Lesebuch zur Saison 201718 - CHEFDIRIGENT | CORNELIUS MEISTER - ORF
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INHALT 4 Vorworte 10 Programm 2017/18 54 RSO Wien International 58 Kammermusik 62 my RSO … Education 70 CD- & DVD-Produktionen 2016/17 72 Freundin des RSO 74 Biografien 88 Aboreihen 89 Veranstalter/Information
4 VORWORTE Liebe Musikfreundinnen und -freunde! dass in seinem letzten Konzerthauskonzert als Chefdirigent die Dritte Symphonie von Das ORF Radio-Symphonieorchester Wien Gustav Mahler ergänzt wird von der Urauf- leistet Großartiges. Es ist künstlerisch und führung eines mit Österreich eng verbunde- organisatorisch in bester Verfassung, ge- nen Komponisten: Beat Furrer. Ich bin stolz nießt international hohes Ansehen, berei- auf die Rolle des Orchesters als erfolgrei- chert die Kulturszene. Für mich ist das RSO cher Kulturbotschafter im In- und Ausland. Wien ein unverzichtbarer Bestandteil des Diese Rolle wollen wir weiterentwickeln. ORF, der »Kultur« als eine der vier Programm- Schließlich feiern wir heuer zwei wichtige säulen definiert. Bei Musik ist Österreich ORF-Jubiläen: 50 Jahre Ö1 und 20 Jahre Weltmarktführer. Und die Erfolgsgeschichte RadioKulturhaus. Ich lade Sie ein, unser des RSO Wien leistet ihren Beitrag dazu. Orchester in der Saison 2017/18 intensiv Seine hohe Reputation verdankt das RSO zu begleiten! Wien auch Cornelius Meister, der seine letzte Saison als Chefdirigent absolviert. Mit ihm und dank seines Einsatzes ist das Orchester auf dem Höhepunkt seines musi- kalischen Erfindungsreichtums. Auch in der kommenden Saison wird Cornelius Meister die forderndsten Partituren mit größter Prä- Alexander Wrabetz zision und Gefühl umsetzen. Sehr schön, ORF-Generaldirektor VORWORTE
5 Liebe Freundinnen und Freunde des RSO Wien! Überraschendes, Unbekanntes, selten Gespieltes, musikalische Innovationen, spannende Impulse: Dafür steht das ORF Radio-Symphonieorchester Wien. Die Konzerte unseres Orchesters sind weltofen und aufregend mit einer unge- wöhnlichen stilistischen Bandbreite – von der Musik der Gegenwart mit zahlreichen Ur- und Erstauführungen über Klassiker aus 300 Jahren Musikgeschichte bis zur Filmmusik. Diese Programmatik zeichnet das RSO Wien aus und macht seine Kon- zerte so einzigartig. Mit Konzertzyklen im Musikverein und ORF RadioKulturhauses zu Gast und es im Konzerthaus, als Opernorchester im spielt im Herbst zwei ganz besondere Theater an der Wien – in dieser Saison Konzerte in »seinem« Saal, dem Großen etwa mit einer sehr individuellen Fassung Sendesaal, auf die ich mich sehr freue – von Wagners »Der Ring des Nibelungen« –, feiern Sie mit uns die Jubiläen 20 Jahre mit Auftritten bei Festivals wie den Salz- RadioKulturhaus und 50 Jahre Ö1. Auf Ö1 burger Festspielen oder Wien Modern, wo ist das RSO Wien ja mit allen Konzerten beim Eröfnungskonzert mit Hans Werner zu hören und ab 1. Oktober noch präsen- Henzes »Das Floß der Medusa« ein Haupt- ter: Denn zum 50. Geburtstag von Ö1 hat werk der europäischen Nachkriegsmusik Christian Muthspiel neue Signations kom- zu hören sein wird, und herausragenden poniert, die vom RSO Wien eingespielt CD-Produktionen hat sich das RSO Wien wurden und unsere Hörerinnen und Hörer als eines der vielseitigsten Orchester Ös- durch den Tag begleiten. terreichs profiliert. Um dies noch hörbarer Ich wünsche Ihnen viel Freude und zu machen, wird die Konzerttätigkeit in angenehme Stunden mit unserem den Bundesländern sukzessive erweitert. RSO Wien, Ihre Ab dieser Saison wird es auch jährliche Gastspiele im Brucknerhaus Linz und beim burgenländischen Festival »Herbst- gold« in Eisenstadt geben. Das RSO Wien Monika Eigensperger ist auch regelmäßig auf der Bühne des ORF-Radiodirektorin VORWORTE
6 Liebe Freundinnen und Freunde des vertreten sind: Cornelius Meister dirigiert ORF Radio-Symphonieorchesters Wien, ein Programm, das von Wagner und Strauss bis zu dem Kanadier Claude Vivier eine ein- vor 46 Jahren hob das ORF Radio-Symphonie- drucksvolle Reise antritt, in der Kollegien- orchester Wien ein Werk aus der Taufe, das kirche erklingt Gérard Griseys abendfüllen- bei der eigentlich geplanten Uraufführung des »Les Espaces acoustiques«, und der in Hamburg im Tumult untergegangen war, Gewinner des letztjährigen Young Conduc- bevor noch ein Ton gespielt werden konnte. tors Award, Aziz Shokhakimov, arbeitet Die Rede ist von Hans-Werner Henzes Ora- erstmals mit dem RSO Wien zusammen. torium »Das Floß der Medusa«. Die reale Geschichte des 1816 gesunkenen Kriegs- Der Pulsschlag der Saison wird von den schiffes »Medusa« deutete Henze als Abonnementkonzerten im Wiener Musik- Parabel auf das gesellschaftliche Gefälle verein und Konzerthaus markiert. Eine zwischen Gewinnern und Verlierern des Reihe namhafter Gastdirigenten – darun- Kapitalismus. In der aufgeheizten Atmo- ter Ingo Metzmacher, Gustavo Gimeno, sphäre 1968 kam es in Hamburg zum Eklat, Markus Poschner und John Storgårds – und so erfolgte die Uraufführung erst am und Cornelius Meister kombinieren zahl 29. Jänner 1971 im Wiener Musikverein reiche neu oder zumindest wieder zu ent- durch das RSO Wien. deckende Musikstücke mit Höhepunkten des klassisch-romantischen Repertoires. Im Herbst 2017 spielt das RSO Wien erneut Neue Werke erwarten wir u. a. von Toshio dieses große, abendfüllende und bewe- Hosokawa, Lera Auerbach, Bernd Richard gende Oratorium – angesichts der aktuel- Deutsch und – als Auftragswerk des RSO len Flüchtlingskatastrophen im Mittelmeer Wien – von Beat Furrer. Zum klassischen kann »Das Floß der Medusa« durchaus als Kanon zählen u. a. Zemlinskys Sinfonische »Werk der Stunde« gelten. Damit dirigiert Dichtung »Die Seejungfrau«, Mahlers dritte Cornelius Meister zwei Hauptwerke des Symphonie als finales Abonnementskon- 20. Jahrhunderts beim diesjährigen Wien- zert von Cornelius Meister in seiner Funk Modern-Festival: Henzes »Floß der Medu- tion als Chefdirigent, Dvořáks populäres sa« als Eröffnungskonzert im Konzerthaus Meisterwerk »Aus der Neuen Welt« und die und Messiaens »Turangalîla-Symphonie« »Petite messe solenelle« von Gioacchino im Musikverein. Wien Modern bleibt in der Rossini. Besonders stark bilden sich im Saison 2017/18 nicht das einzige Festival: Jahr 2018 die runden Geburtstage im Pro- Das RSO Wien gastiert, wie auch in den gramm ab. Die Komponisten Leonard Jahren zuvor, beim »musikprotokoll graz«, Bernstein, Bernd Alois Zimmermann und beim neuen Eisenstädter Festival »Herbst- Gottfried von Einem sind vor 100 Jahren gold« und erneut bei den Salzburger Fest- geboren worden, das RSO Wien nimmt spielen, wo wir mit gleich drei Konzerten VORWORTE
