ERSTENTWURF Schulentwicklungsplan der Landeshauptstadt Wiesbaden für die allgemeinbildenden Schulen Fortschreibung 2022-2026

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1      ERSTENTWURF
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 4      Schulentwicklungsplan
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 6               der
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 8   Landeshauptstadt Wiesbaden
 9

10             für die
11

12   allgemeinbildenden Schulen
13

14    Fortschreibung 2022-2026
15
16
17

                  1
18   Inhaltsverzeichnis
19                                                                                    Seite
20
21   Teil A
22
23      1. Einleitung                                                                  3
24
25      2. Rahmenbedingungen                                                           4
26         2.1. Gesetzliche Ausgangslage und Ziele der Schulentwicklungsplanung
27         2.2. Übersicht über die Schulentwicklungsplanung seit 2016
28         2.3. Das neue Verfahren zur Aufstellung des SEP 2022ff
29
30      3. Aktueller Sachstand                                                         14
31         3.1.   Das Schulangebot in Wiesbaden
32         3.2.   Die Ganztagsbetreuung in Wiesbaden
33
34      4. Herausforderungen                                                         22
35         4.1.  Der zu erwartende gesetzliche Anspruch auf Ganztagsbetreuung in der
36               Grundschule
37         4.2.  Medienentwicklung / Digitalisierung
38         4.3.  Bildungsgerechtigkeit
39         4.4.  Inklusive Beschulung
40
41      5. Erwartungen                                                                 45
42         5.1.   Erwartungen der Schulen bzw. der Schulleitungen
43         5.2.   Erwartungen der organisierten Elternschaft: Der Stadtelternbeirat
44         5.3.   Erwartungen der organisierten Schülerinnen und Schüler: Der
45                Stadtschüler*innenrat
46         5.4.   Erwartungen aus der Auftaktkonferenz
47         5.5.   Zusammenfassung
48
49      6. Demographische Entwicklung                                                  54
50         6.1. Bevölkerungsentwicklung in Hessen und in Wiesbaden
51         6.2. Die Entwicklung der Geburten in Wiesbaden
52
53      7. Die räumliche Verteilung des Bevölkerungswachstums                          64
54         7.1.   Schwerpunkte der Wohnbauflächenentwicklung bis 2030
55         7.2.   Perspektiven 2030ff
56         7.3.   Entwicklungsgebiete: Ostfeld und Perspektivfläche West
57
58      8. Die Entwicklungsperspektiven für die Schulen                                71
59         8.1.   Grundschulen
60         8.2.   Weiterführende Schulen
61
62      9. Zusammenfassung der vorgeschlagenen Maßnahmen                               83
63
64   Teil B: Anhang – Dokumente / Anregungen                                           86
65

                                                 2
66       1. Einleitung
 67
 68   Mindestens alle fünf Jahre sollen die Schulträger einen Schulentwicklungsplan aufstellen. So
 69   ist es in § 145 des Hessischen Schulgesetzes festgelegt.
 70
 71   Die Aufstellung dieses Planes soll zudem unter stärkerer Beteiligung der Öffentlichkeit
 72   erfolgen, als dies bisher der Fall war1.
 73
 74   Zugrunde liegen diesem Entwurf dementsprechend die Ausarbeitungen der Verwaltung
 75   sowie die Anregungen der Schulen und der interessierten Öffentlichkeit.
 76
 77   Entstanden ist somit ein Schulentwicklungsplan, der nicht schwerpunktmäßig zahlenbasiert
 78   ist, sondern der mindestens zu gleichen Teilen auf die inhaltlichen Herausforderungen der
 79   Schulentwicklung eingehen will.
 80
 81   Der Plan ist in drei große Teile gegliedert. Der erste Teil widmet sich nach einer Übersicht
 82   über die Rahmenbedingen zur Aufstellung eines Schulentwicklungsplanes, den Ergebnissen
 83   der letzten Schulentwicklungspläne sowie den aktuellen Herausforderungen an die Schulen
 84   (aus Schulträgersicht) und der demographischen Entwicklung. Anschließend wird die
 85   räumliche Entwicklung der Bevölkerung untersucht, und es werden Schlussfolgerungen im
 86   Hinblick auf die Grund- und weiterführenden Schulen dargestellt, bevor die
 87   Schlussfolgerungen und Umsetzungsvorschläge gebündelt zusammengefasst werden.
 88
 89   In einem zweiten sind die Dokumente und Protokolle verzeichnet, die im Rahmen der
 90   Erarbeitung dieses Schulentwicklungsplanes eingereicht wurden. Somit lassen sich alle
 91   Beiträge, die zu diesem ersten Entwurf geführt haben, transparent nachvollziehen.
 92
 93   Der dritte Teil widmet sich den Wiesbadener Schulen: Fast alle Schulen haben eine
 94   Eigendarstellung sowie eine tabellarische Übersicht über ihre Angebote eingebracht. Damit
 95   bietet dieser Schulentwicklungsplan auch inhaltlich eine einzigartige Übersicht über die
 96   Wiesbadener Schulen in all ihrer Vielfalt2.
 97
 98   Allen Beteiligten an der Erarbeitung dieses umfangreichen Schulentwicklungsplanes gebührt
 99   großer Dank, hervorzuheben sind die Schulleitungen, die zusätzlich zu ihrer hohen Belastung
100   Zeit gefunden haben, Beiträge zu liefern und Einschätzungen zu geben. Aber auch für die
101   Unterstützung bzw. inhaltliche Zulieferung der Kolleginnen und Kollegen vom Amt für
102   Statistik und Stadtforschung (Jörg Härle), dem Amt für Soziale Arbeit (Beate Hock, Heike
103   Richter, Oliver Klump, Dan Pascal Goldmann), dem Staatlichen Schulamt (Bianca
104   Weißmann), dem Stadtplanungsamt (Frauke Dorsch) und der IT-Projektgruppe (federführend
105   Reinhard Debus) sei herzlich gedankt.
106
107
108

      1Vgl. Kapitel 2.3.
      2Dieser dritte Teil wird dem beim Hessischen Kultusministerium (HKM) einzureichenden und vorher von
      städtischen Gremien zu beschließenden Version beigefügt. Für die öffentliche Diskussion des Erstentwurfs ist
      diese umfangreiche Darstellung aller Schulen noch nicht notwendig.

                                                             3
109       2. Rahmenbedingungen
110
111
112       2.1. Gesetzliche Ausgangslage – Ziele der
113            Schulentwicklungsplanung
114
115   Nach § 145 Hessisches Schulgesetz (HSchG) sind die Schulträger zur Aufstellung von
116   Schulentwicklungsplänen für ihr Gebiet verpflichtet. Zum Inhalt heißt es: „In den Plänen
117   werden der gegenwärtige und der zukünftige Schulbedarf sowie die Schulstandorte
118   ausgewiesen.“3
119
120   Dargestellt bzw. erfasst werden sollen vor allem die unterschiedlichen Bildungsangebote, die
121   Einzugsbereiche für diese Angebote sowie die Zahl der Schülerinnen und Schüler an
122   Schulen in freier Trägerschaft. Die Pläne sollen eine langfristige Zielplanung enthalten, aber
123   auch kurzfristig umsetzbare Maßnahmen nennen und müssen mit den benachbarten
124   Schulträgern und anderen Fachplanungen, insbesondere der Jugendhilfeplanung,
125   abgestimmt sein.
126
127   Der Einfachheit halber sind die Anforderungen an die Schulentwicklungsplanung in den §§ 2-
128   4 hier wörtlich wiedergegeben:
129
130           (2) Die Schulentwicklungspläne müssen die erforderliche Zahl von Vorklassen an
131           Grundschulen und Förderschulen (§ 18 Abs. 2) erfassen. In ihnen ist auszuweisen,
132           welche allgemeinen Schulen für Unterrichtsangebote für Schülerinnen und Schüler
133           mit Behinderungen oder Beeinträchtigungen nach den Förderschwerpunkten nach §
134           50 Abs. 1 unterhalten werden (§ 51 Abs. 2). Auf der Grundlage einer regionalen
135           Konzeption ist ferner festzulegen, welche Berufsfelder, Berufsgruppen oder
136           Ausbildungsberufe in den beruflichen Schulen jeweils erfasst und welche
137           Bildungsgänge angeboten werden (§ 43 Abs. 2).
138
139           (3) Die regionale Schulentwicklungsplanung soll ein möglichst vollständiges und
140           wohnortnahes Bildungsangebot sichern und gewährleisten, dass die personelle
141           Ausstattung der Schulen im Rahmen der Bedarfs- und Finanzplanung des Landes
142           möglich ist.
143
144           (4) Die Schulentwicklungsplanung soll die planerischen Grundlagen eines regional
145           ausgeglichenen Bildungsangebots im Lande berücksichtigen. Die Ziele der
146           Raumordnung und Landesplanung sind zu beachten. Bei der Planung der beruflichen
147           Schulen sind die Entwicklungen der Berufsbildung und die Planungen des Landes für
148           die Bildung schulträgerübergreifender Schulbezirke (§ 143 Abs. 5) zu
149           berücksichtigen.
150
151   Für das schulische Angebot des Schulträgers ist auch § 144 entscheidend. Dort heißt es:
152

      3Hessisches Schulgesetz in der Fassung vom 1. August 2017, Gesamtausgabe in der Gültigkeit vom 27.04.2020
      bis 30.03.2021, Stand: letzte berücksichtigte Änderung: zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 18.
      Juni 2020 (GVBl. S. 402), künftig zitiert als: HSchG. Hier § 145 (1).

