FAIR WOHNEN - Mietervereinigung

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FAIR WOHNEN - Mietervereinigung
FAIR WOHNEN
                                                                                                                                                                    SEPTEMBER 2020

                                                                                                                        DAS MAGAZIN DER MIETERVEREINIGUNG ÖSTERREICHS
Österreichische Post AG - MZ 02Z033986 M - Mietervereinigung Österreichs, Reichsratsstraße 15, 1010 Wien

                                                                                                           Mietervereinigung fordert rasches Handeln:

                                                                                                           Sicher-Wohnen-
                                                                                                           Fonds gegen
                                                                                                           Wohnungskrise
                                                                                                                                                        MVÖ erkämpft Sieg
                                                                                                                                                        für Mieter vor OGH
                                                                                                                                                        Voller Einsatz für Mieterrechte

                                                                                                                                                        »Wien hält
                                                                                                                                                        zusammen«
                                                                                                                                                        Michael Ludwig im Interview

                                                                                                                                                        Wohnen mit
                                                                                                                                                        Hund und Katz
                                                                                                                                                        Tipps für Tierfreunde

                                                                                                                                                        Der neue Betriebs-
                                                                                                                                                        kostenspiegel
                                                                                                                                                        Preistreiber im Fokus
FAIR WOHNEN - Mietervereinigung
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Am Tag X entscheide ich,
wie es mit uns weitergeht.
Bei den Wiener Gemeinderats- und Bezirksvertretungswahlen am 11. Oktober
entscheidest du nicht nur über die Zukunft der Stadt Wien, sondern auch über
die Zukunft deiner Kinder. Also nutze deine Stimme und mache dein X!

Per Briefwahl geht das übrigens auch ganz einfach von zuhause aus.
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                                                                         Alle Infos unter:
                                                                      wien.gv.at/wahlen
                                                                          01/4000-4001
FAIR WOHNEN - Mietervereinigung
FAIR WOHNEN      INHALT
                                                                                                                                                                           OGH

                                                     »Wien hält
                                                     zusammen«
                                                     Wiens Bürgermeister
                                                     Michael Ludwig im Interview
                                                     mit MVÖ-Präsident Georg
                                                     Niedermühlbichler.
                                                     Seite 4

Coverstory
Wohnungskrise verhindern:
MVÖ fordert einen Solidar-
Fonds für Mieter, die in Zah-
lungsschwierigkeiten geraten.                                                                                                         Liebe Leserin, lieber Leser,
Seite 12
                                                                                                                                      in unsicheren Zeiten ist die eigene Wohnung
                                                                                                                                      ein letztes Refugium, auf das man sich verlas-
                                                                                                                                      sen, das man als Ort des Rückzugs und des
                                                     Wohnen mit                                                                       Schutzes nutzen will; im Fall eines Lockdowns
                                                     Hund und Katz                                                                    oder einer Quarantäne gar nutzen muss. Das
                                                     Was Tierfreunde wissen soll-                                                     eigene Zuhause ist für uns alle die wichtigste
                                                     ten, wenn sie einen Mietvertrag                                                  Zuflucht.
                                                     unterschreiben. Was bedeutet
                                                     die neue OGH-Entscheidung?                                                       Gerade in unsicheren Zeiten kommt es dar-
                                                     Seite 20                                                                         auf an, Menschen Sicherheit zu verschaffen.
                                                                                                                                      Unser Ziel muss sein, Mieterinnen und Mie-
                                                                                                                                      ter nicht mit einem wachsenden Schulden-
Fahrrad, Moped & Co: Abstellen verboten?                                                                                         10   berg allein zu lassen und allen, die aufgrund
Christian Lechner über das Parken                                                                                                     der Corona-Krise Zahlungsrückstände ha-
Das sind unsere Kandidaten                                                                                                            ben, rasch finanzielle Unterstützung zuzusi-
Vier Mitarbeiter der MVÖ treten bei der Wien-Wahl an                                                                             16   chern. Die Mietervereinigung fordert daher
Betriebskosten um 2,8 Prozent gestiegen                                                                                               die Einrichtung eines bundesweiten »Sicher-
Betriebskostenspiegel der MVÖ entlarvt die Preistreiber                                                                          18   Wohnen-Fonds«, der Mieterinnen und Mie-
MVÖ erkämpft Sieg für Mieter vor Höchstgericht                                                                                        tern schnell und unbürokratisch Hilfe leis-
MVÖ-Experten gewannen Rechtsstreit vor OGH                                                                                       24   ten kann und wirksam vor einem drohenden
Zeitlos                                                                                                                               Wohnungsverlust schützt (siehe Titelgeschich-
Koch Patrick Zach verbindet Klassik und Moderne                                                                                  28   te ab Seite 12).
Heldinnen der Krise
Evelyn Regner berichtet aus dem EU-Parlament                                                                                     30   Nach dem Lockdown im Frühjahr und einem
Wen interessiert noch der Klimawandel?                                                                                                nervösen Sommer stehen wir nun vor gro-
Hannes Heide berichtet aus dem EU-Parlament                                                                                      32   ßen sozialen und wirtschaftlichen Herausfor-
                                                                                                                                      derungen, die es gemeinsam zu bewältigen
MVÖ intern ... 34                                                                                                                     gilt. Eine zentrale Rolle dabei spielt sicheres
Servicestellen ... 36                                                                                                                 und leistbares Wohnen. Somit kommt auch
Wie ist das eigentlich? ... 38                                                                                                        der Wien-Wahl am 11. Oktober große Bedeu-
MVÖ historisch ... 39                                                                                                                 tung zu und Ihre Stimme erhält mehr Gewicht
                                                                                                                                      denn je.

                                                                                                                                      Herzlichst, Ihr
IMPRESSUM
Herausgeber, Medieninhaber, Redaktion:               Druckauflage: 39.625 Exemplare                                ÖAK
                                                                                           Österreichische

Mietervereinigung Österreichs,                       (ÖAK, Jahresschnitt 2019)                               Auflagenkontrolle

Reichsratsstraße 15, 1010 Wien,
Tel. 05 01 95, Fax Dw 92000                          Coverfoto: Berezko/istockphoto.com
E-Mail: zentrale@mvoe.at, www.mietervereinigung.at   Zur besseren Lesbarkeit werden in FAIR WOHNEN                                    Georg Niedermühlbichler
Geschäftsführung: Georg Niedermühlbichler            personenbezogene Bezeichnungen, die sich zugleich
Chefredaktion: Georg Niedermühlbichler               auf Männer und Frauen beziehen, in der im Deutschen
Redaktion: Elke Hanel-Torsch, Martin Ucik            üblichen männlichen Form angeführt, also z. B.
Produktion: Martin Ucik                              »Mieter« statt »MieterInnen« oder »Mieterinnen und
Anzeigenleitung: Hülya Aktunc                        Mieter«. Dies soll jedoch keinesfalls eine Geschlechter-
Hersteller: Walstead NP Druck GmbH                   diskriminierung oder eine Verletzung des Gleichheits-
                                                     grundsatzes zum Ausdruck bringen.
                                                                                                                                                                FAIR WOHNEN 3/20    3
FAIR WOHNEN - Mietervereinigung
FAIR WOHNEN IM GESPRÄCH

4   FAIR WOHNEN 3/20
FAIR WOHNEN - Mietervereinigung
»Wien hält
zusammen!«
Im großen Fair-Wohnen-Interview spricht Wiens Bürgermeister Michael Ludwig
mit MVÖ-Präsident Georg Niedermühlbichler über die Folgen der Pandemie,
die Pläne für den Klimaschutz, und – natürlich – leistbares Wohnen.

