Finanzmarkttrends Zähe Erholung nach dem Corona-Schock zu erwarten - Ausblick auf die Weltwirtschaft, Deutschland, die Eurozone, die USA, China ...

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Finanzmarkttrends
Zähe Erholung nach dem Corona-Schock zu erwarten
Ausblick auf die Weltwirtschaft, Deutschland, die Eurozone, die USA, China
sowie Anleihenmärkte, Wechselkurse, Aktienindizes und Rohöl
Mai 2020
Prognosen: Konjunktur & Finanzmärkte
                                                                  GDP Change                                        Inflation
Economic activity                                  2019               2020            2021                  2019     2020        2021
Euro area                                           1,2               -8,2             5,8                  1,3       0,0         1,0
 Germany                                            0,6               -7,2             6,1                  1,5       0,4         1,3
United States*                                      2,3               -7,6             4,5                  1,6       0,6         1,6
China                                               6,1                1,2             9,2                  4,5       1,8         2,4
World                                               2,9               -3,1             5,8                  2,4       1,4         2,1
Interest rates (eop)                             07.05.2020                          Jun 20                Dez 20   Jun 20      Dez 21
Euro area
Policy rate                                          0,00                             0,00                 0,00      0,00       0,00
Deposit rate                                         -0,50                            -0,50                -0,50     -0,50      -0,50
3 months Euribor                                     -0,26                            -0,30                -0,30     -0,30      -0,30
2 year Bunds                                         -0,74                            -0,65                -0,60     -0,53      -0,50
10 year Bunds                                        -0,50                            -0,40                -0,40     -0,35      -0,35
USA
Fed funds target rate (upper bound)                  0,25                              0,25                 0,25     0,25        0,25
3 months Libor                                       0,47                              0,40                 0,35     0,35        0,40
2 year T-Notes                                       0,18                              0,30                 0,30     0,35        0,40
10 year T-Notes                                      0,71                              0,70                 0,80     1,00        1,15
FX                                               07.05.2020                          Jun 20                Dez 20   Jun 21      Dez 21
EUR/USD                                             1,08                              1,09                  1,12     1,13        1,14
EUR/GBP                                             0,87                              0,85                  0,86     0,87        0,88
USD/JPY                                            106,47                             107                   105      108         109
USD/CNY                                             7,09                              7,10                  7,20     7,20        7,25
Stocks                                           07.05.2020                          Jun 20                Dez 20   Jun 21      Dez 21
Dax                                                10696                              9600                 10500    11000       11400
Stoxx Europe 600                                     336                               310                   339      355         368
S&P500                                              2848                              2400                  2625     2750        2850
Commodities                                      07.05.2020                          Jun 20                Dez 20   Jun 21      Dez 21
Oil (Brent) in USD/USD                              30,47                              30                    40       48          52
Oil (WTI) in USD/Barrel                             24,78                              25                    35       43          47

Source: Bloomberg, Hamburg Commercial Bank Economics *As inflation index the PCE core rate is considered

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Tagesordnung

   Executive Summary

   Weltwirtschaft: Aktuelle Lage und Prognosen

   Eurozone: Konjunktur- und Zinsprognose

   Deutschland: Konjunkturprognose

   Vereinigte Staaten: Konjunktur- und Zinsprognose

   China: Konjunkturprognose

   Aktienmarktprognosen

   Wechselkursprognosen

   Ölmarktprognosen

   Ansprechpartner/Disclaimer

3             05/07/2020         Finanzmarkttrends
Executive Summary
• Weltwirtschaft: Der Corona-Schock löst die tiefste Rezession seit dem Zweiten Weltkrieg aus.

• Coronavirus: Die drastischen Maßnahmen vieler Regierungen zeigen erste Erfolge. In vielen Ländern ist die Zahl der Neuinfektionen rückläufig,
  allerdings bleibt die Gefahr einer zweiten Welle.

• Eurozone: Das BIP der Währungsunion schrumpft voraussichtlich um rund 8 %, angeführt von Italien und Spanien. Fiskalische Maßnahmen auf
  nationaler und auf EU-Ebene sollten eine noch tiefere Rezession vermeiden.

• Deutschland: Das BIP könnte im Jahr 2020 um 7,2 % schrumpfen, gefolgt von +6,1 % im Jahr 2021.

• Vereinigte Staaten: Die USA erleben derzeit den tiefsten Wirtschaftseinbruch seit der großen Depression. Die Arbeitslosenquote ist auf dem Weg zur
  20 %-Marke.

• China: Nach einem tiefen Einbruch im 1. Quartal dürfte China eines der ersten Länder sein, dass sich erholen wird. Allerdings ist für 2020 nur noch ein
  Wachstum von 1,2 % zu erwarten.

