fuß Fahrrad Quelle: eigene Darstellung nach MID 2008 (Ergebnisbericht) E-Räder: Zahlen und Fakten Im Gegensatz zu Elektroautos ist in den letzten Der Zweirad Industrieverband schätzt, dass mittelfris- Jahren eine steigende Nachfrage auf dem Zweiradsek- tig E-Räder einen Anteil von 15% an allen Rädern ein- tor zu beobachten. Während die Automobilindustrie nehmen können, dies wären 10,65 Millionen E-Räder. noch erhebliche Summen in die Entwicklung von Nach Angaben des Zweirad-Industrie-Verbands (ZIV) Elektrofahrzeuge investiert (Bestand Deutschland wurden im Jahr 2007 rund 70.000 E-Räder verkauft. 2013: 7.114 Pkw mit reinem Elektroantrieb und Bis 2013 ist diese Zahl auf 410.000 Stück gestiegen 64.994 mit Hybridantrieb8,9), sind elektrisch angetrie- (siehe Abb. 2)11. Mehr als jedes zehnte neu verkaufte bene Zweiräder mit rund 1,6 Millionen Fahrzeugen Rad war 2013 in Deutschland ein E-Rad. Auf dem in Deutschland bereits in der Realität angekommen. Markt können derzeit über 1.500 unterschiedliche Der Markt für Elektroräder hat einen ausgesprochen E-Rad-Modelle beziehungsweise -Typen von über 70 Schwerpunkt: es sind Fahrräder mit elektrischer An- Herstellern erworben werden12. triebsunterstützung, die häufig als Pedelecs bezeich- net werden, abgeleitet von dem englischen Begriff Die Bekanntheit von E-Bikes und Pedelecs liegt laut „Pedal Electric Cycle“. Sie sind nicht versicherungs- einer repräsentativen Befragung bei 90%14. Ein pflichtig und ohne Führerschein oder Mofa-Bescheini- solches Fahrrad sind bereits 12% aller Deutschen gung nutzbar. Verkehrsrechtlich sind es Fahrräder, sie zumindest einmal zur Probe gefahren. 47% interes- dürfen auf Fahrradwegen benutzt werden, es besteht sieren sich für ein elektrisch unterstütztes Fahrrad keine Helmpflicht und sie können auch in öffentlichen und 27% aller Deutschen würden eher ein Fahrrad Verkehrsmitteln mitgenommen werden. Der Marktan- mit E-Motor kaufen als ein herkömmliches Rad. Insbe- teil von Pedelecs unter den elektrisch angetriebenen sondere Menschen ab 50 Jahren ziehen einen Kauf Zweirädern beträgt 95% der insgesamt verkauften E- dieser neuen Art des Fahrrades in Betracht. Sowohl Räder in Deutschland10. Zu den restlichen 5% gehören die Beliebtheit als auch die Bekanntheit von E-Rädern zulassungspflichtige Elektroräder (E-Bikes), die über haben in den letzten Jahren zugenommen15. Preislich einen größeren Leistungsbereich verfügen und auch liegen Pedelecs in der Größenordnung von hochwer- ohne zusätzliche Pedalkraft bewegt werden können. tigen Fahrrädern, was sich positiv auf das Umsatzvo- 6
lumen der Zweiradbranche auswirkt, trotz leichtem Pedelec zu kaufen. Ein weiterer interessanter Aspekt Rückgang der verkauften Fahrräder16. der Ergebnisse ist die Verteilung des Pedelec-Besitzes nach Lage und Topographie: vor allem in eher länd- Das Institut für Landes- und Stadtentwicklungsfor- lichen und/oder eher hügligen Wohnumgebungen ist schung (ILS) in Dortmund führte im Jahr 2012 eine die Beliebtheit hoch. Onlineumfrage zum Thema Elektrofahrräder durch17. Befragt wurden über 2.000 Personen, von denen Die Forschung zum Thema E-Rad, Pedelec und E-Bike ein Viertel ein Pedelec besitzt. Die Studie zeigt ein läuft in Deutschland erst an. Aus diesem Grunde wer- deutliches Interesse der Befragten am Thema; rund den insbesondere aus Europäischen Nachbarländern die Hälfte hatte bereits ein Elektrofahrrad auspro- gewonnene Erkenntnisse in dieses Hintergrundpapier biert. Insgesamt konnten sich fast 70% vorstellen ein einbezogen. Abbildung 2 Anzahl jährlich verkaufter E-Räder in Deutschland Quelle: eigene Darstellung nach Zweirad-Industrie-Verbands, ZIV13 7
2. Einsatzmöglichkeiten von Pedelecs und Potenziale 2.1 Pedelecs – Einsatzmöglichkeiten kann18. Das Pedelec ist sogar auf bis zu 10 km langen E-Räder können den Pkw teilweise ersetzen. Sie ge- Wegen mit dem Pkw konkurrenzfähig. Auch Ent- hören wie Fahrräder zum Umweltverbund. Sie haben fernungen bis 20 km sind ohne Probleme mit dem die gleichen, und noch weitere Einsatzmöglichkeiten, Pedelec fahrbar – selbst bei dieser Entfernung ist der wie das herkömmliche Fahrrad. Für die Nutzer/-innen Zeitunterschied zum Pkw marginal. Betrachtet man ändert sich dabei in der Handhabung wenig. zusätzlich die Zeit für die Pkw-Parkplatzsuche am Zielort und die höheren Kosten (Versicherung, Kraft- Während der Fahrt mit einem E-Rad werden kaum stoff, Werkstattkosten etc.) zeigt sich, dass das Pe- Emissionen erzeugt und es wird entsprechend dem delec eine echte Alternative zum Pkw ist. Gerade für tatsächlichen Bedarf keine oder vergleichsweise nur Berufspendelnde, die bisher noch mit dem Pkw Stre- sehr wenig Energie verbraucht. Zudem ist eine nahezu cken zwischen 5 und 20 km zurücklegen, sieht das geräuschlose, platzsparende, gesundheitsfördernde UBA ein hohes Potenzial, dass diese Fahrten künftig und günstige Fortbewegung möglich. Die weitere auf das Pedelec verlagert werden können. Nach Aus- Umweltrelevanz der Pedelecs ergibt sich aus den wertung der bislang vorliegenden Studien kann man veränderten Einsatzmöglichkeiten und den hiermit davon ausgehen, dass sich mittelfristig die Aufteilung im weiteren Sinn verbundenen neuen Mobilitätsver- im Modal-Split zugunsten des Umweltverbundes halten. E-Räder bringen ein hohes Maß an Flexibilität (Fuß, Fahrrad/Pedelec, Bus und Bahn) verändert, mit und erweitern das Potenzial