ENERGIESTRATEGIE 2040 - ENERGIE - mwae.brandenburg.de - MWAE Brandenburg

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ENERGIE

ENERGIESTRATEGIE 2040

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Vorwort

Liebe Bürgerinnen und Bürger des Lan-
des Brandenburg, sehr geehrte Damen
und Herren,

Brandenburg hat das Ziel, bis spätestens
2045 klimaneutral zu wirtschaften und zu
leben. Damit das gelingt, müssen in al-
len Bereichen der Landespolitik Beiträge
geleistet werden. Die Ihnen vorliegende
Energiestrategie 2040 ist ein wichtiger
Baustein, um Klimaneutralität zu errei-
chen. Sie bildet eine solide Basis für die
zukünftige Entwicklung energiepolitischer                                             Foto: Kristin Baumert

Ansätze und Maßnahmen im Land Bran-
denburg.                                     Rahmen des künftigen Klimaplans des
                                             Landes Brandenburg mitgestaltet und in
Die bisherige Energiestrategie des Lan-      der Energiestrategie antizipiert.
des Brandenburg stammte aus dem Jahr
2012. Deren Fortschreibung ist im Koa-       Für den Zeitraum bis 2040 ist zum jetzigen
litionsvertrag des Landes Brandenburg        Zeitpunkt nicht vollends prognostizierbar,
verankert. Denn seit dem Beschluss der       welche Art, in welcher Größenordnung
Energiestrategie 2030 vor zehn Jahren        und an welchen Standorten Kraftwerke
– und insbesondere in den vergangenen        für eine sichere und preisgünstige Strom-
Monaten – hat sich Entscheidendes in der     versorgung in Betrieb sein werden. Um
deutschen und europäischen Energiepo-        der wachsenden Dynamik in der natio-
litik verändert. Die Strategie wurde daher   nalen und internationalen Energiepolitik
grundlegend überarbeitet und an aktuelle     Rechnung zu tragen, müssen die strate-
Verhältnisse angepasst.                      gischen Ziele sowie die dafür vorgesehe-
                                             nen Maßnahmen ergebnisoffen hinterfragt
Um einen Orientierungsrahmen und Pla-        werden. Die Energiestrategie des Landes
nungssicherheit für Wirtschaft und Gesell-   Brandenburg wird daher auch weiterhin
schaft zu gewährleisten, braucht Branden-    einer regelmäßigen Überprüfung unterzo-
burg eine verbindliche Handlungsstrategie.   gen werden. Zu ihrer Umsetzung und zur
In der Energiestrategie 2040 spiegeln sich   Konkretisierung der nächsten Handlungs-
Ergebnisse von Experten aus der Wis-         schritte wird ein Maßnamenkatalog erar-
senschaft und Wirtschaft wider. Unsere       beitet.
Onlinekonsultation hat außerdem gezeigt,
wie wichtig es ist, auch komplexe Themen
mit der Öffentlichkeit zu diskutieren. Wir
haben nationale und internationale ener-
giepolitische Entscheidungen berücksich-     Prof. Dr.-Ing. Jörg Steinbach
tigt. Auf Landesebene haben wir den          Minister für Wirtschaft, Arbeit und Energie

                                                                                              ENERGIESTRATEGIE 2040   1
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2   ENERGIESTRATEGIE 2040
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Zusammenfassung
Der Klimawandel mit seinen negativen Auswirkungen auf unser Leben und unsere Umwelt
erfordert eine schnelle und umfassende Transformation zu einem klimaneutralen, zuverläs-
sigen, umweltverträglichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlich akzeptierten Energieversor-
gungssystem. Mit seiner Energiestrategie 2030 hat das Land Brandenburg schon sehr früh
den Weg dieser Transformation begonnen und schreitet mit der Energiestrategie 2040 weiter
voran. Dabei bindet sich die Energiestrategie in die klimapolitischen Regelungen auf nationa-
ler, europäischer und globaler Ebene ein und bildet zusammen mit dem Klimaplan, der Was-
serstoffstrategie, der Klimaanpassungsstrategie und weiteren klimarelevanten Maßnahmen
des Landes Brandenburg die Grundlage für eine erfolgreiche Energiewende in Brandenburg.

Aufgrund der Dynamik der politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen stellt die Energie-
strategie 2040 mit ihrem Leitszenario und dem dynamischen Zielsystem eine fortzuschrei-
bende Basis für die weitere strategische Ausrichtung der brandenburgischen Energiepo-
litik. Hierzu bildet der kontinuierliche Prozess aus Umsetzung, Monitoring, Überprüfung
und Zielanpassung die Grundlage für die in einem wiederkehrenden Zyklus stattfindende
Weiterentwicklung der Energiestrategie 2040. Innerhalb des energiepolitischen Zielvier-
ecks – bestehend aus der Klimaneutralität und Umweltverträglichkeit, der Akzeptanz und
Beteiligung, der Wirtschaftlichkeit sowie der Versorgungssicherheit – wird mit sechs strate-
gischen Zielkriterien der Umbau des Energiesystems verfolgt.

Durch die Erhöhung der Energieeffizienz soll der Primärenergieverbrauch im Vergleich zu
2007 bis 2030 um 23 % und bis 2040 um 39 % gesenkt werden. Um bis 2045 die Klimaneu-
tralität zu erreichen ist ein kontinuierlicher Ausbau der erneuerbaren Energien erforderlich.
Für den Anteil der erneuerbaren Energien am Primärenergieverbrauch bis 2030 wird ein
Zielkorridor von 42 bis 55 % und bis 2040 von 68 bis 85 % angestrebt. Ab dem Jahr 2030
soll der Anteil erneuerbarer Energien am Stromverbrauch bilanziell 100 % betragen. Insbe-
sondere Wind- und Solarenergie müssen durch geeignete Rahmenbedingungen gefördert
werden, da hier die größten Potenziale liegen. Bis 2040 sollen 15 GW Leistung durch
Windkraft- und 33 GW Leistung durch Photovoltaikanlagen installiert sein.

Wasserstoff wird als Energieträger in dem zukünftigen dekarbonisierten Energiesystem
eine zentrale Rolle spielen. Für den Erfolg der Energiewende, ist eine klimaneutrale, zu-
verlässige und preisgünstige Energieversorgung zu gewährleisten. Hierfür wird die Sekto-
renkopplung, die Einbindung von Speichertechnologien und der Netzaus- und -umbau for-
ciert. Die Förderung von Forschung und Entwicklung im Energiebereich wird als Grundlage
für Fortschritt angesehen.

Um die Akzeptanz in der Bevölkerung, insbesondere für den Ausbau erneuerbarer Energi-
en, zu steigern, ist eine transparente Informationspolitik notwendig. Die Unterstützung re-
gionaler, kommunaler und sektoraler Energiekonzepte, soll eine wirtschaftliche Beteiligung
ermöglichen. Innovationen und Arbeitsplatzangebote im Bereich erneuerbarer Energien
sollen gefördert werden, um qualitative Beschäftigungseffekte zu bewirken.

Um diese ambitionierten Ziele des Landes Brandenburg zu erreichen, werden geeignete
Maßnahmen und Instrumente in einem begleitenden Maßnahmenkatalog definiert, umge-
setzt und durch ein regelmäßiges Monitoring hinsichtlich ihrer Effektivität überprüft.