Georg Niedermühlbichler: Wien ist          im Jänner einen medizinischen Kri-       auf den Arbeitsmarkt. Viele Menschen
bisher gut durch die Corona-Kri-           senstab eingerichtet. Das hat uns auch   auf der ganzen Welt sind durch die
se gekommen; wie ist das gelungen?         geholfen, zu Beginn der Pandemie die     Pandemie arbeitslos geworden. Und
Wie steuert man als Bürgermeister          richtigen Maßnahmen umzusetzen.          auch ich als Wiener Bürgermeister
eine Millionenstadt durch Lockdown         Das beginnt beim besonderen Schutz       bin mit vielen Menschen in Kontakt,
und Pandemie?                              für unsere Spitäler und von Pflege-      die mir ihre Sorgen und auch Nöte
Michael Ludwig: Eines ist klar: Die Co-    und Senioreneinrichtungen bis hin        schildern. Die allermeisten von ihnen
vid-19-Pandemie hat unser aller Le-        zur hervorragenden Kooperation mit       sind unverschuldet in wirtschaftliche
ben verändert und das öffentliche und      dem Ärztefunkdienst, wo wir gemein-      Schwierigkeiten oder gar in eine exis-
soziale Leben eingeschränkt. Doch für      sam sicherstellen konnten, dass bei      tenzgefährdende Situation geschlittert.
mich als Wiener Bürgermeister gab es       Verdachtsfällen die Testabstriche zu-    Viele beklagen auch, dass zugesagte
auch positive Erfahrungen: So habe         hause genommen werden und die be-        Unterstützungen seitens der Bundes-
ich mit Stolz und Freude die Diszi-        troffenen Personen nicht quer durch      regierung nur sehr schleppend oder
plin und den Zusammenhalt der Wie-         die Stadt gefahren sind.                 gar nicht ankamen.
nerinnen und Wiener miterleben dür-                                                 Uns in der Wiener Stadtregierung und
fen. Und nur durch dieses Miteinan-        Die gesundheitlichen Herausforde-        mir als Wiener Bürgermeister war es
der, durch den gegenseitigen Respekt       rungen durch das Virus scheinen im       wichtig, dass wir rasch und gezielt hel-
der Menschen untereinander – um            Griff. Die sozialen und wirtschaftli-    fen. Mit Unterstützungen, die auch an-
den uns so manche andere Metropole         chen Folgen des Lockdowns werden         kommen und die nachhaltig sind. So
längst beneidet – sind wir bisher so gut   uns aber noch lange Zeit beschäf-        stellt etwa unsere StolzaufWien Betei-
durch die Corona-Krise gekommen.           tigen – Kurzarbeit, Arbeitslosigkeit,    ligungsGmbH Wiener Unternehmen,
Mir persönlich sind etwa die »Balkon-      Umsatzeinbrüche bei Selbststän-          die Hilfe benötigen, Eigenkapital zu
konzerte« noch lebhaft in Erinnerung,      digen und Lokalen. Du hast mit ra-       Verfügung. Ziel dabei ist es, diese Fir-
aber auch die große Solidarität bei der    schen Maßnahmen wie dem Betei-           men zu stabilisieren und damit Jobs
Betreuung älterer oder bedürftiger         ligungsfonds „Stolz auf Wien“, Taxi-     abzusichern. Darüber hinaus habe
Menschen. Das war für mich der bes-        und Gastro-Gutscheinen reagiert.         ich in Kenntnis der Tatsache, dass be-
te Beweis: Diese Stadt hält zusammen!      Was braucht es nun auf längere Sicht?    sonders junge Menschen von der Kri-
Ganz entscheidend dafür, dass wir so       Wie kommen wir da durch?                 se betroffen sind, ein Ausbildungs-
gut durch die letzten Monate gekom-        Wie wir wissen, hat Covid-19 neben       paket für Lehrlinge ins Leben geru-
men sind, ist insbesondere auch die        den gesundheitlichen und medizini-       fen, für das wir 17 Millionen Euro in
hervorragende Qualität unseres Ge-         schen Aspekten auch massive Auswir-      die Hand nehmen. Und als weiteres
sundheitssystems. Wir haben bereits        kungen auf die Wirtschaft – und damit    Signal verdoppelt die Stadt Wien die

                                                                                                     FAIR WOHNEN 3/20     5
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                                                      eigenen Lehrplätze von 150 auf 300.       So, wie wir den Anspruch haben, Di-
                                                      Schließlich möchte ich auch noch die      gitalisierungs-Hauptstadt zu werden,
                                                      Taxi-Gutscheine für CoV-Risikogrup-       wollen wir auch unseren Rang als Kli-
                                                      pen während des Lockdowns erwäh-          ma-Musterstadt bestätigen. Immerhin
                                                      nen, die von der Wiener Bevölkerung       wurde Wien im World's 10 Greenest Ci-
                                                      gut angenommen worden sind. Und           ties 2020-Ranking auf Platz 1 gewählt!
                                                      erst unlängst bedankte sich der Gas-      Dieses Lob wollen wir mit Leben erfül-
                                                      tronom Shilin Ma – der das bekann-        len: So legte die Stadt Wien im heuri-
                                                      te Restaurant YUME in Wien-Penzing        gen Jänner ein Paket von 50 Maßnah-
                                                      betreibt – bei mir überschwänglich        men in 7 Themenfeldern vor, um Wien
                                                      für die sehr erfolgreiche Gastro-Gut-     zur CO2-neutralen Metropole zu ma-
                                                      schein-Aktion mit den Worten: »Sie        chen. Zahlreiche Maßnahmen wur-
                                                      haben uns beim Neustart unserer Lo-       den bereits umgesetzt, andere befin-
                                                      kale sehr geholfen!«                      den sich gerade in Umsetzung. Eines
                                                      Insgesamt haben wir bereits ein Pa-       der Best-Practice-Beispiele ist das her-

»So, wie wir den
                                                      ket von weit mehr als 100 Millionen       vorragend ausgebaute öffentliche Ver-
                                                      Euro in die Wiener Wirtschaft und da-     kehrsnetz: Jede zweite Wienerin, je-
Anspruch haben,                                       mit auch in den Wiener Arbeitsmarkt
                                                      investiert.
                                                                                                der zweite Wiener, besitzt mittlerwei-
                                                                                                le eine Öffi-Jahreskarte. Als Ergänzung
Digitalisierungs-                                     Eine weitere Erfahrung, die wir wäh-
                                                      rend der Krise gemacht haben, ist –
                                                                                                kommen die Citybikes dazu, die für
                                                                                                kurze Strecken – etwa von der Haustür
Hauptstadt zu                                         neben dem sozialen Zusammenhalt –
                                                      die Tatsache, dass wir im privaten wie
                                                                                                zur U-Bahn-Station oder von der Bim-
                                                                                                Haltestelle zum Arbeitsplatz – opti-
werden, wollen                                        im öffentlichen Raum auf die Digita-      mal geeignet sind. Besonders hilfreich
wir auch unseren                                      lisierung angewiesen sind: Das reicht
                                                      vom Home Office über Home Lear-
                                                                                                in diesem Zusammenhang ist die Tat-
                                                                                                sache, dass Wien – wie von der renom-
Rang als Klima-                                       ning bis zu den sogenannten »Webi-
                                                      naren« - also den Seminaren, die etwa
                                                                                                mierten Agentur Roland Berger zuletzt
                                                                                                wieder bestätigt – als »Smart City« vor-
Musterstadt                                           von den Wiener Volkshochschulen
                                                      auf digitalem Weg angeboten werden.
                                                                                                bildlich für die ganze Welt ist. Was das
                                                                                                bedeutet, führt uns exemplarisch die
bestätigen.«                                          Diese Entwicklung entspricht hun-         erste hochmoderne WienMobilSta-
                                                      dertprozentig unserem Ziel, Digitali-     tion in Wien-Simmering vor. Bei die-
                                                      sierungs-Hauptstadt zu werden. Wo-        sem gemeinsam mit den Wiener Li-
                                                      bei mir als Bürgermeister natürlich be-   nien und den Stadtwerken gestalteten
                                                      sonders am Herzen liegt, dass auch der    Mobility Point auf dem Simmeringer
                                                      digitale Raum von Respekt, Toleranz       Platz werden verschiedene klimascho-
                                                      und Vernunft dominiert wird. Und          nende Mobilitätsangebote – vom Car-
                                                      nicht von Herabwürdigung und Hass!        sharing-Auto über eine E-Ladesäule
                                                      Deshalb haben wir als Ziel für unsere     bis hin zu drei digital buchbaren Ra-
                                                      so lebenswerte Stadt den Begriff des      dabstellboxen – auf engem Raum ge-
                                                      »Digitalen Humanismus« geprägt. In        bündelt und digital miteinander ver-
                                                      diesem Zusammenhang möchte ich            knüpft. Derlei Maßnahmen sind Vor-
                                                      auch einmal mehr betonen, dass all        bild für ganz Europa - auch meine
                                                      diese Herausforderungen der Gegen-        Pariser Amtskollegin, Bürgermeiste-
                                                      wart und Zukunft – vom sozialen Zu-       rin Anne Hidalgo, orientiert sich mit
      MVÖ-Präsident Georg Niedermühlbichler im Talk   sammenhalt bis zur humanen Digi-          ihrem Konzept einer »15-minute-Ci-
           mit Wiens Bürgermeister Michael Ludwig.    talisierung – nur dann funktionieren      ty« ganz klar an der Smart City Wien.
                                                      werden, wenn wir den sozialpartner-       Darüber hinaus ist Wien auf einem gu-
                                                      schaftlichen Dialog weiter stärken und    ten Weg, zur »coolsten« Stadt der Welt
                                                      vereint gegen jeden Versuch auftreten,    zu werden. So bekämpfen wir die Fol-
                                                      der eine Schwächung der Sozialpart-       gen des Klimawandels schon seit Lan-
                                                      nerschaft bezweckt.                       gem: Wien hat mit 480.000 Stadtbäu-
                                                                                                men und mehr als 980 Parks einen
                                                      Die Corona-Krise hat das Thema Kli-       sehr hohen Grünraum-Anteil von 53
                                                      mawandel zwischenzeitlich überla-         Prozent, der laufend erweitert wird.
                                                      gert. Durch den heißen Sommer ist         Grünflächen sind auch Bestandteil je-
                                                      vielen Wienern die Bedeutung des          der Stadterweiterungsinitiative, wie
                                                      Klima- und Umweltschutzes wieder          beispielsweise die über 8 Hektar gro-
                                                                                                                                           Fotos: MVÖ

