Festschrift Von der Höheren Wirtschafts- und Verwaltungsschule Luzern zur Hochschule Luzern - Wirtschaft 1971 2021
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Festschrift Von der Höheren Wirtschafts- und Verwaltungsschule Luzern zur Hochschule Luzern – Wirtschaft 1971 – 2021 Pius Muff, Simon Amrein, Karina von dem Berge mit Beiträgen von Christine Böckelmann, Matthes Fleck, Martin Gubler, Oliver Kessler, Andreas Liebrich, Erik Nagel, Timo Ohnmacht und Jürg Stettler
I Festschrift Vorwort In diesem Jahr dürfen wir den 50. Geburtstag der Hochschule Luzern – Wirtschaft feiern. Wir möchten dies zum Anlass nehmen, um auf unser «Geworden-Sein» zurückzublicken, auf die verschiedenen Zeitphasen, und auf die Themen, die über die ganze Zeit wichtig waren und uns auch in die Zukunft tragen werden. Die Geschichte begann 1971 mit der Gründung der «Höheren Wirtschafts- und Verwaltungsschule (HWV) Luzern». Nach dem Zusammenschluss zur Fachhochschule Zentralschweiz im Jahr 1997 trug die Institution zehn Jahre lang die Bezeichnung «Hochschule für Wirtschaft Luzern (HSW)», und seit 2007 ist die Marke «Hochschule Luzern – Wirtschaft» etabliert. In diesen 50 Jahren waren viele Menschen für uns wichtig: Mitarbeitende, Studierende, Weiterbildungsteilnehmende sowie Partnerin- nen und Partner in Unternehmen, Institutionen und Verbänden. Die Unterstützung, das Vertrauen und das Engagement von Vielen prägte unsere Entwicklung, und umgekehrt war unsere Institution prägend für zahlreiche Biografien und Organisationen. Die Geschichte der Hochschule Luzern – Wirtschaft ist damit eine Geschichte der Menschen, die mit ihr verbunden sind oder waren. Die Geschichte der Hochschule Luzern – Wirtschaft hat stellenweise den Charakter eines «Abenteuer- Films», in dem die «Heldinnen und Helden» verschiedene Herausforderungen bewältigen müssen und dabei mit äusserst kreativen Ideen überzeugen. Sie ist phasenweise ein heiterer « Roman», in dem sich die Protagonisten auf immer wieder neue Aktivitäten einlassen und sich dabei weiterent- wickeln, und sie hat Aspekte eines «Serien-Knüllers», bei dem am Ende einer Sequenz wieder neue Fragen stehen und man gespannt ist, wie es weitergeht. Nicht zuletzt ist sie eine Art «Liebesge- schichte» zwischen der zentralschweizer Wirtschaft und der Hochschule. Insbesondere dieser letzte Aspekt ist in unserer Geschichte eine wesentliche Konstante. Die Geschichte der engen Verbundenheit mit Unternehmen und Institutionen begann damit, dass die Höheren Wirtschafts- und Verwaltungsschulen aufgrund eines von der Wirtschaft geäusserten Mangels an kaufmännischen Generalisten auf der mittleren Führungsebene gegründet wurden – Positionen, für die man Universitätsabsolvierende als nicht geeignet qualifiziert betrachtete. Sie zeigt sich darin, dass drei der vier heute existierenden Institute ihre Gründung vor allem Impulsen und Initiativen aus der Wirtschaft verdanken. Sie wird weiter deutlich in einer sehr früh gegründe- ten «Transferstelle», die es ermöglichte, dass Generationen von Studierenden Projektarbeiten sowie Bachelor- und Masterarbeiten im Auftrag von Unternehmen und Institutionen erstellt haben. Und nicht zuletzt spiegelt sie sich heute in der klaren Berufsorientierung der Ausbildungsstudiengänge, der hohen Bedeutung eines stets aktuellen Weiterbildungsangebots, der Anwendungsorientierung in der Forschung und den zahlreichen Forschungsprojekten mit Praxispartnern sowie der offenen Türe für Beratungsanfragen im Dienstleistungsbereich. Eine weitere Konstante ist die enge Verbindung zwischen den Leistungsbereichen. Dank der früh neben dem «Schulbereich» gegründeten Institute gehören Weiterbildungen, die am Markt bestehen, seit rund 45 Jahren zur Selbstverständlichkeit, und es wurde bereits geforscht und Dienstleistungen erbracht, als man die entsprechenden Projekte noch gar nicht so nannte und von Fachhochschulen noch nicht die Rede war. Aus den Praxis-Fragestellungen von Weiterbildungsteilnehmenden sowie
II Festschrift aus Dienstleistungsaufträgen relevante aktuelle Forschungsfragen abzuleiten, und die Ergebnisse von Forschungs- und Dienstleistungsprojekten in die Aus- und Weiterbildung einfliessen zu lassen, war über alle Jahre ein wesentlicher «Innovationsmotor». Dieser ist «auf hohen Touren gelaufen» dank den Mitarbeitenden, die all diese Verbindungen hergestellt haben, und dank den Partnerinnen und Partnern in Unternehmen, Institutionen und Verbänden. Und damit ist die wichtigste Kons- tante angesprochen: Die Hochschule Luzern – Wirtschaft ist seit 50 Jahren getragen von Innovationsgeist, von Teamgeist, von Lust an Neuem, von «kurzen Wegen» bis zur Realisierung von Ideen, von Qualitätsbewusstsein und vom Mut, Chancen der Veränderung wahrzunehmen. Allen Menschen, die über die vielen Jahre diese Kultur aufgebaut, geprägt und gepflegt haben, danke ich von ganzem Herzen. Generationen von administrativen Mitarbeitenden, technischen Mitarbeitenden, wissenschaftlichen Mitarbeiten- den, Dozierenden und Leitungspersonen haben daran gearbeitet, dass die Hochschule Luzern – Wirtschaft heute ausgezeichnet positioniert ist und mit Zuversicht in die Zukunft schauen kann. Was wir heute sind, verdanken wir ihnen. Zahlreiche Personen waren an der Entstehung der vorliegenden Texte beteiligt. Hervorzuheben ist aber vor allem Pius Muff. Pius Muff war bis zum Jahr 2019 während 32 Jahren Leiter der Ausbildung an der Hochschule Luzern – Wirtschaft. Basierend auf seinem grossen Wissen über die Hochschule sowie unter Einbezug zahlreicher schriftlichen Quellen hat er in grosser Arbeit eine Geschichte der Hochschule Luzern vorgelegt, auf der diese Festschrift basiert. Ergänzt und weiterbearbeitet wurden die Texte durch zahlreiche weitere Mitarbeitende. Es sind dies in alphabetischer Reihenfolge: Simon Amrein, Andreas Dietrich, Matthes Fleck, Martin Gubler, Oli- ver Kessler, Anja Leutenegger, Andreas Liebrich, Erik Nagel, Timo Ohnmacht, Flavia Steinmann, Jürg Stettler, Olivia Twerenbold und Karina von dem Berge. Luzern im Juli 2021 Christine Böckelmann, Direktorin