                                                                                                ENERGIESTRATEGIE 2040   3
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4   ENERGIESTRATEGIE 2040
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Inhaltsverzeichnis
Vorwort           ........................................................................................................................ 1

Zusammenfassung............................................................................................................ 3

Inhaltsverzeichnis............................................................................................................. 5

1.Motivation: Hintergrund der Fortschreibung........................................................ 6
  1.1. Die Energiewende schreitet voran.................................................................. 6
  1.2. Rechtlicher Rahmen....................................................................................... 6
  1.3. Ganzheitliche klimaneutrale Systemtransformation und
		      Sektorenkopplung als neue Schwerpunkte................................................... 12

2.       Methodik: Fortschreibung der Energiestrategie bis 2040 ................................ 15

3.Ergebnisse: Das Energieland Brandenburg heute............................................ 17
  3.1. Umsetzungsstand der Energiestrategie 2030............................................... 17
  3.2. Umsetzungsstand im Vergleich zu den Zielen der Bundesregierung
		     und zum Umsetzungsstand in den Bundesländern...................................... 19
  3.3. Energiepolitische Auswirkungen / Zielkonflikte in Brandenburg.................... 23
  3.4. Chancen für die weitere Entwicklung des Energielandes Brandenburg
		     in der Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg................................................ 34

4.Perspektive: Das Energieland Brandenburg in 2040......................................... 38
  4.1. Leitszenario bis zum Jahr 2040.................................................................... 39
		     4.1.1. Grundsätze der Energiestrategie 2040............................................... 39
		     4.1.2. Ziele der Energiestrategie 2040.......................................................... 43
  4.2. Handlungskonzept........................................................................................ 64
		     4.2.1. Handlungsfelder und strategische Maßnahmenbereiche................... 64
		     4.2.2. Monitoring und regelmäßige Überprüfung.......................................... 71

5.       Referenzen............................................................................................................. 73
         5.1. Abbildungsverzeichnis.................................................................................. 73
         5.2. Fotonachweise.............................................................................................. 73
         5.3. Tabellenverzeichnis....................................................................................... 73
         Quellennachweise................................................................................................... 74

Abkürzungsverzeichnis.................................................................................................. 79

                                                                                                                                               ENERGIESTRATEGIE 2040   5
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1. Motivation:
    		Hintergrund der Fortschreibung
                             1.1. Die Energiewende schreitet                Energieversorgung in Brandenburg. Be-
                                  voran                                     reits mit der im Februar 2012 vorgeleg-
                                                                            ten Energiestrategie 2030 hat das Land
                             Mit dem Fortschreiten der Energiewende         Brandenburg landesübergreifend Beach-
                             sind enorme Herausforderungen in fast al-      tung gefunden. Mit einer pragmatischen
                             len Lebensbereichen zu bewältigen. Das         Zieldefinition und Ausrichtung, insbeson-
                             Land Brandenburg gehört zu den Regio-          dere der Setzung von Schwerpunkten (u.
                             nen, die im Sinne dieser Energiewende          a. Systemintegration der erneuerbaren
                             als eine Art Modellregion angesehen wer-       Energien, umfangreiche Beteiligung, regi-
                             den können. Zum einen hat sich Bran-           onale Umsetzung), hat das Land Branden-
                             denburg bereits früh zur Energiewende          burg seinen energiepolitischen Fahrplan
                             bekannt und treibt diese auch seitens der      definiert und untermauert, dass es einer
                             Landespolitik aktiv voran. Zum anderen         der Schrittmacher der Energiewende in
                             ist Brandenburg ein Energieland mit einer      Deutschland ist und dabei Wertschöpfung
                             historisch gewachsenen konventionellen         und Arbeitsplätze im Land sichern und die
                             Energiewirtschaft, die derzeit noch einen      Wettbewerbsfähigkeit erhalten kann.
                             wichtigen Beitrag für die Versorgungssi-
                             cherheit leistet.                              Im Rahmen des globalen Jahrhundertpro-
                                                                            jekts Energiewende wird der europäische
                                                                            und bundespolitische Rechtsrahmen im
                    Brandenburg stellt sich den Herausforde-                Energiebereich ständig angepasst und
                    rungen der Energiewende und des Klima-                  weiterentwickelt. Die Energiestrategie
                                                                            2040 sieht vor, den dynamischen Entwick-
                    wandels und passt seine Energiepolitik an.
                                                                            lungen und Unsicherheiten, wie auch der
                                                                            Angriffskrieg Russlands gegen die Ukrai-
                                                                            ne, Rechnung zu tragen, um der Verant-
                             Der tiefgreifende Umbau unseres Energie-       wortung im Rahmen der Energieversor-
                             versorgungssystems ist auch weiterhin eine     gungssicherheit und Klimaschutzpolitik
                             der zentralen Aufgaben der Gegenwart und       gerecht zu werden.
                             wird es auch zukünftig bleiben. Der Anteil
                             der erneuerbaren Energien (EE) an der
                             Stromversorgung konnte in den letzten Jah-     1.2. Rechtlicher Rahmen
                             ren in Deutschland kontinuierlich gesteigert
                             werden. Im Jahr 2020 wurde bereits 45,4        Deutschland hat als eines der ersten Län-
                             % der deutschen Bruttostromerzeugung           der die durch das Pariser Klimaschutzab-
                             durch erneuerbare Energien generiert [1].      kommen geforderte Klimaschutzlangfrist-
                             In Brandenburg deckten die erneuerbaren        strategie erstellt. Durch Zielsetzungen für
                             Energien bilanziell im Jahr 2019 sogar 94,8    einzelne Handlungsfelder im Klimaschutz-
                             % des Jahresstromverbrauchs ab [2].            plan 2050, welche im Zusammenhang mit
                                                                            dem Pariser Klimaschutzgipfel erarbeitet
                             Die brandenburgische Energiestrategie          wurden, hat die Bundesregierung im No-
                             bildet die Leitlinie für die Entwicklung der   vember 2016 die Ziele ihres Energiekon-

6    ENERGIESTRATEGIE 2040
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zeptes weiter konkretisiert [3]. Zur Umset-   Der Klimaplan zielt auf den Schutz des Kli-
   zung des Klimaschutzplans 2050 wurde          mas durch Emissionsminderung und Stär-
   das Klimaschutzprogramm 2030 entwor-          kung der ökologischen Senken zur Errei-
   fen und im Oktober 2019 vom Kabinett          chung von Klimaneutralität bis spätestens
   beschlossen [4]. Mit diesem Programm          2045, während die Klimaanpassungsstra-
   wurden Maßnahmen definiert, um die na-        tegie die Begrenzung von Risiken und
   tionalen Klimaziele des Klimaschutzplans      Schäden durch nachteilige Folgen des Kli-
   2050 zu erreichen. Durch das Bundes-Kli-      mawandels zum Ziel hat. Die Energiestra-
   maschutzgesetz (KSG) vom Dezember             tegie bildet die Grundlage zum Erreichen
   2019 wurden diese nationalen Klimaziele       des Ziels einer klimaneutralen Energiever-
   gesetzlich festgelegt [5]. Mit der Novelle    sorgung. Der Klimaplan soll sicherstellen,
   des KSG vom Juni 2021 wurden die zu-          dass die Landesregierung insgesamt ihre
   lässigen Treibhausgas (THG)-Emissions-        Klimaschutzziele erreicht. Dafür ist es nö-
   mengen bis 2030 für die verschiedenen         tig, dass alle klimarelevanten Einzelstra-
   Sektoren angepasst, die Reduktionsziele       tegien und Maßnahmen der Landesregie-
   für die THG-Emissionen bis 2040 fest-         rung aufeinander abgestimmt sind und die
   gelegt und das Ziel der THG-Neutralität       nötigen Beiträge zur Zielerreichung im Kli-
   auf 2045 vorgezogen [6]. Mit dieser Ge-       maschutz in allen Bereichen der Landes-
   samtstrategie will die Bundesregierung die    politik geleistet werden.
   Entwicklung und Umsetzung der Energie-
   wende für eine sichere, umweltverträgli-      Insofern bildet der zukünftige Klimaplan
   che und wirtschaftlich erfolgreiche Zukunft   mit seinen Zwischen- und Sektorenzielen
   weiter umsetzen.                              den übergeordneten Rahmen mit einer
                                                 klaren Orientierung für die Energiestra-
                                                 tegie und die weiteren klimarelevanten
Die Brandenburger Energie- und                   Einzelstrategien der Ressorts. Das Maß-
                                                 nahmenprogramm des Klimaplans zur
Klimapolitik ordnet sich in den nationa-
                                                 Erreichung der klimapolitischen Ziele soll
len und internationalen Rahmen ein.              die wichtigsten landespolitischen Maß-
                                                 nahmen zum Klimaschutz beinhalten und
                                                 bündeln. Im Hinblick auf Konsistenz und
   Der Landtag des Landes Brandenburg            Zielerreichung wird der Klimaplan, wie
   und die Landesregierung haben sich klar       auch die Energiestrategie, einem kontinu-
   zum Pariser Klimaschutzabkommen be-           ierlichen Monitoring unterzogen. Zwischen
   kannt. Der zu erarbeitende Klimaplan und      Klimaplan, der Energiestrategie und allen
   die Klimaanpassungsstrategie bilden die       weiteren Einzelstrategien besteht ein en-
   beiden Säulen der Klimapolitik der bran-      ges Wechselverhältnis, was sich auch in
   denburgischen Landesregierung und sind        einer Verzahnung der Fortschreibung und
   mit der Weiterentwicklung der Energie-        Weiterentwicklung der jeweiligen Strategi-
   strategie wichtige Aufgaben in der 7. Le-     en niederschlägt.
   gislaturperiode des Landes Brandenburg
   (2019–2024) [7]. Die Energiestrategie         Mit der Energiestrategie 2040 setzt sich
   2040 Brandenburg strebt Klimaneutralität      das Land Brandenburg neben dem wei-
   bis 2045 an.                                  teren Ausbau der erneuerbaren Energi-