                                                      stärker bewusst geworden. Welche          ßen Parks in der Seestadt Aspern oder
                                                      Maßnahmen setzt die Stadt in Sa-          der 7 Hektar große Helmut-Zilk-Park
                                                      chen Klimaschutz?                         am Hauptbahnhof. Zudem nimmt die

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Stadt Wien im Zuge des Projekts Smar-     Home Office und Home Learning be-
ter Together Mittel in die Hand, um be-   sonders wichtig, nicht nur ein »Dach
sonders betroffene Stadtteile nachhal-    über dem Kopf« zu haben, sondern
tig weiter zu entwickeln: Dabei geht es   auch einen eigenen Balkon bezie-
um CO2-neutrale Mobilität, Beschat-       hungsweise genügend Grünraum zum
tung, vertikale Begrünung, aber auch      Auslüften und Entspannen. Daher er-
um eine Stärkung der lokalen Wirt-        ließ die Stadt Wien für Gemeindebau-
schaft zwecks kürzerer Einkaufswege.      ten ein Delogierungsverbot – auch bei
Und in den Grätzeln machen Cooling-       Zahlungsrückständen. Und ich richte-
Initiativen mit insgesamt 175 Nebel-      te gleichzeitig einen Appell an priva-
duschen, 1.000 Trinkbrunnen und           te Vermieterinnen und Vermieter, die-
94 Spielplätzen mit Wasserspielmög-
lichkeit unsere Stadt auch in der Hit-
ze des Sommers lebenswert. Das al-
les entspricht auch unserer Smart Ci-
ty-Strategie. Wir haben hier ein klares
und ganz konkretes Konzept, bei dem
die Anliegen und Ideen der Stadt-
bewohnerinnen und Stadtbewoh-
ner, aber auch die Impulse aus Wirt-
schaft, Technologie und Forschung
unter ein gemeinsames Ziel gestellt
werden. Was das ganz konkret bedeu-
tet und welchen Nutzen Wien daraus
zieht, machen Projekte wie E_OS in
der Wiener Hauptkläranlage deutlich.
Damit konnten wir einen ganz wich-
tigen Meilenstein setzen. Durch den
intelligenten Einsatz von modernen
Technologien wird hier mehr Energie
produziert als tatsächlich verbraucht.
Die Abwasserreinigung, die in ande-                                                   Michael Ludwig beim Fair-Wohnen-Interview.
ren Städten einen der größten kom-        sem kommunalen Beispiel zu folgen.

                                                                                   »In  den kommen-
munalen Energieverbraucher darstellt,     Um derlei Maßnahmen werden wir in
erfolgt bei uns energieautark. Wir ge-    anderen Städten immer wieder benei-
winnen auch noch sauberen Strom
und saubere Wärme und senken da-
                                          det: So bezeichnete die Leiterin des
                                          EU-Büros der internationalen Mieter-         den sechs Jah-
mit auch den CO2-Ausstoß deutlich.
Wiens Kläranlage wird mit E_OS zum
                                          vereinigung in Brüssel, Barbara Steen-
                                          bergen, Wien als absolutes Vorbild für
                                                                                    ren entstehen sie-
Öko-Kraftwerk. Davon profitiert die       soziales und leistbares Wohnen.              ben Gemeinde-
Wiener Klimabilanz erheblich: Der
Ausstoß von CO2-Äquivalenten sinkt        Daran anschließend – was sind die          bauten NEU mit
um rund 40.000 Tonnen pro Jahr.           Lehren für die Zukunft? Wie lässt sich
                                          leistbares Wohnen in Wien festigen?      rund 1.000 neuen
Die Pandemie hat deutlich gemacht,
dass Wohnen kein verzichtbarer Lu-
                                          Wien wächst und steht daher vor der
                                          Notwendigkeit, leistbaren und be-
                                                                                        Wohnungen.«
xus, sondern ein Grundbedürfnis ist.      darfsgerechten Wohnraum mit hoher
Ohne ausreichend dimensionierte           Lebensqualität für alle Wienerinnen
und leistbare Wohnung ist ein län-        und Wiener zu schaffen. Hier gibt es
geres Zuhausebleiben nicht möglich,       maßgeschneiderte Angebote: etwa ein
an Homeoffice ist erst gar nicht zu       neues Wohnbauprogramm für Allein-
denken. Wie hat die Stadt hier kurz-      erziehende oder zahlreiche SMART-
fristig auf die Krise reagiert?           Wohnungen für Kleinfamilien, Paa-
Während des Corona-Lockdowns hat-         re und Singles. Darüber hinaus setzt
ten viele Menschen, die von der Co-       Wien seine 100-jährige, höchst erfolg-
vid-19-Krise besonders hart betrof-       reiche Tradition auf zeitgemäßem Le-
fen waren, Sorge, sich ihre Wohnung       vel fort: In den kommenden sechs Jah-
nicht mehr leisten zu können. Dabei       ren entstehen sieben Gemeindebauten
war es wegen der Ausgangsbeschrän-        NEU mit rund 1.000 neuen Wohnun-
kungen sowie wegen der Möglichkei-        gen. Zusätzlich sind rund 24.000 ge-
ten und Notwendigkeiten bezüglich         förderte Wohnungen in Bau oder

                                                                                                  FAIR WOHNEN 3/20           7
FAIR WOHNEN - Mietervereinigung
FAIR WOHNEN IM GESPRÄCH

                                                    Planung. Desgleichen werden zwi- Europas hinweisen: auf die Seestadt
                                                    schen 2020 und 2025 zusätzlich 135 Aspern. Für diesen aufstrebenden
                                                    Millionen Euro in das SMART-Wohn- neuen Stadtteil durfte ich erst unlängst
                                                    bauprogramm investiert. Kein Wunder, – gemeinsam mit hochrangigen Reli-
                                                    dass die Süddeutsche Zeitung eine Sto- gionsvertretern – den Siegerentwurf
                                                    ry über Wien mit der Schlagzeile titel- für den »Campus der Religionen« prä-
                                                    te: »So geht Wohnen!«                   sentieren. Dieser Ort des Austauschs
                                                                                            und Studiums wird unsere Smart City
                                                    Ob Wohnen leistbar ist, wird auch Aspern auch zu einem Wissens-Hot-
                                                    durch Rundum-Faktoren wie günsti- spot machen und als Vorbild des geis-
                                                    ge Verkehrsmittel, Nähe zum Arbeits- tigen Miteinanders für ganz Europa
                                                                                            dienen.

                                                                                              Wien wird seit 10 Jahren regelmä-
                                                                                              ßig als lebenswerteste Stadt der Welt
                                                                                              gekürt. Wie lässt sich das in Zukunft
                                                                                              sichern?
                                                                                              Tatsächlich landete Wien bereits zehn
                                                                                              Mal als lebenswerteste Stadt der Welt
                                                                                              auf Platz 1 im Ranking der Beratungs-
                                                                                              agentur Mercer. Und auch die engli-
                                                                                              sche Zeitung The Economist rankte
                                                                                              uns zwei Mal »on top«. Das hat vielfäl-
                                                                                              tige Gründe – einer davon ist die hohe
                                                                                              Qualität der Daseinsvorsorge. Und:
                                                                                              Anders als viele andere Städte wird
                                                                                              Wien diese auch nie verkaufen! Auch
                                                                                              darin ist unsere Stadt ein gutes Vor-
                                                                                              bild. Nachdem sich in anderen Met-
                                                                                              ropolen die neoliberale Privatisierung
                                                                                              des Energiesektors, des Trinkwassers
        Niedermühlbichler und Ludwig im Gespräch.                                             oder des Wohnens als klare Sackgasse
                                                    platz, Versorgung mit Kindergärten,       erwiesen hat, gibt es in Europa bereits
                                                    Schulen, Geschäften und derglei-          sage und schreibe 700 Rekommunali-
»Kein   Wunder,                                     chen bestimmt. Was sind in diesen         sierungen der Daseinsvorsorge! Denn
dass die Süddeut-                                   Bereichen die wichtigsten Projekte
                                                    der Stadt?
                                                                                              gerade die kommunalen Leistungen
                                                                                              bilden – vor allem auch in Zeiten der
sche Zeitung eine                                   Erst unlängst hatte ich die große Freu-
                                                    de, gemeinsam mit dem Eigentümer
                                                                                              Krise – das Rückgrat für den sozialen
                                                                                              Zusammenhalt in unseren Städten
Story über Wien                                     ÖBB, auf dem Nordwestbahnhof-
                                                    Areal die Pläne für einen neuen Stadt-
                                                                                              und Gemeinden.