7 u. a. Bernsteins »Chichester Psalms« ins Programm, Zimmermanns Frühwerk »Alagoana« und sein Trompetenkonzert (mit Håkan Hardenberger) sowie die Kan- tate »An die Nachgeborenen« und die Oper »Der Besuch der alten Dame« von Gottfried von Einem. Der Komponist, Dirigent und Chansonier HK Gruber feiert seinen 75. Ge- burtstag und Thomas Daniel Schlee seinen Sechzigsten. Weitere Feierlichkeiten erwar- ten uns im Funkhaus, unserer täglichen Arbeitsstätte: Ö1 feiert seinen 50., das RadioKulturhaus seinen 20. Geburtstag. Wir freuen uns, dass wir hier wie dort ge- beten wurden, in den Jubiläumskonzerten zu spielen; Ehrensache, dass wir der Ein- Von den Salzburger Festspielen bis hin zu ladung nachkommen. Mahlers Symphonie Nr. 3: Dies wird eine Besonders spannend wird es im Theater ereignisreiche Saison. Wir danken unseren an der Wien. Neben der Dürrenmatt-Oper verlässlichen und kreativen Partnern, allen »Der Besuch der alten Dame« und »Maria voran Musikverein, Konzerthaus und The- Stuarda« findet Ende 2017 das wohl ehr- ater an der Wien, den vielen Kolleginnen geizigste Projekt der Intendanz von Roland und Kollegen von Ö1 und im ORF, die unse- Geyer unter Mitwirkung des RSO Wien statt: re Arbeit unterstützen und uns voller Neu- die »Ring-Trilogie«, mit Wagners Musik in gier und mit großer Zuneigung begleiten, leicht reduzierter Besetzung, aber völlig und ganz besonders Ihnen, unserem Pub- neu an drei (!) Abenden erzählt. likum. Bleiben Sie uns treu, lesen Sie sich durch dieses »Lesebuch«, fangen Sie Feuer Zwei Einladungen krönen die Saison: und abonnieren Sie unsere Zyklen im Kon- zum einen in die Kölner Philharmonie, zerthaus und im Musikverein. Dort wollen zum anderen nach Hamburg, wo wir vom wir uns auch 2017/18 wiedersehen. Hamburger Musikfest eingeladen wurden, Karlheinz Stockhausens epochales Orches- Darauf freuen sich terwerk »Gruppen« zu spielen. Beide Kon- zerte spiegeln den Stellenwert, den das RSO Wien auch über die Grenzen Öster- Cornelius Meister reichs einnimmt. Chefdirigent und Christoph Becher Künstlerischer Leiter Orchesterintendant VORWORTE
AUGUST 17 11 Sa., 05.08.17 → Preisträger 20.00 Uhr Ein Cellokonzert, entstanden in Friedens- Salzburg, Felsenreitschule zeiten in den USA, und eine Symphonie, Salzburger Festspiele ein halbes Jahrhundert später in der Young Conductors Award UdSSR komponiert, während des Zweiten Weltkrieges; geschrieben von zwei Kom ANTONÍN DVOŘÁK ponisten, die für ihre Kunst die Heimat Konzert für Violoncello und Orchester brauchten und in der Fremde an Heimweh in h-Moll op. 104 (1894–1895) litten: Gegensätze ebenso wie Gemeinsam- SERGEJ SERGEJEWITSCH PROKOFJEW Symphonie Nr. 5 B-Dur op. 100 (1944) keiten bestimmen das Programm dieses Festspielabends, an dem das RSO Wien Andrei Ioniță Violoncello mit zwei Stars von morgen musiziert. Aziz Aziz Shokhakimov Dirigent Shokhakimov ist noch keine 30 und doch Live in Ö1 schon ein erfahrener Dirigent. Mit 14 gab er sein Debüt in der Usbekischen National oper und gewann 2016 den Young Conduc- tors Award der Salzburger Festspiele. So wie der 1994 geborene Cellist Andrei Ioniță zählt er zu den größten Talenten der jungen Generation. Merkwürdig, dass Antonín Dvořák das Vio- loncello als Soloinstrument lange Zeit nicht sonderlich geschätzt hatte. Erst seine ame- rikanischen Jahre 1892 bis 1895 brachten die Wende. Er war als Direktor des New Yorker Konservatoriums engagiert worden, um »dem Kontinent, den Kolumbus ent- deckte, eine Neue Welt der Musik hinzu zufügen«. Neben großer Kammermusik und etwa der Symphonie »Aus der Neuen Welt« schrieb er dort als eines seiner be- deutendsten, beliebtesten Werke auch ein Cellokonzert, als wollte er alle früheren Einwände Lügen strafen. Die »amerikani- schen« Einflüsse treten hier zurück und machen einer elegischen, stellenweise → RSO WIEN PROGRAMM 2017/18
12 AUGUST 17 → fast nostalgischen Grundhaltung Sa., 12.08.17 → Platz, die allerdings zum Klangcharakter 20.30 Uhr des Soloinstruments perfekt passt und Salzburg, Felsenreitschule durch energisch strahlende Höhepunkte Salzburger Festspiele ausbalanciert wird. RICHARD WAGNER Glänzt Sergej Prokofjews populäre 5. Sym- Vorspiel und Isoldens Liebestod phonie ähnlich selbstsicher und triumphie- aus »Tristan und Isolde« (1857) rend? Oder macht sie, zumindest im Finale, CLAUDE VIVIER nicht eher Angst mit dem Stampfen einer Siddhartha für großes Orchester unaufhaltsam wirkenden Maschinerie? in 8 Gruppen (1976) 1918 hatte Prokofjew wegen Revolution und GIACINTO SCELSI Bürgerkrieg Russland den Rücken gekehrt, Hymnos für Orgel dann in den USA und in Frankreich Erfolge und zwei Orchester (1963) gefeiert, aber auch Krankheiten und Rück- RICHARD STRAUSS schläge erlebt. »Ich muss wieder russische Tod und Verklärung/ Laute in meinen Ohren hören und mit Leu- Tondichtung für großes Orchester op. 24 (1889) ten von meinem Fleisch und Blut reden, da- mit sie mir zurückgeben, was mir hier fehlt: Cornelius Meister Dirigent ihre und meine Lieder«, wurde ihm schließ- Ö1, Fr., 18. 08. 17, 19.30 Uhr lich klar. 1936 ging er mit Frau und Söhnen für immer zurück – eine Entscheidung, an der die Familie zerbrechen sollte. Außerdem hatte sie auch künstlerisch einschneiden- de Folgen: Anfangs wurden ihm Rosen ge- streut, später musste sich Prokofjew für seine Musik maßregeln lassen. »Mit der Fünften Sinfonie wollte ich ein Lied auf den freien und glücklichen Menschen anstim- men, seine schöpferischen Kräfte, seinen Adel, seine innere Reinheit«, gab er an – eine Hymne auf den Kommunismus? Nein. Denn jenseits der vielfach blechgepanzer- ten Klänge, die sich scheinbar erhaben und unantastbar durch die Tonarten winden, reißen die Gräben von Zwang, Diktatur und Krieg auf: Diese Musik ist nicht gealtert. Walter Weidringer RSO WIEN PROGRAMM 2017/18