III Festschrift Inhaltsverzeichnis Vorwort I 50 Jahre im Überblick IV 1. Vorgeschichte der Höheren Wirtschafts- und Verwaltungsschule Luzern 1 1.1. Die Idee von Höheren Wirtschafts- und Verwaltungsschulen 1 1.2. Gründung der HWV Luzern 1 2. Aufbau und Positionierung (1971 – 1984) 5 2.1. Erste Aus- und Weiterbildungen 5 2.2. Zulassungspraxis in der Ausbildung und Profile von Studierenden 9 2.4. Standorte 11 2.5. Organisation, Leitung und Dozierende 11 3. Ausbau und Diversifizierung (1985 – 1996) 13 3.1. Einführung der Studiengänge in Wirtschaftsinformatik und Tourismus 13 3.2. Entwicklungen in der Betriebsökonomie-Ausbildung und der Weiterbildung 16 3.3. 20 Jahre HWV Luzern 16 3.4. Auf dem Weg zur Fachhochschule 17 4. Wachstum und strategische Konsolidierung (1997 – 2004) 21 4.1. Organisation 21 4.2. Neue FH-Diplomstudiengänge in der Ausbildung 23 4.3. Bologna-Reform 28 5. Flexibilisierung, Internationalisierung, Professionalisierung – und eine Zäsur (2005 – 2021) 31 5.1. Einfluss der Bologna-Reform auf die Ausbildung 31 5.2. Ausbau und Flexibilisierung der Weiterbildung 32 5.3. Entwicklung der Forschung 34 5.4. Ausweitung des Studienangebots ab 2016 34 5.5. Internationalisierung 35 5.6. Zertifizierungen und Akkreditierungen 36 5.7. Corona-Pandemie als Zäsur – und Chance 37 6. Ausblick 41 Portraits der Institute der Hochschule Luzern – Wirtschaft Institut für Betriebs- und Regionalökonomie IBR (gegründet 1979) 7 Institut für Tourismus und Mobilität ITM (gegründet 1993) 14 Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ (gegründet 1997) 24 Institut für Kommunikation und Marketing IKM (gegründet 2002) 26 Weitere Portraits ALUMNI Organisation der Hochschule Luzern 10 Studirat der Hochschule Luzern – Wirtschaft 22
IV Festschrift 50 Jahre im Überblick Meilensteine der Hochschule Luzern – Wirtschaft Meilensteine 1971 der Hochschule – 2021 Luzern – Wirtschaft 1971 – 2021 1971 1985 1971 Eröffnung der HWV Luzern 1985 Eröffnung der Wirt- Eröffnung der HWVanLuzern der Frankenstrasse in Eröffnung der Wirt-schaftsinformatik-Schule an der Frankenstrasse in Luzern schaftsinformatik-Schule (WIS/HWV) Luzern (WIS/HWV) 1979 1988 1979 Gründung des Instituts 1988 Eröffnung der Höheren Gründung des Instituts für Betriebs- und Regional- Eröffnung der Höheren Fachschule für Tourismus für Betriebs- und Regional- ökonomie IBR Fachschule für Tourismus (HFT/HWV) ökonomie IBR (HFT/HWV) 1970 1975 1980 1985 1990 1970 1975 1980 1985 1990 1977 1993 1977 Umzug der HWV Luzern nach 1993 Gründung des Umzug der HWV Luzern Horw nach an den Standort der 1984 Gründung des Instituts für Tourismusw Horw an den Standort der Hochschule heutigen 1984 Luzern – Formale Anerkennung für Tourismuswirtschaft ITW (heute In heutigen Hochschule Luzern Technik & –Architektur Formale Anerkennung der HWV Luzern ITW (heute InstitutTourismus für und Technik & Architektur der HWV Luzern durch das Eidgenössi- Tourismus und Mobilität ITM) durch das Eidgenössi- sche Volkswirtschafts- ITM) sche Volkswirtschafts- departement 1989 departement 1989 Gründung des Instituts Gründung des Instituts für Wirtschaftsinformatik für Wirtschaftsinformatik IWI IWI
V 50 Jahre im Überblick 2002 Gründung des Instituts für 1995 Wirtschaftskommunikation 2021 Umzug von Horw an den IWK (heute Institut für Kom- Akkreditierung der heutigen Standort beim munikation und Marketing Hochschule Luzern – Bahnhof Luzern IKM) Wirtschaft durch AACSB 1995 2000 2005 2010 2015 2020 1997 Umbenennung der HWV Luzern in Hochschule für 2007 Wirtschaft (HSW) Luzern. Umbenennung der HSW Die HSW Luzern ist nun eine Luzern in Hochschule 2021 Fachhochschule und ein Teil Luzern – Wirtschaft. Die 50-Jahr-Jubiläum der der Fachhochschule Zentral- Fachhochschule Zentral- Hochschule Luzern – schweiz FHZ. schweiz tritt nun unter Wirtschaft der Marke «Hochschule Gründung des Instituts für Luzern» auf. Finanzdienstleistungen Zug IFZ
VI Festschrift Meilensteine im Bereich Ausbildung der Hochschule Luzern – Wirtschaft Meilensteine 1971 im Bereich – 2021Ausbildung der Hochschule Luzern – Wirtschaft 1971 – 2021 1985 1985 Start Studiengang in Start Studiengang Wirtschaftsinformatik in Wirtschaftsinformatik an der Wirtschafts- an der Wirtschafts-informatikschule informatikschule (WIS/HWV) 2005 (WIS/HWV) 2005 Start BSc in Business 1988 Start BSc in Business Administration mit sechs 1988 Start Studiengang Administration mitStudienrichtungen. sechs Start Studiengang in Tourismus an der 2001 Studienrichtungen.Die vier FH-Diplom- 2001 in Tourismus an derHöheren Fachschule Start FH-Diplom- Die vier FH-Diplom-studiengänge werden in Höheren Fachschule Start FH-Diplom- studiengang Wirtschafts- für Tourismus studiengänge werdendeninBSc in Business 2009 für Tourismus studiengang Wirtschafts- (HFT/HWV) kommunikation den BSc in BusinessAdministration über-2009 Start BSc in (HFT/HWV) kommunikation Administration über- führt. Start BSc in Wirtschafts- informatik führt. informatik 1970 2000 2002 2004 2006 2008 1970 2000 2002 2004 2006 2008 1971 1997 2003 2008 1971 1997 Start Betriebs- 2003 Start FH-Diplomstudiengang Start FH-Diplom- 2008 Start englisch Start Betriebs- Start ökonomie- Betriebsökonomie Start FH-Diplom- studiengang Tourismus FH-Diplomstudiengang 2006Start englischsprachiger Track im BSc ökonomie- Betriebsökonomie Ausbildung studiengang Tourismus und Mobilität 2006 Start Track Studien- im BSc in Business Administratio Ausbildung 1998 und Mobilität Start Studien- richtung Manage- Administration 1998 Start FH-Diplomstudiengang richtung Manage- ment & Law im Start Studien Start FH-Diplomstudiengang Wirtschaftsinformatik ment & Law im BSc inStart Business Studienrichtung Immobilien im Wirtschaftsinformatik BSc in Business Administration Immobilien im BScBusiness in Adm Administration Business Administration Start MSc in B Start MSc in Business Administratio Administration mitMajors vier Majors Start MSc in B Start MSc in Banking and Finance and Finance
VII 50 Jahre im Überblick 2016 Transfer BSc in Wirtschafts- informatik an das neu 2013 gegründete Departement 2019 Start MSc in International Informatik der Hochschule Start BSc in Business Financial Management Luzern Psychology 2010 2012 2014 2016 2018 2020 2014 2017 2020 Start Studienrichtung Start MSc in Start BSc in Mobility, Value Network & Process Real Estate Data Science & Management im BSc in Economics Business Administration 2018 Start MSc in Applied Information and Data Science Start des Majors Hospitality Manage- ment im BSc in Business Administration für HF-Absolventinnen und Absolventen der SHL Schweizerischen Hotel- fachschule Luzern
VIII Festschrift Anzahl Studierende, 1971 bis 2021 Anzahl Studierende, 1971 bis 2021 3’000 2’500 2’000 1’500 1’000 500 0 1972 1974 1976 1978 1980 1982 1984 1986 1988 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2008 2010 2012 2014 2016 2018 2020 Abbildung 2: Wichtigkeit verschiedener Touchpoints heute (n=63)
IX Festschrift Anzahl Dozierende, 1971 bis 1991 Anzahl Dozierende 1971 bis 1991 120 100 80 60 40 20 0 1971 1972 1973 1974 1975 1976 1977 1978 1979 1980 1981 1982 1983 1984 1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 Vollamtliche Dozierende Dozierende im Lehrauftrag Abbildung 2: Wichtigkeit verschiedener Touchpoints heute (n=63) Anzahl Mitarbeitende, 2002 bis 2021* Anzahl Mitarbeitende 2002 bis 2021 400 350 300 250 200 150 100 50 0 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 weiblich männlich Abbildung 2: Wichtigkeit verschiedener Touchpoints heute (n=63) * Anzahl Mitarbeitende 2002 bis 2021 inklusive Anzahl Dozierende. Daten zu Anzahl Mitarbeitende basieren auf zwei Datengrundlagen und wurden für die Jahre 2002-2005 adjustiert. Für die Periode 1971 bis 1991 existieren lediglich Angaben zur Anzahl der Dozierenden.
