EVANGELISCH IN ÜBACH PALENBERG - kirche-uep.de
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Kirchengemeinde Übach‐Palenberg EVANGELISCH Gemeindebrief der Evangelischen IN ÜBACH‐PALENBERG APRIL / MAI Vor 100 Jahren geboren, Foto: epd‐Bild vor 78 Jahren ermordet: Sophie Scholl ANDACHTEN FÜR DIE SOPHIE SCHOLL, S. KOMMENDEN WOCHEN, S. PFARRERIN ELKE WENZEL, S.
EDITORIAL Inhaltsverzeichnis Editorial Ein Jahr mit Corona – Rückblick Liebe Leserin, lieber Leser, und Ausblick .................................. ziemlich genau ein Jahr ist es jetzt Andachten ........................................... her, dass wir mit einer Sonderausgabe Amtshandlungen .............................. die gewohnte Abfolge unserer Ge‐ Anmeldung zur Konfirmation ........... meindebriefe durcheinander gebracht Pfarrerin Wenzel stellt sich vor ........ haben. Seitdem ist (fast) alle zwei Mo‐ KinderKirche ...................................... nate ein neuer Gemeindebrief heraus‐ Familiengottesdienste ....................... gekommen – in gewohntem Umfang, Angebote für Kinder und aber vor allem gefüllt mit Andachten. Jugendliche .................................. Auch dieses Mal verhält es sich so, Ein anderer Blick auf Corona ............ mit dem Unterschied, dass der Ge‐ Wie kann ich alte Schokolade meindebrief mit seinen 44 Seiten noch noch verwenden? ........................ dicker geworden ist als üblich. Wir Zukunftsprozess „Über Mauern dachten, es sei jetzt an der Zeit, doch springen“ ..................................... auch noch einmal ein besonderes Sophie Scholl ..................................... „Thema“ zu behandeln. Den Anlass da‐ Kinderseite ........................................ zu gab Sophie Scholl, die dieses Jahr Adressen und Telefonnummern ...... 100 Jahre alt geworden wäre. Leider haben wir sonst immer noch wenig zu berichten und wenig anzu‐ Foto/Text: Lotz kündigen – es kann ja momentan kaum etwas stattfinden, und wir können nur schwerlich etwas planen. Aber wir soll‐ ten uns davon nicht kirre machen las‐ sen – irgendwann ist die Plage zu En‐ de! Bis dahin: Achten Sie auf sich selbst und auf Ihre Mitmenschen! Und lassen Sie sich nicht entmutigen! Oder wie das von Goethe stammende Motto der Familie Scholl es sagt: „Allen Gewalten zum Trutz sich erhalten!“ Impressum Der Gemeindebrief „Evangelisch in Übach‐Palenberg“ wird herausgegeben vom Presbyterium der Evangelischen Kirchengemeinde Übach‐Palenberg, vertreten durch den Vorsitzenden, Pfarrer Christian Justen. Redaktion: Jana Eickvonder, Christian Justen (v. i. S. d. P.), Renate de Kleine, Angelika Krakau Anschrift der Redaktion: Maastrichter Straße 47, 52531 Übach‐Palenberg Gestaltung: Christian Justen. Druck: Gemeindebriefdruckerei Harms, Martin‐Luther‐Weg 1, 29393 Groß Oesingen Auflage: 3 300 Bei der Gestaltung dieser Ausgabe kam ausschließlich Open‐Source‐Software zum Einsatz. ril 2021 nä ch ste Ausgabe: 15. Ap e 2 hluss für di Redaktionssc
AKTUELLES Ein Jahr mit Corona – Rückblick und Ausblick Es gibt Tage, die wird man wohl für würden. Zunächst hatten wir alle das den Rest seines Lebens nicht mehr ver‐ Gefühl: Das wird schon nicht so gessen. Ich vermute, für mich wird zu schlimm werden, in ein paar Tagen diesen Tagen der 26. Februar, der geht alles wieder normal weiter. Welch Aschermittwoch, 2020 gehören. Gera‐ eine Fehleinschätzung! Stattdessen de zurückgekehrt von einem Karne‐ wurden dann auch die Präsenzgottes‐ vals‐Kurzurlaub, wachte ich an diesem dienste abgesagt, die Konfirmanden‐ Tag merkwürdig früh auf – wohl weil freizeit, später die Seniorenfreizeit, die die Katastrophen‐Warn‐App meines Ferienspiele und vieles, vieles mehr. Handys einen Ton von sich gegeben Zunächst hofften wir, Mitte März wie‐ hatte. Die Meldung: Im Kreis Heinsberg der „den Betrieb“ aufnehmen zu kön‐ habe es die ersten Coronainfektionen nen. Dann hofften wir auf die Zeit nach gegeben. Die Schulen würden nun ge‐ Ostern, schließlich auf Pfingsten (wir schlossen bleiben. Und man möge sich feierten am Pfingstsonntag sogar wie‐ von Gemeinschaftsveranstaltungen der einen Präsenzgottesdienst mit we‐ fernhalten. nigen Besucherinnen und Besuchern), Die Nachricht erschien mir beunru‐ dann auf den Sommer, den Herbst ... higend genug, um zu veranlassen, dass Und nun ist es wieder bald Frühjahr, alle Veranstaltungen und Angebote in und ein Ende der Plage ist noch immer unserer Kirchengemeinde abgesagt nicht in Sicht. Ein Lichtblick wenigs‐ tens: Es sind in Rekordzeit Impfstoffe Diese WhatsApp‐Nachricht markierte gleichsam entwickelt und getestet worden, die es den Beginn der Coronakrise in unserer Gemeinde. hoffentlich bald möglich machen, dass das Leben wieder einen halbwegs nor‐ malen Gang geht. Ein Jahr nach dem Beginn unserer Coronakrise ist es vielleicht doch Zeit, einen ersten Rückblick zu wagen. Da‐ bei sollen aber ausnahmsweise einmal nicht die negativen Folgen der Pande‐ mie ins Zentrum gerückt werden – wer unseren Gemeindebrief in den vergan‐ genen Monaten gründlich gelesen und unsere Online‐Gottesdienste verfolgt hat, weiß nur zu gut, dass all das, was die Pandemie an fürchterlichen ge‐ sundheitlichen und wirtschaftlichen bzw. existenziellen Folgen mit sich ge‐ bracht hat, stets in unserem Blick war! Und ich denke, wir haben das auch nie 3
AKTUELLES verharmlost! nen fernhalten muss? Wie soll man das Aber zugleich war das vergangene Wort Gottes verkünden, wenn die Kir‐ Jahr für uns auch Auslöser, noch ein‐ che geschlossen zu bleiben hat? Wie mal gründlich darüber nachzudenken, soll man Kindern und Jugendlichen was uns als Kirchengemeinde aus‐ einen geschützten Raum bieten, wenn macht, was der eigentliche Kern unse‐ sie nicht zu uns kommen können? Klar rer christlichen Existenz darstellt. Mit war für uns eigentlich nur eines: Wir einem Mal standen wir ja vor dem Pro‐ müssen all das auch weiterhin tun – blem, dass all das, was für uns bis da‐ und wenn es nicht in der gewohnten hin den kirchlichen Alltag darstellte, Form geht, dann müssen eben neue einfach wegbrach. Wie soll man Men‐ Formen her, dann muss nach Lösun‐ schen begleiten, wenn man sich von ih‐ gen gesucht werden. Zuallererst griffen wir aber auf ein altbekanntes Medium zurück, nämlich den Gemeindebrief. Dass unser Gemeindebrief der Form nach eher ein „Magazin“ ist, hat gelegentlich vielleicht in den Hintergrund treten las‐ sen, dass er dem Namen und seinem Ursprung nach tat‐ sächlich zunächst einmal ein Brief an die Gemeinde ist. Ei‐ gentlich ein urchristliches und bewährtes Kommunika‐ tionsmittel! Besonders der Apostel Paulus hat dann, wenn er in einer Gemeinde nicht körperlich präsent sein konnte, den Brief genutzt, um den Kontakt zu halten. Nun vergleichen wir uns na‐ türlich nicht mit Paulus! Aber: Der (Gemeinde)brief als Mittel, um im Kontakt zu bleiben, um Menschen zu er‐ reichen, ihnen mitzuteilen, wie die aktuellen Entwick‐ lungen aussehen, und vor al‐ len Dingen: um geistliche Im‐ pulse zu geben, um Gottes 4