13 Eros und Thanatos erinnert an das berüchtigte Typhus-Kapitel »Das ist keine Musik … Dies ist das Chaos! in »Buddenbrooks«, das gerade durch sei- Dies ist Demagogie, Blasphemie und Wahn- ne distanzierte Schilderung des Krankheits- witz! Dies ist ein parfümierter Qualm, in verlaufs so beklemmend wirkt. Fast 60 Jah- dem es blitzt!« So zürnt in Thomas Manns re später soll Strauss auf dem Totenbett ge- »Buddenbrooks« der brave Organist und sagt haben, es verhalte sich mit dem Ster- Bach-Verehrer Edmund Pfühl über Richard ben genau so, wie damals komponiert … Wagners »Tristan und Isolde«, und so ent- Es fällt schwer, das tragisch frühe Ende rüsteten sich seinerzeit viele rechtschaf Claude Viviers mit knapp 35 Jahren nicht fene Musiker über das unerhörte Werk. im Widerstreit von Eros und Thanatos zu Die Vereinigung von Eros und Thanatos, sehen: Der kanadische Komponist wurde von Liebe und Tod, sie blieb noch lange 1983 in Paris von einem jungen Prostituier- skandalös – obwohl oder gerade weil der ten ermordet. Seine Musik gilt als Spiegel- »Tristan« und sein geheimnisvoller Akkord, bild seines Lebens: Adoption mit drei Jah- der nach Auflösung strebt und doch sehn- ren, eine schwierige Kindheit, die Suche suchtsvoll in sich ruht, das Tor zu öffnen nach den unbekannten Eltern, religiöses schienen in eine harmonisch ungewisse Empfinden und Homosexualität, die ambi- Zukunft, in die Moderne. Denn die Unge- valente Beziehung zum katholischen Pries- wissheit wirkte stärker als die Erfüllung terseminar, das ihm Wege zur Musik eröff- im verklärt leuchtenden H-Dur am Ende nete, bis er hinausgeworfen wurde – all des »Liebestodes«. Dabei stammt diese das brannte in diesem leidenschaftlichen, Bezeichnung für den Schlussgesang der aber zugleich humorvollen Menschen, Isolde vom Verleger, Wagner selbst sprach dem wenig Zeit vergönnt war. Das passt lieber von Isoldes »Verklärung«. Und so zur Selbstfindung in Hermann Hesses wirkt es umso logischer, dass Cornelius »Siddhartha«, die Vivier 1976 in seinem Meister und das RSO Wien zum Finale ersten großen Orchesterwerk nachvollzog. dieses Festspielkonzerts ein anderes Walter Boudreau, der Dirigent der Urauf- musikalisches Sterben zelebrieren, jenes führung, nannte es »selbstreflektierende von Richard Strauss’ Tondichtung »Tod Musik«, einen »lebenden Organismus, und Verklärung«. Was viele Zeitgenossen ein kosmisches Kind, das von der Idee sowohl bewunderten als auch befremdlich des Todes und des Unendlichen getrieben fanden, war jedenfalls der klinisch kühle, wird«. Dazu tritt Giacinto Scelsis »Hym- scharfe Blick, den der bei der Uraufführung nos«: eine Suche, die im Inneren der 1890 gerade 26-jährige Strauss auf den Klänge wie der Psyche brodelt. imaginären Sterbenden und seine Todes- Walter Weidringer qualen warf – und die Genauigkeit, mit der er diese musikalisch zu schildern wusste, RSO WIEN PROGRAMM 2017/18
14 AUGUST 17 Mi., 16.08.17 → Hauptwerk der Spektralmusik 19.30 Uhr »Les Espaces acoustiques« (Die akus Salzburg, Kollegienkirche tischen Räume) gilt als Hauptwerk des Salzburger Festspiele französischen Komponisten Gérard Grisey (1946–1998): Der zwischen 1974 und 1985 GÉRARD GRISEY geschriebene sechsteilige Zyklus erlaubt Les Espaces acoustiques eine umfassende Begegnung mit der Prologue pour alto seul (1976) Périodes (1974) »Spektralmusik«, die Grisey gemeinsam Partiels (1975) mit Tristan Murail entwickelte. Ausgehend Modulations (1976–1977) von einem knapp 20-minütigen Bratschen- Transitoires (1980–1981) solo fächert Grisey die Töne, ihre Oberton- Épilogue (1985) reihen und Klangspektren auf, was in den »Espaces acoustiques« zu einem Anwach- Mario Gheorghiu Viola N. N. Dirigent sen des Orchesters führt; erst in den letz- ten beiden Stücken, »Transitoires« und Ö1, Mo., 28. 08. 17, 23.03 Uhr »Epilogue«, tritt das gesamte Orchester aus über 80 Musikerinnen und Musikern in Erscheinung. Grisey sprach von einem »großen Laboratorium«: »Manche Stücke haben sogar einen demonstrativen, fast didaktischen Aspekt, als wäre ich bestrebt gewesen, in der Euphorie dieser Entde- ckung die Aspekte einer neuen Musik sprache, die ich nach und nach erfand, so klar wie möglich herauszustellen.« Vor allem aber ist der abendfüllende Zyklus ein eindrucksvolles Hörerlebnis, da Grisey die akustischen Räume in der Vorstellungs- kraft der Zuhörer auffächert. RSO WIEN PROGRAMM 2017/18
15 MARIANNA OCZKOWSKA 2. Stimmführerin 2. Violine RIRIKO SONNLEITNER 1. Stimmführerin 2. Violine RSO WIEN PROGRAMM 2017/18
16 SEPTEMBER 17 SEPTEMBER 17 Fr., 08.09.17 Sa., 16.09.17 → 19.30 Uhr 19.30 Uhr Schloss Esterházy ORF RadioKulturhaus Herbstgold Festival in Eisenstadt 20 Jahre ORF RadioKulturhaus DAVID PHILIP HEFTI 1. Teil Moments lucides (2012) Ein Chamber-Jazz Trio in ungewöhnlicher Besetzung, dessen Basis eine Verbindung CARL PHILLIP STAMITZ von Cool Jazz mit europäischer Moderne ist. Konzert für Klarinette und Das Repertoire umfasst neben Eigenkompo Orchester Nr. 7 Es-Dur sitionen italienische Filmmusiken sowie »Darmstädter Konzert« Bearbeitungen von Werken Ch. W. Glucks. LUDWIG VAN BEETHOVEN Symphonie Nr. 3 Es-Dur op. 55 Trio Koglmann »Eroica« (1803–1804) Franz Koglmann Trompete, Flügelhorn Mario Arcari Oboe, Englischhorn Andreas Ottensamer Klarinette Attila Pasztor Cello Cornelius Meister Dirigent 2. Teil Live in Ö1, Fr., 08. 09. 17, 19.30 Uhr ANNA CLYNE This Midnight Hour (2015) ÖA col legno FRANZ KOGLMANN CD-TIPP »Liebe Sophie« – für Trio, Orchester und Sprecher (2017) UA Trio Koglmann N. N. Schauspieler/Sprecher Carsten Paap Dirigent In Kooperation mit den Vereinigten Bühnen Wien David Philip Hefti Ö1, Do., 26. 10. 17, 18.15 Uhr Changements David Philip Hefti (D) RSO WIEN PROGRAMM 2017/18
SEPTEMBER 17 17 20 Jahre ORF RadioKulturhaus Do., 28./Fr., 29.09.17 → In den vergangenen zwei Jahrzehnten hat 19.30 Uhr sich das RadioKulturhaus mit all seinen un- Wiener Konzerthaus terschiedlichen Programmen – von Klassik- Hollywood in Vienna konzerten, Lesungen, Jazz- & Weltmusik Fairytales ausflügen bis hin zu Pop- und Rock- und A Tribute To Danny Elfman Elektronikkonzerten im Rahmen der Live Danny Elfmann Stargast @RKH-Reihe einen Namen in der Wiener John Mauceri Dirigent Kulturlandschaft gemacht und sich als Garant für Vielfalt und Qualität erwiesen. Ö1, Fr., 06. 10. 17, 19.30 Uhr 2017 feiert das ORF RadioKulturhaus sein 20-jähriges Bestehen! Das ORF Radio-Symphonieorchester Wien wird gemeinsam mit Franz Koglmann, Cars- ten Paap und Nicholas Ofczarek die High- light-Veranstaltung des Jubiläumsjahres bestreiten. Das RSO ist als wichtiger Klang- körper des Landes im RadioKulturhaus be- heimatet, wo es probt und arbeitet und seit vielen Jahren auch die Reihe »Klassische Verführung« gestaltet. Umso mehr freut es die Verantwortlichen des Hauses, dass im September die Jubiläumsveranstaltung mit dem RSO Wien stattfindet. David Schalko und Franz Koglmann wurden vom RadioKulturhaus beauftragt, ein neues Werk für Musik und Text zu schaffen. Franz Koglmann, seines Zeichens einer der re- nommiertesten österreichischen Jazzmusi- ker der Gegenwart, hat zur Kurzgeschichte »Liebe Sophie« von David Schalko die Mu- sik komponiert. David Schalko, österreichi- scher Regisseur, Autor und Entwickler von Fernsehserien (»Braunschlag«), hat eigens für die Jubiläumsveranstaltung eine un- heimliche Geistergeschichte geschrieben. RSO WIEN PROGRAMM 2017/18