mit der Schlagzei-                                  teil zu präsentieren. Für dieses am-      Wien ist von der Bundesregierung

le titelte: ›So geht                                bitionierte Stadtentwicklungsprojekt
                                                    plant die Wiener Stadtregierung neue
                                                                                              des Öfteren attackiert worden, an
                                                                                              die Kontroverse um die Bundesgär-
Wohnen!‹«                                           Öffi-Verbindungen, Grün- und Erho-
                                                    lungsflächen, eine Fußgänger- und
                                                                                              ten können sich viele Wiener noch
                                                                                              gut erinnern. Du hast Dich vehe-
                                                    Radverbindung zur Donau, Bildungs-        ment für die Öffnung eingesetzt. War
                                                    einrichtungen, Büros, Handels- und        das schon ein Vorgeschmack auf die
                                                    Dienstleistungsbetriebe, vier Hoch-       Wahl am 11. Oktober? Wird diese da-
                                                    häuser sowie insgesamt 6.500 Woh-         rauf hinauslaufen: alle gegen Michael
                                                    nungen. Dieses Projekt verknüpft die      Ludwig?
                                                    wichtigsten Herausforderungen unse-       Tatsächlich wurden die Bundesgärten
                                                    rer Zeit: leistbares Wohnen, sozialen     während des »Lockdowns« – als vie-
                                                    Zusammenhalt und eine »smarte« und        len Menschen, die über keinen eige-
                                                    klimaschonende Mobilität. In diesem       nen Garten und keine eigene Terras-
                                                    Zusammenhang möchte ich neben             se verfügen, schon die Decke auf den
                                                    den vielen anderen neuen Stadtteilen –    Kopf zu fallen drohte – zugesperrt und
                                                    ich erwähne nur Nordbahnhof, Berres-      erst auf meine Forderung hin – spät,
                                                    gasse, Aspanggründe und Sonnwend-         aber doch – von der Bundesregierung
                                                    viertel – natürlich auch auf eines der    wieder aufgesperrt. Wie hat der gro-
                                                    größten Stadtentwicklungsprojekte         ße Bruno Kreisky einmal gesagt? Als

8   FAIR WOHNEN 3/20
FAIR WOHNEN - Mietervereinigung
Politiker muss man die Menschen            das soll so bleiben! Auch Wiens hoher
gern haben! Diese Einstellung geht mir     Bildungsstandard – mit 200.000 Stu-
heute bei einigen politischen Konkur-      dierenden ist unsere Stadt der größte
renten, ehrlich gesagt, oft ab! Und: Ja,   deutschsprachige Unistandort – muss
die Angriffe der politischen Mitbewer-     uns ein Herzensanliegen bleiben: Des-
ber gegen die Wiener Stadtregierung        halb habe ich auch ein eigenes Wie-
haben wir schon erlebt. Grantig werde      ner Hochschulabkommen zwischen
ich aber dann, wenn sich die Angriffe      der Stadt Wien und 23 Hochschulen
auf die Wienerinnen und Wiener rich-       ins Leben gerufen. Auch das leistba-
ten. Da setze ich mich dann auch mit       re Wohnen, für das Wien weltberühmt
aller Vehemenz zur Wehr. Wir erinnern      ist, darf nicht in Frage gestellt wer-
uns etwa noch in der uns alle sehr for-    den: 60 Prozent der Wienerinnen und
dernden Phase der Pandemie als der         Wiener wohnen in einer geförderten
Innenminister den sehr brachialen          Wohnung oder in Gemeindewohnun-
Appell an die Öffentlichkeit richtete,     gen und brauchen sich – anders als
man müsse in der Bundeshauptstadt          in vielen anderen Großstädten – kei-
»Wellenbrecher« errichten! Zu all die-     ne Sorgen hinsichtlich explodieren-
sen An- und Untergriffen möchte ich        der Mietpreise machen. Zudem wird
nur eines sagen: Anders als die Oppo-      die Stadt Wien in Zukunft bei der Ver-
sition bin ich als Wiener Bürgermeister    gabe von Aufträgen noch stärker dar-
stolz auf unsere Stadt, die als lebens-    auf achten, dass regionale und ökolo-
werteste, intelligenteste und umwelt-      gische Kriterien eine entscheidende          »Mein   politisches
freundlichste Stadt der Welt Beach-        Rolle spielen. Zu Fragen der Jugend-
tung findet und Vorbildcharakter hat.      arbeitslosigkeit kann ich als Bürger-           Ziel ist es, dass
Ein Verdienst, das wir in unserer Stadt
gemeinsam erreicht und auch weiter-
                                           meister garantieren, dass mir dieses
                                           Thema ein persönliches Anliegen ist:         unsere Stadt auch
bewahren werden.                           Wie schon erwähnt, nehmen wir zu-
                                           sätzlich 17 Millionen Euro in die Hand,
                                                                                           in Zukunft die
Wie sieht Dein Ziel für die Wahl aus?
Mein politisches Ziel ist es, dass unse-
                                           um den Lehrlingen eine qualitäts-
                                           volle Ausbildung und damit eine Zu-
                                                                                         klare Nummer 1
re Stadt auch in Zukunft die klare         kunftsperspektive bieten zu können.                      bleibt!«
Nummer 1 bleibt! Die Voraussetzun-         Zur Entlastung der Familien stehen
gen dafür sind ja sehr gut: Wien ist der   neben Gratis-Kindergärten auch Gra-
Wirtschaftsmotor Nummer 1 und hat          tis-Ganztagsschulen auf unserem Pro-
die höchste Wirtschaftsleistung in Ös-     gramm. Darüber hinaus will Wien die
terreich. Und das soll so bleiben! Wien    kinder- und jugendfreundlichste Stadt
ist der wichtigste Forschungsstandort      der Welt werden. Und in Sachen Ge-
in unserem Land: Erst kürzlich hat         sundheitsversorgung ist mein obers-
ein großes Pharmaunternehmen in            tes Ziel ein starkes öffentliches Ge-
den Ausbau seines Standortes in Wien       sundheitssystem, das allen Menschen
700 Millionen Euro investiert und da-      zur Verfügung steht - deshalb hat Wien
mit 500 Arbeitsplätze geschaffen. Und      allen Privatisierungsforderungen nie-
das soll so bleiben! Wien verfügt über     mals nachgegeben. Krisen wie die Co-
eine hohe Attraktivität für internatio-    vid-19-Pandemie zeigen auf, wie wich-
nale Betriebsansiedlungen: 2019 war        tig das ist. Schließlich gibt es auch hin-
diesbezüglich ein Rekordjahr. Darü-        sichtlich unserer Ambitionen für eine                Ludwig: »Ich bin stolz auf Wien.«
ber hinaus ist Wien ein Hort der De-       nachhaltige und ressourcenschonen-
mokratie, der Rechtsstaatlichkeit, der     den Mobilität keine vernünftige Alter-
freien Meinungsäußerung und der            native – unseren Weg als »Smart City«
freien Wissenschaft – ein Beispiel da-     und in Richtung »Digitalisierungs-
für ist die Eröffnung der Central Euro-    Hauptstadt« wollen wir uns nicht
pean University in Wien. Und dass das      schlecht machen lassen. Dass all die-
auch so bleibt, dafür setze ich mich als   se Ziele nur unter einer Voraussetzung
Wiener Bürgermeister mit all meiner        funktionieren können – nämlich unter
Kraft ein! Zudem ist Wien soziale Welt-    den Bedingungen einer intakten So-
hauptstadt: Grund dafür ist das hohe       zialpartnerschaft – liegt auf der Hand.
Niveau der Daseinsvorsorge, der Kin-       Und dafür setze ich mich, wie immer
derbetreuung, der Gesundheitsver-          wieder von mir betont und bekräftigt,
sorgung und der Altenpflege. In unse-      als Bürgermeister dieser lebenswerten
rer Stadt des sozialen Zusammenhalts       Stadt auch weiterhin mit aller Leiden-
kann man in Würde altern – und auch        schaft ein!
FAIR WOHNEN - Mietervereinigung
FAIR WOHNEN STEIERMARK
               FALL

Fahrrad, Moped und Co.:
Abstellen verboten?
Wenn es draußen kälter wird, endet meist auch die Fahrradsaison. Auch die
Ausfahrt mit dem Moped wird schön langsam ungemütlich. Doch wohin mit
Fahrrad, Moped und anderen zweirädrigen Fahrzeugen, wenn man diese
gerade nicht braucht?

I
   m gegenständlichen Fall
  wandte sich Herr Robert A.,
   ein junger Student aus Graz,
an die Mietervereinigung Steier-
mark. Er ist erst kürzlich in eine
kleine Wohnung am Stadtrand
gezogen, für den Weg zur Uni-
versität nutzt er bei schönem
Wetter gerne das Fahrrad.

