FAIR WOHNEN - Die Mietervereinigung Österreichs

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FAIR WOHNEN - Die Mietervereinigung Österreichs
FAIR WOHNEN
                                                DEZEMBER 2019

DAS MAGAZIN DER MIETERVEREINIGUNG ÖSTERREICHS

 Wohnen ist ein
             Weltkonferenz der Mieterschützer in Wien:

 Menschenrecht

                                   MVÖ erkämpft
                                   20.000 Euro für
                                   junge Mutter
                                   Es ging um verbotene Ablöse

                                   Videoüberwachung
                                   in Wohnhäusern
                                   Was ist erlaubt – was nicht?

                                   Linz: Delogierung
                                   abgewendet
                                   So halfen die MVÖ-Experten

                                   Kampf gegen
                                   die Wohnungskrise
                                   in Lissabon
                                   Kurzzeitvermietung im Fokus
FAIR WOHNEN - Die Mietervereinigung Österreichs
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Wohnservice Wien/Ludwig Schedl

Gut beraten rund ums Wohnen
Information und Service                      Unterstützung und Hilfe                     Förderungen
Info-Telefon                                 wohnpartner                                 Sanierung
Erstinformation rund ums Wohnen              Gemeinsam für eine gute Nachbar-            Info-Point für Wohnungsverbesserung
Tel.: 01/24 503-0                            schaft: Initiativen und Projekte in         Tel.: 01/4000-74860
Mo – Fr: 8 – 17 Uhr                          Gemeindebauten                              Telefonische Beratung: Mo – Fr: 8 – 15 Uhr
info@wohnservice-wien.at                     Telefonisch erreichbar:                     Persönliche Beratung: Mo – Fr: 8 – 13 Uhr
                                             Mo – Fr: 9 – 18 Uhr unter z.B.              20., Maria-Restituta-Platz 1, Zi. 6.09
Wohnberatung Wien                            01/24 503-01-080 (für den 1. Bezirk) oder   www.wien.gv.at/wohnen/
Informationen zu geförderten                 01/24 503-23-080 (für den 23. Bezirk)       wohnbautechnik
Wohnungen und Gemeindewohnungen              www.wohnpartner-wien.at
Tel.: 01/24 111                                                                          Sanierungsberatung
Telef. Beratung und Terminvergabe:           Wiener Gebietsbetreuung                     für Hauseigentümer
Mo – Fr: 7 – 20 Uhr                          Gemeinsam stark fürs Grätzel: Informa-      wohnfonds_wien
Persönliche Beratung:                        tions- und Beratungsangebot zu Fragen       Tel.: 01/403 59 19-0
Mo, Di, Do, Fr: 8 – 19 Uhr, Mi: 8 – 12 Uhr   des Wohnens, des Wohnumfeldes und           Mo – Do: 9 – 16 Uhr, Fr: 9 – 11.30 Uhr
3., Guglgasse 7-9/Ecke Paragonstraße         der Stadterneuerung                         8., Lenaugasse 10
www.wohnberatung-wien.at                     MA 25, Tel.: 01/4000-25000                  www.wohnfonds.wien.at
                                             www.gbstern.at
MieterHilfe                                                                              Neubau
Kostenlose Hilfe zum Wohnrecht               Wiener Schlichtungsstelle                   Förderungen – Antragstellung – Beratung
Tel.: 01/24 503-25900                        Durchsetzung der Rechte von                 für Eigenheime und Kleingartenwohn-
Beratung: Mo – Fr: 8 – 17 Uhr                MieterInnen, VermieterInnen und             häuser
3., Guglgasse 7-9/ Erdgeschoß                WohnungseigentümerInnen                     Tel.: 01/4000-74840
www.mieterhilfe.at                           Tel.: 01/4000-74498                         Parteienverkehr: Mo – Fr: 8 – 12 Uhr
                                             Telef. Beratung: Mo – Fr: 7.30 – 15 Uhr     19., Muthgasse 62/ 1. Stock, Riegel G
Wohnbeihilfe                                 Persönliche Beratung: Mo, Mi: 8 – 13 Uhr,   www.wien.gv.at/wohnen/
Tel.: 01/74880                               Do: 15.30 – 17.30 Uhr                       wohnbaufoerderung
Parteienverkehr: Mo, Di, Do, Fr 8 – 13       19., Muthgasse 62/ 1. Stock, Riegel G
Uhr, Do: 15.30 – 17.30 Uhr                   www.wien.gv.at/wohnen
19., Heiligenstädter Str. 31/ 2. Stock                                                   www.wohnen.wien.at
FAIR WOHNEN - Die Mietervereinigung Österreichs
FAIR WOHNEN        INHALT
                                                                                                                                                                        OGH

                                                          »Helfen macht stark«
                                                          Tanja Wehsely, Geschäftsfüh-
                                                          rerin der Volkshilfe Wien, im
                                                          Interview mit MVÖ-Präsident
                                                          Georg Niedermühlbichler.
                                                          Seite 4

Coverstory
Wohnen ist ein Menschenrecht:
Bericht von der Weltkonferenz
der Internationalen Union der
Mieter in Wien.
Seite 12                                                                                                                          Liebe Leserinnen und Leser,

                                                                                                                                  schon bald wird eine neue Regierung die Ge-
                                                                                                                                  schicke unseres Landes verantworten.
                                                          Fall                                                                    Stetig steigende Mieten und ein immer knap-
                                                          Es ging um eine verbotene Ab-                                           per werdendes Wohnungsangebot werden das
                                                          löse: Für eine junge Mutter in                                          Thema Wohnen für diese Regierung zu einer
                                                          Wien erkämpften die Experten                                            zentralen Herausforderung machen.
                                                          der MVÖ 20.000 Euro.
                                                          Seite 8                                                                 Als größte Mieterschutzorganisation Öster-
                                                                                                                                  reichs setzt sich die Mietervereinigung seit
                                                                                                                                  Langem für eine deutliche Entlastung von
                                                                                                                                  Mietern ein.
Die Mietervereinigung Steiermark stellt sich vor
Christian Lechner und sein Team bieten Rat und Hilfe            10                                                                Unsere elementarste Forderung ist und bleibt
Das ist die IUT                                                                                                                   ein neues, faires Mietrecht mit klaren Preis-
Weltweiter Einsatz für Mieterrechte und leistbares Wohnen       15                                                                obergrenzen für alle Mietwohnungen.
Lissabon: Kampf gegen die Wohnungskrise
Die Hintergründe der dramatischen Entwicklung in Portugal       16                                                                Die neue Regierung ist auch beim Thema
Videoüberwachung in Wohnhäusern                                                                                                   Kurzzeitvermietungen über Plattformen wie
Was ist erlaubt – was nicht?                                    22                                                                Airbnb gefordert. Hier braucht es rasch trans-
Delogierung erfolgreich abgewendet                                                                                                parente bundesgesetzliche Regelungen. Wie
So halfen die MVÖ-Experten einer Mieterin in Linz               18                                                                dramatisch Kurzzeitvermietungen den Wohn-
Housing for All – mehr als eine Forderung                                                                                         raum einer Stadt verknappen, zeigt sich in
Spannendes Finale für die Europäische Bürgerinitiative          26                                                                Lissabon – einen Artikel über die dortige
Einkehr im Himmelreich                                                                                                            Wohnungskrise finden Sie in diesem Heft ab
Porträt der kulinarischen Aufsteiger des Jahres in NÖ           28                                                                Seite 16.
Der Wohnungskrise europäisch entgegen treten
Evelyn Regner berichtet aus dem EU-Parlament                    30                                                                Herzlichst, Ihr
EU schützt unsere Bienen
Hannes Heide berichtet aus dem EU-Parlament                     32
MVÖ intern...34 Servicestellen...36 Wie ist das eigentlich?...38
Korrektur: In der Ausgabe von Juni 2019 ist uns leider ein Fehler unterlaufen. Im Info-Kas-
ten auf Seite 9 war vermerkt, dass bei der Neuvermietung von Altbau-Wohnungen (errichtet vor
1.7.1953) in ganz Österreich ein gesetzlicher Richtwert gelte. Richtig ist, dass der Richtwert für                                Georg Niedermühlbichler
Altbauten gilt, wenn deren Baubewilligung vor dem 8.5.1945 erteilt wurde. Für Gebäude, deren
Baubewilligung zwischen 8.5.1945 und 30.6.1953 erteilt wurde, gilt der »angemessene Mietzins«.
Wir bitten um Entschuldigung.                                                                                                     P.S. Wir werden außerdem darauf achten,
                                                                                                                                  dass die vor der Wahl von der ÖVP angekün-
IMPRESSUM                                                 Druckauflage: 46.250 Exemplare                            ÖAK           digte Streichung der Maklerprovision für
                                                                                            Österreichische