• Aktienmärkte: Aktien haben einen Teil der coronabedingten Verluste wettgemacht. Optimismus könnte jedoch verfrüht sein.

• Devisenmärkte: Euro-Abwärtstrend dürfte sich dem Ende zuneigen. Die Realzinsen sprechen für den JPY. Großbritannien und die Eurozone haben
  ihre eigenen Schwächen, die USA beschuldigen China unter anderem in Bezug auf den Coronaausbruch, aber der CNY ist immer noch relativ
  widerstandsfähig.

• Ölmärkte: Ein massiver Lageraufbau und eine langsame wirtschaftliche Erholung werden jeden Versuch einer Preiserholung dämpfen.

4                  05/07/2020              Finanzmarkttrends
Weltwirtschaft: Der Corona-Schock löst die tiefste Rezession seit dem
Zweiten Weltkrieg aus.
                                             Aufgrund von Corona-bedingten Shutdowns, Unterbrechungen in den globalen
                                              Wertschöpfungsketten und einem Nachfrageeinbruch befindet sich die Weltwirtschaft inmitten
                                              der tiefsten Rezession seit der großen Depression. Für dieses Jahr erwarten wir, dass das global
                                              BIP um 3,1% schrumpfen wird, gefolgt von einem von China angeführten Aufschwung von 5,8%
                                              im Jahr 2021. Vor allem für die Industrieländer erwarten wir jedoch keine Erholung auf das
                                              Vorkrisenniveau vor 2022. Abgesehen davon sehen wir die Risiken eher nach unten gerichtet,
                                              da große Unsicherheit darüber besteht, ob und wann das neue Coronavirus eingedämmt werden
                                              kann (siehe nächste Seite). Die Erholung dürfte in der zweiten Hälfte des Jahres 2020 einsetzen,
                                              nachdem der Tiefpunkt höchstwahrscheinlich im zweiten Quartal erreicht wurde.
                                             Im Gegensatz zu früheren Rezessionen ist der Dienstleistungssektor am stärksten betroffen.
                                              Dies belegen Frühindikatoren wir der PMI. Der PMI für den Dienstleistungssektor fiel im März auf
                                              24 Punkte, während der PMI für das verarbeitende Gewerbe auf 39,8 Punkte sank. Die
                                              Lockdown-Maßnahmen, Reiseverbote und angstbedingte Verhaltensänderungen führen zu
                                              einem starken Rückgang bei Aktivitäten wie Tourismus und Geschäftsreisen (die laut Weltbank
                                              etwa 10% des globalen BIP ausmachen), Einzelhandelsverkäufen, Messen, kulturellen
                                              Veranstaltungen usw..
                                             Die Corona-Krise hat sowohl deflationäre als auch inflationäre Auswirkungen. Der
                                              Nachfrageeinbruch, der vor allem auf dem Ölmarkt zu spüren ist, führt zu niedrigeren Preisen,
                                              während die Unterbrechungen der globalen Wertschöpfungsketten und die höheren Kosten im
                                              Zusammenhang mit Investitionen in Hygiene- und Abstandsmaßnahmen inflationär wirken. In
                                              den nächsten 12 Monaten erwarten wir, dass die deflationären Auswirkungen angesichts des
                                              enormen Anstiegs der weltweiten Arbeitslosigkeit und des Rückgangs der Kapazitätsauslastung
                                              überwiegen werden.
                                             Der Welthandel leidet unter dem plötzlichen Stopp der wirtschaftlichen Aktivitäten und dem
                                              Reiseverbot. Die Zahlen für Februar und März zeigen noch nicht die volle Auswirkung, daher
                                              erwarten wir eine weitere Verschlechterung der Handelszahlen bis April und nur eine gewisse
                                              Erholung in der zweiten Jahreshälfte.