Pkw-/Kfz-Fahrten durch entsprechenden positiven Effekten für Umwelt, Klima das E-Rad zu ersetzen. Besonders bei Wegelängen und Gesundheit durch verringerte Emissionen von zwischen 5 und 20 km sowie beim Transport von CO2, anderen Luftschadstoffen und Lärm. Lasten/Einkäufen oder Kindern erweitern sie den Aktionsradius des Fahrrades. Studien über den Modal-Shift (Verlagerung des Das Pedelec erweitert die Nutzungsmöglichkeiten des Verkehrs vom motorisierten Individualverkehrs zum Fahrrades hauptsächlich in den folgenden Bereichen: Umweltverbund) unter besonderer Berücksichtigung des Pedelecs liegen für Deutschland derzeit nicht vor. 1. Pedelecs erleichtern das Überwinden von Studien anderer Länder weisen jedoch auf positive größeren Distanzen Verlagerungseffekte hin: Im Rahmen des österreichi- 2. Pedelecs ermöglichen den Transport größe- schen Projektes „Landrad“ 19 wurde eine qualitative rer Lasten Langzeitstudie zur Pedelecnutzung umgesetzt. Die 3. Mit Pedelecs lassen sich natürliche Hinder- Nutzung von Pedelecs führte zu Verlagerungseffekten nisse, Höhenunterschiede und Gegenwind in erster Linie vom Pkw bzw. vom konventionellen leichter bewältigen Fahrrad auf das Pedelec. Die Zunahme des Radver- 4. Dienst-Pedelecs sind eine Alternative zum kehrsanteils beträgt bis zu 50% und der Umwelt- Dienst-Pkw verbund gewinnt insgesamt 34% unter den Nutzer/- 5. Pedelecs sind ideal auch in der Freizeit innen des Landrades. Ein hohes Steigerungspotenzial des Radverkehrs bei Berufspendlern und -pendlerin- 1. Pedelecs erleichtern das Überwinden von nen von ebenfalls 50% ermittelt eine niederländische größeren Distanzen, so können mit dem gleichen Studie20. In weiteren Studien nimmt der Radverkehrs- körperlichen Einsatz deutlich weitere Strecken anteil ebenfalls zu, jedoch weniger stark21 oder zulas- zurückgelegt werden (z.B. der Weg zur Arbeit, zur ten anderer Verkehrsträger des Umweltverbundes22. Ausbildungsstätte, Einkauf etc.). Es ermöglicht das Radfahren auch mit geringerem körperlichem Leis- Verkehrsexperten und -expertinnen sehen für Groß- tungsvermögen (z.B. ältere Menschen oder körperlich städte in der Verlagerung von Pkw-Fahrten (der Be- eingeschränkte Menschen). rufspendlerinnen und -pendler) hin zu Pedelec-Fahr- ten ein Entlastungspotenzial. Die Städte Kopenhagen Der Wegevergleich in der Abb. 3 zeigt, dass das und Berlin haben hierzu bereits Konzepte erstellt, Fahrrad bei Entfernungen bis einschließlich 5 km mit denen sie Berufspendelnde zum Umstieg auf das das schnellste Verkehrsmittel im Stadtverkehr sein Pedelec bewegen wollen. Der Radverkehrsanteil in 8
Abbildung 3 Wegevergleich: Wegevergleich: von Tür zu Tür von Tür zu Tür im Stadtverkehr* im Stadtverkehr* 60 50 Zeit in Minuten 40 30 20 10 0 0 2 4 6 8 10 12 14 Entfernung in Kilometer zu Fuß Rad Pedelec Bus&Bahn Pkw *Jedem Verkehrsmittel wurden Durchschnittsgeschwindigkeiten zugrunde gelegt: zu Fuß Øv = 4 km/h, Fahrrad Øv = 15,3 km/h, Pedelec Øv = 18,5 km/h, Bus/Bahn Øv = 20 km/h, Pkw Øv= 24,1 km/h. Zusätzlich wurden Zu- und Abgangsgangszeiten zum jeweiligen Verkehrsmittel definiert = Schnittpunkt mit der y-Achse. Quelle: UBA-Fachschätzung, Stand Juli 2014 Kopenhagen liegt derzeit bei 44%. Ein Radschnellwe- Die Hälfte aller Autofahrten ist kürzer als 5 km. Hie- genetz soll die zusätzlichen Radfahrerenden sicher raus ergibt sich ein enormes Verlagerungspotenzial und schnell aus den Wohngebieten in das Stadtzent- von Pkw-Fahrten zum Fahrrad. Wie groß das Poten- rum führen oder von Bahnhöfen zu wichtigen Zielen zial der Pedelecs in Deutschland ist, wurde noch wie Universitätsstandorten23. nicht abschließend wissenschaftlich untersucht. Aus bisherigen Studien aus Österreich, der Schweiz Ein ähnliches Bild zeigt sich im Verkehrsmix der und den Niederlanden ergeben sich Werte zwischen Stadt Berlin. Während im innerstädtischen Verkehr wenigen Prozenten und 50%. Diese Ergebnisse sind der motorisierte Individualverkehr lediglich einen jedoch aufgrund der Befragungsdesigns nicht ausrei- Anteil von 32% ausmacht, und der Umweltverbund chend belastbar bzw. repräsentativ (zu kleine Grund- sehr stark ausgeprägt ist, sieht die Situation beim gesamtheiten der Befragten, sehr kurze Erhebungs- Einpendelverkehr anders aus: Hier hat der MIV einen zeiträume). Das Bundesministerium für Umwelt, Anteil von 62%. Aus diesem Grund richtet der Berli- Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit hat mit dem ner Senat im Rahmen eines Modellvorhabens Elektro- Projekt „Pedelection“25 erstmals eine breitere Pedelec- mobilität einen Pedelec-Korridor für den beruflichen Nutzungsanalyse in Deutschland initiiert; Ergebnisse Pendelverkehr ein, um vom südlichen Umland auf liegen noch nicht vor. komfortablen Radwegen in die Stadt Berlin zu führen. An wichtigen Zielpunkten sollen sichere Abstellmög- lichkeiten angeboten und der Verleih von Pedelecs ermöglicht werden.24 9