AKTUELLES Wort zu verkünden, hat in den letzten öffentlicht werden – und die Resonanz zwölf Monaten erheblich an Gewicht zeigt uns, dass gerade auch ältere gewonnen. Oft schon totgesagt, ist er Menschen dieses Angebot nutzen und nach meinem Empfinden momentan Gottesdienste aus „ihrer“ Kirche so so lebendig und unentbehrlich wie sel‐ mitfeiern. (Es möge niemand mehr be‐ ten zuvor. (An dieser Stelle sei es da‐ haupten, dass das Internet nichts für her auch erlaubt, einen Dank auszu‐ Leute über 80 sei – wir haben erfolg‐ sprechen allen Menschen, die dafür reich das Gegenteil bewiesen!) sorgen, dass der Gemeindebrief seine Neben die digitalen Angebote tra‐ Aufgabe erfüllen kann, insbesondere ten aber immer auch wieder „analoge“ den Austrägerinnen und Austrägern, Angebote in ungewohnter Form. Wäh‐ die ohne zu murren nun wieder im rend unsere „Gottesdienste zum Mit‐ Zwei‐Monats‐Rhtythmus unterwegs nehmen“ eher wenig Resonanz fan‐ sind, aber auch unserem „Bonus‐Pfar‐ den, wurden die „Basteltüten“ bzw. rer“ Johannes de Kleine, der mit sei‐ „Do‐It‐Yourself‐Tüten“ den Jugendmit‐ nen Beiträgen den übrigen Autorinnen arbeitenden förmlich aus der Hand ge‐ und Autoren doch einiges an Arbeit ab‐ rissen ... nimmt.) All das hat uns zum Teil unglaublich Erheblich an Gewicht gewonnen viel Kraft gekostet. Aber ich denke haben aber auch die digitalen Angebo‐ auch, dass uns allen bewusst ist, wie te. Insbesondere die Kinder‐ und Ju‐ wichtig und schließlich auch ertrag‐ gendmitarbeitenden haben hier viele reich die Mühe war. Wir werden dann Möglichkeiten genutzt, um über sozia‐ aber auch gut zu überlegen haben, le Medien und verschiedene Handy‐ was wir von dem neu Erarbeiteten Apps mit den Jugendlichen in Kontakt auch in „normalen Zeiten“ fortführen zu bleiben. Etabliert hat sich beispiels‐ werden. Und vielleicht ist am Ende we‐ weise der „Küchenklatsch“ (eine On‐ nigstens dies ein positiver Aspekt der line‐Back‐und‐Kochgruppe), für die Ac‐ Pandemie: Wir haben viel Neues ge‐ tionbound‐App wurden bereits einige lernt – auch für unsere Zukunft als Kir‐ Aktionen erstellt, beim Stop‐Motion‐ che und Gemeinde. Projekt haben sich nicht wenige Ju‐ Christian Justen gendliche beteiligt und ihre eigenen Stop‐Motion‐Filme (eine Form des Trickfilms) erstellt. Insgesamt hat die Kirchengemeinde die Kommunikation über das Internet deutlich ausgewei‐ tet, vor allem durch das Einrichten ei‐ gener YouTube‐Kanäle und Facebook‐ Christus ist Bild Seiten. Seit Karfreitag des letzten Jah‐ des unsichtbaren Gottes, res haben wir dann auch zu (fast) allen der Erstgeborene Sonn‐ und Feiertagen Gottesdienste der ganzen Schöpfung. aufgezeichnet, die auf YouTube ver‐ Kolosser 1,15 – Monatsspruch April 2021 5
KARFREITAG – . APRIL Andacht für den 2. April 2021 (Karfreitag) Ich sitze an meinem Schreibtisch im Ar‐ dacht zum Karfreitag. Jesus hatte auch beitszimmer und bekomme immer Angst – zumindest kann ich mir das gut wieder Angst, wenn ich die Nachrich‐ vorstellen. Angst vor dem Sterben, ten in diesen Tagen höre: Drei verschie‐ Angst, wie es sein wird und wie lange dene Mutationen des Coronavirus brei‐ es dauern würde. Vielleicht sogar ten sich aus. Der langersehnte Impf‐ Angst davor, was nach dem Tod stoff ist zwar da, aber zu wenig davon, kommt, denn am Kreuz rief er laut: so dass sich die Impfungen verzögern. „Mein Gott, mein Gott, warum hast du Und die über 80‐Jährigen und ihre An‐ mich verlassen?“ Jesus fühlt sich allei‐ gehörigen versuchen seit zwei Wochen ne und verlassen. Selbst sein Vater eher erfolglos, einen Impftermin zu be‐ lässt ihn im Stich, liefert ihn den Rö‐ kommen. Die Mutationen sind wesent‐ mern aus. Er, der doch die Macht hät‐ lich ansteckender und sollen zum Teil te, die Soldaten zum Teufel zu jagen auch einen schwereren Krankheitsver‐ und Pontius Pilatus zu veranlassen, un‐ lauf haben als das ursprüngliche Virus, abhängig vom Geschrei des Volkes Je‐ das uns seit Ende Februar 2020 hier im sus frei zu lassen. Auch die Hohen‐ Kreis Heinsberg fest im Griff hat. Wenn priester hätte er zum Umdenken be‐ in mir schon langsam die Furcht hoch‐ wegen können. Aber nichts von dem steigt, wie das nun weitergehen soll passiert. Nach dem triumphalen Einzug mit dem Coronavirus, mit all den ver‐ in Jerusalem nur wenige Tage zuvor schärften Maßnahmen, mit Abstand feiert Jesus mit seinen Freunden und und immer wieder neuen Schutzver‐ Freundinnen den Sederabend des ordnungen, wie ist das erst bei denen, Passahfestes. Er weiß, dass er nur noch die sozusagen an der Front tätig sind? wenige Stunden zu leben hat, und teilt Wie geht es dem Pflegepersonal in scheinbar ruhig Brot und Wein mit sei‐ Krankenhäusern, Altenheimen und bei nen Anhängern. Sagt ihnen, dass bei‐ den mobilen Diensten, den Erzieher:in‐ des zugleich sein Leib und Blut ist, dass nen in den Kindergärten, den Mitarbei‐ jeder, der davon isst, ihn in sich auf‐ tenden der Testzentren und all denen, nimmt. Ja, Jesus hatte vermutlich die sich nicht ins Homeoffice zurückzie‐ große Angst vor dem Sterben, denn hen können, weil es in ihrem Beruf auch kurz darauf betet er ja noch im nicht möglich ist. Angst oder zumin‐ Garten Gethsemane: „Vater, lass die‐ dest Besorgnis vor einer unsichtbaren sen Kelch an mir vorübergehen.“ Aber Gefahr, die das Leben kosten kann und er betet weiter: „Nicht mein, sondern oftmals zumindest stark verändert. dein Wille geschehe!“ Und selbst den Ich sitze an meinem Schreibtisch im Jünger, der dann kurze Zeit später Arbeitszimmer und denke nach über einen der Soldaten angreift und ihm die letzten Stunden im Leben von Je‐ das Ohr abschlägt, bringt er zur Räson, sus von Nazareth. Denn um diese letz‐ heilt den Soldaten und lässt sich ohne te Lebenszeit geht es ja in dieser An‐ Gegenwehr verhaften und vor den Ho‐ 6
