ECONtribute Policy Brief No. 020
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degruyter.com ECONtribute Policy Brief No. 020 Marktdesign für eine resiliente Impfstoffproduktion Axel Ockenfels July 2021 www.econtribute.de Funding by the Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG, German Research Foundation) under Germany´s Excellence Strategy – EXC 2126/1– 390838866 is gratefully acknowledged.
Perspektiven der Wirtschaftspolitik 2021; aop Aus aktuellem Anlass Axel Ockenfels* Marktdesign für eine resiliente Impfstoff- produktion https://doi.org/10.1515/pwp-2021-0031 reagieren zu langsam, wenn sie auf sich alleine gestellt sind. Zusammenfassung: Manche Märkte erlauben es auf sich Ein Grund dafür ist ein unzureichender Anreiz zur alleine gestellt nicht, robuste Krisenvorsorge zu treffen. Entwicklung von Impfstoffen. Aus unternehmerischer Per- Der Markt für Impfstoffe gehört dazu. Der Preismechanis- spektive birgt die Impfstoffentwicklung erhebliche Risi- mus versagt besonders in der Krise, wenn beide Markt- ken, denn nur die wenigsten Impfstoffkandidaten werden seiten große Marktmacht besitzen. Daher muss interve- letztlich zugelassen (Pronker et al. 2013). Unternehmen, niert werden, um die Impfstoffproduktion zuverlässiger zu die auf die falschen Kandidaten gesetzt haben, erleiden machen. Axel Ockenfels entwickelt ein hybrides Markt- mit ihren Investitionen hohe Verluste. Das macht sie vor- design, das auf Kapazitätspreise und Leistungspreise sichtig, insbesondere mit Blick auf die Erforschung inno- setzt, um den systemischen Herausforderungen einer glo- vativer und riskanter Impfstoffkandidaten. Aus Sicht der balen Krisensituation mit ihren politischen, ökonomi- Gesellschaft ist es jedoch oft empfehlenswert, möglichst schen und sozialen Verwerfungen zu begegnen. Das hybri- viele Ideen zu verfolgen und auf verschiedene Technolo- de Modell erlaubt einen gleitenden Übergang von gien zu setzen. Grundlagenforschung und Diversifikation normalen Zeiten in den Krisenmodus – und wieder zu- reduzieren das Risiko, dass im Pandemiefall kein wirk- rück. samer Impfstoff zur Verfügung steht (Kremer et al. 2020 sowie Burton und Topol 2021). JEL-Klassifikation: D02, D47, F13, H12, I18 In der Produktion von Impfdosen kann es zu Verzöge- Schlüsselwörter: Marktdesign, Marktversagen, Impfstoff- rungen kommen, weil die Unternehmen in der Regel erst produktion, COVID-19, Pandemie-Management, Koope- mit dem Aufbau der Produktionsanlagen beginnen, nach- ration dem sich der Impfstoff in Tests als effektiv erwiesen hat. So kann aus unternehmerischer Sicht das Risiko von Fehl- investitionen reduziert werden. Die sequenzielle Vor- 1 Herausforderungen der gehensweise verzögert aber die Bereitstellung der Impf- Impfstoffproduktion dosen um sechs Monate oder mehr im Vergleich zu einem parallelen Vorgehen, bei dem bereits vor der Zulassung Erfolgreiches Pandemie-Management ist vor allen Dingen des Impfstoffs Produktionsanlagen errichtet werden. Auch schnell. Es wird geschätzt, dass die COVID-19-Pandemie könnten Produzenten versucht sein, ihre Gewinne da- jeden Monat eine Billion Dollar kostet (Castillo et al. 2021). durch zu steigern, dass sie die Nachfrage mit weniger Pro- Für Deutschland liegt die Schätzung für die monatlichen duktionsanlagen bedienen (was Geld spart), aber dafür ökonomischen Lasten bei mehreren Milliarden Euro (Fuest über einen längeren Zeitraum hinweg. 2021). Die exorbitanten gesundheitlichen, sozialen und Andere Gründe für eine unbefriedigende Impfstoffver- wirtschaftlichen Pandemielasten rechtfertigen fast alle sorgung können in der mangelnden Koordination der Un- Maßnahmen, die die Produktion und Bereitstellung von ternehmenspläne liegen, oder in der Sorge der Unterneh- Impfstoff beschleunigen. Je schneller geimpft wird, desto men, dass die Politik im Pandemiefall ihre Patente außer schneller ist die Pandemie vorbei und desto mehr Lasten Kraft setzen könnte. Im Ergebnis werden aus gesellschaft- können vermieden werden. Doch die Märkte für Impfstoffe licher Sicht nicht genügend Ressourcen in die Entwicklung und in Produktionsanlagen für Impfstoffe investiert, um für den Pandemiefall gut vorbereitet zu sein. Tatsächlich *Kontaktperson: Axel Ockenfels, Universität zu Köln, Fakultät für sind mangelnde Produktionskapazitäten eine der zentra- Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Albertus-Magnus-Platz, len limitierenden Beschränkungen bei den Impffortschrit- 50923 Köln, E-Mail: ockenfels@uni-koeln.de ten während der COVID-19-Pandemie (OECD 2021).
2 Axel Ockenfels Der Markt für Impfstoffe kann derlei Probleme aus sich Impfstoffproduktion gewidmet.1 Im nächsten Abschnitt er- heraus nicht lösen. Solange die pandemische Krise nicht arbeite ich ein Modell für Anreizmechanismen, das die eingetreten ist und sofern staatliche Interventionen keine langfristige Einsatzbereitschaft der Impfstoffproduktion Abhilfe leisten, sind die Preise, die sich für die Impfstoffe stärkt. auf dem Markt ergeben würden, zu niedrig, um einen Anreiz für die Impfstoffentwicklung und für eine für den Pandemiefall adäquate Produktionskapazität zu setzen. Prinzipiell könnten die Preise für Impfstoffe in einer Krise 2 Zwei grundsätzliche zwar so stark hochschnellen, dass Unternehmen schon in Anreizmechanismen normalen Zeiten dazu motiviert wären, vorausschauend in die Entwicklung und in Produktionskapazitäten von Impf- Die nachfolgenden Überlegungen stützen sich auf Beiträge stoffen zu investieren. Im Pandemiefall könnten sie dann aus unterschiedlichen Forschungsfeldern. In Operations von den sehr hohen Knappheitspreisen profitieren. Doch Research, Vertragstheorie und verwandten Forschungsfel- auf eine solche Entwicklung kann sich ein Unternehmen dern beschäftigen sich Wissenschaftler unter anderem mit nicht verlassen. In der Krise gibt es soziale, politische und der Frage, wie Einkaufsprozesse und Verträge ausgestaltet ökonomische Beschränkungen der Preisfindung, die teils werden sollen und welche Rolle dabei beispielsweise An- durch epidemiologische und ökonomische externe Effekte gebotsrisiken und Nachfrageunsicherheiten spielen, mit gerechtfertigt werden und die jedenfalls dazu führen, dass denen auch die Impfstoffproduktion zu kämpfen hat. Die der idealtypische Marktmechanismus mit seinen Knapp- Literatur aus diesen Feldern liefert konzeptionelle Einsich- heitspreisen keine robusten Anreize zur Vorsorge erzeugt. ten, die für spezifische Herausforderungen adaptiert wer- Besonders problematisch für die Preisfindung in der den müssen (Chen et al. 2021). In anderen Forschungs- Krise ist die Marktmacht auf der Angebots- und auf Nach- bereichen beschäftigt man sich mit den (Fehl-)Anreizen in frageseite, die in extremen Knappheitssituationen ent- der Grundlagenforschung und der Entwicklung