Herausgeber, Medieninhaber, Redaktion:                    (ÖAK, Jahresschnitt 2018)
Mietervereinigung Österreichs,
                                                                                                              Auflagenkontrolle
                                                                                                                                  Mieter tatsächlich umgesetzt wird und da-
Reichsratsstraße 15, 1010 Wien,                           Coverfoto: chipstudio/istockphoto.com                                   mit auch bei uns endlich das Bestellerprinzip –
Tel. 05 01 95, Fax Dw 92000                               Zur besseren Lesbarkeit werden in FAIR WOHNEN                           wer den Makler bestellt, zahlt – in Kraft tritt.
E-Mail: zentrale@mvoe.at, www.mietervereinigung.at        personenbezogene Bezeichnungen, die sich zugleich
Geschäftsführung: Georg Niedermühlbichler                 auf Männer und Frauen beziehen, in der im Deutschen
Chefredaktion: Georg Niedermühlbichler                    üblichen männlichen Form angeführt, also z. B.
Redaktionelle Mitarbeit: Elke Hanel-Torsch, Martin Ucik   »Mieter« statt »MieterInnen« oder »Mieterinnen und
Produktion: Martin Ucik                                   Mieter«. Dies soll jedoch keinesfalls eine Geschlechter-
Anzeigenleitung: Hülya Aktunc                             diskriminierung oder eine Verletzung des Gleichheits-
Hersteller: NP-Druck Niederösterreichisches Pressehaus    grundsatzes zum Ausdruck bringen.
                                                                                                                                                            FAIR WOHNEN 4/19     3
FAIR WOHNEN - Die Mietervereinigung Österreichs
FAIR WOHNEN INTERVIEW

                        Fotos: MVÖ

4   FAIR WOHNEN 4/19
FAIR WOHNEN - Die Mietervereinigung Österreichs
»    Helfen macht stark«
     Tanja Wehsely, Geschäftsführerin der Volkshilfe Wien, spricht im Interview
     mit MVÖ-Präsident Georg Niedermühlbichler über die Herausforderungen
     des kommenden Winters, stellt die Aktion »Kinderzimmer« vor und erklärt,
     was es mit der »Kindergrundsicherung« auf sich hat.

Georg Niedermühlbichler: Als Ein-         im Bereich mobile Pflege und Betreu-         langzeitarbeitslose Menschen in den
stieg für unsere Leserinnen und Le-       ung. Für Kinder und Jugendliche, die         Arbeitsmarkt. Um diese Vielfalt an-
ser: seit wann gibt es die Volkshilfe     nicht zu Hause leben können, betreu-         bieten zu können, engagieren sich
in Wien?                                  en wir 11 sozialpädagogische Wohnge-         neben unseren Mitarbeiterinnen und
Tanja Wehsely: Seit 1947. Die Vorgän-     meinschaften und sind damit einer der        Mitarbeitern auch hunderte freiwilli-
gerorganisation der Volkshilfe (»Socie-   größten Anbieter für die Wiener Kin-         ge Helfer sowie rund 3.000 fördernde
tas«, Anm.) gab es schon in der Zwi-      der- und Jugendhilfe (Magistratsabtei-       Mitglieder.
schenkriegszeit; sie wurde aber, weil     lung 11). Auch, was Wohnungslosen-
aus der Arbeiterbewegung kommend,         hilfe betrifft, sind wir einer der größten    Die kalte Jahreszeit steht vor der Tür.
im Ständestaat 1934 verboten. Nach        Anbieter in der Stadt mit großen, sozial      Das bedeutet auf der einen Seite
dem Krieg kam es zur Neugründung          betreuten Wohnhäusern für ehemals             weihnachtliche Feierstimmung, auf
mit dem Schwerpunkt Armenhilfe            obdachlose Menschen. Wir beraten              der anderen Seite wird es für arme
mittels Kleider- und Lebensmittelpa-      im Bereich Wohnen mit der Fachstelle          Menschen besonders schwierig. Es
keten und Suppenküchen sowie Kin-         für Wohnungssicherung (FAWOS) und             ist kalt, man muss heizen, die Zeit
der- und Krankenfürsorge und Ver-         der Wohndrehscheibe. Weiters gibt es          in der eigenen Wohnung verbrin-
sorgung von Heimkehrern. Daraus           einen großen Bereich mit Beratungs-           gen – sofern man eine hat. Der Win-
hat sich eine große soziale Organisa-     stellen und Häusern in der Grundver-          ter bringt große Herausforderungen
tion entwickelt.                          sorgung für Flüchtlinge. Als einer von        für Menschen, die es im Leben nicht
                                          nur drei Trägern in ganz Europa haben         leicht haben und – oft unverschuldet
Ich habe 1987 meinen Zivildienst          wir Sophie, ein Beratungszentrum für         – in Not geraten sind. Wie seht ihr die
bei der Volkshilfe Wien absolviert.       Sexarbeiterinnen.                             kalte Jahreszeit?
Damals lagen die Schwerpunkte             Im Bereich Beschäftigung sind wir der         Einerseits ist es für unsere Organisa-
der Volkshilfe auf Wäschepflege-          größte sozialökonomische Betrieb in           tion, die auch auf Spenden angewie-
dienst, Heimhilfe, Essen auf Rädern       Österreich und bieten Services wie            sen ist, wichtig, den Advent für Aufrufe
und Pflegeunterstützung. Wie hat          Entrümpelung, Teppichreinigung und            zu nutzen. Traditionell sitzt das Port-
sich die Volkshilfe seit dieser Zeit      nachhaltige Secondhand-Läden, in              monee der Menschen etwas lockerer
weiterentwickelt?                         denen wir selbst sortieren und ver-           und es wird in dieser Zeit auch mehr
Es hat sich viel getan. Die Volkshilfe    werten. In zwei Produktionsschulen            gespendet. Andererseits ist es hart,
Wien ist jetzt 1.500 Mitarbeiterinnen     helfen wir jungen Menschen beim               denn als einer der größten Träger für
und Mitarbeiter stark. Wir sind prak-     Wiedereinstieg in Arbeit, Bildung und        Wohnungslosenhilfe wissen wir, dass
tisch in allen Bereichen der sozialen     Beruf. Unsere Abteilung Wohnen mit            viele unserer Klientinnen und Klien-
Arbeit, Pflege und Betreuung tätig. Wir   Service bietet Facility und Standortbe-       ten gerade dann ein Notquartier su-
sind mit etwa 700 Kolleginnen und         treuung für Wohnhausanlagen und in-           chen. Wir beteiligen uns am Winter-
Kollegen einer der größten Anbieter       tegriert als sozialer Betrieb gleichzeitig    paket der Stadt Wien, das eine warme

                                                                                                         FAIR WOHNEN 4/19     5
FAIR WOHNEN - Die Mietervereinigung Österreichs
FAIR WOHNEN          INTERVIEW

                                               Übernachtungsmöglichkeit bietet. Mit              Entfaltungsraum, um ein Kind glück-
                                               dem Tageszentrum Nord_light bieten                lich zu machen? Zur Bekämpfung von
                                               wir im 22. Bezirk das einzige Notquar-            Kinderarmut gehört mehr als »satt
                                               tier nördlich der Donau an, wo wir täg-           und sauber«; Kinder brauchen mehr.
                                               lich hunderte Leute versorgen - viele
                                               haben dort über die kalte Jahreszeit              Die Volkshilfe versteht sich auch als
                                                          ihre Heimat. Wir versuchen             politische Organisation, die mithil-
                                                          den Winter für unsere Klien-           fe ihrer Expertise Forderungen er-
                                                          tinnen und Klienten trotz              arbeitet und diese an die Politik her-
                                                          der Kälte in eine schöne Zeit          anträgt. Du bist selbst ein politischer
                                                          zu verwandeln, gemeinsam               Mensch, warst lang im Gemeinderat
                                                          zu feiern, durch Spenden-              und Landtag engagiert. Warum hast
                                                          aufrufe das eine oder an-              du dich entschieden, die Politik zu
                                                          dere Geschenk machen zu                verlassen und die Geschäftsführung
                                                          können und eine friedliche             der Volkshilfe Wien zu übernehmen?
                                                          Stimmung zu verbreiten.                Meine beruflichen Wurzeln liegen in
                                                                                                 der sozialen Arbeit, ich bin studierte
                                                                 Ein besonderer Schwer-          Sozialarbeiterin und studierte Kom-
                                                                 punkt eurer Arbeit ist die      munikationsfachfrau. Nach langer Zeit
                                                                 Bekämpfung von Kinder-          in der Jugendarbeit, als Streetworke-
                                                                 armut. Wie kann man euch        rin und Sozialarbeiterin, hatte ich die
                                                                 dabei unterstützen? Kin-        Chance in der Brigittenau in die Poli-
                                                                 der sind die Schwächsten        tik einzusteigen. Das hat mich interes-
                                                                 einer Gesellschaft - wenn       siert, weil dort viele Leute aktiv waren,
                                                                 Kinder von Armut betrof-        die sich sehr für Menschen eingesetzt
                                                                 fen sind, kann das eine Ge-     haben. Rückblickend möchte keinen
                                                                 sellschaft nicht überstehen.    einzigen Tag davon missen, ich habe
                                                                 Das ist richtig. Kinderarmut    mit Leib und Seele Politik gemacht,
                                                                 ist in einem reichen Land       tolle Leute kennengelernt und span-
                                                                 wie Österreich eine Schande.    nende Aufgaben bekommen - in einer
                                                                 Die Volkshilfe hat ein Modell   so schönen Stadt wie Wien ist ein-
                                                                 ausgearbeitet, dass sich Kin-   fach viel zu tun. Nach zwölf Jahren in
                                                                 dergrundsicherung nennt.        der Politik habe ich mir dann die Fra-
                                                                 Wir haben ausgerechnet,         ge gestellt, wie es weitergeht. Ich habe
                                                                 wie man durch eine Umstel-      sehr viel erreicht, aber nicht gesehen,
                                                                 lung der vielfältigen Förder-   dass es künftig noch viele Gelegen-
                                                                 landschaft für Kinder und       heiten geben würde, mich weiter ein-
                                                                 Familien ein Paket schnü-       bringen zu können - das muss man ak-
                                                                 ren kann, um Kinder aus der     zeptieren. Zu dieser Zeit kam ich mit
                                                                 Armut zu holen. Die Kin-        Rudolf Hundstorfer (damals Vorsitzen-
                                                                 dergrundsicherung beträgt       der der Volkshilfe Wien, Anm.) ins Ge-
                                                                 als gebündelte Leistung des     spräch, mit dem ich lange Jahre in der
                                                                 Bundes 625 Euro plus/mi-        Jugend-, Arbeitsmarkt-, und Sozial-
                                                                 nus Zuschlägen je nach Ver-     politik eng zusammengearbeitet habe,
                                                                 fasstheit der Familie. Wir      nahm meinen Mut zusammen und
                                                                 konnten in einem Modell-        bewarb mich mit der aus meiner Sicht
                                                                 versuch zeigen, dass die-       passenden Vita für die Geschäftsfüh-
                                                                 se Grundsicherung Kinder        rung der Volkshilfe Wien. Ich freue
                                                                 mit ihren Familien tatsäch-     mich sehr, dass die Wahl auf mich ge-
                                                                 lich aus der Armut bringt.      fallen ist und ich mit meiner Vision für
                                                                 Wir werden diese Grundsi-       die Zukunft der Volkshilfe Wien antre-
                                                                 cherung in den kommen-          ten kann.
                                                                 den Jahren verstärkt an die
                                                                 Politik herantragen, um         Was sind deine Ziele? Siehst du es als
Tanja Wehsely im Gespräch mit Georg Niedermühlbichler.           Kinderarmut auch wirklich       politischer Mensch auch als Aufgabe,
                                                       abzuschaffen.                             die Volkshilfe noch mehr zum politi-
                                                       Aktuell läuft bei uns auch die Aktion     schen Akteur zu machen?
                                                       Kinderzimmer. Dabei geht es darum,        Mein ganzes Leben hat mich im-
                                                       ein Kinderzimmer als Lebensraum           mer schon interessiert, wie eine so-
                                                       eines Kindes einzurichten. Wie muss       ziale Struktur für Menschen funktio-
                                                       ein solches Zimmer aussehen, als          niert und wie man ihnen helfen kann

