FAIR WOHNEN - Die Mietervereinigung Österreichs
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FAIR WOHNEN DEZEMBER 2021 DAS MAGAZIN DER MIETERVEREINIGUNG ÖSTERREICHS MVÖ-Umfrage zeigt: Mehrheit der Österreichische Post AG - MZ 02Z033986 M - Mietervereinigung Österreichs, Reichsratsstraße 15, 1010 Wien Österreicher leidet unter explodierenden Wohnkosten Lichterketten: Was ist erlaubt? Was Mieter wissen müssen Lärm: OGH streicht Lagezuschlag Urteil in Wien Schimmel im Winter! Was tun? Rechtstipps für Mieter
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FAIR WOHNEN INHALT OGH »Wir kämpfen für ein gutes Leben für alle« Olivia Janisch, stv. Vorsitzen- de der Gewerkschaft vida, im Interview mit MVÖ-Präsident Georg Niedermühlbichler. Seite 4 Coverstory 58 Prozent sind von steigenden Wohnkosten betroffen. Mieter- vereinigung und Gewerkschaft vida fordern Entlastungspaket. Liebe Leserin, lieber Leser, Seite 12 der Befund ist eindeutig. Die Mehrheit der Ös- terreicher ist von steigenden Wohnkosten be- troffen. In einer großen Online-Umfrage, die »In Zukunft werden wir von der Mietervereinigung gemeinsam mit der unsere Städte von Grund Gewerkschaft vida durchgeführt wurde, gaben auf neu denken müssen« 58 Prozent der Befragten an, ziemlich oder Sozialwissenschaftlerin Sarah sehr unter den Preissteigerungen im Bereich Kumnig über Gegenwart und Mieten und Wohnen zu leiden (siehe Titelge- Zukunft des Wohnens. schichte ab Seite 12). Seite 26 Die Mieten steigen seit zwei Jahrzehnten im Schnitt doppelt so stark wie die Einkommen. Betriebskosten: Überprüfung zahlt sich aus Die Wohnkosten laufen den Gehältern – längst MVÖ holt für Mieterin Geld zurück 9 auch schon in der Mitte der Gesellschaft Winterzeit ist Schimmelzeit – davon. Christian Lechner hat Tipps für Mieter parat 10 Online-Umfrage zum Thema Umbaumaßnahmen Drei zentrale Faktoren sind aus unserer Sicht Fragen zum Thema Bau- und Sanierungsmaßnahmen 18 für diese Entwicklung verantwortlich. Erstens: Lärm: OGH streicht Lagezuschlag ein zersplittertes Mietrecht, das nicht für alle Die Details zu einem Fall in Wien-Josefstadt 22 in gleichem Maß gilt. Zweitens: das Fehlen Lichterketten und Weihnachtsbeleuchtung: Was ist erlaubt? echter Mietzinsobergrenzen. Drittens: die Be- Was sollten Mieter beachten, damit der Weihnachtsfriede hält? 24 fristung von Mietverträgen. Haus verkauft – Mieter raus? NICHT mit uns! Das Team der MV OÖ konnte Entschädigungen aushandeln 29 Deshalb fordern wir auch drei ganz konkre- EU-Parlament: Faires Arbeitsrecht für App-Lieferanten te Änderungen. Erstens: ein faires Mietrecht EU-Parlamentarier Hannes Heide über Lieferdienste 30 für alle. Zweitens: echte Preisobergrenzen Ein Fall für drei bei Mieten. Drittens: Schluss mit befristeten Exklusiver Blick hinter die Kulissen der Mietervereinigung 32 Mietverträgen. MVÖ intern ... 34 Servicestellen ... 36 Es wird Zeit für die Politik, ihre Verantwor- Wie ist das eigentlich? ... 38 MVÖ historisch ... 39 tung wahrzunehmen und sich der Sorgen der Mehrheit in unserem Land anzunehmen. Herzlichst, Ihr IMPRESSUM Herausgeber, Medieninhaber, Redaktion: Druckauflage: 38.250 Exemplare ÖAK Österreichische Mietervereinigung Österreichs, (ÖAK, Jahresschnitt 2020) Auflagenkontrolle Reichsratsstraße 15, 1010 Wien, Tel. 05 01 95, Fax Dw 92000 Coverfoto: istockphoto.com E-Mail: zentrale@mvoe.at, www.mietervereinigung.at Zur besseren Lesbarkeit werden in FAIR WOHNEN Georg Niedermühlbichler Geschäftsführung: Georg Niedermühlbichler personenbezogene Bezeichnungen, die sich zugleich Chefredaktion: Georg Niedermühlbichler auf Männer und Frauen beziehen, in der im Deutschen Redaktion: Elke Hanel-Torsch, Martin Ucik üblichen männlichen Form angeführt, also z. B. Produktion: Martin Ucik »Mieter« statt »MieterInnen« oder »Mieterinnen und Anzeigenleitung: Monika Jurisic Mieter«. Dies soll jedoch keinesfalls eine Geschlechter- Hersteller: Walstead NP Druck GmbH diskriminierung oder eine Verletzung des Gleichheits- grundsatzes zum Ausdruck bringen. FAIR WOHNEN 4/21 3
»Wir kämpfen für ein gutes Leben für alle« Im Fair-Wohnen-Interview spricht Olivia Janisch, stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft vida, mit MVÖ-Präsident Georg Niedermühlbichler über leistbares Wohnen, die kommende Steuerreform und die Lehren aus der Corona-Pandemie. Georg Niedermühlbichler: In Ko- Zusammenhang die von der Regie- Danach sieht es derzeit aber aus. Die operation mit der MVÖ hat die vida rung vorgelegten Pläne? Bundesregierung ist daher gefordert, eine große Mitgliederbefragung zum auch Konzerne, die industrialisierte Thema Mieten und Wohnen in Ös- Es kann nicht sein, dass vor allem Landwirtschaft sowie Vermögende in terreich durchgeführt. Nun liegen Arbeitnehmer, sozial Schwache so- der Pflicht zu nehmen. Bei der Steuer- die Ergebnisse vor: die Mehrheit der wie Pensionisten hauptsächliche die reform hat es die Regierung wieder Befragten ist von Preissteigerungen Kostenträger des Klimaschutzes sind. verpasst, über eine Vermögenssteuer »ziemlich bis stark« betroffen. Was auch von den Reichen einen Beitrag ist zu tun, damit Wohnen in unserem Land leistbar bleibt? »Bei der Steuerre- für Klimaschutz und Armutsbekämp- fung einzuheben. Dabei braucht es form hat es die in Österreich dringend Budgetmittel Regierung wie- Olivia Janisch: Wohnen wird immer gegen Armut durch zu hohe Energie- teurer, steigende Mieten und Betriebs- kosten. Schließlich müssen gegen die kosten fressen die Einkommen der ös- terreichischen Arbeitnehmer auf. Wir der verpasst, über drohende Verarmung von Teilen der Bevölkerung Sozialbudgets, Arbeits- brauchen daher ein Entlastungspaket. Dieses muss gesetzliche Regeln zur eine Vermögens- losengeld, Notstandshilfe und Min- destsicherung genauso wie Miet- und Eindämmung der Immobilien- und Bodenspekulation, eine Mietrechts- steuer auch von Heizkostenschüsse erhöht werden, um einkommensschwächere Perso- reform samt Preisobergrenzen sowie den Reichen einen nen und Familien von den explodie- eine Steuerreform mit sozial gerech- ten Maßnahmen gegen Klimawandel Beitrag für Kli- renden Miet- und Wohnkosten zu entlasten. und Armut durch zu hohe Energiekos- ten umfassen. maschutz und Ar- Als Frauenvorsitzende der Gewerk- mutsbekämpfung schaft kritisierst Du, dass Frauen bei Foto: MVÖ Stichwort Steuerreform und CO2- der Steuerreform das Nachsehen ha- Preis. Wie bewertest Du in diesem einzuheben.« ben. Inwiefern? FAIR WOHNEN 4/21 5