KARFREITAG – . APRIL henrat führen. Er nimmt das Urteil an, uns nicht gegeben den Geist der lässt sich kreuzigen und ruft Gott, sei‐ Furcht, sondern der Kraft und der Lie‐ nen Vater, an. Er gibt niemandem die be und der Besonnenheit.“ (2. Timo‐ Schuld, verurteilt keinen von denen, theus 1,7) die ihn ausgeliefert haben, auch den Judas nicht. Trotz seiner Angst ver‐ Liedvers zweifelt er nicht, wird er nicht mut‐ und nicht kopflos. Vielmehr vertraut er 2. Nur unsretwegen hattest du zu lei‐ seinem Jünger Johannes seine Mutter den, / gingst an das Kreuz und trugst an und umgekehrt. Johannes soll ihr die Dornenkrone. / Für unsre Sünden Sohn werden, und er soll Maria als sei‐ musstest du bezahlen / mit deinem Le‐ ne Mutter annehmen an seiner statt. ben. (EG 96,2) Und noch im Todeskampf verspricht er dem einen Verbrecher, dass er nicht Gebet dem Tod ausgeliefert sein wird, son‐ dern mit ihm ins Paradies, ins Reich Gott, immer wieder haben wir Angst. Gottes kommen wird. Er ist nicht verlo‐ Wir fürchten uns vor der Einsamkeit, ren im Gegensatz zu dem, der sich vor Krankheiten, vor dem Tod. Aber du selbst am Kreuz hängend noch über hast uns versprochen, uns nie wieder Jesus lustig macht. allein zu lassen und uns all unsere Jesus reagiert trotz aller Angst Schuld zu vergeben, wenn wir sie be‐ nicht kopflos, sondern lässt mit sich kennen. Darum hast du Deinen Sohn das geschehen, was Gott mit ihm vor‐ Jesus Christus in den Tod gegeben und hat, damit er, der von keiner Schuld am Kreuz qualvoll sterben lassen. Dar‐ weiß, alle Schuld auf sich nimmt und um sind wir in all unserer Qual und stirbt – auch für uns. Er hat den Weg Angst – wie sie auch sein mag – nicht zu Gott wieder frei gemacht, den wir allein. Das gibt uns Kraft anzunehmen, durch unseren Egoismus und unsere was auch kommen mag. Amen. Selbstgefälligkeit, unsere Streitsucht, Angelika Krakau allen Neid und Hass ebenso wie unse‐ ren Unglauben verschlossen haben. Je‐ sus reagiert trotz aller Angst nicht kopflos, sondern er beruhigt, als die Si‐ tuation im Garten Gethsemane zu es‐ kalieren droht. Von seiner Kraft und seiner Besonnenheit wünsche ich uns allen mehr, besonders denen, die Angst haben, besonders denen, die den Tod vor Augen haben und sich fürchten. Wir dürfen unsere Angst zei‐ gen, aber wir dürfen uns von ihr nicht beherrschen lassen. „Denn Gott hat Foto: congerdesign / pixabay.de 7
OSTERN – . APRIL Andacht für das Osterfest Ostern, so könnte man meinen, ist ein Jesus zu ihr: Maria! Da wandte sie sich Fest, mit dem man im wahrsten Sinn um und spricht zu ihm auf Hebräisch: des Wortes fest zu rechnen hat. Lange Rabbuni!, das heißt: Meister! Spricht Zeit galt es als Hauptaufgabe der Ma‐ Jesus zu ihr: Rühre mich nicht an! thematik, dass man mit ihrer Hilfe das Denn ich bin noch nicht aufgefahren Osterdatum vorausberechnen konnte, zum Vater. Geh aber hin zu meinen bis schließlich Carl Friedrich Gauß eine Brüdern und sage ihnen: Ich fahre auf relativ einfache Formel fand, so dass zu meinem Vater und zu eurem Vater, dies heute jeder mit wenig Aufwand zu meinem Gott und zu eurem Gott. selbst relativ rasch erledigen kann. Maria von Magdala geht und verkün‐ Aber rechnen wir wirklich mit Ostern? digt den Jüngern: Ich habe den Herrn Rechnen wir damit, dass mit Ostern ei‐ gesehen, und das hat er zu mir gesagt. ne Wirklichkeit in unser Leben eintritt, (Johannes 20,11–18) die all unseren Erfahrungen völlig zu‐ wider läuft? Wie wenig wir Menschen Was Maria Magdalena an diesem Sonn‐ mit dem Ostergeschehen wirklich rech‐ tagmorgen vor dem Grab Jesu erlebt, nen können, das wird schon deutlich das ist in der Tat etwas, womit sie in im Bericht über den Ostermorgen, wie keiner Weise gerechnet hat – womit er sich im Evangelium des Johannes auch kein Mensch wirklich hätte rech‐ findet. nen können: Das Grab Jesu ist leer. Es muss ja für sie unfassbar sein, der Ge‐ Maria aber stand draußen vor dem danke, dass jemand den Leichnam Jesu Grab und weinte. Als sie nun weinte, gestohlen hat. Wer tut so etwas? Wer schaute sie in das Grab und sieht zwei tut trauernden Menschen nur so etwas Engel in weißen Gewändern sitzen, an? Ihre Trauer, ihre Verzweiflung, ihr einen zu Häupten und den andern zu Schmerz sind so groß, dass sie zu‐ den Füßen, wo sie den Leichnam Jesu nächst Jesus gar nicht einmal erkennt, hingelegt hatten. Und die sprachen zu als er ihr gegenübertritt und sie an‐ ihr: Frau, was weinst du? Sie spricht zu spricht: Sie hält Jesus zuallererst für ihnen: Sie haben meinen Herrn weg‐ den Friedhofsgärtner! genommen, und ich weiß nicht, wo sie Und damit hat Maria das zweite Er‐ ihn hingelegt haben. Und als sie das lebnis, mit dem sie ganz und gar nicht sagte, wandte sie sich um und sieht gerechnet hat und auch niemand wirk‐ Jesus stehen und weiß nicht, dass es lich hätte rechnen können. Sie erfährt, Jesus ist. Spricht Jesus zu ihr: Frau, dass derjenige, der zwei Tage zuvor am was weinst du? Wen suchst du? Sie Kreuz auf Golgatha einen schreckli‐ meint, es sei der Gärtner, und spricht chen und grausamen Tod gestorben zu ihm: Herr, hast du ihn weggetra‐ ist, aus dem Tod zurückgekehrt ist. Je‐ gen, so sage mir, wo du ihn hingelegt sus lebt! War all das, was sie zuvor er‐ hast; dann will ich ihn holen. Spricht leben musste, schon eigentlich un‐ 8
OSTERN – . APRIL denkbar, so ist das, was sie nun er‐ fährt, so jenseits aller menschlicher Vorstellungsmöglichkeiten, dass es nur zu natürlich gewesen wäre, wenn Ma‐ ria Magdalena es abgelehnt hätte, auch nur ansatzweise zu glauben, was sich da ereignet hat. Aber Maria ist so‐ fort bereit, sich darauf einzulassen, auf diese andere Wirklichkeit, die da in ihr Leben eindringt. Ihr genügt es, dass Je‐ sus sie mit ihrem Namen anspricht, und im selben Moment schon weiß sie, Foto: Ben Burton / pixabay.de dass er tatsächlich lebt, dass er von den Toten auferstanden ist. Jesus lebt! das Leben, welches all das überwindet, Das Ersehnte und doch Undenkbare ist was uns das Dasein in dieser irdischen für sie zur Realität geworden. Welt oft so schwer macht, das dürfen Das Ostergeschehen ist ein Ereig‐ wir spüren und erfahren, wenn wir uns nis, das aus Gottes Liebe ausfließt. Mit einfach auf diese Botschaft einlassen: der Auferstehung Jesu von den Toten Jesus Christus lebt, und er will, dass ist Gottes Liebe endgültig in die Welt auch wir leben. gedrungen. Das ist die neue Wirklich‐ keit, in der wir Menschen seit Ostern Liedvers leben dürfen: Dass wir von Gott geliebt sind, dass wir von Gottes Liebe ganz Jesus lebt, mit ihm auch ich! / Tod, wo und gar umgeben sind. Und weil wir sind nun deine Schrecken? / Er, er lebt von Gott geliebt sind, darum schenkt und wird auch mich / von den Toten er uns auch die Teilhabe an seinem Le‐ auferwecken. / Er verklärt mich in sein ben. Licht; / dies ist meine Zuversicht. (EG Freilich, es sieht im Augenblick 115,1) noch immer ganz, ganz anders aus. Krankheit und Leid, Unglück, Not und Gebet Sterben sind nach wie vor ganz alltägli‐ che bittere Erfahrungen, die wir ma‐ Lebendiger Gott, du hast durch die chen müssen. Dass an Ostern Gottes Auferstehung deines Sohnes dem Tode Liebe über allen Hass, Gottes Versöh‐ die Macht genommen und lässt heute nung über alle Schuld, Gottes Leben aller Welt das Heil verkünden: Nimm al‐ über allen Tod triumphiert hat, das len Kleinglauben und Zweifel von uns nehmen wir oft nicht wahr. Und damit und lass uns einstimmen in das Oster‐ rechnen wir auch oft genug nicht. Ge‐ lob all derer, die bezeugen, dass Chris‐ rade Maria Magdalena mag uns aber tus von den Toten auferstanden ist dabei ermutigen: Dass Gott uns in Je‐ und für uns lebt in Ewigkeit. Amen. sus Christus das wahre Leben schenkt, Christian Justen 9