1 Vorgeschichte der Höheren Wirtschafts- und Verwaltungsschule Luzern
1 1. Vorgeschichte der Höheren Wirtschafts- und Verwaltungs- schule Luzern 1.1. D ie Idee von Höheren Wirtschafts- etablierten Hochschulstudium einen weiteren attrakti- und Verwaltungsschulen ven Bildungsweg eröffnen, welcher gemäss Bundesrat die Absolventinnen und Absolventen befähigt, «in der Die schweizer Wirtschaft und Bildungslandschaft der kaufmännischen Wirtschaft und in der Verwaltung Po- 1960er und 1970er Jahre war im Wandel. Einerseits stieg sitionen des mittleren Kaders einzunehmen».1 die Relevanz des dritten Wirtschaftssektors (Dienst- leistungen) in der Schweiz bereits ab den 1950er In Luzern beauftragte der Regierungsrat 1968 auf- Jahren stark an. Andererseits befanden sich viele grund einer Motion eine Studienkommission mit der Branchen sowohl in der Industrie als auch im Dienst- Ausarbeitung eines Konzepts für eine HWV. Der Grosse leistungssektor in einer Phase von Automatisierung Rat (heute Kantonsrat) beschloss im Oktober 1970 per und Technologisierung, was zu einer steigenden Nach- Dekret die Gründung einer solchen Bildungsinstitu- frage von organisatorischen, planerischen und analyti- tion. Das von der Kommission vorgeschlagene Konzept schen Tätigkeiten führte. Vermehrt gesucht waren wurde weitgehend übernommen. Allerdings sollte der qualifizierte Kaderpersonen mit kaufmännischem Hin- Kanton Luzern anstelle des Kaufmännischen Vereins tergrund. Luzern die Trägerschaft innehaben. Somit wurde die HWV Luzern mit ihrer Gründung eine Dienststelle in- Die Gründung von Höheren Wirtschafts- und Verwal- nerhalb des damaligen Erziehungsdepartements (das tungsschulen (HWV) in der Schweiz entwickelte sich heutige Bildungs- und Kulturdepartement des Kantons aus einer Initiative des Schweizerischen Instituts für Luzern). höhere kaufmännische Bildung heraus, welches vom Schweizerischen Kaufmännischen Verein getragen wurde. Die erste HWV in der Schweiz wurde 1968 in Zürich 1.2. Gründung der HWV Luzern aufgebaut. Nach Zürich, Basel, Bern und St. Gallen war die HWV Luzern die insgesamt fünfte Schule dieser Art Am 18. Oktober 1971 nahm die HWV Luzern den Un- in der Schweiz. terricht an der Frankenstrasse in Luzern auf. Die HWV fand in Luzern eine breite Unterstützung von Wirt- Schon länger etabliert waren Höhere Technische Lehr- schaft, Politik und Verbänden. So wurden beispiels- anstalten (HTL). In der Zentralschweiz wurde das Zen- weise zu Beginn die Sekretariatsmitarbeiterinnen vom tralschweizerische Technikum (ZTL, heute das Depar- Kaufmännischen Verein zur Verfügung gestellt. Die tement Technik & Architektur der Hochschule Luzern) erste Bibliothek bestand aus einer Spende der Zent- bereits 1958 gegründet. Folglich wurden die Höheren ralschweizerischen Handelskammer von 1’200 Büchern Technischen Lehranstalten und das ZTL von Unterstüt- und wurde alsbald ergänzt durch Schenkungen lokaler zerinnen und Unterstützern einer HWV Luzern oft als Unternehmen. Vergleich für die Gründung einer Höheren Schule im kaufmännischen Bereich beigezogen. So wurde in der Aufgrund des Status der HWV Luzern als Dienststelle Öffentlichkeit beispielsweise häufig von einem «Tech- des Erziehungsdepartments lag die Aufsicht über die nikum für Kaufleute und Beamte» gesprochen, was die HWV Luzern beim Regierungsrat des Kantons Luzern. Idee einer HWV greifbarer machte. Dieser delegierte die Aufsicht an eine Aufsichtskom- mission. Neben dem Rektor der kaufmännischen Be- Die Abschlüsse einer HWV schlossen aus damaliger rufsschule nahmen darin auch Personen aus der zent- Sicht eine Lücke zwischen den bereits bestehenden ralschweizerischen Wirtschaft, aus Verbänden, Politik Fähigkeitszeugnissen der Lehrabschlussprüfung sowie und Verwaltung Einsitz. Nachdem die ersten Diplome den Hochschuldiplomen der Universitäten. Bildungs- an Studierende verliehen worden waren, nahm auch politisch sollten die Abschlüsse der HWV neben dem ein Vertreter oder eine Vertreterin der Ehemaligen 1 Stellungnahme des Bundesrats auf eine Motion des Luzerner Nationalrats Alfons Müller vom 7. Oktober 1971. Amtliches Bulletin der Bundesversammlung 1972 III 825.
2 Festschrift vereinigung Gesellschaft Luzerner Betriebsökonomen Rückblickend waren die Rahmenbedingungen für die (GLB) Einsitz im Gremium. Die Aufsichtskommission Gründung einer HWV in mehrfacher Hinsicht günstig. nahm in ihrer Rolle aktiv Einfluss auf die strategische So gab es in den 1960er und 1970er Jahren einen po- Ausrichtung der HWV Luzern. litischen und gesellschaftlichen Konsens über die Not- wendigkeit einer kaufmännischen Ausbildung, die zwi- Gestützt auf das Gesetz über die berufliche Ausbildung schen dem Lehrabschluss und dem bereits bestehen- vom 20. September 1963 wurden die HWV-Schulen den akademischen Hochschulstudium angesiedelt vom Bund aufgrund ihres Status als berufliche Weiter- wird. Das Modell der Höheren Technischen Lehranstal- bildungsinstitutionen finanziell unterstützt und unter- ten war zudem bereits bekannt und eine Übertragung standen diesbezüglich der Aufsicht des damaligen dieser Idee auf den kaufmännischen Bereich verständ- Bundesamts für Industrie, Gewerbe und Arbeit (BIGA). lich. Ausserdem gab es in der ersten Gründungsphase Mit dem Bundesgesetz vom 19. April 1978 über die kaum regulatorische Vorgaben, was entsprechende Berufsbildung wurden die Höheren Wirtschafts- und Gestaltungsfreiheiten erlaubte. Das Gründungsteam Verwaltungsschulen auch gesetzlich verankert. Es folgte der HWV Luzern sollte diese Freiräume in den folgen- die Verordnung vom 1. Juni 1982 über Mindestvorschrif den Jahren mit viel Kreativität und Innovationsgeist ten für die Anerkennung von Höheren Wirtschafts- nutzen. und Verwaltungsschulen, aufgrund derer das Eidge- nössische Volkswirtschaftsdepartement (EVD) Fach- kommissionen für die Überprüfung der einzelnen Schulen einsetzte. Basierend auf den Mindestvorschriften erhielt die HWV Luzern schliesslich 1984 vom EVD die eidge- nössische Anerkennung und den rückwirkenden Titel- schutz für ihre Diplome.