FAIR WOHNEN IM GESPRÄCH Die Höhe des Klimabonus lässt die Bundesregierung die Postleitzahl und nicht die tatsächliche Bedürftigkeit entscheiden. Auch der erhöhte Fami- lienbonus hilft Familien, die ihn tat- sächlich bräuchten, nicht wirklich. Die Frauen haben bei der Steuerre- form das Nachsehen, weil unbezahl- te zumeist von Frauen übernomme- »Es bedarf grund- ne Care-Arbeit, wie Kinderbetreuung und Pflege von Familienangehörigen, sätzlich in vie- aus der Berechnung der Entlastung len Branchen mit herausfallen. Und für genau das, wie der Ausbau von Kindergärten, Horten niedrigen Einkom- und Pflegeeinrichtungen, was Frauen entlasten würde, gibt es keine zusätz- men, wie in der lichen Budgetmittel. Olivia Janisch im Talk mit Georg Niedermühlbichler. Reinigung oder Jede vierte Alleinerziehende in Ös- überproportional von Langzeitarbeits- im Tourismus, terreich ist von ihren Wohnkos- losigkeit betroffen sind. Daher brau- ten überlastet und muss mehr als chen wir eine Politik, welche die Le- in denen über- 40 Prozent ihres Einkommens fürs Wohnen ausgeben. Wie ließe sich bensumstände der Frauen verbes- sert. Das heißt, mehr Investitionen wiegend Frauen die Situation der Alleinerziehenden verbessern? in aktive Arbeitsmarktmaßnahmen zur Verbesserung ihrer Arbeits- und arbeiten, höherer Abgesehen davon, dass die Mie- Einkommensbedingungen sowie die Umsetzung des längst fälligen flächen- Einkommen.« ten runter müssen, spielt hier auch deckenden Ausbaus von kostenlosen eine große Rolle, dass viele Frauen Kinderbildungseinrichtungen – auch ein Rechtsanspruch auf einen Kinder- betreuungsplatz ab dem 1. Geburtstag des Kindes würde helfen. Die EU-Staa- ten investieren im Schnitt ein Prozent ihrer Wirtschaftsleistung in Kinder- gärten, Österreich um ein Drittel we- niger. Deshalb müssen wir hier drin- gend aufholen! Aufgrund des niedrigen Arbeitslosen- geldes in Österreich sind Frauen, die oft in Niedriglohnbranchen arbeiten, im Falle von Arbeitslosigkeit auf einen Zuverdienst angewiesen. Von 840 Euro im Monat kann eine alleinstehende Frau ohne Zuverdienst schlichtweg nicht leben! Die durchschnittlichen Ausgaben liegen über 1.400 Euro im Monat. Wir brauchen daher auch eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes auf 70 Prozent vom letzten Nettoeinkom- men. Es bedarf grundsätzlich in vielen Branchen mit niedrigen Einkommen wie in der Reinigung oder im Touris- mus, in denen überwiegend Frauen arbeiten, höherer Einkommen. Dafür setzen wir uns als Gewerkschaft vida ein. Fotos: MVÖ Olivia Janisch und Georg Niedermühlbichler beim Fair-Wohnen-Interview in der Zentrale der Mietervereinigung. Die Corona-Pandemie ist leider nach 6 FAIR WOHNEN 4/21
»Zueinem guten irgendwie überleben, sondern gut le- ben kann. Dafür setzen wir uns in den Leben gehört Kollektivvertragsverhandlungen mit auch soziale Absi- voller Kraft ein. Neben höheren Ein- kommen brauchen wir aber auch kri- cherung. « senfeste Jobs mit Zukunft. Zu einem guten Leben gehört auch soziale Ab- sicherung. Daher ist es wichtig, dass wie vor ein großer Faktor in unse- rem Alltag. Wie blickst Du als Ver- Bereiche der Daseinsvorsorge, wie Gesundheit, Pflege, Bildung oder Öf- »Die Kurzarbeit treterin der Sozialpartnerschaft auf die letzten 21 Monate zurück? Wel- fentlicher Verkehr, mit entsprechen- den Investitionen gesichert werden. hat sich als be- che Lösungen haben sich bewährt? Was kann, was muss in Zukunft bes- Niemand soll auf sich allein gestellt währtes Mittel der Sozialpartner- sein, egal ob es die Ausbildung be- ser werden? trifft, die Arbeit, die Gesundheit oder Die Kurzarbeit hat sich als bewähr- die Pension. schaft bewiesen tes Mittel der Sozialpartnerschaft be- wiesen und eine Katastrophe am Letzte Frage: Welche Schlagzeile würdest du heuer noch gerne in der und eine Katast- Arbeitsmarkt verhindert. Aber die Co- rona-Pandemie und ihre Auswirkun- Zeitung lesen? rophe am Arbeits- gen haben uns leider noch immer fest Die Einkommensschere ist geschlos- markt verhindert.« im Griff. Die Zahl der Arbeitslosen ist sen - die Frauen verdienen ab sofort in zwar wieder gesunken. Es bestehen aber weiter große Herausforderun- gen, viele Menschen sind noch von Arbeitslosigkeit und Einkommensein- bußen betroffen, während andere re- gelrecht in Arbeit untergehen. Das ist zum Beispiel im Gesundheits- und Pflegebereich der Fall, wo es seit Jah- ren an Personal fehlt. Die Beschäftig- ten haben sich gesunde Arbeitsbedin- gungen und finanzielle Wertschätzung – Stichwort Corona-Bonus – verdient. Das werden wir weiter von der Bun- desregierung für sie einfordern. Wir, als Gewerkschaft vida, kämpfen für ein gutes Leben für alle. Für die Zukunft ist wichtig, die Basis dafür ist und bleibt gute Arbeit mit einem Einkommen, von dem man nicht nur »Die Beschäftigten haben sich gesun- de Arbeitsbedin- gungen und finan- zielle Wertschät- Beim Interview in der MVÖ-Zentrale: Olivia Janisch und Georg Niedermühlbichler. zung – Stichwort allen Branchen genau so viel wie ihre Corona-Bonus Kollegen. Derzeit verdienen die Frau- en in Österreich noch durchschnittlich – verdient.« fast 20 Prozent weniger. Das muss sich ändern – daran arbeiten wir weiter! FAIR WOHNEN 4/21 7
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Betriebskosten: Über- prüfung zahlt sich aus Warum es sich für Mieter lohnen kann, die Betriebskostenabrechnung kontrollieren zu lassen, illustriert ein aktueller Fall der Mietervereinigung Wien. W enn Monika Weissen- Touristen gerechtfertigt sei. De- MVÖ-Juristin Iris Steinhauer böck* abends nach Hau- ren Aufenthalt im Wohnhaus beanstandete für Weissenböck se kommt, blickt sie beim wäre den Mietern nicht zumut- neben den Kosten für den Be- Eingangstor in vertraute Ge- bar. Außerdem würden die An- wachungsdienst die ebenfalls in sichter. Die freundlichen Her- gestellten des Wachdienstes der Betriebskostenabrechnung ren des Wachdienstes wün- auch Aufgaben eines Hausbe- befindliche Position »Brand- schen ihr einen guten Abend. sorgers übernehmen, etwa die schutz« - für die der Mieterin Ein nettes Service. Das ist die Schneeräumung, die Betreuung anteilig 88,90 Euro verrechnet eine Seite. Die andere Seite ist: der Grünanlagen in den Hö- wurden. Im Einvernehmen mit exakt 207.372,30 Euro kostete fen und die Zählerablesung von der Mieterin erreichte Steinhau- das Rund-um-die-Uhr-Service Strom und Wasser. er mit der Hausverwaltung eine allein im Jahr 2019 – und wur- Iris Steinhauer außerbehördliche Lösung: die de über die Betriebskosten ab- Laut Mietrechtsgesetz können ist Juristin der Mieter- Kosten für die Position »Brand- gerechnet. Für