Elektrophysiologisches Neuromonitoring in der Neurochirurgie - www.kup.at/ JNeurolNeurochirPsychiatr

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Journal für

 Neurologie, Neurochirurgie
 und Psychiatrie
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 JNeurolNeurochirPsychiatr   Zeitschrift für Erkrankungen des Nervensystems

Elektrophysiologisches
                                                                               Homepage:
Neuromonitoring in der
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Neurochirurgie                                                   JNeurolNeurochirPsychiatr

Eisner W                                                               Online-Datenbank
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Journal für Neurologie
                                                                      und Stichwortsuche
Neurochirurgie und Psychiatrie
2001; 2 (3), 38-55

                                                                                            Indexed in
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 Krause & Pachernegg GmbH • Verlag für Medizin und Wirtschaft • A-3003 Gablitz
 P.b.b. 02Z031117M,            Verlagsor t : 3003 Gablitz, Linzerstraße 177A /21           Preis : EUR 10,–
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DGfE 2022

60. Jahrestagung der DGfE
   27.–30. APRIL 2022 l Leipzig                                           © Jakob Fischer l shutterstock

   www.epilepsie-tagung.de                AbstrAct DEADlinE 09. DEzEmbEr 2021

                             73. Jahrestagung
                             Deutsche gesellschaft für neurochirurgie

                             abstract Deadline: 04. Januar 2022
                  Joint Meeting mit der griechischen gesellschaft für neurochirurgie
                             www.dgnc-kongress.de
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ELEKTRO-
     PHYSIOLO-           W. Eisner
GISCHES NEURO-
  MONITORING IN
    DER NEURO-
                         ELEKTROPHYSIOLOGISCHES NEURO-
     CHIRURGIE           MONITORING IN DER NEUROCHIRURGIE
                                                                                           Prozesse. Alle vorbeschriebenen
         Electrophysiological monitoring in neurosurgery                                   Methoden führten zu einer Verringe-
                                                                                           rung von Morbidität und Mortalität
         Summary                                  The goals of intraoperative electro-     bedingt durch neurochirurgisches
                                                  physiological monitoring are: (1)        Agieren. Ein weiterer und überaus
         Intraoperative electrophysiological      minimizing the risk of suffering         gewichtiger Schritt zur Optimierung
         monitoring has become increas-           neurological and neuropsychologi-        neurochirurgischen Vorgehens liegt
         ingly common in neurosurgery.            cal injury as a result of surgery, (2)   in der Möglichkeit der Identifikation
         The methods are supporting sur-          extending the surgical spectrum to       individueller neuronaler Funktionen
         gery in preventing postoperative         lesions that have previously been        mittels elektrophysiologischer Me-
         deficits. Sensorimotor functions are     considered inoperable or hazard-         thoden. Hierdurch können bei jedem
         intraoperatively controlled beside       ous to operate on; (3) intraopera-       Patienten dessen individuelle Funk-
         language or memory functions             tive electrophysiological documen-       tionsverteilungen im Bereich des
         during surgery of the cerebral           tation that the goal of surgery has      Kortex (Motorik, Sensorik, Sprache,
         hemispheres. Cranial motor nerve         been achieved, (4) intraoperative        Kurzzeitgedächtnis, visueller Kortex,
         nuclei or fiber tracts are identified    basic research.                          auditiver Kortex) und von darunter-
         in the brainstem or on the floor of                                               liegenden Bahnsystemen identifiziert
         the fourth ventricle. During surgi-      Key words: motor cortex, sensori-        werden. Motorische Hirnnervenkerne
         cal preparation continuous moni-         motor cortex, language cortex,           oder deren Faserverläufe können im
         toring of the functional integrity is    brainstem, acoustic neuroma,             Boden des vierten Ventrikels und in
         performed. Skullbase surgery uses        glioma, trigeminal neuralgia,            ihrem Verlauf durch die Schädelbasis
         intraoperative electrophysiological      hemifacial spasm, epilepsy,              oder in oder um pathologische Pro-
         methods most. Surgery of the spine       neuromonitoring, neurography,            zesse erkannt werden. Gleiches gilt
         and surgery of the myelon and            electromyography, evoked                 für periphere Nerven. Sensorische,
         cauda equina are increasingly utiliz-    potentials                               motorische, aber auch Bahnsysteme
         ing electrophysiological methods.                                                 des Hörens können durch eine konti-
                                                                                           nuierliche Überwachung direkt und
                                                                                           indirekt operative Strategien beein-
                                                  operativen Neuromonitorings sind:        flussen und so das Risiko einer ope-
       ZUSAMMENFASSUNG                            1. Minimierung operationsbedingter
                                                  neurologischer und neuropsycho-
                                                                                           rativen Komplikation im Sinne einer
                                                                                           Funktionsverschlechterung oder gar
                                                  logischer Schäden; 2. Erweiterung        eines Funktionsverlustes verringern.
       Das intraoperative elektrophysio-          des chirurgischen Spektrums auf          An der Universitätsklinik für Neuro-
       logische Neuromonitoring erfuhr in         früher als inoperabel angesehene         chirurgie/AÖ Landeskrankenhaus
       den letzten Jahren eine deutliche          Prozesse; 3. intraoperative Bestäti-     Innsbruck, unter der Leitung von
       Zunahme in der Neurochirurgie. Die         gung und Dokumentation des er-           Herrn Prim. o. Prof. Dr. K. Twerdy,
       Methoden halfen, postoperative Aus-        reichten chirurgischen Zieles; 4.        führten wir 1999 ein multimodales
       fälle zu verringern oder gar zu ver-       intraoperative Grundlagenforschung.      Neuromonitoring (gleichzeitig sind
       meiden. Im Bereich des Kortex kön-                                                  mehr als vier Kanäle untersuchbar
       nen sensorimotorische Funktionen                                                    sowie gleichzeitige freie Kombinati-
       identifiziert und überwacht werden.                                                 on aller elektrophysiologischen Me-
       Gleiches gilt für höhere integrative
       Funktionen wie Sprache und Ge-
                                                  EINLEITUNG                               thoden) in den klinischen Betrieb
                                                                                           ein.
       dächtnis. Motorische Hirnnerven-
       kerne und deren Faserverläufe kön-         Die Einführung mikrochirurgischer        Nachfolgend werden die in unserer
       nen im Hirnstamm und am Boden              Techniken in die Neurochirurgie und      Klinik verwendeten Neuromonito-
       des vierten Ventrikels geortet und         die Verwendung des Operations-           ringverfahren vorgestellt und be-
       während der Chirurgie kontinuierlich       mikroskopes verlangen vom Neuro-         schrieben. Alle nachfolgend be-
       überwacht werden. Die Schädel-             chirurgen eine genaue Kenntnis der       schriebenen Techniken sind auf den
       basischirurgie gilt als eines der Haupt-   mikroskopischen neurochirurgischen       herkömmlichen Neuromonitoring-
       einsatzgebiete des intraoperativen         Anatomie. Alle Neuerungen auf dem        einheiten gegenwärtigen technischen
       Neuromonitorings. Die Bereiche             Gebiet der Neuroradiologie (DSA,         Standards problemlos durchzufüh-
       Wirbelsäule, Rückenmark und Cauda          CT, NMR, PET, SPECT etc.) erbrach-       ren.
       equina stellen ein weiteres Einsatz-       ten eine exaktere Lokalisation, Iden-
       spektrum elektrophysiologischer            tifikation und Klassifikation neuro-     Vorweg noch einige allgemeine Be-
       Techniken dar. Die Ziele des intra-        naler Strukturen und pathologischer      trachtungen zum intraoperativen

