MITTEILUNGEN OSTERN 2018 - BLÜHEN & RUDOLF STEINER SCHULE BERNER OBERLAND

 
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MITTEILUNGEN OSTERN 2018 - BLÜHEN & RUDOLF STEINER SCHULE BERNER OBERLAND
mitteilungen
Ostern 2018

BLÜHEN &
GEDEIHEN   RUDOLF STEINER SCHULE
           BERNER OBERLAND
MITTEILUNGEN OSTERN 2018 - BLÜHEN & RUDOLF STEINER SCHULE BERNER OBERLAND
HEUTE
Im Bienenhaus ist es immer warm SEITE 2
Theaterzeit in der 2. Klasse       SEITE 4
Schulhofgestaltung in Klasse 3,4,5 SEITE 6
Der Bucklige von Georg Dreissig SEITE 8
Wie eine Idee in die Tat umgesetzt wird
die Entstehung des Malateliers     SEITE 10                                   Der Druck dieser Mitteilungen
Einblick ins Malatelier            SEITE 11                                   wurde von der Firma Weleda
Platonische Körper als begehbare                                              freundlicherweise mit einer
Skulpturen auf dem Schulgelände SEITE 14                                      Spende unterstützt .
GESTERN
Deutsch-Epoche in 8./9. Klasse   SEITE 20
Blitzlichter, aufgenommen nach dem
Vortrag von Valentin Wember      SEITE 24
Uraufführung Marionetten-Theater SEITE 26
EIN TAG IM LEBEN VON...                          Impressum

Beatrice von Bergen                  SEITE 32    Herausgeber                              Auflage 1200 Ex.
                                                 Kollegium und Vereinigung                35. Jahrgang, Nr. 143
STEINERSCHULE UND WAS DANN?                      Rudolf Steiner Schule
                                                 Berner Oberland                          Erscheinungsweise
Kaspar Helmle                        SEITE 36    Astrastrasse 15                          Vierteljährlich zu Michaeli,
                                                 CH-3612 Steffisburg                      Weihnachten, Ostern und Johanni
MÄRCHEN
                                                 Beiträge und Artikel                     Abonnementspreis
Im Garten des Königs                 SEITE 40    Die Inhalte werden von den               Jahresabonnement Fr. 20.-,
                                                 jeweiligen AutorInnen                    für Vereinsmitglieder gratis
Dank Märchenabend                    SEITE 41    selbstverantwortet
                                                                                          Bankverbindung
ZUKUNFT                                          Redaktion                                PC 34-4839-5
                                                 Donath Aebi, Matthias Giger, Sylvia
Waldorf 100                          SEITE 42    Goldweida, Gabriele Ortner,              Redaktionsschluss/Themen
Vermächtnis Ostern                   SEITE 43    Pascaline Rubin, Christian Wirz,         1. März 2018/Ostern
                                                 mitteilungen@steinerschulebo.ch
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BUCH- UND DVD-TIPPS                              Korrektorat                              Gabriele Ortner-Rosshoff
Ein Buch und 3 Filmtipps             SEITE 44    Natalie Wacker,                          c/0 Rudolf Steiner Schule
                                                 Magdalena Reinhard                       Berner Oberland
                                                                                          mitteilungen@steinerschulebo.ch
VORSCHAU
                                                 Bildredaktion
Tag der offenen Türen in Kindergarten und        Gabriele Ortner-Rosshoff                 1 Seite   121 x 180 mm Fr. 280.–
                                                 info@bilder-spektrum.ch                  ½ Seite   121 x 90 mm Fr. 150.–
Spielgruppen, Der Bucklige, Präsentation                                                  ¼ Seite   121 x 45 mm Fr. 80.–
der 9.Klass-Arbeiten und Konzert,                Fotos
                                                 Titel, Rücktitel, S. 5, 8, 11, 13, 19,   Layout
12. Klass-Theater, 12. Klass Jahresarbeiten      26-31, 34, 39, Gabriele Ortner,          Gabriele Ortner-Rosshoff
und Präsentation in Ittigen           SEITE 48   S. 4-5 Sylvia Goldweida, S. 6-7
                                                 Justine Gölz, S. 21 Wikipedia, S. 41
                                                                                          www.bilder-spektrum.ch

                                                 zVg                                      Druck
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FERIENORDNUNG                        SEITE 64
MITTEILUNGEN OSTERN 2018 - BLÜHEN & RUDOLF STEINER SCHULE BERNER OBERLAND
editorial
„Die Ros ist ohn warum; sie blühet weil sie blühet, sie acht nicht ihrer selbst,
fragt nicht, ob man sie siehet.“

								                                                             Angelus Silesius

Liebe Leserinnen, liebe Leser

Nach Winterdunkel und Eislandschaften erfreu-         In dieser Ausgabe wollen wir der Bedeutung der
en wir uns ganz besonderes an den blühenden           beiden Wörter: “blühen“ und “gedeihen“ nach-
Blumen, die uns in wunderbarer Farbenpracht im        spüren.
Frühling entgegenleuchten. Dies geschieht ohne
unser Zutun. Wir müssen nur unsere Sinne dafür        Wenn wir als Schul- und Lebensgemeinschaft die-
öffnen.                                               se Qualitäten pflegen und verinnerlichen, schaf-
                                                      fen wir ein Klima der Wärme, in dem Kinder und
In der Begegnung unter Menschen hängt sehr viel       Jugendliche gedeihen, aufblühen und über sich
davon ab, ob sich das „Du “ wahrgenommen fühlt.       selbst hinauswachsen können.
Ist dies der Fall, beginnen Augen zu leuchten –
der Mensch blüht auf.                                 Ich wünsche uns allen eine frohe Frühlingszeit
                                                      und gutes Aufblühen und Gedeihen in allen Le-
In der Pädagogik ist diese Wahrnehmung der Bo-        bensbereichen.
den, auf dem das Kind gedeihen, sich entwickeln
kann.                                                 Donath Aebi

                                            Das Mass der Dinge
                                         Alles ist, wenn du liebst!
                            Dein Freund wird Sokrates, wenn du‘s ihm gibst.
                                  Herz, Herz, wie bist du schöpferisch!
                                 Du schwebst! Die Erde wird himmlisch.
                           Einst kamst du, ein Kind, zu grünem Waldweiher.
                        Sahst schaudernd den geheimnisvollen Algen-Schleier.
                       Du streicheltest der Weidenkatzen tierisch-süßen Samt –
                             Wie tiefsinns-selig bebte deine Knabenhand!
                           In deinem Aufschwung, Mensch, wird alles gross!
                               In deinem Abschwung alles hoffnungslos!
                          Und nur die Seele, die sich liebend selbst vergass,
                                   Ist aller Dinge Maß und Übermass.

                                             Franz Werfel

                                                                                                     1
HEUTE - PÄDAGOGIK

Im Bienenhaus ist es immer warm
Auch bei der grössten Kälte rücken die Bie-     Bevor sie weiter fliegt, wärmt sie sich, weil es
nen ganz nah aneinander, so wie die Pingu-      in der Blume etwas wärmer ist.
ine. Die Bienen, die kalt geworden sind, dür-
fen sich in der Mitte aufwärmen.                Streift man mit dem Finger über die Knospen
                                                der Kastanie, merkt man, dass sie klebrig
Die Bienen benutzen ihre Flugmuskeln, um        sind. Diesen ,Baumsaft‘ verarbeiten die Bie-
Wärme zu erzeugen. Dabei verbrauchen sie        nen zu Propolis und verschliessen und schüt-
grosse Mengen ihrer Energie-Vorräte.            zen damit ihr Haus. Dieser Werkstoff hat die
                                                Eigenschaft, Schimmel und Krankheiten zu
Im Winter, sobald es etwas über 0 Grad ist,     bekämpfen.
fliegen ein paar Bienen hinaus, um Wasser zu
holen. Oft sieht man in der Nähe des Bienen-    Im Frühling, wenn es richtig wärmer wird,
stocks eine Art Müllhalde, auf den die Bienen   wagen sich mehrere Bienen auf einmal aus
den Abfall hinaus geworfen, ihr Haus gesäu-     ihrem Stock heraus, denn erst dann ist auch
bert haben.                                     genügend Nektar in den Blumen vorhanden.

Vereinzelt wagen sich am Ende des Winters       In der ersten Klasse haben wir Bienen ge-
einige Bienen hinaus und finden die ersten      sucht, im Wald und in den ersten Schnee-
Schneeglöckchen und Krokusse, die ganz          glöckchen, wir haben aber nur wenige gese-
mutig ihre Köpfchen ausgestreckt haben.         hen.

Im Kelch der Blume holt sich die Biene den      Jetzt haben wir einen Kasten mit einer Wand
Blütenstaub, den sie mit Hilfe Ihrer Beine in   aus Plexiglas erhalten, in den wir ein Bienen-
den Kniekehlen transportiert.                   volk einsetzen werden. So können wir damit
                                                deren Entwicklung beobachten.

