Falter 1/2010 Kantonsschule Zug - Kanton Zug

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Falter 1/2010 Kantonsschule Zug - Kanton Zug
Kantonsschule Zug

Falter
1/2010
Falter 1/2010 Kantonsschule Zug - Kanton Zug
Editorial

Kern und Hülle – nah und fern

Liebe Leserin, lieber Leser                  sen des Gymnasiums, neue Lehrpläne
                                             und Fächerkombinationen, neue eidge-
Was bildet den Kern eines Gymnasiums         nössische Vorgaben für die Form der
– einer Schule überhaupt? Unterricht,        Maturaarbeit, Qualitätsentwicklung
Lehrpersonen, Schülerinnen und Schü-         gemäss kantonalem Rahmenkonzept
ler – und der Raum, der pädagogische         und der Auftrag zur Erstellung eines
und der reale, in denen diese Interaktion    Raumprogrammes für eine Schule
stattfindet.                                 2020. Es sind grosse Prozesse mit
                                             Blick in die Ferne, die uns aktuell be-
In diese Räume ist Bewegung geraten,         schäftigen.
und zwar eine gegenläufige. Der päda-
gogische Raum wird zunehmend weiter,         In einer Schule geht es aber nicht primär
der reale Raum an der Kanti hingegen         um Gebäude und Prozesse, sondern um
immer enger. Auf der einen Seite die         Menschen – diese sind uns nahe, in der
grosse Zahl an pädagogischen Neue-           täglichen Begegnung im Unterricht, in
rungen, gesellschaftlichen Anforderun-       unserem Kerngeschäft. Aber auch aus-
gen, bildungspolitischen Veränderungen,      serhalb der Lektionen, in der Mensa
auf der anderen Seite die steigenden         oder auf dem Flur. Davon berichten unser
Schülerzahlen. Beides spüren wir deutlich.   Schwerpunktthema, das Porträt und die
                                             Kolumne.
Zunehmend fehlen uns Räume, insbe-
sondere Fachzimmer für den Unter-            Die Balance zu finden und zu halten, rich-
richt. Dass unsere Schule wächst, ist        tig zu gewichten und die unterschiedli-
erfreulich, aber auch eine Herausforde-      chen Raumdimensionen angemessen
rung. Seit diesem Schuljahr sind wir         zu berücksichtigen, das ist uns wichtig.
eine Schule mit zwei Standorten. Einige      Es gilt, den nahen Kern zu pflegen und
unserer Klassen werden nicht mehr an         die ferne Hülle gleichermassen im Auge
der Kanti, sondern ausserhalb unseres        zu behalten, denn beide prägen den
Geländes unterrichtet. Für die nahe          Alltag und die Qualität unserer Schule.
Zukunft ist dies eine mögliche Lösung,
für die fernere ist sie wenig tauglich.      Viel Vergnügen beim Lesen wünscht
Die Hülle, welche unsere Schule und          Ihnen
unser Schulleben zusammenhält, ist
die schöne Anlage am Lüssiweg – hier         Dr. Peter Hörler, Direktor
liegt der Kern der Kantonsschule Zug.

Räume machen Schule, das ist eine
längst bekannte Wahrheit. Sie gilt im
wörtlichen wie im übertragenen Sinn.
Hier die Raumnot, dort der weite Raum
des bildungspolitischen und pädagogi-
schen Wandels: Dazu gehören eine
neue Stundentafel für kommende Klas-