Weissenböck be- den Mietern »angemessene« vereinigung in Wien schutz« werden zur Gänze re- deutete das 2019 Mehrkosten Kosten für die Hausbetreuung fundiert; jene für Wachdienst von 1.435,64 Euro in ihrer Be- über die Betriebskostenabrech- bzw. Hausbetreuung zu 70 Pro- triebskostenabrechnung. Die nung weiterverrechnet werden, zent. Insgesamt erhielt Weissen- Mieterin wandte sich an die im Wesentlichen allerdings nur böck so 1.203,24 Euro zurück. Mietervereinigung. für die Bereiche Reinigung, War- tung der Allgemeinflächen und »Die Kontrolle der Betriebskos- Das Haus befindet sich in recht Gemeinschaftsanlagen ein- tenabrechnung kann sich aus- prominenter Lage in der Wie- schließlich der Schneeräumun- zahlen«, sagt Steinhauer. Die ner Innenstadt und steht unter gen. Ob die verrechneten Kos- Experten der MVÖ helfen Mit- Denkmalschutz. Seitens der ten »angemessen« sind, hängt gliedern gerne bei der Anfor- Hausverwaltung wird der Wach- wiederum vom konkreten Ein- derung einer fehlenden und dienst damit begründet, dass zelfall ab. auch bei der genauen Über- eine Zutrittskontrolle wegen der prüfung einer vorliegenden großen Anzahl an neugierigen Damit zurück zum Einzelfall. Betriebskostenabrechnung. Fotos: Flex Point Security/istockphoto.com, MVÖ *Name von der Redaktion geändert FAIR WOHNEN 4/21 9
FAIR WOHNEN STEIERMARK FALL Winterzeit ist Schimmelzeit Jährlich mit beginnender Winterzeit häufen sich in der Landesorganisation Steier- mark die Anfragen zu Schimmelbildung in der Mietwohnung. Aus diesem Grund ein kurzer Leitfaden, was bei Auftreten von Schimmelflecken zu beachten ist. E s gibt im Mietrecht grob ge- durch einen Professionisten be- Mietzinsminderung (3 Ob sprochen zwei Arten von gutachtet werden soll. Legen Sie 286/05p). Natürlich braucht kei- Schimmel. Einmal den rein möglichst detailliert dar, auf- ne Mietpartei zu Beginn oder oberflächlichen Schimmel, wel- grund welcher Umstände sie auch im Laufe des Mietverhält- cher mit Mitteln aus dem Bau- im Gebrauch der Mietwohnung nisses mit Schimmel rechnen. markt oder der Apotheke leicht eingeschränkt sind. Das heißt Daher ist davon auszugehen, beseitigbar ist. Dabei handelt wie sich die Schimmelbildung dass Schimmel der mittleren es sich nicht um einen erns- konkret auf ihr Wohnverhalten Brauchbarkeit einer Wohnung ten Schaden und muss dieser und ihre Wohnsituation aus- entgegensteht (8 Ob 34/17h). Schimmel von der Mietpartei wirkt. (Beispiele: Verweis dar- Wird ein Objekt zu Wohnzwe- selbst entfernt werden. Solch Christian Lechner auf, dass ein Zimmer de facto cken vermietet, hat der Vermie- ein Schimmelfall kommt nach ist Landesvorsitzender unbrauchbar ist, ausweichen in ter dafür einzustehen, dass es in ein- oder zweimaliger Behand- der Mietervereinigung andere Wohnungsteile um eine ortsüblicher Weise auch genutzt lung auch nicht wieder. Dann Steiermark. weitere Gesundheitsbeeinträch- werden kann. Dazu zählt u.a., gibt es aber noch den ernsten tigung auszuschließen, Schim- dass mit einem durchschnittli- Schimmelschaden, wobei hier mel breitet sich auf Bettdecke chen Lüften das Auslangen ge- der Schimmel aus dem Mauer- und Mobiliar aus…). funden werden kann. werk kommt. Der Grund kann in Baugebrechen, Kälte- oder Rat & Hilfe Tut die Hausverwaltung nichts Ist ein darüber hinausgehendes Wärmebrücken und ähnlichem Angebot und Außen- dergleichen kann man sich na- Lüftungsverhalten erforderlich liegen. Dieser Schimmel muss stellen der Mieterver- türlich auch selbst um einen um Schimmelbildung zu ver- vom Vermieter sach- und fach- einigung Steiermark: Gutachter kümmern, um zu- meiden, ist davon auszugehen, gerecht beseitigt werden. Ein mindest einmal die Schadens- dass dies an der Beschaffenheit Indiz für einen ernsten Scha- ursache zu kennen. Aber Ach- der Wohnung und nicht am nor- den ist es, wenn der Schimmel tung: Die Kosten für den Gut- malen Wohnverhalten der Miet- trotz oberflächlicher Behand- achter müssen Sie als Mieter in partei liegt. Kann Schimmelbil- lung und richtigem Beheizen diesem Fall selbst übernehmen. dung mit einem normalen Lüf- und Belüften der Räume durch mietervereinigung.at/738/ Leistungsumfang-Zustaendigkeit tungsverhalten nicht verhindert die Mietpartei immer wieder Bei Altbaumietwohnungen steht werden, ist diese dem Vermieter, auftritt. auch die Möglichkeit eines An- nicht dem Mieter zuzurechnen trages auf Durchführung drin- (8 Ob 34/17h). Weitere Vorgehensweise: doku- gend notwendiger Erhaltungs- mentieren Sie die Schimmel- arbeiten bei Schlichtungsstelle bildung unverzüglich mit Fotos bzw. Bezirksgericht offen. und senden Sie diese schriftlich Fotos: MVÖ an den Vermieter bzw. die Haus- Schimmelbildung als erns- verwaltung verbunden mit der ter Schaden des Hauses be- Aufforderung, dass der Schaden rechtigt drüber hinaus zur 10 FAIR WOHNEN 4/21
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Mehrheit der Öster- reicher leidet unter ex- plodierenden Wohnkosten Eine alarmierende Umfrage zeigt: 58 Prozent sind von steigenden Wohnkosten be- troffen. Mietervereinigung und Gewerkschaft vida fordern ein Entlastungspaket. U nklare gesetzliche Miet- Privat-, Genossenschafts- bzw. MVÖ und Gewerkschaft von zins-Obergrenzen, rück- Gemeindewohnungen, wie der Bundesregierung ein Ent- läufige Wohnbau- und Sa- auch Eigenheimbesitzer. lastungspaket. Dieses muss ge- nierungsförderung, aber auch setzliche Maßnahmen zur Ein- Entlastungspaket gefordert 58% Zinshaus- und Bodenspekulan- dämmung der Spekulation, ten treiben die Preise für Woh- Der Befund ist klar: Gering- und Preisobergrenzen, eine Miet- nungen, Häuser und Grundstü- Mittelverdiener müssen immer rechtsreform, sozial gerecht ge- der Österreicher sind cke in die Höhe. Die Folge: Woh- von Preissteigerun- größere Anteile ihres Einkom- staltete Maßnahmen gegen nen wird immer teurer und das gen beim Wohnen mens in Wohnkosten stecken. den Klimawandel sowie Maß- nicht erst seit gestern. Steigende sehr oder ziemlich Damit dieser Trend endlich ge- nahmen gegen Armut durch zu Mieten und Betriebskosten fres- betroffen. brochen werden kann, fordern hohe Energiekosten umfassen. sen die Einkommen der Öster- reicher immer mehr auf. Angesichts solcher Rahmenbe- Betroffenheit durch Preissteigerungen bei Mieten und Wohnen in % dingungen zeigten sich auch 40 klar mehr als die Hälfte (58 Pro- 37 sehr betroffen zent) in einer Umfrage von den 35 Preissteigerungen der letzten ziemlich betroffen Jahre im Bereich des Wohnens und Mietens sehr bzw. ziemlich 30 28 wenig betroffen betroffen. gar nicht betroffen 25 Zu diesem alarmierenden Er- 21 Ich habe keine Preissteigerungen im gebnis kommt eine von Reich- 20 Bereich Mieten und Wohnen festgestellt mann Research Consulting im Auftrag der Mietervereinigung keine Angabe Österreichs (MVÖ) und der Ge- 15 Grafiken: rodnikovay/istockphoto.com, MVÖ werkschaft vida durchgeführte weiß nicht Studie. Dabei wurden per On- line-Umfrage im Zeitraum Sep- 10 8 tember 2021 aktuelle Aspekte zum Thema Mieten und Woh- 5 3 nen unter 2.402 Mitgliedern 1 1 von MVÖ und vida erhoben. Zu 0 den Befragten aus ganz Öster- Frage im Wortlaut: Innerhalb der letzten Jahre gab es spürbare Preissteigerungen im Bereich Mieten und Wohnen. reich zählten sowohl Mieter von Sind Sie persönlich von den Preissteigerungen in diesen Bereichen sehr, ziemlich, wenig oder gar nicht betroffen? n=2.402 FAIR WOHNEN 4/21 13