                                                                                               ENERGIESTRATEGIE 2040   7
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en vor allem für die Systemintegration         vom Mai 2021 zur Umsetzung des Er-
                            der erneuerbaren Energien, den Aufbau          neuerbare-Energien-Gesetz (EEG) 2021
                            einer Wasserstoffwirtschaft, die Einbin-       als Übergangsregelung für die aktuelle
                            dung neuer Speichertechnologien (z. B.         Phase des Markthochlaufs von grünem
                            Schwungmassenspeicher,          thermische     Wasserstoff zu einer Befreiung von der
                            Speicher, etc.), die Steigerung der Ener-      EEG-Umlage [8]. Eine direkte Zuordnung
                            gieeffizienz sowie für eine systematische      von bestimmten Kraftwerkstypen zu den
                            Verknüpfung der Energiesektoren Strom,         jeweiligen Lastbereichen – wie sie bisher
                            Industrie, Wärme und Mobilität (Sekto-         bekannt war – wird somit in der Zukunft
                            renkopplung) ein. Hierbei gilt es, nicht nur   nicht mehr vorhanden sein. Die Einsatz-
                            technische Herausforderungen zu lösen,         möglichkeiten für Kraftwerke, die für sehr
                            sondern es sind – wie sich in den letzten      viele Volllaststunden ausgelegt sind, wer-
                            Jahren herausgestellt hat – marktregulato-     den sukzessive zurückgehen. Es werden
                            rische und energierechtliche Rahmenbe-         zukünftig insbesondere flexible Kraftwer-
                            dingungen an die Erfordernisse der Ener-       ke mit kurzen An- und Abfahrzeiten sowie
                            giewende fortlaufend anzupassen. Die           dynamischer Regelbarkeit benötigt. Dies
                            in der Energiestrategie 2040 definierten       hat u. a. zur Folge, dass die Einsatzdau-
                            Handlungsfelder „Effiziente Energienut-        er dieser Anlagen weiter sinkt und somit
                            zung“, „Energieerzeugung aus erneuer-          auch neue Betriebsstrategien entwickelt
                            baren Energien“, „Markthochlauf für den        werden müssen. Gleichzeitig müssen
                            Einsatz von Wasserstoff“, „Effiziente, kli-    die Klimaschutzziele durch geringere
                            maneutrale Strom- und Wärmeerzeugung,          THG-Emissionen erreicht werden. Eine
                            Verteilung und Speicherung“, „Wirtschaft-      zunehmend wichtige Aufgabe besteht
                            liche Beteiligung und Transparenz“ und         darin, die Einspeisung aus erneuerbaren
                            „Forschung und Entwicklung“ werden die         Energien mit den Lastprofilen zu synchro-
                            Energieversorgung in Brandenburg bis           nisieren. Dazu werden alle zur Verfügung
                            zum Jahr 2040 und darüber hinaus be-           stehenden Instrumente genutzt werden
                            stimmen.                                       müssen. Hierzu zählen insbesondere die
                                                                           Einbindung neuer Speichertechnologien
                            Transformation des Energieversor-              sowie die Sektorenkopplung.
                            gungssystems
                                                                           Ein wesentlicher Schwerpunkt der Ener-
                            Durch die fluktuierende Stromeinspei-          giepolitik verschiebt sich damit zu einem
                            sung aus erneuerbaren Energien und             gesamtheitlichen Ansatz – zu einer Trans-
                            die zunehmende Dezentralität der Stro-         formation des Energieversorgungssystems.
                            merzeugung ist die bisherige Differen-
                            zierung unseres Stromsystems in un-            Die nationalen und internationalen Ziel-
                            terschiedliche Lastbereiche (Grund-,           setzungen,    rechtlichen   Rahmenbe-
                            Mittel- und Spitzenlastkraftwerke) nicht       dingungen und technologischen Ent-
                            mehr sachgerecht. Zum einen führt der          wicklungen bestimmen als Leitplanken
                            Ausbau der erneuerbaren Energien zu            das quantitative Anspruchsniveau in
                            einem vermehrten Austausch zwischen            der Energie- und Klimaschutzpolitik für
                            den Regionen. Zum anderen führt das            den weiteren Weg des Energielandes
                            Verordnungspaket der Bundesregierung           Brandenburg. Die Brandenburger Ener-

8   ENERGIESTRATEGIE 2040
giepolitik bewegt sich dabei in einem                            rung wurde das Ziel für den Anteil der er-
Spannungsfeld von Klimaneutralität und                           neuerbaren Energien am Bruttostromver-
Umweltverträglichkeit, Wirtschaftlichkeit,                       brauch bis zum Jahr 2030 auf 80 % erhöht
Versorgungssicherheit sowie Akzeptanz                            [12]. Diese Erhöhung erfordert in großen
und Beteiligung.                                                 Teilen Deutschlands gesteigerte Ausbaup-
                                                                 fade und einen zügigeren Ausbau aller
Die Energie- und Klimapolitik hat in den                         erneuerbaren Energien, insbesondere der
letzten Jahren nochmals stark an Tempo                           Windenergie und der Photovoltaik (PV).
gewonnen. Durch die vom Bundestag ver-                           Hierfür werden die Ausbaupfade derzeit
abschiedete Festlegung auf ein klimaneu-                         im Rahmen der Novellierung des EEG
trales Deutschland im Jahr 2045 wurden                           (EEG 2023) angehoben. Brandenburg hat
wichtige Impulse ausgelöst.                                      den dafür notwendigen Flächenbedarf von
                                                                 2 % der Landesfläche bereits in seiner
Erhöhung des Anteils erneuerbarer                                Energiestrategie 2030 als ein notwendiges
Energien                                                         Zwischenziel auf dem Weg zu einer klima-
                                                                 neutralen, sicheren und wirtschaftlichen
Um eine globale Führungsrolle bei den                            Energieversorgung definiert. Dies wird
erneuerbaren Energien einzunehmen, hat                           nun durch die Bundesgesetzgebung auf
die EU im Jahr 2018 ein verbindliches Ziel                       2,2 % bis 2032 fortgeschrieben. Gleichzei-
von 32 % für erneuerbare Energiequellen                          tig ist sich die Landesregierung bewusst,
am Bruttoendenergieverbrauch der EU bis                          dass möglicherweise nicht alle Bundes-
2030 festgelegt [9]. Mit dem europäischen                        länder (z. B. Stadtstaaten) dieses ange-
„Green Deal“A und dem Maßnahmenpaket                             strebte Flächenziel erreichen können.
„Fit for 55“ wird eine Erhöhung des Ziels                        Brandenburg könnte bei geeigneten Rah-
für den Anteil der erneuerbaren Energien                         menbedingungen nach 2030 – als eines
am Endenergieverbrauch auf dann 40 %                             der führenden Länder der Energiewende
erwartet [10].                                                   – ggf. einen größeren Anteil am Winde-
                                                                 nergieausbau übernehmen und mögliche
Auf nationaler Ebene gibt das Zielmodell                         geographische, aber auch industriepoli-
des Klimaschutzprogramms vor, dass bis                           tische Standortvorteile nutzen. Dies darf
zum Jahr 2030 der Anteil der erneuerbaren                        jedoch nicht zu Lasten der Bürgerinnen
Energien am deutschen Bruttostromver-                            und Bürger Brandenburgs geschehen.
brauch auf mindestens 65 % auszubauen                            Der Aufwand und die Belastung durch den
ist. Im EEG 2021 wurden die Ausbaupfade                          zusätzlichen Ausbau der Windenergie und
der verschiedenen erneuerbaren Energie-                          durch den Netzausbau, müssen ausrei-
quellen entsprechend angepasst [11].                             chend berücksichtigt werden und wären
                                                                 durch geeignete Maßnahmen auf Länder-
Mit dem Koalitionsvertrag für die Jahre                          oder Bundesebene zu kompensieren. Die
2021 bis 2025 der neuen Bundesregie-                             Rahmenbedingungen zur Umsetzung des

A Der European Green Deal ist ein von der Europäischen Kommission vorgestelltes Konzept mit dem Ziel, bis 2050 in der EU
  die Netto-Emissionen von Treibhausgasen auf null zu reduzieren und somit als erster Kontinent klimaneutral zu werden. Auf
  dieses Ziel hat sich die EU mit dem Europäischem Klimagesetz, das 2021 in Kraft trat, verbindlich verpflichtet. Er wird im
  Bereich der Energie durch zahlreiche europäische Initiativen wie z. B. „REPowerEU“ und die europäische Energiediplomatie
  vorangetrieben.

