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Kirchengemeinde Übach‐Palenberg

                                  EVANGELISCH
Gemeindebrief der Evangelischen

                                    IN ÜBACH‐PALENBERG
                                                            APRIL / MAI

                                                      Vor 100 Jahren geboren,
          Foto: epd‐Bild

                                                      vor 78 Jahren ermordet:
                                                      Sophie Scholl

    ANDACHTEN FÜR DIE                        SOPHIE SCHOLL, S.
    KOMMENDEN WOCHEN, S.                     PFARRERIN ELKE WENZEL, S.
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EDITORIAL

                Inhaltsverzeichnis                                          Editorial
                Ein Jahr mit Corona – Rückblick                             Liebe Leserin, lieber Leser,
                    und Ausblick ..................................            ziemlich genau ein Jahr ist es jetzt
                Andachten ...........................................       her, dass wir mit einer Sonderausgabe
                Amtshandlungen ..............................               die gewohnte Abfolge unserer Ge‐
                Anmeldung zur Konfirmation ...........                       meindebriefe durcheinander gebracht
                Pfarrerin Wenzel stellt sich vor ........                   haben. Seitdem ist (fast) alle zwei Mo‐
                KinderKirche ......................................         nate ein neuer Gemeindebrief heraus‐
                Familiengottesdienste .......................               gekommen – in gewohntem Umfang,
                Angebote für Kinder und                                     aber vor allem gefüllt mit Andachten.
                    Jugendliche ..................................             Auch dieses Mal verhält es sich so,
                Ein anderer Blick auf Corona ............                   mit dem Unterschied, dass der Ge‐
                Wie kann ich alte Schokolade                                meindebrief mit seinen 44 Seiten noch
                    noch verwenden? ........................                dicker geworden ist als üblich. Wir
                Zukunftsprozess „Über Mauern                                dachten, es sei jetzt an der Zeit, doch
                    springen“ .....................................         auch noch einmal ein besonderes
                Sophie Scholl .....................................         „Thema“ zu behandeln. Den Anlass da‐
                Kinderseite ........................................        zu gab Sophie Scholl, die dieses Jahr
                Adressen und Telefonnummern ......                          100 Jahre alt geworden wäre.
                                                                               Leider haben wir sonst immer noch
                                                                            wenig zu berichten und wenig anzu‐
  Foto/Text: Lotz

                                                                            kündigen – es kann ja momentan kaum
                                                                            etwas stattfinden, und wir können nur
                                                                            schwerlich etwas planen. Aber wir soll‐
                                                                            ten uns davon nicht kirre machen las‐
                                                                            sen – irgendwann ist die Plage zu En‐
                                                                            de! Bis dahin: Achten Sie auf sich selbst
                                                                            und auf Ihre Mitmenschen! Und lassen
                                                                            Sie sich nicht entmutigen! Oder wie
                                                                            das von Goethe stammende Motto der
                                                                            Familie Scholl es sagt: „Allen Gewalten
                                                                            zum Trutz sich erhalten!“

                    Impressum
                    Der Gemeindebrief „Evangelisch in Übach‐Palenberg“ wird herausgegeben vom Presbyterium der Evangelischen
                    Kirchengemeinde Übach‐Palenberg, vertreten durch den Vorsitzenden, Pfarrer Christian Justen.
                    Redaktion: Jana Eickvonder, Christian Justen (v. i. S. d. P.), Renate de Kleine, Angelika Krakau
                    Anschrift der Redaktion: Maastrichter Straße 47, 52531 Übach‐Palenberg
                    Gestaltung: Christian Justen. Druck: Gemeindebriefdruckerei Harms, Martin‐Luther‐Weg 1, 29393 Groß Oesingen
                    Auflage: 3 300
                    Bei der Gestaltung dieser Ausgabe kam ausschließlich Open‐Source‐Software zum Einsatz.
                                                                                            ril 2021
                                                                   nä ch ste Ausgabe: 15. Ap
                                                                 e
                2                                    hluss für di
                                         Redaktionssc
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AKTUELLES

Ein Jahr mit Corona – Rückblick und Ausblick
Es gibt Tage, die wird man wohl für               würden. Zunächst hatten wir alle das
den Rest seines Lebens nicht mehr ver‐            Gefühl: Das wird schon nicht so
gessen. Ich vermute, für mich wird zu             schlimm werden, in ein paar Tagen
diesen Tagen der 26. Februar, der                 geht alles wieder normal weiter. Welch
Aschermittwoch, 2020 gehören. Gera‐               eine Fehleinschätzung! Stattdessen
de zurückgekehrt von einem Karne‐                 wurden dann auch die Präsenzgottes‐
vals‐Kurzurlaub, wachte ich an diesem             dienste abgesagt, die Konfirmanden‐
Tag merkwürdig früh auf – wohl weil               freizeit, später die Seniorenfreizeit, die
die Katastrophen‐Warn‐App meines                  Ferienspiele und vieles, vieles mehr.
Handys einen Ton von sich gegeben                 Zunächst hofften wir, Mitte März wie‐
hatte. Die Meldung: Im Kreis Heinsberg            der „den Betrieb“ aufnehmen zu kön‐
habe es die ersten Coronainfektionen              nen. Dann hofften wir auf die Zeit nach
gegeben. Die Schulen würden nun ge‐               Ostern, schließlich auf Pfingsten (wir
schlossen bleiben. Und man möge sich              feierten am Pfingstsonntag sogar wie‐
von      Gemeinschaftsveranstaltungen             der einen Präsenzgottesdienst mit we‐
fernhalten.                                       nigen Besucherinnen und Besuchern),
    Die Nachricht erschien mir beunru‐            dann auf den Sommer, den Herbst ...
higend genug, um zu veranlassen, dass             Und nun ist es wieder bald Frühjahr,
alle Veranstaltungen und Angebote in              und ein Ende der Plage ist noch immer
unserer Kirchengemeinde abgesagt                  nicht in Sicht. Ein Lichtblick wenigs‐
                                                  tens: Es sind in Rekordzeit Impfstoffe
Diese WhatsApp‐Nachricht markierte gleichsam      entwickelt und getestet worden, die es
den Beginn der Coronakrise in unserer Gemeinde.   hoffentlich bald möglich machen, dass
                                                  das Leben wieder einen halbwegs nor‐
                                                  malen Gang geht.
                                                      Ein Jahr nach dem Beginn unserer
                                                  Coronakrise ist es vielleicht doch Zeit,
                                                  einen ersten Rückblick zu wagen. Da‐
                                                  bei sollen aber ausnahmsweise einmal
                                                  nicht die negativen Folgen der Pande‐
                                                  mie ins Zentrum gerückt werden – wer
                                                  unseren Gemeindebrief in den vergan‐
                                                  genen Monaten gründlich gelesen und
                                                  unsere Online‐Gottesdienste verfolgt
                                                  hat, weiß nur zu gut, dass all das, was
                                                  die Pandemie an fürchterlichen ge‐
                                                  sundheitlichen und wirtschaftlichen
                                                  bzw. existenziellen Folgen mit sich ge‐
                                                  bracht hat, stets in unserem Blick war!
                                                  Und ich denke, wir haben das auch nie
                                                                                          3
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   verharmlost!                               nen fernhalten muss? Wie soll man das
      Aber zugleich war das vergangene        Wort Gottes verkünden, wenn die Kir‐
   Jahr für uns auch Auslöser, noch ein‐      che geschlossen zu bleiben hat? Wie
   mal gründlich darüber nachzudenken,        soll man Kindern und Jugendlichen
   was uns als Kirchengemeinde aus‐           einen geschützten Raum bieten, wenn
   macht, was der eigentliche Kern unse‐      sie nicht zu uns kommen können? Klar
   rer christlichen Existenz darstellt. Mit   war für uns eigentlich nur eines: Wir
   einem Mal standen wir ja vor dem Pro‐      müssen all das auch weiterhin tun –
   blem, dass all das, was für uns bis da‐    und wenn es nicht in der gewohnten
   hin den kirchlichen Alltag darstellte,     Form geht, dann müssen eben neue
   einfach wegbrach. Wie soll man Men‐        Formen her, dann muss nach Lösun‐
   schen begleiten, wenn man sich von ih‐     gen gesucht werden.
                                                             Zuallererst griffen wir
                                                         aber auf ein altbekanntes
                                                         Medium zurück, nämlich den
                                                         Gemeindebrief. Dass unser
                                                         Gemeindebrief der Form
                                                         nach eher ein „Magazin“ ist,
                                                         hat gelegentlich vielleicht in
                                                         den Hintergrund treten las‐
                                                         sen, dass er dem Namen und
                                                         seinem Ursprung nach tat‐
                                                         sächlich zunächst einmal ein
                                                         Brief an die Gemeinde ist. Ei‐
                                                         gentlich ein urchristliches
                                                         und bewährtes Kommunika‐
                                                         tionsmittel! Besonders der
                                                         Apostel Paulus hat dann,
                                                         wenn er in einer Gemeinde
                                                         nicht körperlich präsent sein
                                                         konnte, den Brief genutzt,
                                                         um den Kontakt zu halten.
                                                         Nun vergleichen wir uns na‐
                                                         türlich nicht mit Paulus!
                                                         Aber: Der (Gemeinde)brief
                                                         als Mittel, um im Kontakt zu
                                                         bleiben, um Menschen zu er‐
                                                         reichen, ihnen mitzuteilen,
                                                         wie die aktuellen Entwick‐
                                                         lungen aussehen, und vor al‐
                                                         len Dingen: um geistliche Im‐
                                                         pulse zu geben, um Gottes
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AKTUELLES