FAIR WOHNEN THEMA Wer ist für die Preissteigerun- Wer ist für diese Preissteigerungen verantwortlich? gen verantwortlich? Angaben in %, Mehrfachnennungen möglich »Dass es eines solchen Entlas- tungspakets seitens des Bun- des bedarf, zeigt die durchge- führte repräsentative Befragung. Spekulation mit Immobilien 67 Ihre Ergebnisse lassen das hohe die Politik 50 Ausmaß der finanziellen Mehr- belastung, mit denen die Befrag- die Bundesregierung 32 ten durch die Preissteigerun- gen im Bereich des Mietens und mangelnder öff. Wohnbau 30 Wohnens konfrontiert sind, klar erkennen«, so die stv. vida-Vor- Gebühren (Müll, Wasser, ..) 27 sitzende und Bundesfrauenvor- die Bauträger 26 sitzende Olivia Janisch. die Immobilienmakler 25 Als Verantwortliche für die- se Preissteigerungen nennen die Landesregierung 21 rund zwei Drittel der Befragten (67 Prozent) die Spekulation mit Immobilien, exakt die Hälfte (50 0 10 20 30 40 50 60 70 80 Prozent) sieht die Verantwor- Frage im Wortlaut: Und wer ist Ihrer Meinung nach verantwortlich für die steigenden Preise im Bereich Mieten und Wohnen? tung dafür bei der Politik. n=2.402 Mehr als ein Drittel aller Befrag- ten sieht hier explizit die Bun- desregierung in der Verantwor- tung, jede/r Fünfte die jeweilige bei den Bauträgern sowie den Immobilienmaklern. 67% der Österreicher ma- einer Delogierung – verstärkt durch die Corona-Krise – be- droht sind. Eine überwältigen- Landesregierung. Mangelnder Delogierungen chen die Spekulation de Mehrheit (85 Prozent) der mit Immobilien für öffentlicher Wohnbau wird von könnten ansteigen befragten vida- und MVÖ-Mit- Preissteigerungen 30 Prozent der Befragten als Weiters ist auf Basis der Um- verantwortlich. glieder plädiert dafür, dass die Preistreiber bei Wohnen und frageergebnisse ein sehr hohes Bundesregierung diesen laut Mieten angesehen, jeweils etwa Ausmaß an Solidarität mit jenen AK-Studie heuer bis zu geschätz- ein Viertel sieht eine Mitschuld Menschen erkennbar, die von ten 48.000 Menschen, die von Delogierungen bedroht sind, fi- nanziell unter die Arme greift. Delogierungen: Soll die Bundesregierung helfen? Angaben in % »Diese Hilfe sollte ähnlich wie beim Härtefallfonds für Unter- 60 nehmen umgesetzt werden«, 53 auf jeden Fall schlägt Georg Niedermühlbich- ler, Präsident der MVÖ, vor. Le- 50 diglich 7 Prozent der Befragten eher schon sprechen sich mehr oder weni- ger explizit gegen Hilfsmaßnah- 40 eher nicht men aus. 32 auf keinen Fall Kosten für Klimawandel: 30 Wer wird sie tragen? weiß nicht Darüber hinaus zeigt die Erhe- bung den hohen Grad der von 20 keine Angabe den Befragten erwarteten Unge- rechtigkeit hinsichtlich der Las- tenverteilung bei den Kosten für 10 5 5 3 die Bewältigung der Klimakrise. 2 0 Dies lässt sich anhand der Dis- krepanz zwischen der Erwar- Frage: Verstärkt durch die Covid 19 Krise warnen vida und MVÖ schon vor einer starken Zunahme an Delogierungen. Bis zu 48.000 werden für 2021 in Österreich erwartet. Soll daher die Bundesregierung den Betroffenen finanziell, ähnlich dem tung »Wer wird die Hauptlast Härtefallfond für Unternehmen, unter die Arme greifen? n= 2.402 tragen?« sowie dem Anspruch 14 FAIR WOHNEN 4/21
»Wer soll die Hauptlast tragen?« Bekämpfung des Klimawandels: Wer wird Hauptkosten tragen? klar nachvollziehen. Angaben in %, Mehrfachnennungen möglich Die befragten Mitglieder von vida und MVÖ sind sich die normalen Leute 70 in der Einschätzung einig: Unter derzeitigen Gesichts- die Arbeitnehmer 68 punkten betrachtet, werden die sozial Schwachen 45 die normalen Leute – vor allem Arbeitnehmer, sozial Schwache, die kleinen Landwirte 38 kleine Landwirte sowie Pensio- nisten die Hauptlast jener Kos- die Pensionisten 33 ten zu tragen haben, die für die 11 die Arbeitgeber Bekämpfung des Klimawandels aufgewendet werden. 10 die Konzerne 8 die große, industrialisierte Landwirtschaft Kosten für Klimawandel: Wer soll sie tragen? 5 die Vermögenden Stellt man die Frage umgekehrt danach, wer die Hauptlast der Kosten für die Bekämpfung des 0 10 20 30 40 50 60 70 80 Klimawandels tragen soll, ergibt Frage im Wortlaut: Kommen wir nun zum Thema Klimaschutz: Was denken Sie, wer wird die Hauptlast der Kosten für sich ein ebenso eindeutiges Bild. die Bekämpfung des Klimawandels tragen? n=2.402 Die Befragten sehen in erster Li- nie Konzerne, industrialisier- te Landwirtschaft sowie Vermö- gende in der Pflicht. Bekämpfung des Klimawandels: Wer soll die Hauptkosten tragen? vida und MVÖ Angaben in %, Mehrfachnennungen möglich fordern Entlastungspaket »Die Bundesregierung muss die- sen Erwartungshaltungen der die Konzerne 85 Betroffenen und den alarmie- renden Ergebnissen der Studie die große, industrialisierte Landwirtschaft 75 68 jetzt mit einem Entlastungspa- ket für Mieten und Wohnen im die Vermögenden 66 Rahmen der jüngst bekannt ge- 23 die Arbeitgeber 38 wordenen Steuerreform Rech- nung tragen, denn derzeit hat 9 die normalen Leute 33 diese die Bezeichnung ›öko-so- 8 die Arbeitnehmer zial‹ nicht verdient«, fordern Ja- nisch und Niedermühlbichler. 5 die kleinen Landwirte Es kann nicht sein, dass Konzer- ne und Reiche von der Reform 5 die Pensionisten profitieren, während Klein- und 4 die sozial Schwachen Mittelverdiener mit dieser be- straft werden. 0 20 40 60 80 100 Immobilienspekulationen Frage im Wortlaut: Und was denken Sie, wer soll die Hauptlast der Kosten für die Bekämpfung des Klimawandels tragen? Grafiken: MVÖ; Daten: Reichmann Research Consulting eindämmen n=2.402 Zudem braucht es an erster Stel- le wegen der ausufernden Im- und soziale sowie gesellschafts- Bauvereinigungen zunehmend mobilienspekulationen hier- politische Aspekte im Bereich schwer, Flächen für die Er- zulande auch dringend Maß- Wohnen müssen gegenüber richtung leistbarer Wohnun- nahmen gegen die steigenden der Wettbewerbsfreiheit und gen zu finden. Wien hat mit Grundstückspreise, so vida und Profitgier eindeutigen Vor- der Reform der Bauordnung MVÖ. Wohnen muss in der ös- rang erhalten. Die stetig stei- 2018 einen Schritt in die richti- terreichischen Verfassung als genden Grundstückspreise ma- ge Richtung gesetzt: mit einer Grundrecht verankert werden chen es auch gemeinnützigen neuen Widmungskategorie FAIR WOHNEN 4/21 15