6   FAIR WOHNEN 4/19
FAIR WOHNEN - Die Mietervereinigung Österreichs
- vor allem auch mit Hilfe zur Selbsthil-
 fe. Das ist auch das Credo der Volks-
 hilfe Wien: wir helfen, aber wir hel-
 fen auch zur Selbsthilfe. Helfen macht
 stark. Ich möchte, dass sich die Volks-
                                             Aktion Kinderzimmer
                                             Kinder leben vielfach in nicht kindgerechten Wohnungen. Ziel der
 hilfe Wien öffnet und ein progressi-
                                             »Aktion Kinderzimmer« der Volkshilfe ist eine Verbesserung des
 ver und moderner Player in der Land-
                                             Wohnraums für finanziell benachteiligte Kinder und
 schaft der sozialen Organisationen
                                             Jugendliche mit Hilfe von Spenden, Sponsoring, Sachspenden,
 dieser Stadt ist. Wir sind ein weltli-
                                             Zeitspenden und Dienstleistungsspenden.
 cher Träger und dem Sozialstaat ver-
 pflichtet. Wir finden es richtig und gut,
                                             So können Sie die Aktion Kinderzimmer unterstützen:
 dass die Stadt einen funktionierenden
                                             • Sachspenden: Neue und neuwertige Einrichtungsgegenstände
 Sozialstaat aufgebaut hat und diesen
                                             für Kinderzimmer (Schreibtische, Sessel, Betten, Kästen,
 auch betreibt. Natürlich brauchen wir
                                             Lampen etc.), aber auch Spielsachen, Kleider und Lernutensilien
 Spendengelder. Aber das, was wir mit
                                             wie Computer, Taschenrechner.
1.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbei-
                                             • Freiwilliges Engagement: Hilfe beim Ausmalen oder Reparaturen;
 tern jeden Tag in dieser Stadt leisten,
                                             Lieferdienste übernehmen oder Sortieren der Sachspenden.
 könnten wir nicht allein durch Spen-
                                             • Helfen mit einer Spende:
 den finanzieren - und das kann auch
                                             Bank Austria Spendenkonto
 keine andere Organisation im sozia-
                                             IBAN: AT25 1200 0006 6910 0000, BIC: BKAUATWW
 len Bereich.
                                             Mehr Informationen unter: www.volkshilfe-wien.at
Ich möchte aus der Volkshilfe einen
modernen, aufgeschlossenen Träger
machen. Wie wollen Senioren und
Seniorinnen in der Zukunft wohnen?
Wie gehen wir mit Digitalisierung um?
Wie wollen wir Kindern und Jugendli-
chen in unseren Wohngemeinschaf-
ten vermitteln, was Demokratie und
politische Bildung bedeutet? Wie kön-
nen Sie teilhaben? Wie kann das ihre
Stadt werden?
Ich will einen Ausbau der freiwilligen
und ehrenamtlichen Arbeit. Jeder, der
beitragen kann und möchte, ist herz-
lich willkommen, soll aber jedenfalls
noch mehr unterstützt und geschult
werden. Wir werden viele Einzelteile,
die wir jetzt in unserem Betrieb haben,
synergetisch zusammenführen, dar-
aus Pakete machen und diese wirken
lassen. Ich möchte künftig nicht mehr
zwischen Ehrenamtlichen im Verein
und Freiwilligen, die die Hauptamt-
lichen unterstützen, unterscheiden.
Das sind alles wertvolle Menschen,
die freiwillige Arbeit für die Volkshil-
fe und für die Menschen, die betreut
werden, leisten. Wenn Sie uns einmal
helfen, das Lebensmittelpaket ma-
chen, Mentoren sind, Sozialberatung
machen, sind alle willkommen und
werden unterstützt. Sie bekommen
eine Schulung, einen Newsletter, Aus-
stattung und ein Fest, zu dem sie ein-
geladen werden. Ich möchte, dass wir
eine Gemeinschaft werden.
Die Volkshilfe Wien soll als soziale Or-
ganisation in dieser Stadt Nummer 1
werden.                                                          Wehsely und Niedermühlbichler beim Rundgang durch die MVÖ-Zentrale in Wien.

                                                                                                              FAIR WOHNEN 4/19            7
FAIR WOHNEN - Die Mietervereinigung Österreichs
FAIR WOHNEN        FALL

Verbotene Ablöse:
MVÖ erkämpft 20.000
Euro für junge Mutter
    Die Experten der Mietervereinigung unterstützen Mitglieder in allen
    Mietrechtsfragen und gehen nicht nur gegen überhöhte Mieten und
    falsche Betriebskostenabrechnungen vor, sondern auch gegen ver-
    botene Ablösen, wie ein konkreter Fall aus Wien zeigt:

8    FAIR WOHNEN 4/19
FAIR WOHNEN - Die Mietervereinigung Österreichs
S
                                           chon lang war Tanja Krai-                                                Ablöse lag. Ein Versuch, sich mit   Mietern, von denen Ablösen
                                           ner* mit ihrem Freund auf                                                dem Vormieter auf eine Rück-        verlangt werden, rät Perchtold,
                                           Wohnungssuche in Wien.                                                   zahlung eines Teils der Ablöse      Zahlungsvereinbarungen aus-
                                      Schließlich wurde die jun-                                                    zu einigen, scheiterte. Krainer     schließlich schriftlich zu schlie-
                                      ge Mutter im 19. Bezirk fündig:                                               wandte sich an die Experten der     ßen: »Lassen Sie sich Belege für
                                      Eine Genossenschaftswohnung                                                   Mietervereinigung (MVÖ).            Investitionen und Rechnun-
                                      mit 4 Zimmern, für die der Vor-                                                                                   gen für Einrichtungsgegenstän-
                                      mieter ein sogenanntes Präsen-                                                Verfahren                           de geben und machen Sie Fotos
                                      tationsrecht hatte und somit der                                              Die MVÖ-Juristen strengten ein      bei der Wohnungsübergabe.
                                      gemeinnützigen Bauvereini-                                                    Verfahren bei der Schlichtungs-     Wenn Sie Zweifel an der Ange-
                                      gung einen geeigneten Nach-                                                   stelle an – im Vollanwendungs-      messenheit der Ablöse haben,
                                      mieter vorschlagen konnte.                                                    bereich des Mietrechtsgesetzes      lassen Sie die Möbel bzw. Inves-
                                                                                                                    (MRG) und im Anwendungsbe-          titionen schätzen. Bei Unklar-
                                      Als Krainer die Wohnung das                                                   reich des Wohnungsgemeinnüt-        heiten vereinbaren Sie am bes-
                                      erste Mal besichtigte, informier-                                             zigkeitsgesetzes (WGG) können       ten einen Beratungstermin bei
                                      te sie der Vormieter von seiner                                               überhöhte Ablösen im Außer-         unseren Experten.«
                                      Ablöseforderung für das Woh-                                                  streitverfahren zurückgefordert
                                      nungsinventar: 40.000 Euro. Viel                                              werden. Im Zuge eines solchen
                                      Geld für eine junge Familie. Der                                              Verfahrens wird der Wert der