Wort zu verkünden, hat in den letzten       öffentlicht werden – und die Resonanz
zwölf Monaten erheblich an Gewicht          zeigt uns, dass gerade auch ältere
gewonnen. Oft schon totgesagt, ist er       Menschen dieses Angebot nutzen und
nach meinem Empfinden momentan               Gottesdienste aus „ihrer“ Kirche so
so lebendig und unentbehrlich wie sel‐      mitfeiern. (Es möge niemand mehr be‐
ten zuvor. (An dieser Stelle sei es da‐     haupten, dass das Internet nichts für
her auch erlaubt, einen Dank auszu‐         Leute über 80 sei – wir haben erfolg‐
sprechen allen Menschen, die dafür          reich das Gegenteil bewiesen!)
sorgen, dass der Gemeindebrief seine            Neben die digitalen Angebote tra‐
Aufgabe erfüllen kann, insbesondere         ten aber immer auch wieder „analoge“
den Austrägerinnen und Austrägern,          Angebote in ungewohnter Form. Wäh‐
die ohne zu murren nun wieder im            rend unsere „Gottesdienste zum Mit‐
Zwei‐Monats‐Rhtythmus        unterwegs      nehmen“ eher wenig Resonanz fan‐
sind, aber auch unserem „Bonus‐Pfar‐        den, wurden die „Basteltüten“ bzw.
rer“ Johannes de Kleine, der mit sei‐       „Do‐It‐Yourself‐Tüten“ den Jugendmit‐
nen Beiträgen den übrigen Autorinnen        arbeitenden förmlich aus der Hand ge‐
und Autoren doch einiges an Arbeit ab‐      rissen ...
nimmt.)                                         All das hat uns zum Teil unglaublich
    Erheblich an Gewicht gewonnen           viel Kraft gekostet. Aber ich denke
haben aber auch die digitalen Angebo‐       auch, dass uns allen bewusst ist, wie
te. Insbesondere die Kinder‐ und Ju‐        wichtig und schließlich auch ertrag‐
gendmitarbeitenden haben hier viele         reich die Mühe war. Wir werden dann
Möglichkeiten genutzt, um über sozia‐       aber auch gut zu überlegen haben,
le Medien und verschiedene Handy‐           was wir von dem neu Erarbeiteten
Apps mit den Jugendlichen in Kontakt        auch in „normalen Zeiten“ fortführen
zu bleiben. Etabliert hat sich beispiels‐   werden. Und vielleicht ist am Ende we‐
weise der „Küchenklatsch“ (eine On‐         nigstens dies ein positiver Aspekt der
line‐Back‐und‐Kochgruppe), für die Ac‐      Pandemie: Wir haben viel Neues ge‐
tionbound‐App wurden bereits einige         lernt – auch für unsere Zukunft als Kir‐
Aktionen erstellt, beim Stop‐Motion‐        che und Gemeinde.
Projekt haben sich nicht wenige Ju‐                                 Christian Justen
gendliche beteiligt und ihre eigenen
Stop‐Motion‐Filme (eine Form des
Trickfilms) erstellt. Insgesamt hat die
Kirchengemeinde die Kommunikation
über das Internet deutlich ausgewei‐
tet, vor allem durch das Einrichten ei‐
gener YouTube‐Kanäle und Facebook‐          Christus ist Bild
Seiten. Seit Karfreitag des letzten Jah‐    des unsichtbaren Gottes,
res haben wir dann auch zu (fast) allen     der Erstgeborene
Sonn‐ und Feiertagen Gottesdienste          der ganzen Schöpfung.
aufgezeichnet, die auf YouTube ver‐         Kolosser 1,15 – Monatsspruch April 2021

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KARFREITAG – . APRIL

   Andacht für den 2. April 2021 (Karfreitag)
   Ich sitze an meinem Schreibtisch im Ar‐    dacht zum Karfreitag. Jesus hatte auch
   beitszimmer und bekomme immer              Angst – zumindest kann ich mir das gut
   wieder Angst, wenn ich die Nachrich‐       vorstellen. Angst vor dem Sterben,
   ten in diesen Tagen höre: Drei verschie‐   Angst, wie es sein wird und wie lange
   dene Mutationen des Coronavirus brei‐      es dauern würde. Vielleicht sogar
   ten sich aus. Der langersehnte Impf‐       Angst davor, was nach dem Tod
   stoff ist zwar da, aber zu wenig davon,     kommt, denn am Kreuz rief er laut:
   so dass sich die Impfungen verzögern.      „Mein Gott, mein Gott, warum hast du
   Und die über 80‐Jährigen und ihre An‐      mich verlassen?“ Jesus fühlt sich allei‐
   gehörigen versuchen seit zwei Wochen       ne und verlassen. Selbst sein Vater
   eher erfolglos, einen Impftermin zu be‐    lässt ihn im Stich, liefert ihn den Rö‐
   kommen. Die Mutationen sind wesent‐        mern aus. Er, der doch die Macht hät‐
   lich ansteckender und sollen zum Teil      te, die Soldaten zum Teufel zu jagen
   auch einen schwereren Krankheitsver‐       und Pontius Pilatus zu veranlassen, un‐
   lauf haben als das ursprüngliche Virus,    abhängig vom Geschrei des Volkes Je‐
   das uns seit Ende Februar 2020 hier im     sus frei zu lassen. Auch die Hohen‐
   Kreis Heinsberg fest im Griff hat. Wenn     priester hätte er zum Umdenken be‐
   in mir schon langsam die Furcht hoch‐      wegen können. Aber nichts von dem
   steigt, wie das nun weitergehen soll       passiert. Nach dem triumphalen Einzug
   mit dem Coronavirus, mit all den ver‐      in Jerusalem nur wenige Tage zuvor
   schärften Maßnahmen, mit Abstand           feiert Jesus mit seinen Freunden und
   und immer wieder neuen Schutzver‐          Freundinnen den Sederabend des
   ordnungen, wie ist das erst bei denen,     Passahfestes. Er weiß, dass er nur noch
   die sozusagen an der Front tätig sind?     wenige Stunden zu leben hat, und teilt
   Wie geht es dem Pflegepersonal in           scheinbar ruhig Brot und Wein mit sei‐
   Krankenhäusern, Altenheimen und bei        nen Anhängern. Sagt ihnen, dass bei‐
   den mobilen Diensten, den Erzieher:in‐     des zugleich sein Leib und Blut ist, dass
   nen in den Kindergärten, den Mitarbei‐     jeder, der davon isst, ihn in sich auf‐
   tenden der Testzentren und all denen,      nimmt. Ja, Jesus hatte vermutlich
   die sich nicht ins Homeoffice zurückzie‐     große Angst vor dem Sterben, denn
   hen können, weil es in ihrem Beruf         auch kurz darauf betet er ja noch im
   nicht möglich ist. Angst oder zumin‐       Garten Gethsemane: „Vater, lass die‐
   dest Besorgnis vor einer unsichtbaren      sen Kelch an mir vorübergehen.“ Aber
   Gefahr, die das Leben kosten kann und      er betet weiter: „Nicht mein, sondern
   oftmals zumindest stark verändert.         dein Wille geschehe!“ Und selbst den
       Ich sitze an meinem Schreibtisch im    Jünger, der dann kurze Zeit später
   Arbeitszimmer und denke nach über          einen der Soldaten angreift und ihm
   die letzten Stunden im Leben von Je‐       das Ohr abschlägt, bringt er zur Räson,
   sus von Nazareth. Denn um diese letz‐      heilt den Soldaten und lässt sich ohne
   te Lebenszeit geht es ja in dieser An‐     Gegenwehr verhaften und vor den Ho‐