Falter 1/2010
Schwerpunkt

Falter 1/2010
Schwerpunkt

Träumen von der Kanti 2020

Die Kantonsschule Zug wächst und                                                  findet seit diesem Schuljahr an drei ver-
wächst. Zumindest, was die Zahl der                                               schiedenen Standorten statt. Doch
Schülerinnen und Schüler angeht. Be-                                              auch für andere Fächer mussten Klas-
suchten im Schuljahr 2002/03 noch                                                 sen während eines Halbtages in die
1350 Schülerinnen und Schüler die Kan-                                            Räume der Zuger Techniker- und Infor-
ti, sind es aktuell über 1600. Diese un-                                          matikschule ausquartiert werden. Nach-
gebrochene Beliebtheit des Langzeit-                                              holbedarf besteht schliesslich, was
gymnasiums ist einerseits erfreulich,                                             Gruppenräume und Arbeitsnischen an-
schafft aber auch ein Problem: Raum-                                              geht. Während in anderen Zuger Schulen
not. Vor sechs Jahren glaubte man, mit                                            Räume für individualisiertes Lernen und
der Eröffnung des neuen Traktes 9 den                                             erweiterte Lernformen vorhanden oder
«Schlussstein» gesetzt zu haben. Jetzt                                            geplant sind, muss sich die Kanti mit ganz
wird bereits ein Raumprogramm für ei-                                             wenigen Gruppenzimmern begnügen.
nen möglichen Aus- oder auch Neubau
am Lüssiweg entworfen, der 2020 eröff-                                            Die Schulleitung und die Lehrerinnen
net werden könnte.                                                                und Lehrer nehmen die Herausforderun-
                                                                                  gen, die ihre wachsende Schule an sie
Dass die Kanti an die Kapazitätsgrenzen                                           stellt, sportlich: Sie entwerfen mit Enga-
stösst, zeigt sich überdeutlich in der                                            gement eine Vision für die Kanti 2020,
Auslastung der Fachräume für Musik,                                               überlegen sich, wie zeitgemässer gym-
Bildnerisches Gestalten, Sport oder Bio-                                          nasialer Unterricht in zehn Jahren aus-
logie, aber auch in den Warteschlangen                                            sehen wird, und träumen von einer
vor der Mensa. Im Sport ist das Raum-                                             Schule mit viel Raum – Raum für Men-
problem besonders akut: Der Unterricht                                            schen, Raum zum Denken.

                                                        Entwicklung Zahl Schülerinnen und Schüler KSZ

                             1650

                             1600

                             1550                 Juli 2001: Ende 7-jähriges
                                                       Gymnasium, zwei
                                                        Maturajahrgänge
Zahl Schülerinnen, Schüler

                             1500

                             1450

                             1400

                             1350

                             1300

                             1250

                             1200
                                    97/ 98 98/ 99 99/ 00 00/ 01 01/ 02 02/ 03 03/ 04 04/ 05 05/ 06 06/ 07 07/ 08 08/ 09 09/ 10
                                                                               Schuljahr

Falter 1/2010
Schwerpunkt

                                           «In der Grösse liegt auch eine Stärke»

                                           Michael Truniger, in der Privatwirtschaft
                                           würde man sich Wachstumszahlen wie
                                           an der Kantonsschule Zug wünschen. Als
                                           Bildungsverantwortlicher betrachtet man
                                           eine stete Zunahme von Schülerinnen-
                                           und Schülerzahlen sicher mit gemisch-
                                           ten Gefühlen.

                                           Michael Truniger: Eigentlich haben wir
                                           ein Luxusproblem. Wir verfügen mit
                                           dem Langzeitgymnasium über ein Ange-
                                           bot, das ausgesprochen gefragt und
                                           qualitativ sehr gut ist. Andererseits
                                           führt das Wachstum dazu, dass die Kan-
                                           ti aus allen Nähten platzt.

                                           Für Aussenstehende dürfte dies über-
                                           raschend sein, wurde doch 2004 mit der
                                           Eröffnung des Traktes 9 der so genannte
                                           «Schlussstein» gesetzt. Hat man sich in
                                           der Planung vertan und bespielsweise
                                           den Zulauf an die übrigen Mittelschulen
                                           überschätzt?

