LESEBUCH ZUR SAISON - RSO Wien
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Inhalt Vorworte 04 Kalender 12 Programm 2021.22 16 RSO Wien International 66 RSO Wien Kammermusik 74 my RSO Education 82 RSO Wien Rundum 94 RSO Wien CD-Produktionen 95 Freund/in des RSO 96 Biografien 98 Orchestermitglieder & Team 102 Orchesterakademie 104 Abonnementkonzerte 105 Veranstalter & Information 106 RSO WIEN SAISON 2021.22 03
VORWORT VORWORT Lässt sich Kultur präzise definieren? Natürlich nicht. Aber mit Gewissheit lässt sich sagen, dass Kulturschaffende öffentlich-rechtliche Medien brauchen sowie umgekehrt öffentlich-rechtliche Medien Kultur brauchen. Das hat sich selten so deutlich gezeigt wie im vergangenen Jahr. Der ORF hat die Über- tragung bzw. das Streaming zahlloser Vorstellungen ermöglicht. Somit konnten die Österreicherinnen und Österreicher auch in Pandemiezeiten zu aktuellen kulturellen Ereignissen Zugang finden. Ganz essenziell war dabei die Performance des ORF Radio-Symphonie- orchesters Wien. Angefangen mit dem »We are the World«-Projekt über die Kooperation mit Fidelio im Sommer zu den Streamings des »Willkom- men zurück«-Konzertes, der Eröffnung von Wien Modern und dem Porträt- konzert für Sofia Gubaidulina bis hin zum Konzert mit Ingo Metzmacher – das RSO Wien hat bei zahlreichen bedeutenden und richtungsweisenden Produktionen mitgewirkt. Der ORF ist zwar zur Vermittlung eines vielfältigen kulturellen Angebots gesetzlich verpflichtet, aber für das RSO Wien geht der Anspruch weit darüber hinaus: Es ist eine Herzensangelegenheit. Öffentlich-rechtliche Medien produzieren nicht notwendigerweise für den Alexander Wrabetz Markt. Deshalb werden sie oft hinterfragt, sehen sich zur Legitimation genö- tigt. Aber ihr »Public Value« ist zweifellos unverzichtbar. Und das RSO Wien ist ein wichtiger Baustein des Public Value. Gerade weil es sich weitgehend unabhängig vom Druck des Markts bewegen darf, kann es seine zentralen Aufgaben wahrnehmen: etwa die Förderung der heimischen Musikszene, die Aufführung von heimischer Musik bei in- und ausländischen Gastspielen und selten gespieltes Repertoire. Das RSO Wien war und ist eine vielbeachtete Marke des ORF und eine lebendige, kreative Ausdrucksform des Public Value. Wichtig ist für uns, dass wir Sie mit den Arbeiten des RSO Wien berühren, Ihre Sicht auf das Leben ändern und Sie in eine andere Welt verführen. Herzlichst, Ihr Alexander Wrabetz ORF-Generaldirektor 04 RSO WIEN SAISON 2021.22 RSO WIEN SAISON 2021.22 05
VORWORT VORWORT Das Jahr 2020 war für Kunst- und Kulturveranstaltungen ein Schwieriges. Geplantes konnte vielfach gar nicht umgesetzt werden, manches wurde nur digital ausgestrahlt. Einige wenige Konzerte konnte das RSO Wien vor Publikum spielen – etwa bei den Salzburger Festspielen, in Grafenegg oder beim steirischen herbst –, viele waren auf Ö1 zu hören. Der direkte Bezug zum Publikum, das gemeinsame Erlebnis von Gehörtem und Gespieltem – das haben wir jedoch vermisst. Sie, werte Hörer/innen, fehlen den Musiker/ innen ebenso wie Ihnen der Genuss des gemeinsamen Klangerlebnisses fehlt. Wir alle freuen uns darauf, wieder gemeinsam erleben zu dürfen. Nun gilt es, den Blick in die Zukunft zu richten. Das RSO Wien mit seinem einzigartigen Klangkörper und seiner innovativen Herangehensweise ist bereit, für Sie auch in der neuen Saison besondere Hörerlebnisse zu schaffen. Mit zahlreichen Uraufführungen und einer großen Zahl an Dirigent/innen bleibt das RSO Wien innovativ und einzigartig, belebend und erfrischend, aufmunternd und optimistisch. Für die Saison 2021/22 hat unser Orchester ein vielfältiges Programm ge- plant, darunter vier Opernproduktionen im Theater an der Wien, zu denen die Wiederaufnahme von Benjamin Brittens »Peter Grimes«, eine mit dem Monika Eigensperger International Opera Award ausgezeichnete Erfolgsproduktion aus dem Jahr 2016, und Giacomo Puccinis »Tosca«, dirigiert von Ingo Metzmacher, zählen. Chefdirigentin Marin Alsop bringt mit »ihrem« Orchester zwei Hauptwerke von Béla Bartók zur Aufführung, »Der wunderbare Mandarin« und seine einzige Oper »Herzog Blaubarts Burg«. Bei den Salzburger Festspielen undbei Wien Modern spielt das RSO Wien die »Spiegel«, das Meisterwerk des Doyens der zeitgenössischen Musik in Österreich, Friedrich Cerha, und mit Anton Bruckners 3. und 4. Symphonie beginnt die auf drei Jahre ange- legte Gesamt-Bruckner-Einspielung unter Dirigent Markus Poschner. Ich wünsche Ihnen genussvolle und angenehme Stunden mit unserem RSO Wien, Ihre Monika Eigensperger ORF-Radiodirektorin 06 RSO WIEN SAISON 2021.22 RSO WIEN SAISON 2021.22 07
VORWORT VORWORT Liebe Freundinnen und Freunde des ORF Radio-Symphonieorchesters Wien, was für ein Jahr! Als wir im Frühjahr 2020, kurz vor dem ersten Lockdown, das Vorwort für das Lesebuch 2020/21 verfassten, blickten wir noch hoff- nungsvoll auf die kommende Saison. Es sollte alles anders kommen. Konzert veranstalter, Opernhäuser, Kulturradios, Festivals, alle Kulturinstitutionen wurden binnen kürzester Zeit Meister im kurzfristigen Umplanen und haben Marin Alsop zusätzlich versucht, das Publikum mit neuen Ideen über das Internet zu erreichen. Die Musikerinnen und Musiker des RSO Wien mussten noch mehr Flexibilität als sonst beweisen und haben die Herausforderungen dieser Zeit mit großem Verantwortungsgefühl, Neugier und Hilfsbereitschaft angenom- men. An dieser Stelle ein großes Dankeschön an unser Orchester und an das Team hinter den Kulissen für die Bereitschaft, sich wochenlang im Nebel vorzutasten und trotzdem Kreativität und Spielfreude in den Vordergrund zu stellen! Die Pandemie hinterlässt Spuren, die noch lange sichtbar sein werden. Oft wird die Krise als Chance bezeichnet: Wir wollen uns damit anspornen, nach neuen und anderen Wegen zu suchen. Aber es hat auch etwas Höh nisches, bedenkt man, wie viel in diesen Monaten zerstört worden ist und noch zerstört werden wird. Als ORF Radio-Symphonieorchester Wien sind wir sehr dankbar, dass der ORF selbstverständlich auch während des Lock- downs seine kulturelle Verantwortung wahrgenommen und beispielsweise durch die Reihe »Wir spielen für Österreich« viele Kulturübertragungen erst möglich gemacht hat. Gleichzeitig denken wir an die unzähligen freien Musi- ker/innen und die privaten Kulturinstitutionen ohne nennenswerte Subven tion, für die sich die Krise ganz sicher nicht nach »großer Chance« anfühlt. Christoph Becher Enorm war der Aufwind der sozialen Medien. Wo der Dialog mit dem Publi- kum ausfiel, haben wir uns in diesen Monaten via Facebook, Instagram und 08 RSO WIEN SAISON 2021.22 RSO WIEN SAISON 2021.22 09