                                                                                                                               ENERGIESTRATEGIE 2040   9
2-%-Flächenziels und die notwendigen                             Erzeugungsanlagen von bis zu 10 GW
                             Folgen für die Länder werden durch die                           Gesamtleistung einschließlich der da-
                             Bundesgesetzgebung gestaltet.                                    für erforderlichen Offshore- und Onsho-
                                                                                              re-Energiegewinnung entstehen sollen
                             Um die EU-Klimaschutzziele 2030 zu er-                           [12]. Dies entspricht laut NWS einer grü-
                             reichen, hat die EU mit der Erneuerba-                           nen WasserstoffproduktionC von bis zu 28
                             re-Energien-Richtlinie RED IIB eine Stei-                        TWh/a (ca. 30 % des Bedarfs) und einer
                             gerung des Anteils erneuerbarer Energien                         benötigten erneuerbaren Strommenge
                             am Endenergieverbrauch vorgeschrieben                            von bis zu 40 TWh/a. Für den Zeitraum bis
                             [13]. Dabei sind die verschärften Klima-                         2035 – spätestens bis 2040 – sollen nach
                             schutzziele für 2030 noch nicht berück-                          Möglichkeit weitere 5 GW Elektrolyseleis-
                             sichtigt. Deutschland setzt die Vorgaben                         tung zugebaut werden.
                             der RED II wie schon bei der vorange-
                             gangenen Richtlinie (RED I) von 2009                             Nach der bereits im Klimaschutzprogramm
                             über Änderungen des Bundes-Immissi-                              2030 angekündigten und der am 10. Juni
                             onsschutzgesetzes (BImSchG) und der                              2020 vom Bundeskabinett beschlossenen
                             nachgelagerten Verordnung (BImSchV)                              Nationalen Wasserstoffstrategie soll die
                             um [14].                                                         EEG-Umlage für die Produktion von grü-
                                                                                              nem Wasserstoff begrenzt werden. Da-
                             Wasserstoff                                                      durch wird der Markthochlauf der Wasser-
                                                                                              stoffproduktion in Deutschland unterstützt
                             Im Juni 2020 bestätigte die Nationale Was-                       und gewährleistet, so dass die Kopplung
                             serstoffstrategie (NWS) der Bundesregie-                         zwischen den Energieversorgungssekto-
                             rung die Bedeutung von Wasserstoff (H2)                          ren in Deutschland weiter voranschreiten
                             als einen tragenden Baustein der Ener-                           kann.
                             giewende und setzt einen Rahmen für die
                             künftige Erzeugung, Transport, Nutzung                           Künftig können Wasserstoffhersteller
                             und Weiterverwendung von Wasserstoff.                            zwischen zwei Optionen wählen. Zum
                             Sie definiert Wasserstofftechnologien als                        einen wird die Möglichkeit geschaffen,
                             Kernelemente der Energiewende und De-                            die EEG-Umlage für die Herstellung von
                             karbonisierung, sieht aber auch ein wach-                        Wasserstoff im Rahmen der Besonderen
                             sendes industriepolitisches Potenzial [15].                      Ausgleichsregelung zu begrenzen. Zum
                                                                                              anderen soll die Bundesregierung auf
                             Dabei beziffert die Bundesregierung in                           Grundlage des Gesetzes künftig für die
                             ihrer NWS bis 2030 einen Wasserstoff-                            herstellenden Unternehmen von grünem
                             bedarf von ca. 90 bis 110 TWh/a. Ein Teil                        Wasserstoff eine Vollbefreiung von der
                             dieses Bedarfs soll gedeckt werden, in-                          EEG-Umlage schaffen. Komplementär
                             dem bis zum Jahr 2030 in Deutschland                             zur nationalen Strategie veröffentlichte die

                             B Ziel der neuen Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED II, 2018/2001) ist die Erhöhung des Anteils der erneuerbaren Energien
                               in den Sektoren Strom, Wärme und Transport bis zum Jahr 2030. Die Richtlinie sieht deswegen ein verbindliches Ziel von
                               mindestens 32 % erneuerbarer Energien im Bruttoendverbrauch vor.
                             C Grauer Wasserstoff wird aus fossilen Energieträgern hergestellt: mit signifikanten CO2-Emissionen.
                               Blauer Wasserstoff ist Grauer Wasserstoff mit Kohlendioxidabscheidung und -speicherung (CCS): bilanziell CO2-neutral.
                               Türkiser Wasserstoff wird unter Abspaltung von festem Kohlenstoff hergestellt: CO2-neutral.
                               Grüner Wasserstoff wird aus Wasser durch Elektrolyse und mittels Strom aus erneuerbaren Energien hergestellt: CO2 neutral.

10   ENERGIESTRATEGIE 2040
EU-Kommission ihre Wasserstoffstrategie      Zur Erreichung der übergeordneten Ziele
für die kommenden Dekaden. Diese bildet      arbeiten auf der Gemeinschaftsebene alle
eine wesentliche Säule des Green Deals       Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) im Rah-
[16]. Die Kommission will die Produkti-      men des Verbands Europäischer Übertra-
on und Nutzung CO2-frei und CO2-arm          gungsnetzbetreiber ENTSO-E (European
erzeugten Wasserstoffs rasch erhöhen,        Network of Transmission System Ope-
damit die EU bis 2050 klimaneutral wird.     rators for Electricity) bzw. des Verbands
Dabei geht sie in einem stufenweisen An-     Europäischer Fernleitungsnetzbetreiber
satz in drei Phasen vor, wobei die grüne     ENTSO-G (European Network of Trans-
Wasserstoffproduktion von einer Million      mission System Operators for Gas) zu-
Tonnen pro Jahr bis 2024 über zehn Millio-   sammen.
nen pro Jahr bis 2030, auf einen systemre-
levanten Umfang zwischen 2030 und 2050       Auf nationaler Ebene werden die ener-
ansteigen soll.                              giepolitischen Vorgaben über die bereits
                                             2009 im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG)
Netze und Speicher                           verankerten Netzentwicklungsplanungen
                                             im Strom- und Gasbereich umgesetzt
Die Liberalisierung des europäischen         [18]. Ergänzend regeln maßgeblich das
Energiebinnenmarktes ist weit vorange-       Netzausbaubeschleunigungsgesetz Über-
schritten. In den Jahren von 1996 bis 2016   tragungsnetz (NABEG) [19], das Energie-
verabschiedete die EU insgesamt vier Le-     leitungsausbaugesetz (EnLAG) [20] und
gislativpakete, die die Stärkung und Har-    das Bundesbedarfsplangesetz (BBPlG)
monisierung der europäischen Verbund-        [21] den Netzausbau auf der Übertra-
netze für Strom und Gas zum Gegenstand       gungsnetzebene in Deutschland. Für die
hatten. Neben Themen wie Entflechtung,       Verteilnetzbetreiber nimmt die Novellie-
Marktzugang, Transparenz und Regulie-        rung des NABEG mit der Einführung von
rung sowie Verbraucherschutz stand dabei     Redispatch 2.0 eine herausfordernde Stel-
auch die Versorgungssicherheit im Fokus      lung zur Engpassbewirtschaftung ein.
(u. a. durch die Förderung von grenzüber-
schreitenden Projekten, den sogenannten      Im Zusammenhang mit dem auf allen
PCI). Mit den Beschlüssen von 2018 und       Politikebenen angestrebten Aufbau einer
2019 im Rahmen des „Clean Energy for         Wasserstoffwirtschaft könnte den heutigen
all Europeans“-Pakets hat die Europäi-       Erdgasnetzen perspektivisch eine große
sche Kommission zum einen das Ziel der       Bedeutung zukommen. Mit der kürzlich
Verbundbildung bei den Stromnetzen bis       verabschiedeten (Übergangs-) Novelle
2030 auf 15 % erhöht (d. h. 15 % der in      des EnWG wurde Wasserstoff zunächst
einem Mitgliedstaat installierten Stromer-   als eigenständiger Energieträger einge-
zeugungskapazität müssen grenzüber-          führt. Künftig wird jedoch – je nach Grad
schreitend für andere Mitgliedstaaten ver-   der Marktdurchdringung von Wasserstoff
fügbar sein) [17]. Zum anderen müssen        – die Umwidmung der bestehenden Gas-
bis spätestens 2025 bereits 70 % der In-     netzinfrastruktur erforderlich werden. Ne-
terkonnektoren für grenzüberschreitenden     ben der reinen Transportaufgabe kann das
Stromhandel zur Verfügung stehen.            Gasnetz auch die zentrale Speicherfunkti-
                                             on im integrierten Energiesystem erfüllen.