                                           Truniger: Die drei anderen Schulen der
                                           Sekundarstufe II, also das Kantonale
                                           Gymnasium Menzingen, die Fachmit-
                                           telschule und die Wirtschaftsmittel-
Michael Truniger                           schule, entwickeln sich wie geplant. Es
                                           hat sich aber gezeigt, dass das Lanzeit-
Seit Oktober 2009 ist Michael Truniger     gymnasium ein sehr gesuchter Weg
Leiter des Zuger Amtes für Mittelschu-     bleibt. Das hohe Bevölkerungswachtum,
len. Der 41-jährige Germanist und Histo-   das der Kanton Zug erlebt, schlägt sich
riker war von 2001 bis 2009 Prorektor      in den steigenden Schülerinnen- und
an der Kantonsschule Frauenfeld und        Schülerzahlen an der Kanti nieder.
seit 2007 auch Ausbildungslehrperson
Sekundarstufe II der Pädagogischen         Eine Rolle spielt aber sicher auch, dass
Hochschule Thurgau. Er ist verheiratet     die Quote der Zuweisungen von der Pri-
und Vater von drei Kindern. Dem Amt        marschule an die Kanti in den letzten
für Mittelschulen sind neben der Kan-      Jahren gestiegen ist.
tonsschule das Kantonale Gymnasium
Menzingen, die Wirtschaftsmittelschule     Truniger: Das ist richtig. Allerdings gehe
und die Fachmittelschule unterstellt.      ich aufgrund der moderaten Zahl von

Falter 1/2010
Schwerpunkt

Austritten im Gymnasium Unterstufe            die Option eines Neubaus an einem
nicht davon aus, dass viele Schülerin-        zweiten Standort geprüft?
nen und Schüler an die Kantonsschule
kommen, die nicht dafür geeignet sind.        Truniger: Wir gehen von einem Ausbau
Wir überlegen uns aber, wie wir die           am Lüssiweg aus. Es ist aber nicht aus-
Schülerinnen- und Schülerströme in            zuschliessen, dass diese Frage ange-
Zukunft besser steuern können.                sichts des effektiven Raumbedarfs wie-
                                              der aufs Tapet kommt.
Steht dabei auch ein Numerus clausus,
also eine Kontingentierung der Plätze im      Sind Sie zuversichtlich, dass der Kan-
Gymnasium Unterstufe, zur Diskussion?         tonsrat einem weiteren Ausbau der Kanti
                                              zustimmen wird?
Truniger: Nein, das ist aus heutiger
Sicht kein Thema. Mögliche Steue-             Truniger: Ich denke, die Fakten spre-
rungsmassnahmen sind aber beispiels-          chen für sich. Wenn man sich die Zah-
weise die konsequente Mittelschulvor-         len und die heute zum Teil prekäre
bereitung in der Sekundarschule oder          Raumsituation ansieht, wird klar, dass
die Überprüfung der Übertrittsverfah-         es zusätzlichen Raum braucht. Das sind
ren. Gleichzeitig gilt es, der Bevölke-       wir der Kanti, welche als einzige kanto-
rung zu zeigen, dass der Weg über die         nale Schule nicht über ein zeitgemässes
Sekundarschule an eine Mittelschule           Raumangebot verfügen würde, schuldig.
ebenfalls attraktiv ist.
                                              Thomas Heimgartner
Es gibt Stimmen, die sagen, dass die
Kanti jetzt schon zu gross sei. Wie gross
darf sie aus Ihrer Sicht noch werden?

Truniger: Eine Schule kann sicher zu
gross werden im Hinblick auf die Orga-
nisierbarkeit. Wo diese Grenze liegt, ist
schwierig zu sagen. Wir dürfen aber nicht
vergessen, dass in der Grösse auch eine
Stärke liegt. Grösse ermöglicht einen
fruchtbaren fachlichen und methodi-
schen Austausch, ermöglicht ein breites
Angebot an Schwerpunktfächern und
Freifachkursen. Sicher aber hat die Kanti
mit 80 Klassen eine Grösse erreicht, bei
der die Frage berechtigt ist, ob ein weite-
res Wachstum sinnvoll ist.