  38    J. NEUROL. NEUROCHIR. PSYCHIATR. 3/2001
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ELEKTRO-
                                                                                                            PHYSIOLO-
                                                                                                            GISCHES NEURO-
                                                                                                            MONITORING IN
                                                                                                            DER NEURO-
                                                                                                            CHIRURGIE
Monitoring (IOM). Welche Bedin-          Anästhesiologische Aspekte                 Blutdruck
gungen sind vom IOM gefordert,
um intraoperativ das chirurgische        Die in unserer Klinik verwendete           Der Blutdruck hat ebenfalls einen
Geschehen beeinflussen zu kön-           Prämedikation mit Rohypnol (1–2 mg)        Einfluß auf das Monitoring von
nen? Neurologische Ausfälle kön-         oder Dormicum (7,5 mg) und Atropin         evozierten Potentialen bei spinalen
nen nur vermieden oder reduziert         (0,5–1 mg) hat keinen Einfluß auf das      Prozessen mit Rückenmarkkompres-
werden, wenn [1]:                        IOM [3].                                   sion. Bereits eine milde Hypotension
                                                                                    kann hier zu einem Potentialverlust
1. die elektrischen Potentiale den       Zur Narkoseeinleitung erhalten die         von SEP führen. Eine milde Hyper-
   aktuellen Zustand der Operation       Patienten Thiopental (Sedierung) und       tension würde dem entgegenwirken.
   darstellen (Zeitgleichheit), d. h.,   Pancuronium oder Esmeron, kurz
   Veränderungen müssen mit chir-        wirksame Muskelrelaxantien, welche         Direkte kortikale Stimulation
   urgischen Schritten oder Manö-        zu OP-Beginn (ca. 45 Minuten nach
   vern in Beziehung gesetzt wer-        Einleitung) nicht mehr wirksam sind.       Tumoren im Bereich des Nervensy-
   den können, und drohendes De-         Dazu erhalten die Patienten 100–           stems können die im Normalzustand
   fizit muß durch eine Verände-         250 µg Fentanyl mit ebenfalls keinem       schon variable Anatomie derart ver-
   rung im Bereich der Potentiale        negativen Einfluß auf das IOM.             ändern, daß es dem Chirurgen un-
   erkennbar sein;                                                                  möglich ist, intaktes Nervengewebe
2. die Veränderungen im Bereich          In der Narkoseerhaltung werden             von Tumor oder funktionell wichti-
   der Potentiale reversibel sind,       Fentanyl (0,045 bis 0,3 µg/kg/Min.)        gen Kortexarealen zu unterscheiden
   falls die Ursache dafür beseitigt     oder Remifentanil, ohne negativen          [4–6]. Hier die erforderliche anato-
   werden kann.                          Effekt auf das IOM, und Isofluran          mische Klarheit zu schaffen, ist die
                                         (0,5 Vol.%) verabreicht. Letzteres soll    Domäne der direkten kortikalen Sti-
Diese geforderte Akkuratesse auf         nicht höher dosiert werden, da eine        mulation, auch „kortikales Mapping“
technisch-elektronischer Seite ist       Abflachung von SEP erwartet werden         genannt [7–11]. Dieses erlaubt nach
erst durch Einführung moderner           muß. Propofol (Disoprivan) wird zur        Exponierung des Hirnkortex intra-
Computertechnologie möglich.             Narkoseerhaltung auch verabreicht,         operativ eine individuelle Landkarte
Seither sind Untersuchungen im           ebenfalls in üblicher Dosierung ohne       motorischer, sensibler und höherer
OP sinnvoll möglich und durch-           negativen Einfluß auf das IOM. Mus-        integrativer Funktionen, wie Sprache
führbar, die ein Averaging (Mitte-       kelrelaxantien sollen oder müssen          und Gedächtnis, zu erstellen [12–
lungen) benötigen (evozierte Poten-      während neurochirurgischer Opera-          14]. Während der Tumorentfernung
tiale). Z. B. eine „lange Untersu-       tionen nicht verabreicht werden.           kann die Integrität des untersuchten
chung“ AEPs mit 1000 Durchgän-           Blutdrucksenkende Medikamente,             Systems durch erneute Stimulation
gen inkl. Averaging und Vergleich        wie Nitropräparate oder Nitroprussid-      überprüft werden. Die von uns
mit der Voruntersuchung ist in ma-       Na, haben keinen Effekt auf das IOM.       favorisierte Stimulationstechnik
ximal 90 Sekunden abgeschlossen.         Andere Einflußgrößen auf das IOM:          wurde von Penfield (1959) [15]
Die früheren Geräte auf Analog-          Der PCO2 soll im Normbereich liegen,       und Ojemann (1979) [13] in der
basis benötigten dafür das 3- bis        denn ein zu niedriger PCO2 führt zu        Epilepsiechirurgie [16] verwendet.
5fache an Untersuchungszeit, wo-         einer Permeabilitätssteigerung der
durch die Zeitgleichheit mit dem         Blut-Hirn-Schranke, wodurch eine           Technik
chirurgischen Geschehen nur noch         erhöhte Wirksamkeit von Anästhetika
bedingt gegeben war. Ein weiterer        auf den Hirnkortex, häufig die Quelle      Wir verwenden eine bipolare Stimu-
Faktor ist die Multimodalität der        der Monitoring-Antwort, resultiert         lation [17, 18]; dazu fungiert eine
Monitoringmaschinen, welche erst         (Depression evozierter Potentiale).        isolierte Koagulationspinzette als
seit 1991 gegeben ist. Früher waren                                                 Instrument, dessen nicht isolierte
die Geräte imstande, zwei (Kanäle)       Körpertemperatur                           Spitzen beider Branchen als Kathode
bis maximal vier Ereignisse (evo-                                                   bzw. als Anode fungieren. Dadurch
zierte Potentiale oder freilaufendes     Die Körpertemperatur eines Patien-         resultiert ein definiertes Stimula-
EMG) zu untersuchen, wodurch             ten oder einer in das Monitoring ein-      tionsareal zwischen den beiden Spit-
ein aufwendiges Monitoring (z. B.        geschlossenen Extremität hat auch          zen der Stimulationselektrode. Das
Hirnstammonitoring) unmöglich            einen Einfluß auf das IOM. Die Ner-        stimulierte Areal kann man sich drei-
war. Derzeitig können acht Unter-        venleitgeschwindigkeit kann um die         dimensional vereinfacht als eine
suchungen gleichzeitig durchge-          4 %/1 °C abnehmen. Eine Hyper-             halbierte Zwiebel, die zwischen den
führt werden [2]. Unsere Bemühun-        thermie (> 41 °C) führt zu einem SEP-      Spitzen der Pinzette gehalten wird,
gen gehen dahin, Geräte mit 16           Potentialverlust.                          vorstellen. 50 Stimuli pro Sekunde,
bis 32 Kanälen zu konfigurieren.                                                    in Form eines Rechteckimpulses mit

                                                                                 J. NEUROL. NEUROCHIR. PSYCHIATR. 3/2001    39
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ELEKTRO-
     PHYSIOLO-
GISCHES NEURO-
  MONITORING IN
    DER NEURO-
     CHIRURGIE
       0,2 Millisekunden Dauer, werden für      tionsplanung genauso wichtig wie         len mindestens zweimal stimuliert
       3 bis 6 Sekunden appliziert und da-      die stimulationspositiven Areale [4]     werden. Die Abfolge der Stimulation
       bei die in den kontralateralen (aber     (Abb. 1 und 2).                          ist konsekutiv. Die Punkte werden
       auch ipsilateralen) Extremitäten und                                              einer nach dem anderen mit gleicher
       Gesicht ausgelösten motorischen          Ablauf                                   Intensität stimuliert, danach erfolgt
       Phänomene beobachtet und doku-                                                    ein neuerlicher Durchgang mit glei-
       mentiert (motorisches Monitoring)        Die Stimulationspunkte werden mit        cher oder höherer Intensität. Es ist
       [4, 19]. Die verwendeten Intensitäten    sterilen Zahlen und Buchstaben           nicht ratsam, einen Punkt mehrmals
       betragen 5 bis 35 Milliampere (Vor-      markiert. Ein einmal positiver           hintereinander zu reizen und dann
       sicht bei hohen Stromstärken; ein        Stimulationspunkt (motorische Ant-       erst den nächsten etc. [19] (Abb. 3
       geringer Abstand zwischen den Pin-       wort) benötigt keine weitere Be-         und 4).
       zettenspitzen kann eine zu hohe          stätigung. Alle anderen Punkte sol-
       Stromfelddichte bewirken mit resul-
       tierender Koagulation im stimulierten
       Areal!). Die Verwendung von 50
       Stimuli pro Sekunde führt zu einer         Abbildung 3: Exponierte Gehirnoberfläche mit aufgelegten sterilen Zahlen
       tonischen Kontraktion einzelner
       Muskeln oder Muskelgruppen [20].
       Anstelle von sakkadierenden Bewe-
       gungen erhalten wir einen langsa-
       men und am Ende der Bewegung
       anhaltenden Bewegungsablauf. Die
       Kenntnis der Areale ohne evozier-
       bare Antwort ist für die Opera-

        Abbildung 1: Bipolare Stimulations-
        elektrode (Fa. Inomed)

                                                 Abbildung 4: Intraoperative Stimula-      Abbildung 5: Kettenelektrode (Array-
                                                 tion der Gehirnoberfläche                 Elektrode) auf Gehirn

        Abbildung 2: Isolierte Koagulations-
        pinzette in der Verwendung als Sti-
        mulationselektrode, Kettenelektrode
        (Array-Elektrode), sterile Zahlen und
        Buchstaben