                                                                                          ENERGIESTRATEGIE 2040   11
Der Ausbau der Speicherkapazitäten ist                         1.3. Ganzheitliche klimaneutrale
                             ein wichtiger Baustein zur Stabilisierung                           Systemtransformation und
                             des Energiesystems. Brandenburg setzt                               Sektorenkopplung als neue
                             sich deshalb bereits seit Jahren dafür                              Schwerpunkte
                             ein, dass der Bund verstärkt neue Spei-
                             chertechnologien unterstützt. Durch das                        Das Land Brandenburg hatte mit der Ver-
                             neu gefasste EnWG, das im Juni 2021                            abschiedung der Energiestrategie 2030 im
                             verabschiedet wurde, wurde die Doppel-                         Jahr 2012 einen neuen Schwerpunkt beim
                             belastung für Speicher mit Steuern, Um-                        Thema Systemintegration der erneuer-
                             lagen und Abgaben weitgehend beseitigt.                        baren Energien und der Verknüpfung der
                             Dadurch werden der systemische Einsatz                         Sektoren Strom, Industrie, Wärme und
                             sowie der effiziente Multi-Use von Ener-                       Mobilität gesetzt. Hintergrund waren die
                             giespeichern gefördert, was lange Zeit aus                     seinerzeit bereits erkennbaren Heraus-
                             wirtschaftlichen Gründen nicht möglich                         forderungen, die in Brandenburg durch
                             war.                                                           den hohen Anteil erneuerbarer Energien
                                                                                            sichtbar wurden. Leider blieben die Bemü-
                             Forschung und Entwicklung                                      hungen des Landes Brandenburg, diese
                                                                                            wichtigen Themen in die Gesetzgebungs-
                             Exzellente, breit angelegte und gut ver-                       verfahren (z. B. EEG 2014) einzubringen,
                             netzte Energieforschung gehört zu den                          zunächst erfolglos. Im weiteren Verlauf der
                             wichtigsten Voraussetzungen, um die                            Energiewende erkannten immer mehr Ak-
                             Transformation des Energiesystems hin                          teurinnen und Akteure die Potenziale und
                             zu einer wirtschaftlichen, verlässlichen                       die Notwendigkeit der Sektorenkopplung,
                             und ökologisch nachhaltigen Energiever-                        sodass in den Gesetzgebungsverfahren in
                             sorgung der Zukunft zu bewältigen. Hier-                       der Vergangenheit erste Erfolge verbucht
                             für setzen die europäischen und nationa-                       wurden (z. B. EEG 2017).
                             len Forschungsförderprogramme (z. B.
                             Horizont Europa, Energieforschungspro-                         Mit der Änderung des Energiewirtschafts-
                             gramm der Bundesregierung) entschei-                           gesetzes im Sommer 2021 wurde ein
                             dende Rahmenbedingungen.                                       weiterer großer Schritt in Sachen Flexibili-
                                                                                            tätsoptionenD genommen (vgl. hierzu auch
                             Im Rahmen von Horizont Europa [22] steht                       Abschnitt 3.3).
                             in den Jahren 2021–2027 ein Budget von
                             bis zu 35,5 Mrd. Euro für klimarelevante                       Es wird immer deutlicher, dass die Ener-
                             Forschung im Bereich „Klima, Energie                           giewende ganzheitlich gedacht werden
                             und Mobilität“ zur Verfügung. Über das 7.                      muss und wird. Neben dem Stromsektor,
                             Energieforschungsprogramm der Bundes-                          in dem bereits gute Fortschritte erzielt wur-
                             regierung werden jährlich rund 1,3 Mrd.                        den, rücken die Bereiche Wärme und Mo-
                             Euro bereitgestellt [23].                                      bilität stärker in den Fokus der energiepo-
                                                                                            litischen Debatte. Aus den unter Abschnitt
                                                                                            1.2. aufgezeigten globalen, europäischen

                             D Flexibilitätsoptionen in der Energieversorgung beinhalten Maßnahmen zum Ausgleich zwischen Energieerzeugung und -ver-
                               brauch mit dem Ziel, eine sichere und preiswerte Energieversorgung zu gewährleisten.

12   ENERGIESTRATEGIE 2040
und nationalen Zielsetzungen ergibt sich,     zu erreichen ist. Hier bilden die Abkehr von
   dass neben der Einbindung der erneuer-        Verbrennungsmotoren für fossile Kraftstof-
   baren Energien in das bisherige System        fe, die Reduzierung des Verkehrsaufkom-
   der Energieversorgung (Systemintegrati-       mens sowie der effiziente Energieeinsatz
   on) ein umfassender Umbau erforderlich        im Verkehrssektor die Grundlagen für eine
   ist – insbesondere auch deshalb, weil die     erfolgreiche Verkehrswende. Die Elektrifi-
   neuen Energiemärkte, bedingt durch die        zierung der Antriebe von PKW hat bereits
   Transformation des Energieversorgungs-        begonnen und wird weiter vorangetrieben.
   systems und seinen Anforderungen, an-         Im Güter- und Schwerlasttransport können
   deren Mechanismen unterliegen werden,         durch den Einsatz von Wasserstoff oder
   als die bisherigen Energiemärkte. Das         synthetischen Kraftstoffen konventionelle
   gesamte Energieversorgungssystem, von         Energieträger ersetzt werden. Im ÖPNV
   der Erzeugung bis zum Verbrauch, muss         werden bereits sowohl batterieelektrische
   einem integrierten Ansatz folgen und an       Antriebe als auch Antriebe auf Basis von
   den Zielen der Klimaneutralität ausge-        Wasserstoff eingesetzt. Durch diese An-
   richtet werden. Die systematische Ver-        triebswende werden die dort auftretenden
   knüpfung aller für diese Neuausrichtung       THG- Emissionen vermieden, der Bedarf
   geeigneten Energieträger und Sektoren         an elektrischer Energie wird jedoch stei-
   sowie die intelligente Steuerung des Ge-      gen. Ziele und Leitplanken für die Ver-
   samtsystems werden zentrale Zukunfts-         kehrswende werden beispielsweise durch
   aufgaben sein. Um das Ziel der Klima-         Mobilitätsstrategien der Europäischen
   neutralität zu erreichen, müssen in allen     Kommission [24] und des Landes Bran-
   Bereichen des Lebens die THG-Emissi-          denburg [25] vorgegeben, welche derzeit
   onen deutlich reduziert werden. Mit Hilfe     im Jahr 2022 überarbeitet wird.
   der Sektorenkopplung, der Verzahnung
   der Energieverbrauchssektoren, lässt sich     Die Wärmewende im Wärmesektor wird
   die Dekarbonisierung realisieren.             sowohl in den Haushalten, Gewerbe,
                                                 Handel und Dienstleistung als auch in der
                                                 Industrie weiter vorangetrieben. Die fort-
Sektorenkopplung ist ein wichtiger               schreitende Umstellung von fossilen Ener-
Baustein einer klimaneutralen ganz-              gieträgern auf erneuerbare Energieträger
                                                 ist für die zentrale als auch für die dezen-
heitlichen Energiewende.                         trale Wärmeversorgung notwendig. Hier
                                                 spielen neben der direkten Nutzung erneu-
                                                 erbarer Energien wie Solarthermie, Tiefen-
                                                 geothermie oder Biomasse, die Nutzung
   Im Verkehrssektor bedarf es einer umfas-      von Kraft-Wärme-Kopplung und Wärme-
   senden Veränderung, um die THG-Emis-          pumpen sowie die direkte Verwendung
   sionen zu senken. Für den Straßen- und        elektrischer Energie zur Wärmeerzeugung
   Schienenverkehr gilt nach Artikel 25 der      (Power-to-Heat) eine entscheidende Rol-
   Richtlinie eine Mindestquote von 14 % er-     le. Bei ausreichender Wärmedichte kön-
   neuerbarer Energien, die durch eine Ver-      nen Fern- und Nahwärmenetze zudem
   pflichtung der Inverkehrbringer von Kraft-    zu einer effizienten Nutzung von klimaf-
   stoffen für jeden EU-Mitgliedstaat bis 2030   reundlicher Energie führen, da Energie