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KARFREITAG – . APRIL

henrat führen. Er nimmt das Urteil an,      uns nicht gegeben den Geist der
lässt sich kreuzigen und ruft Gott, sei‐    Furcht, sondern der Kraft und der Lie‐
nen Vater, an. Er gibt niemandem die        be und der Besonnenheit.“ (2. Timo‐
Schuld, verurteilt keinen von denen,        theus 1,7)
die ihn ausgeliefert haben, auch den
Judas nicht. Trotz seiner Angst ver‐        Liedvers
zweifelt er nicht, wird er nicht mut‐
und nicht kopflos. Vielmehr vertraut er     2. Nur unsretwegen hattest du zu lei‐
seinem Jünger Johannes seine Mutter         den, / gingst an das Kreuz und trugst
an und umgekehrt. Johannes soll ihr         die Dornenkrone. / Für unsre Sünden
Sohn werden, und er soll Maria als sei‐     musstest du bezahlen / mit deinem Le‐
ne Mutter annehmen an seiner statt.         ben. (EG 96,2)
Und noch im Todeskampf verspricht er
dem einen Verbrecher, dass er nicht         Gebet
dem Tod ausgeliefert sein wird, son‐
dern mit ihm ins Paradies, ins Reich        Gott, immer wieder haben wir Angst.
Gottes kommen wird. Er ist nicht verlo‐     Wir fürchten uns vor der Einsamkeit,
ren im Gegensatz zu dem, der sich           vor Krankheiten, vor dem Tod. Aber du
selbst am Kreuz hängend noch über           hast uns versprochen, uns nie wieder
Jesus lustig macht.                         allein zu lassen und uns all unsere
    Jesus reagiert trotz aller Angst        Schuld zu vergeben, wenn wir sie be‐
nicht kopflos, sondern lässt mit sich       kennen. Darum hast du Deinen Sohn
das geschehen, was Gott mit ihm vor‐        Jesus Christus in den Tod gegeben und
hat, damit er, der von keiner Schuld        am Kreuz qualvoll sterben lassen. Dar‐
weiß, alle Schuld auf sich nimmt und        um sind wir in all unserer Qual und
stirbt – auch für uns. Er hat den Weg       Angst – wie sie auch sein mag – nicht
zu Gott wieder frei gemacht, den wir        allein. Das gibt uns Kraft anzunehmen,
durch unseren Egoismus und unsere           was auch kommen mag. Amen.
Selbstgefälligkeit, unsere Streitsucht,                             Angelika Krakau
allen Neid und Hass ebenso wie unse‐
ren Unglauben verschlossen haben. Je‐
sus reagiert trotz aller Angst nicht
kopflos, sondern er beruhigt, als die Si‐
tuation im Garten Gethsemane zu es‐
kalieren droht. Von seiner Kraft und
seiner Besonnenheit wünsche ich uns
allen mehr, besonders denen, die
Angst haben, besonders denen, die
den Tod vor Augen haben und sich
fürchten. Wir dürfen unsere Angst zei‐
gen, aber wir dürfen uns von ihr nicht
beherrschen lassen. „Denn Gott hat
                                            Foto: congerdesign / pixabay.de

                                                                                      7
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OSTERN – . APRIL

   Andacht für das Osterfest
   Ostern, so könnte man meinen, ist ein      Jesus zu ihr: Maria! Da wandte sie sich
   Fest, mit dem man im wahrsten Sinn         um und spricht zu ihm auf Hebräisch:
   des Wortes fest zu rechnen hat. Lange      Rabbuni!, das heißt: Meister! Spricht
   Zeit galt es als Hauptaufgabe der Ma‐      Jesus zu ihr: Rühre mich nicht an!
   thematik, dass man mit ihrer Hilfe das     Denn ich bin noch nicht aufgefahren
   Osterdatum vorausberechnen konnte,         zum Vater. Geh aber hin zu meinen
   bis schließlich Carl Friedrich Gauß eine   Brüdern und sage ihnen: Ich fahre auf
   relativ einfache Formel fand, so dass      zu meinem Vater und zu eurem Vater,
   dies heute jeder mit wenig Aufwand         zu meinem Gott und zu eurem Gott.
   selbst relativ rasch erledigen kann.       Maria von Magdala geht und verkün‐
   Aber rechnen wir wirklich mit Ostern?      digt den Jüngern: Ich habe den Herrn
   Rechnen wir damit, dass mit Ostern ei‐     gesehen, und das hat er zu mir gesagt.
   ne Wirklichkeit in unser Leben eintritt,   (Johannes 20,11–18)
   die all unseren Erfahrungen völlig zu‐
   wider läuft? Wie wenig wir Menschen        Was Maria Magdalena an diesem Sonn‐
   mit dem Ostergeschehen wirklich rech‐      tagmorgen vor dem Grab Jesu erlebt,
   nen können, das wird schon deutlich        das ist in der Tat etwas, womit sie in
   im Bericht über den Ostermorgen, wie       keiner Weise gerechnet hat – womit
   er sich im Evangelium des Johannes         auch kein Mensch wirklich hätte rech‐
   findet.                                     nen können: Das Grab Jesu ist leer. Es
                                              muss ja für sie unfassbar sein, der Ge‐
   Maria aber stand draußen vor dem           danke, dass jemand den Leichnam Jesu
   Grab und weinte. Als sie nun weinte,       gestohlen hat. Wer tut so etwas? Wer
   schaute sie in das Grab und sieht zwei     tut trauernden Menschen nur so etwas
   Engel in weißen Gewändern sitzen,          an? Ihre Trauer, ihre Verzweiflung, ihr
   einen zu Häupten und den andern zu         Schmerz sind so groß, dass sie zu‐
   den Füßen, wo sie den Leichnam Jesu        nächst Jesus gar nicht einmal erkennt,
   hingelegt hatten. Und die sprachen zu      als er ihr gegenübertritt und sie an‐
   ihr: Frau, was weinst du? Sie spricht zu   spricht: Sie hält Jesus zuallererst für
   ihnen: Sie haben meinen Herrn weg‐         den Friedhofsgärtner!
   genommen, und ich weiß nicht, wo sie           Und damit hat Maria das zweite Er‐
   ihn hingelegt haben. Und als sie das       lebnis, mit dem sie ganz und gar nicht
   sagte, wandte sie sich um und sieht        gerechnet hat und auch niemand wirk‐
   Jesus stehen und weiß nicht, dass es       lich hätte rechnen können. Sie erfährt,
   Jesus ist. Spricht Jesus zu ihr: Frau,     dass derjenige, der zwei Tage zuvor am
   was weinst du? Wen suchst du? Sie          Kreuz auf Golgatha einen schreckli‐
   meint, es sei der Gärtner, und spricht     chen und grausamen Tod gestorben
   zu ihm: Herr, hast du ihn weggetra‐        ist, aus dem Tod zurückgekehrt ist. Je‐
   gen, so sage mir, wo du ihn hingelegt      sus lebt! War all das, was sie zuvor er‐
   hast; dann will ich ihn holen. Spricht     leben musste, schon eigentlich un‐

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OSTERN – . APRIL

denkbar, so ist das, was sie nun er‐
fährt, so jenseits aller menschlicher
Vorstellungsmöglichkeiten, dass es nur
zu natürlich gewesen wäre, wenn Ma‐
ria Magdalena es abgelehnt hätte,
auch nur ansatzweise zu glauben, was
sich da ereignet hat. Aber Maria ist so‐
fort bereit, sich darauf einzulassen, auf
diese andere Wirklichkeit, die da in ihr
Leben eindringt. Ihr genügt es, dass Je‐
sus sie mit ihrem Namen anspricht,
und im selben Moment schon weiß sie,
                                            Foto: Ben Burton / pixabay.de
dass er tatsächlich lebt, dass er von
den Toten auferstanden ist. Jesus lebt!     das Leben, welches all das überwindet,
Das Ersehnte und doch Undenkbare ist        was uns das Dasein in dieser irdischen
für sie zur Realität geworden.              Welt oft so schwer macht, das dürfen
    Das Ostergeschehen ist ein Ereig‐       wir spüren und erfahren, wenn wir uns
nis, das aus Gottes Liebe ausfließt. Mit     einfach auf diese Botschaft einlassen:
der Auferstehung Jesu von den Toten         Jesus Christus lebt, und er will, dass
ist Gottes Liebe endgültig in die Welt      auch wir leben.
gedrungen. Das ist die neue Wirklich‐
keit, in der wir Menschen seit Ostern       Liedvers
leben dürfen: Dass wir von Gott geliebt
sind, dass wir von Gottes Liebe ganz        Jesus lebt, mit ihm auch ich! / Tod, wo
und gar umgeben sind. Und weil wir          sind nun deine Schrecken? / Er, er lebt
von Gott geliebt sind, darum schenkt        und wird auch mich / von den Toten
er uns auch die Teilhabe an seinem Le‐      auferwecken. / Er verklärt mich in sein
ben.                                        Licht; / dies ist meine Zuversicht. (EG
    Freilich, es sieht im Augenblick        115,1)
noch immer ganz, ganz anders aus.
Krankheit und Leid, Unglück, Not und        Gebet
Sterben sind nach wie vor ganz alltägli‐
che bittere Erfahrungen, die wir ma‐        Lebendiger Gott, du hast durch die
chen müssen. Dass an Ostern Gottes          Auferstehung deines Sohnes dem Tode
Liebe über allen Hass, Gottes Versöh‐       die Macht genommen und lässt heute
nung über alle Schuld, Gottes Leben         aller Welt das Heil verkünden: Nimm al‐
über allen Tod triumphiert hat, das         len Kleinglauben und Zweifel von uns
nehmen wir oft nicht wahr. Und damit        und lass uns einstimmen in das Oster‐
rechnen wir auch oft genug nicht. Ge‐       lob all derer, die bezeugen, dass Chris‐
rade Maria Magdalena mag uns aber           tus von den Toten auferstanden ist
dabei ermutigen: Dass Gott uns in Je‐       und für uns lebt in Ewigkeit. Amen.
sus Christus das wahre Leben schenkt,                               Christian Justen
                                                                                           9
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QUASIMODO GENITI –                . APRIL