  40   J. NEUROL. NEUROCHIR. PSYCHIATR. 3/2001
Elektrophysiologisches Neuromonitoring in der Neurochirurgie - www.kup.at/ JNeurolNeurochirPsychiatr
ELEKTRO-
                                                                                                               PHYSIOLO-
                                                                                                               GISCHES NEURO-
                                                                                                               MONITORING IN
                                                                                                               DER NEURO-
                                                                                                               CHIRURGIE
After discharge (epileptische Nach-      (array electrode). Hierdurch können          Phänomenologie, in ein vorbereitetes
entladung)                               falsch negative Antworten vermieden          Protokoll eingetragen. Anschließend
                                         werden [16, 19] (Abb. 5 bis 9).              erfolgt die genaue Dokumentation
Um etwaige stimulationsbedingte                                                       der anatomischen Situation mit
subklinische epileptogene Nach-          Dokumentation                                Zeichnung (sterile Vorlagen), Foto-
entladungen identifizieren zu kön-                                                    graphie, Videoprint, inklusive der
nen, verwenden wir eine kortikale        Alle positiven wie negativen Stimu-          numerierten Stimulationspunkte.
EEG-Ableitung (Kortikographie) mit-      lationsergebnisse werden detailliert,        Am Ende der Operation soll die Re-
tels einer 6-Kanal-Kettenelektrode       mit Angabe der Intensitäten und ex-          sektionslinie eingezeichnet werden,
                                         akter Beschreibung der evozierten            und Punkte, die reseziert, unterminiert
                                                                                      und diskonnektiert wurden, sollen
  Abbildung 6: Mittels Kettenelektrode
                                                                                      speziell gekennzeichnet werden. Der
  abgeleitetes kortikales EEG                                                         Patient befindet sich in Intubations-
  linke Bildhälfte: normale Aktivität      Abbildung. 7: Stimulationsartefakt im
                                           kortikalen EEG                             narkose ohne Relaxierung [5]. Eine
  (Einstellungen s. Kap. EEG); rech-                                                  Rückenlagerung mit einer standardi-
  te Bildhälfte: Stimulationsartefakt                                                 sierten Lagerung der Extremitäten ist
                                                                                      zu empfehlen. Bei einer seitlichen
                                                                                      Lagerung befinden sich die zu beob-
                                                                                      achtende Extremität und das Gesicht
                                                                                      auf der dem Untersucher abgewand-
                                                                                      ten Seite, zudem erschwert das Kör-
                                                                                      pergewicht des Patienten, im wahr-
                                                                                      sten Sinne des Wortes, die motori-
                                                                                      sche Antwort. Die sterile Abdeckung
                                                                                      soll so angelegt sein, daß der Chirurg
                                                                                      und das Monitoringteam ihre Arbeit
                                                                                      zur Zufriedenheit aller ausführen
                                                                                      können. Stimuliert wird mit obiger
                                                                                      Technik, beobachtet wird die kontra-
                                                                                      laterale motorische Antwort in Ge-
                                                                                      sicht, Extremitäten und Rumpf [4, 5,
                                                                                      21].

                                                                                      Indikation
 Abbildung 8:Epileptische Nachentla-      Abbildung 9: Normalisierung der Korti-
                                                                                      Raumfordende Prozesse in und um
 dung nach direkter elektrischer kor-     kographie                                   die sensomotorische Zentralregion
 tikaler Stimulation                                                                  und die sublementär-motorische
                                                                                      Region (Abb. 10 bis 12).

                                                                                      Sensomotorisches Monitoring

                                                                                      Der Patient wird in Lokalanästhesie
                                                                                      (siehe Sprachmonitoring) ohne Intu-
                                                                                      bation operiert. Stimuliert wird nach
                                                                                      obiger Technik, wobei im Vergleich
                                                                                      zum motorischen Monitoring gerin-
                                                                                      gere Stromstärken notwendig sind. In
                                                                                      der Regel reichen 7 bis 20 mA aus.
                                                                                      Der Patient selbst gibt zum einen das
                                                                                      Gebiet der sensiblen Stimulation an,
                                                                                      zum anderen können die motorisch
                                                                                      evozierten Phänomene beobachtet
                                                                                      werden. Somit können Ausfälle im
                                                                                      Bereich der Sensibilität, z. B. des
                                                                                      Mundes, des Rachens, der Handflä-

                                                                                   J. NEUROL. NEUROCHIR. PSYCHIATR. 3/2001      41
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  MONITORING IN
    DER NEURO-
     CHIRURGIE
       che und der Fußsohle etc., und der      Professor Reulen [30] führte diese      quantitativem und qualitativem Aus-
       Motorik reduziert oder gar vermie-      Methode in die neurochirurgische        maß – mit Wortfindungsstörungen
       den werden [4].                         Tumorchirurgie der sprachdominan-       einher. Bei einer solchen Aufgabe
                                               ten Hemisphäre [31, 32] im deutsch-     ist also zu vermuten, daß es wäh-
       Indikation                              sprachigen Raum ein, um postopera-      rend der Sprachstimulation in allen
                                               tive Störungen zu vermeiden. Unsere     sprachrelevanten Arealen, d. h. so-
       Raumforderungen in und dorsal der       [12, 19, 26, 33, 34] sowie die Er-      wohl im Wernicke- (1874) [36] wie
       sensomotorischen Zentralregion.         gebnisse der Gruppe um Ojemann          im Broca-Sprachgebiet (1861) [35],
                                               zeigen, daß die kortikalen Sprach-      Sprachstörungen auftreten [43]. Bei
       Sprachmonitoring                        und Sprechareale nur kleine Gebiete     anderen Aufgaben, z. B. beim Rei-
                                               von ungefähr 1 bis 2 cm2 umfassen       hensprechen (Zahlen, Wochentage),
       Eine direkte kortikale elektrische      und zudem eine sehr große inter-        wäre dies nicht zu erwarten, da es
       Reizung sensorischer oder motori-       individuelle Variabilität aufweisen.    sowohl bei Wernicke- und Broca-
       scher Kortexareale kann an der          Die herkömmliche Lokalisation           Aphasikern intakt sein kann [39, 40,
       kontralateralen Körperhälfte Kribbel-   sprachlicher Funktionen kann nicht      42, 44–47]. Insgesamt wurden 50
       parästhesien oder Kontraktionen         mehr so eng begrenzt wie bisher         konkrete Objektabbildungen zusam-
       bestimmter Muskelgruppen auslösen       gesehen werden, sondern erfährt         mengestellt, die mit ein- und zweisil-
       [17, 18]. Eine Stimulation außerhalb    eine Erweiterung auf den gesamten       bigen Wörtern eindeutig benannt
       dieser Areale bleibt ohne sicht- oder   Temporallappen und dessen dorsal        werden konnten. Jedes Objekt wird
       spürbaren Effekt. Penfield und Ro-      und parietal angrenzende Strukturen     mit dem Satz: „Dies ist ein(e) ... “
       berts (1959) [15] ließen Patienten      [35–38]. Im Bereich des Frontal-        angeboten. Der Patient hat jeweils
       bestimmte kognitive Aufgaben aus-       hirnes finden sich sprachliche Funk-    den ganzen Satz zu sprechen und das
       führen und stimulierten gleichzeitig    tion in allen drei Windungen bis an     Objekt zu benennen [48] (Abb. 13).
       das exponierte Hirnareal [11]. Bei      die Zentralregion reichend [19, 33,
       Stimulation eines Kortexareals, das     39–41]. Die von Broca und Wer-          Präoperativ wird mit dem Patienten
       gerade durch eine spezifische Aufga-    nicke beschriebenen Areale finden       das Benennen der Objektabbildun-
       be aktiviert ist, kommt es zu einer     sich hierin wieder, sind aber von der   gen so lange geübt, bis in mehreren
       charakteristischen Störung oder gar     Ausdehnung her weit variabler als       Durchgängen keine Benennungs-
       zum Ausfall dieser kognitiven Funkti-   angenommen und zudem nicht die          fehler, d. h. Wortfindungsschwierig-
       on [12, 13, 22–29]. Kommt es durch      einzigen Zentren sprachlicher Funk-     keiten, mehr auftreten. Für die intra-
       die elektrische Stimulation zu keiner   tionen [12, 19]. Eine hohe Dichte von   operative Sprach-/Sprechstimulation
       epileptischen Nachentladung, so         Sprachpunkten findet sich ebenfalls     wird nur solches Bildmaterial ver-
       ist die evozierte Funktionsstörung      im Gyrus frontalis superior und des-    wendet, welches präoperativ zu
       sofort nach Beendigung der Reizung      sen angrenzenden Strukturen. Für die    100 % benannt werden kann. Da-
       erloschen [19]. Diese Stimulations-     intraoperative Sprachstimulation hat    durch kann ausgeschlossen werden,
       technik, Mapping der Sprach-/Sprech-    sich eine Wortfindungsaufgabe (Be-      daß mögliche präoperativ bestehen-
       funktion, wurde zur Schonung dieser     nennen von Objektabbildungen) als       de Wortfindungsstörungen während
       Funktionen bei epilepsiechirurgi-       günstig erwiesen [12]. Nach Benson      der intraoperativen Sprachprüfung zu
       schen Eingriffen von Penfield [10,      [42] gehen alle Aphasiesyndrome –       falschen Schlußfolgerungen führen
       15] und Ojemann [12] verwendet.         wenn auch in unterschiedlichem          könnten. Die Patienten werden dar-

        Abbildung 10 bis 12: Lagerung und sterile Abdeckung bei einer Wachoperation

         Abbildung 10                            Abbildung 11                          Abbildung 12