                                                                                                ENERGIESTRATEGIE 2040   13
aus erneuerbaren Quellen leicht integriert    Reserve- und Verbrauchsstrukturen erfor-
                             werden kann und Wärmenetze kombiniert         derlich. Der Ausstieg aus der Nutzung fos-
                             mit Speichern zum temporären Ausgleich        siler Energieträger und der damit synchro-
                             fluktuierender Einspeisung genutzt wer-       nisierte Umstieg auf erneuerbare Energie
                             den können.                                   und Wasserstoff stehen dafür im Zentrum
                                                                           des politischen Handelns.
                             Im Industriesektor ist es erforderlich, die
                             verschiedensten Prozesse durch den Ein-
                             satz von Wasserstoff zu dekarbonisieren.
                             Der Wasserstoff sollte dafür idealerweise
                             mittels erneuerbarer Energien hergestellt
                             werden, in der Übergangszeit sind aber
                             klimaneutrale Methoden ebenso möglich
                             und notwendig. All diese Maßnahmen zur
                             Dekarbonisierung werden den Strombe-
                             darf ebenfalls erheblich steigen lassen
                             und damit auch die Ausbauziele der er-
                             neuerbaren Energien erhöhen.

                             Rechtzeitiger Klimaschutz ist seit dem Be-
                             schluss des Bundesverfassungsgerichts
                             als verfassungsrechtlich erforderlich ein-
                             gestuft. Ohne rechtzeitigen Klimaschutz,
                             d. h. ohne rechtzeitige Klimaneutralität,
                             werden die Folgen des ungebremsten
                             oder unzureichend gebremsten Klima-
                             wandels andere etablierte Schutzansprü-
                             che nach heutiger Voraussicht auf lange
                             Sicht gegenstandslos machen oder ihnen
                             ihre Substanz entziehen. Nur durch recht-
                             zeitige Klimaneutralität werden zukünftig
                             Wettbewerbsfähigkeit und Lebensstan-
                             dards erhalten bleiben können. Durch ein
                             klimaneutrales Brandenburg nimmt das
                             Land zudem seine globale Verantwortung
                             für die Verwirklichung der Agenda 2030
                             der Vereinten Nationen wahr.

                             Der für eine klimaneutrale Energieversor-
                             gung erforderliche Strukturwandel stellt
                             weiterhin große Herausforderungen an
                             das heute existierende Energieversor-
                             gungssystem. Es ist ein substantieller Um-
                             bau der Erzeugungs-, Verteil-, Speicher-,

14   ENERGIESTRATEGIE 2040
2. Methodik:
		Fortschreibung der
   Energiestrategie bis 2040
Gemäß dem Koalitionsvertrag des Landes         aktuellen Investitionsplanungen der Ener-
Brandenburg aus 2019 ist die bestehende        giewirtschaft auf die energiepolitischen
Energiestrategie 2030 zur Energiestrate-       Zielsetzungen des Landes auswirken (Mo-
gie 2040 weiterzuentwickeln. Darüber hi-       nitoring Energiestrategie 2030). Daneben
naus legt der Koalitionsvertrag fest, dass     wurde diskutiert, welche Auswirkungen die
ein Klimaplan aufgestellt wird, der die Wei-   nationalen Beschlüsse (Klimaschutzplan
terentwicklung der bestehenden Fachstra-       2050 und Bundes-Klimaschutzgesetz) und
tegien der Landesregierung zu einer ver-       die internationalen Beschlüsse (Paris-Ab-
bindlichen Klimastrategie zusammenfasst.       kommen 2015) zur Klimapolitik auf die
                                               Brandenburger Energiewirtschaft haben.
Auf Grund der geänderten energiewirt-          Es wurde beschlossen, dass im Gutach-
schaftlichen und -rechtlichen Rahmenbe-        ten das Leitszenario die gültigen Rahmen-
dingungen auf EU-, Bundes- und Landes-         bedingungen zu Beginn des Jahres 2021
ebene wurde Ende September 2020 nach           abbildet. Im Kern stützt sich daher das
einer Ausschreibung ein Gutachten an die       Leitszenario auf das Gutachten „Energie-
Prognos AG in Auftrag gegeben, das die         wirtschaftliche Projektionen und Folgeab-
Fortschreibung der Energiestrategie 2030       schätzungen 2030/2050“ [27]. In dieser
zur Energiestrategie 2040 zum Inhalt hat       Studie ist ein umfassendes, konsistentes
[26]. Das Gutachten hat einerseits die bis-    Bild der zukünftigen Entwicklung der deut-
herigen Fortschritte der Energiestrategie      schen Energieversorgung gezeichnet. Die
2030 evaluiert und andererseits ein in die     Ergebnisse der deutschlandweiten Unter-
Zukunft verlängertes, aktuelles Leitszena-     suchung wurden auf das Land Branden-
rio analysiert, welches die gültige Geset-     burg übertragen.
zeslage Anfang des Jahres 2021 abbildet.
                                               Die Untersuchungsmethodik basiert auf
Die Weiterentwicklung der Energiestrate-       der „Prognos-Modellfamilie“ und umfasst
gie 2030 erfolgte in mehreren aufeinander      alle Verbrauchssektoren sowie die Strom-
aufbauenden Phasen. Die Grundlagen für         wirtschaft. Im Einzelnen wurden folgende
das Gutachten wurden im Oktober 2020           Modelle miteinander kombiniert und ange-
geschaffen. Im Zuge eines Kick-off Mee-        wendet:
tings wurden die Methodik, der Projektab-      • der Energiebedarf Deutschland/Regio-
lauf und der Zeitplan besprochen sowie die        nen,
notwendigen Akteure für Fachgespräche          • der Strommarkt Deutschland,
bestimmt. Des Weiteren wurde der Inhalt        • die Endkunden-Energiepreise und
des Leitszenarios und der zu betrachten-       • die internationalen Energiepreise.
den Sensitivitäten besprochen. Aufgrund
der umfangreichen Änderungen am ener-          Aufbauend auf den Ergebnissen der ener-
gierechtlichen Regulierungsrahmen und          giewirtschaftlichen Analyse wurden von
der Anpassungen an das Energie- und            der Prognos AG zudem die Wertschöp-
Klimakonzept der Bundesregierung wur-          fungs- und Beschäftigungseffekte abge-
de analysiert, wie sich der geänderte          schätzt. Im fortlaufenden Prozess gab es
Rechts- und Regulierungsrahmen und die         zahlreiche Gespräche und Diskussionen.

                                                                                            ENERGIESTRATEGIE 2040   15
Innerhalb der Interministeriellen Arbeits-
                             gruppe Energiestrategie (IMAG ES) wur-
                             den regelmäßig die Ergebnisse diskutiert.
                             Darüber hinaus gab es zahlreiche Fach-
                             gespräche mit den energiewirtschaftlichen
                             Akteuren im Land.