Modellversuch mit Pedelecs in der Region Haaglanden, ligen Einsatzzwecken. Zu diesem Ergebnis kommt Niederlande die Untersuchung FEM EL BIKE 2010/2011 mit 4.600 Im Jahr 2011 veröffentlichte die Region Haaglanden, Interviews in Österreich27. Danach ist für Frauen die die zur Metropolregion Den Haag gehört, eine re- Nutzung eines E-Rads gleichermaßen interessant präsentative Studie zur Pedelecnutzung. Die Anzahl wie für Männer. In der Untersuchung wurden weitere der Wege mit dem Fahrrad könnte den Schätzungen 1.000 Frauen befragt. Sie stellen teilweise andere zufolge um bis zu 5% steigen, während die Zahl der Anforderungen an das Pedelec. Wichtig ist ihnen vor mit dem Pkw zurückgelegten Wege um bis zu 1,5% allem die Alltags- und Verkehrstauglichkeit des Rades sinken könnte. Durch den Bau eines Radschnellweges (Beleuchtung etc.), sein Gewicht und das des Akkus soll der Radverkehrsanteil noch weiter wachsen. Im sowie die einfache Bedienung. Rahmen der Studie „Elektrische fiets in Haaglanden“ werteten niederländische Verkehrsplaner/-innen Mo- Langzeitprofil der Basler E-Bike-Käuferschaft dellprojekte aus, bei denen die Studienteilnehmer/-in- E-Rad-Käuferinnen und -Käufer unterscheiden sich nen zeitweise E-Räder zur Probe nutzten. Der durch- von der durchschnittlichen Bevölkerung Basels: sie schnittliche Arbeitsweg hatte eine Länge von rund haben in der Regel ein höheres Einkommen, eine 12 km. Die Mehrzahl der Testpersonen nutzte norma- höhere Bildung, sind größtenteils berufstätig, besit- lerweise das Auto zum Pendeln. Rund ein Viertel der zen häufiger einen Führerschein, jedoch seltener ein Teilnehmenden gab nach dem Test an, auf ein E-Rad eigenes Auto. Auch sind sie weiterhin häufiger Car- umsteigen zu wollen.26 Sharing-Nutzer/-innen und seltener ÖPNV Monatskar- ten-Abonnenten und -Abonnentinnen. Unterschiede Österreich: Repräsentativuntersuchung sowie frau- bezüglich einer älteren oder eher männlichen Käufer- enspezifische Analyse schaft wurden in der Studie nicht festgestellt. Diese Das Potenzial für den Erwerb und die Nutzung Aussagen sind aus einem Langzeitprofil der Basler von Pedelecs ist bei etwa 50-60% der Bevölkerung E-Bike Käuferschaft abgeleitet.28 vorhanden und abhängig vom Alter und den jewei- Emissionseinsparungen durch Verlagerung von Pkw-Fahrten auf das Pedelec (Modal Shift) Die Studie der TU Dresden „Potentiale des Radverkehrs für den Klimaschutz“29 im Auftrag des UBA geht davon aus, dass ein bedeutender Anteil der Pkw-Fahrten, die im Entfernungsbereich der Radnutzung liegen, sich auch auf das Fahrrad verlagern lassen. Danach schätzt das UBA, dass jeder zweite Weg mit dem Pkw bis zu 10 km sich auf das Fahrrad ver- lagern lassen (Abb. 4 und 5). Auch eine Studie der BASt sieht ein enormes Verlagerungspotential von Fahrten des MIV zum Fahrrad, mit besonderem Potential des Einsatzes von Pedelecs in topografisch bewegten Räumen30. In der nachfolgenden Rechnung wird ebenfalls das Pedelec berücksichtigt. Im Stadtverkehr ist nach Abb. 3 (Wegever- gleich) das Pedelec bis 10 km das schnellste Verkehrsmittel – auch weitere Strecken bis zu 20 km lassen sich demnach problemlos mit dem Pedelec zurücklegen. Die Anteile an den Wegen bis 10 km31 setzen sich lt. MiD wie folgt zusammen: 34% Fußverkehr, 14% Radverkehr, 44% motorisierter Individualverkehr und 7% öffentlicher Personenverkehr. 10
Abbildung 4 Modal Split (Anteil an allen Wegen bis 10 km Entfernung in Prozent, %) Anteile an den Wegen in Prozent (%) bis zu einer Entfernung von 10km Fußverkehr 34 % 44 % Radverkehr öffentlicher Personenverkehr (ÖPV) motorisierter Individualverkehr (MIV) 14 % 7% Quelle: MID 2008 Annahme: 50% der Pkw-Fahrten werden durch das Fahrrad und/oder Pedelec ersetzt, hierdurch würde Radverkehrsanteil von 14% auf 36% steigen. Ein weiteres Potenzial liegt in der zusätzlichen Verlagerung von Wegen zwischen 10 und 20km. Abbildung 5 Anteile an den Wegen in Prozent (%) bis zu einer Entfernung von 10km bei Verlagerung von Modal Pkw-Fahrten SplitFahrrad auf das (Anteil an allen und Wegen bis 10 km Entfernung bei Verlagerung von Pedelec Pkw-Fahrten auf das Fahrrad bzw. Pedelec) in Prozent, % 22 % Fußverkehr 34 % Radverkehr 7% öffentlicher Personenverkehr (ÖPV) motorisierter Individualverkehr (MIV) 36 % Quelle: UBA-Schätzung 11
2. Weiterhin können mit dem Fahrrad dank der elekt- Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, rischen Antriebsunterstützung auch größere Lasten Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) fördert von 2012 oder weitere Personen transportiert werden, wie bis 2014 ein Projekt mit dem Titel: „Ich ersetzte ein z.B. Einkäufe oder Kinder (siehe Bild Seite 13). Auto“. Ziel ist es zu erproben, wie Autokurierfahrten durch Lastenräder ersetzt werden können. Die 40 Im Bereich des städtischen Wirtschaftsverkehrs eingesetzten Lastenräder mit elektronischer Unter- eignen sich Lastenräder bzw. E-Lastenräder beson- stützung haben eine Zuladungsmöglichkeit von über ders, um Kleintransporter, Pkw oder Motorräder zu 100 kg. Es wird davon ausgegangen, dass bis zu 85% ersetzen. Die Feinverteilung von Paketen, Gütern und aller Autokurierfahrten durch E-Lastenräder ersetzt Waren kann mittels Lastenrädern schnell, im Betrieb werden können und hierdurch eine deutliche Emissi- emissionsfrei und mit geringeren Kosten erfolgen. onsreduktion im Vergleich zu Autofahrten eintritt34. Gerade in dichten und belebten Innenstädten ma- chen sich diese Vorteile gegenüber dem motorisierten Der Verkehrsclub Deutschland e.V. (VCD) hat ein Verkehr bezahlt. Online-Informationsangebot zum Einsatz von Lasten- rädern im Wirtschafts- und Güterverkehr erstellt35: Im Die deutsche Post AG setzt bereits seit dem Jahr 2000 Projekt „Lasten auf das Rad“ werden u.a. die Einsatz- E-Lastenräder zum Transport im Zustelldienst ein: möglichkeiten von Lastenrädern im Wirtschaftsver- Insgesamt 6.000 