  42   J. NEUROL. NEUROCHIR. PSYCHIATR. 3/2001
Elektrophysiologisches Neuromonitoring in der Neurochirurgie - www.kup.at/ JNeurolNeurochirPsychiatr
ELEKTRO-
                                                                                                             PHYSIOLO-
                                                                                                             GISCHES NEURO-
                                                                                                             MONITORING IN
                                                                                                             DER NEURO-
                                                                                                             CHIRURGIE
über hinaus sorgfältig über den Ab-       Stimulationstechnik                        Rechteckimpuls, 0,2 msek. Dauer,
lauf der Operation in Lokalanästhe-                                                  Intensitäten zwischen 5 und 20 mA.
sie aufgeklärt und auf die intraopera-    Der zeitliche Ablauf der intraopera-       Die Stimulationspunkte werden mit
tive Sprachprüfung vorbereitet.           tiven Sprach-/Sprechstimulation ist in     sterilen Zahlen gekennzeichnet. Eine
                                          Abb. 13 dargestellt. Vor Beginn der        positive Antwort wird mindestens
Lagerung                                  Stimulation wird zum Ausschluß             zweimal überprüft.
                                          unspezifischer Wortfindungsstörun-
Die Patienten werden in bequemer          gen, z. B. bedingt durch Lagerung          Dokumentation: siehe Motorkortex
Rückenlage mit nach rechts gedreh-        und Sedierung, die korrekte Benen-
tem, nicht fixiertem Kopf in einem        nung von Objektabbildungen über-           Typische sprachliche Störungen
gepolsterten Halbkörper gelagert.         prüft. Dann erfolgt die kortikale Sti-
                                          mulation über vier Sekunden Dauer,         Die intraoperativ möglichen Sprach-/
Lokalanästhesie und Kraniotomie           und gleichzeitig wird die Objektab-        Sprechstörungen sind nachfolgend
                                          bildung mit dem Trägersatz: „Dies          zusammengestellt. Als Aphasic Arrest
Nach Kopfteilrasur wird der Haut-         ist ein ...“ dargeboten. Der Patient       wird ein fehlerfreies Sprechen des
schnitt angezeichnet, desinfiziert        hat innerhalb dieser vier Sekunden         Trägersatzes mit fehlendem Benen-
und eine Lokalanästhesie mit              den Trägersatz mit dem richtigen           nen der Objektabbildung bezeichnet
0,25%igem Carbostesin mit POR 8           Objektnamen auszusprechen. Epi-            [12, 13]. Eine Aphasic Disturbance
gesetzt. Anschließend erfolgen die        leptische Nachentladungen oder             oder synonym Aphasic Misnaming
sterile Abdeckung, die Anlage des         andere subklinische Störungen wer-         bedeutet bei fehlerfreiem Trägersatz
Hautschnittes, Kraniotomie und            den nach jeder Stimulation elektro-        eine fehlerhafte Objektbenennung.
Dura-Eröffnung in typischer Weise.        physiologisch mittels 6-Kanal-korti-       Sowohl semantische als auch phone-
Während dieser Phase werden die           kaler-EEG-Ableitung (after discharge)      matische Paraphasien sind zu beob-
Patienten mit Rapiphen und Propo-         und klinisch durch einen sogenann-         achten. Ein Beispiel für eine semanti-
fol analgosediert. Vor Eröffnung          ten Leerdurchgang, einer erneuten          sche Paraphasie (Verwendung eines
der Dura wird auf diese eine mit          Benennensaufgabe ohne Stimulation,         bedeutungsverwandten Wortes) wäre
Carbostesin getränkte Hirnwatte           überprüft. Die Stimulation erfolgt         Säge statt Schere. Ein Beispiel für
aufgelegt.                                bipolar, 50 Stimuli pro Sekunde,           eine phonematische Paraphasie
                                                                                     (Lautentstellung) wäre Schelle statt
                                                                                     Schere. Aphasic Arrest und Aphasic
                                                                                     Disturbance bezeichnen also Störun-
  Abbildung 13: Schematische Darstellung „Zeitlicher Ablauf der intraoperativen      gen des Benennens und damit die
  Sprachstimulation“, von Mag. Dr. J. Ilmberger, Leitender Neuropsychologe           Störung einer sprachlichen Funktion.
  am Klinikum Großhadern, Klinik für Physikalische Medizin, LMU-München              Der Vorgang des Benennens besteht
                                                                                     sicher aus mehreren Komponenten:
                                                                                     Objektwahrnehmung, Objekterken-
                                                                                     nung, Abruf des Namens aus einem
                                                                                     Speicher und lautsprachliche Namens-
                                                                                     produktion. Welcher der einzelnen
                                                                                     Stufen in diesem Prozeß durch die
                                                                                     Stimulation gestört wird, ist bisher
                                                                                     unklar. Eine unverständliche oder
                                                                                     dysarthrische Störung der Äußerung
                                                                                     des gesamten Trägersatzes mit Objekt-
                                                                                     namen wird als Speech Disturbance
                                                                                     bezeichnet. Kommt es zu überhaupt
                                                                                     keiner Äußerung, so wird dies als
                                                                                     Speech Arrest klassifiziert. Speech
                                                                                     Arrest und Speech Disturbance kön-
                                                                                     nen auf einer Blockierung der Arti-
                                                                                     kulationsorgane (Mund, Zunge, Lip-
                                                                                     pen etc.) oder durch eine Störung der
                                                                                     räumlichen/zeitlichen Koordination
                                                                                     dieser Organe beruhen. Ersteres läßt
                                                                                     sich prüfen, indem man den Patien-
                                                                                     ten auffordert, während der Stimula-

                                                                                  J. NEUROL. NEUROCHIR. PSYCHIATR. 3/2001     43
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     PHYSIOLO-
GISCHES NEURO-
  MONITORING IN
    DER NEURO-
     CHIRURGIE
       tion an gleicher Stelle den Mund und      anderer negativ geladen ist. Eine         vom Innenohr bis zum unteren Mit-
       die Zunge zu bewegen. Es kann             genaue Kenntnis der Lage der Dipole       telhirn. Diese sogenannten frühen
       dann zu einer Blockierung dieser          ist unabdingbar, denn eine Position       akustisch evozierten Potentiale (im
       willkürlichen Bewegung kommen.            der ableitenden Elektroden über den       amerikanischen Sprachgebrauch als
       Punkte, an denen Aphasic Arrest oder      Plus- und den Minus-Anteil des            BAEP bezeichneten Potentiale) ha-
       eine Aphasic Disturbance gefunden         Dipoles ermöglicht die Ableitung          ben eine niedrige Amplitude (< 1 µV)
       werden, werden als Sprachpunkte           eines maximal möglichen Potentia-         und eine kurze Latenz. Wegen der
       bezeichnet, Punkte mit Speech Arrest      les, eine Ableitung im Arrangement        kleinen Amplitude soll so hoch wie
       oder Speech Disturbance als Sprech-       180° zu + und – ergibt ein sehr fla-      möglich verstärkt werden. Die Laut-
       punkte.                                   ches Potential bis hin zur 0-Linie        stärke, mit der der Reiz appliziert
                                                 (ausgeglichenes Spannungsverhältnis       wird, beeinflußt die Amplitude und
       Indikation                                zwischen + und –). Eine genaue Ana-       die Latenz. In der routinemäßigen
                                                 lyse dieser Reizantworten wurde erst      Untersuchung im elektrophysiolo-
       Niedermaligne Tumoren in der              nach Einführung elektronischer Mit-       gischen Labor werden aus diesem
       sprachdomianten Hemisphäre, tem-          telungsverfahren möglich, wo evo-         Grund Klicks bis zu 110 dB verab-
       poral, frontal, temporo-parietal,         zierte Potentiale aufsummiert, reiz-      reicht. Während neurochirurgischer
       temporo-okzipital, präzentral.            unabhängige Potentialschwankun-           Operationen, die mehrere Stunden
                                                 gen, wie das Grund-EEG und Störun-        andauern, würde diese Applikations-
       Evozierte Potentiale                      gen aus anderen Quellen (z. B. Mus-       form zu einem Lärmtrauma führen.
                                                 kulatur), eliminiert wurden. Die so-      Aus diesem Grund verwenden wir
       Alle einem modalitätsspezifischen         genannten „Evozierte-Potential-Ma-        standardisiert 95 dB, welche einem
       Reiz bzw. einer elektrischen Stimula-     schinen“ der neuen Generation erfül-      mittelmäßigen Lärmaufkommen
       tion sensibler Afferenzen folgenden       len bestimmte Funktionen. Zum ei-         entsprechen und deutlich unter der
       Reizantworten, werden evozierte           nen verstärken sie die sehr niedrigen     Belastung eines Rockkonzertes lie-
       Potentiale (EP) genannt [49]. Dabei       Potentiale eines Nerven. Es handelt       gen. Als Faktor muß die zeitliche
       ist in allen klinisch untersuchten        sich um sogenannte Differentialver-       Applikation des Reizes gesehen wer-
       Sinnessystemen – dem akustischen,         stärker, denn sie verstärken den Po-      den. Verwendet wird eine Reiz-
       dem visuellen, dem somatosensiblen        tentialunterschied zweier Elektroden.     anbietung über Gummiröhren, wel-
       und dem olfaktorischen System – die       Der Noise (Lärm, das Rauschen) wird       che am Ende (im Ohr) über ein sich
       wichtigste Meßgröße die Latenz der        herausgefiltert. Das elektrische Po-      dilatierendes Schwämmchen im Ohr
       Reizantwort [49]. Es wird also in         tential wird in eine computerver-         fixiert werden. Gegenüber einer nor-
       erster Linie die Geschwindigkeit          ständliche Form übersetzt – Analog-       malen Kopfhörerapplikation tritt bei
       untersucht, mit der die Impulse im        auf Digitalumwandlung. Mathemati-         der Schlauchreizdarbietung eine
       jeweiligen Sinnessystem geleitet wer-     sche Funktionen werden über die           akustische Verzögerung auf, welche
       den. Weitere Meßparameter sind die        Potentiale gelegt – Mittelungsverfah-     in dem von uns verwendeten System
       Amplitude und die Form der Reiz-          ren. Die Untersuchungsschritte und        eine Millisekunde beträgt. Die Reiz-
       antwort, die u. a. abhängen von der       die Untersuchungsergebnisse werden        darbietung erfolgt in Form eines
       Anzahl der funktionsfähigen Neuro-        für uns verständlich auf einem Bild-      Breitband-Klicks. Die Stimulations-
       ne und dem Grad an Synchronizität,        schirm oder Druckbild dargeboten.         frequenz ist so hoch gewählt, daß
       mit dem die Impulse in den verschie-      Das sogenannte Mittelungsverfahren        der Einzelimpuls noch realisiert
       denen Nervenfasern einer sensori-         ist das Ereignis, welches die kortikale   und die Untersuchung in einer
       schen Bahn übertragen werden. Mes-        Aktivität (EEG) zu evozierten Poten-      dem Operationstempo angemesse-
       sungen der EPs stellen somit eine         tialen macht. Das Averaging (Mit-         nen Zeit durchgeführt werden kann
       Funktionsprüfung der jeweiligen           teln) verbessert das Verhältnis zwi-      (21,5 Klicks/Sekunde). Eine Störung
       sensorischen Leitungsbahnen dar           schen Signal und Rauschen (Noise)         der Untersuchungen kann durch
       und erlauben Rückschlüsse auf deren       [1].                                      übermäßiges Ohrenschmalz, Wasser
       Funktionstüchtigkeit [49]. Bei Akti-                                                oder Flüssigkeit im äußeren Gehör-
       vierung eines Gehirnareals kommt es       Akustisch evozierte Potentiale            gang (Z. n. Duschen vor der OP),
       zu einem Ionenfluß durch die Zell-                                                  Kollaps des äußeren Gehörgangs etc.
       membranen in der Weise, daß ein           Unter diesem Begriff versteht man         bedingt sein. Der Ursprung der Po-
       Teil des Kortex positiv geladen ist       eine Vielzahl unterschiedlicher Phä-      tentiale findet sich in der Kochlea,
       und ein anderer negativ. Allgemein        nomene, die mit Elektroden vom            wo die Axone des 8. Hirnnerven
       wird eine solche Erscheinungsform         äußeren Gehörgang und von der             entspringen und sich vom Spiral-
       in der Elektrophysiologie als Dipol       Kopfhaut bei Beschallung eines oder       ganglion in Richtung des Hirn-
       bezeichnet. Ein Dipol ist ein kortika-    beider Ohren abgeleitet werden kön-       stammes erstrecken. Die ersten
       les Areal, an dem ein Teil positiv, ein   nen. Wir untersuchen Strukturen           Synapsen befinden sich im Nucleus