VORWORT VORWORT Youtube-Videos an Sie gewendet. Auch hier gilt unser Dank den Musikerin- Einmal mehr hat uns dieses vermaledeite Virus vor Augen geführt, wie nen und Musikern des RSO Wien, die aus ihren Wohnzimmern heraus die wichtig die Partner vor Ort sind, im ORF, in unserem Lieblingssender Ö1, schillerndsten Kleinode hervorgebracht haben. Es lohnt sich, auf unserer im Fernsehen und im Radio. Wir sind bei aller gebotenen körperlichen Dis- Facebook-Seite danach zu suchen, das Internet vergisst ja nichts … tanz zusammengerückt, haben aufeinander geachtet und uns gegenseitig unterstützt. Auch die Bildsprache dieses Lesebuchs ist von den Antipoden Was uns diese Monate aber auch gezeigt haben: Das Konzert, das gemein- Nähe und Distanz inspiriert. Letzten Endes geht es für unsere Musikerinnen same Live-Erlebnis von Musik, ist unersetzbar. Die zahlreichen Streams und Musiker ja immer darum, mit ihren Instrumenten räumliche Distanz zu konnten nicht überdecken, dass der Musik mit dem Verbot der Publikums- überbrücken und Nähe herzustellen. veranstaltungen das Herz herausgerissen wurde. Täuscht unser Eindruck, dass mit dem Fortschreiten des Lockdowns das Streaming von Opern und Schließlich hat Corona uns auch gelehrt, wie wichtig die Musik ist, die un- Konzerten immer weiter an Relevanz verloren hat? Der Zauber von Musik mittelbar um uns entsteht und entstanden ist. Deshalb haben wir – neben jedenfalls entfaltet sich im Raum, in dieser einmaligen Mischung von Körper- großen Höhepunkten der modernen Musik – auch wieder viele österreichi- lichkeit, Sinnlichkeit und Emotion, die sich am Bildschirm kaum darstellen sche Zeitgenoss/innen in unser Programm aufgenommen. Die »Spiegel«, lässt. Kultur im allgemeinen, Musik im Besonderen braucht Nähe. Musiker- das Meisterwerk von Friedrich Cerha, erklingen gleich zweimal, bei Wien innen und Musiker sind Fachleute der persönlichen Begegnung, durch das Modern und bei den Salzburger Festspielen; Gerhard E. Winkler bringen Publikum im Raum entsteht ein Resonanzraum mit ganz eigener Atmosphäre. wir mit einem Werk, das wir kurz vor dem ersten Lockdown uraufgeführt haben, nach Bonn, Julia Purgina nach Ljubljana; neue Werke haben wir bei Wie oft haben wir uns gefragt, als wir das vor Ihnen liegende Programm Christian Ofenbauer, Thomas Wally, Hannah Eisendle und Charlotte Bray zusammengestellt haben, ob »das denn dann wieder möglich sein wird«. bestellt. Doch Kultur braucht Leidenschaft und Optimismus, und deshalb haben wir sie eingeladen, unsere wunderbaren Gastdirigent/innen: Joanna Mallwitz Wir freuen uns auf ein Wiedersehen im Konzert oder im Opernhaus. und Elim Chan, die zum ersten Mal am Pult des RSO Wien stehen; der fan- Und wie wir uns freuen! tastische Marc Albrecht; Markus Poschner aus Linz, mit dem wir ein auf drei Jahre angelegtes Bruckner-Projekt beginnen; die Stammgäste Michael Boder und Ingo Metzmacher (mit letzterem konnten wir ein berührendes Projekt im Lockdown realisieren, das auch von ORF III übertragen wurde). Und freuen Sie sich mit uns auf die Solistinnen und Solisten der nächsten Saison: Sarah Aristidou, Alban Gerhardt, Ning Feng, Rinat Shaham, Gerald Marin Alsop Christoph Becher Finley und Olli Mustonen. Chefdirigentin RSO Wien Orchesterintendant 10 RSO WIEN SAISON 2021.22 RSO WIEN SAISON 2021.22 11
2 KALENDER KALENDER 2 1 03.07. Wiener Rathausplatz 01.10. • ⬤ / 1. Abokonzert Musikverein Wien Rott/Wolf/Mahler 09.11. ⬤ Wien Modern Musikverein Wien Czernowin/Dillon 15.11. Kammermusik Arnold Schönberg Center von Webenau/Wolf/ Schulhoff/Zemlinsky 19.11. ⬤ / 2. Abokonzert 01./02./03./05.01. Tournee China Mozart/Brahms/Strauß/ Prokofjew/Winkler 18./21./23./ 26./28./30.01. Theater an der Wien Puccini »Tosca« 25.01. Chin/Bruckner 27.01. Kammermusik ORF RadioKulturhaus ⬤ ⬤ / 3. Abokonzert Wiener Konzerthaus 11.03. ⬤ • 2 / 4. Abokonzert Wiener Konzerthaus Eisendle/Korngold/Dvořák 19.05. 16./17./18./ ⬤ von Dohnányi/Purginga/ Klassische Verführung Kultursommer Wien Wien Modern 08.10. / 1. Abokonzert Penderecki/Schubert 19./20.03. ORF RadioKulturhaus Beethoven Wiener Konzerthaus Wiener Konzerthaus Tournee Spanien Rachmaninow Cerha Adès/Bernstein Eisendle/Schumann/Dvořák 02.02. 07.08. Salzburger Festspiele 16./18./ 26.11. ⬤ / 2. Abokonzert Klassische Verführung 20.05. ⬤ / 6. Abokonzert 22.04. ⬤ ORF RadioKulturhaus Wiener Konzerthaus Cerha Musikverein Wien 20./23./25.10. Hindemith/Bartók Klassische Verführung Clyne/Martinů/Rachmaninow Šerkšnytė/Bruckner Theater an der Wien ORF RadioKulturhaus 13.08. Salzburger Festspiele Britten »Peter Grimes« 12.12. 03.02. ⬤ / 3. Abokonzert Schubert 02.06. ⬤ / 5. Abokonzert ⬤ ⬤ Feldman Palais Ferstel Wien Musikverein Wien Musikverein Wien 21.10. Bray/Dean/ 24.04. / 4. Abokonzert Zimmermann/Haas/Adams Benefizkonzert Concordia Theater an der Wien Hindemith/Bartók Musikverein Wien 22.08. ⬤ Lortzing Berg/Schubert Beethovenfest Bonn »Der Waffenschmied« 17./18.12. 09.06. 16./19./21./ ⬤ ⬤ / 5. Abokonzert Beethoven/Winkler Kammermusik Wiener Konzerthaus Christmas in Vienna 24./26./28.02. 29.04. Arnold Schönberg Center 22.10. Theater an der Wien Wiener Konzerthaus Roussel/Wellesz/Eisler/ 08.09. Kammermusik Janáček »Jenůfa« Varga/MacMillan/Bartók Haas/Janáček Festival Ljubljana ORF RadioKulturhaus 20./21.12. Purgina/Žuraj/ Rimski-Korsakow Bartholdy/Dvořák/Richter/ Hindemith/Schostakowitsch Gastspiel Graz Šerkšnytė/Bruckner 23.02. ⬤ 05.05. 14.06. Wiener Konzerthaus Wiener Konzerthaus Brucknerhaus Linz ⬤ Dvořák Great Voices Malipiero/Respighi/Casella 30.09. 30.10. 29./30./31.12. Wagner Internationales Brucknerfest Linz 2021 Eröffnung Wien Modern Wiener Konzerthaus Tournee China Mozart/Brahms/Strauß/ 01.03. 23.06. ⬤ / 6. Abokonzert Rott/Wolf/Mahler Djordjevic/Ofenbauer/Wally Prokofjew/Winkler Kammermusik 06.05. Musikverein Wien Arnold Schönberg Center Kammermusik Abschlusskonzert der Schönberg/Resch/ ORF RadioKulturhaus Dirigent/innenklasse ⬤ Wiener Konzerthaus ⬤ Musikverein Wien ⬤ Theater an der Wien Mahler/Wagner Fagotes Locos der MDW Wien 12 RSO WIEN SAISON 2021.22 RSO WIEN SAISON 2021.22 13
Olli Mustonen Alban Gerhardt Rinat Shaham Marc Albrecht Elim Chan Gerald Finley Markus Poschner Ingo Metzmacher Sarah Aristidou Joana Mallwitz 14 15