3 Vorgeschichte der Höheren Wirtschafts- und Verwaltungsschule Luzern
2 Aufbau und Positionierung (1971 – 1984)
5 2. Aufbau und Positionierung (1971 – 1984) Mit der Gründung 1971 war der Startpunkt für eine und Datenverarbeitung sowie im Personalwesen – und rasche Entwicklung der HWV Luzern gelegt. Der Fo- in der öffentlichen Verwaltung übernehmen [zu] kön- kus in den Gründungsjahren lag auf der inhaltli- nen, in einer Arbeitsgruppe wirksam mitarbeiten kön- chen Entwicklung im Bereich der Ausbildung sowie nen und über das erforderliche Basiswissen für eine dem Aufbau erster Weiterbildungsangebote. Die spätere Übernahme von Führungsaufgaben verfügen.» erste Durchführung des Studiengangs in Betriebs- ökonomie stiess bereits auf reges Interesse. Im Neben fachlichen Kompetenzen umfasste der Studien- zweiten Jahr baute die HWV Luzern den Studien- gang bereits von Beginn weg Themen wie Führung gang schon auf zwei Klassen aus. Im Bereich der oder Arbeit und Kooperation in Teams. Weitere The- Weiterbildung bot die HWV Luzern erste Kurse an. menfelder, wie zum Beispiel elektronische Datenverar- Schliesslich wurde 1979 mit dem Institut für Be- beitung (EDV, heute Informatik), kamen im Verlauf der triebs- und Regionalökonomie IBR auch das erste 1970er und 1980er im Lehrplan des Betriebsökonomie- Institut der HWV Luzern gegründet. Den Endpunkt Kurses hinzu. dieser ersten Entwicklungsphase der HWV Luzern setzt das Jahr 1984, indem die Schule durch den Das vorrangige strategische Ziel der HWV Luzern war Bund formell gemäss dem Berufsbildungs-Gesetz eine hohe Arbeitsmarktfähigkeit der Absolventinnen als Höhere Wirtschafts- und Verwaltungsschule an- und Absolventen. Konsequenterweise war der Lehrplan erkannt wurde. sehr stark praxisbezogen und wurde mit diesem Ziel in den ersten Jahren kontinuierlich optimiert und überar- beitet. Stellvertretend für diese Anstrengungen steht 2.1. Erste Aus- und Weiterbildungen folgender Auszug aus dem Jahresbericht 1972/73: Die Ausbildung in Betriebsökonomie an der HWV Luzern «Als junge und kleine Schule hat die HWV die Möglich- war auf sechs Semester angelegt und bestand aus keit, sich rasch den gewandelten Ansprüchen anzupas- einem Vorkurs (1. und 2. Semester) und einem Hauptkurs sen. So wurde der Lehrplan bereits im zweiten Jahr revi- (3. bis 6. Semester). Der Unterricht fand – im Gegen- diert. Es war sehr erfreulich festzustellen, wie sich die satz zu anderen, bestehenden Ausbildungsangeboten Studenten positiv für Änderungen einsetzten und am mit Abendkursen – im Vollzeitmodus und am Tag statt. gleichen Zügel zogen wie die Dozenten und die Schul- Die Ausbildung sollte begabte kaufmännische Ange- leitung. Ein Dank gebührt auch der Aufsichtskommis- stellte auf die Übernahme anspruchsvoller Aufgaben sion und dem Erziehungsdepartement für die speditive in Wirtschaft und Verwaltung vorbereiten. Im letzten und verständnisvolle Behandlung der Lehrplanfragen Studienjahr standen den Studierenden drei Vertiefun- und des Diplomprüfungsreglements.»2 gen in den Bereichen Rechnungswesen, Marketing so- wie öffentliche Verwaltung offen. Bereits in der Frühphase der Betriebsökonomie-Ausbil- dung kristallisierten sich inhaltliche und strukturelle Die Ausrichtung und der Zweck der HWV Luzern wurden Ausbildungsbestandteile heraus, die spezifisch im im Jahresbericht 1976/1977 wie folgt umschrieben: Dienst des Praxisbezugs standen und in dieser oder ähnlicher Form bis heute überlebt haben. Dazu gehör- «… die Ausbildung von Betriebsökonomen, die über die ten insbesondere Semester- und Diplomarbeiten im notwendigen Grundkenntnisse und Fähigkeiten verfü- Auftrag von oder in Zusammenarbeit mit der Praxis, gen, um nach einer Einarbeitungs- und relativ kurzen die Durchführung von Praxisseminaren (in jener Zeit zusätzlichen Ausbildungszeit qualifizierte Funktionen z.B. ein Banken- und Versicherungsseminar, ein EDV- in der Privatwirtschaft – vor allem in den Bereichen Seminar oder ein Rechtsseminar), die Möglichkeit ei- Finanz- und Rechnungswesen, Marketing, Organisation ner Spezialisierung bei fortgeschrittener Ausbildung in 2 HWV Luzern-Jahresbericht 1972/73, S. 1
6 Festschrift Form von Vertiefungen sowie die Organisation und Die ersten Angebote der HWV Luzern stiessen auf Durchführung eines jährlichen Kontaktgesprächs mit grosse Nachfrage. Im Studiengang für Betriebsökono- möglichen Arbeitgebern. Viele dieser Formate von da- mie waren im Jahr 1971 26 Studierende eingeschrieben, mals bestehen noch heute. So findet beispielsweise 24 davon waren Männer. Im zweiten Studienjahr wurde noch heute jährlich ein Kontaktgespräch zwischen Stu- bereits eine Doppelführung (zwei Klassen) des Kurses dierenden und Unternehmen statt. Studierende kön- angeboten und im dritten Durchgang zählte die HWV nen zudem auch heute im Rahmen schriftlicher Arbei- Luzern schon über hundert Studierende. Mit der for- ten Aufträge aus der Praxis übernehmen. Dieser Aus- mellen Anerkennung der HWV Luzern gemäss dem tausch zwischen Praxis und Studierenden wurde im Bundesgesetz über die Berufsbildung durch den Bund Rahmen einer eigens dafür zuständigen Abteilung (die am 7. November 1984 wurde auch der Titel «Betriebs- sogenannte Transferstelle) organisiert. ökonom HWV» geschützt und rückwirkend bis zum ers- ten Diplomjahrgang anerkannt. Eine Würdigung des Curriculums der Betriebsökono- mie-Ausbildung jener Zeit darf nicht ausser Acht las- Im Bereich der Weiterbildung lancierte die HWV Luzern sen, dass neben den Kerndisziplinen Betriebs- und im Studienjahr 1972/1973 erste Angebote. Im Auftrag Volkswirtschaft auch weitere Fächer gepflegt wurden. des Gemeindeschreiberverbandes des Kantons Luzern Dazu gehörten vor allem Mathematik, Statistik sowie wurde ein erster Fachkurs für Verwaltungsbeamtinnen Sprachen. Die Ziele und Inhalte in diesen Bereichen und -beamte angeboten, welchen 28 Personen mit fokussierten aber ausschliesslich auf die vom Arbeits- einem Fachausweis abschlossen. Hinzu kamen in den markt geforderten Kompetenzen der Absolventinnen 1980er Jahren auch die Nachdiplomstudiengänge und Absolventen. In Luzern wurde somit «angewandte» (NDS), so zum Beispiel ein NDS in Unternehmensfüh- Wirtschaftsmathematik und -statistik gelehrt (obwohl rung für Ingenieure und Architekten, welches heute in dieser Begriff in den Lehrplänen nicht zu finden war). Form des Master of Business Administration (MBA) Im Bereich der Kommunikation wurde Deutsch sowie besteht. Fremdsprachen unterrichtet (Englisch, Französisch, später auch Spanisch) – ebenfalls mit einem klaren Be- zug zu den Anwendungsbereichen im Beruf. In den Kontext der Praxisorientierung gehört auch, dass 1979 mit der Gründung des Instituts für Betriebs- und Regionalökonomie IBR ein erfolgreicher Meilen- stein gesetzt wurde. Denn zu den Treibern für diesen Schritt gehörte neben dem offiziell artikulierten Be- dürfnis nach Beratungs- und Weiterbildungsangebo- ten im Bereich der privaten und öffentlichen Wirtschaft explizit auch die Absicht, «den Unterricht an der HWV noch praxisbezogener zu gestalten».3 Mit der Grün- dung des Instituts für Betriebs- und Regionalökonomie IBR war die HWV Luzern im Übrigen die erste Schule ihrer Art, die Ressourcen in Weiterbildung, Forschung und Dienstleistung investierte (vgl. Seite 7 für ein Por- trait des IBR). 3 HWV Luzern-Jahresbericht 1978/79, S. 1