FAIR WOHNEN THEMA »Geförderter Wohnbau« sol- das eigentlich einen Preisschutz – konkret steht hier die Bundes- len die Kosten für Bauland be- garantieren soll, fehlen klare ge- regierung in der Pflicht, da das grenzt und der Spekulation mit setzliche Regelungen. Diese Lü- Mietrecht Bundessache ist.“ Grundstücken ein Riegel vorge- cke begünstigt einen Wildwuchs schoben werden. Die neue Wid- an Zuschlägen zur Miete, die Ein Mietrecht für alle mung kann bezahlbare Grund- häufig erst in Verfahren vor der Derzeit gibt es viele verschie- stücke für den Bau von neuen Schlichtungsstelle oder vor Ge- dene Regelungen für Mietwoh- Genossenschafts- und Gemein- nungen. Im privaten Sektor ent- dewohnungen sichern und da- scheiden historische Stichta- mit preisdämpfend auf den ge, ob das Mietverhältnis dem Wohnungsmarkt wirken. Eine Mietrechtsgesetz unterliegt Maßnahme, die in dieser Form oder nicht. Nur im sogenann- auch in anderen Bundesländern ten »Vollanwendungsbereich« wirksam sein könnte. des Mietrechtsgesetzes gelten sowohl Preis- als auch Kündi- Preisobergrenzen bei Mieten gungsschutz für Mieter. Die wa- Die MVÖ fordert außerdem ckeligen Preisgrenzen des Miet- eine klare Preisobergrenze für rechtsgesetzes gelten damit alle Mietverhältnisse. »Für Mie- praktisch nur in Altbauten (er- ter sind die Belastungsgrenzen richtet vor 1945). Dies betrifft in längst erreicht – für junge Fa- Österreich rund 40 Prozent aller milien und Alleinerzieherinnen privaten Hauptmieten. Für die und Alleinerzieher oft schon Mehrzahl der privaten Mietver- deutlich überschritten«, er- Alexander Reichmann hältnisse (rund 60 Prozent) gibt klärt Niedermühlbichler. Wenn richt überprüft werden können. (Reichmann Research es gar keinen gesetzlichen Preis- heute selbst ein durchschnittli- Die MVÖ tritt daher für klare Consulting) führte die schutz. Die Miethöhe ist be- ches Einkommen für einen gro- und nachvollziehbare Mietzins- Umfrage für vida und liebig, es können Ablösen ver- MVÖ durch. ßen Anteil der Wohnungen am obergrenzen ein. In einem Zu- langt werden, die Abrechnung privaten Mietsektor nicht mehr und Abschlagskatalog sollen der Betriebskosten und die Be- ausreicht, während auf der an- sämtliche Zuschläge auf maxi- hebung von Schäden ist ungere- deren Seite die Immobilien- mal 25 Prozent vom Richtwert gelt. Nachdem sich der histori- wirtschaft satte Gewinne feiert, gedeckelt werden. Niedermühl- sche Stichtag nicht ändert, wird dann ist der sogenannte »freie bichler: »Wohnen ist ein Grund- naturgemäß der Anteil der Miet- Wohnungsmarkt« ganz offenbar bedürfnis, das für uns alle leist- wohnungen, für die ein echter aus den Fugen geraten. bar sein muss. Politische Lösun- MVÖ und vida präsen- Mieterschutz gilt, immer kleiner. gen sind längst überfällig und tieren die Umfrage im Daher braucht es endlich ein Selbst im Vollanwendungsbe- die Vorschläge zur Verbesse- Rahmen einer Presse- faires Mietrecht für alle, fordert reich des Mietrechtsgesetzes, rung liegen längst auf dem Tisch konferenz in Wien. Niedermühlbichler. Es ist nur 16 FAIR WOHNEN 4/21
schwer einzusehen, weshalb haben. »Unbezahlte zumeist ein 76 Jahre zurückliegender Er- von Frauen übernommene richtungszeitpunkt ausschlag- Care-Arbeit, wie Kinderbetreu- gebend für die Anwendbarkeit ung und Pflege von Familien- des Mietrechtsgesetzes sein soll. angehörigen, fallen aus der Be- »Preisschutz und Kündigungs- rechnung der Entlastung heraus. schutz sind die zentralen Säulen Das entspricht nicht der ver- des Mieterschutzes. Dies muss pflichtenden gendergerechten auch für alle Mietverhältnisse Budgeterstellung.« Zudem sind gelten.« Ausnahmen vom Preis- keine Investitionen in den Aus- schutz sollten künftig nur für bau von Kindergärten, Horten Neubauten gelten, die vor we- und Pflegeeinrichtungen vor- niger als 30 Jahren vor Mietver- gesehen. »Aber genau das wür- tragsabschluss errichtet wurden. de langfristig eine Entlastung für Damit bliebe der Investitionsan- die Frauen bringen«, kritisiert reiz erhalten, der Anwendungs- MVÖ-Präsident Georg Janisch das Fehlen »essenziel- bereich des Gesetzes würde sich Niedermühlbichler: und große Unternehmen. »Mie- ler Verbesserungen« für Frauen. jedoch nicht allmählich immer Es braucht endlich ten und Wohnen wird für die mehr reduzieren. ein faires Mietrecht Durchschnittsösterreicher da- Klimaabzocke bei Mietern für alle. durch nicht billiger«, kritisiert Die Arbeitnehmer tragen ohne- die stv. vida-Vorsitzende: Wie- hin gemeinsam mit den Pensio- der einmal habe es die Bundes- nisten und als Konsumenten 80 regierung bei der Steuerreform Prozent der Steuerlast. Als Mie- verpasst, über eine Vermögens- ter können sie sich zudem die steuer auch von den Reichen Art der Energieversorgung nicht und Privilegierten einen Beitrag aussuchen und zahlen durch zu Klimaschutz und Armutsbe- CO2-Steuern drauf. Denn kön- kämpfung einzuheben. nen sie nicht auf andere Heizar- ten ausweichen, wird das bei der Armutsbekämpfung bleibt auf Rückverteilung bei der Steuerre- der Strecke form nicht berücksichtigt. Die Gewerkschaft vida fordert zudem, dass es in Österreich Deswegen müssen in die kom- dringend Maßnahmen gegen mende CO2-Bepreisung unbe- Armut durch zu hohe Energie- dingt die Vermieter miteinbezo- Olivia Janisch (stv. kosten braucht. Denn als großes gen werden. Schließlich haben Sozial gerechte Maßnahmen vida-Vorsitzende): Fragezeichen der Reform bleibt, die Mieter keine Möglichkeit, gegen Klimawandel Armutsbekämpfung was an Budgetmitteln noch üb- das Heizsystem in einem Mehr- Eine Postleitzahl, wie sie etwa bleibt bei der Steuer- rigbleibt, um dringenden Inves- parteienhaus zu ändern. »Es reform auf der Strecke. für die Höhe des Klimabonus titionen etwa in die Armutsbe- ist ungerecht und auch klima- im Zuge der Reform ausschlag- kämpfung zu tätigen. Schließ- politisch verfehlt, wenn der gebend sein soll, sagt noch lich müssen Sozialbudgets, CO2-Preis für den Betrieb die- nichts über die finanzielle Situ- Arbeitslosengeld, Notstandshil- ser