   Andacht für den 11. April 2021
   Ostern haben wir gerade hinter uns.         Gedanken aber auch die zarte Pflanze
   Die fröhliche Botschaft von der Aufer‐      der Hoffnung am Leben hielten. Hoff‐
   weckung des Gekreuzigten ist noch           nung auf Heimkehr. Ich stelle mir vor,
   ganz frisch – und zugleich sind wir wie‐    dass sie miteinander geträumt haben:
   der im Alltag angekommen, in der            Nächstes Jahr um diese Zeit sind wir
   Wirklichkeit von Arbeit und Mühe, von       wieder in Jerusalem oder wo immer
   Lasten und Sorgen, aber auch von            wir vor dem Krieg gewohnt haben.
   Schuld und Versagen.                        Und Jahr für Jahr die Enttäuschung: Es
      Da tut es gut, sich von dem ermuti‐      wird nichts mit der Heimkehr.
   gen zu lassen, was wir bei Jesaja, dem          Und in dieser Situation, wo die
                                               Menschen aus Israel, die Enttäuschten
                                               und Müden und Kraftlosen, wo eben
                                               diese Menschen in ihrer eigenen Ohn‐
                                               macht und Enttäuschung unterzuge‐
                                               hen drohten, in dieser Situation muss
                                               Jesaja, der Prophet Gottes, für seine
                                               Leute zum Seelsorger werden. Ich stel‐
                                               le mir vor, Jesaja steht des Abends im
                                               Kreis seiner Landsleute und spricht zu
                                               ihnen: „Blickt nach oben und seht!“
                                                   Diese traurigen Gestalten, die vor
                                               sich hinstarren, vor sich hinbrüten, den
   Foto: FreePhoto / pixabay.de
                                               Kopf hängen lassen, diese Menschen
   Propheten Gottes, lesen (Jesaja 40,         am Ende ihrer Kraft fordert er auf:
   26ff).                                       Guckt mal nach oben! Und wer von uns
       Er hatte eine Botschaft an sein Volk    schon einmal am Mittelmeer war, der
   in der Verbannung, Mutmachworte im          weiß, was diese Menschen dann gese‐
   Auftrag des allmächtigen und barm‐          hen haben: einen überwältigenden
   herzigen Gottes.                            Sternenhimmel. Ich stelle mir vor, dass
       Ich stelle mir vor, wie sie da lebten   Jesaja dieses Bild auf seine Leute hat
   im fremden Land, die Verschleppten          wirken lassen, dass er eine Weile den
   aus Israel. Voller Angst vor den Siegern    Mund gehalten hat. Und dann hat er
   und voller Misstrauen all den fremden       seine Predigt angefangen:
   Menschen gegenüber, unter denen sie
   leben mussten. Voller Enttäuschung          Wer hat diese (Sterne) geschaffen? Er,
   darüber, dass Gott ihnen dieses Schick‐     der ihr Heer hervortreten lässt, abge‐
   sal nicht erspart hatte. Ich stelle mir     zählt, sie alle ruft er mit Namen her‐
   vor, dass die Männer und Frauen und         bei. Der Fülle an Kraft wegen, und
   Kinder in Babylon neben all den negati‐     weil er vor Kraft strotzt, geht kein Ein‐
   ven und bedrückenden Gefühlen und           ziger verloren.
   10
QUADIMODO GENITI –           . APRIL

Und, so lautet die logische Folgerung:      dessen begegnet uns der Auferstande‐
Dieser Gott, der die Kraft hat, die Welt    ne. Er fordert uns gewissermaßen auf:
und alle Sterne zu erschaffen und an         Riskiert einen Blick auf mich, auf den,
ihrem Platz zu halten, dieser Gott gibt     der den Tod besiegt hat. Wenn ihr, sagt
euch ab von seiner Kraft. Der hilft euch    der Auferstandene, euren Blick und eu‐
wieder auf die Beine. Der bringt euer       re Erwartungen auf mich richtet, dann
Leben in Ordnung, auch wenn ihr nicht       sage ich euch: Von mir dürft ihr alles
immer begreifen werdet, warum ihr           erwarten. Hilfe und Zukunft, Kraft und
den einen oder anderen Umweg gehen          Befreiung, Ausdauer und Mut. Von mir
müsst. Dem Ermatteten gibt er Kraft,        dürft ihr alles erwarten. Alles, was ihr
und wo keine Kraft ist, gibt er große       für euer Leben braucht.
Stärke.                                         Und an dem, was schon Jesaja sei‐
    Wenn ich das lese, dann möchte ich      nen Leuten mit auf den Weg geben
gerne zu denen gehören, die Jesaja da‐      konnte, hat sich nichts geändert, weil
mals mit diesen Worten aufgebaut hat.       sich Gott nicht geändert hat. Amen.
Dann möchte ich gerne zu denen ge‐
hören, die Gott täglich mit der nötigen     Liedvers
Kraft versorgt. Und ich lerne etwas
ganz Wichtiges aus diesen alten Wor‐        Wir wollen alle fröhlich sein / in dieser
ten einer längst vergangenen Zeit:          österlichen Zeit; / denn unser Heil hat
Manchmal tut es gut, nach oben zu           Gott bereit’. / Halleluja, Halleluja, Halle‐
schauen. Manchmal tut es gut, nicht         luja, Halleluja, / gelobt sei Christus, Ma‐
immer auf das zu starren, was weh tut       rien Sohn. (EG 100,1)
und Schwierigkeiten bereitet. Manch‐
mal tut es gut, nicht nur das im Blick zu   Gebet
haben, was uns fertig macht. Die Men‐
schen damals, die des Abends um Jesa‐       Gott des Lebens, wir bitten dich um
ja herumsaßen, haben vermutlich er‐         deine Kraft, die uns frei macht von
lebt, wie befreiend der Blick auf Gottes    Schuld, die uns ermutigt zum Leben,
wunderschönen und wunderbaren               die uns verbindet in Gemeinschaft un‐
Sternenhimmel für sie war. Und wie          tereinander. Dies bitten wir durch Je‐
sich aus diesem Blick, aus dieser Per‐      sus Christus. Amen.
spektive zusammen mit Jesajas Mut‐                               Johannes de Kleine
machworten ein ganz neuer Blick auf
ihr Leben und eine ganz neue Perspek‐
tive für ihre Zukunft ergab.
    Und wir Menschen heute haben ge‐
nau die gleiche Möglichkeit, eine neue
Perspektive für unser Leben zu finden.
Inmitten all dessen, was unseren Blick
gefangen hält, so dass wir nicht in die
Zukunft zu blicken wagen, inmitten all
                                                                                     11
MISERIKORDIAS DOMINI –          . APRIL

   Andacht für den 18. April 2021
   Misericordias Domini, so der lateini‐                 und es wieder zur Herde zurückführt.
   sche Name des zweiten Sonntags nach                       Diese Idylle tut gut. Umsorgt zu
   Ostern – besser bekannt als der Hirten‐               werden, immer zu wissen, wo ich hin‐
   sonntag, denn in allen Texten geht es                 gehöre. Und wenn ich mich verlaufe,
   um den Hirten und seine Schafe. Und                   mich verletze oder die Nahrung fehlt,
   der Psalm dieses Sonntags ist uns spä‐                dann ist da einer, der sich kümmert.
   testens seit dem Konfirmandenunter‐                    Dann ist da einer, der mir nachgeht,
   richt vertraut, und sein erster Vers war              der mir das gibt, was mir Leib und See‐
   früher einer der beliebtesten Tauf‐                   le zusammenhält. Wie sehr sich wohl
   bzw. Konfirmationssprüche: „Der H                      diejenigen danach sehnen, die am Ran‐
   ist mein Hirte, mir wird nichts man‐                  de unserer Gesellschaft leben? Wie nö‐
   geln.“ (Psalm 23,1)                                   tig haben es gerade diejenigen, die
       Dabei ist das Bild des Hirten, der                schwer krank sind? Und wie sehr seh‐
   mit seiner großen Schafherde von Ort                  nen sich gerade diejenigen, die hohe
   zu Ort und Wiese zu Wiese zieht und                   Verantwortung tragen, danach, mal ih‐
   mit seiner Herde irgendwo draußen                     re Verantwortung abzugeben an einen
   übernachtet, fremd geworden. Der Be‐                  anderen, der immer weiß, was Not und
   ruf des Hirten, der mit seiner Herde                  was gut tut?
   über Land zieht und mit ihr im Freien                     Diese Idylle trügt aber auch. Das
   übernachtet, stirbt aus. Und dennoch                  Hirtenleben ist nämlich kein romanti‐
   beschleicht mich, wenn ich diesen sel‐                sches, sondern hartes Brot. Auch wenn
   tenen Anblick erlebe, das Gefühl der                  viele von ihnen nachts ein Dach über
   Geborgenheit. Da ist einer, der sich Tag              dem Kopf haben und nicht mehr drau‐
   und Nacht um die kümmert, die ihm                     ßen bei den Schafen schlafen. Den‐
   anvertraut sind. Da ist einer, der sich               noch gilt: Genügend Weidefläche für
   bei Wind und Wetter und jeder Gefahr                  die Tiere zu finden, die Herde wohlbe‐
   sorgt um seine Herde. Da ist einer, der               halten über die stark befahrenen Stra‐
   dem Tier, das sich verirrt hat, nachgeht              ßen zum nächsten Weideplatz zu brin‐
                                                         gen. Gefahren lauern überall. Da muss
                                                         der Hirte schon auf der Hut sein, denn
                                                         er hat die Verantwortung, auch für sei‐
                                                         ne vierbeinigen Helfer, die Hunde.
                                                             Wer in führender bzw. leitender Po‐
                                                         sition ist, darf sich keine Fehler erlau‐
                                                         ben, denn das kann ziemlich schwere
                                                         Folgen haben, kann in die Arbeitslosig‐
                                                         keit oder den finanziellen Ruin treiben
                                                         und im schlimmsten Fall sogar Leben
                                                         kosten. Wer eine führende bzw. leiten‐
                                                         de Position innehat, muss gut überle‐
                          Foto: pixel2013 / pixabay.de