7 Institut für Betriebs- und Regionalökonomie IBR (1979 – heute) Das Institut für Betriebs- und Regionalökonomie IBR führung (NDS U). Der damals einjährige, berufsbeglei- wurde vor gut 40 Jahren als Abteilung der Höheren tende NDS war gezielt auf die Bedürfnisse von HTL- Wirtschafts- und Verwaltungsschule Luzern durch Paul und ETH-Absolventinnen und -Absolventen mit Berufs- Senn gegründet. Die Initiative dazu kam direkt aus der erfahrung ausgerichtet. Das Konzept bewährt sich bis Praxis: Ein mit dem Institut verbundener Produktions- heute und besteht in abgewandelter Form im MBA Lu- leiter kam auf die Hochschule zu und äusserte den zern weiter. 1990 lancierte das IBR zudem die Manage- Bedarf nach einer betriebswirtschaftlichen Weiterbil- ment-Weiterbildungsstufe MWS (heute EMBA Luzern). dung für Ingenieurinnen und Ingenieure, die für ihren Betriebsalltag ökonomisches Wissen benötigten. Die Heute bietet das IBR über 60 verschiedene Weiterbil- Gründung des IBR war somit direkt mit der Entwicklung dungen in den Themenfeldern Management, Gesund- von Weiterbildungsprogrammen verbunden. Es war heit und Soziales, Gesellschaft und Politik, Leadership das schweizweit erste Institut an einer öffentlichen sowie Gemeinde-, Stadt- und Regionalentwicklung an. höheren Fachschule mit einem solchen Auftrag. Zudem kooperiert das IBR seit Jahren mit anderen Departementen der Hochschule Luzern und bietet Die Anfänge des Instituts gemeinsame Weiterbildungen an (z.B. MAS Wirtschafts- Zu den Aufgaben des IBR zählte die Beratung von Un- ingenieur, MAS Management im Sozial und Gesund- ternehmen (z.B. Themen in den Bereichen Organisa- heitsbereich, MAS Gemeinde-, Stadt- und Regionalent- tion, Personal, Buchhaltung und Marketing) sowie die wicklung und MAS Social Insurance Management). regionalökonomische Beratung von Politik und Verwal- Aufgrund der starken Modularisierung in der Weiterbil- tung. Daneben bot das IBR erste Weiterbildungen an. dung können mittlerweile diverse CAS fast aller Depar- Bereits von Anfang an musste das IBR eine kostende- temente der Hochschule Luzern an MAS des IBR ange- ckende Finanzierung der angebotenen Produkte und rechnet werden. Leistungen durch die Teilnehmenden, Unternehmen und Institutionen sicherstellen. Dies war eine Auflage Weit über 8’000 Fach- und Führungskräfte entwickel- des damaligen Grossrats (heute Kantonsrat) des Kan- ten bisher ihr Experten- und Erfahrungswissen in Wei- tons Luzern. terbildungsprogrammen des IBR weiter. Dabei stehen die Verbindung einer theoriebasierten Wissensver- Zu Beginn teilten sich drei Mitarbeitende 70 Stellen- mittlung und der direkte Transfer in die Praxis der Teil- prozente und erwirtschafteten im Jahr 1979 einen nehmenden im Zentrum. Neben den vielfältigen Wei- Jahresumsatz von CHF 250’000. Das IBR war auch terbildungsangeboten sind Dozierende des IBR in der Ausganspunkt für die Gründung weiterer Institute, in Bachelor- und Masterausbildung für die Fächer Ma- denen dann zuvor am IBR verankerte Themengebiete nagement und Volkswirtschaft sowie verschiedene entsprechend gestärkt und weiter ausgebaut werden Vertiefungsrichtungen zuständig. konnten. Forschung und Dienstleistung Weiterbildung Neben dem Bedarf an Weiterbildung trug das Bedürfnis Die HWV Luzern hatte in den Anfangsjahren neben nach Beratungsdienstleistungen vonseiten der Wirt- der Ausbildung bereits früh Verwaltungsweiterbildun- schaft massgeblich zur Gründung des IBR bei. In den gen für Gemeindeschreiberinnen und -schreiber sowie Anfangszeiten entwickelte das IBR beispielsweise für Notarinnen und Notare durchgeführt. Ende der 1980er die öffentliche Hand Alters- oder Jugendleitbilder, be- Jahre gingen diese Weiterbildungen an das IBR über. riet den Regierungsrat des Kantons Luzern oder unter- Parallel dazu führte das IBR weitere Weiterbildungs- stützte KMU bei der Organisations- und Führungsent- formate ein, wie etwa Seminare für Verwaltungsmitar- wicklung. Dank der guten Vernetzung zu Politik und beitende, und stellte damit früh Public-Management- Verwaltung und der guten Reputation des IBR nahm Kompetenzen für die zentralschweizer Verwaltungen das Institut über viele Jahr die Geschäftsführung des zur Verfügung. Im Frühjahr 1980 startete der vom IBR Verbands Luzerner Gemeinden wahr. Seither unter- konzipierte Nachdiplomstudiengang Unternehmens- stützt das IBR die öffentliche Hand, Wirtschaftsver-
8 bände, Nonprofitorganisationen und vereinzelt auch wie die Weiterbildungen, so dass die verschiedenen KMU mit Beratungsleistungen. Leistungsbereiche voneinander profitieren können. Bereits in den 1990er Jahren wurden die Aktivitäten in Das IBR heute der Forschung und Entwicklung deutlich ausgebaut. Heute beschäftigt das IBR über 120 Mitarbeitende. Das Heute bestehen vielfältige Partnerschaften mit der Team setzt sich interdisziplinär zusammen und verfügt Wirtschaft, der öffentlichen Verwaltung, Hochschulen über hohe akademische Qualifikationen, vielseitiges im In- und Ausland sowie zu nationalen und internati- und reichhaltiges Praxiswissen sowie fundierte didakti- onalen Institutionen der Forschungsförderung. Inno- sche Erfahrungen. Aufgrund des grossen Wachstums vative Themen werden zusammen mit der Praxis ent- wurde im Jahr 2007 eine Co-Leitung des Instituts ein- wickelt und umgesetzt. Die Praxispartner beteiligen geführt. Das Institut gliedert sich in die fünf Kompe- sich mit finanziellen Beiträgen und Eigenleistungen an tenzzentren: Public and Nonprofit Management, Re- den Projekten oder geben diese in Auftrag. Die regio- gionalökonomie, Service & Operations Management, nale Verankerung des IBR behält dabei ihren hohen Management and Law, sowie Unternehmensentwick- Stellenwert und wird intensiv gepflegt. Die themati- lung, Führung & Personal. Der starke Praxisbezug ist in schen Schwerpunkte von Forschungs- und Dienstleis- allen fünf Leistungsbereichen weiterhin ein zentrales tungsprojekten bewegen sich in den gleichen Feldern Merkmal des Instituts.