JULI 2021 JULI 2021 Sa, 03.07.21 21.30 Uhr Ludwig van Beethoven Beethoven auf dem Rathausplatz Wiener Rathausplatz Symphonie Nr. 9 Mit den Corona-Lockdowns in aller Herren Länder fielen auch die meisten Eröffnungskonzert d-Moll op. 125 (1822–1824) Veranstaltungen zum Beethoven-Jubiläum 2020 ins Wasser. Doch gerade Kultursommer Wien 2021 Textautoren: Friedrich Schiller und Michael Köhlmeier Beethoven zeigt die Macht der Kunst über das Virus: Zum einen wird die Mit Interventionen von Salah Ammo, Musik des vor 250 Jahren geborenen Klassikers und Revolutionärs min • Übertragungstermine Peter Gabis und Christoph Sietzen destens ebenso weltumspannend gehört, wie man sich vor dem Virus in werden noch bekannt gegeben Acht zu nehmen sucht; zum anderen lassen sich ehrgeizige Jubiläums Zarina Abaeva Sopran projekte auch nachholen. Zum Beispiel Marin Alsops Auseinandersetzung N. N. Alt mit Beethovens Neunter Symphonie: »All Together – A global Ode to Joy«. Stuart Jackson Tenor Geplant war zehn Mal die Neunte Symphonie mit zehn Orchestern in der Shenyang Bass-Bariton ganzen Welt – in den USA, Australien und in China, in Brasilien, Südafrika, Superar Kinderchor London und anderswo. Dazu kam es nur in einigen wenigen Fällen. Für die Wiener Singakademie Chor Stadt, in der die Neunte uraufgeführt wurde, hat die Dirigentin das Konzert Marin Alsop Dirigentin verschoben. Präsentiert wird es nun – gemeinsam mit der Stadt Wien und dem Wiener Konzerthaus – als spektakuläres Eröffnungskonzert des Kultursommers Wien 2021 open air auf dem Wiener Rathausplatz. »All Together – A global Ode to Joy« versteht Beethovens Symphonie als Aufruf des 21. Jahrhunderts zu Einheit, Gerechtigkeit und Selbstbestimmung. »Bei der ›Ode an die Freude‹ geht es darum, aufzustehen und eine Bedeu- tung in der Welt zu erlangen. Es geht darum, an unsere Macht als Menschen zu glauben«, sagt Marin Alsop.« Durch diese Erfahrung werden alle miteinan der verbunden sein. Mir liegt daran, dass wir durch dieses Projekt verschie- dene Gemeinschaften zusammenbringen, solche, die normalerweise nicht zusammenarbeiten.« Das Sängerquartett ist international besetzt, Starschlagzeuger Christoph Sietzen und die in Wien lebenden Künstler Salah Ammo und Peter Gabis mischen sich auf ihre Weise in Beethovens Musik ein. Die Wiener Singaka demie wird verstärkt durch die Kinder von »Superar«, die in den Monaten zuvor mit Marin Alsop und Musiker/innen des RSO Wien die Aufführung vorbereitet hat. Christoph Becher 18 RSO WIEN SAISON 2021.22 RSO WIEN SAISON 2021.22 19
AUGUST 2021 Sa, 07.08.21 20.00 Uhr Friedrich Cerha Felsenreitschule Salzburg Spiegel I–VII (1960–1961) Salzburger Festspiele Ingo Metzmacher Dirigent Ö1, Fr, 13. 08. 21, 19.30 Uhr Friedrich Cerhas »Spiegel« Als György Ligeti 1960 einmal zu Gast bei Friedrich Cerha war, fiel sein Blick auf den Stapel Notenblätter, an denen Cerha gerade arbeitete. Entgeistert wand- te er sich an seinen Freund: »Was ist das? Du komponierst ja mein Stück!« Cerha hat diese Geschichte oft erzählt. Sie belegt, dass kompositorische Ideen, die in der Luft liegen, auch von zwei Komponisten unabhängig voneinander aufgegriffen werden können. 1960 schlug die Stunde dessen, was die Musikgeschichte etwas hilflos »Klangkomposition« genannt hat. »Hilflos« deswegen, weil sich jede Komposition auch über den Klang mitteilt. Und doch trifft dieser Begriff gut den Wechsel von der seriellen Musik à la Chefdirigentin Marin Alsop Pierre Boulez mit ihrer peniblen Bestimmung von Tonhöhen und Rhythmen hin zu den Werken Ligetis und Cerhas, in denen Struktur durch das Mäandern von Klangblöcken entsteht. Friedrich Cerha, Jahrgang 1926, begleitet das RSO Wien seit dessen Grün- dung 1969 als Komponist, lange auch als Dirigent. In den letzten Jahren hat der Doyen der österreichischen Gegenwartsmusik ein fantasievolles Orches- terwerk nach dem anderen komponiert, die meisten davon hob das RSO Wien aus der Taufe. Höchste Zeit also, sich wieder einmal seinem orches tralen Hauptwerk zuzuwenden, den »Spiegeln I–VII«, die Ligeti seinerzeit die Schweißperlen auf die Stirn getrieben hatten und die Cerha mit dem RSO Wien 1972 in Graz uraufführte: sieben großorchestrale Klanggemälde, die zum Eindrücklichsten gehören, was die heimische Neue Musik zu bieten hat. Voller Bewunderung schrieb Cerhas Schüler, Georg Friedrich Haas: »Die Sprache dieser Musik war radikal neu, als das Werk komponiert wurde. Dieses neue Material ist aber nicht aus einem akademischen Wunsch ent- standen, auf experimentellem Weg bis jetzt unerforschte Klangmaterialien zu erproben. Dieses Neue ist – wie alles Wesentliche in der Musikgeschichte – das Ergebnis eines ungebändigten Expressionismus.« Christoph Becher 20 RSO WIEN SAISON 2021.22 21
AUGUST 2021 Fr, 13.08.21 Yamato Moritake, Kontrabass 20.30 Uhr Morton Feldman Kollegienkirche Salzburg String Quartet and Orchestra (1973) Salzburger Festspiele Neither (1976–1977) Oper in einem Akt für Sopran und Orchester Ö1, Fr, 20. 08. 21, 19.30 Uhr nach einem Text von Samuel Beckett Konzertante Aufführung in englischer Sprache Sarah Aristidou Sopran Minguet Quartett Streichquartett Ilan Volkov Dirigent Don’t push the sounds! Der amerikanische Komponist Morton Feldman war ein großer Mann von kräftiger Statur, starker Raucher und Freund klarer und lauter Worte. Der Musik hingegen näherte er sich mit geradezu zärtlicher Zurückhaltung. Als Stockhausen ihn einmal nach seinem Geheimnis fragte, empfahl ihm Feldman, die Klänge einfach in Frieden zu lassen: »Don’t push the sounds!« Tatsächlich zieht es die Klänge Feldmans nirgendwo hin. Sie ruhen im Raum, atmen ein und aus. Feldmans Musik appelliert nicht und schmeichelt nicht, vielmehr wirft sie ihre Zuhörer ganz auf sich selbst zurück. Befreiung ist die Folge, Entschleunigung. Frieden. Kein Wunder, dass ein Feldman auch ein- mal fünf Stunden dauern kann. Nicht »Neither«, seine einzige Oper. Der Opernskeptiker Feldman bat den Opernverächter Samuel Beckett um ein Libretto und erhielt 17 dürre Zeilen. Sie genügten Feldman für ein knapp einstündiges Werk für Sopran und Orchester. Feldman beschrieb es so: »Das Thema der Oper ist, dass unser Leben von allen Seiten von Schatten umgeben ist. Da wir aber nicht in den Schatten hineinsehen können, geht unsere Existenz nur bis dorthin und wir schwanken zwischen den Schatten des Lebens und des Todes.« Das RSO Wien hat mit dem Dirigenten Ilan Volkov zuvor »The Outcast« von Olga Neuwirth in Wien und in der Elbphilharmonie verwirklicht. Bei den Salzburger Festspielen erklingt »Neither« in der Kollegienkirche, kom biniert mit Feldmans 20-minütigem »String Quartet and Orchestra« – ein Titel, mit dem schon alles gesagt ist. Christoph Becher 22 RSO WIEN SAISON 2021.22 23