von Impf- steht. Der Staat als großer Nachfrager der Impfstoffe ist stoffen (Rassenfosse et al. 2020), mit konkreten Anreiz- tendenziell bestrebt, geringe Preise durchzusetzen und so mechanismen im akuten Pandemiefall (Ahuja et al. 2021 die Marktmacht der (bestenfalls) wenigen Anbieter von sowie Fabra et al. 2020) und mit Marktdesignlösungen für zugelassenen Impfstoffen zu disziplinieren. Während also diverse Krisensituationen (Cramton et al. 2020). Politik und Öffentlichkeit vor allem besorgt sind, einen zu Für die Frage, wie Impfstoffproduktionskapazitäten hohen Preis zahlen zu müssen, besteht aus ökonomischer langfristig gesteuert werden können, erweist sich beson- Sicht auch die Gefahr, dass zu geringe Preise gezahlt wer- ders der Blick auf ähnlich gelagerte Herausforderungen in den und dass dadurch die Anreize für die Impfstoffbereit- der Stromwirtschaft als hilfreich. Moderne Strommärkte stellung zu gering sind. Es ist unwahrscheinlich, dass in können für sich genommen nicht dafür sorgen, dass stets dieser Gemengelage inmitten einer Krise Preise gezahlt genügend Stromerzeugungskapazitäten zur Verfügung werden, die angemessene Anreize für die langfristige Ent- stehen – mit der Folge, dass Blackouts mit katastrophalen wicklung, vorausschauende Vorhaltung und schnelle Pro- Folgen drohen können. Zur Vermeidung solcher Stromaus- duktion von Impfstoffen setzen. fälle wurden in den vergangenen Jahrzehnten verschiede- Tatsächlich lagen in der COVID-19-Pandemie die ge- ne Marktdesigns erörtert und erprobt, die langfristig für zahlten Preise für Impfdosen anfänglich um das Zehn- bis adäquate Erzeugungskapazitäten (Cramton und Ockenfels mehr als Hundertfache unter dem gesellschaftlichen Wert, 2012 sowie Cramton et al. 2013) oder für eine kurzfristige den die Impfstoffe durch die effektive Bekämpfung der Kapazitätsreserve sorgen sollen (Müsgens et al. 2014). Pandemie erzeugen (Castillo 2021). Dieser Keil zwischen An dieser Stelle ist ein warnender Hinweis zu den dem unternehmerischen und gesellschaftlichen Wert der Grenzen des Marktdesigns angebracht. Marktdesign er- schnellen Impfstoffherstellung trägt dazu bei, dass aus setzt nicht die Diskussion über die richtigen Zielparameter. gesellschaftlicher Sicht zu wenig investiert und riskiert In diesem Text gehe ich davon aus, dass sich die Ziele wird und dass Produktion und Bereitstellung zugelassener bezüglich der Resilienz der Impfstoffproduktion in eine Impfstoffe zu lange dauern. Staatliche Interventionen und gesellschaftlich erwünschte Nachfrage nach Produktions- klug konzipierte Anreizmechanismen können in diesem Fall helfen, die Entwicklung und Produktion von Impfstoff 1 In diesem Artikel bleiben andere wichtige Elemente der Pandemie- auszuweiten und zu beschleunigen, und so enormen Scha- bekämpfung ausgeblendet, beispielsweise Strategien zur frühen Ein- den von Wirtschaft und Gesellschaft abwenden (Ahuja dämmung der Ausbreitung des Virus oder zur Verteilung und Ver- 2021, Castillo 2021 und OECD 2021). Dieser Artikel ist der abreichung der Impfstoffe.
Marktdesign für eine resiliente Impfstoffproduktion 3 kapazitäten für Impfstoffe übersetzen lassen. Wie genau weilen dadurch verstärkt, dass als Gegenleistung zur Ka- die Nachfrage aussieht, ist für das Marktdesignkonzept pazitätszahlung eine Lieferung der Impfdosen zu nied- weitgehend unerheblich. Sie ist für den Erfolg des Pande- rigen Preisen oder gar zu Preisen unter Grenzkosten mie-Managements jedoch essenziell. Deshalb muss der erwartet wird. Push-Verträge können so dazu führen, dass tatsächliche Bedarf bestmöglich ermittelt werden. Unter Kapazitätszahlungen besonders für die Unternehmen at- anderem sollten dafür Prognosen über mögliche künftige traktiv sind, die tendenziell nicht daran glauben, dass sie Pandemielagen hinzugezogen werden, über den Wert un- ein erfolgreiches und profitables Produkt in den Markt terschiedlicher Impfstofftechnologien und unterschiedli- bringen können. Diese setzen eher auf Kapazitätszahlun- cher Portfolios von Produktionsanlagen für die Bekämp- gen als auf Markt- beziehungsweise Leistungspreise. fung künftiger Pandemien. Außerdem gilt es analytische Erfahrungen mit Kapazitätsmärkten in der Strom- und datengetriebene Modelle zu betrachten, die erlauben, wirtschaft zeigen, dass ungenügende Leistungsanreize er- die Risiken in relevanten Szenarien abzuwägen (Snyder et hebliche Probleme verursachen können. In Krisenzeiten al. 2020), immer entlang der Frage: Welche Produktions- stehen auf manchen Strommärkten durch die Kapazitäts- anlagen werden im Lichte globaler Entwicklungen zu wel- zahlungen zwar genügend Erzeugungskapazitäten zur chem Zeitpunkt benötigt, um die Einsatzbereitschaft im Verfügung, doch wenn dann beispielsweise mangels Pandemiefall bestmöglich zu erhöhen? Die in diesem Text Brennstoffe kein Strom produziert werden kann, erweisen vorgestellten Mechanismen sind technologieneutral, las- sich die Produktionskapazitäten als wertlos. Analoges gilt sen sich für kurz- und langfristige Kapazitätsziele einset- für den Markt für Impfdosen. Der Anreiz, sich durch strate- zen und erlauben zudem einen nahtlosen Übergang von gische Vorräte von Vor- und Zwischenprodukten (Glas- normalen Zeiten zu Krisenzeiten und wieder zurück zu fläschchen, Lipide und so weiter) auf den Pandemiefall normalen Zeiten. Da jedoch die langfristige Anreizung von vorzubereiten, ist bei unzureichendem Leistungspreis, das Produktionsanlagen zusätzliche Fragen aufwirft, wird hie- heißt unzureichendem Preis für die Impfstoffe, gering. rauf ein besonderes Augenmerk gelegt. Dasselbe gilt für den Anreiz, in einem Bieterwettbewerb Vor diesem Hintergrund stelle ich im Folgenden zwei um Vorprodukte hohe, konkurrenzfähige Gebote abzuge- grundlegende Optionen für Anreizmechanismen vor, die ben, um die Produktion abzusichern. Höhere Kapazitäts- erlauben, die Marktversagensgründe prinzipiell anzuge- zahlungen ändern daran nichts. hen. Im nachfolgenden Abschnitt folgt sodann im Detail Ein Push-Vertrag sollte deswegen Strafzahlungen für ein hybrider Mechanismus, der auf die besonderen He- den Fall einer Minderleistung festlegen. Solche Zahlungen rausforderungen der Anreize für die Bereitstellung von müssten jedoch sehr hoch sein, wenn man mit ihnen ver- Produktionsanlagen für Impfstoffe zugeschnitten ist. suchen wollte, den gesellschaftlichen Wert der Leistung in einer Pandemie abzubilden. Da die Produzenten nicht alle Lieferrisiken beeinflussen können, dürften Verträge, die 2.1 Option 1: Kapazitätszahlungen hohe Strafen vorsehen, für die Unternehmen oft nicht ak- („Push“-Verträge) zeptabel sein. Dazu stellt sich die Frage, ob die angedrohte Durchsetzung hoher Strafzahlungen gegen einen Impf- Die erste Option für die ökonomische Steuerung der Impf- stoffhersteller inmitten einer