E-Räder sind heute deutschlandweit kehr, vorrangig mit elektrischer Unterstützung, und im Einsatz. Auf diesem Weg wird der Transport der deren Potenziale aufgezeigt. bis zu 50 kg schweren Brieftransporttaschen erleich- tert32. Mit dem Projekt „Pflegedienste machen mobil – Mit dem Elektrorad zur PatientIn“ konnte der BUND Bre- Mit dem Pedelec lassen sich weite Zustellungsrou- men e.V. zeigen, dass es möglich ist, innerstädtische ten in Regionen mit geringerer Siedlungsdichte Betreuungsfahrten, die zuvor mit dem Pkw zurück- schneller als mit einem konventionellen Fahrrad und gelegt wurden, durch E-Radfahrten zu ersetzen. deutlich umweltfreundlicher als mit einem kleinen Das Pflegepersonal fährt täglich je bis zu 50 km, um Transporter erledigen. Ein deutschlandweit tätiger Patienten zu besuchen36. Neben positiven Umweltas- Pizza-Lieferant hat seine Flotte der Lieferfahrzeuge pekten wie der CO2-Minderung, geringerer Flächen- 2012 versuchsweise vollständig auf Elektromobilität inanspruchnahme, Lärmminderung und positiven umgestellt. Da in der Regel lediglich leichte und klei- gesundheitlichen Aspekten für die Nutzerinnen und ne Waren transportiert werden, kamen insbesondere Nutzer konnten auch eindeutige Kostenvorteile für E-Räder und E-Roller zum Einsatz33. die Unternehmen festgestellt werden. Bereits bei einer Reduzierung der Pkw-Fahrleistung um 600 km je Monat und Fahrzeug kann ein E-Rad kostenneutral angeschafft werden.37 Tabelle 1 Kostenvergleich des Einsatzes von Pkw und Pedelecs bei Pflegediensten Pkw Pedelec Finanzierungsrate/Monat 143 € 59 € Versicherung, Haftpflicht, Steuern 55 € 11 € Wartungskosten im Finanzierungszeitraum/Monat 25€ 25 € Kraftstoffkosten/Monat (17.000 km/a bei 1,60 €/Liter Benzin bzw. 25,3 Cent/KWh Strom) 170 € 3,3 € 393 € 98,3 € Quelle: eigene Darstellung, angepasst nach BUND Landesverband Bremen e.V.38 12
3. Natürliche Hindernisse wie Höhenunterschiede Aufgrund der neuen 1-Prozent-Regelung werden oder Gegenwind können mit Hilfe der elektroni- Pedelecs nunmehr steuerlich wie Dienstwagen be- schen Unterstützung ausgeglichen werden, das Rad- handelt. Mit einer passenden Leasing-Finanzierung fahren wird hierdurch auch an Orten attraktiv, welche können Betriebe ihren Beschäftigten für einen gerin- zuvor als fahrradunfreundlich galten. gen monatlichen Betrag ein Pedelec auf dem Weg zur Arbeit und auch für private Fahrten zur Verfügung Kampagne: Azubi-E-Bike in Baden-Württemberg stellen. Der Beschäftigte muss den geldwerten Vorteil In einem Projekt im Rahmen des Nationalen Radver- der privaten Nutzung seines Dienstrades monatlich kehrsplans (NRVP) wird bis Ende 2014 mit der Ziel- mit einem Prozent des Listenpreises versteuern. Mit gruppe Azubis und Studierende die E-Rad-Nutzung dieser Maßnahme können Unternehmen im Rahmen erprobt. Das Projekt wird von der IHK Reutlingen des betrieblichen Mobilitätsmanagements die Um- umgesetzt. Junge Erwachsene können im Rahmen weltbelastungen ihrer Beschäftigten bei täglichen von Road-Shows unterschiedliche E-Räder probefah- Wegen zur Arbeit und auf Dienstreisen verringern. ren und ein E-Rad über einen Zeitraum von fünf bis Zudem steigern sie damit die Motivation ihrer Mitar- sieben Tagen ausleihen, um es im Alltag zu testen. Die beiter und fördern deren Gesundheit, was zu weniger Teilnehmenden werden befragt und die Ergebnisse Fehltagen führt. Ein mehrfacher Gewinn für Betrie- insbesondere hinsichtlich der Fragestellung, ob E- be, Umwelt und Beschäftigte. Räder auch für diese Zielgruppe und in einer Region mit Höhenunterschieden ein wichtiges Verkehrsmittel 5. E-Räder sind nicht nur für Alltagswege interessant sein können, ausgewertet. - auch in der Freizeit erfreuen sie sich steigender Beliebtheit. Das Pedelec erweist sich als geeignet, um den Nach- teil des Fahrrades bei Steigungsstrecken auszuglei- Fahrradverleiher und Tourismusregionen40 sowie chen. Dies erkannte die Stadt Tübingen und fördert Radreiseunternehmen bieten bereits seit einigen gezielt den Erwerb von E-Rädern mit einem Betrag Jahren Pedelecs an. Durch diese Angebote werden von 100 Euro. Ziel der Stadt ist es den Radverkehrs- Radurlaube auch für weniger sportlich ambitionierte anteil bis 2030 auf 50% an allen zurückgelegten Radfahrer und Radfahrerinnen attraktiv. Das Pedelec Wegen zu steigern39. Auch in Österreich, der Schweiz wird so zunehmend zu einem wichtigen Element des und Frankreich wird der Erwerb von Pedelecs direkt Radtourismus, welcher inzwischen, z. B. mit dem bezuschusst. „Radnetz Deutschland“, einen bedeutenden Wirt- schaftsfaktor in Deutschland darstellt. 4. Unternehmen können ihren Mitarbeiter/-innen anstelle von Dienst-Pkw auch Dienst-Pedelecs Sechs Prozent aller Radtouristen besitzen mittlerweile zur Verfügung stellen bzw. deren Anschaffung oder ein E-Rad, das sie im Urlaub und in der Freizeit nut- Nutzung finanziell unterstützen. zen (Studie Trendscope) 41. 13