SEPTEMBER 2021 SEPTEMBER 2021 Do, 30.09.21 19.30 Uhr Hans Rott Titan: Mahlers Erste in der Urfassung Brucknerhaus Linz Ouvertüre zu Gustav Mahler wollte, als er sein erstes großes, fünfsätziges Orchesterwerk Internationales »Julius Caesar« (1877) 1893 in Hamburg dirigierte, dem Publikum helfen und stellte der Musik ein Brucknerfest Linz 2021 Hugo Wolf Programm zur Seite. Netter Versuch. Hinterher ärgerte er sich, dass die Penthesilea (1883) Zuhörer/innen wie in einer Sinfonischen Dichtung von Liszt oder Strauss Freund/ in des RSO Symphonische Dichtung nach Heinrich von Kleist nach Stellen gesucht hätten, an denen sich der Text in der Musik spiegle. & Ö1 Club-Ermäßigung Gustav Mahler Missmutig strich Mahler den bei Jean Paul entlehnten Titel »Titan« und Titan. Eine Tondichtung in den zweiten Satz (»Blumine«) gleich mit. So erschien dann 1899 seine Erste Fr, 01.10.21 / 1. Abokonzert Symphonieform in zwei Teilen Symphonie im klassischen viersätzigen Format. Einige wenige, wenngleich und fünf Sätzen in D-Dur signifikante Änderungen wurden der Partitur gegenüber ihrer Urfassung 19.30 Uhr ebenfalls mit auf den Weg gegeben, und in dieser Fassung öffnete Mahlers (1888) Musikverein Wien Erste das Tor zu einem unvergleichlichen Orchesterschaffen. Alles, was Marin Alsop Dirigentin Mahler ausmacht, ist bereits in seiner Ersten enthalten: die Durchdringung Live in Ö1, Fr, 01. 10. 21, 19.30 Uhr von Symphonie und Lied, die Zitate von Volksliedern, das Nebeneinander Freund/ in des RSO gegensätzlicher musikalischer Milieus, die Klezmer-Anspielungen, der Natur- & Ö1 Club-Ermäßigung laut, die Zuspitzung auf den Finalsatz, in der ein markiger Durchbruch der Blechbläser das letzte Rufzeichen setzt. Chefdirigentin Marin Alsop hat für den Musikverein die Urfassung des Werkes auf das Programm gesetzt und mit zwei Komponisten ergänzt, die zu Mahlers Freunden gehörten und doch neben ihm verglühten. Hans Rott wurde keine 26 Jahre alt, und als 1989 seine E-Dur-Symphonie aus gegraben wurde, tuschelte man, Mahler habe bei ihm abgeschrieben. Die Ouvertüre »Julius Caesar« entstand 1877 nach einem Bayreuth-Besuch mit seinem Orgellehrer Bruckner. Hugo Wolf, gleichen Jahrgangs wie Mahler, teilte mit Rott die Abneigung gegen Brahms, die sich bei ihm allerdings ins Pathologische steigerte und eine unheilvolle Rolle bei seinem psychischen Abstieg spielte. Unter den wenigen Orchesterwerken Wolfs findet sich die Sinfonische Dichtung »Penthesilea«, eine kraftstrotzende Vertonung der unglücklichen Kampf- und Liebesgeschichte zwischen der Amazone und Achilles während des Trojanischen Kriegs, komponiert wenige Jahre vor Mahlers »Titan«. Christoph Becher 24 RSO WIEN SAISON 2021.22 RSO WIEN SAISON 2021.22 25
OKTOBER 2021 OKTOBER 2021 Fr, 08.10.21 / 1. Abokonzert 19.30 Uhr Preisträger/innenwerk Wozu das Böse? Wiener Konzerthaus des Kompositionswettbewerbes Leonard Bernsteins dritte Symphonie ist nach dem jüdischen Gebet Kad- »Spheres of a Genius« UA disch benannt. Doch wie Bernsteins »Mass« keine Vertonung des katholi- Live in Ö1, Fr, 08. 10. 21, 19.30 Uhr Eine Kooperation des Jam Music Lab und des ORF Radio-Symphonieorchester Wien schen Messtextes ist, so geraten auch hier die traditionellen Verse des Freund/ in des RSO & Ö1 Club-Ermäßigung Kaddisch in die Defensive. Keine zwei Jahrzehnte nach dem Holocaust Thomas Adès und angesichts der instabilen Gegnerschaft der mit Atomwaffen hochge In Seven Days ÖEA (2008) rüsteten Systeme wirft Bernsteins Werk Fragen auf, die sich einem Gläubi- Leonard Bernstein gen im 20. Jahrhundert stellen: Wozu ist das Böse in der Welt? Warum lässt Symphonie Nr. 3 »Kaddish« (1963) Gott es zu? Als wenige Wochen vor der Uraufführung der Symphonie der amerikanische Präsident John F. Kennedy ermordet wurde, widmete Bern- Víkingur Ólafsson Klavier stein ihm sein Werk. Viele Jahre haderte er mit seiner Symphonie – nicht Simone Schneider Sopran mit der suggestiven, kantigen Musik, sondern mit dem Text, den Bernstein N. N. Sprecherin selbst verfasst hatte. Chefdirigentin Marin Alsop hat sich für die Urfassung Wiener Singakademie Chor entschieden, in der eine Sprecherin vorgesehen ist. Marin Alsop Dirigentin Das Konzert wird eröffnet mit dem Preisträgerwerk eines Kompositions wettbewerbes, den das »Jam Music Lab« gemeinsam mit dem RSO Wien ausrichtet. Gesucht wird eine Jazz-Komposition, die sich mit dem Schaffen von Leonard Bernstein auseinandersetzt, der mit seiner Musik Jazz-Fans wie klassisches Konzertpublikum erreichte. Auch der Brite Thomas Adès ist mit Avantgarde wie mit Jazz aufgewachsen. Im Konzerthaus ist sein zweites Klavierkonzert zu hören. »In Seven Days« zeichnet, die Schöpfungsgeschich- te als Variationensatz nach: eine mitreißende Partitur, die als Solisten den isländischen Shootingstar Víkingur Ólafsson erstmals zum RSO Wien führt. Christoph Becher 26 RSO WIEN SAISON 2021.22 RSO WIEN SAISON 2021.22 27
OKTOBER 2021 OKTOBER 2021 Sa, 16.10.21 18./20./23./25.10.21 Benjamin Britten Peter Grimes 19.00 Uhr Peter Grimes (1945) Der Fischer Peter Grimes ist in seinem Dorf ein Außenseiter. Er wird ver- Theater an der Wien Oper in einem Prolog und drei Akten dächtigt, seine Lehrbuben zu quälen. Da einer unter ungeklärten Umständen Libretto von Montagu Slater nach der Verserzählung »The Borough« (1810) zu Tode gekommen ist, gibt es eine Untersuchung, aber man kann Grimes Live in Ö1, Sa, 16. 10. 21, 19.00 Uhr von George Crabbe nichts nachweisen. Nur die Lehrerin Ellen Orford hält zu dem sonderbaren Freund/ in des RSO In englischer Sprache mit deutschen Übertiteln & Ö1 Club-Ermäßigung Fischer und wäre sogar bereit, ihn zu heiraten, damit das Gerede verstummt. Obwohl man ihm davon abgeraten hat, nimmt Grimes wieder einen Jungen Eric Cutler Peter Grimes aus dem Waisenhaus als Lehrling bei sich auf. Die Dorfgemeinschaft beob- Gieorgij Puchalski achtet die beiden misstrauisch, erneut entsteht Verdacht. Die Überwachung John, sein Gehilfe durch das Dorf quält den Fischer, er träumt von Frieden. Ellen will helfen, Agneta Eichenholz aber Grimes verbittet sich ihre Einmischung und gerät mit ihr in Streit. Ellen Orford, die Lehrerin Als er befürchten muss, dass die Dorfbewohner ihn lynchen, kommt es Andrew Foster-Williams erneut zu einem Unfall, der Junge stürzt die Klippen herunter. Nun wird Balstrode, ein ehemaliger Kapitän Grimes erst recht gejagt. Ellen und der ehemalige Kapitän Balstrode wollen Hanna Schwarz ihn vor der wütenden Meute bewahren, aber er ist verwirrt und hört sie Auntie, die Kneipenwirtin nicht. Verzweifelt erkennt er, dass er nie so leben können wird, wie er muss Miriam Kutrowatz Ihre Nichte und will. Schließlich gibt Balstrode Grimes einen letzten Rat: Er soll aufs Valentina Petraeva Ihre Nichte Meer hinausfahren und sich dort versenken. Als man im Dorf hört, ein Rupert Charlesworth Boot sei gesunken, geht das Leben endlich ungestört weiter. Bob Boles, ein Methodist Thomas Faulkner Swallow, ein Rechtsanwalt Rosalind Plowright Mrs Sedley, eine Witwe Erik Årman Reverend Horace Adams Tobias Greenhalgh Ned Keene, der Apotheker Lukas Jakobski Hobson, der Fuhrmann Christof Loy Inszenierung Johannes Leiacker Bühne Judith Weihrauch Kostüme Thomas Wilhelm Choreografie Bernd Purkrabek Licht Arnold Schoenberg Chor Thomas Guggeis Dirigent 28 RSO WIEN SAISON 2021.22 RSO WIEN SAISON 2021.22 29