                                                Da unsere Bienen ganz nah an der Schule
                                                stehen werden, möchten wir Euch einladen
                                                auch mal vorbeizukommen, damit wir Euch
                                                zeigen können, wie die Bienen leben und wo-
                                                mit sie gerade beschäftigt sind.

                                                Beat Geraets

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heute - pädagogik

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HEUTE - PÄDAGOGIK

Theaterzeit in der 2. Klasse
Seit ich Lehrerin bin, ist das Theaterspielen     Im Laufe des Jahres wurden die Kinder immer
aus meinem Unterricht nicht mehr wegzu-           geschickter und inspirierten sich gegenseitig
denken. Als ich mit meiner neuen ersten Klas-     mit ihren Ideen.
se startete und ich die Kinder beim Spielen
beobachtete, sah ich schnell, hier gibt es si-    Für den Einstieg in die erzählten Geschichten
cher viele Geschichten zu bergen und genau        wurden eigene kleine Lieder und Melodien
das nahm ich mir vor. Ein Mädchen aus der         ausgedacht. Nicht selten erlebte ich als Zu-
Klasse schien das zu ahnen und so baute sie       schauerin wahre Überraschungsmomente.
in der Freispielzeit mit den Bänken eine Büh-
ne und erzählte uns ein wunderschönes Mär-        Obwohl die Klasse eine sehr lebendige Trup-
chen. Die Kinder und ich waren von dieser         pe ist, wurde es bei den Aufführungen der ein-
Form schnell begeistert. Die anderen Kinder       zelnen Gruppen immer ganz still. Voller Auf-
übernahmen diese Form des Erzählens und           merksamkeit und Konzentration hörten sich
entwickelten sie im Freispiel immer weiter. Ich   die Kinder gegenseitig zu.
beschloss, den Kindern einmal in der Woche
zwei Schulstunden für eine Theaterzeit frei zu    In der ersten Klasse sprachen einige Kinder
räumen und von nun an nahmen die Dinge            beim Erzählen noch recht leise und zurück-
ihren Lauf.                                       haltend, die anderen Kinder konnten hier Mut
                                                  zusprechen und so entwickelten die Kinder
Die Kinder stiegen voller Freude ein und be-      mehr und mehr eine mutige, klare und deut-
gannen damit, Puppen, Steine, Stoffe, Blu-        liche Erzählstimme.
men oder Bausteine mitzubringen.

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HEUTE - PÄDAGOGIK

Doch der Donnerstag, an dem die Theaterzeit       ich eingreife und auch entstehen lasse, all
stattfand, war nicht immer mein Lieblingstag      dieses ist unserer Klasse inzwischen ganz zu
in der Schule. Oftmals gab es Streit unter den    eigen geworden.
Kindern, weil sie sich mit den Rollen, den Büh-
nen oder auch den Geschichten nicht einig         Die Möglichkeit, die ich als Lehrerin an ei-
wurden, fast jedes Mal flossen Tränen, bra-       ner Steinerschule habe, so etwas stattfinden
chen Gruppen auseinander oder Bestehen-           zu lassen, empfinde ich als ausgesprochen
des wurde verworfen. Fast jedesmal dachte         wertvoll.
ich zwischendurch, dass wir nun den Thea-
tertag eine Weile pausieren lassen sollten,       Seit Beginn der zweiten Klasse haben wir
doch jedes Mal gab es hinterher wunderbare        durch die Arbeit in der ersten Klasse eine
Aufführungen, die Tränen wurden getrocknet        ganz neue Ausgangsbasis, auf der wir schaf-
und die Kinder freuten sich bereits wieder auf    fen, und bei öffentlichen Veranstaltungen
den nächsten Theatertag.                          durften wir inzwischen schon Einblicke in un-
                                                  sere Arbeit geben.

                                                  Sylvia Goldweida

Der Theatertag ist in unserer Gruppe wie ein
unausgesprochenes Geheimnis, was uns alle
verbindet, eine Kunstform, an der wir gemein-
sam regelmässig schaffen und die wir immer
wieder neu und anders erfinden. Nach und
nach steigen nun auch Kinder ganz natürlich
aktiv mit ein, die vorher viel den Geschichten
der Anderen gelauscht hatten und trauen sich,
sich zu zeigen. Die Art, wie wir uns formieren,
wie wir uns finden, wie die Ideen leben, wie

                                                                                              5
HEUTE - PÄDAGOGIK

Schulhofgestaltung mit den Klassen 3,
4 und 5
Ziel eines Projektes, das uns hoffentlich       Zuerst schauten wir uns den Schulhof genau
über mehrere Jahre beschäftigen wird, ist       an und fragten uns, welche Bereiche durch
die weitere Gestaltung des Schulhofs. Noch      welche Klassen wie und wie stark genutzt
gibt es Bereiche, die bisher wenig genutzt      werden. Kleinere unkomplizierte Befragungen
werden: Am Mühlebach liegen ein kleines         anderer Klassen und einzelner Lehrer wurden
rechteckiges Beet und eine Sandkiste, in der    von Schülern in den nächsten Arbeitsphasen
nur selten Kinder bauen, die Feuerstelle des    durchgeführt. So erfuhren wir, dass am Sand-
Kindergartens könnte einladender werden,        kasten keiner wirklich hing. Aber was ist da-
um Menschen darum zu versammeln, die            runter? Der alte Löschteich? Auch erfuhren
schönen Holzsitzflächen neben dem Bas-          wir, dass es vor langer Zeit schon einmal den
ketballkorb werden wenig angenommen und         Plan gab, Wasser über den Schulhof zu füh-
der vom Ideenbüro genutzte und betriebene       ren. Was waren damals die Überlegungen
Bauwagen sucht einen „richtigen“ Platz mit      dafür und dagegen? So werden noch weitere
einladenden Anbauten für die Schüler der        Informationen eingeholt werden müssen.
Oberstufe.

Wenn wir als hohes Bildungsziel für unsere
Kinder anerkennen, dass sie fähig werden,
ihr Leben zu gestalten, „Lebensunternehmer“
zu werden, eigene Ziele, auch grosse Ziele,
schrittweise zu verwirklichen und sich alle
Fähigkeiten und Kenntnisse, falls nicht schon
verhanden, dazu anzueignen, dann sind sol-
che Unternehmungen die ideale Schulung.

Seit Weihnachten gibt es in der 4. und 5.
Klasse jeden Freitag das „Projekt Schulhof-
gestaltung“, das wir mit Urs Neuhaus zusam-
men durchführen. Ursprünglich war der Plan,     In Zufallsgruppen entstanden erste Pläne, in
das vorhandene Beet neu zu gestalten, um        denen die Kinder ihre Träume vom „Lebens-
die Landwirtschafts- und Pflanzenkundeepo-      raum Schule“ ausdrückten: Ganz gross im
chen der Unter- und Mittelstufe in Schulnähe    Rennen waren Labyrinthe, Wasserlandschaf-
täglich erlebbar zu machen. Auch wünschten      ten und Whirlpools, Kräuterspiralen, Hoch-
wir uns ein Maurerprojekt, denn die Kinder      beete und Kuschelplätze, Hängematten und
beider Klassen hatten bisher noch keine Ge-     Baumhäuser. Durch Zusammenlegung der
legenheit, ein Fundament zu legen und „wirk-    Gruppen waren Einigungsprozesse gefragt.
liche“ Mauern zu errichten.                     Erst jetzt kam zum Träumen Realismus hin-

6
HEUTE - PÄDAGOGIK

zu, denn die Pläne sollen in naher Zukunft       Auch die Umsetzung in unterschiedlichen Bau-
überzeugend der Lehrerschaft und einigen         phasen und Erweiterungen der Pläne müssen
Gremien vorgestellt werden. Es müssen Ge-        möglich sein, Übergänge durchdacht werden.
nehmigungen erteilt werden, die Finanzie-        So benötigen wir die Pläne der Oberstufe im
rung von Bauprojekten muss gesichert sein,       Zusammenhang mit dem Bauwagen-Kiosk
der Schulbetrieb übrigens auch, - manches        und Angebote der „Baufirmen“: die jetzige und
zudem von der Gemeinde genehmigt werden.         zukünftige 3. Klassen mit ihren Zeitfenstern.
Wie funktioniert das eigentlich? Wer bestimmt    Vernetzung ist notwendig und muss erübt wer-
was? Wer muss wann gefragt und überzeugt         den.
werden? Werden alle Kinder und Altersstufen
von einem Labyrinth begeistert sein? Können
wir unterschiedliche Materialien über die Jah-
re kennenlernen und bearbeiten? Wo erfah-
ren wir, was eine Kräuterspirale wirklich ist?
Wie locken wir Insekten auf unseren Schul-
hof? Was ist ein Feuer? Was für eine Umge-
bung ist dafür angemessen? Wie könnte man
das Wasser an einer Stelle aus dem Mühle-
bach auf die Höhe des Schulhofs transportie-
ren? Welche mechanischen Bauten könnten          So stehen wir noch ganz am Anfang eines
dazu in künftigen Physikepochen entstehen?       anspruchsvollen Planungs- und Umsetzungs-
Was kann man darüber im Geschichtsunter-         weges, an dem noch alles möglich ist. Keime
richt erfahren, wie haben z.B. die Ägypter das   sind gelegt, viele Fragen daran entstanden,
Wasser des Nil auf höher gelegene Ebenen         die uns, vorbei an vielen spannenden Er-
transportiert?                                   kenntnissen, von Ideen über den Willen zu
                                                 Taten führen werden.