2.2 Infrastrukturanforderungen und zu anderen Verkehrsmitteln (Haltestellen, Bahnhöfe, Abstellplätze Car-Sharing-Stationen) mangelt es oftmals an aus- Häufig stellt sich die Frage, ob E-Räder im Rahmen reichend sicheren Abstellanlagen und ggf. sicheren der bestehenden Radverkehrsanlagen ihren Platz Lademöglichkeiten. Das Umweltbundesamt emp- finden oder ob hierfür neue Wege und Infrastrukturen fiehlt daher nach Lösungen zu suchen und deren geschaffen werden müssen. Durch die Nutzung von Umsetzung voranzutreiben, um Hemmnisse bei der E-Rädern erhöht sich die individuelle Fahrtgeschwin- Nutzung von Pedelecs abzubauen. Dabei gilt auch digkeit42. Laut NRVP steigen daher auch partiell die hier, dass prinzipiell keine neuen Systeme entwickelt Anforderungen an die Infrastruktur und die Straßen- werden müssen; die Abstellanlagen herkömmlicher raumgestaltung: das betrifft vor allem die Breite der Räder sind für Pedelecs ebenso geeignet (z.B. An- Radwege, weite Kurvenradien, einen rutschfesten schließen des Rahmens muss möglich sein, genügend Belag, das Vermeiden von Absperrpfosten, Treppen Abstand zum nächsten Fahrradständer, allgemeiner oder anderen Hindernissen. Dies sind jedoch auch bequemer Zugang). Zusätzlich ist für Pedelecs aber allgemeine Anforderungen an Radwege für konventi- die Schaffung ebenerdiger Abstellanlagen aufgrund onelle Fahrräder, was eine Studie im Auftrag des Mi- des höheren Gewichtes wichtig sowie das Angebot nisteriums für Verkehr, Bau und Landesentwicklung überwachter Abstellanlagen. Mecklenburg-Vorpommern stützt. Demnach sind die vorhandenen Richtlinien „Empfehlungen zur Errich- Innovative Systeme zum Fahrradparken existieren, tung von Radverkehrsanlagen 2010“, kurz ERA 2010, wie z.B. große automatische Fahrradparkhäuser (in auch für diesen neuen Fahrzeugtyp im Wesentlichen denen u.a. die Pedelecs geladen werden können), ausreichend. über Fahrradabstellhäuser an Bushaltestellen und Wohnanlagen bis hin zu konventionellen Fahrradab- Anzumerken ist jedoch, dass die darin empfohlenen stellanlagen und Fahrradboxen – sie müssten nur Standards in Bezug auf Mindestbreiten, Oberflächen- verstärkt in der Fläche angeboten bzw. vor allem dem qualität und Einheitlichkeit der Radverkehrsanlagen Bedarf angepasst werden. Dies betrifft hauptsächlich in vielen Städten und Gemeinden bislang noch nicht die Abstellmöglichkeiten an Haltestellen, Bahnhöfen erreicht werden. Hier besteht noch großer Handlungs- und anderen Zielorten. bedarf, um die Qualitätsstandards in den einzelnen Gebietskörperschaften tatsächlich zu erreichen.43 Von technischer Seite gibt es schon gute Lösungen und Beispiele zur Diebstahlprävention, die sich noch Radschnellwege sollen die Reisezeit des Radverkehrs etablieren müssen. In den Niederlanden wurde ein verkürzen und die Reisegeschwindigkeit erhöhen. Sie Schlosssystem konzipiert, das gestohlene Fahrräder gehen in ihrer Ausführung weit über die geforderten orten kann45. Ein weiteres Modell funktioniert in ERA-Standards für Radverkehrsanlagen hinaus und Kombination mit dem Smart-Phone und ermöglicht sind daher für E-Räder besonders geeignet. Nahezu im Falle eines Diebstahls ebenfalls die Ortung des Ra- kreuzungsfrei lassen sich Ziele erreichen und sie des46. Diese beiden Lösungen sind auch für konventi- bieten ausreichend Platz zum Überholen. In Deutsch- onelle Räder gut geeignet. Auf der EURO BIKE Messe land gibt es Einigkeit darüber, dass Radschnellwege 2013 wurde das Lade-Schloss-Kabel vorgestellt – es eine sinnvolle Ergänzung vorhandener Radwegenetze ermöglicht gleichzeitig das Aufladen und die Siche- in Ballungsräumen sind. Erste Teilabschnitte wur- rung des Rades47. den bereits eröffnet, außerdem deuten viele laufen- de Machbarkeitsstudien und Planungen auf eine Im Rahmen des Modellprojektes „INMOD - elektro- zunehmende Realisierung von Radschnellwegen in mobil auf dem Land“48 in Mecklenburg-Vorpommern Deutschland hin.44 kann ein Hybridbus genutzt werden, der wichtige Orte direkt verbindet. Die Anbindung an kleinere Ein wesentliches Kauf- und Nutzungshindernis von Ortschaften erfolgt mit Leih-Pedelecs. Interessant ist E-Rädern ist häufig das Fehlen sicherer und ebenerdi- in diesem Zusammenhang, dass die Leihpedelecs in ger Fahrradabstellmöglichkeiten. Sowohl im städ- Fahrradboxen mit Lademöglichkeit sicher abgestellt tischen Umfeld von Mehrfamilienhäusern als auch werden können49 (siehe auch Bild auf Seite 22). Das an den Zielen wie z.B. Arbeitsorten, Einzelhandel, Projekt gewann im Jahr 2012 unter anderem den E- Freizeiteinrichtungen und an den Umstiegspunkten Bike Award50,51. 14
3. Umweltwirkung von Pedelecs 3.1 Geringer Energieverbrauch und CO2- Beim Pedelec ist es die Energie, die zur Erzeugung des Ausstoß Stroms der zum Laden der Akkus benötigt wird. Die Pedelecs können im innerstädtischen Verkehr durch gesamten CO2-Emissionen liegen bei einem Otto-Pkw ihre größere Reichweite, Flexibilität und Wendigkeit demnach um den Faktor 39 höher als beim Pedelec. durchaus mit dem Auto konkurrieren (vgl. Abb. 3 im Die Kraftstoffkosten pro 100 km sind beim Pkw um Kapitel 2.1). Aber auch in dünner besiedelten Gebie- den Faktor 47 höher als beim Pedelec. Die Energie- ten, einem Bereich in dem das Fahrrad bisher nur menge, die ein Pedelec für eine Strecke von 10 km unterdurchschnittlich präsent ist, kann das Pedelec benötigt, entspricht in etwa der Energie, die erforder- viele Wege ersetzen, die vorher mit dem Auto zurück- lich ist, um 0,7 Liter Wasser bei Raumtemperatur zum gelegt wurden. Kochen zu bringen. In Tabelle 2 ist der durchschnittliche Energiever- Insgesamt ist festzuhalten, dass durch den Umstieg brauch von Pedelecs und Pkw gegenübergestellt. Für vom Pkw auf das elektrounterstützte Rad beträchtli- den Pkw wurde mit TREMOD (Transport Emission che Emissionseinsparungen möglich sind. Im Ver- Model), einem Rechenmodell zur