Heisst das, es wird bei der Planung zu
einem Ausbau der Kantonsschule auch

Falter 1/2010
Aktuell

Medea im Kanti-Theater: Nachdem             Rahmenkonzept für Qualitätsent-
sich Jason von Medea zurückgezogen          wicklung: Die Direktion für Bildung
hat, um Glauke zu heiraten, schmiedet       und Kultur und das Volkswirtschaftsde-
die Kolcherin blutige Rachepläne gegen      partement haben ein gemeinsames
ihren treulosen Mann. Leidenschaft,         Rahmenkonzept zur Qualitätsentwick-
Hass und Machtgelüste stehen im Vor-        lung für die Sekundarstufe II herausge-
dergrund des Kanti-Theaters und wer-        geben. Das Konzept definiert acht Quali-
den vom Paparazzi-Chor sensationsgeil       tätselemente, die für die Qualitätsarbeit
ausgeschlachtet. Alle Neuigkeiten im        dieser Schulen verbindlich sind: Indivi-
Hause Kreons mischen sich mit den           dualfeedback, kollegiale Unterrichts-
übrigen Nachrichten und werden per          entwicklung, Leitbild, Qualitätskonzept
Video auf Korinth News Network repro-       und Qualitätshandbuch, Mehrjahres-
duziert. Premiere ist am 7. April.          planung, Mitarbeiterinnen-/Mitarbei-
                                            tergespräch, Schulevaluation, Bil-
Trend zu Naturwissenschaften: Die           dungscontrolling und -monitoring.
Zweitklässlerinnen und Zweitklässler
haben ihre Schwerpunktfächer ge-            Externe Evaluation: Unsere Schule
wählt. Gliedert man das Spektrum der        soll auch von aussen begutachtet wer-
Fächer in drei übergreifende Wahlberei-     den; dazu nimmt die Interkantonale
che, so ergibt sich folgendes Bild: Rund    Fachstelle für Externe Schulevaluation
30 Prozent haben ein Fach aus dem           (IFES) zurzeit die Strukturen, Prozesse
sprachlich-musisch-gestalterischen          und Qualitäten der Kanti Zug genauer
Schwerpunktbereich gewählt, gut 20          unter die Lupe und wird Empfehlungen
Prozent haben sich für Wirtschaft und       zur Entwicklung der Schul- und Unter-
Recht entschieden. Die Wahl der restli-     richtsqualität formulieren. In die Befra-
chen knapp 50 Prozent ist auf Biologie      gung einbezogen sind Lehrpersonen,
und Chemie sowie Physik und Anwen-          Schülerinnen und Schüler, die Schul-
dungen der Mathematik gefallen.             kommission und das Personal der Kanti.

Feedback an Schulleitung: Das Quali-        Mathematisches Känguru: Das Kän-
tätsleitbild der Kantonsschule sieht vor,   guru der Mathematik ist ein Multiple-
dass Lehrpersonen regelmässig Feed-         Choice-Wettbewerb für mehr als
back zum Unterricht einholen. Die           5,5 Millionen Jugendliche in vielen
Feedbackpflicht gilt nicht nur für Lehr-    europäischen und aussereuropäischen
personen, sondern auch für die Schul-       Ländern. Dieses Jahr beteiligen sich
leitung. Anfang dieses Jahres konnten       184 Schülerinnen und Schüler der
die Lehrpersonen ein umfassendes            Kantonsschule Zug daran. Alle Teilneh-
Feedback zur Leitung der Kantonsschu-       menden erhalten ein Diplom, die drei
le abgeben. Anlässlich einer internen       besten jeder Kategorie zudem einen
Konferenz werden die Ergebnisse der         Buchpreis. Der Wettbewerb findet am
Umfrage mit allen Beteiligten bespro-       18. März statt.
chen und Handlungsempfehlungen
formuliert.