OKTOBER 2021 OKTOBER 2021 Do, 21.10.21 19.00 Uhr Albert Lortzing Der Waffenschmied Theater an der Wien Der Waffenschmied (1846) Häufiges Problem in Komödien aus alter Zeit ist, dass höhergestellte Figuren Komische Oper in 3 Akten die niedriger gestellten nicht heiraten sollen, weil letztere nicht würdig sind – Über den Ö1 Sendetermin informieren Libretto von Albert Lortzing wir Sie zu einem späteren Zeitpunkt Konzertante Aufführung in deutscher Sprache hier ist es umgekehrt: Graf Liebenau hat sich in Marie, die Tochter des Waf- Freund/ in des RSO zum 175. Jubiläum der UA im TAW fenschmieds Stadinger verliebt. Aber anstatt dass ein so nobler Schwieger- am 30. 05. 1846 sohn willkommen wäre, muss der Graf fürchten, abgewiesen zu werden, & Ö1 Club-Ermäßigung denn der stolze Bürger Stadinger verachtet die Adligen insgesamt als ver- Günther Groissböck kommen. Daher verkleidet sich Liebenau als Schmiedegeselle und versucht Hans Stadinger, Waffenschmied so, Maries Liebe zu erringen. Infiziert vom bürgerlichen Ideal der wahren Miriam Kutrowatz Liebe will er außerdem um seiner selbst geliebt werden. So macht er sich Marie, seine Tochter gleichzeitig auch als Graf an Marie heran, um zu sehen, was ihr mehr impo- Sebastià Peris niert, der einfache Geselle oder der vermögende Schlossbesitzer. Absurde Ritter, Graf von Liebenau Situationen sind vorprogrammiert. Das Ganze spielt in einem biedermeier- Andrew Morstein lich erträumten Worms des 16. Jahrhunderts, wo die bürgerliche Lebens Georg, sein Knappe weise über die adlige triumphiert, dem 19. Jahrhundert zum Vorbild. Bei der Ivan Zinoviev Uraufführung am 30. Mai 1846 im Theater an der Wien gefiel »Der Waffen- Ritter Adelhof aus Schwaben schmied« mit seinen bis heute bekannten, eingängigen und liedhaften Arien Juliette Mars sowie turbulenten Ensembles, und Lortzing erhielt für zwei Jahre eine feste Irmentraut, Mariens Erzieherin Anstellung an diesem Haus. Nikolaus Habjan Moderation Arnold Schoenberg Chor Leo Hussain Dirigent 30 RSO WIEN SAISON 2021.22 RSO WIEN SAISON 2021.22 31
OKTOBER 2021 Sa, 30.10.21 Josef Gumpinger, 19.30 Uhr Milica Djordjevic Pauke und Schlagwerk Wiener Konzerthaus Sky Limited (2014) Wien Modern Thomas Wally Eröffnungskonzert Utopia I: Seltsame Schleifen für Trompete und Orchester (2021) UA Live in Ö1, Sa, 30. 10. 21, 19.30 Uhr Auftragswerk von RSO Wien und Wien Modern Freund/ in des RSO & Ö1 Club-Ermäßigung Christian Ofenbauer Das Satyrspiel (2021) UA Geschachtelte Musik zu Bildern für Orchester Auftragswerk von RSO Wien und Wien Modern Andrea Sodomka Visuelle Komposition (2021) UA Auftragswerk Wien Modern Selina Ott Trompete Marin Alsop Dirigentin Von den Grenzen des Himmels zur Utopie Die 1984 in Belgrad geborene Komponistin Milica Djordjević beginnt ihre sub- tile, aber hochdramatische Klanginszenierung mit einem leisen Rauschen aus dem Nichts heraus. Der 1981 in Wien geborene Thomas Wally stellt eine Uto- pie in absichtsvollem Gegensatz zur Dystopie in den Raum. Sein für Shooting star Selina Ott komponiertes Trompetenkonzert begibt sich in einem wilden Ritt auf die Suche nach dem notwendigen Gleichgewicht. Fügt sich das Solo ins große Ganze oder verweigert es die Teilnahme? Der größte Teil dieses Konzerts mit dem RSO Wien unter Leitung von Chef- dirigentin Marin Alsop ist tief im Innersten eigentlich eine Oper: Der 1961 in Graz geborene Komponist Christian Ofenbauer lässt seinen drei Bühnen- tragödien rund um Medea, Penthesilea und Elektra »wie der ordentliche Autor der Antike« ein Satyrspiel folgen. Aber was lässt sich schreiben, wenn man den Glauben an die Opera buffa verloren hat? Andrea Sodomka, 1961 in Wien geboren, öffnet mit ihrer visuellen Komposition den Raum zum Hören von Ofenbauers großflächiger »Musik zu Bildern«. Bernhard Günther 32 RSO WIEN SAISON 2021.22 33
NOVEMBER 2021 NOVEMBER 2021 Di, 09.11.21 Fr, 19.11.21 / 2. Abokonzert 19.30 Uhr Chaya Czernowin 19.30 Uhr Friedrich Cerha Musikverein Wien Atara für großes Orchester, Wiener Konzerthaus Spiegel I–VII (1961) Wien Modern Sopran und Bariton (2021) UA Wien Modern Claudio Abbado Konzert Auftragswerk von Wien Modern Ingo Metzmacher Dirigent und Bayerischer Rundfunk/musica viva Freund/ in des RSO Über den Ö1 Sendetermin informieren James Dillon & Ö1 Club-Ermäßigung wir Sie zu einem späteren Zeitpunkt The Gates für Streichquartett (› siehe Seite 21) Freund/ in des RSO und Orchester (2016) ÖEA & Ö1 Club-Ermäßigung Sofia Jernberg Sopran Holger Falk Bariton Arditti Quartet Christian Karlsen Dirigent Gewaltige Kräfte »Große Blöcke orchestraler Massen driften ineinander und voneinander weg, angetrieben von gewaltigen, unvorhersehbaren Kräften.« Der Plan für ihr neues Orchesterstück stand Anfang 2020 fest, schreibt Chaya Czernowin: »Gedacht war das Stück als Lamento, als Klagelied über unsere Anmaßung, alles kontrollieren zu können, und als Erinnerung an die unbekannten Kräfte, die uns und unsere Umwelt lenken. Nicht die geringste Ahnung hatte ich, dass im März 2020 unsere Welt stehenbleiben würde und unser Kontroll verlust gegenüber der Natur schlicht zur Tatsache wurde.« Quasi katastro- phischen Prozessen im Orchesterpart, wo sich wie durch einen Erdrutsch plötzlich riesige Räume verändern, steht die Wärme, Verletzlichkeit und Menschlichkeit des Klangs von Stimmen gegenüber – die Solopartien hat Chaya Czernowin für Sofia Jernberg und Holger Falk komponiert. Neben diesen und dem jungen schwedischen Dirigenten Christian Karlsen, der hier sein Wiener Orchesterdebüt gibt, spielt auch das Arditti Quartet eine beson- dere Rolle: Die legendäre Londoner Formation ist Solist in der österreichi- schen Erstaufführung von »The Gates«. Das großformatige Werk des briti- schen Komponisten James Dillon reflektiert anhand der titelgebenden Tore Veränderung und Transition, die Verzauberung beim Durchgang durch ein Tor (en’trance = in Trance versetzen) und den Aufbruch in neues Territorium. Bernhard Günther 34 RSO WIEN SAISON 2021.22 RSO WIEN SAISON 2021.22 35