18 Hollywood in Vienna 2017 Fairytales A Tribute To Danny Elfman Zum 10-jährigen Jubiläum lädt »Hollywood Im zweiten Teil des Konzerts wird der Kom- in Vienna« ein in das Reich des Fantasti- ponist zahlloser fantastisch-skurriler Lein- schen und Märchenhaften. wand-Märchen, der vielfach ausgezeich nete und für vier Oscars nominierte Danny Es war einmal … Nicht alle Märchen begin- Elfman mit dem Max Steiner Film Music nen mit dieser Formel, doch allen Märchen Achievement Award geehrt. Als kongenia- ist eines gemeinsam: Sie berühren uns ler Partner des Regisseurs Tim Burton hat mit der Macht ihrer Fantasie, in der Schö- er dessen morbid-verspielten Bildwelten nes und Schauriges zu einer magischen von »Edward Scissorhands«, »Nightmare Welt zwischen Traum und Wirklichkeit ver- Before Christmas« oder »Corps Bride« schmelzen. Hollywood und Märchen – seine unverwechselbar stimmungsvollen eine ganz besondere Freundschaft, die uns Klangfantasien hinzugefügt. Und mit »Bat- dieses Jahr ein fantastisches Konzerterleb- man«, »Batman Returns« und der ameri nis im Land der Fabelwesen bereitet: kanischen Kultfamilie in Gelb, den »Simp- »Beauty« Belle lassen wir entdecken, dass sons«, zwei so legendären wie gegensätz sich hinter dem angsteinflößenden »Beast« lichen Heldengeschichten Hollywoods vielleicht gar ein verwunschener Prinz ver- musikalische Denkmäler gesetzt. Vielleicht birgt. Hinter geheimnisvollen Türen berei- wird Danny Elfman an diesem besonderen sen wir in »The Chronicles of Narnia« ein Abend sogar einen seiner vielen Film-Songs sagenhaftes Paralleluniversum im Kampf auf seine ganz eigene originelle Art höchst- gegen finstere Mächte. Wir begleiten die selbst und live zum Besten geben. tapfere Mulan auf ihrem abenteuerlichen Weg durch das mittelalterliche China und schauen in »Finding Neverland« dem Autor von Peter Pan bei der Erschaffung seines Märchenhelden über die Schulter. Wir lau- schen der Geschichte des schiffbrüchigen Pi und eines bengalischen Tigers in »Life of Pi« und nehmen schließlich die musi kalische Fährte weiterer Raubtiere auf, um dem »Lion King« Simba zu huldigen. RSO WIEN PROGRAMM 2017/18
19 CORNELIUS MEISTER Chefdirigent RSO WIEN PROGRAMM 2017/18
20 OKTOBER 17 So., 01.10.17 → 50 Jahre Ö1 11.00 Uhr Der Tag, es war ein Sonntag, begann um ORF RadioKulturhaus sechs Uhr morgens mit einer »Begrüßung« 50 Jahre Ö1 durch die Glocken der Stiftskirche Kloster- neuburg, gefolgt vom »Spruch des Tages«. FRIEDRICH CERHA Um sechs Uhr fünf standen »Frohe Melo Eine blassblaue Vision (2013–2014) dien« auf dem Programm, dann das Zeit- DAVID PHILIP HEFTI zeichen, die Nachrichten, das Wetter. Moments lucides Es folgten die »Schlagerfavoriten von ges- LUDWIG VAN BEETHOVEN tern«, die »Holde Kunst«, der »Watschen- Symphonie Nr. 3 Es-Dur op. 55 »Eroica« (1803–1804) mann« und die »Heilige Messe aus der Pfarrkirche Sankt Jakob in Krieglach«. Cornelius Meister Dirigent Auch wenn dieses Programmangebot Live in Ö1, So., 01. 10. 17, 11.03 Uhr heute ein wenig bieder wirkt – es markiert dennoch den Beginn einer Radiorevolu tion. Denn an jenem Sonntag, es war der 1. Oktober 1967, erblickten der Klassik- und Informationssender Ö1 und der »Jugend sender« Ö3 das Licht der Welt. Der damali- ge Generalintendant des ORF, Gerd Bacher, hatte die Zeichen der Zeit erkannt und aus einem Mischprogramm zwei sogenannte Spartensender gemacht. Eine wegweisen- de Entscheidung, wie sich zeigen sollte. Und da man Feste feiern soll wie sie fallen, nutzt Ö1 seinen 50. Geburtstag, um sich sanft aber erkennbar zu erneuern. Bereits zum 1. Mai reformiert der Sender sein Programmangebot behutsam, zeit- gleich wird das grafisch-visuelle Outfit, inklusive Logo, einem Relaunch unterzo- gen. Ein Großprojekt, das seinesgleichen sucht, wird ab 1. Oktober die Hörgewohn- heiten unseres Publikums nachhaltig ver- ändern. Der Musiker, Komponist und Diri- gent Christian Muthspiel steht vor der RSO WIEN PROGRAMM 2017/18
OKTOBER 17 21 herausfordernden Aufgabe, dem Kultur Fr., 06.10.17 → sender ein völlig neues akustisches Kleid 19.30 Uhr zu schneidern. Die neuen Signations, Graz, Helmut List Halle es sind an die 100, werden großteils von musikprotokoll im einem der wichtigsten Partner von Ö1 steirischen herbst eingespielt – dem RSO Wien. »Tanzmusik für Fortgeschrittene« Im Übrigen wird der 1. Oktober 2017, Uraufführungen von wie auch der Gründungstag des Senders Peter Herbert, Gabriele Proy, Johannes Maria Staud, Judit Varga, vor exakt 50 Jahren, ein Sonntag sein. Jorge Sánchez-Chiong, Clemens Gadens tätter, Wir werden ihn, hoffentlich, gemeinsam Bernd Richard Deutsch und Johannes Kalitzke genießen und uns im Festkonzert mit dem RSO Wien begegnen. Johannes Kalitzke Dirigent Das wünscht sich zumindest Freund in des RSO & Ö1 Club-Ermäßigung Ihr Ö1 Programmchef Peter Klein RSO WIEN PROGRAMM 2017/18