Heizungen den Mietern auf- ation von Menschen und ihre fe und Mindestsicherung genau- gebürdet wird«, erklärt Nieder- Kosten für Wohnen und Mo- so wie Miet- und Heizkosten- mühlbichler. Schon das Erneu- bilität aus. Maßnahmen gegen schüsse erhöht werden, um ein- erbaren-Ausbau-Gesetz bringt den Klimawandel müssen so- kommensschwächere Personen Mietern Mehrkosten von durch- zial gerecht gestaltet sein, for- und Familien von den explodie- schnittlich rund 60 Euro. Durch dert Janisch. Die Steuerreform renden Miet- und Wohnkosten die CO2-Steuer kommen schon ist dafür in ihrer aktuell vor- zu entlasten. »Sonst droht mit- zu Beginn noch einmal mehr als liegenden Form aber nur we- telfristig die totale Verarmung 100 Euro dazu – und dieser Be- nig geeignet. Der Familienbo- von Teilen der Bevölkerung«, trag wird immer weiter steigen. nus würde Familien, die ihn tat- warnt Janisch. »Es kann nicht sein, dass auf der sächlich bräuchten, nicht helfen. einen Seite Mieter mehr bezah- Die Steuerreform ist nur der ten- Frauen haben das Nachsehen len müssen, damit sich auf der denzielle Ausgleich der kalten Die vida-Bundesfrauenvorsit- anderen Seite Vermieter Inves- Progression für Arbeitnehmer zende betont auch, dass die titionen in klimafreundlichere Fotos: MVÖ und ein unnötiges Milliarden- Frauen einmal mehr bei der Heizformen und energetische Steuergeschenk an Konzerne Steuerreform das Nachsehen Sanierungen ersparen können.« FAIR WOHNEN 4/21 17
FAIR WOHNEN UMFRAGE Ihre Meinung zählt! Online-Umfrage zum Thema Umbaumaßnahmen Das Institut für Höhere Studien (IHS) führt eine aktuelle Umfrage zum Thema Bau- und Sanierungsmaßnahmen durch. Als Leser von Fair Wohnen können Sie anonym daran teilnehmen. Die nachstehenden Informationen veröffentlicht. Die Teilnahme dau- wurden der Redaktion vom IHS zur ert nur ca. 5 Minuten. Füllen Sie den Verfügung gestellt: Fragebogen jetzt aus und leisten Sie einen wertvollen Beitrag zu unserer Viele Menschen machen im Laufe ihres Forschung! Lebens Erfahrungen mit Bau- und Sa- nierungsmaßnahmen. In der Umfrage Zur Teilnahme: geht es um Ihre Einstellung zu Umbau- maßnahmen im eigenen Wohnumfeld. http://go.ihs.ac.at/ umbaumassnahmen Wir sind insbesondere daran interes- siert, welche Faktoren die Akzeptanz solcher Maßnahmen beeinflussen. Institut für Höhere Studien in Wien Für Ihre Unterstützung bedanken sich Die Umfrage wird durch das Institut für anonym verarbeitet. Die Ergebnisse Raphael Gottweis, Kerstin Grosch, Her- Höhere Studien durchgeführt. werden in einer wissenschaftlichen Pu- mann Kuschej, Anna Walter vom Insti- Alle erhobenen Daten werden blikation auf https://irihs.ihs.ac.at/ tut für Höhere Studien.
Anzeige Rechtsschutz für alle Fälle Doris Wendler, Vorstandsdirektorin der Wiener Städtischen Versicherung, über die sinnvolle Ergänzung für Immobilieneigentümer – die Rechtsschutzversicherung. Frau Wendler, eine Kfz- oder Anwalts- und Gerichtskos- Haushaltsversicherung stellt ten jedenfalls selbst zu tra- in Österreich niemand in gen sind. Frage – wie ist es mit der Rechtsschutzversicherung? Worauf kommt es bei einer Wendler: Eine kleine Unacht- Rechtsschutzversicherung an? samkeit oder einfach nur Pech Wendler: Jeder Mensch hat – jeder kann sehr schnell in individuelle Bedürfnisse in eine Situation kommen, in der Bezug auf die rechtliche Ab- rechtlicher Beistand benötigt sicherung. Die neue Rechts- wird. Die Bandbreite ist dabei schutzversicherung »Mit Si- enorm: ob im Alltag, im Stra- cherheit Recht« der Wiener ßenverkehr, im Beruf oder im Städtischen ›Mit Sicherheit Internet – rechtliche Beratung Recht‹ ist flexibel und passt oder etwaige Prozesskosten sich den Lebensschwerpunk- können sich rasch auf meh- ten der Kunden an. Sechs rere tausend Euro belaufen. Doris Wendler, Vorstandsdirektorin der Wiener Städtischen Versicherung. neue Deckungsbausteine, Unsere neue Rechtsschutz- wie z.B. der Herausgabe-, der Versicherung ›Mit Sicherheit Recht‹ ist zu einem Privileg von einigen wenigen Steuer-, der Daten-, der Gutachten- und am Puls der Zeit und bietet ab sofort wird, gibt es die Rechtsschutzversiche- der Vermögensveranlagungs-Rechts- all unseren Rechtsschutz-Versicherten rung, die man schon für wenig Geld ab- schutz sind dabei inkludiert. Darüber sicheren Schutz in der digitalen Welt – schließen kann. hinaus bieten die Varianten »CLAS- und das auch schon in der BASIC-Va- SIC« und »PREMIUM« zahlreiche Zu- riante. Der Bedarf an juristischer Unter- Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, satzpakete, wie Service-, Gesundheits- stützung steigt vor allem im Bereich des dass man im Laufe seines Lebens auf oder ein Mediations-Paket, und gehen Internets – neue Risiken wie Online-Be- eine Rechtsschutzversicherung zurück- so auf individuelle Bedürfnisse ein. So trug, Phishing beim Online-Banking, greifen muss? sind etwa im Rahmen des Service-Pa- Datenschutz, Urheberrecht oder auch Wendler: Die österreichischen Gerich- kets Vertragsüberprüfungen oder Bera- Mobbing steigen seit einigen Jahren te behandeln pro Jahr rund 2,9 Millio- tung im Disziplinarrecht, im Gesund- stark an. nen Geschäftsfälle, rund 500.000 Fälle heits-Paket anwaltliche oder notarielle davon entfallen auf Zivilsachen – das Beglaubigungen von Patientenverfü- Aber hat nicht jeder Bürger – ob mit heißt Fälle, bei denen in der Regel gungen oder Vertragsstreitigkeiten bei oder ohne Rechtsschutzversicherung – eine Rechtsschutzversicherung zu Hil- der Pflege naher Angehöriger und im das Recht, sein Recht auch vor Gericht fe kommen könnte. Mit dem Zivilrecht Mediations-Paket die Kosten für einen durchzusetzen? kommen wir alle tagtäglich in Berüh- Mediator über die Belange der gemein- Wendler: Selbstverständlich. Allerdings rung – ob beim Abschluss eines Kauf- samen Kinder im Fall einer Trennung scheuen sich immer mehr Privatperso- vertrags, im Rahmen einer Schenkung bzw. Scheidung inkludiert. nen vor dem Gang zum Gericht. Denn oder wenn man jemandem etwas leiht. die Anwalts- und Gerichtskosten im Selbstverständlich gelten auch die so Was raten Sie Selbstständigen in Bezug Rahmen eines zivilrechtlichen Verfah- typischen Streitigkeiten mit dem Nach- auf die Rechtsschutzversicherung? rens steigen stetig an. Zwar sind drei barn oder Konflikte wegen einer Erb- Wendler: Gerade wer selbstständig Viertel aller Zivilverfahren binnen we- schaft ebenso als Zivilsache wie Strei- tätig ist, braucht neben der privaten niger Wochen erledigt, doch die rest- tigkeiten, die sich durch die Nutzung sehr oft eine