Falter 1/2010
Porträt

    Lukas Hess

Falter 1/2010
Porträt

Die Ruhe selbst

Um halb sieben geht es los. Zwar sind        ärgert ihn mehr, als wenn zu viel übrig
zuerst die Sandwiches dran, was ein          bleibt, was dann in den Abfall wandert.
relativ sanfter Übergang vom Morgen-
kaffee in die Küche sei, findet Lukas        Neben dem Kochen gibt es anderes im
Hess, Chefkoch der SV-Mensa an der           Leben: Fussball, viel Fussball, im SC
Kanti Zug. Aber spätestens um halb acht      Cham ist er Stürmer, seine Freunde, ab
Uhr kommen die grossen Töpfe und             und zu eine Reise, Lesen und – auch
Pfannen an die Reihe: Heute sind es          Kochen, für sich und die Freundin. Dann
unter anderem 25 Kilo Pouletgeschnet-        ist er der Geniesser, legt er Wert auf
zeltes, 1 Kilo Zwiebeln für die Sauce und    absolute Topprodukte, an die er aus
10 Liter Milch, 14 Kilo Reis und in dieser   Kostengründen in der Mensa nicht ein-
Grössenordnung geht es weiter. Hess          mal denken darf. Ein Filet Stroganoff
dreht und wendet und rührt, es brutzelt,     mit Champignons zum Beispiel, ein Ri-
brodelt und zischt. Jeder Handgriff sitzt,   sotto – «ich bin ja ein absoluter Risotto-
daneben erzählt er.                          fan» – al dente, sämig, schön buttrig
                                             oder ein Roastbeef, das auf der Zunge
Dass er in seinem immer wieder auch          zergeht. Aber auch zu Hause hält Hess
hektischen Job gelassen bleiben und          von der Schickimicki-Küche nicht viel:
alles recht ruhig nehmen kann, habe          «Die Rüebli in Blümchenform zu schnit-
damit zu tun, dass er nicht ein Koch         zen und alles dramatisch hochzutür-
sei, «der sich mit einem 18-Stunden-         men auf dem Teller ist nicht so mein
Tag brüsten muss und darauf hofft,           Ding.»
dass er mit 60 am dritten Herzinfarkt
vor der Bratpfanne tot umfällt». Er be-      Gerne lässt er sich auch bekochen und
zeichnet sich als leidenschaftlichen,        geht daher oft mit der Freundin ins Re-
aber nicht als Vollblutkoch. Für diesen      staurant. Das lässt er sich dann etwas
Job, das sei klar, dürfe man keine Diva      kosten. Natürlich freut er sich auch
sein. Wer hier arbeitet, verwirklicht        über Einladungen von Freunden. Leider
sich nicht selber, muss Kompromisse          hat das einen Haken. Plötzlich bekom-
eingehen. So stehen dem Koch pro             me das Selbstbewusstsein des besten
Person und Essen Fr. 3.25 zur Verfü-         Hobbykoches Risse, sagt Hess. Er mer-
gung. Er muss genau kalkulieren, wobei       ke, dass bei einigen das Gefühl auf-
er sich letztlich nur auf sein Gefühl        kommt, seinen Ansprüchen nicht zu
verlassen kann: Im Sommer, wenn es           genügen. «Als würde ich nur Trüffeln,
schön ist, sieht alles anders aus als im     Gänseleber und Rinderfilet essen!»
Winter, wenn die Gäste sich nicht in die
Kälte und zur Konkurrenz in der Metalli      Nach der Lehre in der Hirslandenklinik
wagen. Aus der Ruhe bringen ihn nur          in Cham und verschiedenen Kursen hat
Fehler, die nicht sein müssten: Poulet,      er den Fachausweis zum Gastronomie-
das zu wenig durchgebraten ist, die          koch gemacht, für dessen Abschluss-
Suppe, die schon um fünf vor zwölf weg       prüfung der sonst so ruhige Hess rich-
ist – präzis dann, wenn der Rektor an-       tig ins Schwitzen kam. Da musste er
steht und Suppe möchte. Und nichts           einen Achtgänger mit Pastete «und allem

Falter 1/2010
Porträt

drum und dran» kochen, alles an einem
Tag. «Für mich war das eine grosse
Herausforderung, ich bin es gewohnt,
für 200 Leute zu kochen.» Das sei
einfach nicht das Gleiche wie für vier
Personen zu kochen, wo es dann auf
die Form jedes Zucchettistückleins
ankomme.