Pandemie glaubwürdig und stoffproduktionskapazitäten ist eine Kapazitätszahlung: politisch überhaupt durchsetzbar wäre. Zudem kann es eine Vorab-Kostenteilerstattung oder ein Investitionskos- sogar letztlich im ökonomischen Interesse eines Produzen- tenzuschuss für Produktionsanlagen (Push-Vertrag). Im ten sein, hohe Strafzahlungen in Kauf zu nehmen, wenn Gegenzug zu der Kapazitätszahlung verpflichten sich die das Preisangebot eines konkurrierenden Nachfragers in- Unternehmen, eine bestimmte Menge Impfdosen im Be- mitten einer pandemischen Notsituation die Strafzahlung darfsfall bereitzustellen. Durch die Kapazitätszahlungen übersteigt. werden die Risiken des Aufbaus von Produktionsanlagen Ein weiteres Problem der Push-Verträge ist, dass der teilweise von den Unternehmen auf den Staat übertragen. Staat diejenigen Produzenten, die in den Genuss der Kapa- Dies motiviert, je nach Höhe der Zahlungen, zum Ausbau zitätszahlungen kommen sollen, auswählen und kontrol- der Produktionskapazitäten (Kremer et al. 2020). lieren muss. Dabei können Fehler passieren, und zwar Ein Nachteil von Kapazitätszahlungen ist, dass sie besonders dann, wenn der Staat nicht beobachten kann, zwar die Bereitstellung von Produktionsanlagen für Impf- wie riskant oder vielversprechend die Geschäftsmodelle dosen belohnen, aber nicht unbedingt die schnelle Bereit- der in Frage kommenden Hersteller sind. stellung von qualitativ hochwertigen Impfdosen (die „Leistung“). Der unzureichende Leistungsanreiz wird zu-
4 Axel Ockenfels 2.2 Option 2: Impfstoffzahlungen 3 Ein hybrides Design („Pull“-Verträge) Ein hybrides Marktdesign balanciert die Vor- und Nachtei- Die Alternative zu Push-Verträgen sind Pull-Verträge, die le von Push- und Pull-Verträgen aus. Die Idee: Produzen- Zahlungen nur für das erfolgreiche Produkt vorsehen. Der ten erhalten im hybriden Modell eine Kapazitätszahlung Anreiz zur Vorhaltung von Produktionsanlagen entsteht für eine vertraglich zugesicherte physische Kapazität zur durch die Garantie eines Leistungspreises für Impfdosen in Produktion einer bestimmten Menge von Impfdosen pro einer gewissen Menge und Qualität (Sicherheit, Wirksam- Monat. Im Gegenzug erhält der Staat eine Kaufoption über keit). Damit ist es alleine Sache der Produzenten abzuwä- x Prozent (zum Beispiel 50 Prozent) der monatlichen Pro- gen, ob es sich lohnt, in eine Produktionsanlage zu inves- duktionskapazität nach Aktivierung des Bedarfsfalls. Der tieren. Im Vergleich zu Kapazitätszahlungen erhöhen Pull- Leistungspreis für eine gelieferte Impfdosis bemisst sich Verträge das Risiko für die Produzenten. Bisher wurden nach dem Marktpreis zum Zeitpunkt des Bedarfsfalls. In solche Pull-Verträge vornehmlich für garantierte Abnah- den nachfolgenden Abschnitten erläutere ich einzelne As- memengen während einer andauernden Pandemie erörtert pekte des hybriden Designs im Detail. (Athey et al. 2020). Im nachfolgenden Abschnitt stelle ich Pull-Verträge vor, bei denen der Leistungspreis abhängig vom Eintreten künftiger Pandemien bezahlt wird. Diese 3.1 Produktdesign zusätzliche Unsicherheit führt tendenziell zu einer wei- teren Erhöhung des unternehmerischen Risikos. Der Staat kauft in dem hybriden Modell eine durch physi- Anders als bei der Ex-ante-Kostenerstattung in Push- sche Kapazität gesicherte Kaufoption für Impfstoffe. Dies Verträgen muss der Staat bei der Ex-post-Leistungsent- geschieht mit Hilfe einer koordinierten Ausschreibung lohnung in Pull-Verträgen die Chancen und Risiken der über die gesamte angestrebte Menge. Unkoordinierte Ver- Produktion nicht selbst abwägen. Außerdem können ho- träge mit einzelnen Produzenten für spezifische Produkti- he Leistungspreise gute Leistungsanreize erzeugen. Aller- onsanlagen erschweren die Steuerung der Gesamtka- dings ist es unwahrscheinlich, dass der Leistungspreis pazität. Sie könnten zu einer bloßen Verlagerung von hinreichend steigen kann, um eine zuverlässige Produkti- Produktionsstätten dorthin führen, wo Zuschüsse winken. on zu garantieren. Wie schon angedeutet, sind sehr hohe Die Gesamtversorgung bliebe in diesem Fall unverändert, Zahlungen für Impfdosen, die deren gesellschaftlichem obgleich Kapazitätszahlungen geleistet werden (siehe Wert nahekommen, nicht durchsetzbar, und die Preisfin- auch Abschnitt 5). dung wird durch politische und ökonomische Friktionen Die Ausschreibung der Produktionskapazität sollte so- beschränkt. Dazu kommt, dass die Steuerung des Impf- weit möglich technologieneutral ausgestaltet sein und zu- stoffangebots allein durch Preise eine fragile Angelegen- gleich als Nebenbedingung berücksichtigen, dass ein brei- heit ist: Unternehmen und politischen Entscheidungs- tes Portfolio an Impfstofftechnologien eingekauft werden trägern fällt es nicht leicht, die Auswirkungen extrem soll (einschließlich zum Beispiel mRNA-Impfstoffe und unsicherer und sehr selten auftretender Ereignisse rational Vektorimpfstoffe). Ein breit diversifiziertes Portfolio redu- zu antizipieren. Der Strommarkt liefert Beispiele, wie die ziert das Risiko, dass der Staat für den Pandemiefall nur Pull-Strategie schiefgehen kann.2 auf Impfstoffe gesetzt hat, die nicht oder weniger wirksam sind (Snyder et al. 2020). Auch müssen die Verträge Wir- kungsgrad, Sicherheit und andere Qualitätsvorgaben an 2 Moderne Strommärkte verlassen sich für die Zuverlässigkeit der die Impfstoffe definieren. Es könnte vorteilhaft sein, die Stromerzeugung entweder auf Push-Verträge (Kapazitätsmärkte), bei Vorgaben an einem Qualitätsbenchmark auszurichten und denen Stromproduzenten Zahlungen für gesicherte Stromerzeu- gegebenenfalls Abweichungen durch Bonus- oder Straf- gungskapazität erhalten, oder Pull-Verträge (Energy-only-Märkte), zahlungen zu bepreisen. bei denen im Fall extremer Knappheit Knappheitspreise garantiert werden (Cramton und Ockenfels 2012). Anders als bei Impfstoffen Je schneller die Impfversorgung im Ernstfall, desto können bei Pull-Verträgen die Leistungsanreize sehr hoch gesetzt geringer die Schäden für Gesellschaft und Wirtschaft. Des- werden, bis zu den geschätzten sozialen Grenzkosten eines Blackouts („value of lost load“). Bei dem jüngsten Blackout in Texas im Februar 2021 ist der Strompreis auf den für diesen Krisenfall administrativ hohen Krisenpreis im Vergleich zu weniger zuverlässigen Gaskraft- festgesetzten Preis von 9.000 Dollar/MWh geklettert. Normal sind 20 werken in nur 100 Stunden viele hundert Millionen Dollar extra ver- Dollar/MWh. Dieser sehr hohe Leistungspreis schafft Anreize, die dienen. Allerdings waren trotz der extrem guten Leistungsanreize Stromversorgung zuverlässiger zu machen. Ein Gaskraftwerk, das vor viele Betreiber von Gaskraftwerken in Texas nicht auf die Krise vor- der Krise in seine Winterfestigkeit investiert hatte, konnte durch den bereitet (Cramton 2021).