Ermittlung der gleich zu den durch Muskelkraft betriebenen Fahrrä- Klimagas- und Luftschadstoffemissionen des motori- dern entstehen bei der Nutzung zwar Emissionen und sierten Verkehrs, gerechnet. Einbezogen wurden die Energie wird verbraucht (Laden des Akkus), insge- Energieanteile der Vorkette (indirekte Emissionen), samt überwiegen aber die positiven Effekte, wenn die den Energieaufwand zur Bereitstellung des Kraft- mehr Menschen das Rad statt des Autos nutzen. stoffs bzw. der elektrischen Energie berücksichtigen. Tabelle 2 Vergleich des mittleren Energieverbrauchs und CO2-Ausstoßes nach Fahrzeugtyp für Pkw und Pedelec, Bezugsjahr 201152 CO2-Ausstoß pro 100 km in kg Energie- Energie- Energie- Energie- Vorkette verbrauch Direkte Gesamt- kosten pro träger quelle (indirekte je 100 km Emisionen53 emissionen 100 km Emissionen) Pkw (Ottomotor) Benzin Rohöl 7,9 Liter 3,24 18,84 22,08 € 12,00854 Pkw (Dieselmotor) Diesel Rohöl 6,7 Liter 1,72 17,43 19,14 € 9,44755 Deutscher Elektro- Pedelec Strommix 1 kWh56 0,564 0,00 0,56457 € 0,25358 energie 2011 Quelle: Umweltbundesamt 3.2 Geringere Belastung der Luftqualität Die von der EU vorgeschriebenen Luftreinhaltepläne Luftschadstoffe wie Stickoxide (NOX), Schwefeldioxid verpflichten Kommunen zu Messungen, die an zahl- (SO2), Kohlenmonoxid (CO) oder Feinstaub (PM10) reichen städtischen verkehrsnahen Messstationen in können oberhalb bestimmter Konzentration schädlich Deutschland vorgenommen werden. Derzeit gibt es für Menschen, Tiere und Ökosysteme sein. Sie greifen Grenzwertüberschreitungen bei den Luftschadstoffen Pflanzen, Gewässer, Böden und Bauwerke an59 oder NOX, SO2 und PM10, die unsere Gesundheit belasten60. sind für die sommerliche Ozonbildung verantwortlich (vor allem NOX). Informationen zu den Wirkungen Die Tabelle 3 zeigt einen Vergleich der Luftschadstoffe und Grenzwerten sind auf der UBA-Webseite unter (hier nur PM10 und NOx) nach Fahrzeugtyp. http://www.umweltbundesamt.de/themen/luft/luft- schadstoffe abrufbar. 15
Tabelle 3 Vergleich Luftschadstoffemissionen nach Fahrzeugtyp, Bezugsjahr 201061 NOX-Ausstoß pro 100 km in g PM10-Ausstoß pro 100 km in g Vorkette Vorkette Direkte Gesamt- Direkte Gesamt- (indirekte (indirekte Emisionen emissionen Emisionen emissionen Emissionen) Emissionen) Pkw (Ottomotor) 8,60 22,04 30,64 0,0 0,36 0,36 Pkw (Dieselmotor) 6,68 62,72 69,40 0,0 2,69 2,69 Pedelec 0,52 0,0 0,52 0,02 0,0 0,02 Quelle: Umweltbundesamt 3.3 Wenig Flächenverbrauch und Lärm neben der Anlage von Fahrradstellplätzen Möglich- Eine sparsame, natur- und sozialverträgliche Flä- keit zur Entsiegelung und Begrünung oder zur Schaf- chennutzung ist ein entscheidendes und wichtiges fung von Spiel- und Erholungsräumen.65 Element einer nachhaltigen Siedlungs- und Verkehrs- Pedelecs haben etwa den gleichen Raumanspruch politik. Naturräume sollen geschützt und erhalten wie Fahrräder und können aufgrund ihrer Flächenef- werden62. Im Jahr 2000 lag der Flächenverbauch in fizienz ebenso den Ansprüchen der Bevölkerung nach Deutschland bei rund 130 Hektar pro Tag. Ziel der Mobilität, kurzen Wegen, Aufenthaltsqualität und ei- Bundesregierung ist es, bis 2020 den Flächenver- nem ruhigen Wohnumfeld genügen66. Auf einem Pkw- brauch der Siedlungs- und Verkehrsflächen auf maxi- Stellplatz finden zwischen sechs und zehn Fahrräder mal 30 Hektar pro Tag zu reduzieren63. Bis zum Jahr Platz (siehe Bild unten). Deutliche Raumeinsparungen 2010 konnte die Inanspruchnahme bereits auf lassen sich erzielen, wenn das Potenzial der Pedelecs 77 Hektar pro Tag (bzw. 87 Hektar pro Tag im gleiten- ein oder mehrere Autos zu ersetzen genutzt wird. den Vierjahresdurchschnitt) reduziert werden. Die Einsparungen kamen jedoch in erster Linie in den Die Geräuschemissionen von Fahrrädern sind generell Bereichen der Gebäude-, Frei- und Betriebsflächen gering, dies gilt ebenso für Pedelecs. Verkehrslärm zustande und weniger durch die Verringerung von kann durch Verlagerung auf leisere Verkehrsmittel Verkehrsflächen, die über die letzten Jahre relativ vermindert werden. Fahrräder und Lastenräder mit konstant geblieben sind.64 und ohne Elektrounterstützung besitzen hier noch Kapazitätsgewinne in den Städten können durch die nicht genutzte Potenziale. Umwelt und Mensch Nutzung und Förderung flächensparender Verkehrs- profitieren durch einen steigenden Radverkehrsan- mittel wie dem Fuß- und Fahrradverkehr oder dem teil auch hinsichtlich einer leiseren Umgebung. Die ÖPNV realisiert werden. Schon die Umfunktionalisie- größte Geräuschminderung lässt sich erreichen, wenn rung oder Umgestaltung einiger Pkw-Parkplätze kann Straßen in Fahrradstraßen und Fußgängerzonen um- die Aufenthaltsqualität deutlich erhöhen und bietet gewandelt oder Tempo-30-Zonen eingeführt werden. Umwandlung eines Pkw-Stellplatzes in Fahrradabstellätze (Bsp. Stadt Malmö, Schweden) 16