NOVEMBER 2021 NOVEMBER 2021 Fr, 26.11.21 / 2. Abokonzert 19.30 Uhr Raminta Šerkšnytė Die 17 Symphonien von Anton Bruckner Musikverein Wien Midsummer Song (2009) 2024 jährt sich der Geburtstag von Anton Bruckner zum 200. Mal. Anton Bruckner Das RSO Wien nimmt dieses Jubiläum zum Anlass, um gemeinsam mit Live in Ö1, Fr, 26. 11. 21, 19.30 Uhr Symphonie Nr. 4 Es-Dur dem Brucknerorchester Linz und dessen Chefdirigenten Markus Poschner Freund/ in des RSO & Ö1 Club-Ermäßigung »Romantische« für das Label Naxos eine CD-Box zu veröffentlichen, die es so noch nicht (1874/Urfassung) gibt. Alle Bruckner-Symphonien in einer Box! Gibt es bereits? Aber nicht mit allen Fassungen. Ganze 17 Symphonien kommen so zusammen. Eine Mo, 20./Di, 21.12.21 Markus Poschner Dirigent Symphonie wie die Vierte etwa, die populäre »Romantische«, hat Bruckner 19.30 Uhr mehrmals überarbeitet und mit komplett neuen Sätzen versehen. Grazer Musikverein Zum Einstieg in das Projekt spielt das RSO Wien im Musikverein die unge Gastspiel Graz zügelte Urfassung dieser 4. Symphonie. Bruckner schrieb sie 1874 in einer Zeit beruflicher Rückschläge, während er in Wien mitten in die Fronten zwischen Wagner- und Brahms-Anhänger geraten war, letztere tatkräftig vertreten durch den einflussreichen Kritiker Eduard Hanslick. Bevor dieser stellvertretend für die Brahms-Fraktion über ihn herfallen konnte, übte sich Bruckner bereits in Selbstkritik über sein neues Werk: »Ich bin zur vollen Überzeugung gelangt, dass meine 4. romantische Symphonie einer gründ lichen Umarbeitung dringend bedarf. Es sind z. B. im Adagio zu schwierige, unspielbare Violinfiguren, die Instrumentation hie und da zu überladen und zu unruhig.« Insbesondere das Finale, das Bruckner später komplett austau- schen sollte, beschwört in seiner Zerrissenheit die schaurigen Seiten der romantischen Epoche. Gerade hierin liegt für Dirigent Markus Poschner die zukunftsweisende Qualität des Werkes: »Wir wollen allen zeigen, dass uns Bruckner heute noch etwas angeht, zutiefst berührt und auch erschüttert.« Kombiniert werden Bruckners Symphonien in den Konzerten des RSO Wien jeweils mit den Werken einer zeitgenössischen Komponistin. Was nach maximalem Kontrast aussieht, weist im Falle der Litauerin Raminta Šerkšnytė allerdings geheime Verbindungen auf. Denn von Bruckners berühmtem Symphonieanfang – Quint-Wechselnote über raunendem Streichertremolo – ist es nicht weit zur mythischen, von Naturphänomenen inspirierten Ton- sprache in Šerkšnytės »Midsummer Song«. Christoph Becher 36 RSO WIEN SAISON 2021.22 RSO WIEN SAISON 2021.22 37
DEZEMBER 2021 So, 12.12.21 11.00 Uhr Palais Ferstel Wien Ursula Pichler-Nikolov, Benefizkonzert Piccoloflöte, 2./4. Flöte CONCORDIA Martin Gellner Dirigent Für die gute Sache Seit vielen Jahren stellt sich das RSO Wien für den gemeinnützigen Verein CONCORDIA bei der Benefiz-Matinée im Palais Ferstel in den Dienst der guten Sache. Der Erlös der Veranstaltung kommt Kindern in den Armuts regionen Europas zugute. CONCORDIA begleitet seit über 27 Jahren Kinder und Jugendliche in Bulgarien, Rumänien und der Republik Moldau und ermöglicht ihnen eine Chance auf eine selbstbestimmte Zukunft. 38 RSO WIEN SAISON 2021.22 39
DEZEMBER 2021 Fr, 17./Sa, 18.12.21 19.30 Uhr Marina Rebeka Sopran Wiener Konzerthaus Margarita Gritskova Mezzosopran Christmas in Vienna Lawrence Brownlee Tenor Adam Plachetka Bass-Bariton • Übertragungstermine Wiener Singakademie Chor werden noch bekannt gegeben Wiener Sängerknaben Sascha Goetzel Dirigent »Christmas in Vienna 2021« – das Traditionskonzert wieder live im Wiener Konzerthaus Nach einem turbulenten Jahr freuen wir uns besonders darauf, am 17. und 18. 12. 2021 unsere treuen Fans und Gäste von »Christmas in Vienna« wieder im Wiener Konzerthaus begrüßen zu dürfen! Seit mehr als 25 Jahren bietet das glanzvolle Event im festlich geschmück- ten Großen Saal des Wiener Konzerthauses einen musikalischen Ausflug in weihnachtliche Traditionen aus aller Welt. Auch heuer sorgt wieder eine Rie- ge internationaler Künstlerpersönlichkeiten für hochkarätigen Musikgenuss. Mit dabei sind Marina Rebeka (Sopran), Margarita Gritskova (Mezzosopran), Lawrence Brownlee (Tenor) & Adam Plachetka (Bariton), außerdem die Wie- ner Singakademie und die Wiener Sängerknaben. Das ORF Radio-Symphonie- orchester Wien spielt unter der Leitung von Sascha Goetzel. Das musikali- sche Programm erstreckt sich dabei vom klassischen Repertoire über tra ditionelles Liedgut aus aller Welt bis hin zu populären Weihnachtssongs. Julia Puchegger, Viola Das Traditionskonzert »Christmas in Vienna« gehört seit Jahren zu den begehrtesten Events im adventlichen Wiener Konzertreigen und wird ins besondere nach diesem anstrengenden Jahr für viele ein glanzvoller Fix- stern in der Adventszeit sein. Die Bedeutung von »Christmas in Vienna« bei Sängern und Publikum spiegelt sich in den Worten von José Cura wider: »Once in your life you have to sing Christmas in Vienna.« 40 RSO WIEN SAISON 2021.22 41
JÄNNER 2022 JÄNNER 2022 Di, 18.01.22 / Premiere 21./23./26./28./30.01.22 Giacomo Puccini Tosca 19.00 Uhr Tosca (1900) Cesare Angelotti konnte aus der Engelsburg fliehen, wo er als politischer Theater an der Wien Oper in drei Akten Gefangener einsaß. In einer Kirche trifft er seinen Freund, den Maler Mario Libretto von Giuseppe Giacosa & Luigi Illica, nach dem gleichnamigen Drama Cavaradossi. Sie werden gestört von dessen Geliebter, der Sängerin Floria Über den Ö1 Sendetermin informieren wir Sie zu einem späteren Zeitpunkt von Victorien Sardou Tosca: Sie wird eifersüchtig, weil Cavaradossis Madonnen-Gemälde einer In italienischer Sprache mit lebenden Dame zu ähnlich sieht. Als Angelotti und Cavaradossi wieder allein Freund/ in des RSO deutschen Untertiteln & Ö1 Club-Ermäßigung sind, signalisiert ein Kanonenschuss, dass Angelottis Flucht bemerkt wurde. Kaum haben beide die Kirche verlassen, lässt Polizeichef Scarpia dort nach Kristīne Opolais Floria Tosca dem Flüchtigen suchen. Scarpia weiß um das Verhältnis zwischen Tosca Jonathan Tetelman und Cavaradossi und lockt die Diva in den Palazzo Farnese. Dort lässt er Mario Cavaradossi den inzwischen festgenommenen Cavaradossi vor Toscas Augen so lange Gábor Bretz foltern, bis sie das Versteck Angelottis verrät. Zufrieden befiehlt Scarpia Il barone Scarpia, Polizeichef Cavaradossis Erschießung. Nur wenn sich Tosca Scarpia hingäbe, könnte Ivan Zinoviev Cesare Angelotti Cavaradossi am Leben bleiben. Tosca willigt ein, aber als sich Scarpia N. N. Il sagrestano/Sciarrone abwendet, ersticht sie ihn und eilt zu Cavaradossi, den sie noch einmal Andrew Morstein Spoletta sehen darf. Sie informiert ihn über die vorgetäuschte Erschießung. Jedoch Martin Kušej Inszenierung Scarpia hat sie betrogen, Cavaradossi wird wirklich erschossen. Mittlerweile Annette Murschetz Bühne wurde auch Scarpias Leiche gefunden und Tosca wird gesucht. Als sie Su Sigmund Kostüme Cavaradossi tot sieht, stürzt sie sich von der Engelsburg. Reinhard Traub Licht Regula Rapp Dramaturgie Arnold Schoenberg Chor Ingo Metzmacher Dirigent 42 RSO WIEN SAISON 2021.22 RSO WIEN SAISON 2021.22 43