Bereits seit sechs Jahren arbeitet Hess
in der SV-Kantine. So jung und schon
so sesshaft? Auch wenn sein Job dafür
prädestiniert ist, in einer anderen Welt
zu leben und zu arbeiten, zieht es ihn
nicht weg. Hier hat er seine Wurzeln.
Aufgewachsen ist er in Cham, heute
wohnt der 25-Jährige mit seiner Freun-
din in Baar. An der Kanti gehe es ihm
wohl einfach zu gut: «Es stimmt alles.
Mit dem Chef läuft es gut, die Arbeits-
zeiten stimmen, der Lohn ist auch
gut.» Vor allem gefällt ihm die lebendi-
ge Stimmung mit den Schülerinnen
und Schülern. Die probierten auch ger-
ne mal etwas aus, seien flexibel und
vor allem sehr dankbar, sagt Hess. Er
bekomme immer mal wieder ein positi-
ves Feedback, was ihn natürlich freut
und motiviert. Was soll er da bei einem
Starkoch den Bückling machen, mit
dem Druck der Konkurrenz im Nacken
und einem miesen Lohn? «Diese Be-
triebe haben eine Fluktuation, dass
einem trümmlig wird.» Da kann der
grosse, schlanke Mann nur schmun-
zeln und ohne jeden angestrengten
Ehrgeiz resümieren: «Vielleicht tut sich
ja mal eine interessante Perspektive
auf. Aber eigentlich habe ich keinen
Grund, von hier wegzugehen.»

Eva Gattiker

Falter 1/2010
Ticker

März                      22.–26.     Probewoche Theater und Big Band
                              26.     Konzert der Big Band, 20.00 Uhr, Burgbachsaal

April                          2.     Karfreitag (schulfrei)
                            3.–5.     Ostern
                               7.     Theaterpremiere, «Medea», 20.00 Uhr, Aula
                           9./10.     Kantitheater «Medea», 20.00 Uhr, Aula
                              11.     Kantitheater «Medea», 18.00 Uhr, Aula
                              17.     Frühlingsferien (– 2. Mai)

Mai                            5.     «Jugend debattiert» – fünf Kantonsschulen in
                                      der Aula

Falter online                       – Bilder: Impressionen aus den Theaterproben zur
www.ksz.ch                            «Medea»
(—> Aktuell, —> Falter)             – Zahlen: Die Zweitklässler wählen ihr Schwer-
                                      punktfach
                                    – Literatur: «Das Kapitel Pakistan» von Patrick
                                      Hugentobler
                                    – Wissenschaft: Die Maturaarbeit «Photovoltaics»
                                      von Julia Braun und Florence Hartmann

Kontakt                               Kantonsschule Zug
                                      Lüssiweg 24, Postfach 2359, CH-6302 Zug
                                      Telefon +41 41 728 12 12, Fax +41 41 728 12 10
                                      www.ksz.ch

wie (Abtönungspartikel)                       arm (Jugendspr.)

«Da habe ich mich wie gefragt, was das        Zu Jahresbeginn wurde das ernsthafte
soll», mögen sich sprachsensible Ohren        Problem der Armut in der Schweiz durch
fragen, wenn sie solche Sätze hören, und      verschiedene Organisationen in unser
meinen damit das «wie». Geht es darum,        Bewusstsein gerufen. Unsere Jugendli-
eine vorsichtige Haltung auszudrücken         chen waren den offiziellen Meldungen
oder Rücksicht zu üben, wenn Aussagen         zur Armut offensichtlich voraus. In ihrem
mit der Vergleichspartikel «wie» abge-        Sprachgebrauch ist das Adjektiv «arm»
schwächt werden? Die Verwendung von           seit einigen Jahren sehr verbreitet. Nur
«wie» ist an der Kanti bei Schulleitern,      bezeichnen sie damit nicht einen finan-
Schülerinnen und Schülern, Lehrerinnen        ziellen Notstand, sondern drücken Miss-
und Lehrern jedenfalls gleichermassen         billigung eines Verhaltens beziehungs-
beliebt. Da kann es einem manchmal so         weise einer Person aus: «Hey, wie der
wie ein bisschen zu viel werden.              wieder rumläuft, ist voll arm.»