                                                            4
153          Die Schulträger sind verpflichtet, ein Schulangebot vorzuhalten, das gewährleistet,
154          dass Eltern den Bildungsgang ihres Kindes nach § 77 wählen können und die
155          Übergänge in die Oberstufe (Sekundarstufe II) nach § 78 Abs. 1 und 3 sichergestellt
156          sind. Für die Gestaltung des schulischen Angebots ist das öffentliche Bedürfnis
157          maßgeblich; dabei sind insbesondere die Entwicklung der Schülerzahlen, das
158          erkennbare Interesse der Eltern und ein ausgeglichenes Bildungsangebot zu
159          berücksichtigen. Die Schulträger sind berechtigt, Fachschulen und Schulen für
160          Erwachsene zu errichten und fortzuführen.
161
162
163
164   Zusammengefasst soll der Schulentwicklungsplan also:
165
166         die gegenwärtigen und zukünftigen Schulbedarfe ausweisen,
167
168         die entsprechenden Maßnahmen mit Rangfolge definieren,
169
170         ein möglichst vollständiges und wohnortnahes Bildungsangebot sichern,
171
172         gewährleisten, dass die Personalausstattung der Schulen durch das Land möglich ist,
173
174         die Zweckmäßigkeit der Schulorganisation überprüfen und fortschreiben,
175
176         Innerhalb von fünf Jahren fortgeschrieben werden - falls erforderlich.
177
178
179

                                                    5
180       2.2. Übersicht über die Schulentwicklungsplanung seit 2016
181
182           2.2.1. Der SEP 2016-2021
183
184   Der Schulentwicklungsplan (SEP) 2016-2021, beschlossen von der
185   Stadtverordnetenversammlung am 17. Dezember 2015, beinhaltete auf Basis der damaligen
186   Prognosen über die demografische Entwicklung mehrere zentrale schulorganisatorische
187   Neuerungen bzw. stellte mehrere aktuelle Herausforderungen an die Schullandschaft in
188   Wiesbaden dar4.
189
190   Der SEP 2016-2021 befasste sich ausführlich mit dem Konzept der Inklusion und des
191   (damals so bezeichneten) Gemeinsamen Unterrichts. Er musste mit dem unterschiedlichen
192   Umgang der Wiesbadener Gymnasien mit der Frage nach der Rückkehr von G8 zu G9
193   umgehen, musste eine Antwort auf die immer weiter sinkende Nachfrage nach
194   Hauptschulplätzen geben und schließlich die Rolle der Integrierten Gesamtschulen, die von
195   einer erhöhten Nachfrage betroffen waren, klären.
196
197   Diesen Herausforderungen widmete sich der Schulentwicklungsplan 2016-2021 in großer
198   Detailtiefe und schlug an organisatorischen Maßnahmen vor:
199
200          Errichtung einer dreizügigen Grundschule im Bereich Innenstadt
201          Umwandlung der Wolfram-von-Eschenbach-Schule von einer Hauptschule in eine
202           Mittelstufenschule
203          Umwandlung der Heinrich-von-Kleist-Schule von einer verbundenen Haupt- und
204           Realschule in eine Integrierte Gesamtschule (IGS)
205          Die Möglichkeit für die Kellerskopfschule (Realschule), eigenständige
206           Hauptschulabschlussprüfungen durchzuführen und auch den Hauptschulabschluss
207           unter Beibehaltung der Schulform Realschule zu vergeben
208          Die Wilhelm-Leuschner-Schule auf vier Züge zu begrenzen, sofern die Umwandlung
209           der Heinrich-von-Kleist-Schule in eine IGS genehmigt würde.
210
211   Der Hessische Kultusminister hat dem Schulentwicklungsplan mit Erlass vom 11. November
212   2016 mit einigen Anmerkungen und dem Hinweis, dass die Genehmigung eines
213   Schulversuchs zur Abnahme der Hauptschulprüfung von der Kellerskopfschule separat zu
214   genehmigen sei, zugestimmt.
215
216   Inzwischen sind die organisatorischen Maßnahmen umgesetzt, die Ursula-Wölfel-Schule
217   (Grundschule) hat ihre Tätigkeit zum Schuljahr 2019/2020 aufgenommen, die Heinrich-von-
218   Kleist-Schule ist seit dem Schuljahr 2017/18 die IGS Rheingauviertel und aus der Wolfram-
219   von-Eschenbach-Schule wurde ebenfalls zum Schuljahr 2017/18 die Mittelstufenschule
220   Dichterviertel.
221
222

      4Schulentwicklungsplan 2016/2017 – 2021/2022, Hrsg. Magistrat der Landeshauptstadt Wiesbaden, Dezernat V,
      Wiesbaden, 2016. Alle Schulentwicklungspläne seit 2016/17 sind abrufbar unter:
      https://www.wiesbaden.de/leben-in-wiesbaden/bildung/bildungsberichterstattung/schulentwicklungsplanung-
      sep.php.

                                                          6
223           2.2.2. Die Teilfortschreibung SEP 2018
224
225   Einen ersten Anhaltspunkt über die immer kürzere Haltbarkeit von langfristigen Planungen
226   liefert die Teilfortschreibung des Schulentwicklungsplanes 2018, beschlossen von der
227   Stadtverordnetenversammlung am 13.12.2018, mit Erlass des Hessischen Kultusministers
228   vom 14.11.2019 genehmigt.
229
230   Gleich im ersten Satz dieser Teilfortschreibung heißt es: „Die steigende Bevölkerungszahl in
231   Wiesbaden und die damit verbundenen steigenden Schülerzahlen erfordern die Erweiterung
232   von vorhandenen Schulen und die Schaffung von neuen Schulen.“5 Gingen die Statistiker bei
233   der Erstellung des SEP 2016-2021 noch von einer Bevölkerungszahl in Wiesbaden im Jahre
234   2030 von rund 283.000 aus, so rechnete das Amt für Strategische Steuerung, Stadtforschung
235   und Statistik (heute: Amt für Stadtforschung und Statistik) bei der Erarbeitung der
236   Teilfortschreibung 2028 in der mittleren Variante bereits 2030 mit über 300.000
237   Einwohnerinnen und Einwohnern.
238
239   Diese Entwicklung war in den vorherigen Jahren in diesem Maße nicht absehbar. Zwischen
240   den beiden Schulentwicklungsplänen lagen zwar nur drei Jahre, aber in diesen drei Jahren
241   waren nicht nur die zugewanderten Kinder aus dem Jahr 2015 mit einzuberechnen, auch die
242   Anstrengungen der Wiesbadener Stadtpolitik in der Ausweisung neuer Wohngebiete und
243   eine in diesem Maße im Vorfeld nicht prognostizierbare Sogwirkung des Rhein-Main-Gebiets
244   trugen zu der veränderten Bevölkerungsprognose bei.
245
246   Aufgrund dieser und weiterer Entwicklungen (Seiteneinsteiger, Querversetzungen und
247   Schulformwechsler) wurden in dieser Teilfortschreibung folgende organisatorische
248   Maßnahmen vorgeschlagen und genehmigt:
249
250          Einrichtung einer neuen Grundschule im Schulbezirksgebiet der Adalbert-Stifter-
251           Schule
252          Umwandlung der Außenstelle Kastel Housing der Gustav-Stresemann-Schule in eine
253           eigenständige 4-zügige Grundschule
254          Einrichtung einer neuen IGS mit 4 Zügen
255          Schaffung der dauerhaften 5-Zügigkeit an der Wilhelm-Leuschner-Schule
256          Einrichtung eines neuen Gymnasiums mit 5 Zügen
257          Erweiterung der Martin-Niemöller-Schule um 2 Züge auf insgesamt 5 Züge.
258
259   Auch hier wurden die organisatorischen Maßnahmen seitens des Schulträgers umgehend in
260   die Tat umgesetzt, die jeweiligen Projekte befinden sich in unterschiedlichen
261   Realisierungsabschnitten.
262
263
264