Nachdem ihm die Nachbarn
mitgeteilt haben, dass auf der
Liegenschaft schon öfters Fahr-
räder entwendet wurden, sorgt          Christian Lechner
er sich vor der kommenden käl-       ist Landesvorsitzender
teren Jahreszeit um sein Trans-      der Mietervereinigung
portmittel. Das Fahrrad immer              Steiermark.
mit in die, mitunter sehr klei-
ne Wohnung, im dritten Stock
zu tragen ist keine Option. Am
liebsten würde er das abgesperr-
te Fahrrad im Eingangsbereich
des Wohnhauses im Stiegen-                 Rat & Hilfe
haus stehen lassen. Hier meint       Angebot und Außen-                                        Wohin mit dem Fahrrad , wenn es in der Mietwohnung eng wird?
er einen sicheren Platz zur Ver-     stellen der Mieterver-
wahrung vorzufinden.                 einigung Steiermark:             auch haften und die auch sinn-         nutzbaren Garten sollte genau
                                                                      voll ist, da im Brandfall jedes        geprüft werden.
In vielen Wohnhäusern gibt es                                         Hindernis zur tödlichen Falle
weder einen Abstellraum, einen                                        werden kann.                           Eine mietvertraglich zugesi-
eigenen Fahrradraum noch                                                                                     cherte Mitbenutzung eines
einen geeigneten Hof zum Ab-                                          Vereinzelt gibt es zwar Gerichts-      für alle Mietparteien zugängli-
stellen von Fahrrädern, Mopeds                                        entscheidungen die in eine an-         chen Hausgartens ist zwar üb-
                                                                                                                                                              Fotos: MVÖ, KatarzynaBialasiewicz/istockphoto.com

                                        mietervereinigung.at/738/
                                     Leistungsumfang-Zustaendigkeit
und ähnlichem. Radfahrer nut-                                         dere Richtung weisen, ange-            lich, man darf dort aber nur tun,
zen in solchen Fällen oftmals                                         sichts der Ausgangslage ist es         was in einem Garten üblich ist.
das Stiegenhaus. Dies ist aber                                        jedoch sinnvoll, bei Bedarf im-        Dinge, wie zum Beispiel Fahr-
problematisch, denn das Stie-                                         mer zuerst zu prüfen, ob sich im       räder und Mopeds dauernd la-
genhaus gilt als Fluchtweg und                                        Haus nicht andere Möglichkei-          gern oder abzustellen, fallen
muss für Hausbewohner und                                             ten für das Abstellen von Fahr-        nicht darunter.
Einsatzkräfte jederzeit ungehin-                                      rädern finden lassen. Aber auch
dert begehbar sein. Eine feuer-                                       die Möglichkeit des Abstel-
polizeiliche Regelung, für deren                                      lens eines Mopeds bzw. Fahr-
Einhaltung die Hauseigentümer                                         rads im Hof oder im allgemein

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Es gibt viele gute Gründe,
jetzt Mitglied zu werden.

                           Rechtsberatung in Miet- und Wohnrechtsfragen
                           Rückforderung von überhöhten Miet- und
                           Betriebskosten, illegalen Ablösen und Kautionen
                           Beistellung von JuristInnen bei
                           Mietrechtsstreitigkeiten
                           Beratung und Hilfe bei Mietzinserhöhungen
                           Überprüfung von Maklerprovisionen
                           Mietvertragsberatung
www.mietervereinigung.at   Hilfreiche Online-Services
12 FAIR WOHNEN 3/20
FAIR WOHNEN        THEMA

                                      MVÖ fordert
                                      Sicher-Wohnen-
                                      Fonds gegen
                                      Wohnungskrise
                                      Die MVÖ fordert die Bundesregierung auf, eine drohende Wohnungskrise ab-
                                      zuwenden und leistbares Wohnen sicherzustellen. Für Mieter, die in Zahlungs-
                                      schwierigkeiten geraten, soll ein bundesweiter Solidarfonds rasche Hilfe
                                      garantieren. Darüber hinaus braucht es ein Aus für befristete Mietverträge und
                                      ein neues Mietrecht gegen explodierende Wohnkosten.

                                      I
                                         n Österreich waren im Au-                                       Pandemie hat deutlich gemacht,    »Bundesregierung und -kanz-
                                         gust mehr als 420.000 Men-                                      dass Wohnen kein verzichtba-      ler haben stets betont, dass die
                                         schen arbeitslos, dazu kamen                                    rer Luxus, sondern ein Grund-     eigene Wohnung der sicherste
                                      weitere 450.000 in Kurzarbeit.                                     bedürfnis ist. Die Bundesregie-   Ort ist, um sich vor dem Corona-
                                      Ohne Verlängerung der Kurz-           MVÖ-Präsident                rung muss jetzt handeln, sonst    Virus zu schützen. Dazu bedarf
                                      arbeit bis März 2021 wären die        Niedermühlbichler:           droht nach der Wirtschafts-       es einer Wohnung, die man sich
                                      Arbeitslosenzahlen wohl schon         »Wer daheim bleiben          auch eine Wohnungskrise«, for-    auch leisten kann«, sagt Nieder-
                                                                            muss, um seine
                                      im Herbst explodiert. Ähnliches                                    dert MVÖ-Präsident Georg          mühlbichler. »Es ist höchste Zeit,
                                                                            Gesundheit zu schützen,
                                      gilt für Unternehmen: Gläubi-         braucht eine Wohnung,        Niedermühlbichler.                auf die Frage, wie Wohnen kurz-
                                      gerschützer erwarten eine Plei-       die er sich leisten kann.«                                     und langfristig leistbar bleiben
                                      tewelle, die aufgrund gestunde-                                                                      soll, endlich Antworten vorzu-
                                      ter Sozialversicherungsbeiträge                                                                      legen.« Die MVÖ habe dies als
                                      nicht schon diesen Herbst, son-                                                                      größte Mieterschutzorganisa-
                                      dern im kommenden Frühjahr                                                                           tion Österreichs bereits lang vor
                                      anrollen wird.                                                                                       der Krise getan und einen Plan
                                                                                                                                           dazu vorgelegt (Fair Wohnen be-
                                      Wohnungskrise abwenden                                                                               richtete). Zentrale Punkte darin:
Fotos: Berezko/istockphoto.com, MVÖ

                                      Eines ist klar: Die Folgen der Kri-                                                                  Ein neues Mietrecht mit klaren
                                      se werden erst langsam in vol-                                                                       Preisgrenzen und die Abschaf-
                                      lem Umfang sichtbar und sie                                                                          fung der Befristungen.
                                      werden uns noch lange beglei-
                                      ten. Die Frage ist nicht ob, son-                                                                    Sofortmaßnahmen nötig
                                      dern wann die Krise im Woh-                                                                          Jetzt brauche es darüber hin-
                                      nungsmarkt ankommt und Mie-                                                                          aus Sofortmaßnahmen. »Für
                                      ter auf der Straße landen. »Die                                                                      Mieter, die durch die Krise in

                                                                                                                                                      FAIR WOHNEN 3/20 13
FAIR WOHNEN       THEMA

                                        MVÖ-Präsident Niedermühlbichler und Wiener MVÖ-Vorsitzende Hanel-Torsch beim Pressegespräch im Wiener Café »Prückel«.

Zahlungsschwierigkeiten gera-       oder Juni schuldig blieb, muss                                                  Mieter vor dem Verlust ihrer
ten sind, muss ein bundesweiter     diese bis Jahresende nachzah-                                                   Wohnung bewahren.
Sicher-Wohnen-Fonds geschaf-        len, sonst droht eine Klage des
fen werden, der rasch und un-       Vermieters. Weil die Zahlungen                                                  Aus für Befristungen
bürokratisch hilft und einen Ver-   mit vier Prozent Verzugszinsen                                                  Ebenfalls bereits mit Ende Juni
lust der Wohnung verhindert«,       versehen sind, wird der Schul-                                                  ausgelaufen ist jene Notrege-
fordert Niedermühlbichler.          denberg immer größer und das                                                    lung, wonach befristete Verträge,
                                    Problem verschiebt sich in den                                                  die im April, Mai oder Juni aus-
Sofort umsetzbar wäre auch          Winter.                                                                         gelaufen wären, bis höchstens
die Streichung der Maklerge-                                                                                        Jahresende v erlängert werden
bühren für Mieter. »Dieses Be-      Sicher-Wohnen-Fonds                                                             konnten. Vom Ende einer Befris-
stellerprinzip wurde den Wäh-       »Mieter, die in Zahlungsschwie-                         Video                   tung während der Corona-Krise
lern schon vor der Nationalrats-    rigkeiten sind, brauchen ra-                        des gesamten                waren geschätzte 20.000 Haus-
wahl versprochen und danach         sche Hilfe: Deshalb fordern wir                    Pressegesprächs:             halte betroffen – das zeigt die
im Regierungsprogramm fest-         die Einrichtung eines bundes-                                                   Dimension des Problems. Al-
geschrieben – es spricht doch       weiten Sicher-Wohnen-Fonds,                                                     lein Ende April liefen bei mehr
nichts dagegen, es nun umzu-        bei dem ein Antrag auf Über-                                                    als 6.000 Mietern die Mietver-
setzen und damit Wohnungssu-        nahme des Mietzinses gestellt                                                   träge aus.
chende sofort zu entlasten.«        werden kann«, erklärt Elke Ha-
                                    nel-Torsch, Wiener Landesvor-                                                   Befristete Mietverträge führen
                                                                                     https://youtu.be/SAy_N-ai4GE
Gestundet ist nicht geschenkt       sitzende der MVÖ. Dieser Soli-                                                  zu prekären Wohnverhältnissen
Die Zeit drängt, denn die bisher    darfonds soll in der Folge den                                                  und übermäßigen Wohnkos-
von der Bundesregierung ergrif-     gesetzlich zulässigen Zins an                                                   ten. Der Mieter kann nur noch
fenen Maßnahmen zur Unter-          den Vermieter zahlen. Sobald                                                    das geringere Übel wählen:
stützung von in Not geratenen       ein Antrag an den Fonds ge-                                                     entweder eine Wiedervermie-
Mietern sind längst ausgelau-       stellt wurde, soll der Vermieter                                                tung akzeptieren und eine hö-
                                                                                                                                                                Foto: MVÖ

fen und haben bei weitem nicht      den Mieter nicht mehr wegen                                                     here Miete als bisher bezahlen
ausgereicht. Wer seine Miete        Zahlungsrückständen kündigen                                                    oder wieder auf Wohnungssu-
corona-bedingt für April, Mai       dürfen. So könnte der Fonds                                                     che gehen und erneut Kosten für