22 Tanzmusik für Fortgeschrittene Wolfgang Rihm einen Sehnsuchtswalzer, Was seltsam klingen mag, ist tatsächlich Kurt Schwertsik eine Wien-1848-Polka- so gemeint: Beim ORF-musikprotokoll im Reminiszenz und HK Gruber äugt mit steirischen herbst wird getanzt, und zwar einem »Manhattan Broadcasts«-Foxtrott nicht von einer Tanzkompagnie, sondern über den Atlantik. vom Publikum selbst. Das musikprotokoll Das RSO Wien spielt auf und das musik übersiedelt daher für diesen Abend mit protokoll bittet zum Tanz. Ehrwürdige dem RSO Wien ganz bewusst wieder ein- Geburtstage gehören gefeiert und wie mal in den altehrwürdigen Stefaniensaal, könnte das schöner gehen als mit Ur nicht zuletzt der traditionsreichste Grazer aufführungen, Sekt und Tanz? Ort für Bälle aller Art. Vorfinden wird das Christian Scheib Publikum an diesem Abend dort keine Sesselreihen, sondern ein leeres Parkett, einige Stehtische und eine Sektbar. Wir meinen es nämlich ernst: Das musikpro tokoll feiert seine 50. Ausgabe und das RSO Wien spielt dabei mit Uraufführungen (meist) österreichischer Komponistinnen und Komponisten zum Tanz auf. Während dieser kurze Text geschrieben wird, sind einige Komponistinnen und Komponisten schon am Skizzieren ihrer Tänze: Peter Herbert, Gabriele Proy, Johannes Maria Staud, Judit Varga, Jorge Sánchez-Chiong, Clemens Gadenstätter, Bernd Richard Deutsch und Johannes Kalitzke, der den Abend auch dirigieren wird. Aus einem Vorläuferprojekt hat das RSO Wien schon weitere orchestrale Tänze im Fundus: eine Polka von Gerhard Winkler, einen Walzer von Johanna Doderer, eine Bossa Nova von Gerald Resch, einen Mambo von Arturo Fuentes und vieles mehr. Und auch aus der Historie lässt sich die eine oder andere Tanzpreziose heben: Friedrich Cerha schrieb mal einen Galopp, RSO WIEN PROGRAMM 2017/18
OKTOBER 17 23 Sa., 14.10.17 → Sturm macht Arbeit 19.30 Uhr Es muss wahrlich nicht leicht gewesen Musikverein Wien > 1. Abokonzert sein, zur Jahrhundertwende ein Werk in die Welt zu setzen, ohne sich damit selbst einen LUIGI CHERUBINI Stempel aufzudrücken. Zu groß waren die Overture zu »Anakreon« (1803) Gräben zwischen den Traditionalisten und LERA AUERBACH den »Neu-Tönern«, deren unterschiedliche NYx: Fractured Dreams. Konzert Nr. 4 für Violine Auffassungen durchaus zu Streitigkeiten und Orchester (2017) ÖA führen konnten. Hielt man es nun mit den ALEXANDER ZEMLINSKY Anhängern formaler Tradition oder mit je- Die Seejungfrau. nen der programmatischen Erzählkunst? Symphonische Dichtung nach einem Alexander Zemlinsky entschied sich, keinen Märchen von Hans Christian Andersen der Wege einzuschlagen und doch beide zu (revidierte Fassung) (1902–1903) berücksichtigen. Als Untertitel seines 1903 Leonidas Kavakos Violine entstandenen Werks »Die Seejungfrau« Cornelius Meister Dirigent wählte er eine Bezeichnung, die die Sache Ö1, Di., 17. 10. 17, 19.30 Uhr im Dunkeln ließ: eine »Phantasie für Orches- Freund in des RSO & Ö1 Club-Ermäßigung ter« war weder Symphonie noch Symphoni- sche Dichtung. Und hatte trotz allem ein literarisches Werk zur Grundlage, nämlich ein Märchen Hans Christian Andersens. Die Geschichte rund um die junge Seejung- frau, die einen Prinzen vor dem Ertrinken rettet und aus Liebe zu ihm menschliche Gestalt annimmt, würde sich förmlich an- bieten für eine programmatisch-lautmale rische Gestaltung. Wenn sich die Seejung- frau am Ende wegen der enttäuschten Liebe in Schaum verwandelt und vom Wind in die Lüfte getragen wird, wird die Sache jedoch bereits komplexer. Eine »Sauarbeit« sei es, den Sturm am Meer zu komponieren, »wenn man nicht billig und gemein sein will«, schrieb Zemlinsky an seinen Kollegen Arnold Schönberg in Hinblick auf die Ge- fahr, in seiner Musik allzu banal zu → RSO WIEN PROGRAMM 2017/18
24 OKTOBER 17 → werden und lediglich eine musikali- Do., 19.10.17 sche Schilderung der Handlung auszufüh- 19.30 Uhr ren. In der Tat gelingt dem Komponisten Wiener Konzerthaus > 1. Abokonzert diese Abwehr der Banalität, indem er zum THOMAS DANIEL SCHLEE Schluss mehr sphärisch als erzählerisch Spes unica op. 72 (2009) das verklärte Glück der glücklosen See- SERGEJ SERGEJEWITSCH PROKOFJEW jungfrau zum Ausdruck bringt. Konzert für Klavier und Orchester Alles andere als banal sind auch jene Nr. 2 g-Moll op. 16 (1912–13/1923) Assoziationen, die die russisch-amerika DMITRIJ DMITRIJEWITSCH nische Komponistin Lera Auerbach zum SCHOSTAKOWITSCH Entwurf ihres 4. Violinkonzerts »NYx: Symphonie Nr. 12 d-Moll op. 112 Fractured Dreams« führten. Im Zentrum »Das Jahr 1917« (1959–1961) steht der Gedanke des Träumens – eine Khatia Buniatishvili Klavier Annäherung an die Zeit, wenn im Traum Cornelius Meister Dirigent Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft Ö1, Mitschnitt, Di., 24. 10. 17, 19.30 Uhr verfließen. In kompositorischer Hinsicht Freund in des RSO & Ö1 Club-Ermäßigung schuf Lera Auerbach dies durch die Anei → Einführungsvortrag von Christian Heindl, nanderreihung mehrerer Sequenzen, die 18.45 Uhr, Schönberg-Saal in Summe eine von Träumen durchsetzte Information und Zählkarten: Nacht entstehen ließen – mit all den Visio- www.jeunesse.at nen und Abgründen, die diesem Zustand nahestehen. Der Titel bezieht sich auf die griechische Göttin der Nacht Nyx, deren erste zwei Buchstaben gleichzeitig die Stadt New York bezeichnen – die »Stadt der Träumer«, wie die Komponistin ihre Wahlheimat bezeichnet. Zur griechischen Göttin der Nacht führt zum Auftakt der griechische Gott der Liebe in Luigi Cherubinis Oper »Anacreon«. Wenn Amor seine Finger im Spiel hat, kann sich auch der von der Zeit gezeichnete Lyriker Anacreon der Liebe seiner jungen Muse Corine sicher sein. Eva Teimel RSO WIEN PROGRAMM 2017/18
25 PETER KESERŰ Solohorn RSO WIEN PROGRAMM 2017/18
26 NOVEMBER 17 Do., 02.11.17 → Das Werk der Stunde 19.30 Uhr Der Schiffbruch der »Medusa« war für viele Wiener Konzerthaus Künstler ein symbolträchtiges Zeugnis: Wien Modern für den Maler Théodore Géricault, der die Eröffnungskonzert 2017 > 2. Abokonzert Rettung einer Handvoll Überlebender auf einem monumentalen Gemälde festhielt; HANS WERNER HENZE für den Schriftsteller Peter Weiss, der seine Das Floß der Medusa. Begegnung mit Géricaults Gemälde in dem Oratorio volgare e militare in due parti (1968) Roman »Die Ästhetik des Widerstands« schilderte; für den Österreicher Franzobel, Sarah Wegener Sopran der 2017 einen »Medusa«-Roman veröf- Matthias Goerne Bariton fentlicht hat; und für den Komponisten Sven-Eric Bechtolf Sprecher Hans Werner Henze, der den Vorfall 1967/ Arnold Schoenberg Chor 68 in einem Oratorium dramatisierte. Wiener Sängerknaben Cornelius Meister Dirigent Die »Medusa« war das Flaggschiff eines Live in Ö1, Do., 02. 11. 17, 19.30 Uhr französischen Geschwaders, das 1816 von Freund in des RSO & Ö1 Club-Ermäßigung La Rochelle aus in See stieß, um die eng lische Kolonie Senegal wieder in franzö sischen Besitz zu nehmen. Kurz vor dem Ziel erlitt die »Medusa« Schiffbruch. Rasch waren die Rettungsboote von ranghohen Besatzungsmitgliedern und Beamten der Grande Nation besetzt; für die Mehrzahl der Seeleute und Passagiere blieb nur ein Floß. 154 drängten sich darauf, als man das Schiff verließ. Zunächst wollte man das Floß im Schlepptau mit an Land nehmen, doch da es sich als nicht manövrierbar erwies, kappten die Offiziere die Taue und über ließen die Schiffbrüchigen der offenen See. Die Offiziere erreichten nach einem Tag das rettende Land, veranlassten dort aber nicht die Suche nach dem Floß; als es 13 Tage später durch bloßen Zufall gesichtet wurde, waren nur noch 15 der Schiffbrüchigen am Leben. Deren Martyrium schilderten RSO WIEN PROGRAMM 2017/18