      5 Schulentwicklungsplan der Landeshauptstadt Wiesbaden – Allgemeinbildende Schulen – Teilfortschreibung

      2018. Abrufbar ebenda.

                                                           7
265          2.2.3. Die Teilfortschreibung SEP 2019
266
267   Die Genehmigung des SEP 2018 war seitens des Hessischen Kultusministeriums mit der
268   Auflage verbunden, sich der Problematik der fehlenden Plätze im Bildungsgang Hauptschule
269   anzunehmen und einer Lösung zuzuführen. Der Stadt Wiesbaden wurde aufgetragen, in
270   einer nächsten Teilfortschreibung das Schulangebot im Hauptschulbildungsgang der
271   Bedarfslage anzupassen.
272
273   Nicht nur diese Auflage, auch die faktische Entwicklung zum Schuljahr 2019/20, für das
274   insgesamt an Wiesbadener Schulen zusätzliche etwa 100 Plätze im Bildungsgang
275   Hauptschule geschaffen werden mussten, hatten eine Lösung für diese Herausforderung
276   nötig gemacht. Die Anzahl der Schülerinnen und Schüler (SuS) die einen Schulplatz
277   benötigen, der ihrer Eignung als Hauptschüler entspricht ist deutlich angestiegen. Dies ergibt
278   sich aus den Übergängen aus Seiteneinsteigern aus Deutschintensivklassen,
279   Querversetzungen und Schulformwechslern. Dies gelang nur über die Aufnahme dieser
280   Schülerinnen und Schüler an Integrierten Gesamtschulen. Diese einmalige Lösung war aus
281   pädagogischen und vor allem aus Platzgründen nicht wiederholbar.
282
283   Gleichzeitig wird die Anzahl der Schülerinnen und Schüler, die einen
284   Hauptschulbildungsgang besuchen, in den nächsten Jahren noch ansteigen, da die
285   Bevölkerungszahl in Wiesbaden zunehmen und der EU-Zuzug aus Südosteuropa anhalten
286   bzw. steigen wird. Gleichfalls ist nicht mit einem Rückgang der Querversetzungen zu
287   rechnen. Die Hauptschulplätze werden insbesondere ab der Klassenstufe 6 bis zur
288   Klassenstufe 9 nachgefragt werden.
289
290   Mit dem jahrgangsweisen Auslaufen der Wolfram-von-Eschenbach-Schule als Hauptschule
291   und dem jahrgangsweisen Auslaufen der Heinrich-von-Kleist-Schule als verbundene Haupt-
292   und Realschule sind immer mehr Hauptschulplätze weggefallen, die Erich Kästner-Schule
293   als verbundenen Haupt- und Realschule hat keine Aufnahmekapazitäten, da entweder die
294   Hauptschulplätze von Klassenstufe 5 an belegt sind oder in den höheren Klassenstufen für
295   die „eigenen“ Querversetzungen benötigt werden. Die Zahlen wurden im SEP 2019 wie folgt
296   dargelegt:
297
298        Querversetzungen und Schulformwechsler von Gymnasium auf Realschulen, IGSen
299        und Mittelstufenschule

             Jahrgang       Realschule        IGS               Mittelstufen-
                                                                schule *1)

                     5                 3                2                 0
                     6                36              17                  8
                     7                31              18                   -
                     8                41              15                   -
                     9                29              13                   -
                    10                 9              11                   -
300        Quelle: Hessisches Kultusministerium

301        *1) Die Mittelstufenschule Dichterviertel hatte in diesem Schuljahr nur die Jahrgangsstufen 5 + 6

302

                                                            8
303
304   Querversetzungen und Schulformwechsler von Realschulen auf Hauptschulen, IGSen
305   und Mittelstufenschule

       Jahrgang        Hauptschule IGS                     Mittelstufen-
                         *2) + *3)                         schule *1)

                5                 0                1                 0
                6                 6                6                 5
                7                28                2                 -
                8                16                6                 -
                9                10                2                 -
               10                 0                5                 -
306   Quelle: Hessisches Kultusministerium

307   *1) Die Mittelstufenschule Dichterviertel hatte in diesem Schuljahr nur die Jahrgangsstufen 5 + 6

308   *2) Die Wolfram-von-Eschenbach-Schule, als einzige verbliebenen Hauptschule, hatte in diesem Schuljahr
309       nur die Jahrgangsstufen ab Klasse 7

310   *3) Die Heinrich-von-Kleist-Schule, als zweite verbundene Haupt-und Realschule, hatte in diesem
311       Schuljahr nur die Jahrgangsstufen ab Klasse 7

312
313   Schulformwechsler von IGSen auf Hauptschulen.

       Jahrgang        Hauptschule
                         *1) + *2)

                5                 0
                6                 0
                7                 7
                8                 7
                9                20
               10                 7
314   Quelle: Hessisches Kultusministerium

315   *1) Die Wolfram-von-Eschenbach-Schule, als einzige verbliebenen Hauptschule, hatte in diesem Schuljahr
316       nur die Jahrgangsstufen ab Klasse 7

317   *2) Die Heinrich-von-Kleist-Schule, als zweite verbundene Haupt-und Realschule, hatte in diesem
318       Schuljahr nur die Jahrgangsstufen ab Klasse 7

319
320   Für das Schuljahr 2019/20 liegen die Zahlen aus dem Staatlichen Schulamt für den
321   Rheingau-Taunus-Kreis und die Landeshauptstadt Wiesbaden (SSA-RTK-WI) vor, die
322   den Übergang von Realschule auf Hauptschule wiedergeben. Diese Zahlen sind der
323   nachfolgenden Tabelle 2.1.4 zu entnehmen.
324

                                                       9
325
326        Querversetzungen und Schulformwechsler Schulform „Real“ auf Schulform „Haupt“.

            Jahrgang     Hauptschule
                          bzw. IGS

                    5                 0
                    6                 22
                    7                 20
                    8                 15
                    9                 10
                  10
327        Quelle: SSA-RTK-WI

328        Zu weiteren Fällen gibt es noch folgende Erläuterung des SSA-RTK-WI: „Des Weiteren
329        wurden in den Monaten Mai – August 2019 ca. 22 SuS, die nach Wiesbaden
330        umgezogen sind und die vorher eine Hauptschule bzw. eine IGS besuchten, an eine
331        IGS vermittelt (überwiegend SuS auf Hauptschulniveau).“
332
333   Neben der Frage der Notwendigkeit von Hauptschulplätzen durch die Anzahl der
334   querversetzten Schülerinnen und Schüler hat der SEP 2019 auch die Notwendigkeit weiterer
335   Plätze durch so genannte Seiteneinsteiger untersucht:
336
337        Die SuS die aus den Deutschintensivklassen in das Regelschulsystem wechseln,
338        werden als Seiteneinsteiger bezeichnet.
339        Für das Schuljahr 2019/20 gab es zum Schuljahresbeginn insgesamt 98
340        Seiteneinsteiger, die sich wie in der Tabelle 2.2.1 dargestellt aufteilen.
341        Anzahl Wechsel Intensivklassen in Regelklassen nach Schulform und Jahrgängen:

            Jahrgang            IGS        Realschule Hauptschule Gymnasien
                    5             19             0             0             0
                    6             18             2             0             1
                    7             17             3             0             1
                    8             16             5             0             1
                    9                 6          0             7             0
                  10                  2          0             0             0
342        Quelle: SSA-RTK-WI

343
344        Zum Beginn des Schulhalbjahres gibt es auch Wechsel in die Regelklassen, die mit
345        berücksichtigt werden müssen. Zum zweiten Schulhalbjahr 2018/19 gab es insgesamt
346        16 Seiteneinsteiger, die sich wie in der Tabelle 2.2.2 dargestellt aufteilen:
347