passende Rechtsschutz- Foto: Wiener Städtische by Jeff Mangione lichen, sogenannten »streitigen« Fäl- des Internets ergeben können. Die versicherung für seine berufliche Tä- le dauern derzeit zwischen sechs und Bandbreite reicht hier von Datenmiss- tigkeit. Denn alle Rechtsangelegen- 13 Monaten – und mit jedem Tag stei- brauch bis hin zu Betrug, Verletzun- heiten im beruflichen Alltag können gen selbstverständlich die Kosten. Zu- gen des Urheberrechts, gehackte Pro- besonders teuer ausfallen und die sätzlich besteht natürlich in jedem Ver- file, Mobbing oder Stalking. Auch zu Konsumentenschützer helfen nur sel- fahren das Prozessrisiko, welches oft erwähnen ist der Versicherungsschutz ten. Unsere Rechtsschutzkombinatio- ein weiteres Argument ist, das Verfah- im Straf-Rechtsschutz, da – unter der nen bieten bereits einen sehr weitrei- ren vor Gericht nicht zu führen. Damit Voraussetzung, dass der Versicherungs- chenden Versicherungsschutz auch für also die Durchsetzung von Recht nicht nehmer tatsächlich unschuldig ist – die Selbstständige. FAIR WOHNEN 4/21 19
Mehr Sicherheit für Mitglieder der MVÖ: Mit dem Rechtsschutz der Wiener Städtischen Versicherung. (Gruppenrechtsschutzversicherungsvertrag abgeschlossen zwischen der Mietervereinigung Österreichs und der WIENER STÄDTISCHEN VERSICHERUNG.) Das Rechtsschutzpaket für nur 96 Euro. Als perfekte Ergänzung zu den Serviceleistungen der Mietervereinigung übernimmt die Wiener Städtische Versicherung AG Vienna Insurance Group Kosten, die bei wohnrechtlichen Streitigkeiten anfallen können, wie Gerichtskosten, Zeugen- und Sachverständigengebühren und vor allem die zugesprochenen Kosten des Gegen- anwalts bei Prozessverlust, und zwar bis zu einer Versicherungssumme von 140.000 Euro. Über den Rechtsschutz für Grundstückseigentum und Miete für die eigene Privatwohnung hinaus sind die folgenden Bereiche abgedeckt: Schadenersatz-Rechtsschutz Straf-Rechtsschutz für den Privat- und Berufsbereich. für den Privat- und Berufsbereich. Beispiel: Verkehrsunfall zwischen Fahrradfahrer und Rückwirkende Deckung bei Freispruch oder Einstellung Mopedfahrer – Ihr Rechtsschutz finanziert den Anwalt des Verfahrens auch für Vorsatzdelikte (z. B. Sachbeschä- für die Durchsetzung der Schadensersatzforderungen digung). (kaputtes Fahrrad, Schmerzensgeld etc.) und für die Strafverteidigung wegen fahrlässiger Körperverletzung. Allgemeiner Vertrags-Rechtsschutz Rechtsschutz für Haus und Wohnung. für den Privatbereich. In Wohnrechtsangelegenheiten übernimmt die Mieter- Beispiel: Streitigkeiten bei Verträgen über bewegliche vereinigung die Vertretungskosten der außergericht- Sachen (Gewährleistung Fernseher, eBay etc.). lichen Wahrnehmung rechtlicher Interessen sowie in Verfahren vor den Schlichtungsstellen und im Außer- streitverfahren. Der Versicherer übernimmt Barausla- gen im Außerstreitverfahren, gegebenenfalls gegneri- sche Anwaltskosten und genehmigte Vergleichskosten. Eigentums-Rechtsschutz. Beratungs-Rechtsschutz im Privatbereich. Beispiel: Exszindierungsklage (Mitbewohner wird ge- Bis zu 4x jährlich und max. je 90 Euro (ausgenommen pfändet – auch eigene Gegenstände werden fälschli- wohnrechtliche Angelegenheiten, hier erfolgt die Be- cherweise gepfändet). ratung durch die Mietervereinigung).
Extras der Wiener Städtischen Versicherung: Der Versicherungsschutz gilt für den Versicherungsnehmer, Ehegatten/Lebensgefährten, Kinder bis 25 Jahre (ohne eigenes Einkommen und ohne eigenen Haushalt). Freie Anwaltswahl. Hohe Versicherungssumme: (Ausgenommen Rechtsschutz für Grundstückseigen- 140.000 Euro. tum und Miete und wohnrechtliche Rechtsberatung, hier ist die Mietervereinigung Ihr Ansprechpartner.) Laufzeit: Kein Selbstbehalt. 0 Uhr des auf die Einzahlung folgenden Tages. Versicherungsende: 31. 12. 2022. Vertragsgrundlage: Vertragsgrundlage sind die vereinbarten Versicherungsbedingungen, die auf der Homepage der Mietervereinigung rund um die Uhr verfügbar sind. Wenn gewünscht, können Sie die Versicherungs- bedingungen in Papierform bei der Mietervereinigung anfordern. Beitritt zur Gruppenversicherung: Wenn Sie dem Gruppen-Rechtsschutzversicherungsvertrag (Pol.Nr.: 65-P194.132-2 oder SAP:1074391035) beitreten wollen, nutzen Sie beiliegen- den Erlagschein und genießen Sie Versicherungsschutz ab 0 Uhr des auf die Einzahlung folgenden Tages. Versicherungsende: 31.12.2022. Ver- sicherer ist die WIENER STÄDTISCHE VERSICHERUNG AG Vienna Insurance Group, 1010 Wien, FN 333376i, HG Wien, DVR4001506, ATU65254066. Zuständige Aufsichtsbehörde: Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA), A-1090 Wien, Otto-Wagner-Platz 5. Versicherungsschutz gilt für das auf dem Zahlschein eingetragene unselbständig erwerbstätige Mitglied der Mietervereinigung, dessen Ehegatten/Lebensgefährten und Kinder im selben Haushalt ohne Einkommen. Versicherungssumme: EUR 140.000,–. Der Versicherungsschutz umfasst: 1. Schadenersatz- und Strafrechtsschutz für den Privatbereich (gemäß Artikel 19 Pkt. 1.1. ARB2011-03R) ; 2. Erweiterter Straf-Rechtsschutz für den Privatbereich bis zur Versicherungssumme (gemäß Artikel 19 Pkt. 2.2. ARB2011-03R) 3. Beratungs-Rechtsschutz für den Privatbereich (gemäß Artikel 22 Pkt. 1.1. ARB 2011-03R), ausgenom- men wohnrechtliche Angelegenheiten (hier erfolgt die Beratung über die Mietervereinigung) bis zum Höchstbetrag von EUR 90,-- (kann viermal pro Jahr in Anspruch genommen werden); 4. Allgemeiner Vertrags-Rechtsschutz für den Privatbereich (gemäß Artikel 23 Pkt. 1.1. ARB2011-03R); 5. Rechtsschutz für Grundstückseigentum und Miete (gemäß Artikel 24 Pkt.1.1. ARB 2011-03R): Der Versicherte ist in seiner Eigenschaft als Mieter, Nutzungsberechtigter, Mitbewohner oder Eigentümer einer Eigentumswohnung oder eines Eigenheimes, nicht aber als Vermieter versichert, und zwar hinsichtlich der auf dem Zahlschein angeführten Wohnung bzw. des angeführten Eigenheimes, sofern die Räumlichkeiten weder gewerblichen noch beruflichen Zwecken dienen und es sich dabei um den Hauptwohnsitz des Versicherten handelt. In Wohnrechtsangelegen- heiten übernimmt die Mietervereinigung die Vertretungskostender außergerichtlichen Wahrnehmung rechtlicher Interessen sowie in Verfahren vor den Schlichtungsstellen und im Außerstreitverfahren. Der Versicherer übernimmt Barauslagen im streitigen sowie außerstreitigen Verfahren, gegebenenfalls gegnerische Anwaltskosten und genehmigte Vergleichskosten. 6. Eigentums-Rechtsschutz für bewegliche Sachen (gemäß Klau- sel A1). Bei Punkt 3, 4, 5 und 6 ist eine Wartefrist von 3 Monaten ab Versicherungsbeginn vorgesehen. Bei Inanspruchnahme einer Leistung aus der gegenständlichen Rechtsschutzversicherung steht Ihnen die Mietervereinigung, Tel. 050 195, zur näheren Information zur Verfügung. Die Mietervereinigung, 1010 Wien, Reichsratsstraße 15