                                                                         Justine Gölz-Vogel

                                                                                              7
HEUTE - PÄDAGOGIK

Der Bucklige von Georg Dreissig
An manchen Schweizer Rudolf Steiner Schu-        Ankündigung Eurythmieprojekt „Der Bucklige“
len wird im Eurythmieunterricht der 7. Klasse    von Georg Dreissig mit Musik von Felix Men-
ein Märchen einstudiert und zur Aufführung       delssohn, eurythmisch dargestellt von der
gebracht. Dies kann eine gute Vorbereitung       6. - 8. Klasse
auf das 8.Klass-Theater sein, weil die Schü-
lerinnen und Schüler in der dramatischen Eu-     Mittwoch 16. Mai 2018, 18.30 - 19.30 Uhr
rythmie ebenfalls mit Seelenstimmungen wie       Donnerstag 17. Mai 2018, 10.45 - 11.45 Uhr,
Sympathie, Antipathie, Freude, Trauer, Er-       jeweils im Saal der Schule
staunen usw. konfrontiert werden und diese
zu gestalten lernen. In der Eurythmie werden     Daniela Steger
diese Seelenstimmungen als eine Art „Grund-
färbung“ gebraucht, in welche die von den Ar-
men/Händen geformten Sprachlaute „hinein-
gebettet“ werden.

Manchmal ist die Seelenstimmung mit dem
Laut praktisch identisch, wie z.B. das Erstau-
en mit dem A-Laut (Achso! Aha! Ah, da bist du
ja!- als ein Öffnen der Arme/Hände).

Im Eurythmieprojekt „Der Bucklige“ wird die
8. Klasse alle Haupt- und Einzelrollen (z.T.
mit Doppelbesetzung) darstellen und profitiert
somit von den Erfahrungen des letztjährigen
Theaters. Durch die geringe Anzahl Schüle-
rinnen/Schüler ergab es sich, dass die 6. und
7. Klasse bei den Gruppen- und Volksszenen
ebenfalls mitwirken.

Ich freue mich sehr auf dieses klassen-
übergreifende Abenteuer und hoffe, dass die
vielen engagierten Mitwirkenden an beiden
Aufführungen durch eine grosse Zuschauer-
anzahl beschenkt werden.

8
heute - pädagogik

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HEUTE - PÄDAGOGIK

Wie eine Idee in die Tat umgesetzt wird
- die Entstehung des Malateliers
Maila Maurer ist Schulmutter von zwei Kin-         Vor der Sportwoche hat ein Rückblick statt-
dern, aktuell studiert sie an der ATKA in          gefunden und wir können sagen, dass wir
Dornach, wo sie den plastisch-bildnerischen        sehr begeistert sind. Es ist eine Freude, ei-
Studiengang für Therapie belegt. Sylvia Gold-      nen Raum zu haben, in den Kinder hingehen
weida hatte mit ihr zusammen die Idee entwi-       und sich künstlerisch vertiefen und erleben
ckelt, ein Atelier in der Schule einzurichten,     dürfen. Wie es wohl weitergeht?
in dem die Kinder durch künstlerische Betäti-
gung bei Bedarf eine Auszeit erfahren dürfen.      Wir bleiben dran, forschen weiter und setzen
Somit entsteht ein Raum für Kinder der 1. bis      alles daran, dass weitere innovative Ideen
5. Klasse. So kam Maila direkt auf mich zu, um     umgesetzt werden können. Und dass wir noch
zu schauen, wie sich das umsetzen lässt.           mehr Praxisforschung betreiben können.

Ich kenne Maila, seit ihre Tochter in der Kin-     Christine Hofmann, Schukoordination
derstube war. Sie hat in dieser Zeit auch ein
Praktikum gemacht und ich schätzte die Art,
wie sie mit Kindern arbeitet. Dass sie also der
Schule ein Geschenk machen wollte und be-
reit war von Januar bis Juni an zwei Tagen in
der Woche ein Atelier einzurichten und zu be-
treiben, freute mich sehr. Im Kollegium wurde
diese Idee freudig begrüsst.

Glücklicherweise steht das Malzimmer         im
Erdgeschoss zur Verfügung, und so war        es
möglich, sofort zu starten und das Atelier   je-
weils am Montag- und Dienstagmorgen          zu
beleben.

Im Rahmen einer Praxisforschung wollen wir
konkret im Tun herausfinden, wie sich das
Konzept bewährt.                                   Wir danken herzlich für die Materialspenden
                                                   in Form von 30 kg Ton und Holz von Erich
                                                   Zihlmann und Xaver Dürig.

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HEUTE - PÄDAGOGIK

Ein Einblick ins Malatelier
Das Atelier ist anregend eingerichtet, es hat    Ziel ist, ein grösstmögliches Mass an Res-
Malpapier, Malfarben, Kreiden und Ton.           sourcen zu aktivieren. Der kreative Ansatz ist
                                                 handlungs- und erlebnisorientiert im Rahmen
Die Kinder kommen aus verschieden Grün-          der bildenden Kunst. Durch imaginative An-
den. Es kann sein, dass ein Kind im Unter-       regungen, sinnliche Eindrücke, Körperwahr-
richt eine Pause braucht, sich im Atelier sam-   nehmung, Gefühle und Gedanken entstehen
meln kann und dann konzentriert wieder am        Handformen, Plastiken und Reliefs. So kann
Unterricht teilnimmt. Es ist auch möglich, ein   seelische Wirkung durch künstlerisches Tun
aktuelles Unterrichtsthema bildnerisch künst-    bis in die Physiologie hinein wirken. Erstarr-
lerisch aufzugreifen und es sind auch Kinder     tes wird beweglicher und lebendiger, Chao-
dabei, die einfach das Bedürfnis haben, zu-      tisches wird eingebunden und beruhigt. Da
sätzlich zum Unterricht künstlerisch tätig zu    der künstlerische Prozess mit menschlichen
sein.                                            Lebensprozessen wie Suchen, Experimentie-
                                                 ren, Wagen, Umwerfen, Neunanfang, Verin-
Ein Kind kommt, nach Absprache mit der           nerlichen, Wahrnehmen und Tätigsein einher-
Lehrerschaft und fragt, ob es noch Platz hat.    geht, wirkt er fördernd und unterstützend.
Es gibt einen sich wiederholenden Ablauf. Zu-
erst wird gemalt, wobei das Kind wählen darf,
ob es aquarellieren oder mit Pastellkreiden
malen möchte. Es wird auch gerne im Stehen
an der Tafel gemalt.

Nach dem Malen gibt es Gelegenheit zu plas-
tizieren. Wir beginnen mit einem kleinen Ri-
tual, cremen die Hände ein. Zuerst wird eine
Kugel gestaltet, danach gibt es keine Vor-
gaben mehr. Schälchen, Würfel, Pyramiden,
Töpfe und vieles mehr werden gestaltet.

Ich mag die Offenherzigkeit und die Direkt-
heit der Kinder, ihr Lachen und ihre Unschuld.
Deshalb ist es für mich ein grosses Anliegen
und zugleich eine Bereicherung mit Kindern
zu arbeiten… Sie ein Stück Weg auf kreative
Art und Weise zu begleiten.

                                                                                             11
HEUTE - PÄDAGOGIK

Zeichnen, Malen, Plastizieren und Schnit-      Selbstwahrnehmung und Eigenaktivität stär-
zen tragen hierbei zur Stärkung des inneren    ken die Selbstverantwortung, daher ist gera-
Gleichgewichts und der Konzentration bei. Es   de diese Mobilisierung der seelisch-geistigen
geht weniger um das Herstellen ästhetischer    Kräfte ein besonderes Anliegen. Das Augen-
Produkte, sondern vielmehr um die innere       merk liegt hierbei hauptsächlich auf den in-
Auseinandersetzung des Einzelnen mit sich      dividuellen Ressourcen. So kann sich beim
selbst.                                        Mensch Vertrauen in die eigene Fähigkeit fe-
                                               stigen oder neu entstehen.
Solcherart erlebte künstlerische Prozesse
wirken kräftigend auf den gesamten Organis-    Das Atelier-Projekt befindet sich in einer Zeit
mus.                                           der Reifung, in der alles seinem natürlichen
                                               Rhythmus entsprechend wächst. Wichtig da-
                                               bei ist, aktiv zu gestalten und sich ein Stück-
                                               weit stetig selbst neu zu erfinden!