                                                                                                                                                        i Ablöse zwischen
                                      Vormieter habe jedoch erwähnt,                       Marisa Perchtold         abgelösten Gegenstände durch
                                      dass man »über diesen Betrag                         ist Teamleiterin der     Amtssachverständige eruiert.
                                                                                          Mietervereinigung in
                                      noch diskutieren kann«, erin-
                                      nert sich Krainer. Bei der dritten                   Wien und vertrat die
                                                                                          Mieterin im Verfahren.
                                                                                                                    Kurz nach Eröffnung des Ver-             Vormieter und
                                      Besichtigung der Wohnung setz-
                                      te der Vormieter schließlich den
                                                                                                                    fahrens langte bei der MVÖ ein
                                                                                                                    Vergleichsangebot des Vormie-            Nachmieter
                                      Betrag für die Ablöse mit 32.500                                              ters ein: Er sei bereit, 10.000
                                      Euro fest. Krainer war sich unsi-                                             Euro zurückzuzahlen. Krainer         Ein Vormieter kann für bau-
                                      cher, wollte deshalb Rechnun-                                                 lehnte das Angebot jedoch ab         liche Investitionen in eine
                                      gen für die vom Vormieter ge-                                                 und wollte die Entscheidung          Mietwohnung oder in Möbel
                                      tätigten größeren Investitionen                                               der Schlichtungsstelle abwarten.     mit einem Neumieter eine
                                      wie Küche und Bodenbeläge se-                                                 Mit Recht: die Gutachter errech-     Ablöse vereinbaren. Die
                                      hen. Diese Rechnungen habe                           Mehr zum Thema           neten für das Inventar der Woh-      Höhe der Forderung muss
                                      sie nie erhalten, schildert Krai-                                             nung einen Gesamtgegenwert           sich am Wiederbeschaf-
                                      ner – stattdessen gab es nur eine                                             von nur 14.587,30 Euro – weni-       fungswert (Zeitwert) orien-
                                      handgeschriebene Inventar-                                                    ger als die Hälfte der bezahlten     tieren. Dabei ist festzustellen,
                                      liste. Trotzdem: die junge Fa-                                                32.500 Euro.                         welcher Betrag aufgewendet
                                      milie kratzte das Geld zusam-                                                                                      werden müsste, um gleich-
                                      men, überwies dem Vormieter                                                   »Wenn die Höhe der Ablöse den        wertige Einrichtungsgegen-
                                      die verlangten 32.500 Euro und                       Ablöse und andere        Wert der abgelösten Investitio-      stände zu beschaffen oder
                                      übernahm die Wohnung.                                Einmalzahlungen          nen und Möbel übersteigt, liegt      eine gleichwertige Aus-
                                                                                             im Mietrecht           eine verbotene Ablöse vor«, er-      stattung des Mietobjektes
                                      Krainers Zweifel am Wert der                                                  klärt MVÖ-Teamleiterin Mari-         zu schaffen. Einen exakten
                                      überlassenen Einrichtung                                                      sa Perchtold. Im konkreten Fall      Wert festzulegen, kann ohne
                                      wuchsen in der Folge jedoch                                                   hatte Krainer 17.912,70 Euro         Sachverständigen schwierig
                                      täglich – sie begann, den Neu-                                                zu viel bezahlt. Inklusive 4 Pro-    sein.
                                      wert der Gegenstände zu recher-                                               zent Zinsen stand Krainer nun
                                      chieren und stellte fest, dass die-                                           eine Rückzahlung von exakt           Ablösezahlungen ohne ent-
                                      ser deutlich unter der bezahlten                                              19.999,41 zu.                        sprechend gleichwertige Ge-
                                                                                                                                                         genleistungen sind grund-
                                                                                                                                                         sätzlich unzulässig.

                                                                                                                                                         Wurde eine unzulässige Ab-
Fotos: golibo/istockphoto.com / MVÖ

                                                                                                                                                         löse oder zu viel Ablöse ver-
                                                                                                                                                         langt, kann der Nachmieter
                                                                                                                                                         ein Ablöseverfahren bei der
                                                                                                                                                         Schlichtungsstelle oder bei
                                                                                                                                                         Gericht einbringen und den
                                                                                                                                                         Betrag zurückfordern. Der
                                                                                                                                                         Rückforderungsanspruch
                                      Vom Duschvorhang bis zum WC-Deckel: Auszug aus der Inventarliste der Wohnung im Akt der Schlichtungsstelle.        besteht 10 Jahre lang.

                                      *Name von der Redaktion geändert
                                                                                                                                                                   FAIR WOHNEN 4/19     9
FAIR WOHNEN - Die Mietervereinigung Österreichs
FAIR WOHNEN     INTERN
                 FALL

Die Mietervereinigung
Steiermark stellt sich vor
Das Team der MVÖ Steiermark bietet Rat und Hilfe in allen Miet- und Wohnrechts-
fragen und erstreitet Jahr für Jahr über 200.000 Euro für die Mitglieder.

                            Für Mieter im Einsatz: LGF Mag. Christian Lechner, Mag. Georg Thomaschitz, Dr. Tanja Scheucher, Elke Trumler, Mag. Monika Zwanzger (v.l.n.r.)

D
     ie Mieter vereinigung                                      Dies mit einem Team bestehend                          Rückforderung von überhöh-
     Steiermark zeigt sich seit                                 aus Vollzeit beschäftigten Juris-                      ten Miet- und Betriebskosten
     dem Sommer 2019 in                                         tInnen und einer Sekretärin in                         sowie illegalen Ablösen. Dane-
einem neuen Gesicht. So wur-                                    der Landesgeschäftsstelle Graz,                        ben zählt die Beratung bei Miet-
de in der letzten Landeshaupt-                                  aber auch zahlreichen ehren-                           zinserhöhungen, die Überprü-
versammlung der langjährige                                     amtlichen Funktionärinnen                              fung von Mietzinsvorschreibun-
Geschäftsführer Mag. Christian          Rat und Hilfe           und Funktionären in den Bezir-                         gen, die Hilfestellung bei der
Lechner zum Vorsitzenden der                                    ken der Steiermark. Gerade die                         Durchsetzung notwendiger Re-
Mietervereinigung Steiermark                                    wertvolle Tätigkeit der ehren-                         paraturarbeiten, die Überprü-
gewählt. Gemeinsam mit seiner                                   amtlich arbeitenden Funktionä-                         fung von Maklergebühren und
Stellvertreterin Mag. Monika                                    re in den Bezirken soll an dieser                      Provisionen, sowie die Mietver-
Zwanzger konnte ein erfolgrei-                                  Stelle nicht unerwähnt bleiben.                        tragsberatung zum täglichen
ches und über lange Jahre ein-                                  Die Ausübung eines Ehrenam-                            Beratungsalltag.
gespieltes Team übernommen          Angebote und Außen-         tes ist in der heutigen Zeit keine
werden.                             stellen der Mieterver-      Selbstverständlichkeit mehr.                           Neben der Betreuung der Mit-
                                     einigung Steiermark                                                               glieder ist der Mietervereini-
Die Mietervereinigung Steier-                                   Jährlich erteilen die Mitarbeiter                      gung Steiermark auch die Ent-
mark bietet den steirischen                                     der Mietervereinigung Steier-                          wicklung des Wohnrechts hin
Mieterinnen und Mietern flä-                                    mark über 20.000 Rechtsaus-                            zu einem fairen, leistbaren und
chendeckend Rat und Hilfe in                                    künfte und können so regelmä-                          kostenbewussten Wohnen ein
allen Miet- und Wohnrechts-                                     ßig Beträge von über 200.000                           Anliegen. Fair Wohnen, in all
fragen an. Sie bietet persönli-                                 Euro für deren Mitglieder                              seinen Facetten, ist und bleibt
che Sprechstunden in der Lan-                                   rückfordern.                                           Zukunftsforderung der Mieter-
desgeschäftsstelle Graz aber                                                                                           vereinigung Steiermark.
auch in vielen Bezirken der                                     Themen in den Sprechstun-
Steiermark an. Daneben wer-                                     den sind oftmals die Überprü-
den zahlreiche Auskünfte tele-                                  fung von Betriebskosten- sowie
fonisch und per E-Mail erteilt.                                 Heizkostenabrechnungen, die

10 FAIR WOHNEN 4/19
Fair Wohnen?
Kannst Du auch.
 Die Mietervereinigung kämpft für Deine Rechte
 als Mieter und steht Dir bei Problemen mit dem
 Vermieter zur Seite. Top-JuristInnen beraten Dich
 in allen Wohnrechtsfragen und helfen Dir gegen
 Abzocke bei Mieten und Betriebskosten, beim Streit
 um Kautionen und vielem mehr. Damit Wohnen fair
 bleibt. Alle Infos:                         gung.at
                   www.mietervereini
                               Foto: Mietervereinigung Steiermark

                Garantiert gut beraten und gut vertreten.
FAIR WOHNEN     THEMA

12 FAIR WOHNEN 4/19
Wohnen ist ein
             Menschenrecht
             Mieterschützer aus der ganzen Welt trafen sich im Oktober im Wiener Rathaus zur
             großen 21. Weltkonferenz der Internationalen Union der Mieter (IUT). Fair Wohnen
             war für Sie dabei und hat alle Highlights dokumentiert.