FAIR WOHNEN OGH Lärm: OGH streicht Lagezuschlag Einmal mehr hatte sich der Oberste Gerichtshof (OGH) mit dem Lage- zuschlag auseinanderzusetzen – und hat diesen nun in einem Fall in Wien-Josefstadt gestrichen. Die Details: D er Lagezuschlag ist zwar (Wohnumgebungsfaktoren) gibt, Bezirks- und Landesgericht nur einer von mehreren die die Annahme einer über- bejahen Lagezuschlag Faktoren aus denen sich durchschnittlichen Lage erlau- Das Bezirksgericht billigte den der höchstzulässige Richtwert- ben.« Die bloße Erreichbarkeit Lagezuschlag, weil von der mietzins einer Wohnung durch von Bus, U-Bahn und Super- Wohnung fußläufig Stationen Vergleich mit der mietrechtli- märkten in weniger als 5 Minu- einer U-Bahnlinie und von drei chen Normwohnung ergibt – ten Gehweg sei in Wien jeden- OGH-Urteil zum Straßenbahnlinien zu errei- wegen seines enormen Anstiegs falls kein Kennzeichen einer Lagezuschlag chen seien, sich in unmittelba- in den letzten Jahren ist er aber überdurchschnittlichen Lage, 5 Ob74/17v: rer Nähe (fußläufig bequem er- praktisch der Hauptpreistreiber führte der OGH aus. reichbar) zwei (kleinere) Park- im System der Richtwertmieten. anlagen, zwei Theater und zwei Konkreter Fall im 8. Bezirk Palais mit kulturellem Ange- Die Frage, ob ein Lagezuschlag Im aktuellen, konkreten Fall bot befinden, der erste Bezirk für eine konkrete Wohnumge- ging es nun um eine Wohnlage zu Fuß oder mit öffentlichen bung zulässig ist, ist daher in im Wien-Josefstadt unweit der https://www.ris.bka.gv.at/ Dokumente/Justiz/JJT_20171120_ Verkehrsmitteln bequem und Mietzinsüberprüfungs-Verfah- U6-Station Josefstädter Straße. OGH0002_0050OB00074_ 17V0000_000/JJT_20171120_ schnell erreichbar sei und be- ren oft von zentraler Bedeu- OGH0002_0050OB00074 _17V0000_000.html treffend Geschäften für den täg- tung. Einige dieser Verfahren Die Wohnungseigentümerin lichen Bedarf, Markt, Ärzte und sind zuletzt auch vor dem OGH hatte dem Mieter die Wohnung Apotheken sowie Bildungsein- gelandet. im August 2017 unbefristet ver- richtungen ein umfassendes mietet. Für die 81,34 m2 Nutzflä- Angebot in der Nähe bestehe. Grundsätzliches che verlangte sie 720 Euro Net- Die Lage sei selbst für eine in- zur Lagebewertung tomietzins (8,85 €/m2) und da- nerstädtische Wohnumgebung Im Jahr 2017 klärte der OGH in mit um fast 60 Prozent mehr als als überdurchschnittlich zu be- einer vielbeachteten Entschei- der damalige Richtwert (5,58 €/ urteilen. Das Landesgericht für dung (5 Ob74/17v) die Grund- m2) ausgemacht hätte. Zivilrechtssachen bestätigte im satzfrage, wie eine Lage zu be- wesentlichen die Entscheidung werten ist: es sei dabei auf die Zur Begründung eines Lage- des Bezirksgerichts. »allgemeine Verkehrsauffas- zuschlags verwies der Mietver- sung und Erfahrung des tägli- trag auf eine angeblich »über- OGH streicht Lagezuschlag chen Lebens« abzustellen. Dazu durchschnittliche Lage« wegen Der OGH korrigierte das Urteil bedürfe es eines wertenden Zentrumsnähe, guter Verkehrs- der Vorinstanzen strich den La- Vergleichs mit anderen Lagen anbindung und Infrastruktur gezuschlag. Der Grund: Ver- (Wohnumgebungen). sowie optimaler Nahversorgung. kehrslärm und Kleinkrimina- lität stehen einer »überdurch- »Dabei hat der Vermieter den Der Mieter ließ die Höhe des schnittlichen Lage« entgegen (5 Nachweis zu erbringen, dass Mietzinses überprüfen, der Fall Ob104/21m). »Dass die U-Bahn- es konkrete Anhaltspunkte landete schließlich vor Gericht. haltestelle Josefstädterstraße der 22 FAIR WOHNEN 4/21
Linie U6 hier 160 Meter entfernt und Lärm. Dazu kommt die un- also einerseits positiv die An- und drei Straßenbahnlinien nur mittelbare Nähe zum Gürtel und bindung an den öffentlichen 60 Meter entfernt liegen und die genannte U-Bahnstation, die und Individualverkehr und die zwei Einkaufsstraßen, Kinder- aufgrund dort vorherrschender fußläufige Erreichbarkeit nahe- gärten, Schulen, sämtliche Ge- OGH-Urteil zum Kleinkriminalität (Drogenhan- zu jeder Infrastruktur und an- schäfte des täglichen Bedarfs, Lagezuschlag del und Rotlicht) und der dies- dererseits negativ die Lage in Aus- und Weiterbildungsein- 5 Ob104/21m: bezüglichen medialen Bericht- einer gürtelnahen, verkehrsrei- richtungen und auch Gesund- erstattung ein negatives Image chen und lärmenden Wohnum- heitseinrichtungen in unmit- aufweist. Seit mehreren Jahren gebung sowie die unmittelbare telbarer Nähe und fußläufig er- kommt es aus diesem Grund in Nähe zu einer als Drogen- und reichbar sind, mag zwar selbst der Wohnumgebung des Hau- Kriminalitätshotspot allgemein für innerstädtische Lagen über- ses zu regelmäßigen Polizeiein- bekannten U-Bahnstation mit durchschnittlich (weil in diesem https://www.ris.bka.gv.at/ Dokumente/Justiz/JJT_20210720_ sätzen. Auch dies kann nach der regelmäßigen Polizeieinsätzen Umfang selbst im dicht verbau- OGH0002_0050OB00104_21M0000 _000/JJT_20210720_OGH0002_ Verkehrsauffassung und der Er- gegenüber. ten Stadtgebiet nicht zu erwar- 0050OB00104_ 21M0000_000.html fahrung des täglichen Lebens ten) sein. bei der Beurteilung der (Über-) »Eine Abwägung dieser Fakto- Durchschnittlichkeit der Lage ren im Einzelfall ergibt, dass die Demgegenüber steht aber die des Hauses nicht unberücksich- Lage des konkreten Hauses ins- massive Lärmbelastung der tigt bleiben; derartige Aspekte gesamt jedenfalls nicht als über- Wohnumgebung des Hauses lassen die Lage im Vergleich zu durchschnittlich zu beurteilen nicht nur durch Individual-, anderen innerstädtischen La- ist. Ein Lagezuschlag steht da- sondern auch Schienenverkehr, gen nicht als überdurchschnitt- her nicht zu«, so der OGH. der in diesem Bereich (und nicht lich erscheinen«, heißt es in der nur für die konkrete Wohnung) OGH-Entscheidung. Der Mieter erhielt 5.800 Euro über 75 dB liegt. Dies ist eine an bereits geleistetem Mietzins selbst für innerstädtische La- Viel Verkehr: Straßen- Gesamtschau zurück und zahlt nach der Ent- gen überdurchschnittliche Be- bahnen, Autos, U- Bei einer Gesamtschau der La- scheidung künftig 256 Euro we- lastung durch Verkehr, Abgase Bahn liegen praktisch gecharakteristika stünden sich niger als bisher. vor der Tür (Sujetbild). Fotos: Meinzahn/istockphoto.com FAIR WOHNEN 4/21 23
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