Marktdesign für eine resiliente Impfstoffproduktion 5 wegen sollte der Vertrag spezifizieren, dass die Kaufoption gebaut oder umgerüstet werden müssen, oder Anlagen, berechtigt, die ersten x Prozent aus der jeweiligen Produk- die ohne Unterstützung aus dem Markt austreten würden. tionsanlage ausgeliefert zu bekommen. Erst wenn die Um die Einsatzbereitschaft der Produktionsanlagen Kaufoption in einem gegebenen Zeitraum bedient ist, kön- weiter zu erhöhen, kann das Vorhalten einer „Warm base“ nen andere Nachfrager zum Zuge kommen. Diese einfache vereinbart werden. Dies verpflichtet den Produzenten zur Regel zur Verteilung der physisch verfügbaren Impfdosen laufenden Produktion einer Mindestmenge, die beispiels- verhindert, dass sich der Staat bei den bezuschussten An- weise auch zu Forschungszwecken genutzt werden könn- lagen in den Warteschlangen hinten anstellen muss. te. Im Bedarfsfall kann so die Produktion schnell hoch- Durch die Vorgabe des Portfolios und der Ausschrei- skaliert werden. Eine Warm base stellt zudem sicher, dass bung der gewünschten Produktionskapazitäten koor- die Produzenten tatsächlich fähig und willens sind, geeig- diniert der Staat die einzelwirtschaftlichen Aktivitäten nete Impfstoffe zu produzieren, und reduziert dadurch die bestmöglich und steuert so das gesellschaftlich erwünsch- Anforderungen an die Qualifikation. te Maß an Versorgungssicherheit (siehe auch Abschnitt 5). Um Marktmachtpotenzial einzuschränken und flexi- Als Gegenleistung für die durch physische Kapazität gesi- bel auf Gebote reagieren zu können, empfiehlt sich, die cherten Kaufoptionen erhalten die Produzenten einen Ka- Nachfrage preiselastisch zu gestalten. Sollten beispiels- pazitätspreis und zusätzlich, falls die Kaufoption gezogen weise die Preisforderungen sehr gering ausfallen, könnte wird, einen Leistungspreis für die gelieferten Impfdosen. die Nachfrage nach gesicherter Kapazität und die damit Die beiden Preiskategorien werden im Folgenden erklärt. verbundene Vorsorge entsprechend größer ausfallen. Auch sollte ein Limit für maximale Gebote eingezogen werden. Die besten Gebote, die auch (falls nötig) qualitati- 3.2 Kapazitätspreis ve Elemente enthalten können, erhalten den Zuschlag.4 In Anlehnung an Kapazitätsmarktdesigns in der Stromwirt- Der Kapazitätspreis entlohnt die Produzenten für die schaft können alle ein oder zwei Jahre Kapazitäten aus- Vorhaltung der physischen Produktionskapazität. Er geschrieben werden. Eine regelmäßig neue Ausschreibung steht für das Push-Element des Anreizmechanismus, und erlaubt, die Produktionsanlagen auf dem technisch und er reduziert die hohen Risiken, die entstünden, wenn sich medizinisch modernsten Stand zu halten und die Aus- der Produzent allein auf Marktpreis und Leistungspreis schreibungen und Kapazitäten bedarfsgerecht weiter- verlassen müsste. Die Festlegung des Kapazitätspreises zuentwickeln. geschieht in einem wettbewerblichen (Auktions- oder Ver- Es muss den Anbietern bei der Festlegung der Ver- handlungs-)Verfahren. Die Zahlungen an die Produzen- tragslaufzeit genügend Zeit gelassen werden, neue Pro- ten, die den Zuschlag erhalten, werden jährlich über die duktionsanlagen zu bauen oder alte umzurüsten bezie- gesamte Vertragslaufzeit geleistet. Die Zahlungen können hungsweise zu erneuern, damit diese Anlagen tatsächlich durch Indexierung gegen Inflationsrisiken geschützt wer- in den Markt eintreten können und damit dieser für Kapa- den. zitäten bestreitbar ist. Die Verpflichtungsperiode neu ent- In der Ausschreibung gibt der Staat die Menge der stehender Kapazitäten sollte mehrere Jahre umfassen, da erwünschten abgesicherten Kapazität vor, und die Bieter längere Laufzeiten helfen, das Investitionsrisiko zu redu- können in einem iterativen Biet- oder Verhandlungsver- zieren und die Kapazitätszahlungen die Investitionskosten fahren Angebote abgeben.3 Alle Hersteller und Entwickler, so besser abbilden können. Bestehende Produktionsanla- die zur sicheren Impfstoffproduktion beitragen können, gen erhalten kürzere Vertragslaufzeiten (zum Beispiel ein dürfen teilnehmen. Zum Nachweis müssen alle Bieter Qua- oder zwei Jahre), da die Investitionskosten bereits versun- lifikationskriterien erfüllen und die mit der Produktion von ken sind und kürzere Laufzeiten das Risiko für diese An- Impfstoffen notwendige Expertise nachweisen können; andernfalls droht mit Blick auf die Qualität der Angebote ein Wettlauf nach unten. Es können Anlagen an der Aus- 4 Wenn Produktionskapazität neu in den Markt eintreten muss, da- schreibung teilnehmen, die schon existieren und gegebe- mit sich die Kapazitätsziele erreichen lassen, könnten zusätzliche nenfalls schon produzieren, aber auch solche, die noch Investitionszuschüsse für Neuanlagen empfehlenswert sein. Dadurch können unter Umständen die Kosten reduziert werden, die durch die Zahlungen des Kapazitätspreises an alle Produzenten entstehen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Neueintritt als „marginaler Bieter“ die Zahlungen an andere Produzenten beeinflusst, deren Ka- 3 Eine Beschreibung der Details für ein geeignetes Design solcher pazitätskosten bereits versunken sind, und wenn akkurate Schätzun- Bietverfahren ginge über das Ziel dieses Textes hinaus. gen über seine Investitionskosten möglich sind.