                 W
                         ohnen ist keine Ware,                                 leistbares Wohnen«, sagte Nie-                 Barbara Steenbergen, Leiterin
             »           sondern ein grund-
                         legendes Menschen-
                                                                               dermühlbichler. Mit seinem gro-
                                                                               ßen und hochwertigen Bestand
                                                                                                                              des EU-Büros der IUT in Brüs-
                                                                                                                              sel, zu bedenken. »Unsere Auf-
                 recht«, verlautet das abschlie-
                 ßende Statement der 21. Welt-
                                                         Video
                                                       mit allen Highlights
                                                                               an Gemeinde- und geförderten
                                                                               Wohnungen sei Wien ein Vor-
                                                                                                                              gabe als Vertreter der IUT ist es,
                                                                                                                              zusammenzuarbeiten und mit
                 konferenz der Internationalen        der IUT-Weltkonferenz:   bild für viele Städte geworden.                einer Stimme zu sprechen«, ap-
                 Union der Mieter (IUT) in Wien.                                                                              pellierte Steenbergen an inter-
                                                                                                                              nationale Solidarität.
                 Die IUT vereint 72 Mieterschutz-
                 Organisationen aus 47 Ländern
                 unter einem Dach. Die Grün-
                 dung dieses Dachverbandes vor
                 mehr als 90 Jahren geht auf eine
                 Initiative der Mietervereinigung
                 Österreichs (MVÖ) zurück (sie-
                 he Artikel auf Seite 15) – für die                            MVÖ-Präsident Georg Niedermühlbichler
                 MVÖ war es daher gleichzeitig                                 eröffnete die IUT-Weltkonferenz im Rathaus.
                 Ehre und Selbstverständlich-                                                                                 Barbara Steenbergen vom IUT-Büro in Brüssel
                 keit, die Weltkonferenz der IUT                               Wohnbau-Stadträtin Kathrin                     stellte Eckpunkte des Aktionsplans der EU-
                 in Wien zu organisieren.                                      Gaal erklärte im Anschluss , dass              Städtepartnerschaft für bezahlbares Wohnen vor.
                                                                               die Stadtregierung der Überzeu-
                 Alle drei Jahre findet ein solches                            gung sei, dass Wohnen ein Men-                 Marie Linder, neue Präsiden-
                 Treffen führender Vertreter von                               schenrecht ist und dass jedes                  tin der IUT, zeigte sich in ihrer
                 Mieterbewegungen auf der gan-                                 Land dafür verantwortlich sei,                 Antrittsrede kämpferisch. »Wir
                 zen Welt statt, um Erfahrungen                                dies auch sicherzustellen.                     müssen die Stimme für leist-
                 und Informationen auszutau-                                                                                  bares und sicheres Wohnen für
                 schen, ihre Arbeit zu stärken
                 und die Situation für Mieter zu
                                                      Booklet
                                                      zum Weltkongress
                                                                                                                              alle Menschen der Welt sein.
                                                                                                                              Wir müssen die Bewegung sein,
                 verbessern.                           mit Infos aus vielen                                                   die Politiker an die Agenda 2030
                                                       Teilnehmerländern                                                      und die globalen Ziele der Ver-
                 Als Gastgeber eröffnete MVÖ-              online lesen:                                                      einten Nationen für nachhaltige
                 Präsident Georg Niedermühl-                                                                                  Entwicklung, insbesondere Ziel
                 bichler die Konferenz im Wap-                                                                                11, erinnert. Dieses Ziel sagt: Si-
                 pensaal des Wiener Rathau-                                                                                   chern von angemessenem, si-
                 ses vor rund 100 Teilnehmern                                  Stadträtin Kathrin Gaal informierte über die   cherem und erschwinglichem
                 aus 22 Nationen und weltwei-                                  Wohnbaupolitik in Wien.                        Wohnraum für alle«, sagte die
Fotos: MVÖ

                 tem Internet-Publikum, das via                                                                               Schwedin. »Ich habe in meiner
                 Livestream dabei war. »Wien                                   »Jedes Land verfolgt seine ganz                Nachbarschaft gekämpft, ich
                 steht seit mehr als 100 Jahren für                            eigene Wohnungspolitik«, gab                   habe in meinem Land gekämpft

                                                                                                                                              FAIR WOHNEN 4/19 13
FAIR WOHNEN                THEMA

- und künftig werde ich auf der                                       Wohnen behandelt (mehr dazu

                                                72
 ganzen Welt für Mieterrechte                                         siehe Seiten 26-27.) »Es geht um
 kämpfen.«                                                            mehr als Unterschriften. Es geht
                                                                      um Anstand, Menschlichkeit,
                                                                      die Zukunft Europas – und um
                                             Mieterorganisationen     ein Menschenrecht«, erklärte
                                             aus 47 Ländern sind in   Zauner-Lohmeyer.
                                               der IUT vertreten.
                                                                                                                        Dan Nicander stellte eine Polit-Kampagne vor.

                                               Videos
                                               aller Vorträge in
Kämpferisch: IUT-Präsidentin Marie Linder.
                                              originaler Länge (in
                                              englischer Sprache)
Zum Thema Wohnen in Wien                        finden Sie in der
referierten MA50-Wohnbauex-                    Beschreibung des
perte Daniel Glaser und Mie-                   Highlight-Videos:      Karin Zauner-Lohmeyer warb für Housing for All.
terhilfe-Leiter Christian Bartok.
Glaser stellte das »Wiener Mo-                                        Mit der Keynote von Claudio                       Martin Hofverberg analysierte Airbnb & Co.
dell« vor: 60 Prozent der Wiener                                      Acioly Jr., Wohnexperte von UN-
Haushalte leben in Gemeinde-                                          HABITAT und der Vorstellung                       Aus Frankreich war Eddie Ja-
oder geförderten Wohnungen.                                           der UN-Agenda 2030 mit ihren                      quemart angereist, Direktor des
Der Zugang zu sozialem Wohn-                                          nachhaltigen Entwicklungszie-                     Mieterbundes Confédération
bau solle sich nicht auf Arme                                         len durch die niederländische                     Nationale du Logement. Er re-
beschränken, sondern müs-                                             Expertin Ellen Geurts endete der                  ferierte und diskutierte inten-
se weite Teile der Gesellschaft                                       erste Tag der Weltkonferenz.                      siv über die Bedeutung starker
einschließen, führte Glaser aus.                                                                                        Mieterorganisationen.
Bartok gab einen Überblick über                                       Der folgende Tag stand im Zei-
die kostenlosen Leistungen der                                        chen von Experten-Panels und
Mieterhilfe, einer von der Stadt                                      Diskussionsrunden. Heiß dis-
finanzierten Beratungsstelle. Er                                      kutiert wurde über den Berli-
betonte die gute Zusammen-                                            ner Mietendeckel, der von Wib-
arbeit mit der MVÖ am Beispiel                                        ke Werner und Reiner Wild vom
einer Aktion von Mietzinsüber-
prüfungen in Altbauten, bei
                                                  UNO
                                               Was ist die Agenda
                                                                      Berliner Mieterverein präsen-
                                                                      tiert wurde.
denen die Mieterhilfe die Erstbe-             2030? Wie die Ziele
ratung übernahm und die Mie-                  der Vereinten Natio-                                                      Eddie Jaquemart in einer lebhaften Diskussion.
ter in Verfahren von den erfah-               nen für nachhaltige
renen Rechtsexperten der MVÖ                  Entwicklung lauten:                                                       Paulus Jansen, Direktor des nie-
vertreten wurden.                                                                                                       derländischen Woonbond, stell-
                                                                                                                        te zum Abschluss ein soziales
                                                                                                                        Abkommen zwischen seiner Or-
                                                                                                                        ganisation und Vermietern vor.

                                                                      Wibke Werner und Reiner Wild am Round Table.

                                                                      Einen starken Schweden-Block
                                                                      eröffnete Dan Nicander, Chef
                                                                      des Regionalbüros Süd der
Christian Bartok hob die Kooperation von
Mieterhilfe und MVÖ hervor.
                                              Report
                                              und abschließendes
                                                                      schwedischen Mietervereini-
                                                                      gung Hyresgästföreningen mit
                                              Statement der IUT-      Einblicken in eine Kampagne.
Ein Aufruf kam von Karin Zau-                   Weltkonferenz:        Sein Kollege, Chefökonom Mar-                     Daniel Glaser (MA50) führte die internationale
ner-Lohmeyer, Sprecherin der                                          tin Hofverberg, beleuchtete das                   Delegation durch das Sonnwendviertel in Wien.
Europäischen Bürgerinitiative                                         Thema Airbnb. Schließlich stell-
Housing for All: »Unterschrei-                                        te Chefverhandler Erik Elmgren                    Nach Exkursionen durch Sonn-
ben Sie jetzt!« Bis 18. März muss                                     die ehrgeizigen Ziele seiner Or-                  wendviertel und Karl-Marx-Hof
Housing for All europaweit eine                                       ganisation vor: Statt wie bisher                  endete die Weltkonferenz mit
Million Unterschriften sammeln,                                       30% der Haushalte sollen bald                     dem eingangs erwähnten State-
damit die EU-Kommission                                               schon 50% Mitglied von Hyres-                     ment. Mehr über Arbeit und Zie-
die Forderungen für leistbares                                        gästföreningen werden.                            le der IUT unter www.iut.nu.

14 FAIR WOHNEN 4/19
Das ist die IUT
             Über 90 und kein bisschen leise: Leistbares, sicheres Wohnen und die Wahrung
             der Interessen der Mieter sind die Ziele des Internationalen Mieterbundes (IUT).