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ELEKTRO-
                                                                                                                   PHYSIOLO-
                                                                                                                   GISCHES NEURO-
                                                                                                                   MONITORING IN
                                                                                                                   DER NEURO-
                                                                                                                   CHIRURGIE
cochlearis, von dem aus die Neuro-          höheren Strukturen aufgezeichnet              Veränderungen im Bereich der Po-
ne zweiter Ordnung kreuzen und auf          werden können, erstreckt sich die             tentiale können somit anatomischen
der Gegenseite über den Lemniscus           Hörbahn über das Corpus genicula-             Strukturen und chirurgischen Schritten
lateralis zum inferioren Colliculus         tum mediale des Thalamus auf die              zugeordnet werden. Der intraopera-
der Vierhügelplatte ziehen. Obwohl          sogenannten kortikalen Repräsenta-            tive Einsatz dieser Methode hat eine
in der Regel keine Potentiale von           tionsareale [1] (Tab. 1).                     Gehörerhaltung bei Patienten zum
                                                                                          direkten Ziel. Indirekt kann mit den
                                                                                          frühen akustischen Potentialen eine
                                                                                          schonende Chirurgie unterstützt wer-
 Tabelle 1: Potential und Ursprung                                                        den. Ein zu intensiver Retraktorein-
                                                                                          satz für einen Kleinhirnbrücken-
 Welle    I    8. Hirnnerv und Kochlea, ipsilateral
 Welle    II 8. Hirnnerv, in Hirnstammnähe, ipsilateral                                   winkelzugang würde eine Latenz-
 Welle    III Nucleus cochlearis, ipsilateral                                             zunahme der Wellen III und V bewir-
 Welle    IV Lemniscus lateralis/Colliculus inferior, kontralateral                       ken, welche durch Lockerung des
 Welle    V Lemniscus lateralis/Colliculus inferior, kontralateral                        Spatels reversibel ist. Dies läßt einen
 (Welle   VI und VII entstehen im Thalamus bzw. in der Radiatio acustica)                 „unerklärlichen Hörverlust“ oder
                                                                                          andere postoperative Störungen un-
                                                                                          serer Patienten vermeiden. Wir ver-
                                                                                          wenden eine beidseitige Anwendung
 Abbildung 14: Monitoringsituation bei einer Kleinhirnbrückenwinkeltumor-                 der AEPs, da eine Veränderung der
 operation: Zeile 1–3 Artefakt; Zeile 7 und 8 AEP links und rechts mit im Hinter-         Potentiale auf beiden Seiten auf ein
 grund dargestellter Ausgangsuntersuchung (Baseline); rechte Bildhälfte:                  nicht unbedingt chirurgisches Ge-
 Darstellung im zeitlichen Verlauf der Latenzen der Welle I (oberste Zeile),              schehen hinweist. Am ehesten han-
 Welle III (zweite Zeile von oben), Welle V (vorletzte Zeile) und Amplitude               delt es sich um systemische oder
 Welle V–V‘, einer gehörerhaltenden Operation; die durchgezogene Linie                    vaskuläre Probleme des Hirnstam-
 stellt die operierte Seite dar: bei stabiler Welle I tritt eine retraktionsbedingte      mes. Chirurgisch verursacht müßte
 Zunahme der Latenz der Wellen III und V auf, welche sich nach Tumor-                     ein Kleinhirnretraktor unter so gro-
                                                                                          ßem Druck stehen, daß daraus eine
 entfernung wieder komplett zurückbildete; Säulendarstellung: gesunde Seite.              Verdrehung des Hirnstammes resul-
                                                                                          tieren würde, mit dementsprechen-
                                                                                          den Schäden am Patienten [50, 51]
                                                                                          (Abb. 14).

                                                                                          Somatosensible evozierte Potentiale

                                                                                          SEP-Messungen stellen eine objekti-
                                                                                          ve und mit gewissen Einschränkun-
                                                                                          gen quantitative Funktionsprüfung
                                                                                          des somatosensiblen Systems dar.
                                                                                          Der Weg, den die bewußte Proprio-
                                                                                          zeption nimmt, befindet sich in den
                                                                                          1A-Axonen. Diese erreichen das
                                                                                          Rückenmark über die Hinterwurzel
                                                                                          und aszendieren ipsilateral über die
                                                                                          dorsale Kolumne (Hinterstrang) zu
                                                                                          dessen Kernen in der Medulla oblon-
                                                                                          gata, wo die erste Umschaltung statt-
                                                                                          findet. Ein Teil der Axone aus der
                                                                                          unteren Extremität wird in der
                                                                                          Clarke’schen Säule im Rückenmark
                                                                                          umgeschaltet, weitere Umschaltun-
                                                                                          gen finden in anderen Hirnstamm-
                                                                                          kernen statt. Das zweite Neuron
                                                                                          verläßt die Hirnstammkerne, kreuzt
                                                                                          zur Gegenseite und aszendiert im
                                                                                          Hirnstamm zum Thalamus, in dem