6 Axel Ockenfels bieter reduzieren. Anbietern neuer Kapazitäten sollte er- tungspreis festgelegt werden, um Marktmacht und Mani- laubt werden, eine kürzere Verpflichtungsperiode zu wäh- pulationsversuchen Grenzen zu setzen. Zudem sollte ein len. Default-Preis vereinbart werden für den Fall, dass keine alternativen Preisgebote anderer Nachfrager verfügbar sind. 3.3 Leistungspreis Die Anknüpfung an den aktuellen Marktpreis moti- viert den Produzenten zur Leistungserbringung und Kapazitätszahlungen garantieren zwar die Bereitstellung schützt den Staat vor überhöhten Preisen im Vergleich zu von Produktionsanlagen, aber noch nicht hinreichend die anderen Käufern. Da der Staat die ersten Produktionschar- tatsächliche Produktion und Bereitstellung der erwünsch- gen aus der jeweiligen Anlage erhält, ist er zusätzlich ten Impfdosen. Die Leistungserbringung ist die zentrale davor geschützt, sich an das Ende von Warteschlangen Herausforderung für eine resiliente Impfstoffversorgung. einreihen zu müssen. Zudem bietet die Anknüpfung an Im hybriden Modell kommen deshalb neben der gesicher- den Marktpreis den Vorteil, dass in einer globalen Knapp- ten Kapazität mehrere Mechanismen zur Leistungserbrin- heitssituation für die vereinbarte Kapazität kein starker gung zum Einsatz. Ein großzügiger Preis für Impfdosen Anreiz für das Unternehmen entsteht, andere Kaufinteres- schafft gute Leistungsanreize, ohne dass die Gesamtkosten senten zu beliefern oder die Produktion des Impfstoffs für den Staat in gleichem Ausmaß steigen, denn die Aus- oder seiner Zwischenprodukte in andere Länder zu ver- sicht auf einen hohen Leistungspreis reduziert tendenziell lagern, um so in den Genuss höherer Margen zu kommen. den geforderten Kapazitätspreis. Die Orientierung an Marktpreisen erlaubt schließlich, dass Niemand weiß heute, welche Leistungsanreize in der Produzent seinen Zulieferern im Pandemiefall wett- künftigen Pandemiefällen notwendig sind, um eine best- bewerbsfähige Angebote für eine schnelle und zuverläs- mögliche und schnelle Versorgung mit geeigneten Impf- sige Lieferung unterbreiten kann. Bei Leistungspreisen stoffen zu gewährleisten. Doch was andere Nachfrager im unter Marktwert wäre die Konkurrenzfähigkeit des Pro- akuten Pandemiefall zu zahlen bereit sind (der „Markt- duzenten auf den Zuliefermärkten bedroht. preis“), kann als Anhaltspunkt genutzt werden. Deswegen Weil die Kaufoption nur für einen Teil der Kapazität ist im hybriden Modell der Leistungspreis an den Markt- gilt, sind die Unternehmer zusätzlich motiviert, gute Leis- preis gekoppelt: Sobald die Kaufoption gezogen wird, wird tung zu erbringen, denn durch die zusätzlichen Absatz- für jede Impfdosis ein Preis gezahlt, der sich daran orien- chancen auf dem Markt bleiben die unternehmerischen tiert, welchen Preis der Produzent nachweislich mit Impf- Anreize für gute Qualität und hohe Produktionsgeschwin- dosen aus der relevanten Produktionsanlage bei anderen digkeit in der Produktionsanlage erhalten. Eine Aussicht Nachfragern erzielt oder erzielen könnte. Da der Staat nur auf hohe Marktpreise reduziert darüber hinaus tendenziell einen Anteil der Gesamtproduktion durch Kaufoptionen den Kapazitätspreis, der für die Vorhaltung zu zahlen ist. reserviert hat, sind in Knappheitssituationen andere Nach- Die mit Marktpreisen verbundenen Risiken für die Unter- frager motiviert, Angebote zu unterbreiten. Diese können nehmen erhöhen dagegen tendenziell den Kapazitäts- zur Ermittlung des Marktpreises genutzt werden. preis. Im Pandemiefall gibt es keinen einheitlichen Markt- Zu den vertraglich fixierten Leistungsanreizen gehö- preis. Es gibt nur wenige Anbieter, die starke Anreize für ren neben dem Leistungspreis glaubwürdige Strafen für Preisdiskriminierung besitzen; reiche Länder zahlen mehr, den Fall, dass die vertraglich fixierten Verpflichtungen arme Länder zahlen weniger. Deshalb sind unterschiedli- nicht eingehalten werden, sowie gegebenenfalls Bonus- che Definitionen des für den Leistungspreis relevanten zahlungen bei zeitlich flexibleren Lieferungen oder exzel- Marktpreises vorstellbar. Es bietet sich an, den Median der lenter Qualität. Strafzahlungen können sich grundsätzlich Preisgebote als Leistungspreis zu nehmen, da dieser ver- an den alternativen Beschaffungskosten von Impfdosen gleichsweise robust auf Preisabschläge und Preiszuschlä- orientieren. Doch in einer Situation extremer globaler ge für andere Länder reagiert. Alternativ könnte der Markt- Knappheit, in der alternative Beschaffungsmöglichkeiten preis auch als der geringste angebotene Preis definiert für den Staat womöglich nicht verfügbar sind, kommt eine werden, als ein breiter oder kategorienspezifischer Preis- solche rein finanzielle Verpflichtung zur Leistungserbrin- index für den Impfstoff oder als ein prozentualer Abschlag gung an ihre Grenzen. In diesem Fall muss sich die Höhe auf die so definierten Marktpreise. Auch eine Bestpreis- der Vertragsstrafe anderweitig orientieren. garantie ist denkbar, wobei als Vergleichsmaßstab der Wie bereits ausgeführt, ist die Effektivität von Straf- Preis für Länder mit ähnlicher Wirtschaftskraft dienen soll- zahlungen als Anreiz zur Leistungserbringung in einem te. In jedem Fall sollte ein (hohes) Preislimit für den Leis- Pandemiefall grundsätzlich beschränkt. Während aus öko-
Marktdesign für eine resiliente Impfstoffproduktion 7 nomischer Sicht sehr hohe Strafen erforderlich sind, um Kaufoption ziehen möchte, der Produzent sich aber nicht den gesellschaftlichen Schaden eines Lieferausfalls adä- dazu in der Lage sieht, die Option zu bedienen, sollte den quat abzubilden, lassen sich solch hohen Zahlungen bei Produzenten erlaubt werden, die reservierten Kapazitäten den Produzenten kaum durchsetzen. Das ist eine der zen- anderen Herstellern gegen Zahlung eines Preises zur Ver- tralen Herausforderungen für Anreizmechanismen im Hin- fügung zu stellen.5 Sollte ein anderer Produzent ein bes- blick auf eine zuverlässige Impfstoffversorgung. seres Produkt haben oder die Impfdosen schneller pro- Erörtert werden in diesem Zusammenhang auch direk- duzieren können, ist es nicht nur im gesellschaftlichen te regulatorische und politische Eingriffe in die Produkti- Interesse, sondern oft auch im Eigeninteresse der Pro- on, bis hin zur Übernahme von Produktionsprozessen duzenten, die Produktionsanlagen dem effizienteren Pro- durch den Staat. Staatliche Eingriffe können zwar unter duzenten gegen eine Gebühr zu überlassen. Dabei bedarf bestimmten Umständen sinnvoll sein, doch es erscheint die Überlassung einer bezuschussten Produktionsanlage nicht plausibel, dass Regulierung und Politik eher in der der staatlichen Zustimmung. Der neue Produzent