                             Anders als das Prognos-Gutachten, be-
                             schreibt die Energiestrategie 2040 Zie-
                             le, deren Erreichung zur Klimaneutralität
                             bis 2045 führen. Das Land Brandenburg
                             reagiert damit auf die Novelle des Klima-
                             schutzgesetzes der Bundesregierung von
                             Juni 2021 [6], durch welches das Ziel der
                             Klimaneutralität bis 2045 verankert wur-
                             de. Die Energiestrategie 2040 weist daher
                             teilweise vom Prognos-Gutachten abwei-
                             chende Annahmen und Zielangaben auf,
                             da diese geänderte Rahmenbedingung
                             aufgrund des Zeitpunktes der Begutach-
                             tung noch nicht berücksichtigt werden
                             konnte.

                             Auf Grundlage der Ergebnisse des Gutach-
                             tens und der Zielvorgabe der Klimaneut-
                             ralität bis 2045 erfolgte die Ausarbeitung
                             eines Entwurfes für die Energiestrate-
                             gie 2040. Im Sinne einer bestmöglichen
                             Transparenz wurde dieser Entwurf in der
                             IMAG Energiestrategie, in der Energieal-
                             lianz sowie anschließend in einer Online-
                             konsultation abgestimmt.

16   ENERGIESTRATEGIE 2040
3.		 Ergebnisse:
     Das Energieland Brandenburg heute
Im Energieland Brandenburg sind bislang                            Energiestrategie 2030 zu dokumentieren,
zwei Handlungsfelder von besonderer Be-                            wurden umfangreiche Berichte zu den stra-
deutung. Historisch und strukturell bedingt                        tegischen Maßnahmen erarbeitet [30], [31].
ist zurzeit noch die heimisch verfügbare                           Zudem werden jährlich aktuelle Daten im
Braunkohle eine wesentliche Säule der                              Rahmen des Monitorings zur Energiestra-
Energieversorgung und trägt zur Versor-                            tegie 2030 bereitgestellt [2]. Diese ermög-
gungssicherheit in Deutschland bei. Die                            lichen eine Verfolgung der Entwicklung der
zweite tragende Säule sind die erneuerba-                          festgelegten Indikatoren. Die vorliegenden
ren Energien, die sich in den letzten Jah-                         Ergebnisse werden im Folgenden darge-
ren im Zuge der Umsetzung der Energie-                             stellt und dokumentieren den Stand der
strategie 2020 und 2030 sehr dynamisch                             Umsetzung der Energiestrategie 2020 (aus
entwickelt haben [28], [29].                                       dem Jahr 2008) und der Energiestrategie
                                                                   2030 (aus dem Jahr 2012).

3.1. Umsetzungsstand der
     Energiestrategie 2030                                               Die Umsetzung der Energiestrategie 2030
                                                                         wurde fortlaufend mit Berichten und einem
Die Energiestrategie 2030 des Landes
Brandenburg sah eine regelmäßige Eva-                                    Monitoring dokumentiert.
luierung vor. Um den Umsetzungstand der

Abbildung 1: Übersicht der bisherigen Zielerreichung der Energiestrategie 2030 (Datenquelle: in Anlehnung an [2])

                                                                                                                    ENERGIESTRATEGIE 2040   17
Biomasse leistet aktuell den größten Anteil
                               Ziel „Anteil der erneuerbaren Energien
                                                                                              der erneuerbaren Energien am Primäre-
                               am Energieverbrauch erhöhen“
                                                                                              nergieverbrauch, gefolgt von der Winde-
                               ES 2020 (Zwischenziel): Erhöhung des                           nergie. In den letzten Jahren ist zudem ein
                               Anteils erneuerbarer Energien am Primäre-                      starker Anstieg der gesamten installierten
                               nergieverbrauch auf 20 % (mind. 120 PJ)                        Leistung bei den Photovoltaikanlagen zu
                                                                                              verzeichnen. Die erneuerbaren Energien
                               ES 2030: Erhöhung des Anteils erneuer-                         sind in Brandenburg längst Motor für wirt-
                               barer Energien am Primärenergie-                               schaftliches Wachstum und Innovationen:
                               verbrauch auf 32 % (mind. 170 PJ)

                                                                                                 Ziel „Energieeffizienz steigern und
                                                                                                 -verbrauch reduzieren“
                             Der Beitrag der erneuerbaren Energien
                             zum Primärenergieverbrauch (PEV) konn-                              ES 2020 (Zwischenziel): Senkung
                             te bis zum Jahr 2019 auf über 143,5 PJ ge-                          des Endenergieverbrauchs um
                             steigert werden und übertraf damit bereits                          13 % (auf 263 PJ) gegenüber 2007
                             das Zwischenziel für 2020 von 120 PJ um
                                                                                                 ES 2030: Senkung des Endenergiever-
                             ca. 19,6 % (Abbildung 2). Da jedoch der
                                                                                                 brauchs um ca. 23 % (auf 220 PJ)
                             Primärenergieverbrauch nicht im prognos-
                                                                                                 gegenüber 2007
                             tizierten Umfang gesenkt werden konnte,
                             ergibt sich trotzdem nur ein Anteil der er-
                             neuerbaren Energien am Primärenergie-                            Im Jahr 2018 sicherten die erneuerbaren
                             verbrauch von 22,5 %. Der Energieträger                          Energieträger bereits 17.800 direkte und

                             Abbildung 2: Entwicklung des Anteils erneuerbarer Energieträger am PEV in Brandenburg (Datenquelle: in Anlehnung an [2])

18   ENERGIESTRATEGIE 2040
Abbildung 3: Entwicklung des Endenergieverbrauchs nach Sektoren im Land Brandenburg (Datenquellen: in Anlehnung an [2])

indirekte Arbeitsplätze in Brandenburg                         im Sektor Industrie. Wirtschaftswachstum
[26]. Davon entfielen 7.900 Arbeitsplätze                      und Energieverbrauch müssen zukünftig
auf die Windbranche, rund 2.400 Arbeits-                       im Land voneinander durch eine höhere
plätze auf die Photovoltaik sowie 7.500                        Energieeffizienz, z. B. durch die Nutzung
Arbeitsplätze auf die Bioenergie.                              neuer energiesparender Technologien,
                                                               aber auch durch die Nutzung von Einspar-
Beim Endenergieverbrauch (EEV) kann im                         potenzialen entkoppelt werden, damit der
Land Brandenburg derzeit insgesamt kei-                        Energieverbrauch letztendlich sinkt, die
ne kontinuierliche Absenkung festgestellt                      Energieproduktivität aber steigt.
werden. Während in den Jahren zwischen
2004 und 2010 eine Reduzierung beim
EEV erkennbar wurde (-6 %), stieg der                          3.2. Umsetzungsstand im
EEV ab 2010 auf fast 322 PJ im Jahr 2019                            Vergleich zu den Zielen der
(Abbildung 3). Hierin spiegelt sich insbe-                          Bundesregierung und zum
sondere die gute konjunkturelle Entwick-                            Umsetzungsstand in den
lung des Landes nach der Wirtschaftskrise                           Bundesländern
in den Jahren 2008 und 2009 wider. Des
Weiteren konnten nach 2009 neue Indust-                        In den letzten Jahren konnte in Branden-
rien angesiedelt werden, die zum höheren                       burg die Bruttostromerzeugung aus er-
Endenergieverbrauch beigetragen haben.                         neuerbaren Energien weiter ausgebaut
So nahm das Bruttoinlandsprodukt für                           werden. In 2019 wurden 19,9 TWh (71,8
Brandenburg zwischen 2010 und 2019                             PJ) durch erneuerbare Energien erzeugt.
um 15 % zu. Am deutlichsten wird dies                          Dies ist eine Steigerung um 1,4 TWh ge-

                                                                                                                          ENERGIESTRATEGIE 2040   19
Abbildung 4: Anteile der erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch im Land Brandenburg (Datenquellen: in Anlehnung an [2])

                             Abbildung 5: Anteil der erneuerbaren Energie am Bruttostromverbrauch im Bundesländervergleich (2018, in %) (Datenquelle: [32])