                                                     10
348            Anzahl Wechsel Intensivklassen in Regelklassen nach Schulform und Jahrgängen

                Jahrgang            IGS         Realschule Hauptschule Gymnasien
                         5                4              0                0               0
                         6                3              0                0               1
                         7                4              0                0               0
                         8                3              0                0               0
                         9                0              0                0               1
                       10                 0              0                0               0
349            Quelle: SSA-RTK-WI

350
351            Die Prognose für das Schuljahr 2020/21 wird in der nächsten Tabelle dargestellt. Es
352            wird von 103 Seiteneinsteigern ausgegangen. Eine Differenzierung nach den
353            Schulhalbjahren wurde nicht vorgenommen.
354            Prognose Wechsel Intensivklassen in Regelklassen nach Schulform und Jahrgängen

                Jahrgang            IGS         Realschule Hauptschule Gymnasien
                         5              15               0                0               0
                         6              15               2                8               1
                         7              15               2                8               1
                         8              15               2                8               1
                         9                5              0                5               0
                       10                 0              0                0               0
355            Quelle: Staatliches Schulamt für den Rheingau-Taunus-Kreis und die Landeshauptstadt Wiesbaden

356
357            Diese Anzahl wird nach Auskunft des Staatlichen Schulamtes auch in den nächsten
358            Jahren auf diesem Niveau bleiben. [Hervorhebung durch Verfasser]
359
360
361   Mit der Teilfortschreibung 20196 trug der Schulträger dieser Entwicklung Rechnung. Die
362   Adalbert-Stifter-Schule und die Gerhart-Hauptmann-Schule wurden zu Realschulen mit
363   Hauptschulzweig umgewandelt (nach dem Hessischen Schulgesetz verbundene Haupt- und
364   Realschulen) und in diesem Zusammenhang räumlich ertüchtigt. Gleichfalls wurde das
365   Angebot der Schulsozialarbeit an beiden Schulen für die gesamte Schülerschaft eingerichtet.
366
367

      6   Schulentwicklungsplan der Landeshauptstadt Wiesbaden – Teilfortschreibung 2019. Abrufbar ebenda.

                                                             11
368       2.3. Das neue Verfahren zur Erarbeitung des
369            Schulentwicklungsplanes 2022ff
370
371
372   Mit Beschluss Nr. 0096 hat der Haupt- und Finanzausschuss am 6. Mai 2020 ein neues
373   Verfahren zur Aufstellung des neuen Schulentwicklungsplanes beschlossen7. In dem
374   Beschluss heißt es:
375
376   Der Magistrat wird gebeten, den nächsten Schulentwicklungsplan für den Zeitraum 2022-
377   2026, also für vier Jahre, unter Berücksichtigung folgender Parameter aufzustellen:
378
379          Die Einbindung der Öffentlichkeit orientiert sich grob am Verfahren zur Aufstellung
380           eines Bebauungsplans.
381          Zu Beginn des Prozesses soll – aufgrund der aktuellen Situation aber erst direkt nach
382           der Sommerpause - eine Auftaktkonferenz mit allen interessierten Personen,
383           Gruppen und Initiativen stattfinden, in der diese ihre Vorstellungen zur Entwicklung
384           der Wiesbadener Schullandschaft 2022-2026 äußern können. Dabei ist auf die
385           Aufgaben, Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten der Landeshauptstadt
386           Wiesbaden als Schulträger hinzuweisen.
387          Der Schulentwicklungsplan soll im September 2021 beschlossen werden, damit die
388           genehmigende Behörde (Hessisches Kultusministerium) über ausreichend Zeit zur
389           Genehmigung verfügt.
390
391   Schematisch wurde das Verfahren wie folgt skizziert:
392

393
394

      7Während der Zeit der Corona-bedingten Einschränkungen im ersten Halbjahr 2020 war dem Haupt- und
      Finanzausschuss auf der Grundlage des Beschlusses der Stadtverordnetenversammlung Nr. 0114 Ziffer 2c vom
      26.03.2020 für einige Monate die endgültige Beschlussfassung übertragen worden.

                                                         12
395   Leitgedanke für diese Vorgehensweise war zum einen das grundsätzlich gestiegene
396   Interesse an der Beteiligung an politischen Prozessen durch die Bürgerschaft und zum
397   anderen der Wunsch von Interessengruppen wie etwa dem Stadtelternbeirat, vor der
398   Finalisierung eines neuen Schulentwicklungsplanes in die Erarbeitung eingebunden zu
399   werden. Mit dem gewählten zweistufigen Verfahren der Beteiligung (bei der
400   Grundlagenermittlung in Form der Auftaktkonferenz sowie der Möglichkeit zur
401   Kommentierung des ersten Entwurfs) bei gleichzeitiger Beibehaltung der Letztentscheidung
402   durch die politischen Gremien der Landeshauptstadt Wiesbaden, kommt ein Verfahren zur
403   Anwendung, das versucht, den unterschiedlichen Interessen der Schulentwicklungsplanung
404   entgegen zu kommen.
405
406   Der hier vorliegende erste Entwurf ist das Ergebnis der drei Aspekte: „Input der Schulen“,
407   „Zahlen, Daten, Fakten“ und „Ideen aus der Auftaktkonferenz.“
408
409
410
411

                                                   13
412   3. Aktueller Sachstand
413
414   3.1. Das Schulangebot in Wiesbaden
415
416   Die Landeshauptstadt Wiesbaden verfügt über ein breit aufgestelltes Bildungsangebot. 37
417   Grundschulen (mit 39 Standorten8), davon einige mit Eingangsstufe9, drei Realschulen mit
418   Hauptschulzweig, zwei Realschulen, eine Mittelstufenschule, acht Integrierte Gesamtschulen
419   sowie neun Gymnasien und fünf Förderschulen sind als allgemeinbildende Schulen zu
420   betrachten, hinzu kommen fünf berufliche Schulen10 mit einem ausdifferenzierten und sehr
421   individuellen (Aus)Bildungsangebot. Rund 37.000 Schülerinnen und Schüler werden an
422   diesen Schulen unterrichtet, etwa 10.000 an Grundschulen, ebenfalls etwas 10.000 an
423   beruflichen Schulen, knapp 5.000 an Integrierten Gesamtschulen, etwa 8.300 an Integrierten
424   Gesamtschulen und 900 an Förderschulen. Seit 2017 gibt es in Wiesbaden auch eine
425   Mittelstufenschule, die Mittelstufenschule Dichterviertel, die aus der Wolfram-von-
426   Eschenbach-Schule hervorgegangen ist.
427
428   Im Folgenden die genauen Zahlen aus der vorläufigen Herbststatistik des Landes Hessen
429   von November 2020:
430
          Schulform                                 Zahl SuS       Anmerkungen
          Grundschulen                              10.647         Davon 933 in Vorklassen /
                                                                   Vorlaufkursen
          Mittelstufenschule                        479            Davon 351 im MSS-Zweig, 128 im
                                                                   auslaufenden H-Zweig
          Verbundene Haupt- und                     1.839          Davon 42 als Seiteneinsteiger, 159 in
          Realschulen                                              H-Zweigen
          Realschulen                               905
          Integrierte Gesamtschulen                 4.612          Davon 151 in den auslaufenden H- und
                                                                   R-Zügen der IGS Rheingauviertel
          Gymnasien                                 8.459          Davon 30 als Seiteneinsteiger
          Oberstufengymnasium                       474
          Förderschulen                             754
          Abendschulen                              226            Abendhauptschule: 16;
                                                                   Abendrealschule: 161;
                                                                   Abendgymnasium: 49
          Gesamt                                    28.395
431   Quelle: Hessisches Kultusministerium
432
433   Wie aus den in Anhang B verzeichneten Porträts und Übersichten hervorgeht, ist das
434   Schulangebot in Wiesbaden auch innerhalb der einzelnen Schulformen äußerst vielfältig und
435   umfassend.
436

      8 Die Alfred-Delp-Schule ist eine Außenstelle der Hafenschule, die Adolf-Reichwein-Schule eine Außenstelle der
      Konrad-Duden-Schule.
      9 Folgende Grundschulen verfügen über eine Eingangsstufe, in der der Schulbesuch meist mit 5 Jahren erfolgt

      und die Lerninhalte der Klasse 1 auf zwei Jahre verteilt sind: Grundschule Schelmengraben, Konrad-Duden-
      Schule am Standort Adolf-Reichwein-Schule, Anton-Gruner-Schule, Diesterwegschule, Alfred-Delp-Schule.
      10 Die Erarbeitung eines Schulentwicklungsplanes für die Beruflichen Schulen ist – gemeinsam mit dem Rheingau-

      Taunus-Kreis – für das Jahr 2021/2022 vorgesehen.