QUASIMODO GENITI – . APRIL Andacht für den 11. April 2021 Ostern haben wir gerade hinter uns. Gedanken aber auch die zarte Pflanze Die fröhliche Botschaft von der Aufer‐ der Hoffnung am Leben hielten. Hoff‐ weckung des Gekreuzigten ist noch nung auf Heimkehr. Ich stelle mir vor, ganz frisch – und zugleich sind wir wie‐ dass sie miteinander geträumt haben: der im Alltag angekommen, in der Nächstes Jahr um diese Zeit sind wir Wirklichkeit von Arbeit und Mühe, von wieder in Jerusalem oder wo immer Lasten und Sorgen, aber auch von wir vor dem Krieg gewohnt haben. Schuld und Versagen. Und Jahr für Jahr die Enttäuschung: Es Da tut es gut, sich von dem ermuti‐ wird nichts mit der Heimkehr. gen zu lassen, was wir bei Jesaja, dem Und in dieser Situation, wo die Menschen aus Israel, die Enttäuschten und Müden und Kraftlosen, wo eben diese Menschen in ihrer eigenen Ohn‐ macht und Enttäuschung unterzuge‐ hen drohten, in dieser Situation muss Jesaja, der Prophet Gottes, für seine Leute zum Seelsorger werden. Ich stel‐ le mir vor, Jesaja steht des Abends im Kreis seiner Landsleute und spricht zu ihnen: „Blickt nach oben und seht!“ Diese traurigen Gestalten, die vor sich hinstarren, vor sich hinbrüten, den Foto: FreePhoto / pixabay.de Kopf hängen lassen, diese Menschen Propheten Gottes, lesen (Jesaja 40, am Ende ihrer Kraft fordert er auf: 26ff). Guckt mal nach oben! Und wer von uns Er hatte eine Botschaft an sein Volk schon einmal am Mittelmeer war, der in der Verbannung, Mutmachworte im weiß, was diese Menschen dann gese‐ Auftrag des allmächtigen und barm‐ hen haben: einen überwältigenden herzigen Gottes. Sternenhimmel. Ich stelle mir vor, dass Ich stelle mir vor, wie sie da lebten Jesaja dieses Bild auf seine Leute hat im fremden Land, die Verschleppten wirken lassen, dass er eine Weile den aus Israel. Voller Angst vor den Siegern Mund gehalten hat. Und dann hat er und voller Misstrauen all den fremden seine Predigt angefangen: Menschen gegenüber, unter denen sie leben mussten. Voller Enttäuschung Wer hat diese (Sterne) geschaffen? Er, darüber, dass Gott ihnen dieses Schick‐ der ihr Heer hervortreten lässt, abge‐ sal nicht erspart hatte. Ich stelle mir zählt, sie alle ruft er mit Namen her‐ vor, dass die Männer und Frauen und bei. Der Fülle an Kraft wegen, und Kinder in Babylon neben all den negati‐ weil er vor Kraft strotzt, geht kein Ein‐ ven und bedrückenden Gefühlen und ziger verloren. 10
QUADIMODO GENITI – . APRIL Und, so lautet die logische Folgerung: dessen begegnet uns der Auferstande‐ Dieser Gott, der die Kraft hat, die Welt ne. Er fordert uns gewissermaßen auf: und alle Sterne zu erschaffen und an Riskiert einen Blick auf mich, auf den, ihrem Platz zu halten, dieser Gott gibt der den Tod besiegt hat. Wenn ihr, sagt euch ab von seiner Kraft. Der hilft euch der Auferstandene, euren Blick und eu‐ wieder auf die Beine. Der bringt euer re Erwartungen auf mich richtet, dann Leben in Ordnung, auch wenn ihr nicht sage ich euch: Von mir dürft ihr alles immer begreifen werdet, warum ihr erwarten. Hilfe und Zukunft, Kraft und den einen oder anderen Umweg gehen Befreiung, Ausdauer und Mut. Von mir müsst. Dem Ermatteten gibt er Kraft, dürft ihr alles erwarten. Alles, was ihr und wo keine Kraft ist, gibt er große für euer Leben braucht. Stärke. Und an dem, was schon Jesaja sei‐ Wenn ich das lese, dann möchte ich nen Leuten mit auf den Weg geben gerne zu denen gehören, die Jesaja da‐ konnte, hat sich nichts geändert, weil mals mit diesen Worten aufgebaut hat. sich Gott nicht geändert hat. Amen. Dann möchte ich gerne zu denen ge‐ hören, die Gott täglich mit der nötigen Liedvers Kraft versorgt. Und ich lerne etwas ganz Wichtiges aus diesen alten Wor‐ Wir wollen alle fröhlich sein / in dieser ten einer längst vergangenen Zeit: österlichen Zeit; / denn unser Heil hat Manchmal tut es gut, nach oben zu Gott bereit’. / Halleluja, Halleluja, Halle‐ schauen. Manchmal tut es gut, nicht luja, Halleluja, / gelobt sei Christus, Ma‐ immer auf das zu starren, was weh tut rien Sohn. (EG 100,1) und Schwierigkeiten bereitet. Manch‐ mal tut es gut, nicht nur das im Blick zu Gebet haben, was uns fertig macht. Die Men‐ schen damals, die des Abends um Jesa‐ Gott des Lebens, wir bitten dich um ja herumsaßen, haben vermutlich er‐ deine Kraft, die uns frei macht von lebt, wie befreiend der Blick auf Gottes Schuld, die uns ermutigt zum Leben, wunderschönen und wunderbaren die uns verbindet in Gemeinschaft un‐ Sternenhimmel für sie war. Und wie tereinander. Dies bitten wir durch Je‐ sich aus diesem Blick, aus dieser Per‐ sus Christus. Amen. spektive zusammen mit Jesajas Mut‐ Johannes de Kleine machworten ein ganz neuer Blick auf ihr Leben und eine ganz neue Perspek‐ tive für ihre Zukunft ergab. Und wir Menschen heute haben ge‐ nau die gleiche Möglichkeit, eine neue Perspektive für unser Leben zu finden. Inmitten all dessen, was unseren Blick gefangen hält, so dass wir nicht in die Zukunft zu blicken wagen, inmitten all 11
MISERIKORDIAS DOMINI – . APRIL Andacht für den 18. April 2021 Misericordias Domini, so der lateini‐ und es wieder zur Herde zurückführt. sche Name des zweiten Sonntags nach Diese Idylle tut gut. Umsorgt zu Ostern – besser bekannt als der Hirten‐ werden, immer zu wissen, wo ich hin‐ sonntag, denn in allen Texten geht es gehöre. Und wenn ich mich verlaufe, um den Hirten und seine Schafe. Und mich verletze oder die Nahrung fehlt, der Psalm dieses Sonntags ist uns spä‐ dann ist da einer, der sich kümmert. testens seit dem Konfirmandenunter‐ Dann ist da einer, der mir nachgeht, richt vertraut, und sein erster Vers war der mir das gibt, was mir Leib und See‐ früher einer der beliebtesten Tauf‐ le zusammenhält. Wie sehr sich wohl bzw. Konfirmationssprüche: „Der H diejenigen danach sehnen, die am Ran‐ ist mein Hirte, mir wird nichts man‐ de unserer Gesellschaft leben? Wie nö‐ geln.“ (Psalm 23,1) tig haben es gerade diejenigen, die Dabei ist das Bild des Hirten, der schwer krank sind? Und wie sehr seh‐ mit seiner großen Schafherde von Ort nen sich gerade diejenigen, die hohe zu Ort und Wiese zu Wiese zieht und Verantwortung tragen, danach, mal ih‐ mit seiner Herde irgendwo draußen re Verantwortung abzugeben an einen übernachtet, fremd geworden. Der Be‐ anderen, der immer weiß, was Not und ruf des Hirten, der mit seiner Herde was gut tut? über Land zieht und mit ihr im Freien Diese Idylle trügt aber auch. Das übernachtet, stirbt aus. Und dennoch Hirtenleben ist nämlich kein romanti‐ beschleicht mich, wenn ich diesen sel‐ sches, sondern hartes Brot. Auch wenn tenen Anblick erlebe, das Gefühl der viele von ihnen nachts ein Dach über Geborgenheit. Da ist einer, der sich Tag dem Kopf haben und nicht mehr drau‐ und Nacht um die kümmert, die ihm ßen bei den Schafen schlafen. Den‐ anvertraut sind. Da ist einer, der sich noch gilt: Genügend Weidefläche für bei Wind und Wetter und jeder Gefahr die Tiere zu finden, die Herde wohlbe‐ sorgt um seine Herde. Da ist einer, der halten über die stark befahrenen Stra‐ dem Tier, das sich verirrt hat, nachgeht ßen zum nächsten Weideplatz zu brin‐ gen. Gefahren lauern überall. Da muss der Hirte schon auf der Hut sein, denn er hat die Verantwortung, auch für sei‐ ne vierbeinigen Helfer, die Hunde. Wer in führender bzw. leitender Po‐ sition ist, darf sich keine Fehler erlau‐ ben, denn das kann ziemlich schwere Folgen haben, kann in die Arbeitslosig‐ keit oder den finanziellen Ruin treiben und im schlimmsten Fall sogar Leben kosten. Wer eine führende bzw. leiten‐ de Position innehat, muss gut überle‐ Foto: pixel2013 / pixabay.de 12