                                               Maila Maurer

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heute - pädagogik

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HEUTE - PÄDAGOGIK

Platonische Körper als begehbare
Skulpturen auf dem Schulgelände

„Kein der Geometrie Unkundiger betrete          Meine Tochter ist therapeutisch tätig und war
mein Haus“                                      motiviert, die Wirkung der Harmonien und
                                                Symmetrien auf den Menschen zu studieren.
Das schrieb Plato über den Eingang seiner       Wir wissen, dass gewisse Formen der Archi-
Akademie                                        tektur sich auf den Menschen gesundheits-
                                                fördernd auswirken und andere belastend
                                                wirken.

Seit 9. Januar bis maximal zu den Frühlings-    Meine Motivation lag mehr auf der Ebene der
ferien stehen die begehbaren Platonischen       Didaktik der Mathematik – ich bin seit vielen
Körper als Leihgabe auf dem Schulgelände.       Jahren unter anderem als Mathematiklehrer
                                                hier an der Schule tätig. Wir beide hatten
Unser Projekt                                   grosse Freude an der handwerklichen Um-
                                                setzung dieser Aufgabe.
Meine Tochter Angelika und ich, Rudolf Ort-
ner, haben die fünf Platonischen Körper als     Als Baumaterial wählten wir Stahl, weil Stahl
grosse begehbare Skulpturen angefertigt, die    stabil ist und weniger als Masse in Erschei-
in eine fiktive Umkugel mit 5.2m Durchmesser    nung tritt. Ursprünglich war auch daran ge-
passen würden. Die Grösse wurde gewählt,        dacht, dass Kinder auf den stabilen Körpern
damit man sich als Mensch in ihren Innenräu-    herumklettern können sollten. Wegen der
men wie in einer Architektur fühlen kann. Die   geforderten umfangreichen Sicherheitsmass-
Frage der Grössenverhältnisse untereinander     nahmen gegen Stürze und Verletzungen
war etwas schwieriger zu entscheiden. Sollten   mussten wir dann aber davon Abstand neh-
sie die gleiche Oberfläche aufweisen, gleiche   men. Also ist das Klettern bis auf weiteres
Kantenlänge, das gleiche Volumen oder den       nicht erlaubt.
gleichen Radius? Letztendlich haben wir uns
für den gleichen Radius (der gedachten Um-
kugel) entschieden.

14
HEUTE - PÄDAGOGIK

Für unser Projekt haben wir ungefähr einein-      Die räumlichen Gebilde haben unglaublich
halb Tonnen Stahlrohre gekauft, einen Teil        viele Symmetrien. Sie können auf verschie-
davon als Präzisionsrohr, um die Eckverbin-       dene Art gespiegelt werden und sehen nach
dungen herzustellen. Dann haben wir ge-           einer nur teilweisen Drehung wieder so aus
schnitten, geschweisst, gebohrt und geschlif-     wie zuvor. Die Symmetrieachsen des Oktae-
fen. Zuletzt wurden die Rohre zu Körpern          ders sehen beispielsweise folgendermassen
zusammengesteckt und geschraubt.                  aus:

Warum faszinieren Platonische Körper?             6 zweizählige Symmetrieachsen
                                                  durch je 2 Kanten
Harmonie und Symmetrie wirken auf den
Menschen zentrierend. Die symmetrisch-
sten Flächen, die es gibt, sind das gleichsei-
tige Dreieck, das Quadrat, das regelmässige
Fünfeck, das regelmässige Sechseck. Nur
aus den ersten dreien lassen sich vollsym-
metrische reguläre Körper bilden, indem man
ihre Flächen ohne Zwischenraum zu einer
Ecke zusammenstellt. Bedingung ist, dass die
zusammengestellten Ecken einen kleineren
Flächenwinkel als den Vollkreis bilden. Bei-
spielsweise hat das regelmässige Sechseck         3 vierzählige Symmetrieachsen
je einen Winkel von 120°. Wenn man drei von       durch je 2 Ecken
diesen Winkeln zusammenstellen will, ergibt
sich ein Vollkreis mit 360° – also eine Ebene
und kein Körper mehr (flächige Bienenwabe).
Bei vier Vierecken ist man mit vier mal 90° be-
reits beim Vollkreis. Beim gleichseitigen Drei-
eck hingegen gelingt das Zusammenstellen
zu einer Ecke auf dreifache Art: Drei Dreiecke
(180°): Tetraeder, vier Dreiecke (240°): Okta-
eder, fünf Dreiecke (300°): Ikosaeder.

                                                                                           15
HEUTE - PÄDAGOGIK

4 dreizählige Symmetrieachsen                    Wenn man die Mittelpunkte zweier benach-
durch je 2 Flächenmitten                         barter Seitenflächen eines platonischen Kör-
                                                 pers verbindet, erhält man wieder einen pla-
                                                 tonischen Körper mit demselben Mittelpunkt.
                                                 Dieser Körper wird als Dualkörper zum Aus-
                                                 gangskörper bezeichnet.

                                                 Geschichte der Platonischen Körper

                                                 „Die Bedeutung der Geometrie beruht
                                                 nicht auf ihrem praktischen Nutzen, son-
Insgesamt 13 Symmetrieachsen                     dern darauf, dass sie ewige und unwandel-
                                                 bare Gegenstände untersucht und danach
Dieselben Achsen hat auch der Hexaeder           strebt, die Seele zur Wahrheit zu erheben.“
oder Würfel. So zeigt sich hier eine Verwandt-
schaft zwischen dem Würfel und dem Oktae-        Platon
der. Der Mathematiker spricht vom Prinzip der
Dualität.                                        Der griechische Philosoph Platon (ca. 427–
                                                 347 v. Chr.), ein Zeitgenosse Theaitetos’,
Dualitätsprinzip:                                wurde der Namensgeber für die fünf Körper.
                                                 In seinem Werk Timaios (Kap. 20, 53c4–
Dual sind zueinander Würfel und Oktaeder,        55c6) beschrieb er sie ausführlich. Er band
Dodekaeder und Ikosaeder und der Tetraeder       die platonischen Körper in sein philosophi-
zu seinem Gegentetraeder.                        sches System ein, indem er sie (ausgenom-
                                                 men Dodekaeder) den vier Elementen zuord-
                                                 nete (Kap. 21, 55c7–56c7): Feuer stand für
                                                 das Tetraeder, Luft für das Oktaeder.

16
HEUTE - PÄDAGOGIK

Das Ikosaeder wurde mit Wasser assoziiert,          Tetraeder:      Feuer
das Hexaeder mit Erde. Das Dodekaeder ließ          Oktaeder:       Luft
sich nach dieser Theorie mit dem von Aris-          Hexaeder:       Erde
toteles postulierten fünften Element Äther          Ikosaeder:      Wasser
gleichsetzen. (Quelle: Wikipedia)                   Dodekaeder:     Äther (Weltall)

Feuer, Luft, Wasser und Erde, in dieser Rei-        Hatte Platon am Ende doch Recht?...
henfolge, wurden von den Griechen als Ent-
stehungsstadien der Welt angesehen. Ich             „Ein französisch-amerikanisches Forscher-
unterstelle ihnen, dass sie Recht hatten. Dem-      team glaubt, den Meister aus der Antike
zufolge sind auch Menschen, Tiere, Pflanzen         bestätigt zu haben: Berechnungen der kos-
und Mineralien Produkte der 4 Elemente. Was         mischen Hintergrundstrahlung ergaben dem-
das fünfte Element betrifft, so zitiere ich einen   nach, dass das Weltall die von Platon vor-
Wissenschaftsbericht aus dem „Spiegel“ vom          hergesagte Form aufweist und einen eher
9. Oktober 2003:                                    bescheidenen Durchmesser von 70 Milliar-
                                                    den Lichtjahren hat.“