14 FAIR WOHNEN 3/20
Maklerprovision, Kaution und                                   623.000 Menschen – von ihren        Rechtsgrundlage geschaffen.
Umzug auf sich zu nehmen. Auf                                  Wohnkosten überlastet und           Behördliche Schließungen von
dem privaten Markt ist es heut-                                mussten mehr als 40 Prozent         Betrieben fielen demnach nicht
zutage bereits unwahrschein-                                   ihres Einkommens fürs Woh-          mehr unter das Epidemiegesetz
lich, überhaupt einen unbefris-                                nen (Miete, Betriebskosten,         (und den dort vorgesehenen Er-
teten Mietvertrag abschließen                                  Heizung, Energie) ablegen. Je-      satz für Gewinnentgang).
zu können.                                                     der 10. Mieter einer privaten
                                                               Wohnung musste bereits vor          »Aus unserer Sicht können sich
»Die Anzahl von befristeten                                    der Krise mehr als 50 Prozent (!)   Geschäftsraummieter auf eine
Mietverträgen auf dem priva-                                   des Einkommens fürs Wohnen          Minderung bzw. vollständigen
ten Wohnungsmarkt nähert sich                                  ausgeben.                           Entfall der Miete gemäß § 1104

                                        70 %
mittlerweile 70 Prozent, wobei                                                                     ABGB wegen eines außeror-
befristet vermietete Wohnun-                                   »Hohe Wohnkosten gehen              dentlichen Zufalls berufen. Hier
gen – trotz des gesetzlich ver-                                zu Lasten der Kaufkraft. Da-        ist aber immer im Einzelfall zu
pflichteten 25-Prozent-Abschla-         aller neuen privaten   bei wäre gerade jetzt eine Er-      prüfen, inwieweit eine Reduk-
ges – durchschnittlich teurer               Mietverträge       höhung der Kaufkraft wichtig,       tion zulässig war. Dies vor al-
vermietet werden als unbefris-              sind nur noch      um die Konjunktur anzukur-          lem im Hinblick auf einen Rest-
tete«, sagt Hanel-Torsch. »Wir           befristet zu haben.   beln«, sagt Hanel-Torsch. Eine      nutzen, beispielsweise weil das
fordern daher eine gesetzliche                                 taugliche Möglichkeit, die Mie-     Geschäft zwar geschlossen war,
Eindämmung der überborden-                                     ten auf ein verträgliches Maß zu    von dort aus aber ein Online-
den Befristungen, am besten                                    senken und klare Preisgrenzen       Handel betrieben wurde«, er-
ein komplettes Aus. Zumindest                                  einzuziehen, wäre das seit lan-     klärt Hanel-Torsch.
soll aber künftig eine Mindest-                                gem im Detail ausgearbeitete
vertragsdauer von 5 Jahren und                                 Universalmietrecht.                 Das Problem sei auch hier mit
ein Befristungsabschlag von 50                                                                     dem Ende des Lockdowns nicht

                                          75 %
Prozent gelten.«                                               Rechtssicherheit                    zu Ende – im Gegenteil. »Auch

Neues Mietrecht gegen
explodierende Wohnkosten
                                      +
                                   beträgt die Steigerung
                                                               für Geschäftsraummieter
                                                               17.000 Anrufe verzeichne-
                                                               te die eigens eingerichtete Be-
                                                                                                   dort, wo wieder geöffnet wur-
                                                                                                   de, kamen weniger Gäste und
                                                                                                   Kunden. Zudem sind Gewerbe-
Während der kommunale und der privaten Hauptmiet-              ratungs-Hotline der MVÖ von         mieter oft auch Wohnungsmie-
geförderte Wohnbau zu einer zinse in Wien seit 2008.           Mitte März bis Mitte Juni. Ein      ter und daher mit der doppelten
Dämpfung der Wohnkosten                                        großer Teil davon waren Mie-        Mietzahlung belastet.«
beitragen, zeigt sich der priva-                               ter von Geschäftslokalen, die
te Wohnungsmarkt als Preistrei-                                vom Lockdown betroffen wa-          Weg mit der
ber. Dieser private Markt unter-                               ren. Allein das Musterschreiben     benachteiligenden Rügepflicht
liegt nur zu einem immer kleiner                               zur Mietzinsminderung für Ge-       Zur Rechtssicherheit für Ge-
werdenden Teil den Preisgren-                                  schäftslokale wurde über 5.000      schäftsraummieter gehört aus
zen des Mietrechtsgesetzes                                     mal von der MVÖ-Webseite            Sicht der MVÖ auch das Aus für
(MRG) – nämlich im sogenann-                                   heruntergeladen.                    die in § 16 Abs 1 Z 1 MRG nor-

                                        50 %
ten »Altbau« (vor 1945 errichtet).                                                                 mierte Rügepflicht.
Die MVÖ fordert schon seit lan-                                »Die Situation stellte sich be-
gem, die Ausnahme des MRG                                      sonders für Geschäftsraum-          Die Miete ist nur dann überprüf-
auf echte Neubauten zu be-            Jeder 10. Wiener         mieter besonders schwierig dar.     bar, wenn zwischen Abschluss
schränken, die vor weniger als       Privatmieter zahlt        Zur behördlichen Schließung         des Vertrages und Übergabe
30 Jahren (vor Mietvertragsab-      mehr als die Hälfte        kam Rechtsunsicherheit hin-         des Objekts eine Überschrei-
schluss) errichtet wurden. Da-      seines Einkommens          zu – die bis heute nicht beho-      tung des gesetzlich zulässigen
mit bliebe der Investitionsanreiz       fürs Wohnen.           ben wurde«, stellt Hanel-Torsch     Mietzinses gerügt wurde. Ohne
zwar erhalten, aber der Anwen-                                 fest. Eigentliche Rechtsgrund-      diese Rüge kann später auch
dungsbereich des Gesetzes wür-                                 lage der von der Bundesregie-       ein über der Angemessenheits-
de sich nicht allmählich immer                                 rung noch vor dem 15. März          grenze liegender Hauptmietzins
mehr reduzieren.                                               verhängten Maßnahmen war            nicht mehr bekämpft werden (!).
                                                               das Epidemiegesetz aus 1913         Dies gilt auch für befristete Ge-
Seit 2008 sind die Hauptmiet-                                  (1950 wiederverlautbart), wo-       schäftsraummieten. Das bedeu-
zinse in privaten Wohnungen in                                 durch bestimmte übertragba-         tet, ein Geschäftsraummieter
Wien um 75 Prozent (Österreich                                 re Krankheiten bekämpft wer-        muss noch bei der Übergabe des
+55%) gestiegen, wie jüngst eine                               den sollen. Am 15. März wurde       Mietobjekts rügen, dass der ver-
Analyse der Arbeiterkammer ge-                                 jedoch vom Nationalrat das Co-      langte Mietzins nicht angemes-
zeigt hat. Bereits 2017 waren ös-                              vid-19-Maßnahmengesetz be-          sen sei. Eine absurde Regelung,
terreichweit über 7 Prozent der                                schlossen, und dadurch für be-      die aus dem MRG ersatzlos ge-
Bevölkerung – entsprechend                                     stimmte Maßnahmen eine neue         strichen werden müsste.

                                                                                                              FAIR WOHNEN 3/20 15
FAIR WOHNEN      POLITIK

Das sind unsere Kandidaten
Vier Kandidaten der Mietervereinigung treten am 11. Oktober bei der
Gemeinderatswahl in Wien an. Fair Wohnen stellt sie kurz vor.