MISERIKORDIAS DOMINI – . APRIL gen, was er bzw. sie tut, ehe der erste Wie gut, dass wir solch einen Hirten Schritt unternommen wird. Schon im haben, der uns nachgeht, der uns Vorfeld muss man sich überlegen, wel‐ (be)schützt und rettet. So lässt es sich che Folgen das eigene Tun haben kann. gut aushalten auf den Weiden dieser Leichtfertig getroffene Entscheidun‐ Welt bei Wind und Wetter. Amen. gen können bittere Konsequenzen für alle Betroffenen nach sich ziehen. Liedverse Und dann gibt es noch die „schwar‐ ze Schafe“ unter den Hirten. Sie fühlen 1. Es kennt der Herr die Seinen / und sich nicht verantwortlich für das Ihnen hat sie stets gekannt, / die Großen und Anvertraute. Sie werden für ihre Auf‐ die Kleinen / in jedem Volk und Land; / gabe bezahlt, aber sie sind nicht mit er lässt sie nicht verderben, / er führt Leib und Seele dabei. Sie tun ihre sie aus und ein, / im Leben und im Ster‐ Pflicht, mehr aber auch nicht – und ben / sind sie und bleiben sein. manchmal selbst die nicht. Und den‐ noch vertrauen ihnen Menschen, weil 6. So hilf uns, Herr, zum Glauben / und sie es nicht besser wissen, und werden halt uns fest dabei; / lass nichts die enttäuscht, betrogen, verletzt, sie ver‐ Hoffnung rauben; / die Liebe herzlich zweifeln, erkranken oder sterben so‐ sei! / Und wird der Tag erscheinen, / da gar. dich die Welt wird sehn, / so lass uns Wie gut, dass der gute Hirte, von als die Deinen / zu deiner Rechten dem die Bibel uns in beiden Testamen‐ stehn. (EG 358,1+6) ten berichtet, ein anderer ist. Er zieht die falschen Hirten zur Rechenschaft Gebet und wird die Schafe selber weiden. Durch den Propheten Hesekiel lässt er Vater im Himmel, du kennst uns und du den Hirten ausrichten: „Wehe den Hir‐ kümmerst dich um uns. Den Verlore‐ ten Israels, die sich selbst weiden! [...] nen gehst du nach, die Kranken heilst Siehe, ich will an die Hirten und will du, die Sterbenden hältst du fest an meine Herde von ihren Händen for‐ deiner Hand, den Traurigen trocknest dern; ich will ein Ende damit machen, du die Tränen und mit den Frohen dass sie Hirten sind, und sie sollen sich lachst du. Dir dürfen wir vertrauen und nicht mehr selbst weiden. [...] Ich will zu dir dürfen wir kommen mit allem, mich meiner Herde selbst annehmen was uns auf der Seele liegt. Du hast im‐ [...] Ich will sie weiden, wie es recht mer ein offenes Ohr für alles, was uns ist.“ (aus Hesekiel 34) Und Jesus bewegt und umtreibt. Danke, dass du selbst, der sein Leben für uns gelassen unser guter Hirte bist, der uns führt hat, sagt: „Ich bin der gute Hirte und und leitet. Amen. kenne die Meinen und die Meinen Angelika Krakau kennen mich, wie mich mein Vater kennt. Und ich lasse mein Leben für die Schafe.“ (Johannes 10) 13
JUBILATE – . APRIL Andacht für den 25. April 2021 Jubilate – Jauchzet – ja, das wollten ser doch so anderen Zeit feststellen wir eigentlich tun, denn am heutigen können. Viele hatten und haben aus Sonntag sollten 18 junge Menschen ganz unterschiedlichen Gründen Zeit, aus unserer Gemeinde konfirmiert sich in der Natur und in der näheren bzw. getauft werden. Jubilate deo om‐ Umgebung aufzuhalten. Große Ur‐ nis terra! – Jauchzet Gott, alle Lande! laubsreisen waren und sind für die we‐ (Psalm 66,1) nigsten drin. Darum beobachten wir Es sollte ein schönes Fest werden: die Natur sozusagen vor der Haustür. Ein Fest der Kirchengemeinde und der So zum Beispiel die kleine Blaumeise. Kirche, denn mit der Konfirmation wä‐ mitten in den noch winterlich kahlen ren alle 18 Mädchen und Jungen Voll‐ Zweigen sitzend, beim Spaziergang im mitglieder unserer Kirchengemeinde. Broichbachtal in Herzogenrath ent‐ Ab heute hätten sie das Patenamt deckt. Und es ist ein Wunder und wun‐ übernehmen dürfen. Ein Fest der Fami‐ derbar anzusehen, wie alles wächst lien, besonders der Eltern und Paten – und gedeiht. Selbst an den unmög‐ geschafft – jetzt sind unsere (Pa‐ lichsten und überraschendsten Stellen ten‐)Kinder religionsmündig, tragen können wir Tiere und Pflanzen entde‐ nun selber Verantwortung für ihr religi‐ cken. Sie wachsen und gedeihen, auch öses Denken und Tun. Wir haben unse‐ wenn Menschen immer wieder versu‐ ren bei ihrer Taufe angenommenen chen, ihren Lebensraum zu verkleinern Auftrag erfüllt. oder gar zu zerstören. Das Leben gibt Nun müssen wir die Einsegnung nicht auf, egal wie schwierig die Zeiten wie im vergangenen Jahr und aus den‐ sind. Es hat es nur manchmal schwe‐ selben Gründen auf den September rer. verschieben. Schade und traurig einer‐ Gott gibt das Leben nicht auf, seits. Aber davon geht die Welt nicht selbst in schwierigsten Zeiten nicht. Als unter, sondern ein wichtiges Ereignis Zeichen dafür hat er seinen Sohn in wird verschoben, damit es ein mög‐ den Tod gegeben, ihn aber wieder auf‐ lichst richtiges Jubel‐Fest werden erweckt zum ewigen Leben. Gott lässt kann. Aber egal, wann wir die Konfir‐ seine Schöpfung – und das ist nicht nur mation dieser jungen Menschen end‐ unsere Erde, sondern das ganze Uni‐ lich feiern können, und egal, wann wir versum – nicht. Er weist uns nur immer die Einsegnung all der jungen Men‐ wieder auf die kleinen alltäglichen schen feiern werden, die sich in den Wunder der Natur und seiner Schöp‐ kommenden Jahren anmelden. Der fung hin, die wir in unserem Alltag, auf Auftrag dieses Sonntags und des dem Weg zum Einkauf oder zur Schule Psalm 66 bleibt bestehen: Jauchzet oder einfach beim Spaziergang nur im‐ Gott, alle Lande! Und das dürfen wir. mer wieder übersehen. Nun leben wir Wie wunderbar sein Werk, seine in einer Zeit, in der wir tagtäglich über Schöpfung ist, haben wir gerade in die‐ diese Wunder stolpern dürfen und ju‐ 14