                                                                                       J. NEUROL. NEUROCHIR. PSYCHIATR. 3/2001      45
ELEKTRO-
     PHYSIOLO-
GISCHES NEURO-
  MONITORING IN
    DER NEURO-
     CHIRURGIE
       die Umschaltung auf das dritte          sensible Bahnen in ihrem Verlauf zu            zu den Sulci querverlaufende Anord-
       Neuron erfolgt, welches durch die       bestimmen und während Operatio-                nung der Ableiteelektrode, denn nur
       Capsula interna zum somatosenso-        nen ihre Intaktheit zu überwachen              so kann ein hohes Potential erreicht
       rischen Kortex zieht. Potential und     [52–54].                                       werden (Abb. 15).
       Ursprung: Im Bereich der oberen
       Extremitäten können nach Stimula-       Phasenumkehr (Identifikation des               Monitoring motorischer Hirnnerven
       tion des N. medianus drei Antworten     Sulcus centralis)
       unterschieden werden (Normal-Per-                                                      Die Methodik des Monitorings moto-
       sonen). Das Potential N10 kann vom      Eine weitere Hilfestellung zur Identi-         rischer Hirnnerven wurde speziell für
       peripheren Neuron in der Kreuzung       fizierung der sensomotorischen                 die Chirurgie des Kleinhirnbrücken-
       des Plexus brachialis bei einer Elek-   Zentralregion stellt die Phasenum-             winkels entwickelt [55, 56]. Die
       trodenplazierung über dem Erb’schen     kehr dar. Der Sulcus centralis kann            operative Entfernung von Akustikus-
       Punkt registriert werden. Die erste     durch eine kortikale Ableitung von             neurinomen war mit einer hohen
       Synapse im Hirnstamm kann als           Medianus- oder Tibialis-SEPs identifi-         Inzidenz von kompletten und inkom-
       Potential P/N13 registriert werden.     ziert werden. Hierzu wird eine 6-              pletten Fazialisparesen verbunden.
       Von einigen Autoren wird der nega-      Kanal-Kettenelektrode direkt auf die           Die Identifizierung des N. facialis im
       tive Anteil des Potentials N20 im       vermeintliche Zentralregion aufge-             Operationsbereich wurde durch eine
       Thalamus lokalisiert, andere sehen es   legt, und über diese Elektrode wird            Stimulation der freigelegten Struktu-
       als Projektion im sensomotorischen      die kortikale Antwort nach Stimulati-          ren und eine gleichzeitige Beobach-
       Kortex an. In Unkenntnis des wahren     on des N. medianus oder N. tibialis            tung des Gesichtes des Patienten
       Ursprunges des N20/P25-Komplexes        abgeleitet. Bei Ableitung der Poten-           erreicht. Bei Stimulation des N.
       verzichten wir auf eine Differenzie-    tiale hinter dem Sulcus centralis tritt        facialis kam es zu rhythmischen Kon-
       rung zwischen Thalamus und Kortex       eine negative Auslenkung der korti-            traktionen der zur Operation gleich-
       und nehmen eine Lokalisation im         kalen Primärantwort auf, in typischer          seitigen Gesichtshälfte. Diese Metho-
       sensomotorischen Kortex an. Die         Latenz zum Stimulationsort. Bei Ab-            de war sehr ungenau, weil häufig zu
       Stimulation der unteren Extremität      leitung vor dem Sulcus centralis               hohe Intensitäten benutzt wurden,
       erfolgt über den N. tibialis hinter     kommt es zu einer positiven Aus-               resultierend in einem zu großen
       dem Malleolus medialis. Potentiale      lenkung der kortikalen Primärant-              Stimulationsareal, wodurch häufig
       können in der Fossa poplitea, über      wort. Im kortikalen Bereich zwischen           eine exakte Lokalisation des N. facia-
       der lumbalen Wirbelsäule, dem Nak-      den negativen und positiven Poten-             lis nicht möglich war. Delgado et al.
       ken und vom Kortex abgeleitet wer-      tialen (Phasenumkehr) befindet sich            [57] berichteten 1979 als erste
       den.                                    der Sulcus centralis. Wichtig ist die          Gruppe über die Verwendung von
                                                                                              elektromyographischen Potentialen
       Stimulations- und Aufnahmepara-                                                        aus der fazialisinnervierten Musku-
       meter                                     Abbildung 15: Kortikale Phasenumkehr         latur des Gesichtes durch Stimulation
                                                 Phasenumkehr des kortikalen sensiblen        des intrakraniellen Anteiles des
       SEPs werden in der Regel durch eine       Primärkomplexes (sensibles Fußareal          N. facialis zum Nachweis der funk-
                                                 „P40/N50“ zu „N40/P50“
       elektrische Stimulation eines ge-                                                      tionellen Intaktheit des Nerven bei
       mischten peripheren Nerven ausge-         Reizung: Linker N. Tibialis retromalleolär   Akustikusneurinomoperationen. An-
                                                     (25 mA, 4,7/s)
       löst. Die bipolare Stimulationselek-      Ableitung: Rechte Zentralregion mit 6er-     fänglich konnten die Potentiale nur
       trode wird fest über dem Nerven               Serie von Oberflächenelektroden          auf dem Oszillographen dargestellt
       plaziert und fixiert. Im Falle einer                                                   werden, was eine exakte Kommuni-
       geringen Qualität der Potentiale ist                                                   kation zwischen Monitoringassisten-
       es ratsam, die Stimulationsfrequenz                                                    ten und Chirurgen erforderte. Die
       zu verringern und die Dauer des                                                        zusätzliche akustische Transformati-
       Einzelimpulses zu verlängern. Die                                                      on des Signales [58] erwies sich als
       Filtereinstellung beträgt im unteren                                                   sehr hilfreich, da durch die Ände-
       Bereich 2–10 Hz und im oberen                                                          rung des Stimulationsgeräusches bei
       Bereich 1500 Hz. 500 bis 1000 Mit-                                                     Nervenkontakt (Einheit: Ableite-
       telungen pro Durchgang ergeben                                                         muskulatur – stimulierter Nerv) der
       gute Potentiale (günstiges Signal-                                                     Neurochirurg sofort über das Stimu-
       Rausch-Verhältnis). Intraoperativ                                                      lationsergebnis informiert war. Diese
       lassen sich über dem kontralateralen                                                   Entwicklung fand vor ca. 15 Jahren
       Skalp somatosensible Potentiale mit                                                    statt. Seit Møller & Jannetta 1983
       typischer Konfiguration und Latenz                                                     [55] und Prass & Lüders 1986 [58]
       ableiten. Hierdurch ist es möglich,                                                    wird die neurale Struktur monopolar

  46   J. NEUROL. NEUROCHIR. PSYCHIATR. 3/2001
ELEKTRO-
                                                                                                                PHYSIOLO-
                                                                                                                GISCHES NEURO-
                                                                                                                MONITORING IN
                                                                                                                DER NEURO-
                                                                                                                CHIRURGIE
oder bipolar stimuliert und mittels      zugende Filtereinstellung reicht von          sich die Minus-Elektrode auf der
Nadelelektroden aus der zugehöri-        2 Hz bis 1,5 kHz (wird als offene             rechten Seite und die Plus-Elektrode
gen Muskulatur abgeleitet [59–64].       Einstellung bezeichnet). Häufig fin-          auf der linken Seite. Somit kann auf-
Diese Technik wurde durch die Ein-       det ein 50 Hz-Notch-Filter Anwen-             grund der primären Potentialaus-
führung des multimodalen Moni-           dung, wodurch der unserem Strom-              lenkung eine Seitenzuordnung erfol-
torings auf alle motorische Hirn-        netz (50 Hz-Puls) eigene 50 Hz-Arte-          gen (z. B. Ableitung aus der Zunge
nerven (III–XII) erweitert [2, 65, 66]   fakt eliminiert werden kann (USA:             bei Stimulation der Rautengrube!).
und in die klinische Routine einge-      60 Hz). Dieser Notch-Filter birgt             Am Ende einer Operation kann eine
führt.                                   jedoch die Gefahr eines ihm eigenen           Funktionskontrolle der „monitierten“
                                         Artefakts, welches von einem geüb-            Nerven erfolgen, indem der gleiche
Neurographie zur Identifizierung der     ten Monitoringassistenten relativ             Nerv an unterschiedlichen Stellen
motorischen Hirnnerven bzw. Hirn-        leicht erkannt werden kann. Die zu            stimuliert wird und eine zeitliche
nervenkerne                              verwendende Verstärkung soll zwi-             Differenz der Potentiale nachgewie-
                                         schen 200 und 500 µVolt liegen.               sen werden kann. Nehmen wir als
Durch die direkte Stimulation expo-      Dies hängt von der Höhe der evo-              Beispiel eine Abschlußstimulation
nierter neuronaler Strukturen, z. B.     zierten Potentiale ab, d. h., die Kur-        des N. facialis nach Entfernung eines
Boden des vierten Ventrikels oder        ven sollen nicht über den Bildschirm          Akustikusneurinoms. Stimuliert man
von Hirnnerven selbst, können die        hinausreichen oder gar zu klein sein.         bei einem in der Kontinuität erhal-
unmittelbaren Strukturen [67, 68],       Das Zeitfenster, in dem eine Hirn-            tenen N. facialis diesen am Hirn-
Hirnnervenkerne, Faserverläufe oder      nervenneurographie analysiert wer-            stamm und am Porus acusticus
die Hirnnerven (motorische) selbst       den soll, beträgt 20 Millisekunden.           internus mit der niedrigstmöglichen
identifiziert und unterschieden werden   In der Regel ist der Analysebereich           Intensität (0,2 mA), so sollen unter-
[2, 69–78]. Wir verwenden eine bi-       aller motorischen Hirnnerven unter            schiedliche Zeiten bis zum Auftreten
polare Stimulationstechnik, welche       10 Millisekunden (Tab. 2).                    eines Potentiales resultieren. Die
uns ein umschriebenes Stimulations-                                                    kürzere Latenz des Potentiales ist am
areal gewährleistet. Stimulationsin-     Als Ableitesystem verwenden wir ein           Porus acusticus internus zu erwarten.
strumente sind zum einem bipolare        bipolares System mit einer negativen          Treten bei beiden Stimulationen glei-
Koagulationspinzetten der Fa.            (–) Elektrode und einer positiven (+)         che Latenzen auf, so liegt eine Stö-
Codmann oder Fa. Fischer, zum an-        Elektrode. Hierdurch wird das ge-             rung im Bereich der Stimulation vor,
deren sehr feine, koaxiale Stimula-      samte Areal zwischen beiden Elek-             z. B. elektrischer Kurzschluß über
tionssonden der Fa. Inomed, wel-         troden registriert. Die Anordnung der         ein Schwimmen des Nerven im Li-
chen im Bereich des Kleinhirnbrük-       Elektroden erfolgt nach einem ge-             quor cerebrospinalis. Die Untersu-
kenwinkels und des Hirnstammes –         nauen Schema. Werden die Minus-               chung ist somit nicht gültig. Kommt
wegen ihrer Handlichkeit – der Vor-      und Plus-Elektrode untereinander              es in einem anderen Fall nur zu ei-
zug gilt. Als Parameter verwenden        angeordnet, so ist die obere Elektro-         ner Stimulierbarkeit des Nerven an
wir für die Stimulation einen Recht-     de die Minus-Elektrode und die unte-          seinem distalen Anteil (Porus
eckimpuls von 0,2 Millisekunden          re Elektrode die Plus-Elektrode. Bei          acusticus internus) und nicht am
Dauer und eine Stimulationsfrequenz      einer Anordnung auf gleicher Höhe,            proximalem Anteil, so handelt es
von 4,6 pro Sekunde; die Intensität      Rechts-links-Anordnung, befindet              sich am ehesten um eine elektro-
reicht von 0,1 bis 5 Milliampere,
wobei in der Regel 3 mA nicht über-
schritten werden. Eigene Untersu-         Tabelle 2: Ableiteschema der motorischen Hirnnerven III bis XII
chungen zeigen, daß jeder motori-                  Untersuchter Nerv/Kern                     Ableitemuskel
scher Hirnnerv direkt mit einer Inten-
sität von 0,2 mA stimuliert werden                 N.   oculomotorius                         M. obliquus inferior
kann. Eine Stimulationsintensität von              N.   trochlearis                           M. obliquus superior
0,1 bis 0,3 mA zeigt einen direkten,               N.   trigeminus                            M. masseter
unmittelbaren Kontakt mit der zu
                                                   N.   abducens                              M. rectus lateralis
untersuchenden neuralen Struktur
an. Ebenso wichtig wie die Wahl der                N.   facialis                              M. orbicularis oculi
                                                                                              M. orbicularis oris
geeigneten Stimulationsparameter ist
die Wahl der Analyseparameter. Bei                 N.   glossopharyngeus                      M. stylopharyngeus
falscher Wahl des Analysespektrums                 N.   vagus (N. recurrens vagi)             M. vocalis
kann es gerade zu einer Elimination                N.   accessorius                           M. trapezius
der Potentialanteile kommen, die                   N.   hypoglossus                           M. lingualis
man untersuchen will! Die zu bevor-