   12
MISERIKORDIAS DOMINI –         . APRIL

gen, was er bzw. sie tut, ehe der erste         Wie gut, dass wir solch einen Hirten
Schritt unternommen wird. Schon im           haben, der uns nachgeht, der uns
Vorfeld muss man sich überlegen, wel‐        (be)schützt und rettet. So lässt es sich
che Folgen das eigene Tun haben kann.        gut aushalten auf den Weiden dieser
Leichtfertig getroffene Entscheidun‐          Welt bei Wind und Wetter. Amen.
gen können bittere Konsequenzen für
alle Betroffenen nach sich ziehen.            Liedverse
     Und dann gibt es noch die „schwar‐
ze Schafe“ unter den Hirten. Sie fühlen      1. Es kennt der Herr die Seinen / und
sich nicht verantwortlich für das Ihnen      hat sie stets gekannt, / die Großen und
Anvertraute. Sie werden für ihre Auf‐        die Kleinen / in jedem Volk und Land; /
gabe bezahlt, aber sie sind nicht mit        er lässt sie nicht verderben, / er führt
Leib und Seele dabei. Sie tun ihre           sie aus und ein, / im Leben und im Ster‐
Pflicht, mehr aber auch nicht – und           ben / sind sie und bleiben sein.
manchmal selbst die nicht. Und den‐
noch vertrauen ihnen Menschen, weil          6. So hilf uns, Herr, zum Glauben / und
sie es nicht besser wissen, und werden       halt uns fest dabei; / lass nichts die
enttäuscht, betrogen, verletzt, sie ver‐     Hoffnung rauben; / die Liebe herzlich
zweifeln, erkranken oder sterben so‐         sei! / Und wird der Tag erscheinen, / da
gar.                                         dich die Welt wird sehn, / so lass uns
     Wie gut, dass der gute Hirte, von       als die Deinen / zu deiner Rechten
dem die Bibel uns in beiden Testamen‐        stehn. (EG 358,1+6)
ten berichtet, ein anderer ist. Er zieht
die falschen Hirten zur Rechenschaft         Gebet
und wird die Schafe selber weiden.
Durch den Propheten Hesekiel lässt er        Vater im Himmel, du kennst uns und du
den Hirten ausrichten: „Wehe den Hir‐        kümmerst dich um uns. Den Verlore‐
ten Israels, die sich selbst weiden! [...]   nen gehst du nach, die Kranken heilst
Siehe, ich will an die Hirten und will       du, die Sterbenden hältst du fest an
meine Herde von ihren Händen for‐            deiner Hand, den Traurigen trocknest
dern; ich will ein Ende damit machen,        du die Tränen und mit den Frohen
dass sie Hirten sind, und sie sollen sich    lachst du. Dir dürfen wir vertrauen und
nicht mehr selbst weiden. [...] Ich will     zu dir dürfen wir kommen mit allem,
mich meiner Herde selbst annehmen            was uns auf der Seele liegt. Du hast im‐
[...] Ich will sie weiden, wie es recht      mer ein offenes Ohr für alles, was uns
ist.“ (aus Hesekiel 34) Und Jesus            bewegt und umtreibt. Danke, dass du
selbst, der sein Leben für uns gelassen      unser guter Hirte bist, der uns führt
hat, sagt: „Ich bin der gute Hirte und       und leitet. Amen.
kenne die Meinen und die Meinen                                      Angelika Krakau
kennen mich, wie mich mein Vater
kennt. Und ich lasse mein Leben für
die Schafe.“ (Johannes 10)
                                                                                  13
JUBILATE –   . APRIL

   Andacht für den 25. April 2021
   Jubilate – Jauchzet – ja, das wollten      ser doch so anderen Zeit feststellen
   wir eigentlich tun, denn am heutigen       können. Viele hatten und haben aus
   Sonntag sollten 18 junge Menschen          ganz unterschiedlichen Gründen Zeit,
   aus unserer Gemeinde konfirmiert            sich in der Natur und in der näheren
   bzw. getauft werden. Jubilate deo om‐      Umgebung aufzuhalten. Große Ur‐
   nis terra! – Jauchzet Gott, alle Lande!    laubsreisen waren und sind für die we‐
   (Psalm 66,1)                               nigsten drin. Darum beobachten wir
       Es sollte ein schönes Fest werden:     die Natur sozusagen vor der Haustür.
   Ein Fest der Kirchengemeinde und der       So zum Beispiel die kleine Blaumeise.
   Kirche, denn mit der Konfirmation wä‐       mitten in den noch winterlich kahlen
   ren alle 18 Mädchen und Jungen Voll‐       Zweigen sitzend, beim Spaziergang im
   mitglieder unserer Kirchengemeinde.        Broichbachtal in Herzogenrath ent‐
   Ab heute hätten sie das Patenamt           deckt. Und es ist ein Wunder und wun‐
   übernehmen dürfen. Ein Fest der Fami‐      derbar anzusehen, wie alles wächst
   lien, besonders der Eltern und Paten –     und gedeiht. Selbst an den unmög‐
   geschafft – jetzt sind unsere (Pa‐          lichsten und überraschendsten Stellen
   ten‐)Kinder religionsmündig, tragen        können wir Tiere und Pflanzen entde‐
   nun selber Verantwortung für ihr religi‐   cken. Sie wachsen und gedeihen, auch
   öses Denken und Tun. Wir haben unse‐       wenn Menschen immer wieder versu‐
   ren bei ihrer Taufe angenommenen           chen, ihren Lebensraum zu verkleinern
   Auftrag erfüllt.                           oder gar zu zerstören. Das Leben gibt
       Nun müssen wir die Einsegnung          nicht auf, egal wie schwierig die Zeiten
   wie im vergangenen Jahr und aus den‐       sind. Es hat es nur manchmal schwe‐
   selben Gründen auf den September           rer.
   verschieben. Schade und traurig einer‐         Gott gibt das Leben nicht auf,
   seits. Aber davon geht die Welt nicht      selbst in schwierigsten Zeiten nicht. Als
   unter, sondern ein wichtiges Ereignis      Zeichen dafür hat er seinen Sohn in
   wird verschoben, damit es ein mög‐         den Tod gegeben, ihn aber wieder auf‐
   lichst richtiges Jubel‐Fest werden         erweckt zum ewigen Leben. Gott lässt
   kann. Aber egal, wann wir die Konfir‐       seine Schöpfung – und das ist nicht nur
   mation dieser jungen Menschen end‐         unsere Erde, sondern das ganze Uni‐
   lich feiern können, und egal, wann wir     versum – nicht. Er weist uns nur immer
   die Einsegnung all der jungen Men‐         wieder auf die kleinen alltäglichen
   schen feiern werden, die sich in den       Wunder der Natur und seiner Schöp‐
   kommenden Jahren anmelden. Der             fung hin, die wir in unserem Alltag, auf
   Auftrag dieses Sonntags und des            dem Weg zum Einkauf oder zur Schule
   Psalm 66 bleibt bestehen: Jauchzet         oder einfach beim Spaziergang nur im‐
   Gott, alle Lande! Und das dürfen wir.      mer wieder übersehen. Nun leben wir
   Wie wunderbar sein Werk, seine             in einer Zeit, in der wir tagtäglich über
   Schöpfung ist, haben wir gerade in die‐    diese Wunder stolpern dürfen und ju‐
   14
JUBILATE –   . APRIL