über- Lage sind, die Krisenversorgung effektiv zu organisieren, nimmt alle Pflichten des ursprünglichen Auftragnehmers als ein Produzent unter dem bestmöglichen Anreizsystem. und muss den vertraglich festgelegten Anforderungen und Ein anderer Aspekt im Zusammenhang mit der Frage, Auflagen aus dem Kapazitätsvertrag genügen. Insoweit wie mit Lieferausfällen umgegangen werden soll, ist da- durch die Überlassung die Leistung nicht wie ursprünglich gegen von wesentlicher Bedeutung: Soweit es rechtlich vereinbart erbracht werden kann, haftet der ursprüngliche zulässig ist, sollten Entschuldigungen für die Nichterbrin- Produzent für den Schaden. gung der vertraglich zugesicherten Leistung (beispielswei- Falls freiwillig kein solcher Übernahmevertrag zustan- se „höhere Gewalt“) nicht akzeptiert werden. Die Pande- de kommt und die Produktionsanlage brachliegt, sollte mie-Verpflichtung soll den Staat und seine Bürger ja unter bestimmten Bedingungen durchgesetzt werden, gerade vor „höherer Gewalt“ in Form einer Pandemie dass die Kapazität verpflichtend mittels Auktion oder eines schützen, ebenso wie vor den damit verbundenen politi- anderen wettbewerblichen Verfahrens einem neuen Pro- schen und ökonomischen Eingriffen und Risiken. Nur ein duzenten zur Verfügung gestellt werden muss. Hierbei Unternehmen, das bei Nichtlieferung hinreichend spür- kann der Preis negativ werden; das heißt, der Staat zahlt bare Konsequenzen tragen muss und sich nicht mit derlei einem neuen Produzenten einen Preis dafür, dass er den Begründungen von der Lieferverpflichtung befreien kann, Kapazitätsvertrag und die damit einhergehenden Ver- besitzt einen ausreichend starken Anreiz, sich um stabile pflichtungen übernimmt. Diese Zahlung sollte dem ur- Zulieferketten und um eine angemessene strategische Re- sprünglichen Produzenten in Rechnung gestellt werden.6 servevorhaltung von Vorprodukten zu kümmern, um in Vorstellbar ist darüber hinaus, dass verschiedene Pro- einer Pandemie zuverlässig liefern zu können. Die Pro- duzenten eine gemeinsame Produktionsanlage anbieten, duzenten dürften derart strenge Leistungsanforderungen um ihre Risiken zu teilen. Dafür gilt es zunächst wett- vermutlich vermeiden wollen – oder im Gegenzug ihre bewerbsrechtliche Hindernisse auszuräumen. Es ist si- Preisforderungen erhöhen. Doch ohne diese zentrale For- cherzustellen, dass dies nicht zu strategischer Markt- derung wäre die Effektivität der Verträge bedroht. machtausübung und damit zu höheren Kapazitätspreisen Lieferausfälle in Folge eines Konkurses eines Pro- führt. Weitere Details zum hybriden Marktdesign müssen duzenten lassen sich nicht vermeiden. Doch sollten für diesen Fall Sicherheiten vereinbart werden. Diese könnten die bezuschussten Produktionsanlagen einschließen, aber 5 Das wäre beispielsweise der Fall, wenn das Unternehmen keinen zusätzlich auch Anlagen, die dazu geführt haben, dass zugelassenen Impfstoff anbieten kann. Grundsätzlich besteht nicht sich das betreffende Unternehmen für die Kapazitätszah- nur die Gefahr, dass Produzenten Kapazitäten nicht nutzen können, lungen qualifiziert hat. sondern auch, dass sie Produktionsmengen aus strategischen Grün- den zurückhalten wollen. Deswegen sollte sich der Staat zusichern lassen, dass er zu einem Default-Preis Impfdosen abrufen kann, die über die mit der Kaufoption abgesicherten – und ungenutzten – Pro- 3.4 Überlassung von Kapazitäten an andere duktionskapazitäten hinaus gehen. Produzenten 6 Die Idealvorstellung ist ein Markt, in dem generische Produktions- anlagen für alle Impfstoffe in Echtzeit an die Höchstbieter vermietet werden. Dies ist aus technologischen und anderen Gründen noch Eine Möglichkeit, die Leistungserbringung zuverlässiger nicht vorstellbar (Plotkin et al. 2017). Die notfalls eingeforderte Pflicht zu machen und gleichzeitig das Lieferrisiko der Produzen- zur Weitergabe an Dritte bricht die starre Zuteilung zumindest teil- ten zu reduzieren, besteht darin, Kapazitäten anderen Pro- weise auf und führt so zu einer effizienteren Allokation der Produkti- duzenten zu überlassen: Für den Fall, dass der Staat die onskapazitäten.
8 Axel Ockenfels geklärt werden.7 Im folgenden Abschnitt argumentiere ich auch in Zeiten großer Unsicherheit. Probleme entstehen darüber hinaus, dass das Marktdesign für eine langfristige weniger durch mangelnde Ressourcen als durch Fehler im zuverlässige Impfstoffproduktion durch ein operatives Kri- Pandemie-Management. An Schnelligkeit und Entschei- senmanagement und durch kurzfristige Optionen für Fle- dungsfreude hat es in Europa zunächst gemangelt. Die xibilität und Schnelligkeit komplettiert werden muss. Vereinigten Staaten waren mit einer schlagkräftigen Ope- ration Warp Speed (OWS) in der Impfstoffentwicklung und -produktion erfolgreich. In Großbritannien hat die Vaccine 4 Ein gleitender Übergang von Taskforce eine ähnliche Rolle gespielt.8 In erfolgreichen Stäben wirken krisenerprobte Fachleute aus der Medizin, normalen Zeiten in den Wirtschaftswissenschaft, Regulierung, Informatik und Mo- Krisenmodus – und zurück dellierung sowie der Industrie und gegebenenfalls ande- ren Disziplinen in enger Koordination mit politischen Ent- Eine Langfriststrategie kann nicht alle Antworten auf die scheidungsträgern zusammen. Auch für Deutschland ist inhärent unsicheren medizinischen und ökonomischen die Einrichtung eines schlagkräftigen Pandemie-Krisen- Herausforderungen vorwegnehmen, die sich in Echtzeit in stabs zu empfehlen. einer pandemischen Krise ergeben. Es ist daher wahr- Der Stab sollte sich in normalen Zeiten regelmäßig scheinlich, dass neben der Langfristplanung flexible zu- treffen, die Fehler wie auch erfolgreiche Strategien im sätzliche Anreize für den Ausbau der Produktion einge- Pandemie-Management analysieren, Pandemie-Szenarien setzt werden müssen, sobald sich eine Krise abzeichnet simulieren sowie Stresstests durchführen, um die relevan- und entwickelt. Ein großer Vorteil des hybriden Markt- ten Risiken und Sollbruchstellen zu identifizieren und an designs ist, dass seine Anreizmechanismen bei Bedarf in Wirtschaft und Politik zurückzuspielen. Er würde dabei normalen Zeiten eingesetzt, in Krisenzeiten nahtlos hoch- von Netzwerken in den verschiedenen Disziplinen unter- skaliert und danach wieder nahtlos zurückgefahren stützt, in denen sich freiwillige Experten der Krisenvorsor- werden können. Insofern gibt es keine konzeptionellen ge widmen. Unterschiede bei den lang- und kurzfristig geeigneten An- Der Krisenstab sollte insbesondere das systemische reizmechanismen. Das hybride Modell ist so ausgestaltet, Risiko einer Pandemie in den Blick nehmen. Im Fall einer dass laufend nachgesteuert und es so der spezifischen