             D
                  ie International Union of Tenants        Österreich 1934 wurde die MVÖ ver-                             vor allem von den Ländern mit tradi-
                  (IUT) ist das Sprachrohr für 72          boten und die internationale Zusam-                            tionell starker Mieterbewegung, do-
                  Mieterorganisationen aus 47              menarbeit kam zum Erliegen. Der                                miniert. Die Strukturen in den Mit-
             Ländern und betreibt Büros in Brüssel         Zweite Weltkrieg legte viele Städte                            gliedsländern sind ganz unterschied-
             und Stockholm.                                Europas in Trümmer, darunter auch                              lich – neben Vereinen wie bei uns gibt
                                                           jene mit einem damals hohen Anteil                             es in einigen Ländern auch Mieterge-
             Die IUT setzt sich als nichtstaatliche,       an kommunalen Mietwohnungen in                                 werkschaften. Seit 2008 ist die IUT mit
             gemeinnützige Mitgliedsorganisation           Österreich und Deutschland. Erst 1955                          einem eigenen Büro in Brüssel vertre-
             weltweit für Mieterrechte und bezahl-         nahm die IUT ihre Arbeit wieder auf –                          ten und agiert dort als politische Inter-
             baren Wohnraum ein – und das bereits          erneut auf österreichische Initiative,                         essenvertretung innerhalb der EU.
             seit mehr als 90 Jahren.                      diesmal von MVÖ-Obmann Rudolf
                                                           Marchner. 1957 zählte man fünf zah-                            Die Ziele haben sich seit dem Ge-
             Die Gründung der IUT geht auf Ro-             lende Mitglieder: Österreich, Schweiz,                         burtsjahr der IUT nicht groß verän-
             bert Hoffmayr, einen der Gründervä-           Deutschland, Schweden und Däne-                                dert: Nach wie vor geht es um den ge-
             ter der Mietervereinigung Österreichs,        mark. Der Hauptsitz der IUT wurde                              meinsamen Kampf gegen eine rein
             zurück. Hoffmayr regte in einem Brief         von Wien nach Stockholm verlegt.                               an Marktinteressen orientierte Woh-
             an die schwedische Mietervereinigung                                                                         nungspolitik. Eine der zentralen Auf-
             eine Zusammenarbeit der europäi-              60 Jahre später ist die IUT wesent-                            gaben der internationalen Organisa-
             schen Mieterorganisationen an. Auf            lich größer und internationaler ge-                            tion ist der Erfahrungs- und Informa-
             dem 1. Internationalen Mieterkon-             worden. Zu den Mitgliedern gehö-                               tionsaustausch. Alle drei Jahre findet
             gress in Zürich 1926 wurde ein Dach-          ren Mieterverbände unter anderem                               deshalb eine Weltkonferenz statt, zu-
             verband gegründet und eine erste ge-          in Australien, Kanada, Südafrika, Ja-                          letzt 2016 in Glasgow und nun in Wien.
             meinsame Resolution verabschiedet             pan und den USA. Dennoch wird sie
             Die Forderungen: Verbesserung der             nach wie vor von Europa, und hier                              Die IUT ist in einer Reihe von Netzwer-
             ungesunden Wohnbe-                                                                                                          ken und internationalen
             dingungen, Einführung                                                                                                       Arbeitsgruppen inner-
             einer Sozialmiete und                                                                                                       halb der EU und bei den
             ein Ende der Spekula-                                                                                                       Vereinten Nationen aktiv.
             tion durch die Hausbe-                                                                                                      In der Charta der Mieter
             sitzer. Die Resolution                                                                                                      formuliert die Organi-
             enthielt folgende Nach-                                                                                                     sation ihre grundlegen-
             richt: »Mieter Europas!                                                                                                     den Ziele: Die IUT strebt
             Für den Erfolg unserer                                                                                                      das Recht auf bezahl-
             Arbeit ist die tatkräfti-                                                                                                   baren Wohnraum für
             ge Unterstützung jedes                                                                                                      alle an und betrachtent
             Mieters unabdingbar.                                                                                                        dies als ein universelles
             Die Solidarität erfor-                                                                                                      Menschenrecht, das in
             dert, dass jeder Mieter                                                                                                     jedem Land gesetzlich
             seinem nationalen Mie-                                                                                                      durchgesetzt werden
             terverband beitritt. Nur                                                                                                    sollte. Die Charta der
             der starke Zusammen-                                                                                                        Mieter im Detail finden
             schluss aller Mieter ga-                                                                                                    Sie im Web unter www.
             rantiert einen erfolg-                                                                                                      iut.nu oder direkt über
             reichen Kampf gegen,                                                                                                        den folgenden Link:
             wenn auch nur weni-
             ge, mächtige und ein-
             flussreiche spekulative
             Vermieter.«
Fotos: MVÖ

             Mit der Errichtung
             des Ständestaats in            Gruppenbild im Rathaus: Präsidentin Marie Linder (Mitte) , flankiert vom Vorstand der IUT

                                                                                                                                            FAIR WOHNEN 4/19 15
FAIR WOHNEN    INTERNATIONAL

16 FAIR WOHNEN 4/19
Lissabon: Kampf
                                        gegen Wohnungskrise
                                        Touristen und Investoren stürmen Portugals Hauptstadt – ein Boom mit
                                        Schattenseiten: die Mieten explodieren, zugleich schwindet der Wohnraum.
                                        Fair Wohnen sprach mit Luis Mendes von der Mietervereinigung Lissabons
                                        über die Hintergründe der Wohnungskrise.

                                        L
                                            issabon ist ein Touristenma-
                                            gnet. Allein im Jahr 2018 ka-
                                            men 4,5 Millionen Gäste in
                                        die Stadt – das sind zwar nach
                                        absoluten Zahlen weniger als
                                        etwa in Wien (7,5 Millionen Gäs-
                                        te), allerdings kommen in der
                                        500.000-Einwohner-Stadt Lis-
                                        sabon auf einen Einheimischen
                                        neun Touristen im Jahr, wäh-
                                        rend es in Wien rund vier sind.

                                        Der boomende Tourismus hat
                                        in Portugals Hauptstadt dra-
                                        matische Folgen: Viele Woh-
                                        nungen werden nur noch über
                                        Plattformen wie Airbnb kurz-
                                        fristig an Touristen vermietet,
                                        der Wohnraum für Einheimi-
                                        sche wird knapper, die Mieten
                                        explodieren.

                                        Die Durchschnittsmiete in Lis-
                                        sabon ist dem Deloitte Proper-
                                        ty Index 2019 zufolge auf 10,80
                                        Euro pro Quadratmeter geklet-
                                        tert und hat den Wiener Ver-
                                        gleichswert (9,80 Euro) längst
                                        hinter sich gelassen. Bei einem
                                        Netto-Medianeinkommen von                                  Luis Mendes ist Geograph an der Universität und Vorstand der Mietervereinigung Lissabons (AIL)

                                                                                                                            9
                                        780 Euro im Monat müsste ein
                                        Portugiese für eine 80-Quad-        wie Luis Mendes von der Mie-                                        nicht an die Inflation angepasst
Foto: Vali Sachadonig / Unsplash, MVÖ

                                        ratmeter-Wohnung also schon         tervereinigung Lissabons (AIL)                                     – für mehr als 40 Jahre. Noch zu
                                        mehr bezahlen, als er verdient.     im Gespräch mit Fair Wohnen                                         Beginn der 90er-Jahre waren die
                                                                            erklärt. Die Geschichte beginnt           Touristen kamen im        Mieten extrem niedrig. »Ein Bei-
                                                                                                                      Jahr 2018 auf einen
                                        Mietendeckel                        1947, als der damalige Diktator          Einwohner in Lissabon      spiel: Für eine 100-Quadratme-
                                        Die schweren Verwerfungen im        Salazar einen Mietpreis-Stopp             - fast doppelt so viel    ter-Wohnung zahlte man um-
                                        Wohnungsmarkt der Stadt las-        in den Städten Lissabon und              wie in Barcelona oder      gerechnet 50 Euro«, sagt Men-
                                        sen sich aber nicht allein mit      Porto erließ. Die Mieten blieben          Prag (5 Touristen pro     des. Das sei über die Jahre zum
                                        Touristifizierung begründen,        eingefroren und wurden auch                    Einwohner).          Problem geworden – einerseits,