27 zwei der Überlebenden in einem auf Tod, »la mort«. Chor und Knabenchor wühlenden Tagebuch. Historiker gehen werden szenisch eingesetzt: Auf der linken davon aus, dass die haarsträubende Er Bühnenhälfte steht der »Chor der Leben- zählung vom selbstsüchtigen und unver- den«, der sich im Laufe des Abends zu- antwortlichen Verhalten der Befehlshaber gunsten des rechts positionierten »Chor zur Befeuerung der Julirevolution beitrug, der Toten« verkleinert. Auch diese Anord- die 1830 die Bourbonendynastie in nung sorgt dafür, dass man eine Auffüh- Schutt und Asche legte. rung von »Das Floß der Medusa« nie wie- der vergisst. Hans Werner Henze hat den Skandal um die »Medusa« in einem abendfüllenden Das ORF Radio-Symphonieorchester Wien und bewegenden Oratorium verewigt. unter der Leitung von Chefdirigent Cornelius Der Komponist und sein Librettist Ernst Meister spielen »Das Floß der Medusa« Schnabel deuteten die Begebenheit als zur Eröffnung von Wien Modern. Parabel auf das gesellschaftliche Gefälle Christoph Becher zwischen Gewinnern und Verlierern des Kapitalismus. »Das Floß der Medusa« traf bei der geplanten Uraufführung 1968 in Hamburg auf eine politisch derart aufge- heizte Atmosphäre, dass es zum Eklat kam: Zwei Stunden lang lieferten sich Publikum, Chormitglieder und Komponist Schreiduel- le, bis die Polizei kam. Die Uraufführung im Konzertsaal erfolgte erst am 29. Jänner 1971 im Wiener Musikverein durch das damalige ORF-Symphonieorchester. Heute darf »Das Floß der Medusa« ange- sichts der Flüchtlingskatastrophen im Mit- telmeer als »Werk der Stunde« gelten. Das Orchester umfasst seltene Instrumente wie Ofiklëiden, Heckelphon und Oboe d’amore, die eine ungemein vielfarbige und schil- lernde Musik mit anklagenden, aber auch mit poetischen Momenten hervorbringen. Ein Sprecher erzählt die Geschichte, ein Bariton singt den Part des Überlebenden Jean-Charles, der Sopran verkörpert den RSO WIEN PROGRAMM 2017/18
28 NOVEMBER 17 Do., 09.11.17 19.30 Uhr Musikverein Wien Wien Modern > 2. Abokonzert OLIVIER MESSIAEN Turangalîla-Symphonie für Klavier, Ondes Martenot und Orchester (1946–1948) Nathalie Forget Ondes Martenot Steven Osborne Klavier Cornelius Meister Dirigent Ö1, Do., 16. 11. 17, 19.30 Uhr Freund in des RSO & Ö1 Club-Ermäßigung RSO WIEN PROGRAMM 2017/18
29 CORNELIUS MEISTER Chefdirigent RSO WIEN PROGRAMM 2017/18
30 DEZEMBER 17 DEZEMBER 17 Fr., 01.12.17 Premiere → Sa., 02.12.2017 Premiere → 07./17./29.12.17 09./18./30.12.17 19.00 Uhr 18.30 Uhr Theater an der Wien Theater an der Wien RICHARD WAGNER RICHARD WAGNER Die Ring-Trilogie Die Ring-Trilogie Hagen Siegfried Samuel Youn Hagen Daniel Brenna Siegfried Daniel Brenna Siegfried Liene Kinča Sieglinde Ingela Brimberg Brünnhilde Daniel Johansson Siegmund Aris Argiris Wotan Ingela Brimberg Brünnhilde Martin Winkler Alberich Aris Argiris Wotan Marcel Beekman Mime Stefan Kocan Hunding Michael J. Scott Loge Marcel Beekman Mime Liene Kinča Gutrune Stefan Kocan Fafner Karoly Szemeredy Gunther Mirella Hagen Waldvogel Mirella Hagen Woglinde Tatjana Gürbaca Regie Raehann Bryce-Davis Wellgunde Henrik Ahr Bühne Ann-Beth Solvang Flosshilde Barbara Drosihn Kostüme Tatjana Gürbaca Regie Stefan Bolliger Licht Henrik Ahr Bühne Bettina Auer Dramaturgie Barbara Drosihn Kostüme Constantin Trinks Dirigent Stefan Bolliger Licht Freund in des RSO & Ö1 Club-Ermäßigung Bettina Auer Dramaturgie Arnold Schoenberg Chor Constantin Trinks Dirigent Freund in des RSO & Ö1 Club-Ermäßigung → Einführungsmatinee: So., 19. 11. 17, 11.00 Uhr Pausenraum Hölle, Theater an der Wien RSO WIEN PROGRAMM 2017/18
DEZEMBER 17 31 So., 03.12.17 Premiere → Die Ring-Trilogie 10./19./31.12.17 Ein Ring – drei Perspektiven 18.30 Uhr Hagen – Siegfried – Brünnhilde Theater an der Wien Musik und Text von Richard Wagner RICHARD WAGNER In einer Fassung von Tatjana Gürbaca, Die Ring-Trilogie Bettina Auer und Constantin Trinks In deutscher Sprache mit deutschen Übertiteln Brünnhilde Ingela Brimberg Brünnhilde In Richard Wagners epochaler Tetralogie Aris Argiris Wotan »Der Ring des Nibelungen« wird die ur- Daniel Brenna Siegfried sprüngliche, harmonische Weltordnung Samuel Youn Hagen auf verhängnisvolle und nicht revidierbare Liene Kinča Gutrune Weise zerstört: Als der Nibelung Alberich Karoly Szemeredy Gunther aus Wut über die Abweisung durch die Ann-Beth Solvang Waltraute Rheintöchter ihnen das Rheingold raubt, Mirella Hagen Woglinde gelingt ihm das nur um den Preis, niemals Raehann Bryce-Davis Wellgunde zu lieben und niemals geliebt zu werden. Ann-Beth Solvang Flosshilde Nun kann er sich aus dem Gold einen Ring Tatjana Gürbaca Regie schmieden, der ihm maßlose Macht ver- Henrik Ahr Bühne leiht. Mit Alberichs Tat kommt die Gier nach Barbara Drosihn Kostüme Gold und Macht in die Welt, die ab nun Stefan Bolliger Licht Bettina Auer Dramaturgie stets über die Sehnsucht nach Liebe siegt. Arnold Schoenberg Chor Er bleibt nicht lange im Besitz von Gold und Constantin Trinks Dirigent Macht, der Ring wechselt gewaltsam den Besitzer und bringt nur immer mehr Unheil. Freund in des RSO & Ö1 Club-Ermäßigung Göttervater Wotan, selbst in die Weitergabe des Ringes verstrickt, will den Kreislauf von Gier und Mord durchbrechen, aber er selbst kann nicht mehr eingreifen, zu tief ist auch er in Schuld geraten. Nur ein von ihm und jeder Verbindung zur Macht des Ringes frei- er Mensch könnte die Welt erneuern, doch Wotans Nachfahren scheitern ebenfalls an dieser Aufgabe, die ihnen unwillentlich auf- erlegt wird. Wotans Tochter Brünnhilde, sein Enkel Siegfried und Alberichs Sohn Hagen verlängern und vollenden nur die tragischen Entwicklungen. → RSO WIEN PROGRAMM 2017/18