                                                                                              17
HEUTE - PÄDAGOGIK

Die Form des Universums                          Rudolf Steiner schreibt in seinem Buch:
                                                 Mein Lebensgang (S. 49)
„Ich weiß, dass ich an der Geometrie das
Glück zuerst kennengelernt habe.“                „Die Vorstellung des Raumes bot mir die
                                                 grössten inneren Schwierigkeiten. Er liess
Rudolf Steiner                                   sich als das allseitig ins Unendliche lau-
                                                 fende Leere ... nicht in überschaubarer Art
Das Weltall gleicht demnach dem sogenann-        denken. Durch die neuere Geometrie, die
ten Poincare-Dodekaeder-Raum, der auf bi-        ich durch Vorlesungen ... kennenlernte,
zarre Art in sich selbst geschlossen ist. Wür-   trat vor meine Seele die Anschauung,
de ein Strahl durch eine der Fünfeckflächen      dass eine Linie, die nach rechts in das Un-
hindurch fliegen, würde er auf der genau ge-     endliche verlängert wird, von links wieder
genüberliegenden Seite wieder in das Weltall     zu ihrem Ausgangspunkt zurückkommt.
eintauchen. Das All wäre demnach ein kom-        Der nach rechts liegende unendlich ferne
plizierter Spiegelsaal, der einen unendlichen    Punkt ist derselbe wie der nach links lie-
Raum nur vorgaukelt.                             gende unendlich ferne. ...“

18
HEUTE - PÄDAGOGIK

„Die wie eine Kreislinie in sich selbst zu-
rückgehende gerade Linie empfand ich wie
eine Offenbarung. Ich ging aus der Vorle-
sung ... hinweg, wie wenn eine Zentnerlast
von mir gefallen wäre. Ein befreiendes Ge-
fühl kam über mich. Wieder kam mir, wie
in meinen ganz jungen Knabenjahren von
der Geometrie etwas Beglückendes.“

Wie weiter?

Als Wanderausstellung werden die Plato-
nischen Körper weiterreisen.

Rudolf Ortner
rudolfortner@skulptour.ch

Angelika Ortner
angelika@shimoya.ch

                                                             19
GESTERN - PÄDAGOGIK

Deutsch-Epoche in der 8. und 9. Klasse
Die Deutsch-Epoche vor Weihnachten in der        über mehrere Jahre hinweg hält, besteht sie
8. und 9. Klasse stand unter dem Thema:          wahrscheinlich ein Leben lang.
«Goethe und Schiller». Da ist es selbstver-
ständlich, dass wir uns auch mit der Thematik    Unter einer echten Freundschaft verstehe ich,
«Die Dichterfreundschaft zwischen Goethe         dass man füreinander da ist, wenn man sich
und Schiller» auseinandersetzten. Daraus         gegenseitig braucht, dass man dem andern
entstand eine erste Art eines literarischen      blind vertrauen kann, dass man zusammen
Aufsatzes zum Thema «Freundschaft» ganz          Spass haben kann, aber auch über traurige
allgemein. Ausnahmslos alle diese Aufsätze       Sachen sprechen kann.
waren wertvoll und interessant. Zwei davon
möchten wir in dieser Mitteilungsnummer ab-      Einen besten Freund zu haben, ist sehr wert-
drucken.                                         voll. Man hat aber sozusagen auch Pflich-
                                                 ten zu erfüllen, die einem aber auch Freude
                                                 machen sollten, sonst ist man ein schlechter
                                                 Freund. Die Pflichten sind die oben bereits
Freundschaft                                     erwähnten Dinge. Es gibt aber noch mehr
                                                 Selbstverständlichkeiten, die während der
Freundschaften können ganz verschieden           Freundschaft wie von selber wachsen.
aufgebaut sein. Es gibt Freundschaften,
bei denen das kleinste Missverständnis zu        Freundschaften sind sehr wichtig und man
einem grossen Streit führt, es gibt aber auch    darf sie nicht vernachlässigen!
Freundschaften, bei denen alles geduldet und
verziehen wird, weil man den andern so sehr      Noah Da Silva Carvalho, 9. Klasse
mag.

Voraussetzungen für Freundschaften sind
das Vertrauen und die Ehrlichkeit, aber auch
der Zusammenhalt. Die restlichen Sachen
entwickeln sich mit der Zeit in der engen
Freundschaft.

Ein Fakt ist, dass kein Mensch als Rassist ge-
boren wird. Deshalb gibt es auch viel mehr
Kinderfreundschaften zwischen Schwarz und
Weiss als bei Erwachsenen. Wenn jedoch
eine Kinderfreundschaft zwischen einem
schwarzen und einem weissen Menschen

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gestern - pädagogik

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GESTERN - PÄDAGOGIK

Freundschaft                                     Es muss alles stimmen und wenn einen etwas
                                                 stört, sollte man dies dem Andern offen sa-
Unter einer echten Freundschaft verstehe         gen dürfen! Für mich spielt die Liebe (Freund-
ich, dass man sich so geben kann, wie man        schaftsliebe) eine grosse Rolle. Vertrauen fin-
ist, dass man sich wohl fühlt und ehrlich ist.   de ich sehr wichtig. Man muss auch auf den
Man darf auch NEIN sagen, wenn man etwas         Andern zugehen können, nicht dass er immer
nicht machen möchte, ohne dass der Andere        nur auf einen zugehen muss. Ich finde, auch
dann doofe Sprüche macht! Für mich müssen        Verständnis gehört zu einer Freundschaft.
Freunde nicht andauernd zusammen sein!           Verbundenheit ist für mich der Begriff von
Schon oft, aber nicht jede Minute. Man muss      Freundschaft. Man muss nicht Ähnlichkeiten
Freiheit, Luft und Leichtigkeit zwischen die     haben, man kann sehr verschieden sein und
Freundschaft bringen, es darf nicht Neid oder    trotzdem zueinander passen.
Eifersucht entstehen, wenn man hin und wie-
der mit jemand anderem etwas unternimmt.         Wenn ich vor einem Freund/einer Freundin
                                                 weinen oder lachen darf, tanzen oder einfach
Freunde müssen zusammenhalten, auch in           nur liegen, singen oder sprechen, laut oder
schweren Zeiten! Sie müssen sich gegen-          still sein, kurz gesagt, so sein, wonach es
seitig unterstützen, füreinander da sein und     mir ist, ist dies schön! Es ist nicht für jeden
auf der Seite des Andern stehen. Sie müssen      Menschen selbstverständlich, dass er seine
beide gleichviel leisten, nicht dass immer nur   Gefühle zeigen darf, ohne sich dafür zu schä-
der Eine dem Andern Kraft gibt! Man sollte       men.
Missverständnisse klären und miteinander
über das, was einem beschäftigt, sprechen        In einer Freundschaft, denke ich, merkt man,
können. Wenn einmal ein Streit vorkommt,         wenn es dem Andern nicht gut geht, da man
darf man nicht aufgeben, sondern muss da-        sich gut kennt. Und dann sollte man auch zei-
rüber reden.                                     gen, dass es einem etwas ausmacht, wenn es
                                                 dem Freund/der Freundin schlecht geht!

                                                 Freundschaften können sehr verschieden
                                                 sein! Und genau das finde ich interessant!

                                                 Julia Liebi, 8. Klasse

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GESTERN - PÄDAGOGIK

Auf dem Aufgaben-Blatt zum Aufsatzthema         Wo Freundschaft zwischen Menschen ent-
«Freundschaft» hatte ich noch folgenden         steht, blüht und gedeiht echte Menschlichkeit.
Hinweis festgehalten:                           Mit Worten von Goethe:

Falls Du irgendwo in Deinem Text den                         Gleich und gleich
Begriff „Treue“ verwendest, ist vielleicht
Folgendes interessant zu wissen: Vor ei-                   Ein Blumenglöckchen
nigen Jahrhunderten lautete das deutsche
Wort Treue = Triuwe. Das Wort, der Begriff                  Vom Boden hervor
stammt aber aus dem Germanischen und
hiess ursprünglich „Deru“, was «Baum/                      War früh gesprosset
Eiche» hiess.
                                                             In lieblichem Flor;
Jaron Kohler aus der 8. Klasse hat den Be-
griff «Freundschaft» kurz und knapp folgen-                Da kam ein Bienchen
dermassen definiert: Ein Freund muss eine
«Eiche» sein!                                               Und naschte fein: –

So wird auch jeder Baum, jede Eiche jeden                 Die müssen wohl beide
Frühling neu erblühen und gedeihen!
                                                             Füreinander sein.
Daniel Aeschlimann

                                                                J.W. Goethe

Daniel Aeschlimann, IMS-Lehrer an der Ru-
dolf Steiner Schule Bern Ittigen Langnau, un-
terrichtet als Gastepochenlehrer Deutsch und
Geschichte an unserer Schule.

                                                                                            23
GESTERN - PÄDAGOGIK

Blitzlichter, aufgenommen nach dem
Vortrag Valentin Wember am 26.1.2018
„Wie bereiten wir Kinder auf das Wich-           Unser Schulsystem soll Menschen auf die
tigste im Leben vor und wie auf das Aller-       digitale Welt ausrichten, in der sie sich mög-
wichtigste?“                                     lichst fehlerfrei und digital verhalten.