JÄNNER 2022 Di, 25.01.22 / 3. Abokonzert Marcelo Padilla, Solofagott 19.30 Uhr Unsuk Chin Wiener Konzerthaus Subito con forza (2020) ÖEA Anton Bruckner Live in Ö1, Di, 25. 01. 22, 19.30 Uhr Symphonie Nr. 3 d-Moll Freund/ in des RSO & Ö1 Club-Ermäßigung (Urfassung 1873) Markus Poschner Dirigent Bruckners »Wagner-Symphonie« Unmittelbar nach Beendigung seiner Dritten Symphonie reiste Anton Bruckner 1873 nach Bayreuth zu seinem großen Idol Richard Wagner – doch nicht um des Meisters Rat einzuholen, sondern um ihn zu fragen, ob er ihm seine Dritte oder Zweite widmen dürfe. Beide Komponisten bespra- chen dies ausführlich, tranken dabei aber so viel Bier, dass sich Bruckner anderntags nicht mehr erinnern konnte, auf welche Symphonie die Wahl gefallen war. Einige Briefe später war man sich einig, dass die Symphonie Nr. 3 auserwählt worden war, und so bekam das Werk alsbald den Spitz namen »Wagner-Symphonie«. Markus Poschner setzt seinen Bruckner-Zyklus beim RSO Wien mit der Dritten fort, und zwar mit der Urfassung, die Zitate aus »Tristan und Isolde« sowie dem »Ring des Nibelungen« enthält. Wie so oft glättete Bruckner auch dieses Werk, kürzte die Sätze und entfernte die Wagner-Zitate. Heute überzeugen gerade die ungezügelten Urfassungen seiner Musik. Gustav Mahler jedenfalls war von Bruckners Dritter, nachdem er die vom Komponisten dirigierte Uraufführung gehört hatte, so angetan, dass er sogleich einen Klavierauszug erstellte. Zum Einstand in dieses Konzert dirigiert Markus Poschner ein neues Orches- terwerk der Komponistin Unsuk Chin, die nach Isang Yun zu den internatio- nal bedeutendsten koreanischen Komponistinnen zählt. »Subito con forza« entstand im Auftrag des Concertgebouworkest anlässlich des Beethoven- Jubiläums und bleibt auf Tuchfühlung mit dem Jubilar, genauer: zu seinen Konversationsheften. Beethoven-Zitate aber hat sich die Komponistin ver- kniffen, und auch ein Gelage mit dem als trinkfest bekannten Meister blieb ihr erspart. Christoph Becher 44 RSO WIEN SAISON 2021.22 45
FEBRUAR 2022 FEBRUAR 2022 Mi, 02.02.22 Do, 03.02.22 / 3. Abokonzert 19.30 Uhr 19.30 Uhr Hoffnung in der Bedrohung ORF RadioKulturhaus Musikverein Wien Marin Alsop kombiniert Bühnenmusik aus dem frühen 20. Jahrhundert Klassische Verführung mit Zeitgenössischem: Die 1921 zur Uraufführung gekommene Tanz-Suite Charlotte Bray aus dem expressionistischen Einakter »Das Nusch-Nuschi« (»Ein Spiel für Paul Hindemith The Flight of Bitter Water burmanische Marionetten«) von Paul Hindemith und Béla Bartóks einaktige, Nusch-Nuschi-Tänze (1921) (2021) ÖEA 1926 aus der Taufe gehobene (und prompt für zu schlüpfrig befundene) Auftragswerk von RSO Wien und Béla Bartók Winter International Arts Festival in Sotchi Pantomime »Der wunderbare Mandarin« einerseits – auf der anderen Seite Konzertsuite aus der Jahrhundertwende zwei Österreichische Erstaufführungen: das Cello- Brett Dean konzert des Australiers Brett Dean (2018) und Charlotte Brays »The Flight »Der wunderbare Mandarin« Konzert für Cello of Bitter Water«, einem gemeinsamen Auftragswerk des RSO Wien und dem (1918–1926) und Orchester (2018) ÖEA in Sotchi stattfindenden Winter International Arts Festival. Teresa Vogl Moderation Paul Hindemith Brett Deans Cellokonzert changiert zwischen Hektik und Entspannung. Christoph Becher Moderation Nusch-Nuschi-Tänze (1921) Der Solist wird dabei von Instrumenten unterstützt, die man im Orchester Marin Alsop Dirigentin Béla Bartók eher selten findet: Hammondorgel und Schleifpapier. Charlotte Bray der- Konzertsuite aus weil hat mit dem im Februar 2021 in Sotchi erstmals gehörtem »The Flight Freund/ in des RSO of Bitter Water« der Covid-Krise zu klanglichem Ausdruck verholfen: Erst »Der wunderbare Mandarin« & Ö1 Club-Ermäßigung (1918–1926) ist noch alles munter und emsig … doch dann kommt die Stille, bedrohlich, sich windend. Manchmal bricht die Natur durch das zum plötzlichen Inne Alban Gerhardt Violoncello halten gekommene menschliche Treiben, manchmal ist Todeskampf und Marin Alsop Dirigentin Trauer dargestellt. Trotzdem blitzt immer wieder Hoffnung durch die Zeilen. Daran will man sich gerne halten. Ö1, Fr, 11. 02. 22, 19.30 Uhr Jens F. Laurson Freund/ in des RSO & Ö1 Club-Ermäßigung 46 RSO WIEN SAISON 2021.22 RSO WIEN SAISON 2021.22 47
FEBRUAR 2022 FEBRUAR 2022 Mi, 16.02.22 / Premiere 19./21./24./26./28.02.22 Leoš Janáček Jenůfa 19.00 Uhr Jenůfa (1904) Jenůfa wartet, ob ihr geliebter Števa, von dem sie heimlich ein Kind erwar- Theater an der Wien Oper in drei Akten tet, zum Militär eingezogen wird oder nicht. Er wird nicht – freudig kommt Libretto von Leoš Janáček In tschechischer Sprache er zurück ins Dorf. Ihre Feier wird von Jenůfas Ziehmutter, der Küsterin, jäh Live in Ö1, Sa, 26. 02. 22, 19.00 Uhr mit deutschen Übertiteln unterbrochen: Števa soll ein Jahr nüchtern bleiben, bevor er Jenůfa heiraten Freund/ in des RSO & Ö1 Club-Ermäßigung darf. Auch Laca liebt Jenůfa, sie verachtet ihn aber. Rasend vor Eifersucht Svetlana Aksenova Jenůfa verletzt er ihre Wange mit einem Messer. Ein halbes Jahr später im Winter: Nina Stemme Jenůfa hat heimlich ihr Kind zur Welt gebracht, von dem Števa nichts wissen Kostelnička Buryjovka, die Küsterin will. Er hat sich mit einer anderen verlobt. Laca allerdings liebt Jenůfa immer Pavol Breslik Števa Buryja noch, aber die Küsterin glaubt, das Kind sei ein Problem. So behauptet sie, Pavel Černoch Laca Klemeň dass es gestorben sei. Aus Angst, Jenůfas Zukunft zu gefährden, lässt die Hanna Schwarz Stařenka Buryjovka Küsterin die Lüge wahr werden und ertränkt das Neugeborene. Wieder zu Zoltan Nagy Starek Hause erzählt sie Jenůfa, das Kind sei, während sie im Fieber lag, gestorben. Valentina Petraeva Karolka Vergeblich versucht sie sich einzureden, das Richtige getan zu haben … Tatiana Kuryatnikova Es ist Frühling und Jenůfas und Lacas Hochzeit steht an. Es wird gefeiert. Pastuchyňa, Hirtin Plötzlich hört man Schreie: Eine Kinderleiche ist unter dem schmelzenden Juliette Mars Barena Eis aufgetaucht. Jenůfa erkennt ihren Sohn und wird des Mordes verdäch- Lotte de Beer Inszenierung tigt. Die Küsterin aber nimmt die Schuld auf sich und erklärt ihre Beweg- Christof Hetzer Bühne gründe. Jenůfa vergibt ihr. Jorine van Beek Kostüme Alex Brok Licht Peter te Nuyl Dramaturgie Arnold Schoenberg Chor Marc Albrecht Dirigent 48 RSO WIEN SAISON 2021.22 RSO WIEN SAISON 2021.22 49