beln dürfen über all die vielen kleinen     Sprecht: Wunderbar sind deine Wer‐
Schönheiten, die er uns geschenkt und       ke, / o Gott, die du hervorgebracht; /
anvertraut hat.                             auch Feinde fühlen deine Stärke / und
    Natürlich ist uns nicht immer und       zittern, Herr, vor deiner Macht.
dauernd nach Jubeln zumute. Es gibt
immer wieder Situationen im Leben,          2. Dir beuge sich der Kreis der Erde, /
da bleibt der Jubel im Hals stecken. Da     dich bete jeder willig an, / dass laut
fehlen die Worte, da stockt der Atem        dein Ruhm besungen werde / und alles
und die Tränen lassen sich nicht aufhal‐    dir bleib untertan. / Kommt alle her,
ten. Dann, wenn uns eine schwere            schaut Gottes Werke, / die er an Men‐
Krankheit trifft, wenn ein geliebter         schenkindern tat! / Wie wunderbar ist
Mensch stirbt, wenn wir vor dem Aus         seine Stärke, / die er an uns verherr‐
einer Beziehung stehen, wenn wir At‐        licht hat! (EG 279,1+2)
tentate auf Menschen erleben müssen,
wenn Fremdenhass geschürt wird.             Gebet
Dann, wenn unsere eigene Welt aus
den Fugen zu geraten droht. Doch            Wie herrlich ist dein Werk, Gott, das du
Gott ist da. Er hat uns mit der Auferste‐   uns anvertraust. Wie wunderbar sind
hung Jesu, die wir gerade erst gefeiert     deine Geschöpfe. Gerade in schweren
haben, gezeigt, dass er uns bewahrt         Zeiten tut es gut, sich daran erinnern
und hält. Jubilate deo omnis terra! –       zu lassen. Auch daran erinnern zu las‐
Jauchzet Gott, alle Lande! Danke, Gott,     sen, dass Du es bist, der alles so wohl
dass Du da bist. Danke, dass Du diese       geordnet hat, und nicht wir selbst.
Welt so schön geschaffen und uns ge‐         Lass uns das nicht vergessen. Die klei‐
schenkt hast.                               nen Wunder lass uns entdecken und
    Ja, wir dürfen Gott zujubeln und        uns daran freuen. Lass uns das Gute
über jeden jungen Menschen, der „Ja“        suchen in deiner Schöpfung, in unse‐
sagt zu ihm, seinem Schöpfer und            rem Gegenüber und in uns, dass wir es
himmlischen Vater, egal, ob er es im        bewahren. Amen.
Gottesdienst am Sonntag Jubilate tut                                Angelika Krakau
oder erst an einem Sonntag im Herbst.
Wichtig ist, dass wir uns alle zu Gott
bekennen und ihm ein Lied singen. Ju‐
bilate deo omnis terra! – Jauchzet
Gott, alle Lande! Amen!

Liedverse
1. Jauchzt, alle Lande, Gott zu Ehren, /
rühmt seines Namens Herrlichkeit, /
und feierlich ihn zu verklären, / sei
Stimm und Saite ihm geweiht. /
                                            Foto: Frank Landvogt

                                                                                     15
KANTATE – . MAI

   Andacht für den 2. Mai 2021
   Die Frage danach, was denn im Gottes‐      tet und bewahrt hat, dass Israel sich
   dienst gesungen werden soll, was           stets der Zuwendung Gottes gewiss
   denn ein angemessener Gemeindege‐          sein durfte. Und dies gerade auch in
   sang, eine angemessene Kirchenmusik        den Zeiten, zu welchen es dem Volk Is‐
   sei, ist durchaus umstritten. Darf man     rael mehr als schlecht ging, in den Zei‐
   einfach so alte Traditionen über Bord      ten, als es der Verfolgung ausgesetzt
   werfen? Muss man wirklich das, was         war, in den Zeiten, als es in seiner Exis‐
   wir in Kirche und Gottesdienst tun,        tenz bedroht schien. Auch da wusste
   dem Zeitgeist unterwerfen, sich auf        Israel immer um die heilvolle Gegen‐
   das Neue stürzen, weil es eben neu ist?    wart Gottes, die allem Augenschein
   Muss Kirche wirklich jede Mode mitge‐      zum Trotz wirkte, die Israels Leben mit
   hen? Und umgekehrt: Haben wir als          Gottes Wirklichkeit durchdrang. Für
   Gemeinde nicht doch auch die Pflicht,       uns als Christen kommt nun freilich
   das Evangelium immer wieder so zu          auch der Blick auf das Heilsgeschehen
   verkündigen, dass es die Menschen un‐      in Christus hinzu. Gottes Wunder be‐
   serer Zeit anspricht, und das heißt        steht für uns auch darin, dass Gott in
   doch auch: Haben wir als Gemeinde          seinem Sohn Mensch unter Menschen
   nicht auch in der Sprache unserer Zeit     wurde, dass er sich für uns am Kreuz
   zu reden? Und damit eben auch in der       von Golgatha aufgeopfert hat, dass er
   musikalischen Sprache unserer Zeit? In     schließlich mit seiner Auferstehung
   unserer gottesdienstlichen Praxis ste‐     von den Toten die Macht des Todes ein
   cken wir ein Stück weit tatsächlich        für allemal gebrochen hat und uns das
   manchmal in der Klemme. Da kann es         ewige Leben in seiner Liebe errungen
   hilfreich sein, sich vom Psalmvers, der    hat. Und mit Israel vereint uns dann
   dem Sonntag Kantate überschrieben          auch die Gewissheit, dass Gott auch im
   ist, einen Fingerzeig geben zu lassen:     Leben eines jeden einzelnen Menschen
   „Singet dem H            ein neues Lied,   präsent ist, dass Gott an einem jeden
   denn er tut Wunder.“ (Psalm 98,1)          Tag unseres Lebens mit uns mitgeht.
       Zunächst ist gar nicht so wirklich     Der große, ewige, allmächtige Gott,
   eindeutig, was denn an dieser Stelle       der Schöpfer des Himmels und der Er‐
   mit dem „neuen Lied“ tatsächlich ge‐       de, dieser große Gott tritt ein in unser
   meint ist. Vielleicht ist es besser, den   menschliches Leben, in dein und mein
   Vers von seinem Ende her zu betrach‐       Leben, um es heil zu machen, um es zu
   ten: „Der H        tut Wunder“, heißt es   seinem Frieden zu führen – das ist das
   da. Worin bestehen die Wunder Got‐         eigentliche Wunder, welches Gott an
   tes? Für das Alte Testament bestehen       uns tut.
   die Wunder Gottes wohl vor allen Din‐          Doch warum ruft uns der Psalmist
   gen, wenn auch keineswegs aus‐             nun dazu auf, ein „neues“ Lied zu sin‐
   schließlich, darin, dass Gott sein Volk    gen? Denn für die ganze Bibel steht ja
   Israel immer und immer wieder erret‐       an sich fest, dass Gott in seiner Fürsor‐

   16
KANTATE – . MAI

ge für uns Menschen stets derselbe
bleibt, dass seine Liebe zu uns ganz
und gar fest steht, dass er in seiner
Treue zu uns unwandelbar ist. Der Blick
richtet sich nun eigentlich gar nicht un‐
mittelbar auf Gott, sondern der Blick
des Psalmisten ist auf die Menschen
gerichtet. Wir Menschen leben ein Le‐
ben in beständigem Wandel. Wir erfah‐
ren, dass sich unser Leben beinahe je‐
den Tag von Grund auf verändern
kann. Aber inmitten einer Welt, die
                                            Foto: Candid_Shots / pixabay.de
vom Wandel bestimmt ist, dürfen wir
jeden Morgen neu die Treue erfahren,
seine unwandelbare Liebe spüren.            Seht, seine Rechte sieget wieder, / sein
    Und das ist es wohl auch, was der       heilger Arm gibt Kraft und Mut. / Wo
Psalmist mit dem „neuen Lied“ meint:        sind nun alle unsre Leiden? / Der Herr
Es geht nicht um den Inhalt, um die Ge‐     schafft Ruh und Sicherheit; / er selber
stalt dessen, was wir singen, sondern:      offenbart den Heiden / sein Recht und
Es geht um das Bewusstsein, aus dem         seine Herrlichkeit.
heraus wir Gott lobsingen. Es geht dar‐
um, dass unser Lob und Dank jeden           2. Der Herr gedenkt an sein Erbarmen, /
Tag neu erwächst. Mit welchen Wor‐          und seine Wahrheit stehet fest; / er
ten, mit welchen Weisen wir dies tun,       trägt sein Volk auf seinen Armen /und
das ist letztlich ganz und gar gleichgül‐   hilft, wenn alles uns verlässt. / Bald
tig. Wir mögen Gott loben mit „Großer       schaut der ganze Kreis der Erde, / wie
Gott, wir loben dich“ oder „Nun dan‐        unsers Gottes Huld erfreut. / Gott will,
ket alle Gott“ oder auch mit „Laudato       dass sie ein Eden werde; / rühm, Erde,
si“ oder „Danke für diesen guten Mor‐       Gottes Herrlichkeit! (EG 286,1+2)
gen“. Wir mögen Gott loben mit einem
Gospelsong oder auch mit einer Buxte‐       Gebet
hude‐Kantate. Wir mögen Gott loben
mit Barockmusik oder auch mit Zwölf‐        Lass, Herr, den Klang des Lebens, der
tonmusik. Das einzige, was wirklich         die ganze Schöpfung erfüllt, auch in
zählt, das ist: Dass wir das Lob Gottes     uns laut werden. Lass uns deine Macht
niemals vergessen, dass wir jeden Tag       rühmen, wenn wir schwach sind. Lass
neu dazu unseren Mund öffnen.                uns für deine Gemeinschaft danken,
                                            wenn wir einsam sind. Lass uns dir im‐
Liedvers                                    mer ein neues Lied singen. Amen.
                                                                    Christian Justen
1. Singt, singt dem Herren neue Lie‐
der, / er ist’s allein, der Wunder tut. /
                                                                                           17
ROGATE – . MAI