9 Aufbau und Positionierung (1971 – 1984) 2.2. Z ulassungspraxis in der Ausbildung Jahr länger auf den Studienstart warten. Bis Ende der und Profile von Studierenden 1970er stieg die Anzahl aktiver HWV-Studierender auf etwa hundert Personen, in der ersten Hälfte der Das Profil der typischen HWV-Studierenden der 1970er 1980er waren es 140 Personen. Zwischen 1971 und Jahre unterschied sich in verschiedener Hinsicht von 1984 schlossen 389 Personen erfolgreich den Studien- jenem der heutigen Bachelorstudierenden. Mit wenigen gang ab und führten somit den Titel «Betriebsöko- Ausnahmen hatten sie eine kaufmännische Berufs- nom/in HWV». Der Frauenanteil betrug lediglich rund lehre absolviert und konnten mehrere Jahre praktische fünf Prozent. Berufserfahrung vorweisen. Durchschnittlich waren sie bei Studienantritt 23 bis 24 Jahre alt. Sie kamen zu Bereits der erste Studienjahrgang gründete einen Stu- rund 70 Prozent aus dem Kanton Luzern und zu rund dentenrat, der sich als Interessensvertretung und An- 30 Prozent aus den übrigen zentralschweizer Kantonen. sprechpartner gegenüber der Schulleitung verstand und in dieser Funktion durch die HWV Luzern begrüsst Für das dreijährige Vollzeit-Studium unterbrachen die wurde.4 Des Weiteren wurde im Verlauf des Studien- Studierenden ihr Berufsleben und verzichteten auf ein jahrs 1974/75 eine HWV-eigene Studentenverbin- Erwerbseinkommen. Entsprechend hoch war in aller dung, die Oeconomia Lucernensis, gegründet. Die Ver- Regel ihre Motivation und ihr Durchhaltevermögen. bindung etablierte sich rasch und ist bis zum heutigen Tag aktiv. Eine Berufsmaturität gab es zu der damaligen Zeit noch nicht. Für die Zulassung zum Studium mussten Studie- Schliesslich schlossen sich 1976 im Anschluss an die rende einen erfolgreichen kaufmännischen Lehrabschluss, Vergabe der ersten Diplome die erfolgreichen Absolven mindestens zwei Jahre Berufserfahrung und eine Note tinnen und Absolventen zur Ehemaligenvereinigung von mindestens 5.0 in den Fächern Rechnungswesen, «Gesellschaft Luzerner Betriebsökonomen (GLB)» zu- Deutsch, Englisch und Französisch vorweisen. Wer die- sammen. Sie bezweckte «hauptsächlich die Förderung sen Notenschnitt nicht hatte, musste für die Zulassung der Weiterbildung … [und] unterstützt … alle Bestre- zum Studium eine Aufnahmeprüfung absolvieren. bungen zur Förderung der Höheren Wirtschafts- und Verwaltungsschulen». 5 Die GLB wurde 2006 in die Trotz Zulassungsbedingungen überstieg die Nachfrage Nachfolgeorganisation «Alumni HSW Luzern» überführt nach der Betriebsökonomie-Ausbildung der HWV und 2008 in «Alumni Hochschule Luzern – Wirtschaft» Luzern bereits Ende der 1970er Jahre die verfügbare umbenannt. 2012 wurde schliesslich die ALUMNI Kapazität. Neben den Zulassungsbedingungen muss- Hochschule Luzern gegründet, welche aus einem Zu- ten zu Beginn der 1980er Jahre auch quantitative sammenschluss verschiedener Ehemaligen-Vereini- Zulassungsbeschränkungen eingeführt werden. Über- gungen hervorgegangen ist (vgl. Seite 10 für ein Por- zählige Bewerberinnen und Bewerber mussten ein trait der ALUMNI Hochschule Luzern). 4 HWV-Jahresbericht 1975/76, S. 2 5 HWV Luzern-Jahresbericht 1975/76, S. 2
10 Von der Gesellschaft Luzerner Betriebsökonomen (GLB) zur ALUMNI Organisation Die Vorteile eines beruflichen Netzwerkes waren schon Luzern», um die Verbindung mit der damaligen HSW den ersten Studierenden der Betriebsökonomie-Ausbil- weiter hervorzuheben. Nur zwei Jahre später passt sich dung bekannt. So wurden bereits in den 1970er Jahren die Alumni-Vereinigung ein weiteres Mal der Umbe- Verzeichnisse aller Absolventinnen und Absolventen nennung der Schule an: Aus der «Alumni HSW Luzern» geführt, ohne dass es eine eigentliche Vereinsstruktur wird die «Alumni Hochschule Luzern – Wirtschaft». gab. Stephanie Räber, Mitarbeiterin auf dem Sekreta- riat der HWV (und späteres Ehrenmitglied der GLB) 2012 folgte die Alumni-Vereinigung in einem weiteren war Dreh- und Angelpunkt und führte entsprechende Schritt der organisationalen Entwicklung der Fach- Listen mit Kontaktangaben. 1981 wurden dann mit hochschule, indem sich die Alumni-Organisationen der der Gründung der Gesellschaft Luzerner Betriebsöko- verschiedenen Teilschulen (Technik & Architektur, Musik, nomen auch auf formeller Ebene entsprechende Ver- Design & Kunst, Soziale Arbeit) zur «ALUMNI Hoch- einsstrukturen geschaffen. schule Luzern» zusammenschlossen. Per Ende 2020 zählte ALUMNI Hochschule Luzern 6931 Mitglieder, Die Ziele der GLB waren unter anderem der Austausch wovon 2102 aus der Hochschule Luzern – Wirtschaft untereinander, die Veranstaltung von Anlässen mit sind. Vertretern der Wirtschaft, sowie der Versand eines ak- tuellen Mitgliederverzeichnisses. Insbesondere dem Die heutige Alumniorganisation veranstaltet gemäss stetig umfangreicher werdenden Mitgliederverzeichnis ihrem Motto «verbindend und einzigartig» jährlich di- – genannt «Who is Who» – kam eine immer grössere verse Anlässe für ihre Mitglieder. Einmal steht der Bedeutung zu. Bis zur Einstellung des gedruckten For- fachliche Austausch im Vordergrund, bei anderen geht mates (und Umstellung auf das digitale Format) hatte es in erster Linie um das Netzwerken und das Gesellige. das «Who is Who» den Umfang eines Buches erreicht Bei den Studierenden präsentieren sich die Alumni und wurde jährlich publiziert. zum Beispiel mit «Energiestationen» während der Prü- fungsphasen oder dem Bachelorarbeitspreis, der an Im Jahr 2006 feierte die GLB ihr 25-Jahr-Jubiliäum. Zu der Hochschule Luzern – Wirtschaft jährlich gestiftet diesem Zeitpunkt konnten 1’400 Mitglieder gezählt wird. Dadurch wird für Nachwuchs im wachsenden werden (wovon 550 Studierende waren). Zudem wurde Alumni-Netzwerk gesorgt. zu diesem Zeitpunkt aus der GLB neu die «Alumni HSW