Falter 1/2010
Flattersatz

Von Marsmenschen
und Menschenkindern

Lehrerinnen sind auch Menschen. Unse-       essen, wo die kellnernden Schülerinnen
re Schützlinge vergessen das manchmal.      und Schüler bass erstaunt sind, wie aus-
Kürzlich fragte mich ein Maturand: «Sie,    gelassen es zu und her geht.
gibt es unter den Lehrern auch Mob-
bing?» Ich überlegte kurz, was da die pä-   Andererseits: Wie viel wissen wir eigent-
dagogisch wertvolle Antwort wäre, und       lich über das Verhalten von Jugendli-
murmelte was Austariertes wie: «Wissen      chen ausserhalb des Kantigeländes?
Sie, wo so viele Menschen zusammenar-       Zum Glück gibt es Schulreisen, Skilager,
beiten, gibt es auch Spannungen, und die    Exkursionen, denn diese extracurricula-
einen Kolleginnen mag man besser …»         ren Erfahrungen sind höchst instruktiv.
Rhabarber Rhabarber. In der nächsten        Sie bewahren uns davor, den viel be-
Stunde fragte mich eine Zweitklässlerin:    schworenen Draht zu unserer Zielgrup-
«Was machen Sie eigentlich so über Mit-     pe zu verlieren. Vor der letzten Matura-
tag?» Die Mobbing-Frage muss bei mir        reise war mir beispielsweise nicht be-
noch nachgeklungen haben, denn um ein       wusst, dass es 18-Jährige gibt, die Tom
Haar hätte ich geantwortet: «Ich gehe mit   Waits kennen und sogar hörbar finden.
den anderen Marsmenschen essen, sehe        Dass vielen Jugendlichen die konventio-
mich aber vor, nicht neben M. zu sitzen.    nell-langweiligen Theaterinszenierun-
Im Gespräch mit ihm schläft mir nämlich     gen am besten gefallen. Oder was ein
das Gesicht ein, und seine Brillengläser    gängiges Geschenk junger Männer zum
sind so verschmiert, dass mir der Appetit   18. Geburtstag eines Kollegen dar-
vergeht.»                                   stellt. Gut, Letzteres wollen Sie eigent-
                                            lich nicht wissen.
Also doch: Unsere Schülerinnen und
Schüler interessieren sich für uns. Welch   Vielleicht fragen Sie sich jetzt: Sprechen
frohe Botschaft! Nur wissen sie offenbar    Lehrerinnen und Schülerinnen, Lehrer
wenig über die allzu menschliche Seite      und Schüler in der Schule denn nie über
des Lehrerinnendaseins. Wie auch? Sie       Privates? Doch. Aber erstens wollen bei-
bekommen es nicht mit, wenn ich im          de Seiten eines tunlichst vermeiden: sich
Lehrerzimmer über Kollegen lästere: A.      in den Verdacht des Einschleimens brin-
hat das Schulzimmer mit verschmierter       gen. Zweitens sind die Fünf-Minuten-
Wandtafel, vollgeschriebener Folienrolle    Pausen ein schlechter Rahmen für ein
und verstellter Sitzordnung hinterlassen.   vertieftes Gespräch. Und da erwischt
T. nervt meine Schüler mit völlig sinnlo-   mich die typische, ganz beiläufig gestellte
sen Strafaufgaben. Und wie kommt es,        Frage oft auf dem falschen Fuss: «Siii–ie?
dass P. offensichtlich glaubt, seine Kaf-   Was halten Sie eigentlich von Frau B.?»
feetassen waschen sich von selbst ab?       «Frau B.? Also, ich finde, wie soll ich sa-
Unsere Klassen sind nicht dabei, wenn       gen? Sie ist eine interessante Kollegin.»
wir auf Geburtstage, Hochzeiten, Nach-      Interessant. Geht das noch oder läuft das
wuchs anstossen und hoffen, dass dabei      schon unter Mobbing?
kein Schüler an die Türe klopft und uns
beim – moderaten – Feiern erwischt.         Béa R. Naise
Eine Ausnahme ist da das Weihnachts-

Falter 1/2010
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