   Andacht für den 9. Mai 2021
   Rogate – Bittet – so heißt dieser fünfte                                 wirklich so? Hilft beten erst, wenn alle
   Sonntag nach Ostern, liebe Gemeinde.                                     Kunst – auch die medizinische – am En‐
   Und ums Bitten bzw. das Beten geht                                       de ist? Und was ist, wenn der Mensch
   es in den Liedern und biblischen Tex‐                                    stirbt? Hat dann das Gebet trotzdem
   ten. Allerdings an der Frage, wie und                                    geholfen? Muss erst „Matthäi am Letz‐
   wo man richtig betet, scheiden sich die                                  ten sein“, bevor die Meisten über ein
   Geister und streiten sich die Häupter                                    Gebet nachdenken? Nein. Ein Gebet
   schon ewig. Die einen sagen, dass man                                    dürfen wir immer sprechen. Aber auch
   eigentlich nur im Gottesdienst und in                                    da sind Menschen ganz unterschiedli‐
   der Gemeinschaft richtig beten kann.                                     cher Ansicht. Die einen meinen, man
   Vielleicht, weil es nachdrücklicher ist,                                 müsse ein Gebet ordentlich formulie‐
   wenn mehrere beten? Andere sagen,                                        ren, damit es überhaupt eine Chance
   dass es besser ist, wenn man es alleine                                  hat, gehört zu werden. Andere beten
   tut. Auch in der Bibel können wir lesen,                                 munter drauf los und sagen das, was
   dass man es im stillen Kämmerlein tun                                    ihnen in den Sinn kommt. Wer oder
   sollte. Andererseits sind natürlich im‐                                  was bestimmt denn, welches Gebet
                                                                            richtig und welches falsch ist; welches
                                                                            von Gott erhört und welches verwor‐
                                                                            fen wird? Und wer legt fest, was in ein
                                                                            Gebet hineingehört und was nicht? Wo
                                                                            steht geschrieben, wo man zu beten
                                                                            hat, wann und zu welchem Anlass?
                                          Foto: congerdesign / pixabay.de

                                                                                Unstrittig ist wohl am wenigsten,
                                                                            an wen alle Gebete adressiert sind,
                                                                            nämlich an Gott und an Jesus. Und An‐
                                                                            lässe gibt es viele und ganz alltägliche.
                                                                            Menschen beten nach dem Aufstehen
                                                                            oder vor dem Zubettgehen, zu den
                                                                            Mahlzeiten oder vor einer schweren
   mer wieder Menschen zum gemeinsa‐                                        Aufgabe. Meistens – so erlebe ich es –
   men Gebet zusammenkommen.                                                bitten wir Gott um etwas. Wir klagen
       Dann gibt es wieder diejenigen, die                                  ihm unser Leid und das der anderen.
   das Beten in die Hände der Geistlichen                                   Manchmal legen wir ihm Menschen be‐
   und Kirchenmenschen legen, weil das                                      sonders ans Herz, bitten nicht nur für
   ja die „Gebets‐Profis“ sind. In den 17                                    uns, sondern auch für andere. Mit dem
   Jahren, als ich Gemeinde‐ und Kran‐                                      Dank tun wir uns da schon schwerer.
   kenhauspfarrerin war, bin ich oft zu                                         Es heißt ja auch: Not lehrt beten.
   Schwerkranken oder Sterbenden geru‐                                      Wie groß aber muss dann die Not sein,
   fen worden mit den Worten: „Jetzt                                        dass wir beten? Und was ist es für eine
   hilft nur noch beten.“ Aber ist das                                      Not, die uns zum Beten animiert? Wer‐

   18
ROGATE – . MAI

den die Kirchen dann voller, wenn die        ihm zu danken für seine Treue, ihn zu
Not größer wird? Wie groß ist die Not,       bitten um seine Hilfe, ihm die anheim‐
die das Coronavirus ausgelöst hat. Vol‐      zustellen, denen ich nicht vergeben
lere Kirchen können wir nicht verzeich‐      kann, ihn um Vergebung zu bitten, wo
nen, allein schon weil sie zu den Got‐       ich schuldig geworden bin. Und wenn
tesdiensten nur eine verschwindend           ich es nicht mit eigenen Worten sagen
kleine Menschenzahl gegenüber den            kann, dann kann ich es immer mit dem
möglichen Sitzgelegenheiten hineinlas‐       Gebet versuchen, von dem Jesus sagt:
sen, oder, wie wir es tun, noch gar kei‐     „Denn euer Vater weiß, was ihr be‐
ne Präsenzgottesdienste (das ist zu‐         dürft, bevor ihr ihn bittet. Darum be‐
mindest der Stand bei Drucklegung)           tet so: Unser Vater im Him‐
gefeiert werden. Andererseits haben          mel ...“ (Matthäus 6,8–13). Unser
die Kirchen beider Konfessionen seit         himmlischer Vater ist bei uns. Er hört
über einem Jahr zu verschiedenen Ak‐         uns immer und überall. Darum geht
tionen aufgerufen bzw. unterstützen          keines unserer Gebete verloren. Amen.
sie, wie z.B. die jüngste Aktion von
Bundespräsident Frank‐Walter Stein‐          Liedvers
meier, jeden Freitag zur Abenddäm‐
merung eine brennende Kerze ins              7. Sing, bet und geh auf Gottes We‐
Fenster zu stellen und dabei der an          gen, / verricht das Deine nur getreu /
und mit Covid‐19 Verstorbenen zu ge‐         und trau des Himmels reichem Segen, /
denken und sie sowie ihre Angehöri‐          so wird er bei dir werden neu. / Denn
gen in unsere Gebete aufzunehmen.            welcher seine Zuversicht / auf Gott
    Rogate – Bittet! Gott um Unterstüt‐      setzt, den verlässt er nicht. (EG 369,7)
zung bitten, um Mut und Kraft für den
nächsten Schritt, der zu tun ist, in einer   Gebet
schweren, ja vielleicht schier aussichts‐
losen Situation – das hilft. Manchmal        Vater unser im Himmel, geheiligt wer‐
beruhigt es mich schon, wenn ich mei‐        de dein Name. Dein Reich komme.
ne Bitte laut ausspreche und sie so          Dein Wille geschehe wie im Himmel, so
Gott anvertraue, ihn um seinen Bei‐          auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns
stand bitte, auch wenn ich weiß, dass        heute und vergib uns unsere Schuld,
ich den ersten Schritt tun muss, damit       wie auch wir vergeben unseren Schul‐
sich etwas verändert. Gott ist ja            digern. Und führe uns nicht in Versu‐
schließlich weder der Weihnachtsmann         chung, sondern erlöse uns von dem
noch der Osterhase oder eine Wunsch‐         Bösen. Denn dein ist das Reich und die
fee, der oder die das tut, was ich           Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
möchte. Aber mein Gebet an Gott zu           Amen.
richten beruhigt und lässt mich man‐                                 Angelika Krakau
ches wieder klarer sehen, und ich er‐
kenne, was zu tun ist.
    Beten heißt, mich an Gott wenden,
                                                                                  19
CHRISTI HIMMELFAHRT –       . MAI