E-Räder können bei Tempo 30 gut im Verkehrsfluss daher nicht betrachtet. Jeder Akkutyp weist spezi- mitfahren. Die Einführung einer entsprechenden elle Charakteristika auf, sodass die Auswahl für die Geschwindigkeitsbegrenzung erhöht gleichzeitig die verschiedenen Einsatzprofile deshalb im Allgemeinen Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmer. im Abgleich und in Abwägung mit den jeweiligen Anforderungen an den Akku erfolgen. So haben bei- 3.4 Eigenschaften und Umweltwirkungen der spielsweise die für ihre Stabilität und hohe Sicherheit aktuell eingesetzten Akkutypen bekannten Lithiummanganoxidakkus (LiMn2O4) eine Pedelecs erhalten ihre Energie aus Akkumulatoren geringere Energiedichte als Lithiumcobaltoxidakkus (Akkus), die in verschiedenen Varianten und Ausfüh- (LiCoO2). Wer also bei gleichem Akkugewicht die wei- rungen zum Einsatz kommen. In Deutschland werden teste Strecke mit dem Pedelec zurücklegen möchte, in den aktuellen Pedelecs fast nur noch Lithiumio- muss unter Umständen zwischen Sicherheitsansprü- nen-akkus (Li-Ion-Akkus), vereinzelt auch noch Ni- chen und Reichweite abwägen. Im Folgenden (vgl. ckelmetallhydridakkus (NiMH-Akkus) eingesetzt67,68. Tabelle 4) werden die aktuell erhältlichen Akkutypen Akkutypen der chemischen Systeme Blei-Säure (Pb) gegenübergestellt und ausgewählte Aussagen in Be- und Nickel-Cadmium (NiCd), die teilweise im Aus- zug auf Lebensdauer, Inhaltsstoffe, Sicherheitsverhal- land noch anzutreffen sind, werden im Folgenden ten, Kosten und Energiedichte zusammengefasst. Tabelle 4 Typische Eigenschaften der in Pedelecs eingesetzten Akkutypen Lebensdauer/max. Lade- Energiedichte Bestandteile/ Akkutyp zyklen entsprechend der Vor- und Nachteile in Wh/kg Inhaltsstoffe Nutzung Lithium Mangan + geringe Selbstentladung Lithiumionen bis zu 1.000 110 - 130 Kupfer + hohe Stabilität und Sicherheit (LiMn2O4) Ladezyklen Aluminium + geringe Kosten Graphit Lithium + geringe Selbstentladung Eisen + sehr hohe Stabilität und Lithiumionen Phosphor mehr als 1.000 Sicherheit 110 - 130 (LiFePO4) Kupfer Ladezyklen möglich + schnelles Aufladen möglich Aluminium + lange Lebensdauer Graphit + gute Rohstoffverfügbarkeit Lithium Kobalt Nickel + geringe Selbstentladung Lithiumionen mehr als 1.000 140 - 160 Mangan + hohe Energiedichte (Li(NixCoyMnz)O2) Ladezyklen möglich Kupfer + lange Lebensdauer Aluminium Graphit Lithium Kobalt + geringe Selbstentladung Lithiumionen Nickel bis zu 1.000 140 - 160 + hohe Energiedichte (LiCoO2) Kupfer Ladezyklen möglich - hohe Kosten Aluminium Graphit Nickel + sehr hohe Stabilität und Eisen Sicherheit Kobalt Nickelmetallhydrid bis zu 1.000 + geringe Kosten 55 - 100 Seltene Erden (NiMH) Ladezyklenmöglich - sehr hohe Selbstentladung (Lanthan, Cer, (ca. 20 % pro Monat) Neodym, Praseo- - geringe Energiedichte dym) Quelle: zusammenfassende Darstellung69 17
Schwermetallgehalte eines Elektrofahrzeugs verursacht. Gleiches gilt für Aus einer Untersuchung der Bundesanstalt für Ma- Elektrofahrräder. Aufgrund der Zusatzbauteile für das terialforschung und -prüfung (BAM) im Auftrag des Pedelec ist hinsichtlich der Klimabelastungen bei der Umweltbundesamtes70 lässt sich folgern, dass Lithi- Herstellung das Fahrrad ohne elektrischen Antrieb umionenakkus zu den Batterien mit den geringsten die ökologischere Variante. Gehalten an gefährlichen und im Batteriegesetz ge- regelten Schwermetallen Quecksilber, Cadmium und Die Betrachtung Pedelec versus Pkw (Ottomotor) zeigt Blei gehören. Für diese Studie wurden handelsübliche hingegen einen eindeutigen Vorteil für die Pedelecs. Batterien und Akkus auf ihre Schwermetallgehalte In Kapitel 3.1 wurde unter anderem beschrieben, untersucht, darunter auch acht verschiedene Li-Ion- dass die Pedelecs im innerstädtischen Ver-kehr durch Akkus für Handys. Alle Li-Ion-Akkus der Stichprobe ihre größere Reichweite, Flexibilität und Wendigkeit blieben mit Maximalwerten von 0,7 mg/kg Queck- durchaus mit einem Auto konkurrieren können. Ver- silber, 0,5 mg/kg Cadmium und 7,6 mg/kg Blei weit gleicht man in einer vereinfachten Gegenüberstellung unterhalb der Grenz- bzw. Kennzeichnungsschwellen- die 22-30 kg Treibhausgasemissionen, die bei der werte (Grenzwerte: 5 mg/kg Quecksilber, 20 mg/kg Herstellung eines Pedelec-Akkus entstehen, mit den Cadmium, Kennzeichnungswert: 40 mg/kg Blei). 21,5 kg Treibhausgasemissionen pro 100 km aus den eingesparten Pkw-Kilometern (siehe Tab. 2: 22,08 kg Klimabelastungen aus der Akkuherstellung CO2 (Pkw) – 0,564 kg CO2 (Pedelec), inklusive indirek- Die Frage nach den möglichen Klimabelastungen te Emissionen/Vorkette), sind bereits nach rund 100 (Ökobilanzen) durch die Herstellung von Akkus für Pedelec-Kilometern die Treibhausgasemissionen des Pedelecs wurde bisher für zwei Lithiumionenakkus Akkus beglichen. mit LiMn2O4-Elektroden für die Anwendung in Elekt- rofahrrädern bzw. mit Lithiumkobaltelektroden unter- Lange Nutzungsdauer der Pedelec-Akkus sucht. Diese Ökobilanzen kommen zu dem Ergebnis71, Aufgrund der hohen Umweltrelevanz der Akku- dass auf die Herstellung der Akkus, d.h. die Gewin- herstellung ist die Lebensdauer des Akkus für die nung der Materialien und den Fertigungsprozess, die Klima- und Umweltwirkungen des Pedelecs der ent- größten Anteile der Umweltauswirkungen entfallen. scheidende Parameter: Je länger die Lebensdauer des Der Nettoeffekt aus dem Recycling ist hinsichtlich des Akkus, umso geringer die Umweltauswirkungen. In Treibhauspotenzials – aufgrund des hohen Aufwands der Praxis wird die Lebensdauer insbesondere durch der Recyclingprozesse – hingegen nur gering. Ins- das Verhalten der Pedelec-Fahrerinnen und -Fahrer gesamt beträgt der Netto-CO2-eq-Ausstoß72 pro kWh beeinflusst. Schon durch einfache Maßnahmen wäh- Batterie für die Herstellung und Entsorgung 55 kg rend der Nutzungsphase kann die Lebensdauer eines CO2-eq/kWh für den Li-Ion-Akku (LiMn2O4) bzw. 75 kg Akkus teilweise verdoppelt werden. CO2-eq/kWh