32 DEZEMBER 17 → Für das Theater an der Wien haben Fr., 08.12.17 Regisseurin Tatjana Gürbaca, Dramaturgin 11.00 Uhr Bettina Auer und Dirigent Constantin Trinks Palais Ferstel die Perspektiven auf die Geschichte neu Benefizkonzert Concordia fokussiert und aus den ursprünglich vier WOLFGANG AMADEUS MOZART Abenden drei gestaltet. Wir erleben die Ouvertüre aus Don Giovanni Geschehnisse nun im Rückblick jeweils KV 527 (1787) gebündelt aus der Sicht von Hagen, Sieg- JOSEPH HAYDN fried und Brünnhilde, deren Erlebnisse 3. Satz aus dem Konzert für Trompete und Gedanken sonst über die ursprüng und Orchester Es-Dur Hob. VIIe/1 lichen vier Abende verteilt sind. Dafür ist LUDWIG VAN BEETHOVEN die Musik großräumig neu zusammenge- Symphonie Nr. 1 C-Dur op. 21 (1806) stellt worden, das Geflecht der Bezüge soll erkennbar bleiben. Durch die so kon- Johann Plank Trompete Rudolf Streicher Dirigent zentrierten Blickwinkel kann eine indi viduelle Wahrnehmung der Schicksale dieser drei Figuren ermöglicht werden, das Publikum leichter ihr Erleben in grö ßerem Bogen mitvollziehen: Wie wirken sich die Sünden der Väter an den Kindern und Kindeskindern aus? Wie erleben die drei die schicksalhaften Momente der welt- verändernden Ereignisse? Was geschieht dabei in ihnen? Wie sehen sie sich gegen- seitig? Diese spezielle Ring-Trilogie gibt den drei Figuren eine größere Wichtigkeit und Intensität, bewirkt quasi einen Gene rationenwechsel in der Beurteilung der Wagner’schen Weltgeschichte. Wotan, der prinzipiell die oberste Autorität darstellen will, gerät an den Rand: Das Wichtige wird der Blick zurück von der Zukunft aus, von den Kindern auf die Vergangenheit. Karin Bohnert RSO WIEN PROGRAMM 2017/18
DEZEMBER 17 33 Fr., 15./Sa., 16.12.17 19.30 Uhr Wiener Konzerthaus Christmas in Vienna Olga Peretyatko Sopran Anne Sofie von Otter Mezzosopran Juan Diego Floréz Tenor Günter Haumer Bariton Wiener Singakademie Wiener Sängerknaben Stefan Gottfried Dirigent Freund in des RSO & Ö1 Club-Ermäßigung RSO WIEN PROGRAMM 2017/18
34 RAIMUND WEICHENBERGER Soloflöte RSO WIEN PROGRAMM 2017/18
JÄNNER 18 35 Fr., 12.01.18 → Geburtstag mit Weggefährten 19.30 Uhr »Jedes Orchester bietet einem Dirigenten Wiener Konzerthaus > 3. Abokonzert etwas an, und wenn Dirigenten vernünftig sind, dann hören sie zu.« Dieser Ausspruch GOTTFRIED VON EINEM HK Grubers steht für die Herangehensweise Capriccio op. 2 (1942–1943) des Universalkünstlers an seine künstleri- BERND RICHARD DEUTSCH sche Arbeit – sei es als Dirigent, als Musi- subliminal (2010) ker oder als Komponist. KURT SCHWERTSIK Zeit-Wind/Stern-Zeit. Seinen 75. Geburtstag feiert Heinz Karl Eine Taschenkosmogonie op. 83 (2000) Gruber am Pult des RSO Wien mit zahlrei- KARL HEINZ GRUBER chen Weggefährten an seiner Seite. Das Konzert für Trompete und Orchester Dreigespann Gruber-Schwertsik-Cerha, »Aerial« (1998–1999) das sowohl mit dem Ensemble »die reihe« FRIEDRICH CERHA als auch mit der Entwicklung des »MOB- Impulse für Orchester (1992–1993) Stils« ein entscheidendes Kapitel der Wie- Håkan Hardenberger Trompete ner Musikgeschichte schrieb, spannt auch Heinz Karl Gruber Dirigent den programmatischen Bogen des Geburts- tagskonzerts. Dass HK Gruber dieses ge- Live in Ö1, Fr., 12. 01. 18, 19.30 Uhr meinsam mit dem ORF Radio-Symphonie Freund in des RSO & Ö1 Club-Ermäßigung orchester Wien bestreitet, ist nicht verwun- derlich – schließlich verbindet ihn viel mit dem Orchester, war er doch als Kontrabas- sist knapp 30 Jahre selbst Mitglied des RSO Wien. Eine Tätigkeit, die auch den Komponisten Gruber maßgeblich beeinflusste. Nicht nur ermöglichte ihm dieses Engagement finan- zielle Unabhängigkeit und daraus resultie- rend einen freieren Zugang zum Komponie- ren, auch profitierte er von der unmittel baren Nachbarschaft seiner Kolleginnen und Kollegen. Als Komponist lerne man nirgends mehr als im Orchester – davon ist er überzeugt. → RSO WIEN PROGRAMM 2017/18
36 → Als Komponist entwickelte HK Gruber Geprägt von starken Gegensätzen ist auch schließlich auch eine eigene musikalische Friedrich Cerhas 1992 entstandenes Werk Sprache, ohne sich daran zu stören, dass »Impulse«. Formal vielfältig und emotional außer ihm niemand diese Sprache spricht. kontrastreich, lässt Cerha dem Titel ent- Eine Generation jünger als Friedrich Cerha sprechend Anstöße entstehen, deren und Kurt Schwertsik, bezeichnet er sich Entwicklung jedoch stets in andere Rich- augenzwinkernd als »Avantgardist aus tungen geht. zweiter Hand«. Mit seiner Erfahrung als Eva Teimel Musiker und Chansonnier etablierte er einen Stil, der ihm eigen ist – geprägt und inspiriert durch die Musik Hanns Eislers und Kurt Weills. Für sein 1998 entstandenes Trompeten konzert »Aerial« arbeitete Gruber eng mit Håkan Hardenberger zusammen. Die Vir tuosität und Flexibilität des schwedischen Trompeters scheint auch den Komponisten in der Anlage des Werks beflügelt zu haben – Gesangspassagen finden sich ebenso wie der Einsatz unterschiedlicher Trompe- ten, wovon das Kuhhorn das wohl traditi- onsreichste und gleichzeitig exotischste Exemplar ist. Hardenberger hat es eigens für HK Grubers Trompetenkonzert erlernt. In eine metaphysisch-transzendentale Gedankenwelt entführt HK Grubers »MOB- Stil«-Kollege Kurt Schwertsik in seiner »Taschenkosmogonie« »Zeit-Wind Stern- Zeit«. »Nur die Phantasielosen flüchten in die Realität«, zitiert Schwertsik den deut- schen Schriftsteller Arno Schmidt, wenn er das Publikum mit Fragen nach dem Wesen der Zeit, der Tiefe des Weltalls und der Dualität von Gut und Böse konfrontiert. RSO WIEN PROGRAMM 2017/18
JÄNNER 18 37 Fr., 19.01.18 Premiere → Prügelnde Operndiven 21./23./26./28./30.01.18 Gaetano Donizetti schuf »Maria Stuarda« 19.00 Uhr 1834 im Auftrag des Teatro San Carlo in Theater an der Wien Neapel. Heute ist diese Oper um die Rivali- tät der historischen Königinnen Elisabeth I. GAETANO DONIZETTI von England und Maria Stuart von Schott- Maria Stuarda (1835) land bekannt und beliebt als Feuerwerk Tragedia lirica in zwei Akten Musik von Gaetano Donizetti des Belcanto, worin die Konfrontation der Libretto von Giuseppe Bardari Königinnen sowie die ergreifenden letzten nach Maria Stuart von Friedrich Schiller Szenen, die Maria Stuarda kurz vor der In italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln Hinrichtung zeigen, die Höhepunkte sind. Marlis Petersen Maria Stuarda Allerdings stand die Oper während ihrer Alexandra Deshorties Elisabetta Entstehung unter keinem guten Stern: Norman Reinhardt Roberto, Zuerst gab es Probleme mit der Zensur, Conte di Leicester dann prügelten sich die Hauptdarsteller/ Stefan Cerny Giorgio Talbot innen bei einer Probe. Wirklich fatal für Cecil Tobias Greenhalgh Lord Guglielmo die Oper war aber, dass Königin Maria Natalia Kawalek Anna Kennedy Christina, eine Nachfahrin von Maria Stu- Christof Loy Inszenierung art, der Generalprobe beiwohnte und bei Katrin Lea Tag Ausstattung der Beichtszene der Maria ohnmächtig Bernd Purkrabek Licht wurde. Daraufhin musste die Oper kurz Yvonne Gebauer Dramaturgie fristig eine ganz andere Geschichte erhal- Arnold Schoenberg Chor ten. Mühsam flickte Donizetti die Musik Paolo Arrivabeni Dirigent mit verändertem Text neu zusammen, die Ö1, Sa., 27. 