                                                            14
437   Nachrichtlich seien hier auch die Schulen in privater Trägerschaft genannt – auch hier finden
438   sich Grund-, Real- und Förderschulen sowie eine IGS, zwei jahrgangsübergreifende Schulen
439   und zwei Gymnasien11. Hier – ebenfalls aus der vorläufigen Herbststatistik des Landes
440   Hessen – die Besuchszahlen nach Schulformen bzw. bei integrierten Systemen nach
441   Jahrgängen an Privatschulen in Wiesbaden:
442
443   Besuch an Privatschulen:
444
       Schulform                                    Zahl SuS             Name / Träger
       Grundschulen                                 759                  Obermayr, PBG, Campus
                                                                         Klarenthal, Montessorischule
       In Grundschuljahrgängen                      256                  FCW, FWS
       verbundener Schulen
       Realschule                                   39                   Obermayr
       IGS (bzw. höhere Jahrgänge in                787                  Campus Klarenthal, FWS, FCS
       verbundenen Systemen)
       Gymnasien                                    1153                 Obermayr, Humboldt
       Oberstufengymnasium /                        251                  Campus Klarenthal, Hessenkolleg
       Gymnasialzweig
       Förderschulen                                301                  Schule am Geisberg
       Gesamt:                                      3.546
445   Quelle: Hessisches Kultusministerium
446
447
448   3.2. Die Ganztagsbetreuung in Wiesbaden
449
450   3.2.1. Schulen – mehr als Orte für den Unterricht
451
452   Kommunen sind zum einen als Schulträger für die Schulentwicklungsplanung und den
453   Schulbau sowie Hausmeister, Sekretariate, Schülerbeförderung, Mittagessensversorgung,
454   die so genannte äußere Schulverwaltung, zuständig. Zum anderen hat die Kommune vor
455   allem im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe die Aufgabe, Betreuung, Erziehung und
456   Bildung der Kinder zu gewährleisten und hierfür bedarfsgerecht Angebote bereit zu stellen (§
457   24 Abs. SGB VIII). Darüber hinaus sind Kindern und Jugendlichen mit besonderen
458   Förderbedarfen über Schulsozialarbeit (§ 13 SGB VIII), aber auch im Falle von
459   Beeinträchtigungen und Behinderungen (über Eingliederungshilfe § 112 SGB IX und § 35a
460   SGB VIII) Leistungen zur Teilhabe zu gewähren. Alle diese Aufgaben und Leistungen (sowie
461   die mit der Umsetzung dieser Aufgaben betrauten Personen) sind ebenfalls integraler
462   Bestandteil der Schulen und deshalb für die Schulentwicklungsplanung relevant.

463           „Schulen sind zu Schulgemeinden geworden, in denen unterschiedliche Professionen
464           zusammenarbeiten. Die Zusammenführung von Unterricht, sonderpädagogischer
465           Förderung, Beratung, Ganztagsangeboten und Betreuung lässt aus
466           Lehrer*innenkollegien immer mehr multiprofessionelle Teams werden.“
467           (Serviceagentur Ganztägig Lernen Hessen)
468

      11 Zu nennen sind: Montessori-Grundschule, die Private Bilinguale Ganztagsschule, die Freie Waldorfschule, die
      Schulen der Obermayr-Gruppe, das Humboldt-Gymnasium, der Schulcampus Klarenthal (EVIM), die Private
      Bilinguale Ganztagsschule, die Agnes-Neuhaus-Schule, die Freie Christliche Schule Wiesbaden.

                                                            15
469   Die folgenden Darstellungen sollen dazu dienen, die Leistungen, die die Landeshauptstadt
470   Wiesbaden im Rahmen ihrer gesetzlichen Aufgaben im Sinne der kommunalen
471   Daseinsvorsorge am Ort der Wiesbadener Schulen anbietet, kurz darzustellen. Auf
472   ausführlichere Darstellungen (i.d.R. Geschäftsberichte) wird in den Texten jeweils verwiesen.
473
474
475   3.2.2. Betreuungsangebote an Wiesbaden (Grund-)Schulen I – Grundschulkinderbetreuung
476   und ganztägige Angebote
477

478   An 33 Grundschulen wird derzeit eine nachschulische Betreuung angeboten. Die Betreuung
479   wird durch 16 Schulfördervereine und sieben freie Träger getragen, wobei einige Träger
480   mehrere Standorte bedienen. Die Grundlage für das Betreuungsangebot ergibt sich aus § 15
481   des Hessischen Schulgesetzes. Das Amt für Soziale Arbeit, Abteilung
482   Grundschulkinderbetreuung und Ganztägige Angebote, fungiert dabei als Zuschussgeber
483   und definiert die Qualitätsstandards.
484
485   Die Grundschulkinderbetreuung hat sich stetig weiter entwickelt und professionalisiert.
486   Mittlerweile werden fast 5.050 Betreuungsplätze, davon 720 Plätze im Ganztag (Profile 1- 3)
487   und 1.193 Plätze im Pakt für den Nachmittag (Stand Oktober 2019), angeboten.12
488
489   Angebote und Qualitätsstandards in der Grundschulkinderbetreuung (§ 15 Schulgesetz)
490

491           Betreuungsplatz bis 15 Uhr inkl. 9 Wochen Ferienbetreuung
492            Elternbeitrag: 150 € zzgl. Kosten für das Mittagessen
493           Betreuungsplatz bis 17 Uhr inkl. 9 Wochen Ferienbetreuung
494            Elternbeitrag: 170 € zzgl. Kosten für das Mittagessen
495           Frühbetreuung (standortabhängig), Mittagessen, Hausaufgabenbetreuung,
496            Freizeitpädagogische Angebote, ggf. Nachmittagssnack, Nutzung schulischer AG-
497            Angebote, AG-Angebote durch Vereine aus dem Stadtteil
498           Verbindlicher Fachkräfteschlüssel, qualifiziertes Betreuungspersonal, umfangreiches
499            Fortbildungsprogramm für das Betreuungspersonal, enge Kooperation mit den
500            Schulen und verbindliche Kooperation mit dem Schulträger.

501   Pakt für den Nachmittag und Ganztägige Angebote
502
503   Der Pakt für den Nachmittag (PfdN) ist ein freiwilliges Bildungs- und Betreuungsangebot des
504   Landes Hessen und des Schulträgers Landeshauptstadt Wiesbaden an 5 Tagen in der
505   Woche von 7.30-14.30 oder bis 17.00 Uhr und in den Ferien. An diesem Projekt nimmt die
506   Landeshauptstadt Wiesbaden seit dem Schuljahr 2016/17 teil.
507   Das Land Hessen stellt dabei Ressourcen in Form von Stellen für Lehrkräfte und Mitteln zur
508   Verfügung, um ein Angebot bis 14.30 Uhr zu ermöglichen. Ein weitergehendes Angebot bis
509   17.00 Uhr, die Organisation des Mittagessens und einer Ferienbetreuung sind Aufgaben der
510   Landeshauptstadt Wiesbaden. Dies wird je nach Standort in Kooperation mit den
511   Schulfördervereinen, freien Trägern oder der Betreuenden Grundschule (BGS) umgesetzt.

      12Ausführlichere Daten und Informationen sind dem jährlichen Geschäftsbericht „Nachmittagsangebote Bildung,
      Erziehung und Betreuung“ zu entnehmen; vgl. https://www.wiesbaden.de/leben-in-
      wiesbaden/gesellschaft/sozialplanung-entwicklung/content/jugendhilfeplanung.php#SP-tabs:3

                                                           16
512   Insgesamt nehmen in Wiesbaden sieben Grundschulen am PfdN teil, fünf Schulen bieten
513   den Pakt in teilgebundener Form mit festen Ganztagsklassen an. Je Jahrgang gibt es
514   mindestens eine gebundene Ganztagsklasse (alle Kinder dieser Klassen bleiben für die
515   komplette Grundschulzeit täglich bis 14.30 zusammen). Damit wird eine Rhythmisierung des
516   Tagesablaufs und der Wechsel von Lern-, Entspannungs- und Bewegungsphasen möglich.
517
518   Sieben Grundschulen in Wiesbaden sind ganztägig arbeitende Schulen in unterschiedlichen
519   Profilen (Profile 1-3). Sie arbeiten nach den Richtlinien und dem Qualitätsrahmen für
520   ganztägig arbeitende Schulen in Hessen. Die Profile 1 und 2 können auf bestimmte
521   Jahrgänge begrenzt werden und die Teilnahme der Schüler *innen ist freiwillig.