Was ich vom Vortrag von Dr. Valentin Wem-        Ganz augenscheinlich ist die Wirkung des
ber mitgenommen habe:                            offiziellen Bildungssystems auf Bewegungs-
                                                 menschen: Öffentliche Schulen wollen Be-
Dr. Wember stellte eindrücklich die pädago-      wegungstalente zu Denkern erziehen. Die
gischen Prinzipien von Rudolf Steiner vor.       eigentliche Bewegungsfreudigkeit oder auch
Er machte bewusst, dass die Waldorfpäda-         die musische Begabung, z. B. im Turnen,
gogik „aktueller“ ist denn je. Das erste pä-     Tanzen, Musizieren, in der Kunst, wird abge-
dagogische Prinzip gibt der Lehrperson die       wöhnt und als Nebensache abgewertet. Je-
Aufgabe: „Das Kind in seiner Einzigartigkeit     des Kind „muss“ die Matura schaffen, um eine
und seinem Wollen zu sehen“, das heisst ,das     gute Startchance ins Berufsleben zu haben.
Kind wahrzunehmen in dem, was es heute ist.      Dieses System hat kein Interesse an einer
Dem Kind jeden Tag erneut mit frischem Blick     individuellen, kreativen Reifung des Kindes.
zu begegnen und zu sehen, was es heute           Diese und wird vernachlässigt. Sir Ken Robin-
braucht um sich gut zu entwickeln. Die Lehr-     sons bewegendes Plädoyer für die Schaffung
person soll erkennen, wer das Kind ist und       eines Bildungssystems, das die Kreativität
welche Fähigkeiten hervorgelockt werden          fördert und nährt (anstatt sie zu untergra-
möchten.                                         ben), ist auf Youtube zu finden. Dr. Wember
                                                 hat in seinem Vortrag auf Sir Ken Robinson
Nach Rudolf Steiner ist „Gesehen zu werden“      hingewiesen, weil er sich traut das offizielle
das grösste und wichtigste Kapital dafür, dass   Bildungssystem öffentlich anzugreifen. (z. B.:
ein Mensch das Leben führen kann, das wirk-      auf youtube unter dem Suchbegriff: Sir Ken-
lich zu ihm gehört. Dies soll die Lehrperson     Robinson - Wie die Schule die Kreativität tö-
dadurch erreichen, dass sie als erwachsene       tet).
Person vorausgeht, mit dem was zu entwi-
ckeln ist. Und das Allerwichtigste dabei ist,    Es lohnt sich, in die Bücher von Dr. Wember
dem Kind ein Vorbild und Wegbereiter zu          hineinzuschauen. Es gelingt ihm, die Philo-
sein, dass sie lernen „reife Beziehungen zu      sophie von Rudolf Steiner sehr einfach und
führen“.                                         pragmatisch in die heutige Zeit zu überset-
                                                 zen. Er macht deutlich, welche positive Wir-
Das öffentliche Schulsystem hat im Gegen-        kung die gelebte Waldorfpädagogik auf unse-
satz dazu den Auftrag, Kinder auf ihren spä-     re Kinder hat.
teren Beruf vorzubereiten bzw. auf Arbeits-
plätze, welche „bedient“ werden müssen.

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GESTERN - PÄDAGOGIK

Unsere Gesellschaft braucht „neue Bega-        Es ist schön, durch Vorträge und Weiterbil-
bungen“, die sich zu kreativen neuen Lö-       dungen aus dem Lehrer-Alltag heraus geho-
sungen entwickeln dürfen und Menschen, die     ben zu werden. Es ist wie „in die Natur gehen
reife Beziehungen leben können.                und atmen“ - man tut es eigentlich immer, das
                                               Atmen, und merkt erst auf dem Berg, welche
Antje Looser, Schulmutter                      Unterschiede im Atmen liegen können.

                                               Wember sprach vom „bedingungslosen Will-
                                               kommen heissen“ der Schüler und unserer
Anmerkung der Redaktion:                       Aufgabe, zu lernen, ein Kind zu „sehen“ mit
                                               seinen zukünftigen Möglichkeiten, seinen Po-
Bücher von Valentin Wember kann man über       tentialen.
den Stratosverlag bestellen.
                                               Das ist eine grosse Aufgabe, die am Nachmit-
Der Stratosverlag wurde 2012 von Dr. Va-       tag und Abend relativ leicht fällt, im pädago-
lentin Wember gegründet. Aufgabe des Ver-      gischen Gewühle des Vormittags ist da aber
lages ist es, Bücher zur Pädagogik und ins-    noch „viel Luft nach oben“...
besondere zu Pädagogik Rudolf Steiners zu
publizieren. Dazu werden auch Schulbücher      Tröstlich: „Das Kind erzieht sich am sich
für Waldorfschulen gehören. Rudolf Steiner     selbst erziehenden Erwachsenen“.
sprach sich nie generell gegen Schulbücher
aus, sondern er hoffte und wünschte, dass      Justine Gölz
die Lehrerschaft der Waldorfschulen auf die-
sem Gebiet produktiv wird. Der Stratosverlag
wird ein Medium für diese Aufgabe sein.
                                               Für mich waren die folgenden Aussagen
stratosverlag.de                               wichtig : Dass jedes Kind jeden Tag mit dem
                                               Bewusstsein nach Hause geht: Ich bin gese-
                                               hen worden!

                                               Dass ich als Pädagogin erziehe durch Selbst-
                                               erziehung.

                                               Doris Barrot

                                                                                           25
GESTERN - PÄDAGOGIK

Für mich lebt unsere Schule dort, wo ich der   Die Grundstrukturen des heutigen Schulsy-
lebendigen Frage meines Kollegen begeg-        stems stammen aus dem 19.Jahrhundert. Es
ne, wo ich ihn in seiner Freude und seinem     wurde darauf ausgerichtet, genügend Nach-
Scheitern erlebe.                              wuchskräfte für die Uni und Industrie zu pro-
                                               duzieren. Die Entwicklung der wissenschaft-
Dann gibt es keine „alten Zöpfe“ in der Wal-   lichen, mathematischen und sprachlichen
dorfpädogogik, sondern nur steifgewordenes     Intelligenz steht ganz oben.
Denken in jedem Einzelnen.
                                               Es gibt aber noch ganz andere Formen von
Unser Denken muss also so lebendig werden,     Intelligenz - diese werden in den meisten
dass wir den pädagogischen Idealen einer       Schulen kaum berücksichtigt. Die Bewe-
Steinerschule wieder alles zutrauen.           gungsintelligenz, praktische Intelligenz, sozi-
                                               ale Intelligenz und viele künstlerische Intelli-
D.h. konkret: Ich selbst muss die Menschen-    genzen. Diese Kinder glauben irgendwann
kunde meditieren, um die rechte Intuition im   selbst, dass sie nicht intelligent sind. Sie neh-
rechten Moment zu haben.                       men aus der Schule ein Minderwertigkeits-
                                               gefühl mit ins Leben. Dabei sind viele davon
Wembers Buch zu diesem Thema legt eine         sogar sehr intelligent, es wurde aber nicht ge-
grosse Leuchtspur!                             nügend gesehen und gefördert.

Monika Wächter                                 In Zukunft werden Maschinen die zuerst be-
                                               schriebenen Intelligenzen übernehmen, uns
                                               darin überholen. Umso wichtiger noch wer-
                                               den in Zukunft die anderen Formen.

                                               Sarah Pfiffner

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GESTERN
                                                  GESTERN- -SCHULLEBEN
                                                             PÄDAGOGIK

Gewehrkugeln, Gänseblümchen, Königspu-
del, ICH?

Ein Exemplar einer Gewehrkugel gleicht
einem anderen Gewehrkugel-Exemplar des
selben Typs, bis ins letzte Detail.

Ein Gänseblümchen-Exemplar unterscheidet
sich von seinen Artgenossen, je nach Stand-
ort und Bedingungen, nur geringfügig.

Wir erkennen die Familie der Königspudel
weltweit an ihren deutlichen artspezifischen
Merkmalen (was natürlich nicht verhindert,
dass Frauchen oder Herrchen von den be-
sonderen Eigenschaften ihres eigenen Haus-
tieres bildhaft berichten können).

Ich, Du, mein Kind, jedes Kind zeichnet sich
nun gerade dadurch aus, dass wir einander
höchstens äusserlich etwas gleichen, dass
wir uns aber als Persönlichkeiten komplett
von einander unterscheiden, denn wir schrei-
ten alle seit Anbeginn auf individuellsten Le-
benswegen.

Wer bist Du? Was bringst Du mit Dir? Welche
Lebensaufgabe gehört zu Dir und wie kann
ich Dich darin unterstützen? Wer bin eigent-
lich ich selbst?