für den Li-Ion-Akku mit Lithiumkobalt- elektroden. Einflussgrößen sind beispielsweise ▸ die Temperatur: zu hohe (über 50 °C) und zu Überträgt man diese Kennzahlen auf die Kapazität niedrige Außentemperaturen (unter -10 °C) können (rund 0,4 kWh) eines gängigen Pedelecakkus, dann die Akkukapazität irreversibel verringern, optimal sind seine Herstellung und Entsorgung für eine Treib- sind Temperaturen zwischen 10 und 25 °C, hausgasemission (CO2-eq) von 22 bis 30 kg (55 bzw. ▸ das Ladeverhalten: Vermeidung einer kompletten 75 kg CO2-eq/kWh x 0,4 kWh) verantwortlich. Je nach Ladung und von Tiefentladung, dies wird durch Akku-Lebensdauer muss gegebenenfalls zusätzlich Ladeassistenzsyteme optimal gesteuert, über die Lebensdauer des Pedelecs ein zweiter oder ▸ die Lagerungsbedingungen: während einer dritter Akku hinzugerechnet werden. „Überwinterung“ des Akkus sollte dieser bei Zim- mertemperatur gelagert und spätestens nach sechs Darüber hinaus enthält das Pedelec im Vergleich zum Monaten wieder geladen werden. Optimal ist ein Fahrrad ohne elektrischen Antrieb weitere notwen- Ladezustand von 30-40 % während der Lagerung. dige Zusatzbauteile, wie z.B. den Elektromotor. Für batterieelektrische Pkw ist bekannt, dass die Batterie- In der Batterie-Ratgeberbroschüre des Umweltbundes- herstellung die Hauptumweltwirkungen aller zusätz- amtes73 werden geeignete Lebensdauer verlängernde lichen spezifischen Elektromobilitäts-Komponenten Maßnahmen verständlich beschrieben. 18
3.5 Rücknahme und Recycling der Pedelecs nung, dass die Li-Ion-Altakkus entsprechend dem und Akkus Gefahrgutrecht (ADR75) verpackt und transportiert Durch verschiedene Alterungsprozesse, die von der werden müssen. Zeit (kalendarische Alterung), von den Umgebungs- bedingungen und dem Nutzerverhalten abhängig, Denn aufgrund der Eigenschaften von Lithium und verringert sich im Laufe der Nutzung eines Pedelecs Lithiumverbindungen sowie der hohen Energiedichte die verfügbare Kapazität. In der Regel hat ein Akku in Li-Ion-Batterien ist beim Umgang mit diesen Bat- sein Lebensdauerende erreicht, wenn 80% der terien besondere Vorsicht geboten. Typische Gefah- ursprünglich vom Hersteller angegebenen Nennkapa- ren entstehen durch interne Kurzschlüsse (infolge zität unterschritten sind. Zeitversetzt zur steigenden der Beschädigung der Batterien durch mechanische Anzahl der jährlich verkauften Pedelecs (siehe Abb. Belastungen) und externe Kurzschlüsse (z.B. durch 2) wird daher die Menge an ausrangierten Altakkus Kontakt mit Wasser, Berührung beider Pole) sowie zukünftig stark steigen. durch Überhitzen der lithiumhaltigen Akkuzellen. Insofern ist ein vorschriftsmäßiger Umgang bei der Lithiumionenakkus enthalten viele Wertstoffe (siehe Rücknahme und Verwertung von hoher Bedeutung. Tab. 4). Aus diesem Grund ist es wichtig, die Altakkus in die richtigen Entsorgungswege bzw. Verwertungs- Die Sammelquote für die lithiumhaltigen Altakkus wege zu lenken. ist bisher noch gering. Bei den Lithiumakkus, die zur Gruppe der Gerätebatterien zählen, betrug die Sam- Akkurücknahme melquote, d.h. die gesammelte Menge an Altbatterien Um eine umweltverträgliche Verwertung und Entsor- im Verhältnis zur in Verkehr gebrachten Menge, im gung der Altbatterien zu ermöglichen, sieht das Batte- Jahr 2011 lediglich 6%76. Bei den Pedelec-Altbatterien riegesetz (BattG)74 vor, dass Altbatterien getrennt vom lag sie in ähnlicher Größenordnung. Hauptursache Hausmüll zu erfassen sind. Die Pedelec-Akkus fallen hierfür ist die Langlebigkeit der Akkus und damit die entsprechend der gesetzlichen Definition im Batterie- zeitverzögerte Rückgabe zum Recycling bei gleichzei- gesetz in die Kategorie der „Industriebatterien“, da sie tig wachsendem Markt. Hinzu kommt wahrschein- ein Elektrofahrzeug antreiben. Die Altindustriebat- lich auch eine Zwischenlagerung in den Haushalten terien werden von den Vertreibern kostenlos zurück- (Hoarding-Effekt) und möglicherweise eine falsche genommen. Dies gilt sowohl für Li-Ion- und NiMH- Entsorgung über die Restmülltonne. Akkus als auch für alle anderen Pedelec-Akkus, die eventuell aus älteren Pedelec-Modellen stammen Rücknahme von Altpedelecs können. Daneben können auch gewerbliche Altbatte- Als elektrisch betriebenes Sportgerät fallen die rieentsorger die Altindustriebatterien erfassen. Altelektrofahrräder in den Anwendungsbereich des Elektro- und Elektronikgerätegesetzes (ElektroG77 Ka- In der Praxis haben die Stiftung Gemeinsames Rück- tegorie 7), soweit es sich um Fahrzeuge ohne Typge- nahmesystem Batterien (GRS) und der Zweirad-Indus- nehmigung handelt. Elektroaltgeräte und somit auch trie-Verband (ZIV) eine Initiative für die Rücknahme Altpedelecs werden an den kommunalen Sammelstel- von Pedelec-Altakkus eingerichtet, an der über 30 len, z.B. Wertstoffhöfen, kostenlos zurückgenommen. Pedelec-Hersteller und über 2.000 Fahrradhandels- geschäfte beteiligt sind (Stand 2012). Dieses Rück- Aufgrund des Gefahrenpotenzials und der beson- nahmesystem trägt mit den entsprechend gestalteten deren Anforderungen an den Umgang mit den separaten Sammelboxen für die Pedelec-Akkus und lithiumhaltigen Akkus ist es aus Sicht des Um- Informationsmaterialien zum Umgang mit den Alt- weltbundesamtes sehr zu empfehlen, dass die Li- akkus (z.B. Isolierung der Pole) dem Umstand Rech- Ion-Akkus getrennt von den Pedelecs gesammelt 19
Sie können auch lesen