JUBILATE – . APRIL beln dürfen über all die vielen kleinen Sprecht: Wunderbar sind deine Wer‐ Schönheiten, die er uns geschenkt und ke, / o Gott, die du hervorgebracht; / anvertraut hat. auch Feinde fühlen deine Stärke / und Natürlich ist uns nicht immer und zittern, Herr, vor deiner Macht. dauernd nach Jubeln zumute. Es gibt immer wieder Situationen im Leben, 2. Dir beuge sich der Kreis der Erde, / da bleibt der Jubel im Hals stecken. Da dich bete jeder willig an, / dass laut fehlen die Worte, da stockt der Atem dein Ruhm besungen werde / und alles und die Tränen lassen sich nicht aufhal‐ dir bleib untertan. / Kommt alle her, ten. Dann, wenn uns eine schwere schaut Gottes Werke, / die er an Men‐ Krankheit trifft, wenn ein geliebter schenkindern tat! / Wie wunderbar ist Mensch stirbt, wenn wir vor dem Aus seine Stärke, / die er an uns verherr‐ einer Beziehung stehen, wenn wir At‐ licht hat! (EG 279,1+2) tentate auf Menschen erleben müssen, wenn Fremdenhass geschürt wird. Gebet Dann, wenn unsere eigene Welt aus den Fugen zu geraten droht. Doch Wie herrlich ist dein Werk, Gott, das du Gott ist da. Er hat uns mit der Auferste‐ uns anvertraust. Wie wunderbar sind hung Jesu, die wir gerade erst gefeiert deine Geschöpfe. Gerade in schweren haben, gezeigt, dass er uns bewahrt Zeiten tut es gut, sich daran erinnern und hält. Jubilate deo omnis terra! – zu lassen. Auch daran erinnern zu las‐ Jauchzet Gott, alle Lande! Danke, Gott, sen, dass Du es bist, der alles so wohl dass Du da bist. Danke, dass Du diese geordnet hat, und nicht wir selbst. Welt so schön geschaffen und uns ge‐ Lass uns das nicht vergessen. Die klei‐ schenkt hast. nen Wunder lass uns entdecken und Ja, wir dürfen Gott zujubeln und uns daran freuen. Lass uns das Gute über jeden jungen Menschen, der „Ja“ suchen in deiner Schöpfung, in unse‐ sagt zu ihm, seinem Schöpfer und rem Gegenüber und in uns, dass wir es himmlischen Vater, egal, ob er es im bewahren. Amen. Gottesdienst am Sonntag Jubilate tut Angelika Krakau oder erst an einem Sonntag im Herbst. Wichtig ist, dass wir uns alle zu Gott bekennen und ihm ein Lied singen. Ju‐ bilate deo omnis terra! – Jauchzet Gott, alle Lande! Amen! Liedverse 1. Jauchzt, alle Lande, Gott zu Ehren, / rühmt seines Namens Herrlichkeit, / und feierlich ihn zu verklären, / sei Stimm und Saite ihm geweiht. / Foto: Frank Landvogt 15
KANTATE – . MAI Andacht für den 2. Mai 2021 Die Frage danach, was denn im Gottes‐ tet und bewahrt hat, dass Israel sich dienst gesungen werden soll, was stets der Zuwendung Gottes gewiss denn ein angemessener Gemeindege‐ sein durfte. Und dies gerade auch in sang, eine angemessene Kirchenmusik den Zeiten, zu welchen es dem Volk Is‐ sei, ist durchaus umstritten. Darf man rael mehr als schlecht ging, in den Zei‐ einfach so alte Traditionen über Bord ten, als es der Verfolgung ausgesetzt werfen? Muss man wirklich das, was war, in den Zeiten, als es in seiner Exis‐ wir in Kirche und Gottesdienst tun, tenz bedroht schien. Auch da wusste dem Zeitgeist unterwerfen, sich auf Israel immer um die heilvolle Gegen‐ das Neue stürzen, weil es eben neu ist? wart Gottes, die allem Augenschein Muss Kirche wirklich jede Mode mitge‐ zum Trotz wirkte, die Israels Leben mit hen? Und umgekehrt: Haben wir als Gottes Wirklichkeit durchdrang. Für Gemeinde nicht doch auch die Pflicht, uns als Christen kommt nun freilich das Evangelium immer wieder so zu auch der Blick auf das Heilsgeschehen verkündigen, dass es die Menschen un‐ in Christus hinzu. Gottes Wunder be‐ serer Zeit anspricht, und das heißt steht für uns auch darin, dass Gott in doch auch: Haben wir als Gemeinde seinem Sohn Mensch unter Menschen nicht auch in der Sprache unserer Zeit wurde, dass er sich für uns am Kreuz zu reden? Und damit eben auch in der von Golgatha aufgeopfert hat, dass er musikalischen Sprache unserer Zeit? In schließlich mit seiner Auferstehung unserer gottesdienstlichen Praxis ste‐ von den Toten die Macht des Todes ein cken wir ein Stück weit tatsächlich für allemal gebrochen hat und uns das manchmal in der Klemme. Da kann es ewige Leben in seiner Liebe errungen hilfreich sein, sich vom Psalmvers, der hat. Und mit Israel vereint uns dann dem Sonntag Kantate überschrieben auch die Gewissheit, dass Gott auch im ist, einen Fingerzeig geben zu lassen: Leben eines jeden einzelnen Menschen „Singet dem H ein neues Lied, präsent ist, dass Gott an einem jeden denn er tut Wunder.“ (Psalm 98,1) Tag unseres Lebens mit uns mitgeht. Zunächst ist gar nicht so wirklich Der große, ewige, allmächtige Gott, eindeutig, was denn an dieser Stelle der Schöpfer des Himmels und der Er‐ mit dem „neuen Lied“ tatsächlich ge‐ de, dieser große Gott tritt ein in unser meint ist. Vielleicht ist es besser, den menschliches Leben, in dein und mein Vers von seinem Ende her zu betrach‐ Leben, um es heil zu machen, um es zu ten: „Der H tut Wunder“, heißt es seinem Frieden zu führen – das ist das da. Worin bestehen die Wunder Got‐ eigentliche Wunder, welches Gott an tes? Für das Alte Testament bestehen uns tut. die Wunder Gottes wohl vor allen Din‐ Doch warum ruft uns der Psalmist gen, wenn auch keineswegs aus‐ nun dazu auf, ein „neues“ Lied zu sin‐ schließlich, darin, dass Gott sein Volk gen? Denn für die ganze Bibel steht ja Israel immer und immer wieder erret‐ an sich fest, dass Gott in seiner Fürsor‐ 16
KANTATE – . MAI ge für uns Menschen stets derselbe bleibt, dass seine Liebe zu uns ganz und gar fest steht, dass er in seiner Treue zu uns unwandelbar ist. Der Blick richtet sich nun eigentlich gar nicht un‐ mittelbar auf Gott, sondern der Blick des Psalmisten ist auf die Menschen gerichtet. Wir Menschen leben ein Le‐ ben in beständigem Wandel. Wir erfah‐ ren, dass sich unser Leben beinahe je‐ den Tag von Grund auf verändern kann. Aber inmitten einer Welt, die Foto: Candid_Shots / pixabay.de vom Wandel bestimmt ist, dürfen wir jeden Morgen neu die Treue erfahren, seine unwandelbare Liebe spüren. Seht, seine Rechte sieget wieder, / sein Und das ist es wohl auch, was der heilger Arm gibt Kraft und Mut. / Wo Psalmist mit dem „neuen Lied“ meint: sind nun alle unsre Leiden? / Der Herr Es geht nicht um den Inhalt, um die Ge‐ schafft Ruh und Sicherheit; / er selber stalt dessen, was wir singen, sondern: offenbart den Heiden / sein Recht und Es geht um das Bewusstsein, aus dem seine Herrlichkeit. heraus wir Gott lobsingen. Es geht dar‐ um, dass unser Lob und Dank jeden 2. Der Herr gedenkt an sein Erbarmen, / Tag neu erwächst. Mit welchen Wor‐ und seine Wahrheit stehet fest; / er ten, mit welchen Weisen wir dies tun, trägt sein Volk auf seinen Armen /und das ist letztlich ganz und gar gleichgül‐ hilft, wenn alles uns verlässt. / Bald tig. Wir mögen Gott loben mit „Großer schaut der ganze Kreis der Erde, / wie Gott, wir loben dich“ oder „Nun dan‐ unsers Gottes Huld erfreut. / Gott will, ket alle Gott“ oder auch mit „Laudato dass sie ein Eden werde; / rühm, Erde, si“ oder „Danke für diesen guten Mor‐ Gottes Herrlichkeit! (EG 286,1+2) gen“. Wir mögen Gott loben mit einem Gospelsong oder auch mit einer Buxte‐ Gebet hude‐Kantate. Wir mögen Gott loben mit Barockmusik oder auch mit Zwölf‐ Lass, Herr, den Klang des Lebens, der tonmusik. Das einzige, was wirklich die ganze Schöpfung erfüllt, auch in zählt, das ist: Dass wir das Lob Gottes uns laut werden. Lass uns deine Macht niemals vergessen, dass wir jeden Tag rühmen, wenn wir schwach sind. Lass neu dazu unseren Mund öffnen. uns für deine Gemeinschaft danken, wenn wir einsam sind. Lass uns dir im‐ Liedvers mer ein neues Lied singen. Amen. Christian Justen 1. Singt, singt dem Herren neue Lie‐ der, / er ist’s allein, der Wunder tut. / 17