11 Aufbau und Positionierung (1971 – 1984) 2.4. Standorte Dem Kernteam gegenüber standen nebenamtliche Dozierende, die hauptberuflich Funktionen in der Wirt- Bereits nach drei Jahren genügten die Räumlichkeiten schaft oder der Verwaltung innehatten. Bis 1984 an der Frankenstrasse nicht mehr, um alle Lehrveran- wuchs die Zahl der nebenamtlichen Dozierenden auf staltungen durchzuführen. Da der kaufmännische Ver- 22. Das anzahlmässige Verhältnis zwischen voll- und ein als Vermieterin nicht in der Lage war zusätzlichen nebenamtlichen Dozierenden war strategisch gewollt, Raum zur Verfügung zu stellen, zog die Schule im Som- um den Praxisbezug in der Betriebsökonomie-Ausbil- mer 1974 in das Gebäude des Zentralschweizerischen dung sicherzustellen. Technikums (ZTL) in der Sentimatt (Dammstrasse 6). Bereits zu jenem Zeitpunkt stand allerdings fest, dass Ein Verdienst der Personen, welche die erste Phase der diese Lösung provisorischer Natur war und die HWV HWV Luzern prägten, war das Nutzen der guten politi- Luzern zusammen mit dem Technikum einen Neubau schen und gesellschaftlichen Startbedingungen. Dies in Horw beziehen würde. Die HWV Luzern zog im Som- äusserte sich unter anderem darin, dass das Hauptziel mer 1977 nach Horw um und blieb dort während 19 der neuen Ausbildung, die Arbeitsmarktfähigkeit der Jahren bis zum Ende des Studienjahrs 1995/96. Absolventinnen und Absolventen, mit Erfolg erreicht wurde. Trotz des schwierigen konjunkturellen Umfelds nach der Ölkrise in den frühen 1970er Jahren wurde be- 2.5. Organisation, Leitung und Dozierende reits anlässlich der zweiten Diplomverleihung (1975) festgestellt, dass «der überwiegende Teil der Diploman- Hans Lütolf war der Gründungsrektor der Höheren den, rund die Hälfte schon vor der Diplomierung, trotz Wirtschafts- und Verwaltungsschule Luzern (HWV). der unerfreulichen Wirtschaftslage passende und ent- Lütolf prägte in dieser Funktion den Aufbau und die wicklungsfähige Stellen gefunden [hat]».6 Diese Infor- Entwicklung der HWV Luzern bis zu seiner Pensionie- mation wiederholte sich sinngemäss in jedem Jahres- rung Ende 2000. Von seinen Kolleginnen und Kollegen bericht der folgenden zehn Jahre und darüber hinaus. wurde er als äusserst integre Person geschätzt, welche während 30 Jahren ein Garant für strategische und Am Ende des Studienjahrs 1983/84 hatte sich die operative Kontinuität und Konsistenz war. Als Verbin- HWV Luzern zu einem im schweizerischen Vergleich dungsperson zur Trägerschaft der HWV erwarb er sich zwar kleinen, aber etablierten Player in der Bildungs- das Vertrauen der massgeblichen Stellen in der kanto- landschaft entwickelt. Noch verstand und definierte nalen Exekutive, Legislative und Verwaltung. sich die HWV Luzern als regionale Bildungsinstitution. Dies zeigte sich im Einzugsgebiet der Studierenden In den Gründungsjahren der HWV Luzern baute Lütolf aus Luzern und in geringerem Masse aus den anderen ein kleines Team von voll- und hauptamtlichen Dozie- zentralschweizer Kantone. Die Voraussetzungen aller- renden auf (Arbeitspensum zwischen 50 und 100%). dings, dass sich dies mit einem weiteren Wachstum in Bis 1984 war die Zahl der voll- und hauptamtlichen Zukunft ändern könnte, waren gegeben. Dozierenden auf fünf angewachsen. Es handelte sich um junge, engagierte Akademiker, welche den Ehrgeiz hatten, ein bisher unbeackertes Feld der schweizeri- schen Bildungslandschaft in innovativer und erfolgrei- cher Weise zu gestalten. An jährlichen, jeweils drei Tage dauernden Klausurtagungen wurde Konzept um Konzept erarbeitet, diskutiert und verhandelt und auch der soziale Zusammenhalt gepflegt. 6 HWV Luzern-Jahresbericht 1974/75, S. 2
3 Ausbau und Diversifizierung (1985 – 1996)
13 3. Ausbau und Diversifizierung (1985 – 1996) Zwischen 1985 und 1996 wurde die Betriebsökonomie- verankert. Die Wirtschaftsinformatikschule (WIS/HWV) Ausbildung auf die doppelte Kapazität ausgebaut wurde 1985 eröffnet, die Höhere Fachschule für Tou- und die Spezialisierungsmöglichkeiten innerhalb die- rismus (HFT/HWV) 1988. Während die WIS aus einem ser Ausbildung erweitert. Daneben wurden zwei neue Jahr Vollzeit- und einem Jahr Teilzeitstudium bestand, Schulen mit entsprechenden Studiengängen inner- wurde die HFT von Beginn weg berufsbegleitend ge- halb der HWV Luzern gegründet: Ab dem Jahr 1985 führt. Im Gegensatz zur Betriebsökonomie-Ausbildung bot die Wirtschaftsinformatik-Schule (WIS/HWV) dauerten die Ausbildungen an der WIS und HFT zwei, eine Ausbildung in Wirtschaftsinformatik an. 1988 und nicht drei Jahre. kam an der Höheren Fachschule für Tourismus (HFT/ HWV) eine Tourismus-Ausbildung dazu. Somit be- Die WIS konnte sehr effizient realisiert werden: Der stand die HWV Luzern aus drei Teilschulen (HWV, Prozess von der Idee (Postulat im Grossen Rat) über WIS, HFT) mit drei Studiengängen. Die beiden Teil- eine Vorstudie des Instituts für Betriebs- und Regional- schulen WIS und HFT wurden zu Vorläufern von zwei ökonomie IBR, verwaltungsinterne Arbeitsgruppen, neuen Instituten. 1989 wurde das Institut für Wirt- den Bericht an den Regierungsrat, die Botschaft an das schaftsinformatik IWI gegründet, 1993 das Institut Parlament und schliesslich bis zur Beschlussfassung für Tourismuswirtschaft ITW (heute Institut für und Umsetzung dauerte nur knapp zweieinhalb Jahre. Tourismus und Mobilität ITM, vgl. Seite 14 für ein Ziel der Wirtschaftsinformatikausbildung war die Aus- Portrait des ITM). bildung von «EDV-Allroundern», die in der Praxis die Brücke zwischen Spezialisten und Anwendern bilden Der Ausbau der HWV Luzern und das Wachstum der konnten. Häufig wurde von einer «Dolmetscherfunk- Studierendenzahlen führte zunehmend zu einer Raum- tion» zwischen Betriebswirtschaft/Management und not am Standort Horw. Aus Mangel an Alternativen Informatik gesprochen. wurde dem starken Wachstum mit baulichen Provi- sorien sowie der Einmietung in Gewerbe- und Privat- Noch schneller als die WIS wurde die HFT geplant und liegenschaften begegnet. Nach längeren Vorberei- eingeführt. Sie sollte ihre Studierenden auf die Über- tungs- und Planungsarbeiten und einer positiv ver- nahme verantwortungsvoller Führungsaufgaben im Tou laufenen Volksabstimmung im Frühjahr 1993 ergab rismus, beispielsweise in Verkehrsbüros, bei Transport- sich die Lösung des Raumproblems durch den West- unternehmungen, Sportzentren oder Reisebüros vor- trakt-Neubau am Bahnhof Luzern. Somit kehrte die bereiten. HWV Luzern nach 25 Jahren an den Ort ihrer Entste- hung zurück. Die drei Studiengänge Betriebsökonomie, Wirtschafts- informatik und Tourismus wurden als separate Schulen Zu Beginn der 1990er Jahre zeichnete sich mit der geführt. Zielgruppen, Zulassungsbedingungen sowie Diskussion über die Einführung von Fachhochschu- Ausbildungsziele und -inhalte waren zu unterschied- len eine grundlegende Veränderung bezüglich der lich, als dass namhafte Synergien hätten realisiert wer- Positionierung der HWV-Schulen im schweizerischen den können. Berührungspunkte gab es allenfalls zwi- Bildungswesen ab. Nach weitreichenden Bildungs- schen Betriebsökonomie und Wirtschaftsinformatik, reformen auf Bundes- und Kantonsebene und um- da einzelne Dozierende in beiden Ausbildungsgängen fangreichen Vorbereitungsarbeiten startete dann eingesetzt werden konnten. Dies lag auch daran, dass 1997 der erste Fachhochschulstudiengang. die Informatik in der Betriebsökonomie-Ausbildung eine immer prominentere Rolle beanspruchte. 3.1. E inführung der Studiengänge in Mit den beiden neuen Ausbildungen festigte die HWV Wirtschaftsinformatik und Tourismus Luzern ihren damaligen Ruf, auf neue Entwicklungen schnell und unkompliziert zu reagieren und innerhalb Mit der Wirtschaftsinformatik und der Tourismuswirt- kurzer Zeit entsprechende Angebote zu konzipieren schaft kamen zur Betriebsökonomie-Ausbildung zwei und umzusetzen. Die HFT wurde bereits 1989 eidge- weitere Studiengänge hinzu. Diese waren an zwei neu nössisch anerkannt, die WIS im Jahr 1993. gegründeten Abteilungen der HWV Luzern (bzw. Schulen)