522         Profil 1 bietet an mindestens drei Wochentagen bis 14.30 Uhr
523          Hausaufgabenbetreuung, Fördermaßnahmen sowie erweiterte Angebote im Wahl-
524          und Freizeitbereich an.
525         Profil 2 bietet ein verlässliches Angebot an fünf Tagen pro Woche. Neben dem
526          Pflichtunterricht werden Förderkurse, Wahlangebot sowie den Unterricht ergänzende
527          und erweiternde Arbeitsgemeinschaften und Projekte, die Betreuung von
528          Hausaufgaben und Stillarbeit sowie die Teilnahme an offenen Sport- und
529          Spielgruppen gewährleistet. Stundenzeiten und der Wechsel von Bildungs- und
530          Freizeitangeboten können schulintern geregelt werden. Betreuungsmöglichkeiten
531          bestehen in der Regel von 7.30 Uhr bis 16 oder 17 Uhr.
532         Profil 3 bietet nachmittäglichen Pflichtunterricht sowie unterschiedliche
533          Betreuungsmöglichkeiten an fünf Nachmittagen pro Woche an. Der Unterricht findet
534          in der Regel verlässlich in der Zeit von 7.30 Uhr bis 16 oder 17 Uhr statt. Die
535          Teilnahme an den zusätzlichen Angeboten ist für die Schülerinnen und Schüler ganz
536          oder teilweise verpflichtend (wird bisher in Wiesbaden nur an der Blücherschule
537          angeboten).

538

539      3.2.3. Betreuungsangebote an Wiesbadener (Grund)Schulen II – Die Betreuende
540      Grundschule

541   Ausgangspunkt für die Einführung der Betreuenden Grundschulen in Wiesbaden war der
542   Sozialbericht zur „Lebenslage Alleinerziehender“ von 1989. Neben den Angeboten
543   Kinderhort und städtische Schülerhilfe sollten die Betreuenden Grundschulen gemäß §§ 1,
544   16, 22 und 22a des SGB VIII den zunehmenden Bedarf an ganztägiger Betreuung decken.
545   Dabei sollten vorrangig die Grundschulen Berücksichtigung finden, „die im Rahmen ihrer
546   pädagogischen Arbeit in besonderem Maße sozialen Belangen entsprechen müssen“.
547   Die Betreuenden Grundschulen in Wiesbaden stellen heute auf Basis des Kinder- und
548   Jugendhilfegesetz an 17 Wiesbadener Grundschulen an 18 Standorten (siehe Übersicht
549   unten) eine gesicherte Tagesbetreuung für Kinder dieser Schulen bereit und unterstützen
550   und fördern insbesondere mit den Angeboten Klassenbetreuung und dem Kompetenz-
551   Entwicklungs-Programm (KEP) die persönliche und schulische Entwicklung der Kinder und
552   fördern die Öffnung von Schule in den Stadtteil. Sie beinhalten als Angebot also neben der
553   Betreuung immer auch schon Teile von Schulsozialarbeit, wenn auch in der klassischen
554   Form auf eine eingeschränkte Zielgruppe begrenzt, nämlich die angemeldeten Kinder.
555

                                                   17
556
557   An folgenden Schulstandorten, in der Regel handelt es sich um Stadtteile mit hohen sozialen
558   Bedarfslagen, gibt es die BGS (seit…):

559           Goetheschule 1990 (Biebrich)
560           Anton-Gruner-Schule 1990 (Bergkirchenviertel); heute ist die BGS Träger PfdN
561           Carlo-Mierendorff-Schule 1990 (Kostheim)
562           Friedrich-von-Schiller-Schule 1993 (Rheingauviertel)
563           Adalbert-Stifter-Schule 1993 (Südost)
564           Ludwig-Beck-Schule 1993 (Gräselberg); heute ist die BGS Träger im PfdN
565           Grundschule Sauerland 1998 (Sauerland)
566           Grundschule Schelmengraben 2002 (Schelmengraben)
567           Friedrich-Ludwig-Jahn-Schule 2002 (Mitte)
568           Krautgartenschule 2002 (Kastel)
569           Gustav-Stresemann-Schule 2002 (Kastel) sowie
570           Außenstelle der Gustav-Stresemann-Schule: Haus der Bildung und Begegnung 2016
571           Geschwister-Scholl-Schule 2005 (Klarenthal) (Umwandlung von einer
572            Schulsozialarbeitseinrichtung in eine Betreuende Grundschule)
573           Justus-von-Liebig-Schule 2003 (Erbenheim)
574           Riederbergschule 2012 (Nordost/Westend)
575           Brüder-Grimm-Schule 2012 (Kostheim)
576           Ursula-Wölfel-Schule 2018 (Innenstadt Hollerbornstraße)
577           Freiherr-vom-Stein-Schule 2018 (Biebrich)

578
579   Derzeit wandelt sich die BGS an einzelnen Standorten, die im Modell Pakt für den
580   Nachmittag arbeiten (Goetheschule und Ursula-Wölfel-Schule), hin in Richtung
581   „Schulsozialarbeit für alle“.13 Schulsozialarbeit kann (u. a. über verstärkte Klassenbetreuung)
582   nun alle Schülerinnen und Schüler mit Bedarfen erreichen, unabhängig davon, ob die Kinder
583   ein Betreuungsangebot nutzen oder nicht; der Zugang zu Kindern und Eltern verändert sich
584   zwar ohne die klassische Betreuung, ist aber möglich;
585        Das neue Modell „Schulsozialarbeit für alle“ ermöglicht die Einführung neuer
586           Formate, wie „Starterclub“ (Angebot für die 1. Klassen) und „Fit für die Fünf“, die
587           wichtig sind für gelingende Übergänge;
588        bereits existierende wichtige und erfolgreiche Angebote wie das KEP können
589           deutlich ausgeweitet und auch von den Zeiten her besser platziert werden, so dass
590           deutlich mehr Kinder davon profitieren können;
591        die Kooperation Schule-Jugendhilfe bzw. Lehrkräfte-Sozialarbeit in schwierigen
592           Einzelfällen wird erleichtert.
593
594   Hierzu und für die weitere Planung und Entwicklung in Richtung Umwandlung von
595   Betreuender Grundschule in Schulsozialarbeit an Grundschulen ist eine Sitzungsvorlage
596   beschlossen worden.
597
598

      13Vgl. ausführlicher im „Nachmittagsangebote Bildung, Erziehung und Betreuung für Grundschulkinder
      2019/2020“, S. 10, 11; download unter https://www.wiesbaden.de/leben-in-wiesbaden/gesellschaft/sozialplanung-
      entwicklung/content/jugendhilfeplanung.php#SP-tabs:3 .

                                                           18
599   3.2.4. Schulsozialarbeit an weiterführenden Schulen
600
601   Die Schulsozialarbeit in Wiesbaden ist seit 1977 ein Teil des städtischen
602   Jugendhilfeangebotes. Die gesetzliche Grundlage der Schulsozialarbeit bildet das Kinder-
603   und Jugendhilfegesetz (SGB VIII), insbesondere § 13 Jugendsozialarbeit. Schulsozialarbeit
604   ist ein präventives und kompensatorisches Jugendhilfeangebot. Die Angebote sind über
605   Kooperationsabsprachen und Verfahrensregelungen eng mit anderen Bereichen des Amtes
606   für Soziale Arbeit verknüpft.
607
608   Schulsozialarbeit gibt es derzeit (SJ 2019/20) an den folgenden 14 Einrichtungen. Mit der
609   Koordinierungsstelle im Übergang Schule-Beruf arbeitet sie an fünf berufliche Schulen und
610   ist somit an 18 Wiesbadener Schulen verortet:
611

612
613

614   Mit einem 3-Stufen-Modell (Klassenbetreuung, Gruppenangebote, Einzelfallarbeit) ist
615   Schulsozialarbeit auf eine aufbauende Beziehungsarbeit mit allen Schüler/ -innen ab
616   Jahrgang 5 angelegt. Sie unterstützt deren Persönlichkeitsentwicklung, um perspektivisch
617   eine im Rahmen des Kompetenz-Entwicklungs-Programms (KEP) allumfassende Be-
618   rufsorientierung mit bestmöglichem Übergang unter Einbezug der Eltern zu ermöglichen.