   Andacht für den 13. Mai 2021 (Christi Himmelfahrt)
   Jesus führte sie aber hinaus bis nach       nen geliebten Menschen ganz nahe.
   Betanien und hob die Hände auf und          Damals wie heute. Und damals wie
   segnete sie. Und es geschah, als er sie     heute ist das leichter zu erleben als es
   segnete, schied er von ihnen und fuhr       zu erklären, wie das denn nun sein
   auf gen Himmel. Sie aber beteten ihn        kann: aufgefahren in den Himmel, und
   an und kehrten zurück nach Jerusalem        zugleich an unserer Seite.
   mit großer Freude und waren allezeit            Wo berühren sich Himmel und Er‐
   im Tempel und priesen Gott. (Lukas          de? Wo begegnet uns Jesus, der uns
   24,50–53)                                   hilft, wie es sein hebräischer Name
                                               „Jeschua, Gott hilft“ ausdrückt? Wo er‐
                                               leben wir ein Stück Himmel auf Erden?
   Himmelfahrt – ein Feiertag zwischen             Wir erleben es da, wo Menschen
   Himmel und Erde. Was ist damals ge‐         sich in Gottes Namen versammeln. In
   schehen? Die Bibel erzählt, dass Jesus      unseren Gottesdiensten. Wo wir zu‐
   von Nazareth nach Ostern mit seinen         sammenkommen, um Gottes Wort zu
   Jüngerinnen und Jüngern zusammen            hören, die Botschaft der Bibel. Da ist
   war. Er versprach ihnen die Kraft aus       Gott mitten unter uns, damit wir ver‐
   der Höhe. Er segnete sie. Und dann          stehen und begreifen und eine Hilfe
   fuhr er auf gen Himmel. Was heißt           haben für den Weg durch die Zeit.
   das?                                            Himmel und Erde berühren sich
       Zum einen bedeutet es: Jesus ver‐       dort, wo Menschen mit Gottes Hilfe
   lässt seine Jüngerinnen und Jünger,         neu miteinander beginnen. Wo sie sich
   und sie bleiben zurück. Jetzt sollte        nach langem Streit versöhnen, sich
   man meinen, dass bei ihnen große Ver‐       aussprechen und dann, befreit von der
   zweiflung und Trauer ausbrechen wür‐        Last der Vergangenheit, gemeinsam
   de. Aber im Gegenteil! Lukas sagt: Sie      einen neuen Weg gehen.
   beteten ihn an und kehrten zurück               Himmel und Erde berühren sich
   nach Jerusalem mit großer Freude. Mit       dort, wo Menschen einander in Gottes
   großer Freude! Obwohl er sie verlassen      Namen helfen. Wo sie in Nachbar‐
   hatte. Obwohl sie mit ihrem Leben           schaft oder Familie, in der Schule oder
   jetzt würden alleine zurechtkommen          am Arbeitsplatz aufeinander achten
   müssen. Warum? Weil er zum Vater im         und anpacken ohne viele Worte, aber
   Himmel zurückgekehrt ist, an seinen         mit viel Herz und Verstand.
   Platz, an den er von Rechts wegen ge‐           Himmel und Erde berühren sich
   hörte.                                      dort, wo Menschen einander zu tole‐
       Und das ist das zweite: Jesus ver‐      rieren lernen. Wo sie es aushalten kön‐
   lässt die Menschen auf der Erde, und        nen, dass Mitmenschen anders sind
   er kehrt zu seinem Vater zurück. Und        und anders denken. Und wo sie es des‐
   an seinem Platz zur Rechten Gottes,         halb aushalten können, weil sie wissen:
   des allmächtigen Vaters, dort ist er sei‐   Gott hat uns alle geschaffen, und er
   20
CHRISTI HIMMELFAHRT –            . MAI

hat die bunte Vielfalt dieser Welt ge‐
wollt.
    Himmel und Erde berühren sich
dort, wo Menschen es lernen, aufein‐
ander zuzugehen. Wo sie Mut bekom‐
men, Gespräche und Kontakte zu be‐
ginnen, und wo sie auf diese Weise Ein‐
samkeit      beenden       und  Mauern
aufbrechen.
    Himmel und Erde berühren sich
dort, wo Menschen auf ganz vielfältige
und phantasievolle Weise im Alltag von
                                            Foto: Felix Mittermeier / pixabay.de
Gott erzählen. Wo sie eigene Erfahrun‐
gen weitergeben und anderen damit           Gott begegnet, wenn der Himmel die
Mut machen, es mit dem Gott der Bi‐         Erde berührt: Dann bleibt nichts, wie
bel zu versuchen.                           es war. Dann lebt in uns ein Stück Freu‐
    Himmelfahrt – ein Feiertag zwi‐         de und Zuversicht und Hoffnung, und
schen Himmel und Erde. Im Gedenken          dann brennt etwas in uns wie ein Feu‐
an den Auferstandenen und zu seinem         er, das immer neue Kraft und Nahrung
Vater Zurückgekehrten. Und in der Er‐       bekommt. Amen.
wartung, dass er an unserer Seite und
mitten unter uns ist, Jesus von Naza‐       Liedvers
reth, Jeschua, Gott hilft.
    Noch einmal zurück zu dem, was          Selig, ja selig ist der zu nennen, / des
Lukas berichtet. Die Jüngerinnen und        Hilfe der Gott Jakobs ist, / welcher vom
Jünger kehrten zurück nach Jerusalem        Glauben sich nicht lässt trennen / und
und waren allezeit im Tempel und prie‐      hofft getrost auf Jesus Christ. / Wer
sen Gott. Das sieht so aus, als hätten      diesen Herrn zum Beistand hat, findet
sie jetzt endlich verstanden, was Jesus     am besten Rat und Tat. / Halleluja, Hal‐
für sie und alle Menschen getan hat.        leluja. (EG 303,3)
Und im Tempel, wo Menschen aus aller
Herren Länder ein‐ und ausgehen, da         Gebet
preisen sie Gott. Da erzählen sie von
den großen Taten des Allmächtigen,          Gott, lass uns ein Stück Himmel auf Er‐
und da erzählen sie von der Hilfe und       den erleben, wenn wir deine frohe und
der Zuwendung, die der Vater im Him‐        befreiende Botschaft hören! Und lass
mel seinen Kindern zukommen lässt.          den Himmel auf Erden unsere Erfah‐
Die Jüngerinnen und Jünger sind Gott        rung im Alltag sein, an jedem neuen
begegnet, und sie kehren in den Alltag      Tag. Dazu schenke uns deinen guten
zurück. Ihr Leben geht ganz mensch‐         heiligen Geist! Amen.
lich weiter, und es hat sich zugleich to‐                         Johannes de Kleine
tal verändert. So ist das, wenn man
                                                                                      21
EXAUDI –   . MAI

   Andacht für den 16. Mai 2021
   In der Bibel finden sich Erzählungen in      wa in den ausgelassenen Feierlichkei‐
   Fülle, die davon berichten, wie Men‐        ten, im Tanzen, im Essen und Trinken?
   schen sich zu Festen und Feiern zu‐         Und die Antwort darauf lautet: All das
   sammengefunden haben. Eines der be‐         kann darüber nicht hinwegtäuschen,
   sonders wichtigen biblischen Feste,         dass Leben nur dort seine Erfüllung fin‐
   welches immerhin eine ganze Woche           den kann, wo Menschen dem lebendi‐
   lange gefeiert wurde, war das soge‐         gen Gott Israels begegnen, wo das le‐
   nannte „Laubhüttenfest“, das von Ur‐        benstiftende Wort Gottes einen Men‐
   sprung und Hintergrund her in etwa          schen berührt und ihn mit Leben
   unserem Erntedankfest entsprach. Der        erfüllt.
   Evangelist Johannes berichtet, dass             Auch wir sind gefragt: „Worauf
   auch Jesus an diesem Laubhüttenfest         setzt Du, lieber Mensch, all dein Ver‐
   teilgenommen hat. Und er berichtet          trauen? Woran hältst Du dich fest? Wo
   auch, wie Jesus diesem hohen Fest ein       meinst Du, Leben zu finden?“ Und es
   eigenes Wort entgegensetzt.                 geht dann auch um die Frage, wie und
                                               wo wir den Gottesdienst feiern. Auf den
   Aber am letzten Tag des Festes, der         ersten Blick mag die Frage ja recht ein‐
   der höchste war, trat Jesus auf und         fach zu beantworten sein: Das tun wir
   rief: Wen da dürstet, der komme zu          doch jeden Sonntag – wenn auch mo‐
   mir und trinke! Wer an mich glaubt,         mentan auf Distanz. Und doch bleibt
   wie die Schrift sagt, von dessen Leib       zu beantworten, was und wen wir
   werden Ströme lebendigen Wassers            denn tatsächlich feiern. Was erwarte,
   fließen. Das sagte er aber von dem           was erhoffe ich mir von unseren Got‐
   Geist, den die empfangen sollten, die       tesdiensten? Nicht selten ist es viel‐
   an ihn glaubten; denn der Geist war         leicht die Freude auf ein schönes und
   noch nicht da; denn Jesus war noch          bewegendes Musikerlebnis; in man‐
   nicht verherrlicht. (Johannes 7,37‐39)      chen Gemeinden, so habe ich es schon
                                               gehört, gehen die Menschen vor allen
   Man kann sich schon gut vorstellen,         Dingen wegen des hervorragenden
   dass diese Worte Jesu einen nicht ge‐       Kirchenmusikers zum Gottesdienst!
   rade kleinen Skandal verursacht haben       Häufig ist es wohl auch die Hoffnung
   werden. Denn Jesus sagt ja nicht:           darauf, eine „gute“ Predigt zu hören,
   „Macht mal halb lang, ihr feiert zu         die möglichst kurzweilig sein soll, viel‐
   viel.“ Sondern er stellt letztlich den      leicht auch ein wenig witzig, aber vor
   Kern des Glaubens, den Gottesdienst in      allem doch ansprechend. Vielleicht ist
   Frage. Stattdessen rückt er die Frage in    es auch manchmal der Wunsch, in eine
   den Mittelpunkt: Wo können Men‐             würdige Feier hineingenommen zu
   schen ihren Lebenshunger und ihren          werden, in welcher das Geheimnis des
   Lebensdurst wirklich stillen? Etwa in all   Glaubens seinen angemessenen Aus‐
   den von alters her tradierten Riten? Et‐    druck bekommt. Und oftmals ist es si‐
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