                                                                                                                                                                 FAIR WOHNEN 4/19 17
FAIR WOHNEN      INTERNATIONAL

weil viele Vermieter ihre Häu-                             – etwa, wenn das Haus renoviert       Mehrzahl der aus überwiegend
ser nicht mehr erhalten konn-                               werden soll oder auch bei Eigen-     aus China, Russland und Süd-
ten und andererseits, weil die                              bedarf für sich oder seine Ver-      amerika stammenden Investo-
niedrigen Mieten ärmere Ein-                                wandten. Das wurde zum Pro-          ren entscheidet sich für die bil-
wohner in den Innenstädten fi-                              blem, tausende Mieter verloren       ligere und risikoärmere Lösung:
xierten: »Zur Jahrtausendwende                              ihre Wohnungen.« Mendes er-          die Immobilie. »Dieses Pro-
wohnten in der Innenstadt Lis-                              klärt sich das Interesse der Troi-   gramm ermöglicht es Fremden,
sabons vor allem Ältere, Arme                               ka am Wohnungsmarkt so: Der          in unseren Wohnungsbestand
und Immigranten.« Der Miet-                                 Großteil der Mieter lebte zuvor      zu investieren – aber sie schaf-
preis-Stopp fiel in den 90er-Jah-                           in den historischen Innenstäd-       fen nur Luxus-Apartments. Das
ren, doch bis 2006 blieben Miet-                            ten – also just dort, wo Immobi-     lässt auch die Mieten explodie-
erhöhungen auf den Ausgleich                                lien den höchsten Wert haben.        ren«, schildert Mendes.
der Inflation begrenzt.                                     »Mit einem Gesetz, das Kündi-
                                                            gungen vereinfacht, konnten die      Hotline gegen Airbnb
»Zwangsräumungsgesetz«                                      Innenstädte von Älteren, Armen       Während Touristen-Magne-
Dann kam die große Finanzkrise                              und Immigranten praktisch frei-      te wie Barcelona einen Airbnb-
2008, Portugals Volkswirtschaft                             geräumt werden.«                     Anteil von rund 10 Prozent auf-
wankte und die berüchtigte Troi-                                                                 weisen, liegt dieser im Zentrum
ka (bestehend aus Internationa-                            Golden Visa                           Lissabons bei 30 Prozent – und
lem Währungsfonds, Europäi-                                In den freigewordenen Woh-            im Altstadtviertel Alfama gar bei
scher Zentralbank und Europäi-                             nungen entstehen nun zumeist          über 50 Prozent. »In der Innen-
scher Kommission) verlangte                                Touristenunterkünfte oder Lu-         stadt von Lissabon leben mehr
weitreichende Reformen. Trotz                              xus-Apartments. »Für Mieter           Touristen als Einwohner«, är-
eines Mieteranteils von nur 25                             gibt es praktisch keinen Platz        gert sich Mendes. Auf Druck so-
Prozent in Portugal drängte die                            mehr in der Innenstadt«, sagt         zialer Bewegungen (Living in
Troika darauf, den Wohnungs-                               Mendes. »Unser Wohnungsbe-            Lisbon, AIL, etc.) hat die Stadt-
markt zu liberalisieren. 2012                              stand wird von internationa-          regierung nun wenigstens ein
wurde schließlich ein neues                                len Investoren übernommen.«           Quotensystem eingeführt. In
Mietrechtsgesetz verabschiedet.                            Durch Programme wie Golden            Vierteln, in denen der Anteil

                                      50
»Darin gab es keine Mietober-                              Visa würde dies noch verschärft.      an Airbnb-Wohnungen 20 Pro-
grenze. Die Vermieter konnten                              Diese Regelung verspricht Geld-       zent übersteigt, darf man kein
verlangen, was sie wollten. Es                             gebern aus dem Nicht-EU-Aus-          neues Airbnb-Angebot schaf-
war ein neoliberales Gesetz«,                              land freien Zugang zum Schen-         fen. Außerdem wurde eine Hot-
sagt Mendes. »Die Leute nen-        Prozent beträgt der    genraum, wenn sie entweder            line eingerichtet, über Anwoh-
                                    Anteil an Touristen-
nen es mittlerweile Zwangsräu-        Apartments am        eine Million Euro in ein portu-       ner der Stadt nicht registrier-
mungsgesetz, weil die Vermieter     Wohnraum in Lissa-     giesisches Unternehmen inves-         te Airbnb-Unterkünfte melden
neue Möglichkeiten bekamen,         bons Altstadtviertel   tieren oder Immobilien im Wert        können.
die Mietverträge zu kündigen        Alfama (Bild unten):   von 500.000 Euro kaufen. Die
                                                                                                 Viele Häuser in Lissabon sei-
                                                                                                 en nicht mehr zum Leben da,
                                                                                                 sondern um Profit zu generie-
                                                                                                 ren, sagt Mendes. »Sie werden
                                                                                                 gekauft und verkauft, um Profi-
                                                                                                 te für den Immobilienmarkt ab-
                                                                                                 zuwerfen. Das sind nur noch fi-
                                                                                                 nanzielle Vermögenswerte, mit
                                                                                                 denen spekuliert wird. Das löst
                                                                                                 einen Domino-Effekt aus, der
                                                                                                 sich vom Zentrum in die Peri-
                                                                                                 pherie ausbreitet.«

                                                                                                  Endlich lege die Stadtregierung
                                                                                                 – auf Druck der Mietervereini-
                                                                                                  gung – auch Bauprogramme auf,
                                                                                                  um die Mieten leistbarer zu ma-
                                                                                                                                      Foto: Liam McKay / Unsplash

                                                                                                  chen. „Wir benötigen tausende
                                                                                                  neue Wohnungen. Nicht nur für
                                                                                                 Arme, sondern auch für die Mit-
                                                                                                  telschicht.“ Das brauche freilich
                                                                                                  viel Zeit, weiß Mendes. Weil erst
                                                                                                  gebaut werden muss.

18 FAIR WOHNEN 4/19
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                Recht haben und                                                                                      Nachbarn oder Konflikte wegen einer
                                                                                                                     Erbschaft ebenso als Zivilsache wie
                                                                                                                     Streitigkeiten, die sich durch die Nut-
                                                                                                                     zung des Internets ergeben können. Die

                Recht bekommen
                                                                                                                     Bandbreite reicht hier von Datenmiss-
                                                                                                                     brauch bis hin zu Betrug, Verletzun-
                                                                                                                     gen des Urheberrechts, gehackte Profi-
                                                                                                                     le, Mobbing oder Stalking. Auch zu er-
                                                                                                                     wähnen ist der Versicherungsschutz im
                                                                                                                     Straf-Rechtsschutz, da – unter der Vo-
                                                                                                                     raussetzung, dass der Versicherungs-
                Doris Wendler, Vorstandsdirektorin der Wiener                                                        nehmer tatsächlich unschuldig ist – die
                Städtischen Versicherung, über die Notwendigkeit                                                     Anwalts- und Gerichtskosten jedenfalls
                                                                                                                     selbst zu tragen sind.
                vorzusorgen, damit das Recht sich durchzusetzen
                nicht zum Privileg einiger weniger wird.                                                                          Worauf kommt es bei einer Rechts-
                                                                                                                                  schutzversicherung an?
                                                                                                                                          Wendler: Jeder Mensch hat in-
                Frau Wendler, eine Kfz- oder Haus-                                                                                        dividuelle Bedürfnisse in Be-
                haltsversicherung stellt in Österreich                                                                                    zug auf die rechtliche Absiche-
                niemand in Frage – wie ist es mit der                                                                                     rung. Die Rechtsschutzversiche-
                Rechtsschutzversicherung?                                                                                                 rung der Wiener Städtischen ist
                Wendler: Gerade in immer komplexer                                                                                        flexibel und passt sich den Le-
                werdenden Lebensverhältnissen und                                                                                         bensschwerpunkten der Kun-
                einer Flut regelmäßiger Gesetzesände-                                                                                     den an – unsere Rechtsschutz-
                rungen stellt die Rechtsschutzversiche-                                                                                   kombinationen machen es mög-
                rung einen wichtigen Vorsorgebaustein                                                                                     lich. Ob Verkehrsrechtsschutz für
                dar. Viele neue Rechtsbestimmungen,                                                                                       Vielfahrer, Schadensersatz- und
                deutlich höhere Kosten zur Rechts-                                                                                        Strafrechtsschutz im Privat- oder
                durchsetzung und eine stark steigen-                                                                                      Berufsbereich oder allgemeiner
                de Streitbarkeit führen dazu, dass die                                                                                    Vertragsrechtsschutz – hier legen
                Nachfrage nach einer maßgeschnei-                                                                                         wir einen großen Schwerpunkt
                derten Rechtsschutzversicherung sehr                                                                                      in der Bedarfsanalyse und Bera-
                hoch ist.                                                                                                                 tung durch unsere Betreuerin-
                                                                                                                                          nen und Betreuer. In der Varian-
                Aber hat nicht jeder Bürger – ob mit        Doris Wendler, Vorstandsdirektorin der Wiener Städtischen Versicherung.       te Premium sind auch der Gang
                oder ohne Rechtsschutzversicherung –                                                                                  zum Arbeitsgericht sowie Ausein-
                das Recht, sein Recht auch vor Gericht      Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, andersetzungen im Rahmen des Erb-
                durchzusetzen?                              dass man im Laufe seines Lebens auf                                   und Familienrechts versichert. Über-
                Wendler: Selbstverständlich. Aller-         eine Rechtsschutzversicherung zurück- nommen werden die Kosten einer ju-
                dings scheuen sich immer mehr Privat-       greifen muss?                                                          ristischen Beratung, Gerichtsgebühren,
                personen vor dem Gang zum Gericht.          Wendler: Wir erbringen jährlich Leis- Diversionsmaßnahmen, Mediationen
                Denn die Anwalts- und Gerichtskosten        tungen in rund 21.400 Fällen und wenn und in manchen Fällen auch die Inan-
                im Rahmen eines zivilrechtlichen Ver-       man sich die Zahlen der österreichi- spruchnahme einer psychologischen
                fahrens steigen stetig an. Zwar sind drei   schen Gerichte ansieht, wird der Bedarf Beratung.
                Viertel aller Zivilverfahren binnen we-     bestätigt: Die österreichischen Gerich-
                niger Wochen erledigt, doch die rest-       te behandeln pro Jahr rund 2,9 Millio- Was raten Sie Selbstständigen in Bezug
                lichen, sogenannten »streitigen« Fäl-       nen Geschäftsfälle (exklusive Justizver- auf die Rechtsschutzversicherung?
                le dauern derzeit zwischen sechs und        waltungssachen). Rund 500.000 Fäl- Wendler: Gerade wer selbstständig tä-
                13 Monaten – und mit jedem Tag stei-        le davon entfallen auf Zivilsachen auf tig ist, braucht neben der privaten sehr
                gen selbstverständlich die Kosten. Zu-      Ebene der Bezirks- und Landesgerich- oft eine passende Rechtsschutzversi-
                sätzlich besteht natürlich in jedem Ver-    te – das heißt Fälle, bei denen in der cherung für seine berufliche Tätigkeit.
                fahren das Prozessrisiko, welches oft       Regel eine Rechtsschutzversicherung Denn alle Rechtsangelegenheiten im
                ein weiteres Argument ist, das Verfah-      zu Hilfe kommen könnte. Mit dem Zi- beruflichen Alltag können besonders
                ren vor Gericht nicht zu führen. Damit      vilrecht kommen wir alle tagtäglich in                                teuer ausfallen und die Konsumen-
                also die Durchsetzung von Recht nicht       Berührung – ob beim Abschluss eines                                   tenschützer helfen nur selten. Unse-
                zu einem Privileg von einigen wenigen       Kaufvertrags, im Rahmen einer Schen- re Rechtsschutzkombinationen bieten
Foto: Ian Ehm