14 Institut für Tourismus und Mobilität ITM Wirtschaft Institut für Tourismus und Mobilität (1993 – heute) ITM Die Anfänge des Instituts Im Bereich der Weiterbildung wurden zu Beginn der Die zahlreichen touristischen Projekte des Instituts 1990er Jahre zwei Vorbereitungskurse für die Höhere für Betriebs- und Regionalökonomie IBR und die Eta- Fachprüfung «Dipl. Tourismusexperte» und die Be- blierung der Höheren Fachschule für Tourismus schu- rufsprüfung «Weiterbildung Tourismus-Management» fen die idealen Voraussetzungen und Anreize für die angeboten. 2001 starteten das CAS Event-Manage- Gründung eines Tourismus-Instituts. Erzählungen zu- ment und der Vorbereitungskurs zur Höheren Fach- folge stammt die Idee dazu von Hans Lütolf, welcher prüfung «Dipl. Manager/in öffentlicher Verkehr». die Ausarbeitung des Konzeptes seinem damaligen Kollegen Thomas Bieger übergab. Nachdem das Kon- Seit 2005 bietet der Lehrgang CAS Tourismus für zept beim Regierungsrat Anklang fand, ergriffen sie Quereinsteiger auch Branchenneulingen eine Chance, gemeinsam die Initiative und gründeten 1993 das In- in den Tourismus einzusteigen. Um das Weiterbil- stitut für Tourismuswirtschaft ITW, das heute Institut dungsangebot in der Mobilität zu stärken, übernahm für Tourismus und Mobilität ITM heisst. das ITM 2021 das CAS Management Logistik und Transport vom Institut für Betriebs- und Regionalöko- Zu Beginn beschäftigte das Institut drei Mitarbei- nomie IBR. tende, jedoch arbeiteten nicht alle davon mit einem 100-Prozent Pensum. Das Weiterbildungsangebot be- Neben den CAS-Programmen und dem Vorberei- stand aus dem Vorbereitungskurs Höhere Fachprü- tungskurs bietet das ITM auch Tagesseminare und fung (HFP) «Tourismusexperte». Im Laufe der letzten Planspiele an. Besonders erfolgreich und am Puls der 28 Jahre hat sich das ITM stark weiterentwickelt und Zeit sind die GSTC-Nachhaltigkeits-Seminare, welche zählt heute mit seinen beiden Kompetenzzentren den Teilnehmenden die internationalen Standards Tourismus und Mobilität schweizweit zu den bedeu- des Global Sustainable Tourism Council näherbrin- tendsten touristischen Hochschulinstituten. Obwohl gen. Nachhaltigkeit im Tourismus ist ein grosser auch das Angebot in der Aus- und Weiterbildung aus- Schwerpunkt der heutigen Gesellschaft und steht gebaut wurde, ist das ITM vor allem in der Forschung auch im Fokus des ITM, weshalb 2021 der Kompakt- tätig. kurs «Atelier Sustainability in Tourism» lanciert wird. Weiterbildung Forschung und Dienstleistung Angehende, quereinsteigende oder praktizierende In den ersten Jahren wurden nur einige wenige Fachleute in den Bereichen Tourismus, Mobilität und Dienstleistungsprojekte durchgeführt. Ab dem Jahr Nachhaltigkeit profitieren vom breiten Aus- und 2000 folgte der Auf- und Ausbau der Forschung. Der Weiterbildungsangebot. 2003 startete zusätzlich zur Forschungsschwerpunkt lag damals auf der Untersu- Höheren Fachschule für Tourismus HFT der Fachhoch- chung der volkswirtschaftlichen Wirkungen von schul-Studiengang Tourismus und Mobilität der später Sportgrossveranstaltungen. Durch Forschungsprojekte in den Bachelor of Science in Business Administration im Rahmen solcher Veranstaltungen entstand die so- mit einer entsprechenden Studienrichtung überführt genannte «Event-Scorecard», mit der bis heute rund wurde. 2008 wurde auch im Master of Science in Busi- 30 Grossveranstaltungen untersucht wurden (z.B. die ness Administration ein Major Tourism integriert. Ein UEFA EURO 2008 oder die Ski WM in St. Moritz 2017). weiteres Angebot ist der Major in Hospitality Ma- Die Methodik wurde schrittweise weiterentwickelt, zu- nagement im Bachelor of Science in Business Admi- erst in Richtung der Messung der Nachhaltigkeit, spä- nistration für A bsolventinnen und Absolventen der ter auch in den Bereichen Innovation und Vermächt- Schweizerischen Hotelfachschule Luzern SHL. Mit dem nis von Grossanlässen. interdisziplinären Bachelor in Mobility, Data Science and Economics lancierte das ITM in Zusammenarbeit In den letzten Jahren gewann das Thema Mobilität mit den Departementen Informatik sowie Technik & zunehmend an Bedeutung, sei es im Alltag von Be- Architektur einen Studiengang, der branchenüber- rufspendlern oder in der Freizeit und während den Fe- greifende Bedürfnisse abdeckt. rien. Der Kompetenzbereich Mobilität des Instituts entwickelte sich somit thematisch und personell be- deutend weiter. Um dies auch nach aussen sichtbar zu
15 machen, wurde das Institut im Jahr 2021 umbenannt Viele Projekte werden in Kooperation mit Partnern in Institut für Tourismus und Mobilität ITM. Das Kom- aus der Wirtschaft und der öffentlichen Hand durch- petenzzentrum Mobilität beschäftigt sich mit zahlrei- geführt. chen Projekten rund um die Optimierung und Entwick- lung von Mobilitätsangeboten, dem Reiseverhalten Das ITM heute sowie neuen Technologien in der Mobilität. Seit der Gründung 1993 ist das Institut in allen Berei- chen stark gewachsen. Heute beschäftigt das ITM Im Verlauf der Entwicklung des ITM kamen mit der rund 45 Mitarbeitende, die über umfassende Kompe- Zeit weitere Themen hinzu. Heute forschen und beraten tenzen im strategischen Management, der Angebots- die Mitarbeitenden des ITM in den Themenfeldern entwicklung, der Vermarktung sowie der Kommunika- Destinationsmanagement, Hospitality Management, tion in den Bereichen Tourismus, Mobilität und Nach- Gesundheitstourismus, Freizeit- und Tourismusverkehr, haltigkeit verfügen. Partner, Kundinnen und Kunden, Mobilitätsstudien, Management von Verkehrssystemen, Studierende und Weiterbildungsteilnehmende profi- Konsumentenverhalten, Digitalisierung, Nachhaltigkeit tieren vom umfassenden Wissen in der tourismus- sowie Sport-Events und Economics. Bearbeitet werden und mobilitätsspezifischen Ausbildung und Weiterbil- eine Vielzahl unterschiedlichster Projekte, vom mehr- dung, der angewandten Forschung und der praxisori- jährigen SNF-finanzierten Grundlagenforschungspro- entierten Beratung. jekt bis zum konkreten spezifischen Beratungsprojekt.
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