Sabine Clavadetscher Mathis

                                                                    27
GESTERN - PÄDAGOGIK

Uraufführung Marionetten-Theater
Nun ist das Projekt Marionetten-Theater        Es ist einfach ein unglaubliches Gefühl, wenn
schon Geschichte... viele Eltern und Freunde   man mit den Marionetten spielt und die Zu-
haben es gesehen und die spezielle Magie,      schauer mit den Marionetten mitfühlen.
welche im Saal herrschte, miterlebt.
                                               Die Führung der Puppe ist mir am Anfang
Was können wir noch sagen, als dass es ein     komplex und schwer vorgekommen. Das Nä-
rundum wunderbares und gelungenes Thea-        hen der Kleider verrichtete ich gerne, auch
ter war?                                       das Schminken und die Haare. Der Applaus
                                               und die Rückmeldungen von all den Leuten,
Mein persönlicher Höhepunkt war, am Sams-      die das Stück gesehen hatten, haben mich
tag miterleben zu dürfen, wie die 8.Klässler   sehr erfreut.
mucksmäuschenstill hinter der Bühne wäh-
rend des ganzen Spiels Hand in Hand ge-        Das ganze Projekt war für mich sehr lehr-
arbeitet haben. Jeder Handgriff, jede Bewe-    reich, toll und cool. Ich bin froh, dass ich dies
gung hat gestimmt und ist ohne mein Zutun      erleben durfte.
entstanden. Wunderbar, was die Schüler er-
schaffen, wenn sie den Raum dazu erhalten.     Am Anfangn dachte ich „Hilfe“, wie soll ich
                                               das schaffen? Doch jetzt weiss ich, dass man
Und jetzt lassen wir am besten die Schüler     mit etwas Arbeit fast alles schaffen kann. Man
selbst sprechen!                               muss nur den Mut dazu aufbringen.Ich habe
                                               gelernt, dass man beim Marionettenspielen
Doris Barrot                                   nicht so nervös ist wie beim anderen Theater-

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GESTERN - PÄDAGOGIK

spielen, da man das Publikum nicht sieht und       Ich habe mit dem Kopf angefangen, ihn zu-
auch nicht gesehen wird.                           erst geformt und dann einen Abdruck davon
                                                   gemacht. Danach kamen Arme, Beine und
Es war schwerer als das 8.Klass-Spiel, da          das Kreuz hinzu. Beim Proben fiel es mir
man sich auf die Puppen konzentrieren muss,        manchmal schwer, Berndeutsch zu sprechen.
aber einfacher, weil man das Publikum nicht
sieht. Vor allem bin ich froh, dass wir das ler-
nen durften, danke Frau Barrot und Herr Aebi!

Ich fand es sehr cool, dass wir die erste Klas-
se sind, die ein Marionetten-Theater an dieser
Schule aufgeführt.hat. Das Marionettenthea-
ter-Projekt hat mir sehr viel Spass gemacht.

                                                   Das Gestalten des Körpers hat mir sehr viel
                                                   Spass gemacht und das Nähen der Kleider.
                                                   Das Proben fand ich recht anstrengend und
                                                   anfangs auch sehr schwierig. Es ging aber
                                                   immer besser. Und zum Schluss ist man echt
                                                   stolz auf sich, dass man eine tolle Aufführung
                                                   hinter sich hat.

Ich erlebte das Proben mit den Kulissen, dem
Licht und natürlich den Marionetten als sehr
schön. Das Bauen der Marionetten habe ich
weniger genossen.

                                                                                               29
gestern - pädagogik

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GESTERN - PÄDAGOGIK

Der Bärenhäuter
der Brüder Grimm
aufgeführt von der 8. Klasse

Text, Regie, Marionetten
Doris Barrot
Bühnenbild, Marionetten
Donath Aebi
Musik
Chiara Liebold

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EIN TAG IM LEBEN VON...

Beatrice von Bergen
6.15 Uhr, der Wecker klingelt, es ist noch         sonst aber fit, - ja sie sucht sich bereits freudig
nachtdunkel. Schläfrig steige ich vom Dach-        Spielkameraden.
stübchen die Treppe herunter und öffne Nurias
Tür: „Guten Morgen“. Die bald 17jährige be-        Mit Christine kurz abgesprochen, betreue ich
sucht die 11. Klasse in Ittigen – ihre Geschwi-    heute das Freispiel, während sie mit einigen
ster sind längst erwachsen (Salome 35, Ra-         Kindern die Znünibrötchen formt. Nach und
phael, 34 und Naema 30 Jahre alt).                 nach tröpfeln die Kinder herein. Ich nehme mit
                                                   jedem Kind Kontakt auf – in welcher Verfas-
Noch ein Stockwerk heruntergestiegen und ich       sung befindet es sich?
setze Kaffee- und Teewasser auf. Die uralte
Katze bekommt ihr Futter und ich säubere ihre      Dem Kuscheligen in der Garderobe kann ich
Kiste. Nach dem Frühstück macht sich Nuria         den Funken entzünden, indem ich dem Ge-
auf den Weg.                                       schichtenliebhaber vorschlage, mit mir zusam-
                                                   men die Bärengeschichte aufzubauen. Wenig
Heute erwarten wir in der Kinderstube zehn         später spielt er vertieft die Geschichte mit Wor-
Kinder zwischen zwei bis fünf Jahren und ein       telementen, wie ich sie vor einer Woche das
„Schnupperkind“ mit seiner Mutter. Vier Kin-       erste Mal erzählt habe.
der sind zwei bis vier Mal in der Woche da,
die anderen sechs nur einmal, zwei davon sind      Da kommt der Jüngste, er strahlt übers gan-
vor zwei Wochen neu dazugekommen. Der              ze Gesicht und seine Ärmchen umklammern
Jüngste hatte vor einer Woche seine Mama           mein Bein, während ich seine Mutter begrüs-
weinend vermisst – wie wird er heute ankom-        se – welch ein Glück, er hat schon Vertrauen
men?                                               gefasst! Mit der Mutter bespreche ich, ob sie
                                                   am Mittag bereits zur Geschichte da sein kann,
Die Kirchglocke schlägt zweimal, halb acht –       damit die Zeit für den Kleinen ohne sie noch
höchste Zeit, mich warm eingepackt aufs Fahr-      etwas verkürzt wird. Ein anderer kleiner Jun-
rad zu schwingen. Draussen ists hell gewor-        ge stapft selbstsicher von der Garderobe in
den... um 7.50 Uhr bin ich in der Kinderstube.     die Stube und interessiert sich gleich für den
                                                   Traktor mit Anhänger. Vor kurzer Zeit noch hat
Christine sitzt bereits mit dem Brotteig am        er den Trennungsschmerz von der Mutter laut-
Tisch, eine Mutter mit Kind dabei.                 stark geäussert, nun ist er ,heimisch’ gewor-
                                                   den.
In der Garderobe kuschelt sich ein Kind an sei-
ne Mutter, sie brauchen noch ein wenig Zeit        Da steht der Jüngste vor mir und streckt mir
miteinander. Ein Vater ist dabei, sich zu verab-   seine Jacke entgegen, seine Stiefel in der
schieden, drückt mir schnell Medikamente in        Hand: „Mama“. „Ja, Lieber, deine Mama kommt
die Hand, seine Tochter sei etwas verschnupft,     bald wieder“. Ich nehme ihn an die Hand,

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EIN TAG IM LEBEN VON...