619   Sozialpädagogische Angebote der Schulsozialarbeit richten sich besonders an Wiesbadener
620   Schülerinnen und Schüler, die zum Ausgleich sozialer Benachteiligung oder zur
621   Überwindung individueller Beeinträchtigungen in erhöhtem Maße auf Hilfen angewiesen sind,
622   und die zum Teil nur mit dieser Unterstützung einen Schulabschluss und einen
623   qualifizierenden Übergang ins Berufsleben erreichen werden.

                                                  19
624   Die Verortung ist primär an Schulen, deren Anteil an Schülerinnen und Schülern mit
625   Herkunftsbenachteiligung an diesen Schulen relativ hoch sind oder die Sicherung der
626   Schullaufbahn einzelner Schülerinnen und Schüler besonders in den Fokus genommen
627   werden muss.

628   Schulsozialarbeit ist die engste Form der Kooperation von Schule und Jugendhilfe. Ihre Basis
629   ist die alltägliche Zusammenarbeit zwischen Schulsozialarbeiterinnen und
630   Schulsozialarbeitern mit den Lehrerinnen und Lehrern. Die Schulsozialarbeiterinnen und
631   Schulsozialarbeiter arbeiten dabei mit der gleichen Zielgruppe, ähnlichen Zielsetzungen und
632   zum Teil unterschiedlichen Methoden im Feld Schule und dem Stadtteil.
633   Die rechtzeitige Bereitstellung von sozialpädagogischen Angeboten verhindert oder korrigiert
634   Fehlentwicklungen und zeigt individuelle Problemlösungswege auf. Die frühzeitige
635   Bereitstellung notwendiger Hilfen reduziert insgesamt die Konflikt- und Gewaltpotenziale und
636   die Verweigerungsformen und wirkt sich positiv in Schule, Familie, Freizeit und Stadtteil aus.
637   Die Chancen für das Erreichen eines Schulabschlusses und der Einstieg in das Berufsleben
638   mit einem Ausbildungsplatz erhöhen sich deutlich.
639   Mit der Einführung von Hauptschulzweigen an Wiesbadener Realschulen wird die
640   Schulsozialarbeit ab dem Schuljahr 2020/21 auch auf Realschulen mit Hauptschulzweigen
641   (zunächst gilt dies für die Gerhart-Hauptmann-Schule und die Albrecht-Dürer-Schule)
642   ausgeweitet.
643
644
645   3.2.5. Angebote an Schulen jenseits des Unterrichts (Betreuung und Schulsozialarbeit) – was
646   heißt das für die Schulentwicklungsplanung?
647
648   Die in den letzten Abschnitten dargestellten Angebote des Amtes für Soziale Arbeit bzw. der
649   Jugendhilfe an den Wiesbadener Schulen sind Resultat des gesellschaftlichen Wandels bzw.
650   eine notwendige Reaktion darauf. Die Jugendhilfeangebote am Ort der Schule unterstützen
651   die Schülerinnen und Schüler und entlasten damit auch die Lehrkräfte. Sie bereichern damit
652   das schulische Leben, gleichzeitig entstehen neue Abstimmungs- und
653   Kommunikationsbedarfe. Für die Schulentwicklungsplanung hat insbesondere Bedeutung:

654         Die Jugendhilfeangebote führen zu größeren und vielfältigeren Teams an den
655          jeweiligen Schulen („multiprofessionelle Teams“) mit den entsprechend höheren
656          Bedarfen an Arbeitsplätzen und digitaltechnischer Ausstattung (Hardware und WLAN)
657          sowie den dazugehörenden Kommunikations- und Abstimmungsbedarfen;
658         sie führen dazu, dass die Schulen – und zwar unabhängig davon, ob schulische
659          Ganztagsangebote vorhanden sind oder nicht - nicht nur am Vor- sondern auch am
660          Nachmittag und auch den Ferien Lern-, Freizeit- und Bildungsorte sind bzw. werden;
661         sie generieren eigene Bedarfe an „Funktionsräumen“, u.a. im Bereich der Betreuung,
662          für zusätzliche Freizeitangebote, aber auch im Bereich von Mensen u. ä.
663         sie machen „gemeinsame Raumnutzungen“ zu einem wichtigen Thema;
664         sie bringen „Unruhe“ ins Schulleben mit ihren anderen, i. d. R. sozialpädagogischen
665          Aufträgen und Arbeitsansätzen, die im besten Fall zu einer Verbesserung von
666          Herangehens- und Arbeitsweisen insgesamt, im schlechten Fall aber zu Konflikten
667          führen, um Ressourcen, v. a. im Bereich der Zugänge zu und Nutzung von Räumen.

668   Diese kurze und sehr grobe Auflistung macht deutlich, dass diese Angebote an Schulen und
669   die Frage, welches Ausmaß sie haben bzw. bekommen werden (v. a. im Bereich Angebote

                                                   20
670   am Nachmittag), erhebliche Auswirkungen auf die Schulentwicklungsplanung haben. So wird
671   z. B. die geplante Einführung eines Rechtsanspruchs auf Betreuung für Kinder im
672   Grundschulalter, die für 2025 avisiert ist, erhebliche Auswirkungen auf die Planungen haben.
673   Aber auch unabhängig davon, erfordert die Planung einer modernen, multiprofessionellen
674   Schule eine enge Kooperation nicht nur zwischen Schulentwicklungsplanung, Staatlichem
675   Schulamt, Schulamt und den Schulen selber, sondern eben auch der Jugendhilfeplanung
676   (und evtl. auch der sozialräumlichen Entwicklungsplanung) sowie die Einbindung der
677   jeweiligen Fachabteilungen Grundschulkinderbetreuung, BGS und/oder Schulsozialarbeit im
678   Amt für Soziale Arbeit.
679