globalen krisenhaften Knappheit können Zulieferketten Pandemielage angepasst werden kann. Zum Beispiel ver- durch komplexe wirtschaftliche und politische Verqui- schiebt sich tendenziell die Gewichtung von den Kapazi- ckungen abbrechen, die ein einzelner Akteur nicht unbe- tätszahlungen hin zu Leistungszahlungen, je näher die dingt im Blick haben kann und die auch in Qualifikations- Versorgungsprobleme an die Echtzeit rücken, da das Ka- abfragen für die Produzenten nicht aufgedeckt werden pazitätsangebot in der kurzen Frist unelastischer wird. können. Deswegen muss die Bewertung von Pandemierisi- Die konzeptionelle Stabilität der Anreizstrukturen er- ken auch aus der Vogelperspektive und im Zusammenspiel leichtert das Pandemie-Management im Übergang von der relevanten Akteure erfolgen. normalen Zeiten in den Krisenmodus und wieder zurück. Der Krisenstab könnte in Ergänzung der vorgestellten Wichtig ist dabei, dass es für die Transformation in den Anreizmechanismen im Bedarfsfall strategische Reserven Krisenmodus eine Instanz gibt, die die notwendige Exper- an Vor- und Zwischenprodukten einfordern – soweit die tise und Durchsetzungskraft für entschiedene Interventio- Leistungsanreize im hybriden Modell nicht schon die Pro- nen in den Markt besitzt. duzenten ausreichend motivieren, dies selbst zu tun. Heu- Die wichtigste Lehre aus der COVID-19-Pandemie ist, te ist noch nicht abzusehen, wie sich beispielsweise die dass schnelles und entschiedenes Handeln essenziell ist – rapide Entwicklung der Produktion von Lipiden auf deren Verfügbarkeit in künftigen Krisensituationen auswirken 7 Zum Beispiel ist es wichtig, genau zu definieren, unter welchen Umständen die Kaufoption gezogen werden kann. Der Staat könnte den Aktivierungsfall nach Belieben ausrufen. Dies erhöhte jedoch die 8 Vor 2020 gab es kein Unternehmen, das einen Impfstoff gegen Unsicherheit für die Produzenten. Eine andere Option wäre das Aus- SARS-CoV-2 produziert hat; im Jahr 2021 jedoch dürften Schätzungen rufen eines Pandemiefalls durch die Bundesregierung, das Robert- zufolge mehr als 10 Milliarden Impfdosen hergestellt werden. Dieser Koch-Institut oder die Weltgesundheitsorganisation WHO, sofern die schnelle und drastische Anstieg wird den entschiedenen Interventio- prognostizierte (nationale oder globale) Nachfrage nach Impfdosen nen einiger Staaten angerechnet. Darüber sollte jedoch nicht verges- oder ein Schwellenwert für die Produktion in der relevanten Produkti- sen werden, dass weniger reiche Staaten noch länger nicht ausrei- onsstätte – oder die Produktion anderer Hersteller derselben Impf- chend versorgt werden können, und dass in globaler Sicht die stoffkategorie – überschritten wird. Produktionskapazitäten noch länger knapp sein werden (OECD 2021).
Marktdesign für eine resiliente Impfstoffproduktion 9 wird. Die Erfahrung auf Strommärkten zeigt zudem, dass der Produktion ausnutzen. Deshalb ist es wichtig, eine selbst extrem hohe Leistungspreise in Krisensituationen deutsche Strategie zur resilienten Impfstoffproduktion mit nicht unbedingt als Anreiz für die Unternehmen ausrei- den europäischen Partnern und darüber hinaus abzustim- chen, um für systemische Krisen vorzusorgen. In der regel- men. Dies kann beispielsweise im Kontext der europäi- mäßigen Überprüfung der Robustheit der Vorsorgemaß- schen und globalen Initiativen wie Health Environment nahmen im Rahmen von systemischen Stresstests liegt Research Agenda for Europe (HERA), COVID-19 Vaccines daher der Schlüssel für eine resiliente Impfstoffversor- Global Access Facility (COVAX) und WHO COVID-19 Tech- gung. nology Access Pool (C-TAP) geschehen. Auch eine ver- Der Pandemie-Krisenstab sollte im Fall von krisenhaf- stärkte Kooperation im Wissens- und Technologietransfer ten Entwicklungen die notwendigen Entscheidungen auf erleichtert die Pandemiebekämpfung. Darüber hinaus Basis der eingeübten Prozesse operativ vorbereiten. Wo können innovative Methoden des Marktdesigns Kooperati- katastrophale Krisen mit einer gewissen Wahrscheinlich- on in der Krise erleichtern (Cramton et al. 2020). keit eintreten können, beispielsweise in Finanzgewerbe, Das hybride Modell und die hier vorgestellten Anreiz- Stromwirtschaft, Militär und Forsten (Waldbrände), haben mechanismen sind mit einer internationalen Kooperation sich solche einsatzbereiten Krisenstäbe bewährt. Dies gilt vereinbar. Gleichzeitig können sie so ausgestaltet werden, auch für die Pandemiebekämpfung. So hat beispielsweise dass sie bestmöglichen Schutz gegen Impfnationalismus auf Empfehlung des amerikanischen OWS-Stabs die Regie- bieten. Das hybride Modell fördert die internationale Ko- rung schnell und unabhängig von der (noch nicht erfolg- operation insofern, als sich die Kapazitätsausschreibung ten) Zulassung große Mengen verschiedener Impfstoffe so organisieren lässt, dass sie mühelos in internationale eingekauft und dadurch sowohl die Entwicklung als auch Abkommen zur Impfstoffproduktion integriert werden die Produktion von Impfstoffen stark beschleunigt. Das kann. Auch könnte die Ausschreibung ohne weiteres su- war zwar teuer, hat jedoch im Gegenzug sehr viel höhere pranational erfolgen, beispielsweise auf der EU-Ebene. gesellschaftliche Lasten verhindert. Außerdem werden durch das hybride Modell mehr Kapazi- Der Krisenstab sollte außerdem die Parameter des hy- täten aufgebaut als für den eigenen Bedarf durch Kauf- briden Modells ständig überprüfen. Zum Beispiel kann der optionen abgedeckt sind (1 – x Prozent). Deswegen kön- Leistungspreis nach Bedarf erhöht werden, um kurzfristig nen auch solche Länder von den zusätzlich induzierten Anreizwirkungen zu entfalten, so wie in die oben skizzier- Produktionskapazitäten und der damit verbundenen fle- ten Strategie und im erfolgreichen Vorgehen des OWS- xibleren, beschleunigten Produktion profitieren, die nicht Stabs. Es können zusätzliche Kaufoptionen erworben oder an der Ausschreibung beteiligt sind. Dies gilt jedoch nur, zusätzliche Bonuszahlungen für eine beschleunigte Liefe- soweit die zusätzlichen Produktionskapazitäten andere rung ausgelobt werden (Fuest und Gros 2021), und so Produktionsanlagen nicht vollständig verdrängen. Wenn weiter. die Produzenten ihre Gesamtkapazitäten konstant halten Nach einer Krise können, angeheizt durch die För- und lediglich den Standort ihrer Anlagen danach ausrich- derungen in aller Welt, auch Überkapazitäten entstehen, ten, wo die Investitionsbedingungen am attraktivsten so dass eine zusätzliche Nachfrage ökonomisch nicht ge- sind, dann werden durch die Kapazitätszahlungen aus rechtfertigt ist. In dem hybriden Modell fallen in diesem globaler Perspektive keine zusätzlichen Produktionskapa- Fall die zu zahlenden