hänge die Jacke and den Haken zurück und             Das Schnupperkind fragt mich, ob es ohne
stelle die Stiefel dazu... „Jetzt können wir noch    Mutter dableiben dürfe. Kurze Absprache mit
spielen“. Er lässt sich darauf ein und stellt alle   Christine - ja, es passt.
Tiere in den Stall, nachdem ich eine Kuh hi-
neingestellt habe.                                   Das grosse Aufräumen beginnt, der Kleine hilft
                                                     tatkräftig an meiner Seite, ein Grosser hilft wie
Die ganze Kinderstube ist mit regem Spielen          immer treu und selbstständig mit, ein Mädchen
erfüllt. Im hinteren Zimmer sitzen zwei Kin-         lässt sich schwer motivieren, ein anderes er-
der am hübsch gedeckten Spieltisch und sie           ledigt für sie die Aufgabe. Im hinteren Zimmer
schöpfen die ,gekochten’ Kastanien in Teller-        rumpelt es, der andere kleine Junge hat gera-
chen, im Ruhezimmer schauen drei Kinder              de das aufgeräumte Geschirr heruntergefegt –
Büchlein an, vorne klettern und rutschen eine        schnell nehme ich ihn an die Hand und bringe
Handvoll Kinder... Da steht der Kleine wieder        ihn zu Christine in die Küche, wo er mithelfen
mit seiner Jacke in der Hand: „Mama“. „Ja, dei-      kann die Früchte fürs Znüni zu schneiden.
ne Mama kommt wieder“. Ich sammle Kasta-             Rasch stelle ich das Geschirr wieder ins Ge-
nien vom Boden und lasse sie in den grossen          stell zurück und schliesse die Türe.
Korb gleiten, gleich macht der Kleine eifrig mit.
                                                     Zeit fürs kleine Bewegungsspiel: In dieser
Beim Klettergestell braucht es eine Regelung,        Gruppe sind alle mit Begeisterung dabei.
damit keines der Kinder zu Schaden kommt.            Die Kinder setzen Zwergenmützen auf – wir
Ein Kind kann diese gerade nicht akzeptieren,        Zwerge wandern mit einem Vers zum Felsen-
es schaut mich spitzbübisch mit einem Hauch          gestein und klopfen singend mit dem Häm-
Unsicherheit an und macht weiter. Es ist der         merchen die Kristalle frei, stecken diese in den
andere neue Junge, wir sind dabei uns kennen-        Sack und wandern „Hucke-Pack“, wohin?
zulernen. “Aua“, tönts vom Spielkameraden –
kurzerhand pflücke ich ihn vom Klettergestell        Eine beachtlich lange „Bergschlange“ steht
und nehme ihn mit mir. Er windet sich dagegen        fürs Händewaschen an. Die mitgebrachten
und ich frage rasch: „Lieber, ist nun gut?“ mit      Früchte und Gemüse und die frisch gebacke-
hochrotem Kopf presst er sein „Ja“ hervor und        nen Brötli werden mit gutem Appetit gegessen.
ich lasse ihn gleich wieder gehen. Bald spielt
er wieder munter mit den Kletterkameraden.           Nach dem Toilettengang begleitet Christine
                                                     die ersten Kinder in die Garderobe zum Anzie-
Der Jüngste steht schon wieder mit seiner Ja-        hen, die Wickelkinder werden frisch gemacht
cke bei mir „Mama“, - Christine und ich tau-         und ich komme mit den letzten Kindern nach
schen einen verständnisvollen Blick aus, ich         in den Garten. Jetzt, in der kalten Jahreszeit
wiederhole wie vorher, wir bleiben gelassen          dauert das Anziehen eine ganze Weile, weil
und heiter, der Kleine auch.                         wir nach dem Motto „Hilf mir es selbst zu tun“

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EIN TAG IM LEBEN VON...

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arbeiten. Bilder helfen auch da zu motivieren:     In der Garderobe lauschen, schauen alle zwölf
So fahren die Beine als Züge durch die Re-         Kinder besonders innig hingegeben die Ge-
genhosentunnel, beim Reissverschluss wird          schichte von den drei Bären von Leo Tolstoi
das Bähnli zusammengehängt und los fährt           - die Mama des Jüngsten ist auch da - wie hat
die Zahnradbahn bis zur Bergstation... Es ist      sich der Kleine gefreut, er hat den Morgen gut
schön zu sehen, wie viele Kinder das seit dem      gemeistert.
Sommer schon selbst tun können.
                                                   Mit einem Spruch beenden wir den Morgen,
Unsere Köchin, eine gute Seele, ist mit ihrem      fünf Kinder bleiben zum Essen, die anderen
Kind eingetroffen und hilft gleich beim Anzie-     dürfen ihre Eltern mit der Glöcklischlange
hen mit, bevor sie in der Küche ihr feines, lie-   herbeirufen. Es gibt einiges zu erzählen, was
bevolles Wirken beginnt.                           die Kinder erlebt haben. Ab 12.30 Uhr, wäh-
                                                   rend die andern Mittag essen, mache ich noch
Draussen füttern wir unsere beiden Kanin-          einmal etwas Ordnung, hänge die Kinderstu-
chen, die schon ganz kribbelig darauf warten.      benwäsche auf, dann gehts aufs Fahrad nach
Im Sand wird bereits intensiv gegraben, ge-        Hause, wo ich hungrig und müde etwas esse.
kocht und gebacken. Eine Gruppe Kinder hat         Gegen 15 Uhr gönne ich mir ein Mittagsschläf-
erhitzte Gesichter vom Rennen, es sind Poli-       chen. Danach ist haushalten, einkaufen und
zisten und Gejagte, ich frage sie: „Braucht ihr    Abendessen zubereiten angesagt. Um 18.30
vielleicht ein Haus?“. Ich hole zwei Böckli und    Uhr ist Nuria wieder da, wir essen gemeinsam,
stelle sie unter den Apfelbaum, wo der Frost       mal erzählt sie etwas, mal ist sie verschlos-
der Sonne weicht. Der grosse Teil des Gartens      sen, mal sprudelt Begeisterung, mal tun sich
liegt in dieser Jahreszeit noch im Schatten. Die   dramatische Hintergründe auf... Gegen Mitter-
Kinder schleppen grosse Bretter herbei, sie        nacht steige ich hoch in mein Dachstübchen,
bauen eine Polizeistation.                         übergebe das Bewegte des Tages den guten
                                                   Kräften der Nacht. Morgen ist Nonna-Tag, da
Ich schneide verdorrte Stängel vom Blumen-         treffe ich meine älteste Tochter mit ihren drei
beet weg, zwei Kinder schneiden eifrig mit. Wir    Kindern. Ich freue mich...
freuen uns an den Schneeglöcklein, Winter-
lingen und sogar Primeli, die bereits aus der      Beatrice von Bergen
dunklen Erde hervorleuchten.

Es ist Zeit für die Geschichte. Sandtöpfe und
Schaufeln werden weggeräumt, die Polizeista-
tion lassen wir stehen, ein Junge möchte sie
der Mutter zeigen.

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STEINERSCHULE UND WAS DANN?

Kaspar Helmle
Mit meinen vier und sieben Jahre jüngeren         vor dem Einschlafen gemeinsam „Ruhe von
Geschwistern bin ich in Burgistein aufge-         des Tages Müh...“ gesungen, etwas melan-
wachsen und dort haben wir alle drei den          cholisch, aber so schön.
Kindergarten besucht. Da meine Eltern die
Steinerschule bereits kannten, ermöglichten       Meine Eltern hatten schon vor der Schul-
sie uns, Valerie, Lorenz und mir, den Schulbe-    zeit mit uns Geschwistern diverse Theater-
such ab der 1. Klasse, damals noch in Spiez       Aufführungen besucht, um so mehr war ich
im Hotel Erika.                                   stolz, dann selber auf der Bühne zu stehen.
                                                  Unser 8.Klass-Stück, welches Fritz Burr ex-
Ende der 8. Klasse zog die Schule nach Stef-      tra für uns geschrieben hatte, hiess: „Licht
fisburg, das war richtig feierlich, als wir mit   im Dunkel“, eine Geschichte über ein Ghetto
einem speziellen Bummelzug von Spiez nach         in Warschau, und war mit den Proben, dem
Thun reisten, um dann das neue Schulhaus          Bühnebild ein Riesenereignis.
zu besichtigen.
                                                  Auch sind wir mehrmals in der 8. Klasse in
Donath Aebi vertraute mir den Akkuschrauber       Ciotto gewesen und haben beim Restaurieren
an und ich durfte am alten Schulort vor dem       geholfen. Über die widerspenstige Motorsä-
Umzug die Wände von Schrauben befreien.           ge, die man fast nicht abstellen konnte, muss
Ich war ein wilder Schüler, die Lehrer hatten     ich heute noch lachen.
es teilweise nicht einfach mit mir, besonders
Donath hat dank mir das eine oder andere          Wir waren die erste Klasse, die ein Waldprak-
graue Haar erhalten.                              tikum machen durfte. Dazu fuhren wir nach
                                                  Abländschen und durften unter Anleitung
Trotzdem hat mir die Schulzeit sehr gefallen.     Bäume fällen und Waldpflege betreiben und
Ich erinnere mich, wie wir in einem Sandkas-      hatten eine wirklich tolle Zeit dort.
ten die Thunersee-Region modelliert haben.
Diese räumliche Darstellung hat mir sehr ge-      Meine Eltern, wie auch viele andere Eltern,
holfen, die Landschaft in den Kopf zu bekom-      haben sich sehr für die Schule engagiert, z.B.
men und mich zu orientieren. Wir haben Nägel      hat meine Mutter im Waldpraktikum und an
geschmiedet, die Epoche vom Korn zum Brot         einigen anderen Tagen gekocht. Sie hat auch
war toll, der Mauerbau... Eine Natursteinmau-     mehrmals das Salatbuffet beim alljährlichen
er durften wir im Diemtigtal angeleitet von Ar-   Sommerfest ,geschmissen‘. Mein Vater half
min Erb erstellen, besonders beeindruckend        in seiner Freizeit beim Umbau in der neuen
war am nächsten Tag, wenn er uns zeigte, ob       Schule mit...
wir gut gearbeitet hatten. Hielten die Steine
oder mussten wir erneut Hand anlegen? Beim
Lager auf der Alp haben wir jeweils abends

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