01. 18, 19.30 Uhr Oper kam unter dem Titel »Buondelmonte« Freund in des RSO & Ö1 Club-Ermäßigung heraus, die Notlösung fiel durch. Ein Wie- derbelebungsversuch durch die berühmte Sängerin Maria Malibran ein Jahr später in Mailand scheiterte an einem Virus, der beide Hauptdarstellerinnen befallen hatte – »Maria Stuarda« versank bis 1958 in der Vergessenheit. Da sie gleich zwei Glanzpar- tien sowohl in vokaler wie darstellerischer Hinsicht für Koloratursopranistinnen bietet, ist Maria Stuarda aus dem Opernrepertoire inzwischen nicht mehr wegzudenken. Karin Bohnert RSO WIEN PROGRAMM 2017/18
38 KRISTINA ŠUKLAR 2. Konzertmeisterin RSO WIEN PROGRAMM 2017/18
FEBRUAR 18 FEBRUAR 18 39 Do., 15.02.18 Fr., 23.02.18 → 19.30 Uhr 19.30 Uhr Wiener Konzerthaus > 4. Abokonzert Musikverein Wien > 3. Abokonzert JOSEPH HAYDN ANTON BRUCKNER Symphonie A-Dur Hob. I/59 Symphonie d-Moll WAB 100 »Feuer-Symphonie« (1768) »Die Nullte« (1863–1864) TOSHIO HOSOKAWA GOTTFRIED VON EINEM Umarmung – An die Nachgeborenen. Licht und Schatten für Kantate op. 42 (1973) Orgel und Orchester (2017) ÖA Camilla Nylund Sopran IGOR STRAWINSKY Michael Nagy Bariton Chant funèbre op. 5 (1908) ÖA Wiener Singverein L'oiseau de feu. Markus Poschner Dirigent Symphonische Suite (Fassung von 1919) (1911/1919) Ö1, So., 04. 03. 18, 11.03 Uhr Freund in des RSO & Ö1 Club-Ermäßigung Christian Schmitt Orgel Cornelius Meister Dirigent Ö1, Di., 20. 02. 18, 19.30 Uhr Freund in des RSO & Ö1 Club-Ermäßigung RSO WIEN PROGRAMM 2017/18
40 An die Nachgeborenen von Einems expressiver, unmittelbar ver- »Was sind das für Zeiten, wo/ein Gespräch ständlicher Tonsprache ineinander. über Bäume fast ein Verbrechen ist/weil Ein Jahrhundert zuvor schrieb Anton Bruck- es ein Schweigen über so viele Untaten ner eine Symphonie in d-Moll, von der man einschließt«: Bertolt Brechts Gedicht »An lange glaubte, sie wäre vor seiner offiziel- die Nachgeborenen«, entstanden im Exil len Ersten, der »Linzer«, entstanden: Denn in Dänemark und 1939 veröffentlicht, zählt als er das Werk 1895 unter alten Manu- zu den wichtigsten poetischen Reaktionen skriptstößen wieder entdeckt hatte, fügte auf die ersten Jahre des Nationalsozialis- er der Partitur Kommentare hinzu wie »un- mus. Gottfried von Einem, eine prägende, giltig«, »nur ein Versuch«, »ganz nichtig«, weil streitbare und auch umstrittene Figur »annulirt« – und vor allem die berühmt der Musikgeschichte Österreichs nach 1945, gewordene Ordnungszahl, eine durchge- bezeichnete sich selbst als »Componist«, strichene Null auf gleich drei Seiten. Als weil er das lateinische »componere« für »Nullte« ist sie seither in der Wissenschaft »zusammenstellen« als Wurzel des Wortes bekannt und selten auch im Konzertsaal betonen wollte. 1950 scheiterte von Einem anzutreffen – unverdient selten. Denn die dabei, Brecht als Dichter der Salzburger in Wahrheit zwischen »Linzer« und Zweiter Festspiele zu installieren: Dessen Tätigkeit komponierte Symphonie verdient Beach- in Ostberlin wurde zum Skandal erklärt, tung. In vielen Belangen zeigt sie einen von Einem aus der Festspieldirektion aus- jungen, noch stärker in der Tradition wur- geschlossen. Was waren das für Zeiten … zelnden Bruckner, der dennoch bereits sei- Jahrzehnte später hat Gottfried von Einem ne unverwechselbaren Züge trägt: Quinten Brechts Text als zentralen Satz seiner Kan- und Quarten gebären das Hauptthema, das tate »An die Nachgeborenen« vertont; Gesangsthema lassen Synkopen schweben; sechs weitere Sätze und zwei Zwischen- das Material wird kontrapunktisch gedreht spiele, komponiert auf Auszüge aus den und gewendet, im Scherzo tobt Dämonie, Psalmen, von Sophokles und Hölderlin, eine triumphale Themenvereinigung in Dur umgeben ihn in bogenförmiger Symmetrie. markiert den Schluss des Finales. Was dem 1975 in New York zum 30. Jahrestag der alten Komponisten als »nur ein Versuch« Gründung der Vereinten Nationen urauf galt, schenkt uns unschätzbare Einblicke geführt, vereint dieses großformatige Be- in seine Entwicklung in Gestalt eines im kenntniswerk prägnant skandierende Chor- besten Sinne eigenartigen Werks. Markus sätze und solistische Gesänge in tonaler Poschner, der neue Chef des Bruckner Harmonik, spätromantischen Klangfarben Orchesters Linz, feiert mit diesem Abend oder auch dodekaphoner Strenge: Harsche sein RSO Wien-Debüt. Akzente und tröstende Sanftheit greifen in Walter Weidringer RSO WIEN PROGRAMM 2017/18
41 SOLVEIG NORDMEYER stv. Stimmführerin Cello RSO WIEN PROGRAMM 2017/18
42 MÄRZ 18 MÄRZ 18 Do., 01.03.18 Fr., 16.03.18 Premiere → 19.30 Uhr 18./20./23./26./28.03.18 Wiener Konzerthaus 19.00 Uhr Abonnement »VokalKlang« Theater an der Wien GIOACHINO ROSSINI GOTTFRIED VON EINEM Petite Messe solennelle (1866/67) Der Besuch der alten Dame (1971) Oper in drei Akten Aleksandra Kurzak Sopran Libretto von Friedrich Dürrenmatt Sara Mingardo Alt In deutscher Sprache mit deutschen Übertiteln Kenneth Tarver Tenor Luca Pisaroni Bassbariton Katarina Karnéus Claire Zachanassian Wiener Singakademie Erik Årman Ihr Gatte IX Gustavo Gimeno Dirigent Mark Milhofer Der Butler Russell Braun Alfred Ill Ö1, So., 01. 04. 18, 11.03 Uhr Cornelia Horak Seine Frau Freund in des RSO & Ö1 Club-Ermäßigung Anna Marshania Seine Tochter Julian Henao Gonzalez Sein Sohn Raymond Very Bürgermeister Markus Butter Prediger Adrian Eröd Lehrer Martin Achrainer Doktor Florian Köfler Polizist Anna Gillingham Erste Frau Carolina Lippo Zweite Frau Matteo Loi Stationsvorsteher Keith Warner Inszenierung David Fielding Ausstattung John Bishop Licht Arnold Schoenberg Chor Michael Boder Dirigent Ö1, Sa., 17. 03. 18, 19.30 Uhr Freund in des RSO & Ö1 Club-Ermäßigung RSO WIEN PROGRAMM 2017/18
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