ROGATE – . MAI Andacht für den 9. Mai 2021 Rogate – Bittet – so heißt dieser fünfte wirklich so? Hilft beten erst, wenn alle Sonntag nach Ostern, liebe Gemeinde. Kunst – auch die medizinische – am En‐ Und ums Bitten bzw. das Beten geht de ist? Und was ist, wenn der Mensch es in den Liedern und biblischen Tex‐ stirbt? Hat dann das Gebet trotzdem ten. Allerdings an der Frage, wie und geholfen? Muss erst „Matthäi am Letz‐ wo man richtig betet, scheiden sich die ten sein“, bevor die Meisten über ein Geister und streiten sich die Häupter Gebet nachdenken? Nein. Ein Gebet schon ewig. Die einen sagen, dass man dürfen wir immer sprechen. Aber auch eigentlich nur im Gottesdienst und in da sind Menschen ganz unterschiedli‐ der Gemeinschaft richtig beten kann. cher Ansicht. Die einen meinen, man Vielleicht, weil es nachdrücklicher ist, müsse ein Gebet ordentlich formulie‐ wenn mehrere beten? Andere sagen, ren, damit es überhaupt eine Chance dass es besser ist, wenn man es alleine hat, gehört zu werden. Andere beten tut. Auch in der Bibel können wir lesen, munter drauf los und sagen das, was dass man es im stillen Kämmerlein tun ihnen in den Sinn kommt. Wer oder sollte. Andererseits sind natürlich im‐ was bestimmt denn, welches Gebet richtig und welches falsch ist; welches von Gott erhört und welches verwor‐ fen wird? Und wer legt fest, was in ein Gebet hineingehört und was nicht? Wo steht geschrieben, wo man zu beten hat, wann und zu welchem Anlass? Foto: congerdesign / pixabay.de Unstrittig ist wohl am wenigsten, an wen alle Gebete adressiert sind, nämlich an Gott und an Jesus. Und An‐ lässe gibt es viele und ganz alltägliche. Menschen beten nach dem Aufstehen oder vor dem Zubettgehen, zu den Mahlzeiten oder vor einer schweren mer wieder Menschen zum gemeinsa‐ Aufgabe. Meistens – so erlebe ich es – men Gebet zusammenkommen. bitten wir Gott um etwas. Wir klagen Dann gibt es wieder diejenigen, die ihm unser Leid und das der anderen. das Beten in die Hände der Geistlichen Manchmal legen wir ihm Menschen be‐ und Kirchenmenschen legen, weil das sonders ans Herz, bitten nicht nur für ja die „Gebets‐Profis“ sind. In den 17 uns, sondern auch für andere. Mit dem Jahren, als ich Gemeinde‐ und Kran‐ Dank tun wir uns da schon schwerer. kenhauspfarrerin war, bin ich oft zu Es heißt ja auch: Not lehrt beten. Schwerkranken oder Sterbenden geru‐ Wie groß aber muss dann die Not sein, fen worden mit den Worten: „Jetzt dass wir beten? Und was ist es für eine hilft nur noch beten.“ Aber ist das Not, die uns zum Beten animiert? Wer‐ 18
ROGATE – . MAI den die Kirchen dann voller, wenn die ihm zu danken für seine Treue, ihn zu Not größer wird? Wie groß ist die Not, bitten um seine Hilfe, ihm die anheim‐ die das Coronavirus ausgelöst hat. Vol‐ zustellen, denen ich nicht vergeben lere Kirchen können wir nicht verzeich‐ kann, ihn um Vergebung zu bitten, wo nen, allein schon weil sie zu den Got‐ ich schuldig geworden bin. Und wenn tesdiensten nur eine verschwindend ich es nicht mit eigenen Worten sagen kleine Menschenzahl gegenüber den kann, dann kann ich es immer mit dem möglichen Sitzgelegenheiten hineinlas‐ Gebet versuchen, von dem Jesus sagt: sen, oder, wie wir es tun, noch gar kei‐ „Denn euer Vater weiß, was ihr be‐ ne Präsenzgottesdienste (das ist zu‐ dürft, bevor ihr ihn bittet. Darum be‐ mindest der Stand bei Drucklegung) tet so: Unser Vater im Him‐ gefeiert werden. Andererseits haben mel ...“ (Matthäus 6,8–13). Unser die Kirchen beider Konfessionen seit himmlischer Vater ist bei uns. Er hört über einem Jahr zu verschiedenen Ak‐ uns immer und überall. Darum geht tionen aufgerufen bzw. unterstützen keines unserer Gebete verloren. Amen. sie, wie z.B. die jüngste Aktion von Bundespräsident Frank‐Walter Stein‐ Liedvers meier, jeden Freitag zur Abenddäm‐ merung eine brennende Kerze ins 7. Sing, bet und geh auf Gottes We‐ Fenster zu stellen und dabei der an gen, / verricht das Deine nur getreu / und mit Covid‐19 Verstorbenen zu ge‐ und trau des Himmels reichem Segen, / denken und sie sowie ihre Angehöri‐ so wird er bei dir werden neu. / Denn gen in unsere Gebete aufzunehmen. welcher seine Zuversicht / auf Gott Rogate – Bittet! Gott um Unterstüt‐ setzt, den verlässt er nicht. (EG 369,7) zung bitten, um Mut und Kraft für den nächsten Schritt, der zu tun ist, in einer Gebet schweren, ja vielleicht schier aussichts‐ losen Situation – das hilft. Manchmal Vater unser im Himmel, geheiligt wer‐ beruhigt es mich schon, wenn ich mei‐ de dein Name. Dein Reich komme. ne Bitte laut ausspreche und sie so Dein Wille geschehe wie im Himmel, so Gott anvertraue, ihn um seinen Bei‐ auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns stand bitte, auch wenn ich weiß, dass heute und vergib uns unsere Schuld, ich den ersten Schritt tun muss, damit wie auch wir vergeben unseren Schul‐ sich etwas verändert. Gott ist ja digern. Und führe uns nicht in Versu‐ schließlich weder der Weihnachtsmann chung, sondern erlöse uns von dem noch der Osterhase oder eine Wunsch‐ Bösen. Denn dein ist das Reich und die fee, der oder die das tut, was ich Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. möchte. Aber mein Gebet an Gott zu Amen. richten beruhigt und lässt mich man‐ Angelika Krakau ches wieder klarer sehen, und ich er‐ kenne, was zu tun ist. Beten heißt, mich an Gott wenden, 19
CHRISTI HIMMELFAHRT – . MAI Andacht für den 13. Mai 2021 (Christi Himmelfahrt) Jesus führte sie aber hinaus bis nach nen geliebten Menschen ganz nahe. Betanien und hob die Hände auf und Damals wie heute. Und damals wie segnete sie. Und es geschah, als er sie heute ist das leichter zu erleben als es segnete, schied er von ihnen und fuhr zu erklären, wie das denn nun sein auf gen Himmel. Sie aber beteten ihn kann: aufgefahren in den Himmel, und an und kehrten zurück nach Jerusalem zugleich an unserer Seite. mit großer Freude und waren allezeit Wo berühren sich Himmel und Er‐ im Tempel und priesen Gott. (Lukas de? Wo begegnet uns Jesus, der uns 24,50–53) hilft, wie es sein hebräischer Name „Jeschua, Gott hilft“ ausdrückt? Wo er‐ leben wir ein Stück Himmel auf Erden? Himmelfahrt – ein Feiertag zwischen Wir erleben es da, wo Menschen Himmel und Erde. Was ist damals ge‐ sich in Gottes Namen versammeln. In schehen? Die Bibel erzählt, dass Jesus unseren Gottesdiensten. Wo wir zu‐ von Nazareth nach Ostern mit seinen sammenkommen, um Gottes Wort zu Jüngerinnen und Jüngern zusammen hören, die Botschaft der Bibel. Da ist war. Er versprach ihnen die Kraft aus Gott mitten unter