                                                   21
680   4. Herausforderungen
681
682   4.1. Der zu erwartende gesetzliche Anspruch auf Ganztagsbetreuung in
683        der Grundschule
684
685   Nachdem es seit Jahren den Rechtsanspruch auf Betreuung im Krippen- und Vorschulalter
686   gibt, ist auf Bundesebene nun auch die Einführung eines Rechtsanspruchs auf
687   Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder in Vorbereitung und soll bis zum Jahr 2026
688   umgesetzt werden. Neben einer verbesserten Vereinbarkeit von Familie und Beruf werden
689   mit dem Rechtsanspruch die Ziele einer größeren Chancengleichheit, die Entkopplung von
690   Bildungserfolg und sozialer Herkunft, einer besseren Förderung der sozialen, emotionalen
691   und körperlichen Entwicklung sowie eine bessere individuelle Förderung von Kindern
692   verfolgt. Daneben wird der volkswirtschaftliche Nutzen betont: Durch den folgerichtigen
693   Ausbau der Kinderbetreuung vom Krippen- bis zum Grundschulalter werde insbesondere
694   Frauen mehr Erwerbstätigkeit ermöglicht, wodurch eine Zunahme der Steuer- und
695   Sozialversicherungseinnahmen und damit eine Teilrefinanzierung erwartet wird.
696
697   Die Umsetzung soll in zwei Schritten erfolgen: In einem ersten Schritt will die
698   Bundesregierung zwei Milliarden Euro für Investitionen in den Ganztagsausbau zur
699   Verfügung stellen (Gesetz zur Errichtung des Sondervermögens zum Ausbau ganztägiger
700   Bildungs- und Betreuungsangebote für Kinder im Grundschulalter). Die Verteilung und
701   Modalitäten der Abrufung sind noch nicht bekannt. Der zweite Schritt, der Referentenentwurf
702   für die gesetzliche Grundlage, ist in Vorbereitung und sollte 2020 vorliegen. Gemäß
703   Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD soll der Rechtsanspruch auf
704   Ganztagsbetreuung im Achten Buch Sozialgesetzbuch – Kinder- und Jugendhilfe (SGB VIII)
705   geregelt werden. Es gibt einschlägige Rechtsgutachten, die dieses Vorgehen befürworten.
706
707   Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Vorbereitung eines Rechtsanspruchs auf ganztägige
708   Bildungs- und Betreuungsangebote im Grundschulalter hat sich darauf verständigt, dass der
709   Rechtsanspruch je 8 Zeitstunden an 5 Wochentagen für die Klassen 1 bis 4 sowie
710   Ferienbetreuung mit höchstens vier Wochen Schließzeit umfassen soll. Die konkreten
711   Ausgestaltungen auf Bundes- und Landesebene – auch das Zusammenspiel zwischen
712   Rechtsanspruch auf Bundesebene und der Bildungshoheit der Länder – sind zum jetzigen
713   Zeitpunkt noch nicht bekannt. Es wird jedoch davon ausgegangen, dass aufgrund der
714   Heterogenität der landesspezifischen Ausgestaltungen dieser Nachmittagsangebote die
715   bereits in den Bundesländern vorhandenen Modelle für die Umsetzung des Rechtsanspruchs
716   genutzt werden können. Diskutiert wird eine zweistufige Einführung nach Altersklassen. Zu
717   den noch offenen Fragestellungen gehört außerdem, inwieweit der Rechtsanspruch nur
718   durch ein an der jeweiligen Grundschule verortetes Angebot erfüllt werden kann oder (im Fall
719   von Kapazitätsproblemen) auch an einer anderen Grundschule.
720
721   4.1.1. Vorbereitungen zur Umsetzung des Rechtsanspruchs in Wiesbaden
722
723   Im Oktober 2019 waren durch die unterschiedlichen Angebote am Nachmittag 7.096 Plätze
724   für 70% der Schülerinnen und Schüler verfügbar, die von 6.368 (63%) genutzt werden, nach
725   StVV-Beschluss vom 18.05.2017 liegt das Versorgungsziel bei 75%.
726   Laut der „Kostenschätzungen der Länder bzgl. der angenommenen Kosten bei Einführung
727   eines Rechtsanspruchs auf ganztägige Bildungs- und Betreuungsangebote für Schülerinnen

                                                  22
728   und Schüler im Grundschulalter (Stand: 4.6.2019)“ wird von einer Nutzung von etwa 90% der
729   Grundschulkinder ausgegangen. Daneben ist in Wiesbaden ab 2020 mit mäßig steigenden
730   Zahlen der Grundschulkinder zu rechnen - in absoluten Zahlen sind das bis zu 1.000
731   zusätzliche Kinder (vgl. „Nachmittagsangebote Bildung, Erziehung und Betreuung für
732   Grundschulkinder, Jahresbericht 2019/2020“, Amt für Soziale Arbeit). Rechnerisch kann
733   daher zum derzeitigen Zeitpunkt nach Einführung des Rechtsanspruchs von einem
734   Platzbedarf von rund 10.000 Plätzen ausgegangen werden und damit von rund 2.900
735   zusätzlichen Plätzen im Vergleich zum Schuljahr 2019/2020. Für alle diese Kinder werden
736   Betreuungs- und ggf. Lehrpersonal (je nach Ausgestaltung des Landes Hessen),
737   Räumlichkeiten für Betreuung, Bewegung, Rückzug einschließlich ausreichend großer
738   Mensen und Küchen sowie die organisatorischen und personellen Voraussetzungen
739   benötigt.
740   Auch wenn zum jetzigen Zeitpunkt die Konkretisierung der gesetzlichen und inhaltlichen
741   Ausgestaltungen auf Bundes- und Landesebene ausstehen, lassen sich bereits jetzt
742   verschiedene Handlungsnotwendigkeiten für die Stadt Wiesbaden identifizieren, die im
743   Rahmen einer Projektstruktur zu bearbeiten sind.
744
745   4.1.2. Schaffen der baulichen und räumlichen Voraussetzungen
746
747   Im Februar 2020 fand ein erstes Planungstreffen zwischen dem Städtischen Schulamt, der
748   Bildungsplanung bei Dezernat III und den Abteilungen Grundschulkinderbetreuung und
749   Ganztägige Angebote bzw. Grundsatz und Planung des Amtes für Soziale Arbeit statt, um
750   erste gemeinsame Schritte auf dem Weg zum Rechtsanspruch abzustimmen. Insbesondere
751   die baulichen Notwendigkeiten/Raumbedarfe in den Schulen müssen erhoben und priorisiert
752   werden.
753
754   4.1.3. Vorbereitung der Umsetzung einschlägiger Regularien des SGB VIII und des HKJGB
755          beim öffentlichen Jugendhilfeträger
756
757   Die Betreuungsangebote auf Grundlage des § 15 HessSchG sind keine Angebote der
758   Jugendhilfe, daher gelten auch nicht die dortigen Regelungen für Kindertageseinrichtungen
759   (z. B. zu Betriebserlaubnisverfahren und Einrichtungsaufsicht, Einrichtung von Fachberatung,
760   Maßnahmen der Qualitätsentwicklung, Ausstattung mit Fachkräften, personellem
761   Mindeststandard etc.). Die Stadt Wiesbaden hat durch Stadtverordnetenbeschluss in
762   Annäherung an die Jugendhilfe für die Angebote nach § 15 HessSchG auch einen Standard
763   für Personalausstattung und Qualifizierung des Personals definiert.
764   Wenn die Verortung des Rechtsanspruchs im SGB VIII mit allen für Tageseinrichtungen
765   geltenden Regularien erfolgt, hat dies Auswirkungen auf das Amt für Soziale Arbeit als
766   öffentlichem Träger der Jugendhilfe. Dort sind dann die Erfüllung verschiedener Maßgaben
767   des SGB VIII und HKJGB inhaltlich und organisatorisch vorzubereiten, ebenso die Zusetzung
768   der notwendigen finanziellen und personellen Ressourcen. Mit der Erfüllung dieser
769   Maßgaben wird ein deutlicher Aufgabenzuwachs verbunden sein, der nur mit
770   entsprechendem Personalzuwachs bewältigt werden kann.
771

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772   4.1.4. Qualitative Anforderungen an Träger und Bedarf an Fachkräften bei den Trägern
773
774   Kommen die einschlägigen Regularien des SGB VIII und des HKJGB zur Anwendung, gehen
775   damit auch bei den Trägern als Leistungserbringern sowohl qualitative Veränderungen, als
776   auch Anforderungen an Personalschlüssel und -ausstattung einher, wie etwa
777
778         die Weiterentwicklung geeigneter Maßnahmen zur Gewährleistung der Qualität der
779          Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen
780         die Einführung von Personalstandards (Anforderungen an die Qualifikation von
781          Gruppenleitungen nach § 25b HKJGB und personeller Mindestbedarf für
782          Tageseinrichtungen von Kindern), wobei der genaue Bedarf an weiterem Personal
783          und die damit verbundenen höheren Zuschüsse, beim Vorliegen genauerer
784          Informationen noch zu beziffern ist.
785
786   4.1.5. Inhaltlich-konzeptionelle Anforderungen
787
788   Eine Verortung im SGB VIII vorausgesetzt, wird die pädagogische Arbeit in den
789   Einrichtungen auch explizit an den Zielen des SGB VIII ausgerichtet werden müssen. Im
790   Vordergrund steht hier das Recht des jungen Menschen auf die Förderung seiner
791   Entwicklung und auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen
792   Persönlichkeit. Die pädagogische Arbeit in den Einrichtungen soll daran orientiert junge
793   Menschen in ihrer individuellen und sozialen Entwicklung fördern und dazu beitragen,
794   Benachteiligungen zu vermeiden oder abzubauen, Eltern und andere Erziehungsberechtigte
795   bei der Erziehung beraten und unterstützen, Kinder und Jugendliche vor Gefahren für ihr
796   Wohl schützen und dazu beizutragen, positive Lebensbedingungen für junge Menschen und
797   ihre Familien sowie eine kinder- und familienfreundliche Umwelt zu erhalten oder zu schaffen
798   (§ 1 SGB VIII). Auch wird es dann um die Umsetzung anderer Prämissen des SGB VIII
799   gehen – z. B. der Beteiligung von Kindern, Berücksichtigung der unterschiedlichen
800   Lebenslagen von Mädchen und Jungen, Abbau von Benachteiligung (§§ 8-9 SGB VIII).
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