                               Georg Niedermühlbichler
                               »Wohnen ist ein Grundrecht und muss für alle leistbar und qualitativ hochwertig sein.
                               Dazu braucht es neben starkem Mieterschutz auch Investitionen in geförderten und
                               kommunalen Wohnbau. Dafür setze ich mich ein.«
                               Georg Niedermühlbichler hat als Bezirksvorsteher-Stellvertreter im 1. Wiener Ge-
                               meindebezirk und später als Landtagsabgeordneter und Gemeinderat der Bundes-
                               hauptstadt die Wichtigkeit des Themas Wohnen erkannt. Seit 2008 ist er Präsident der
                               Mietervereinigung Österreichs.
                               SPÖ-Landesliste: Platz 41; SPÖ-Wahlkreis Zentrum: Platz 2

    Elke Hanel-Torsch
    »Wohnen muss für alle leistbar und sicher sein. Trotz aller Errungenschaften wie so-
    zialem Wohnbau und einem starken Mietrecht nimmt auch bei uns die Spekulation
    mit Wohnraum immer stärker zu. Das dürfen wir nicht zulassen.«
    Die Juristin Elke Hanel-Torsch ist seit 2006 bei der Mietervereinigung tätig. Seit 2016
    ist sie die Vorsitzende der Landesorganisation Wien und seit 2013 Bezirksrätin im 5.
    Wiener Gemeindebezirk.
    SPÖ-Landesliste: Platz 52, SPÖ-Wahlkreis Zentrum: Platz 14

                               Simona Böhm
                               »Ein starker Mieterschutz darf nicht nur auf dem Papier gelten, sondern muss auch
                               tatkräftig umgesetzt werden. Deshalb setze ich mich Tag für Tag für die Rechte von
                               Mietern ein.«
                               Simona Böhm ist seit 2011 bei der Mietervereinigung in Wien beschäftigt. Die Juristin
                               berät in allen mietrechtlichen Fragen und vertritt unsere Mitglieder in Verfahren vor
                               der Schlichtungsstelle und vor Gericht. Auch politisch setzt sie sich aus Überzeugung
                               für leistbares Wohnen und ein faires Mietrecht ein.
                               SPÖ-Landesliste: Platz 180

    Mario Ferstl
    »Wohnen ist ein Menschenrecht und muss für alle leistbar sein! Spekulanten und pri-
    vate Vermieter, die sich nicht an die Regeln halten, dürfen sich nicht auf Kosten der
    Mieter bereichern. Eine Mietpreisobergrenze ist daher für alle Wohnungen dringend
    notwendig. Wohnen darf keine Armutsfalle werden!«
    Der Favoritner Mario Ferstl ist seit Jänner 2018 Vorsitzender der Mietervereinigung Fa-
    voriten und setzt sich seit vielen Jahren für die Anliegen der Mieter in seinem Heimat-
    bezirk ein. Seit Jänner 2020 ist er Bezirksrat in Favoriten.
    SPÖ-Landesliste: Platz 227, SPÖ-Wahlkreis Favoriten: Platz 30

16 FAIR WOHNEN 3/20
Fair Wohnen?
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                               Foto: Mietervereinigung Steiermark

                Garantiert gut beraten und gut vertreten.
FAIR WOHNEN      SERVICE

Betriebskosten                                                                                     den Mietern verursacht und
                                                                                                   sollten daher auch nicht von
                                                                                                   diesen zu tragen sein«, sagte

um 2,8 % gestiegen
                                                                                                   Elke Hanel-Torsch, Vorsitzende
                                                                                                   der MVÖ Wien.

                                                                                                   Die Wohnrechts-Expertin er-
                                                                                                   innerte an die langjährige For-
                                                                                                   derung der MVÖ nach Fairness
                                                                                                   bei der Verrechnung der Be-
Der Betriebskostenspiegel 2020 der                                                                 triebskosten: »Verwaltungsho-
Mietervereinigung Wien deckt die Preistreiber auf.                                                 norare, Versicherungsprämien
                                                                                                   sowie auch die Grundsteuer

B
                                                                                                   müssen aus dem gesetzlichen
     ereits zum zwölften Mal        kann einen repräsentativen                                     Betriebskostenkatalog gestri-
     präsentierte die Mieter-       Durchschnittswert ermitteln.                                   chen werden.«
     vereinigung (MVÖ) im Juli      Der komplette Datenbestand            Rechner
                                                                       Betriebskosten
dieses Jahres die verlässlichsten   aus dem Jahr 2018 liegt als Be-   online berechnen:            Preistreiber 2018
Zahlen zum Preisgefüge von Be-      triebskostenspiegel 2020 der                                   Als größter Preistreiber präsen-
triebskosten in privaten Wiener     MVÖ vor.                                                       tierten sich 2018 die Verwal-
Mietshäusern.                                                                                      tungshonorare – mit einem sat-
                                    Mehr als ein Drittel der Be-                                   ten Plus von 4,7 Prozent. Hin-
Aufgrund laufender Überprü-         triebskosten entfielen auch im                                 tergrund: Mit 1. Februar 2018
fungen für ihre Mitglieder ge-      Jahr 2018 auf Verwaltungshono-                                 wurde die zulässige Verwal-
winnt die MVÖ genaue Einbli-        rare und Versicherungsprämien.    mietervereinigung.at/5889/
                                                                        Betriebskostenrechner-
                                                                                                   tungskostenpauschale von 3,43
cke in die Abrechnungen und         »Diese Kosten werden nicht von            fuer-Mieter          Euro pro Quadratmeter auf 3,60

18 FAIR WOHNEN 3/20
angehoben, womit für das Jahr                                  Eine durchschnittliche 70 m²-    Abrechnung anfordern
            2018 ein Mischsatz von maximal                                 Wohnung war im Jahr 2018 mit     Die Betriebskostenabrechnun-
            3,59 Euro pro Quadratmeter ver-     BK-Broschüre               monatlich mit 151 Euro an Net-   gen für das Jahr 2019 waren bis
            rechnet werden konnte.               Alle Infos zu             tobetriebskosten (1.814 Euro     spätestens 30. Juni 2020 zu le-
                                                Betriebskosten:            jährlich) belastet. 2017 waren   gen. »Wenn Sie bisher keine Ab-
            Ebenfalls stärker als die allge-                               es noch 147 Euro (1.764 Euro     rechnung erhalten haben, dann
            meine Teuerung (+2,0 %) gestie-                                jährlich).                       fordern sie diese von der Haus-
            gen sind die Kosten für Hausrei-                                                                verwaltung oder vom Vermie-
            nigung (+3,1 %) sowie Versiche-                                Die wichtigsten Kosten           ter an. Als Mieter haben Sie das
            rungsprämien (+2,9 %).                                         2018 im Überblick:               gesetzliche Recht auf eine Be-
                                                                           • Versicherungsprämien           triebskostenabrechnung«, er-
                                               mietervereinigung.at/699/
            Unter der Inflationsrate lagen         Downloadcenter          5,64 Euro/Quadratmeter           klärte Hanel-Torsch. Sie emp-
            die Steigerungen für Wasser/                                   (+ 2,9 %; 2017: 5,48 €/m²)       fahl, die vorliegenden Betriebs-
            Abwasser und Müllentsorgung                                    • Reinigungskosten: 5,64 €/m²    kostenabrechnungen genau zu
            mit 1,6 % bzw. +0,7 % - wobei zu                               (+ 3,1 %; 2017: 5,47 €/m²)       kontrollieren - fast 90% aller von
            berücksichtigen ist, dass diese       BK-Spiegel               • Wasser/Abwasser: 4,50 €/m²     der MVÖ überprüften Abrech-
            auch verbrauchsabhängig sind.        Betriebskosten            (+ 1,6 %; 2017: 4,43 €/m²)       nungen seien in vielerlei Punk-
                                               im Jahresvergleich:         • Verwaltung: 3,59 €/m²          ten zu beanstanden.
            2,16 Euro pro Quadratmeter                                     (+ 4,7 %; 2017: 3,43 €/m²)
            Im Abrechnungsjahr 2018 be-                                    • Müllentsorgung: 2,87 €/m²      »Es kann sich deshalb lohnen,
            trugen die monatlichen Netto-                                  (+ 0,7 %; 2017: 2,85 €/m²)       die Abrechnung von unseren
            betriebskosten pro Quadratme-                                  • In Häusern mit Aufzügen sind   Experten prüfen zu lassen«, so
            ter Nutzfläche rund 2,16 Euro                                  2018 zusätzlich 2,90 €/m² an     Hanel-Torsch. »Wir helfen unse-
Foto: MVÖ

            (2017: 2,10 Euro). Die Betriebs-                               Liftkosten angefallen. Im Jahr   ren Mitgliedern in allen Miet-
                                               mietervereinigung.at/791/
            kosten sind damit um 2,8 %          Betriebskosten-Spiegel     davor waren es 2,82 €/m².        rechtsfragen und fordern zu viel
            gestiegen.                                                                                      Bezahltes zurück.«

                                                                                                                       FAIR WOHNEN 3/20 19
FAIR WOHNEN             RECHT

                        Wohnen mit
                        Hund und Katz
                        Welche Tiere dürfen Mieter in einer Wohnung
                        halten? Welche nicht? Ist ein Tierhalteverbot
                        rechtens? Was bedeutet die neue OGH-Ent-
                        scheidung zur Hundehaltung?
                        Elke Hanel-Torsch, Landesvorsitzende der
                        Wiener Mietervereinigung, erklärt, was Mieter
                        und Tierfreunde wissen müssen:

                        I
                           mmer wieder erreichen – erlaubt. Eine übermäßige Tier-
                           unsere Wohnrechts-Exper- haltung, die zu starken Belas-
                           tinnen Fragen zum großen tungen der Mietsache oder zu
                        Themenbereich Haustiere. Meist unzumutbaren Belästigungen
                        geht es darum, ob die Tierhal- der Mitbewohner führt, ist vom
                        tung in einer Mietwohnung er- vertragsgemäßen Gebrauch
                        laubt ist. Eines vorab: es ist ge- aber nicht gedeckt. In solchen
                        setzlich nicht erlaubt, aufgrund Fällen könnte der Vermieter
                        Haustierhaltung eine höhere vom Mieter die Unterlassung
                        Miete zu verlangen.                des mit der Tierhaltung verbun-
                                                           denen störenden Verhaltens be-
                        In der Regel gibt es für Mieter gehren, nicht jedoch die Unter-
                        vier unterschiedliche Ausgangs- lassung der Haltung von Haus-        Jedenfalls erlaubt sind Kleintie-
                        lagen. Erstens: Keine Regelung tieren generell.                      re, von denen keine Beeinträch-
Elke Hanel-Torsch       zu Haustieren in Mietvertrag                                         tigung ausgeht (wie Hamster,
ist Landesvorsitzende   und/oder Hausordnung . Zwei- Generelles Tierhalteverbot              Meerschweinchen, Zierfische,
der Mietervereinigung   tens: Ein generelles Tierhalte- Klauseln wie »Dem Mieter ist es      Wellensittiche und ähnliches).
Wien.                   verbot in Mietvertrag und/oder nicht gestattet, Haustiere zu hal-    Mieter können diese Haustiere
                        Hausordnung. Drittens: Indivi- ten« werden vom Obersten Ge-          ohne weitere Nachfrage halten.
                        duelle Verbotsklauseln für be- richtshof (OGH) als gröblich be-      Nur im begründeten Einzelfall,
                        stimmte Tierarten. Viertens: nachteiligend angesehen und             etwa bei Vorliegen einer Aller-
                        Haustierhaltung nur nach Er- sind somit unwirksam.                   gie, könnten Haustiere generell
                        laubnis (Erlaubnisklausel).                                          verboten werden.
                                                           Auch wenn eine solche generel-
                        Keine Regelung                     le Verbotsklausel im Mietver-     Individuelle Verbote
                                                                                                                                 Fotos: MVÖ, Thomas Peschat

                        Wenn der Mietvertrag keine trag unterschrieben wurde, ist            Wenn im Mietvertrag nicht ge-
                        Regelung der Tierhaltung ent- es so, als wäre die Vereinbarung       nerell die Haltung von »Haus-
                        hält, ist das Halten von üblichen nicht vorhanden. Mieter dürfen     tieren« verboten wird, son-
                        Haustieren – also insbeson- in diesem Fall in ihrer Wohnung          dern von bestimmten Tierar-
                        dere von Hunden und Katzen Haustiere halten.                         ten wie Hunden (Angaben wie

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FAIR WOHNEN 3/20 21
FAIR WOHNEN     RECHT

                        Foto: MVÖ

22 FAIR WOHNEN 3/20
»Kampfhund« oder einer be-            unter Beachtung der betroffe-         darf der Vermieter einseitige
stimmten Rasse sind möglich)          nen Interessen zu entscheiden.        Änderungen vornehmen – diese
oder auch Katzen, dann ist die-                                             dürfen jedoch nur ordnenden
ses Verbot wirksam, da es nicht       Vorsicht: Wurde seitens des           Charakter haben, also etwa Ru-
gegen den oben genannten ge-          Mieters keine Erlaubnis einge-        hezeiten festlegen. Tierhaltung
nerellen Ausschluss von Haus-         holt, kann der Vermieter ohne         darf auch hier nicht grundsätz-
tieren verstößt.                      Begründung auf Entfernung             lich verboten werden.
                                      der vertragswidrig gehaltenen         Verweist der Mietvertrag aus-
Bei Verstoß gegen ein solches         Haustiere bzw. auf Unterlassung       drücklich auch auf die Haus-
individuelles Tierhalteverbot         der Tierhaltung dringen.              ordnung und ist in dieser ein
kann der Vermieter auf Unter-                                               Haustierverbot etwa für Hunde
lassung klagen und ein Hal-           OGH: Hund kein                        festgelegt, muss sich der Mie-
tungsverbot erwirken. Handelt         Kündigungsgrund                       ter daran halten. Für Kleintiere
ein Mieter gegen ein bereits vor-     Das Halten von Tieren in einer        wäre ein Verbot durch die Haus-
liegendes Unterlassungsurteil –       Wohnung ist kein Kündigungs-          ordnung nicht wirksam.
indem er das Tier weiterhin in        grund, wie der OGH heuer fest-
der Wohnung hält –, kann eine         stellte (2 Ob 134/19y). »Wenn         Wurde keine Hausordnung ver-
Beugestrafe verhängt werden.          durch die Tierhaltung Mitbe-          einbart, gelten die ortsüblichen
Ein Kündigungsgrund ist da-           wohner belästigt werden und ih-       Regeln.
mit jedoch nicht gegeben (sie-        nen das Zusammenleben verlei-
he unten).                            det wird, kann ohnehin der Kün-       Bellen und Streunen
                                      digungsgrund des § 30 Abs 2 Z 3       »Wer sich durch einen bellen-
                                      MRG verwirklicht sein«, wie die       den Hund des Nachbarn ge-
                                      Höchstrichter in der Entschei-        stört fühlt, sollte zuerst das Ge-
                                      dung mit Hinweis auf den Kün-         spräch mit dem Halter suchen«,
                                      digungsgrund des »unleidlichen        rät Elke Hanel-Torsch, Vorsit-
                                      Verhaltens« ausführten.               zende der Wiener Mieterver-
                                                                            einigung. Der Hundehalter bzw.
                                      Ein Hund, der wiederholt stun-        Eigentümer/Mieter der Woh-
                                      denlang bellt oder heult und die      nung, von der die Lärmbelas-
                                      Nachbarn dadurch massiv be-           tung ausgeht, hat für seine Un-
                                      lästigt, kann also eine Kündi-        tätigkeit (kein Ruhigstellen des
                                      gung nach sich ziehen. Gleiches       Hundes) einzustehen. Schafft
                                      gilt, wenn von dem Tier eine Ge-      das keine Abhilfe, kann man
                                      fahr für andere Mieter ausgeht.       sich an die Polizei wenden. Wer
                                                                            ungebührlichen Lärm erregt,
                                      Ein Beispiel für eine Kündigung       begeht eine Verwaltungsüber-
                                      wegen unleidlichen Verhaltens         tretung und kann bestraft wer-
                                      war der Fall einer Mieterin, die      den. Überschreitet das Gebell
                                      über Jahre im Innenhof eines          das nach den örtlichen Verhält-
                                      Hauses Tauben fütterte und            nissen gewöhnliche Maß und
Tierhaltung nach Erlaubnis            auch nach schriftlicher Auffor-       beeinträchtigt die ortsübliche
Des Öfteren finden sich in Miet-      derung der Vermieterin, die Füt-      Benutzung der Wohnung we-
verträgen Klauseln wie »Die           terung zu unterlassen, bei ihrem      sentlich (laut Rechtsprechung
Haltung von Haustieren ist nur        Verhalten blieb (3 Ob 16/18a).        z.B. regelmäßig wiederkehren-
mit Genehmigung der Genos-                                                  des, 5-10 Minuten anhaltendes
senschaft bzw. der Miteigentü-        Tierhaltung in                        Bellen in einer Wohnung), kann
merschaft gestattet.« Eine sol-       der Hausordnung                       man auch auf Unterlassung der
che Vereinbarung ist grundsätz-       Oft wird in Mietverträgen auf         Störung klagen.
lich zulässig. Der Mieter sollte in   eine Hausordnung verwiesen.
diesem Fall eine schriftliche Er-     Hierbei muss man unterschei-          Bei Katzen geht es weniger um
laubnis des Vermieters zur Tier-      den, ob diese Hausordnung             Lärm als um Streuner, die Nach-
haltung einholen.                     ein Aushang im Stiegenhaus ist        bars Garten ungebetene Besu-
                                      oder ein Anhang zum Mietver-          che abstatten. Laut OGH besteht
Der Hauseigentümer darf die           trag und damit Vertragsbestand-       kein gesetzliches Gebot, Katzen
Tierhaltung nur dann verbieten,       teil. In diesem Fall braucht es für   ausschließlich innerhalb von
wenn ein triftiger Grund vorliegt.    eine Änderung die Zustimmung          Wohnräumlichkeiten zu halten.
In einer solchen Erlaubnisklau-       des Mieters.                          Dass sich Katzen im Garten des
sel liegt nämlich eine Zusage, im                                           Nachbars aufhalten, ist von die-
Einzelfall über die Tierhaltung       Bei einer Aushang-Hausordnung         sem daher hinzunehmen.

                                                                                                          FAIR WOHNEN 3/20 23
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