uns, damit wir ver‐ der Höhe. Er segnete sie. Und dann stehen und begreifen und eine Hilfe fuhr er auf gen Himmel. Was heißt haben für den Weg durch die Zeit. das? Himmel und Erde berühren sich Zum einen bedeutet es: Jesus ver‐ dort, wo Menschen mit Gottes Hilfe lässt seine Jüngerinnen und Jünger, neu miteinander beginnen. Wo sie sich und sie bleiben zurück. Jetzt sollte nach langem Streit versöhnen, sich man meinen, dass bei ihnen große Ver‐ aussprechen und dann, befreit von der zweiflung und Trauer ausbrechen wür‐ Last der Vergangenheit, gemeinsam de. Aber im Gegenteil! Lukas sagt: Sie einen neuen Weg gehen. beteten ihn an und kehrten zurück Himmel und Erde berühren sich nach Jerusalem mit großer Freude. Mit dort, wo Menschen einander in Gottes großer Freude! Obwohl er sie verlassen Namen helfen. Wo sie in Nachbar‐ hatte. Obwohl sie mit ihrem Leben schaft oder Familie, in der Schule oder jetzt würden alleine zurechtkommen am Arbeitsplatz aufeinander achten müssen. Warum? Weil er zum Vater im und anpacken ohne viele Worte, aber Himmel zurückgekehrt ist, an seinen mit viel Herz und Verstand. Platz, an den er von Rechts wegen ge‐ Himmel und Erde berühren sich hörte. dort, wo Menschen einander zu tole‐ Und das ist das zweite: Jesus ver‐ rieren lernen. Wo sie es aushalten kön‐ lässt die Menschen auf der Erde, und nen, dass Mitmenschen anders sind er kehrt zu seinem Vater zurück. Und und anders denken. Und wo sie es des‐ an seinem Platz zur Rechten Gottes, halb aushalten können, weil sie wissen: des allmächtigen Vaters, dort ist er sei‐ Gott hat uns alle geschaffen, und er 20
CHRISTI HIMMELFAHRT – . MAI hat die bunte Vielfalt dieser Welt ge‐ wollt. Himmel und Erde berühren sich dort, wo Menschen es lernen, aufein‐ ander zuzugehen. Wo sie Mut bekom‐ men, Gespräche und Kontakte zu be‐ ginnen, und wo sie auf diese Weise Ein‐ samkeit beenden und Mauern aufbrechen. Himmel und Erde berühren sich dort, wo Menschen auf ganz vielfältige und phantasievolle Weise im Alltag von Foto: Felix Mittermeier / pixabay.de Gott erzählen. Wo sie eigene Erfahrun‐ gen weitergeben und anderen damit Gott begegnet, wenn der Himmel die Mut machen, es mit dem Gott der Bi‐ Erde berührt: Dann bleibt nichts, wie bel zu versuchen. es war. Dann lebt in uns ein Stück Freu‐ Himmelfahrt – ein Feiertag zwi‐ de und Zuversicht und Hoffnung, und schen Himmel und Erde. Im Gedenken dann brennt etwas in uns wie ein Feu‐ an den Auferstandenen und zu seinem er, das immer neue Kraft und Nahrung Vater Zurückgekehrten. Und in der Er‐ bekommt. Amen. wartung, dass er an unserer Seite und mitten unter uns ist, Jesus von Naza‐ Liedvers reth, Jeschua, Gott hilft. Noch einmal zurück zu dem, was Selig, ja selig ist der zu nennen, / des Lukas berichtet. Die Jüngerinnen und Hilfe der Gott Jakobs ist, / welcher vom Jünger kehrten zurück nach Jerusalem Glauben sich nicht lässt trennen / und und waren allezeit im Tempel und prie‐ hofft getrost auf Jesus Christ. / Wer sen Gott. Das sieht so aus, als hätten diesen Herrn zum Beistand hat, findet sie jetzt endlich verstanden, was Jesus am besten Rat und Tat. / Halleluja, Hal‐ für sie und alle Menschen getan hat. leluja. (EG 303,3) Und im Tempel, wo Menschen aus aller Herren Länder ein‐ und ausgehen, da Gebet preisen sie Gott. Da erzählen sie von den großen Taten des Allmächtigen, Gott, lass uns ein Stück Himmel auf Er‐ und da erzählen sie von der Hilfe und den erleben, wenn wir deine frohe und der Zuwendung, die der Vater im Him‐ befreiende Botschaft hören! Und lass mel seinen Kindern zukommen lässt. den Himmel auf Erden unsere Erfah‐ Die Jüngerinnen und Jünger sind Gott rung im Alltag sein, an jedem neuen begegnet, und sie kehren in den Alltag Tag. Dazu schenke uns deinen guten zurück. Ihr Leben geht ganz mensch‐ heiligen Geist! Amen. lich weiter, und es hat sich zugleich to‐ Johannes de Kleine tal verändert. So ist das, wenn man 21
EXAUDI – . MAI Andacht für den 16. Mai 2021 In der Bibel finden sich Erzählungen in wa in den ausgelassenen Feierlichkei‐ Fülle, die davon berichten, wie Men‐ ten, im Tanzen, im Essen und Trinken? schen sich zu Festen und Feiern zu‐ Und die Antwort darauf lautet: All das sammengefunden haben. Eines der be‐ kann darüber nicht hinwegtäuschen, sonders wichtigen biblischen Feste, dass Leben nur dort seine Erfüllung fin‐ welches immerhin eine ganze Woche den kann, wo Menschen dem lebendi‐ lange gefeiert wurde, war das soge‐ gen Gott Israels begegnen, wo das le‐ nannte „Laubhüttenfest“, das von Ur‐ benstiftende Wort Gottes einen Men‐ sprung und Hintergrund her in etwa schen berührt und ihn mit Leben unserem Erntedankfest entsprach. Der erfüllt. Evangelist Johannes berichtet, dass Auch wir sind gefragt: „Worauf auch Jesus an diesem Laubhüttenfest setzt Du, lieber Mensch, all dein Ver‐ teilgenommen hat. Und er berichtet trauen? Woran hältst Du dich fest? Wo auch, wie Jesus diesem hohen Fest ein meinst Du, Leben zu finden?“ Und es eigenes Wort entgegensetzt. geht dann auch um die Frage, wie und wo wir den Gottesdienst feiern. Auf den Aber am letzten Tag des Festes, der ersten Blick mag die Frage ja recht ein‐ der höchste war, trat Jesus auf und fach zu beantworten sein: Das tun wir rief: Wen da dürstet, der komme zu doch jeden Sonntag – wenn auch mo‐ mir und trinke! Wer an mich glaubt, mentan auf Distanz. Und doch bleibt wie die Schrift sagt, von dessen Leib zu beantworten, was und wen wir werden Ströme lebendigen Wassers denn tatsächlich feiern. Was erwarte, fließen. Das sagte er aber von dem was erhoffe ich mir von unseren Got‐ Geist, den die empfangen sollten, die tesdiensten? Nicht selten ist es viel‐ an ihn glaubten; denn der Geist war leicht die Freude auf ein schönes und noch nicht da; denn Jesus war noch bewegendes Musikerlebnis; in man‐ nicht verherrlicht. (Johannes 7,37‐39) chen Gemeinden, so habe ich es schon gehört, gehen die Menschen vor allen Man kann sich schon gut vorstellen, Dingen wegen des hervorragenden dass diese Worte Jesu einen nicht ge‐ Kirchenmusikers zum Gottesdienst! rade kleinen Skandal verursacht haben Häufig ist es wohl auch die Hoffnung werden. Denn Jesus sagt ja nicht: darauf, eine „gute“ Predigt zu hören, „Macht mal halb lang, ihr feiert zu die möglichst kurzweilig sein soll, viel‐ viel.“ Sondern er stellt letztlich den leicht auch ein wenig witzig, aber vor Kern des Glaubens, den Gottesdienst in allem doch ansprechend. Vielleicht ist Frage. Stattdessen rückt er die Frage in es auch manchmal der Wunsch, in eine den Mittelpunkt: Wo können Men‐ würdige Feier hineingenommen zu schen ihren Lebenshunger und ihren werden, in welcher das Geheimnis des Lebensdurst wirklich stillen? Etwa in all Glaubens seinen angemessenen Aus‐ den von alters her tradierten Riten? Et‐ druck bekommt. Und oftmals ist es si‐ 22
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