20   ENERGIESTRATEGIE 2040
genüber 2018. Rein rechnerisch wäre                              menhang sehr unterschiedliche Beiträge
das Land Brandenburg im Jahr 2019 be-                            (vgl. Abbildung 5). Das Land Brandenburg
reits in der Lage gewesen, seinen Brutto-                        zählt hierbei zur Spitzengruppe und belegt
stromverbrauch bilanziell zu 94,8 % aus                          mit 84,5 % Platz zwei hinter Schleswig-Hol-
erneuerbaren Energien zu decken. Da-                             stein (145,3 %). Für das ebenfalls wind-
mit hat das Land Brandenburg das Ziel-                           reiche Mecklenburg-Vorpommern und für
niveau der Bundesregierung für das Jahr                          das Saarland lagen zum Zeitpunkt der Er-
2030 bereits weit übertroffen (Abbildung                         hebung keine Daten vor. Die Unterschiede
4). Die aktuellen Prognosen zum zukünf-                          können jedoch nicht ausschließlich auf die
tigen Bruttostrombedarf gehen aufgrund                           Energiepolitik der einzelnen Bundesländer
der Sektorenkopplung und dem geplan-                             zurückgeführt werden, sondern sind eben-
ten Hochlaufen der Wasserstoffwirtschaft                         so strukturbedingt und stark durch geogra-
von steigenden Bedarfen aus. Zusätzlich                          phische Gegebenheiten bestimmt.
rechnet Brandenburg mit der Ansiedlung
weiterer energieintensiver Industrien. Aus                          Bundesziel „Reduzierung des
diesen Gründen ist zum Erreichen der                                Primärenergieverbrauchs“
Klimaneutralität der weitere Ausbau der
erneuerbaren Energien zwingend erfor-                               Verminderung des Primärenergiever-
derlich.                                                            brauchs bis 2020 gegenüber 2008 um
                                                                    20 %, bis 2030 um 30 % und bis 2050 um
In Deutschland konnte bis zum Jahr 2018E                            50 %
der Anteil der erneuerbaren Energien am
Bruttostromverbrauch auf durchschnittlich                        Der Primärenergieverbrauch des Landes
38,5 % gesteigert werden. Die einzelnen                          Brandenburg ist in den Jahren 2010 bis
Bundesländer leisten in diesem Zusam-                            2018 gestiegen und reduzierte sich 2019

Abbildung 6: Jährliche Veränderung des Primärenergieverbrauchs des Landes Brandenburg (Datenquellen: in Anlehnung an [2])

E Für 2019 lagen zum Zeitpunkt der Erhebung zu wenige Daten für eine Auswertung vor.

                                                                                                                            ENERGIESTRATEGIE 2040   21
wieder auf das Niveau von 2010 (vgl.                              aus Brandenburg (vor allem Strom aus
                             Abbildung 6). Der hohe Primärenergie-                             erneuerbaren Energien) zukünftig nach-
                             verbrauch in Brandenburg resultiert ins-                          gefragt wird. Vor diesem Hintergrund sind
                             besondere daraus, dass rund 60 % des                              auch die Zielsetzungen des Bundes beim
                             in Brandenburg produzierten Stroms und                            Primärenergieverbrauch nicht unmittel-
                             über 60 % der in Brandenburg hergestell-                          bar auf das derzeitige Energieexport- und
                             ten Raffinerieerzeugnisse (Heizöl, Kraft-                         Energietransitland Brandenburg übertrag-
                             stoffe u. a. Mineralölprodukte) exportiert                        bar.
                             werden und damit wesentlich zur Ener-
                             gieversorgung anderer Bundesländer, ins-                          Der Primärenergieverbrauch in Deutsch-
                             besondere Berlins, beitragen. Statistisch                         land konnte im Zeitraum von 1990 bis 2019
                             wird der damit verbundene Primärener-                             um rund 20 % abgesenkt werden. Ein Blick
                             gieverbrauch jedoch Brandenburg zuge-                             auf die Beiträge der einzelnen Bundeslän-
                             rechnet. Aus heutiger Sicht und vor dem                           der verdeutlicht, dass mit Ausnahme von
                             Hintergrund des Ausstiegs aus der Braun-                          Schleswig-Holstein die größten Reduzie-
                             kohle ist nicht sicher vorauszusagen, bis                         rungen im Primärenergieverbrauch in den
                             zu welchem Zeitpunkt Brandenburg eine                             neuen Bundesländern zu verzeichnen
                             tragende Säule der nationalen Versor-                             sind (vgl. Abbildung 7). Schlussendlich bil-
                             gungssicherheit sein wird. Letztendlich                           den diese Absenkungen im Wesentlichen
                             wird der Fortschritt der Energiewende im                          die weitreichenden Strukturumbrüche in
                             gesamtdeutschen Kontext darüber ent-                              der Industrie und der Energiewirtschaft im
                             scheiden, in welchem Umfang Energie                               Zuge der Wiedervereinigung ab.

                             Abbildung 7: Entwicklung des Primärenergieverbrauchs gegenüber 1990 im Bundesländervergleich (2019, in %) (Datenquelle: [32])

22   ENERGIESTRATEGIE 2040
3.3. Energiepolitische                         lin – bedingt durch seine geographische
     Auswirkungen / Zielkonflikte              Lage – einen Großteil seines Strom- und
     in Brandenburg                            Gasbedarfes über Brandenburger Netze.
                                               Aufgrund des beschlossenen Ausstiegs
Das Energieland Brandenburg steht bei          aus der Braunkohleverstromung und dem
seinem Weg zu einer klimaneutralen,            geringer werdenden Bedarf an Mineralöl-
verlässlichen, ökologisch verträglichen,       produkten durch die Verkehrswende, wird
gesellschaftlich akzeptierten und wirt-        die Bedeutung Brandenburgs als Energie-
schaftlichen Energieversorgung vor He-         exportland sukzessive abnehmen. Bran-
rausforderungen, mit denen offen und           denburg strebt in Zukunft an, dass der
lösungsorientiert umgegangen werden            hier erzeugte Strom auch primär im Land
muss. Die durchgeführten Analysen ver-         verbraucht wird. Ein wichtiges Ziel wird
deutlichen die Herausforderungen, vor de-      deshalb die bilanzielle Selbstversorgung
nen die Brandenburger wie die gesamte          mit erneuerbaren Energien werden, um
Energiewirtschaft steht [26].                  die notwendigen Energieimporte so ge-
                                               ring wie möglich zu halten, Abhängigkei-
Energieverbrauch und                           ten zu verringern und die Wertschöpfung
Energieexport                                  im Land zu erhöhen. Brandenburg wird
                                               aber auch zukünftig ein wichtiges Ener-
Die Fortschritte im Bereich Energieeffizi-     gietransitland, insbesondere auch im Hin-
enz sind noch lange nicht ausreichend,         blick auf die Berliner Energieversorgung,
um die Einsparziele beim EEV zu errei-         bleiben. Der Energiemix wird sich aber
chen. Die deutlich positive Entwicklung        dynamisch wandeln und Wasserstoff wird
bis 2009 ist insbesondere ein Resultat         ein bedeutender Bestandteil werden [26].
der Wirtschaftskrise. Der erneute Anstieg      Durch die Einbindung in die europäischen
des EEV geht einerseits mit einer guten        Verbundnetzsysteme für Strom und Gas
wirtschaftlichen Entwicklung einher. Ande-     spielt Brandenburg eine bedeutende Rolle
rerseits werden die Effizienzgewinne zu-       für die nationale und europäische Versor-
nehmend durch neue Anwendungen und             gungssicherheit, welche für die Autonomie
Verbraucher relativiert (z. B. durch die zu-   und Souveränität der EU in Energiefragen
nehmende Digitalisierung). Parallel dazu       essentiell ist.
kommt es zu einem Energieträgerwechsel
zu erneuerbaren bzw. treibhausgasneut-
ralen Energieträgern. Die Entwicklung fällt        Brandenburg ist derzeit noch ein Energie-
auch aufgrund spezifischer Effekte in den
                                                   export- und Energietransitland und leistet
einzelnen Verbrauchssektoren und für die
Energieträger unterschiedlich aus.                 damit wichtige Beiträge zur Versorgungssi-
                                                   cherheit.
Mit Blick auf den Primärenergieverbrauch
ist die derzeitige Funktion Brandenburgs
als Energieexport- und Energietransitland      Die Energieintensität Brandenburgs liegt
(u. a. Strom, Mineralölprodukte, Gas) im       in den Sektoren Industrie, Gewerbe, Han-
nationalen Kontext zu berücksichtigen.         del und Dienstleistungen über dem Bun-
Beispielweise bezieht allein das Land Ber-     desdurchschnitt [32]. Dies ist nicht zuletzt

                                                                                              ENERGIESTRATEGIE 2040   23
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