                                                                                    J. NEUROL. NEUROCHIR. PSYCHIATR. 3/2001    47
ELEKTRO-
     PHYSIOLO-
GISCHES NEURO-
  MONITORING IN
    DER NEURO-
     CHIRURGIE
       physiologische Kontinuitätsunter-       nur ein paar Veränderungen erfah-         mit der Nomenklatur eines EMG-
       brechung (bei erhaltenem Nerven).       ren. Die Registrierung der elektri-       Labors extraoperativ, nicht ausrei-
       Ein postoperativer Ausfall der Funk-    schen Aktivität erfolgt kontinuierlich    chend beschrieben werden konnten,
       tion kann erwartet werden (Abb. 16      und freilaufend ohne Stimulation          entwickelte sich im täglichen
       bis 18).                                und Triggerung. Da die Potentiale im      Monitoring-Einsatz ein eigenes IOM-
                                               Vergleich zur Stimulation wesentlich      Vokabular. Nicht einem Bestreben
       Kontinuierliche EMG-Ableitung zur       kleiner sind, wird eine höhere Ver-       nach Abgrenzung zur Neurologie
       Verlaufskontrolle                       stärkung der ankommenden Signale          folgend, sondern eine exakte und
                                               notwendig, d. h., sinnvoll ist eine       lange Beschreibungen vermeidende
       Zur intraoperativen elektrophysio-      Verstärkung von 50 bis 200 µVolt.         (Ablenkung und Störung des Chirur-
       logischen Verlaufskontrolle hat sich    Die Analysezeit muß ebenfalls ver-        gen!) Information des Chirurgen-
       eine freilaufende Registrierung spon-   ändert werden, da jetzt nicht die         teams war unser Ziel. Generell unter-
       taner EMG-Antwort aus der Ableite-      Latenz und Potentialform der ankom-       scheiden wir zwei Hauptformen von
       muskulatur als äußerst hilfreich er-    menden Signale von Interesse sind,        EMG-Potentialen, auf deren Unter-
       wiesen [2, 56, 69]. Chirurgische Ma-    sondern die Höhe und Dichte, das          formen wir uns hier zu verzichten
       nipulationen an motorischen Nerven      Interferenzmuster und der zeitliche       erlauben. Als Kontaktaktivität (KA)
       oder gar Verletzungen von motori-       Verlauf von Aktivitäten Ziel der Be-      bezeichnen wir eine elektrische Akti-
       schen Nerven können bei korrekter       trachtung sind. Optimal ist eine          vität, die zeitgleich mit einer chirur-
       Ableitung aus der zum Nerv gehöri-      Gesamtanalysezeit von 100 Milli-          gischen Aktivität (Manipulation) auf-
       gen Muskulatur registriert, auf dem     sekunden pro Bildschirmdurchlauf.         tritt und nach Beendigung dieser
       Bildschirm sichtbar gemacht und         Mit dieser Einstellung und zusätzli-      sofort sistiert. Eine pathologische
       über einen Lautsprecher für alle im     cher akustischer Transformation der       Aktivität (PA) oder pathologische
       Operationssaal Anwesenden hörbar        Aktivität (Lautsprecher) ist ein konti-   Spontanaktivität (PSA) ist eine elek-
       gemacht werden. Dieses Verfahren        nuierliches Monitoring aller motori-      trische Aktivität, die zeitlich über
       ist absolut zeitgleich zum operativen   schen Nerven, egal ob Hirnnerven          eine chirurgische Manipulation hin-
       Geschehen und kann somit unmittel-      oder periphere Nerven, möglich.           ausreicht (teilweise bis zum Ende der
       bar die Chirurgie unterstützen. Hier-   Aufgrund der beobachteten elektro-        Operation) und im Gegensatz zur
       zu muß das Setup der Neurographie       physiologischen Phänomene, welche         Kontaktaktivität eine Schädigung

        Abbildung 16:Suche des N. facialis       Abbildung 17: Differenzierung ver-        Abbildung 18:  Perkutane periphere
        während der Operation eines Aku-         schiedener Fazialisfaszikel wäh-          elektrische Stimulation des N.
        stikusneurinoms. Elektrische Rei-        rend der Operation eines Akusti-          facialis mit pathologischer Antwort
        zung im Kleinhirnbrückenwinkel,          kusneurinoms. Elektrische Reizung         vor (a) und nach suffizienter (b) De-
        Ableitung vom M. orbicularis oris        des N. facialis im Kleinhirnbrük-         kompression des N. facialis bei
                                                 kenwinkel, Ableitung von den Mm.          hemifazialem Spasmus. „Lateral
                                                 orbicularis oculi oris                    Spread“-Antwort als pathologische
                                                                                           Überleitung. Elektrische Reizung
                                                                                           des N. facialis am Mandibularand,
                                                                                           Ableitung von den Mm. orbicularis
                                                                                           oculi und orbicularis oris