Kapazitätspreise auf null. zitäten entstehen. In dem Maß, wie sich der Staat im Ernstfall nicht auf internationale Kooperation verlassen kann oder möch- te, kann es gerechtfertigt sein, Kapazitätszahlungen da- 5 Internationale Koordination und von abhängig zu machen, dass die Produktionsanlagen Kooperation physisch in Deutschland stehen. So wird notfalls ein direkter(er) Zugriff ermöglicht. Das hybride Modell ist mit Internationale Kooperation erleichtert die globale Versor- diesem Vorsichtsprinzip vereinbar.9 gung mit Impfstoffen. Sie kann den Handel mit Vor- und Zwischenprodukten unterstützen, die Nachfragemacht in den Verhandlungen mit Impfstoffproduzenten erhöhen, 9 Über die Frage, ob die Kapazitätszahlungen nur an Produktions- anlagen in Deutschland gehen sollten, kann kontrovers diskutiert die Impfstoffversorgung ärmerer Länder beschleunigen werden. Dies gilt auch für die Frage, ob solche Vorgaben mit dem (aus humanitären Gründen und zur Eindämmung epi- Europarecht vereinbar sind. Beide Fragen werden hier nicht weiter demiologischer Externalitäten), die Diversifikation der behandelt. Ein anderer Argumentationsstrang für die Förderung von Impfstofftechnologien koordinieren und Skaleneffekte in Produktionsanlagen in Deutschland könnte darauf zielen, dass
10 Axel Ockenfels 6 Abschließende Bemerkungen men ergeben, im Lichte der aktuellen Lage bestmöglich einsetzen. Ein wichtiger Vorteil des hybriden Marktdesigns Manche Märkte erlauben es auf sich alleine gestellt nicht, ist, dass es einen gleitenden Übergang von normalen Zei- robuste Krisenvorsorge zu treffen. Der Markt für Impfstoffe ten in den Krisenmodus (und wieder zurück) erlaubt, weil gehört dazu. Der Preismechanismus versagt besonders in sich die Anreizmechanismen nicht konzeptionell unter- der Krise, wenn beide Marktseiten große Marktmacht be- scheiden, sondern lediglich in ihrer Stärke und ihren Ge- sitzen. Daher muss interveniert werden, um die Impfstoff- wichtungen. produktion zuverlässiger zu machen.10 Marktdesign ist ein Lernprozess. Unter dem Eindruck Aus Sicht eines Marktdesigners besteht die Aufgabe von Krisen neigt die Politik auf Basis unzureichender Pla- darin, robuste Anreizmechanismen zu entwickeln, die nungen bisweilen dazu, Ressourcen in ineffiziente Maß- zwar dem Marktversagen begegnen, aber zugleich soweit nahmen zu stecken. Marktdesign kann nur so effektiv sein, wie möglich auf Wettbewerb und Unternehmertum setzen, wie es die Qualität der Prognosen über Bedarf und Risiken um das Ziel zu erreichen. Das Design robuster Anreize mit erlaubt. Beispielsweise ist es denkbar, dass in der gegen- Blick auf eine globale Katastrophensituation ist aufgrund wärtigen Krise in aller Welt Überkapazitäten aufgebaut ihrer unvorhersehbaren politischen, ökonomischen und werden, so dass es in den kommenden Jahren vor allem sozialen Verwerfungen eine besondere Herausforderung. darum gehen könnte, einen geordneten Marktaustritt von Das hier vorgestellte hybride Marktdesign identifiziert die Produktionsanlagen zu unterstützen. Das hybride Modell zentralen Anreizprobleme und versucht, diesen Herausfor- ist für diese Situation gerüstet. Doch viele Detailfragen derungen und den damit verbundenen Zielkonflikten best- sind noch ungeklärt, und kleine Fehler können große Aus- möglich gerecht zu werden.11 wirkungen haben. Das Marktdesign für eine resiliente Pandemische Krisen und ihre Auswirkungen sind nur Impfstoffproduktion muss daher laufend weiterentwickelt zu einem geringen Teil vorhersehbar. Daher ist ergänzend werden, auf der Basis der zunehmend verfügbaren Daten zu einem Marktdesign für die langfristige Steuerung der über Bedarf und Risiken, und dies gemeinsam mit Exper- Produktionskapazitäten das schnelle und entschiedene ten aus Industrie, Medizin, Wirtschaftswissenschaft, Infor- Eingreifen eines professionellen Pandemie-Krisenstabs in matik und Politik. Echtzeit eine essenzielle Voraussetzung für erfolgreiches Pandemie-Management. Beide Elemente sind in ihrer Ef- Disclaimer und Danksagung: Diese Arbeit ist im Rahmen fektivität voneinander abhängig. Nur eine gute Langfrist- einer Zusammenarbeit mit der von der deutschen Bundes- strategie ermöglicht wichtige Handlungsoptionen in Echt- regierung eingesetzten „Task Force Impfstoffproduktion“ zeit, und nur ein effektives operatives Krisenmanagement entstanden. Das Ziel der Task Force ist die Förderung kann die Optionen, die sich durch die Vorsorgemaßnah- und Anreizung von Impfstoffproduktionskapazitäten in Deutschland für eine langfristig verlässliche Versorgung von Deutschland. Die hier vorgestellten Einschätzungen und Vorschläge spiegeln meine Ansicht wider, nicht not- Deutschland auf den neu entstehenden Märkten für Impfstoffe in wendigerweise die Ansicht der Task Force oder ihrer Mit- Europa und der Welt eine exzellente Ausgangsposition besitzt und glieder. Ich bedanke mich bei Peter Cramton und Achim daher eine wichtige Rolle spielen kann, die durch den Staat eine Wambach für Kommentare, sowie beim European Re- industriepolitische Unterstützung erfahren sollte. Auch dies ist kon- trovers. Jedoch spräche das industriepolitische Argument für sich search Council (ERC, im Rahmen des European Union’s genommen noch nicht für eine regelmäßige Kapazitätszahlung, wie Horizon 2020 Research and Innovation Programme, GA sie im hybriden Modell empfohlen wird, sondern für eine einmalige Nr. 741409 – EEC) und der Deutschen Forschungsgemein- Ansiedlungsprämie oder Investitionsbeihilfe. Diese könnten die Ka- schaft (DFG, im Rahmen der Exzellenzstrategie des Bundes pazitätszahlungen im hybriden Modell entsprechend verringern. und der Länder – EXC 2126/1– 390838866) für Unterstüt- 10 Die „Zuverlässigkeit“ eines Marktes ist für viele Ökonomen ein zung meiner Forschung. eigentümliches Konzept. In Lehrbüchern der Wirtschaftswissenschaft spielt es keine Rolle. Niemand würde wohl auf die Idee kommen, Automobilkonzerne oder Bäcker schon für den Bau von Produktions- anlagen zu entlohnen, um so die langfristige Versorgung mit Fahr- Literaturverzeichnis zeugen und Brot zu sichern. Doch die Marktdesignforschung hat schon lange die Notwendigkeit erkannt, Märkte in bestimmten Sekto- Ahuja, A., S. Athey, A. Baker et al. (2021), Preparing for a pandemic: ren krisenfest zu machen. Accelerating vaccine availability, NBER Working Paper 28492. 11 Natürlich ist die ökonomische Perspektive auf das Krisenmanage- Athey, S., M. Kremer, C. Snyder und A. Tabarrok (2020), In the race for ment nur eine unter vielen anderen, die Beachtung finden müssen; a coronavirus vaccine, we must go big. Really, really big, New siehe beispielsweise Haldane et al. 2021.
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