FEBRUAR 2022 Mi, 23.02.22 19.30 Uhr Antonín Dvořák Wiener Konzerthaus Requiem für Soli, Vokalklang Chor und Orchester op. 89 (1890) Ö1, Di, 12. 04. 22, 19.30 Uhr Simona Šaturová Sopran Freund/ in des RSO Gerhild Romberger Alt & Ö1 Club-Ermäßigung Maximilian Schmitt Tenor Alexander Vinogradov Bass Wiener Singakademie Chor Oksana Lyniv Dirigentin Beherzte Trauer Nach dem »Porträtkonzert Sofia Gubaidulina« im November der vergangenen Saison steht die Lembergerin Oksana Lyniv wieder am Pult des RSO Wien. Diesmal mit dem abendfüllenden, 1891 in Birmingham uraufgeführten Re- quiem von Dvořák. Das beeindruckende, doch recht selten gegebene Werk ist groß, schwer und anspruchsvoll für alle Beteiligten: Orchester, Chor, Solist/innen – aber auch für die Zuhörer/innen. Damit gleicht es eher Beet- hovens »Missa Solemnis« als Dvořáks eigenem, süffigen »Stabat Mater«. Dafür ist die Rendite enorm, wenn man sich denn darauf einlässt. Nicht von Luise Bruch, ungefähr war das Werk vor der vorletzten Jahrhundertwende rasend popu- stellvertretendes Solohorn, lär, bevor es dann wieder etwas in der Versenkung verschwand. 1./3. Horn Dvořák vertont in diesem Auftragswerk den lateinischen Text wie zuvor schon Mozart, Berlioz und Verdi. Statt Pomp, Pathos und Wehmut wird beherzte, fast schon sachliche Trauer geboten. Danksagung an ein gelebtes Leben (acht seiner Sinfonien hatte Dvořák zu dem Zeitpunkt schon geschrie- ben) lag ihm näher als Drohgesänge oder Engelsgesäusel aus dem Jenseits. Und immer wieder hält er inne. Eine vier Noten lange musikalische Zelle zieht sich durch das gesamte Werk: F – Gis – E – F; eine Art Todesmotiv, das Dvořák schon in einem seiner »Acht Liebeslieder« um die Zeilen »Wann spült die Lebensflut auch mich/dem Gram und der Welt entrückt, hinab?« schlängeln ließ. Dem Dirigenten Hans Richter ging das Werk so zu Herzen, dass er über das Requiem gesagt haben soll, es hätte »Stellen die einen vor Schmerz wie Freude heulen machen.« Vielversprechend. Jens F. Laurson 50 RSO WIEN SAISON 2021.22 51
MÄRZ 2022 Fr, 11.03.22 / 4. Abokonzert 19.30 Uhr Hannah Eisendle Wiener Konzerthaus Neues Werk UA Auftragswerk des RSO Wien Live in Ö1, Fr, 11. 03. 22, 19.30 Uhr Erich Wolfgang Korngold Freund/ in des RSO Konzert für Violine und Orchester & Ö1 Club-Ermäßigung D-Dur op. 35 (1945) Antonín Dvořák Symphonie Nr. 7 d-Moll, op. 70 (1885) Ning Feng Violine Marin Alsop Dirigentin Eine Symphonie für London Dvořáks siebte Symphonie eröffnet jene Phase des tschechischen Kompo Simon Wildauer, Bassposaune nisten, in der er die Konzertsäle der Welt dauerhaft eroberte. Den Anstoß zu dem Werk gab Johannes Brahms. Nachdem Dvořák dessen dritte Symphonie gehört hatte, beschloss er, sich noch einmal dieser Gattung zuzuwenden. Die Folge war ein Kompositionsstil, in dem ein dunkler, zuweilen drohender Tonfall durch melodische Phantasie, folkloristische Anleihen sowie durch eine verästelte symphonische Architektur ausbalanciert wird. Eine Symphonie, der ein ebenbürtiger Platz zwischen den berühmteren Schwesterwerken gebührt. Seinen Platz im Kernrepertoire hat das Violinkonzert von Erich Wolfgang Korngold längst eingenommen. Vor der Verfolgung in Europa in die USA geflohen, schwor Korngold für die Dauer dieses Alptraums nur noch für Hollywood zu schreiben. Nach dem Krieg kehrte er mit dem Violinkonzert in die Konzertsäle zurück. Der chinesische Violinvirtuose Ning Feng über- nimmt den Solopart. Eröffnet wird das Konzert von der jungen Wiener Komponistin Hannah Eisendle, die in ihrer Heimatstadt sowie in Hamburg studiert hat und die von Marin Alsop und dem RSO Wien zu diesem neuen Werk beauftragt worden ist. Christoph Becher 52 RSO WIEN SAISON 2021.22 53
APRIL 2022 APRIL 2022 Fr, 22.04.22 So, 24.04.22 / 4. Abokonzert 19.30 Uhr 19.30 Uhr Größe in der Musik ORF RadioKulturhaus Musikverein Wien »Leben in allen Fasern, Kolorit bis in die feinste Abstufung, Bedeutung über- Klassische Verführung all, schärfster Ausdruck des einzelnen«: Was einst Robert Schumann begeis- Alban Berg tert über Franz Schuberts C-Dur-Symphonie D 944 schrieb, könnte auch für Franz Schubert Symphonische Stücke die Symphonischen Stücke aus der Oper »Lulu« gelten. Im Sommer 1934 hat Symphonie Nr. 8 C-Dur D 944, aus der Oper »Lulu« (1935) Alban Berg aus dem unvollendeten Musiktheaterwerk einzelne Abschnitte »Große« (1825) Franz Schubert herausgelöst und zu einer Art Symphonie mit Singstimme zusammengestellt Symphonie Nr. 8 C-Dur D 944, – in einem Formschema, das einem komprimierten Mahler’schen Werk der Teresa Vogl Moderation »Große« (1825) Gattung gleichkommt. Diese »Lulu«-Suite ist das einzige Werk, dem Berg Christoph Becher Moderation die Bezeichnung »symphonisch« gegeben hat: ein besonderer Hinweis auf Joana Mallwitz Dirigentin N. N. Sopran Größe und Tiefe der Musik. Und als »Große« C-Dur-Symphonie wird jenes Joana Mallwitz Dirigentin kapitale Stück bezeichnet, mit dem Schubert mehr als zehn Jahre nach sei- Freund/ in des RSO nem Tod als Symphoniker in die Musikgeschichte eingehen konnte: Nach & Ö1 Club-Ermäßigung Ö1, Di, 26. 04. 22, 19.30 Uhr sechs unbekannt gebliebenen Jugendwerken und zahlreichen Fragmenten Freund/ in des RSO war es ihm mit diesem fulminanten Debüt gelungen, in dem von Beethoven & Ö1 Club-Ermäßigung definierten Genre formal wie inhaltlich etwas grundlegend Eigenes zu schaf- fen. Joana Mallwitz ist der große Durchbruch spätestens bei den Salzburger Festspielen 2020 mit Mozarts »Così fan tutte« gelungen: Diese Dirigentin brennt ganz in Schumanns Sinn für Deutungen voller Leben, Kolorit, Bedeu- tung und Ausdruck. Walter Weidringer 54 RSO WIEN SAISON 2021.22 RSO WIEN SAISON 2021.22 55
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