  48   J. NEUROL. NEUROCHIR. PSYCHIATR. 3/2001
ELEKTRO-
                                                                                                                 PHYSIOLO-
                                                                                                                 GISCHES NEURO-
                                                                                                                 MONITORING IN
                                                                                                                 DER NEURO-
                                                                                                                 CHIRURGIE
neuraler Strukturen anzeigt. Ein Zu-     Indikatoren für postoperatives Defizit       reren Kanälen oder gar in allen Ab-
sammenhang zwischen der zeitli-                                                       leitungen deuten auf das Vorliegen
chen Dauer der PSA und dem Grad          Lang anhaltende (OP-Ende?), hoch-            von Artefakten hin. Diese sind sehr
des postoperativen Ausfalles/der         frequente und hochamplitudige Akti-          häufig durch Metall-auf-Metall-Kon-
Schädigung ist sicherlich gegeben,       vitäten im kontinuierlichen Monito-          takt, z. B. Sauger an Spatel oder Dis-
aber bis jetzt nicht quantifizierbar.    ring sprechen dafür, daß Nervenfasern        sektor an Sauger, bedingt. Moller [1]
Eine weitergehende Spezifizierung in     zugrundegehen. Zerstörte Nerven-             konnte einen linearen Zusammen-
hochfrequent/niederfrequent und          fasern sind silent, zeigen keine Akti-       hang zwischen der Höhe eines Po-
hochamplitudig/niederamplitudig ist      vität mehr. Der distale Anteil eines         tentials und eines funktionellen
möglich. Über den Aussagewert die-       Nerven kann intraoperativ noch sti-          Faserverlusts aufzeigen. Hierzu soll
ser Deskriptionen kann sicherlich        muliert werden. Dies kann eine In-           zu Beginn einer Operation, nach
äußerst divergent diskutiert werden,     taktheit des Systems Nerv–Synapse–           Exponierung eines Nerven, dieser
denn im Sinne der Dipol-Quellen-         Muskel vortäuschen. Aus diesem               supramaximal stimuliert und das
analyse handelt es sich um ein soge-     Grund soll intraoperativ immer pro-          erhaltene Potential gespeichert
nanntes Oberflächen-EMG, welches         ximal und distal einer Läsion stimu-         oder ausgedruckt werden. Eine
aus einer Summe von Dipolen be-          liert werden. Hierbei muß die proxi-         supramaximale Stimulation bedeutet,
steht. Diese könnten theoretisch der-    male Reizung eine höhere Latenz              daß keine weitere Erhöhung der
gestalt gegeneinander gerichtet sein,    aufweisen als die distale Stimulation.       Stimulationsintensität eine Vergröße-
daß die Summe aller Ereignisse (Di-      Falls beide Stimulationsorte nahezu          rung des erhaltenen Potentials be-
pole) eine Nullinie ergäbe, mit dem      idente Latenzen aufweisen, handelt           wirkt. Während der Operation kann
Ergebnis eines postoperativen Funk-      es sich um eine Fortleitung des Stro-        man den exponierten Nerv mit glei-
tionsverlustes ohne intraoperatives      mes über den Liquor cerebrospinalis,         cher Intensität an gleicher Stelle sti-
Korrelat! Also Vorsicht mit voreiligen   welcher einen wesentlich geringeren          mulieren. Der Grad an Verringerung
Interpretationen! Beschreibungen         Widerstand als neurales Gewebe               der Amplitude des erhaltenen Poten-
wie „Singen“, „Brummen“ oder gar         aufweist. Die pathologische Aktivität        tials entspricht in Prozent dem funk-
„Grunzen eines Nerven X/Y“ (Über-        zugrundegehender Nerven, ist auf             tionellen Faserverlust (Abb. 21).
steuerung des Lautsprechers) haben       einen oder einzelne Kanäle begrenzt
ebensowenig im Operationssaal ver-       und steht mit chirurgischen Manipu-
loren wie z. B. „gleißender Laser-       lationen im Zusammenhang. Eine                 Abbildung 21: Elektrophysiologische
strahl“ oder „schmatzende Sauger“        langsam zunehmende, in mehreren                Dokumentation der Entstehung einer
(Abb. 19 und 20).                        Kanälen auftretende Aktivität spricht          Zungenlähmung durch eine Hirn-
                                         für ein Aufwachen des Patienten.
                                         Kurze synchrone Aktivitäten in meh-
                                                                                        stammtumoroperation
                                                                                        EMG-Ableitungen aus M. lingualis rechts
                                                                                        und links
 Abbildung 19: Unterschiedliche EMG-       Abbildung 20: Freilaufende EMG-Akti-
 Aktivitäten nach chirurgischer Ma-        vität bei hemifazialem Spasmus a)
 nipulation an einem motorischen           vor – b) während – c) nach suffizien-
 Hirnnerven                                ter Dekonpression des N. facialis
 Oben: spikes; Mitte und unten: bursts

                                                                                   J. NEUROL. NEUROCHIR. PSYCHIATR. 3/2001        49
ELEKTRO-
     PHYSIOLO-
GISCHES NEURO-
  MONITORING IN
    DER NEURO-
     CHIRURGIE
       Spinales Monitoring                      denn nur zu häufig sind die Cauda         tionalem 10-20-System (Abb. 22)
                                                equina, das Filum terminale und das       [91]. Präoperativ muß ein extra-
       Erst spät in den 80er Jahren rückte      Rückenmark durch Tumorgewebe              operativer Nachweis erbracht wer-
       das spinale Monitoring in das erneu-     und narbige Veränderungen verla-          den, daß Tibialis-SEPs ableitbar sind
       te Interesse der klinischen Neuro-       gert. Das Operationsmikroskop stellt      sowie eine Beurteilung über Latenz,
       physiologen, nachdem sich heraus-        gewiß eine große Hilfe bei der Prä-       Amplitude, Stimulationsintensität,
       gestellt hatte, daß ein spinales SEP-    paration dar, kann jedoch auch bei        Reproduzierbarkeit vorliegt. Ein
       Monitoring ein dürftiges Instrument      genauester Kenntnis der Anatomie          Probieren im Operationssaal ist
       zur intraoperativen Überwachung          keine Detailinformation über die          obsolet (Tab. 3 und 4).
       der funktionellen Integrität des Rük-    Funktionalität erbringen. Aus diesem
       kenmarks und der Cauda equina            Grunde entwickelten wir, in Anleh-        Monitoring im Bereich des Rücken-
       darstellt. Diese Methode kann keine      nung an das IOM des Kleinhirn-            marks
       Auskunft über die funktionelle Intakt-   brückenwinkels, im Jahre 1991 ein
       heit des motorischen Systems geben       Setup, das die sensiblen Afferenzen       Prinzipiell unterscheidet sich das
       [53, 54]. Lesser et al. [79] beschrie-   der Hinterstränge sowie die motori-       Monitoring des Rückenmarks nicht
       ben 1986 Störungen und Ausfälle          schen Wurzeln L2 bis S4 umfaßte           vom Monitoring des Großhirns,
       motorischer Funktionen bei unauffäl-     und 1994 veröffentlicht wurde [81–        Kleinhirnbrückenwinkels und der
       ligem SEP-Monitoring nach neuro-         89]. Im Detail werden vier (optional      Cauda equina. In Abhängigkeit zur
       chirurgischen spinalen Eingriffen.       fünf) Kanäle Neurographie (Identifi-      Lokalisation der Pathologie und der
       Aus diesem Grund wurden essentiel-       kation) und freilaufendes EMG (kon-       chirurgischen Höhenlokalisation
       le Schritte in der spinalen Chirurgie    tinuierliches Monitoring) in Kombi-       wird das Setup des Kauda-Moni-
       beim wachen Patienten durchge-           nation mit Tibialis-SEP verwendet.        torings modifiziert [92]. Im Bereich
       führt. Hierzu wurde die Narkose          Die Stimulation erfolgt mittels einer     der HWS werden die Kennmuskeln
       temporär soweit reduziert, daß der       bipolaren Koagulationspinzette oder       zu den Wurzeln eine Etage über der
       Patient wach ist und bestimmte Auf-      einer konzentrischen bipolaren            Pathologie, auf Höhe der Pathologie
       gaben, wie „Bewegen Sie Ihr rechtes      Stimulationselektrode (Fa. Inomed).       und eine Etage unter der Pathologie
       Bein …, Beugen Sie das rechte            Die Ableitung motorischer Kauda-          abgeleitet. Das Monitoring der lan-
       Knie …, Wo ist die Berührungssen-        wurzeln erfolgt in der Muskulatur der     gen Bahnen des pyramidal- und
       sibilität reduziert? …“ ausführen und    unteren Extremität (siehe unten), und     extrapyramidal-motorischen Systems
       beantworten kann. Anschließend           sensible Kaudawurzeln können über         umfaßt Ableitungen aus den Mm.
       wird der Patient wieder in Narkose       die kortikalen Ableiteelektroden regi-    quadriceps femoris bds., aus den M.
       versetzt und die Operation wird wei-     striert werden. Bei der direkten elek-    sphincter ani externus (re + li) und
       tergeführt. Aufwendig und zeitinten-     trischen Stimulation ist darauf zu        falls möglich (noch freie Kanäle), aus
       siv werden Operationen dann, falls       achten, daß relativ trockene Verhält-
       der „Aufwachtest“ mehrmals wieder-       nisse geschaffen werden, da anson-
       holt werden muß. Die von Merton et       sten der Strom über den Liquor zu
       al. 1982 [89] beschriebene perku-        anderen Kaudawurzeln abfließt. Im          Abbildung 22:         Ten-Twenty-System
       tane elektrische Stimulation des mo-     Bereich der Neurographie/EMG-
       torischen Systems spinal und zere-       Ableitungen werden die Muskeln des
                                                                                           (nach [90])
       bral wurde nur gering beachtet. Die-     rechten Beines (negative Elektrode)
       se Methode sowie die perkutane           gegen die Muskeln des linken Beines
       repetitive Magnetstimulation rücken      (positive Elektrode) abgeleitet. Hier-
       derzeit in das klinische Interesse der   durch kann über die primäre Aus-
       intraoperativ tätigen Neurophysiolo-     lenkung des/der Potentiale(s) eine
       gen.                                     Seitenzuordnung getroffen werden
                                                (primär negativ spricht für einen Ur-
       Monitoring der Cauda equina              sprung in der rechten Seite und pri-
                                                mär positiv für einen Ursprung in der
       Neurochirurgische Eingriffe im           linken Seite). Die Plazierung der
       lumbosakralen Spinalkanal zur            Elektroden für die Tibialis-SEP erfolgt
       Tumorentfernung oder zum Lösen           in typischer Lokalisation hinter dem
       eines tethered cord, haben substanti-    Malleolus medialis beider Sprungge-
       ell das Risiko eines neuen oder post-    lenke. Die spinale Antwort wird auf         C    = zentral         P = parietal
       operativ verstärkten neurologischen      Höhe des Zwischenwirbelraumes               F    = frontal         T = temporal
                                                                                            Fp   = frontopolar     A = Ohr (auricula)
       Defizits. Die anatomische Situation      Th12/L1 abgeleitet, die kortikale           O    = okzipital
       ist häufig schwer zu überblicken,        Antwort von Cz’/Fz (gemäß interna-

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