                wird, gibt es die Rechtsschutzversiche-     kung oder wenn man jemandem etwas                                      bereits einen sehr weitreichenden Ver-
                rung, die man schon für wenig Geld ab-      leiht. Selbstverständlich gelten auch                                  sicherungsschutz auch für Selbststän-
                schließen kann.                             die so typischen Streitigkeiten mit dem                                dige (ohne Beschäftigte).

                                                                                                                                             FAIR WOHNEN 4/19 19
Mehr Sicherheit für Mitglieder der MVÖ: Mit dem
Rechtsschutz der Wiener Städtischen Versicherung.
(Gruppenrechtsschutzversicherungsvertrag abgeschlossen zwischen der
Mietervereinigung Österreichs und der WIENER STÄDTISCHEN VERSICHERUNG.*)

Das Rechtsschutzpaket für nur 90 Euro.
Als perfekte Ergänzung zu den Serviceleistungen der Mietervereinigung übernimmt die Wiener Städtische
Versicherung AG Vienna Insurance Group Kosten, die bei wohnrechtlichen Streitigkeiten anfallen können, wie
Gerichtskosten, Zeugen- und Sachverständigengebühren und vor allem die zugesprochenen Kosten des Gegen-
anwalts bei Prozessverlust, und zwar bis zu einer Versicherungssumme von 140.000 Euro. Über den Rechtsschutz für
Grundstückseigentum und Miete für die eigene Privatwohnung hinaus sind die folgenden Bereiche abgedeckt:

Schadenersatz-Rechtsschutz                                  Straf-Rechtsschutz
für den Privat- und Berufsbereich.                          für den Privat- und Berufsbereich.
Beispiel: Verkehrsunfall zwischen Fahrradfahrer und         Rückwirkende Deckung bei Freispruch oder Einstellung
Mopedfahrer – Ihr Rechtsschutz finanziert den Anwalt        des Verfahrens auch für Vorsatzdelikte (z. B. Sachbeschä-
für die Durchsetzung der Schadensersatzforderungen          digung).
(kaputtes Fahrrad, Schmerzensgeld etc.) und für die
Strafverteidigung wegen fahrlässiger Körperverletzung.

Allgemeiner Vertrags-Rechtsschutz                           Rechtsschutz für Haus und Wohnung.
für den Privatbereich.                                      In Wohnrechtsangelegenheiten übernimmt die Mieter-
Beispiel: Streitigkeiten bei Verträgen über bewegliche      vereinigung die Vertretungskosten der außergericht-
Sachen (Gewährleistung Fernseher, eBay etc.).               lichen Wahrnehmung rechtlicher Interessen sowie in
                                                            Verfahren vor den Schlichtungsstellen und im Außer-
                                                            streitverfahren. Der Versicherer übernimmt Barausla-
                                                            gen im Außerstreitverfahren, gegebenenfalls gegneri-
                                                            sche Anwaltskosten und genehmigte Vergleichskosten.

Eigentums-Rechtsschutz.                                     Beratungs-Rechtsschutz im Privatbereich.
Beispiel: Exszindierungsklage (Mitbewohner wird ge-         Bis zu 4x jährlich und max. je 90 Euro (ausgenommen
pfändet – auch eigene Gegenstände werden fälschli-          wohnrechtliche Angelegenheiten, hier erfolgt die Be-
cherweise gepfändet).                                       ratung durch die Mietervereinigung).

                                                          *Angebot gilt nur für Mitglieder der Landesorganisation Wien.
Extras der Wiener Städtischen Versicherung:
Der Versicherungsschutz gilt für den Versicherungsnehmer, Ehegatten/Lebensgefährten,
Kinder bis 25 Jahre (ohne eigenes Einkommen und ohne eigenen Haushalt)*.

Freie Anwaltswahl.                                                            Hohe Versicherungssumme:
(Ausgenommen Rechtsschutz für Grundstückseigen-                               140.000 Euro.
tum und Miete und wohnrechtliche Rechtsberatung,
hier ist die Mietervereinigung Ihr Ansprechpartner.)

Laufzeit:                                                                     Kein Selbstbehalt.
0 Uhr des auf die Einzahlung folgenden Tages.
Versicherungsende: 31. 12. 2020.

Vertragsgrundlage:
Vertragsgrundlage sind die vereinbarten Versicherungsbedingungen, die auf der Homepage der
Mietervereinigung rund um die Uhr verfügbar sind. Wenn gewünscht, können Sie die Versicherungs-
bedingungen in Papierform bei der Mietervereinigung anfordern.

Beitritt zur Gruppenversicherung:
Wenn Sie dem Gruppen-Rechtsschutzversicherungsvertrag (Pol.Nr.: 65-P194.132-2 oder SAP:1074391035) beitreten wollen, nutzen Sie beiliegen-
den Erlagschein und genießen Sie Versicherungsschutz ab 0 Uhr des auf die Einzahlung folgenden Tages. Versicherungsende: 31.12.2020. Ver-
sicherer ist die WIENER STÄDTISCHE VERSICHERUNG AG Vienna Insurance Group, 1010 Wien, FN 333376i, HG Wien, DVR4001506, ATU65254066.
Zuständige Aufsichtsbehörde: Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA), A-1090 Wien, Otto-Wagner-Platz 5. Versicherungsschutz gilt für das auf dem
Zahlschein eingetragene unselbständig erwerbstätige Mitglied der Mietervereinigung, dessen Ehegatten/Lebensgefährten und Kinder im selben
Haushalt ohne Einkommen. Versicherungssumme: EUR 140.000,–. Der Versicherungsschutz umfasst: 1. Schadenersatz- und Strafrechtsschutz für
den Privatbereich (gemäß Artikel 19 Pkt. 1.1. ARB2011-03R) ; 2. Erweiterter Straf-Rechtsschutz für den Privatbereich bis zur Versicherungssumme
(gemäß Artikel 19 Pkt. 2.2. ARB2011-03R) 3. Beratungs-Rechtsschutz für den Privatbereich (gemäß Artikel 22 Pkt. 1.1. ARB 2011-03R), ausgenom-
men wohnrechtliche Angelegenheiten (hier erfolgt die Beratung über die Mietervereinigung) bis zum Höchstbetrag von EUR 90,-- (kann viermal
pro Jahr in Anspruch genommen werden); 4. Allgemeiner Vertrags-Rechtsschutz für den Privatbereich (gemäß Artikel 23 Pkt. 1.1. ARB2011-03R);
5. Rechtsschutz für Grundstückseigentum und Miete (gemäß Artikel 24 Pkt.1.1. ARB 2011-03R): Der Versicherte ist in seiner Eigenschaft als Mieter,
Nutzungsberechtigter, Mitbewohner oder Eigentümer einer Eigentumswohnung oder eines Eigenheimes, nicht aber als Vermieter versichert,
und zwar hinsichtlich der auf dem Zahlschein angeführten Wohnung bzw. des angeführten Eigenheimes, sofern die Räumlichkeiten weder ge-
werblichen noch beruflichen Zwecken dienen und es sich dabei um den Hauptwohnsitz des Versicherten handelt. In Wohnrechtsangelegen-
heiten übernimmt die Mietervereinigung die Vertretungskosten der außergerichtlichen Wahrnehmung rechtlicher Interessen sowie in Verfahren
vor den Schlichtungsstellen und im Außerstreitverfahren. Der Versicherer übernimmt Barauslagen im streitigen sowie außerstreitigen Verfahren,
gegebenenfalls gegnerische Anwaltskosten und genehmigte Vergleichskosten. 6. Eigentums-Rechtsschutz für bewegliche Sachen (gemäß Klau-
sel A1). Bei Punkt 3, 4, 5 und 6 ist eine Wartefrist von 3 Monaten ab Versicherungsbeginn vorgesehen. Bei Inanspruchnahme einer Leistung aus
der gegenständlichen Rechtsschutzversicherung steht Ihnen die Mietervereinigung, Tel. 050 195, zur näheren Information zur Verfügung.

Die Mietervereinigung, 1010 Wien, Reichsratsstraße 15
                                                                        *Angebot gilt nur für Mitglieder der Landesorganisation Wien.
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