5        05/07/2020   Finanzmarkttrends
Coronavirus: Die drastischen Maßnahmen vieler Regierungen zeigen erste Erfolge. In vielen
Ländern ist die Zahl der Neuinfektionen rückläufig, allerdings bleibt die Gefahr einer zweiten
Welle.
                                                    Immer mehr Ländern gelingt es, den Anstieg der Neuinfektionen zu verlangsamen. Die Grafik
                                                     zeigt die Entwicklung der gemeldeten Corona-bedingten Todesfälle ab dem Zeitpunkt, an dem
                                                     100 Todesfälle erreicht wurden. Je steiler die Kurve verläuft, desto länger wird es wahrscheinlich
                                                     dauern, bis das Virus eingedämmt ist. Die Grafik zeigt, dass China bei der Eindämmung der
                                                     Pandemie (offiziell) sehr erfolgreich war, und das Gleiche gilt für Südkorea, wo die Zahl der
                                                     Todesfälle wesentlich geringer ist als in anderen Ländern. Auch Italien ist bei der Eindämmung
                                                     der Krise weit fortgeschritten, und dasselbe scheint auch für Deutschland zu gelten. Indien
                                                     hingegen verzeichnet einen recht steilen Anstieg. Die Vereinigten Staaten sehen ermutigend
                                                     aus, aber das Land scheint noch weit von einer entspannten Lage entfernt zu sein.
                                                    Neben Indien ist die Lage auch in Russland, Brasilien und Mexiko im Hinblick auf Neuinfektionen
                                                     (nicht in der Grafik enthalten) besorgniserregend und ein Faktor, der die globale Erholung, die
                                                     wir für die zweite Hälfte dieses Jahres erwarten, verlangsamen könnten.
                                                    Die meisten Länder haben begonnen, die Sperrmaßnahmen zu lockern. Dies gilt für
                                                     Deutschland, Frankreich, Italien und die Vereinigten Staaten, aber auch für Indien. In Südkorea
                                                     gab es keine umfassenden Sperrmaßnahmen, während Japan aufgrund der Gefahr einer
                                                     beschleunigten Ausbreitung des Virus in letzter Zeit die Beschränkungen verschärft hat.
                                                    Das Hauptrisiko für die Weltwirtschaft ist das Auftreten einer zweiten Infektionswelle, die sehr
                                                     wahrscheinlich zu neuen Restriktionen führen würde. Es besteht jedoch die Hoffnung, dass die
                                                     Menschen sorgfältiger auf die Einhaltung der hygienischen und sozialen Distanzierungsregeln
                                                     achten, die sich offensichtlich entscheidend auf die Ausbreitungsgeschwindigkeit des
                                                     Coronavirus auswirken. Das veränderte Verhalten sowie die zahlreichen beibehaltenen
                                                     Einschränkungen bedeuten jedoch auch, dass die Chancen, vor 2022 wieder das Niveau des
                                                     BIP vor der Coronavirus-Ausbreitung zu erreichen, eher gering sind.
                                                    Für eine optimistischere Prognose besteht Hoffnung, falls in den nächsten sechs Monaten ein
                                                     Impfstoff entwickelt wird und die Massenproduktion schnell erfolgen könnte. Auch eine frühe
                                                     Entdeckung eines wirksamen Medikaments zur Eindämmung von Covid-19 würde das Vertrauen
                                                     und das Wachstum der Unternehmen fördern.

6           05/07/2020     Finanzmarkttrends
Vorhersagen: Veränderung des BIP
                                                                                                                                                                                      5,8
                                                                                                                                                                      2,9

                                                                                                                                                                               -3,1
                                                                                                         6,1
                                                                                                                                                                      2019    2020    2021
                                                                                 0,6

                                                                                               -7,2
                                                                                                                                                                             World

                                                                                 2019         2020       2021

                                                                                             Germany
                                                                                                                                                        8,5
                                                                                                               5,8          5,5
                                                                                       1,2
                                                                  4,5                                                                     1,0
                                       2,3
                                                                                                                            2019          2020          2021
                                                    -7,6                                          -8,2                         Emerging &
                                                                                   2019           2020     2021
                                                                                                                             Developing Asia
                                       2019     2020          2021                            Euro area
                                                                                                                                                               9,2
                                              United States                                                                        6,1

                                                                                                                                                 1,2

                                                                                                                                   2019          2020          2021
                                                                        3,4
                                                                                                                                            China
                                              0,1                                                         3,2
                                                                                                                     2,8
                                                           -5,2                                 1,3

                                              2019         2020         2021
                                                      Latin America &                          2019      2020        2021

                                                       the Caribean                             Middle East &
                                                                                                North Africa
    Quelle: HCOB Economics, IWF

7                         05/07/2020                         Finanzmarkttrends
Eurozone: Das BIP der Währungsunion schrumpft voraussichtlich um rund 8 %, angeführt von
Italien und Spanien. Fiskalische Maßnahmen auf nationaler und auf EU-Ebene sollten eine noch
tiefere Rezession vermeiden.
                                                  Ausgelöst durch den Corona-Schock befindet sich der Eurozone in einer tiefen Rezession. Im ersten
                                                   Quartal fiel das BIP gemäß der ersten Schätzung um 3,8% QoQ. Der Einbruch im zweiten Quartal
                                                   dürfte noch ausgeprägter ausfallen und im zweistelligen Bereich liegen. Dieser beispiellose BIP-
                                                   Rückgang zieht sich durch alle Staaten, wobei Italien, Frankreich und Spanien die tiefsten
                                                   Einbrüche zu verzeichnen haben.
                                                  Das zweite Quartal 2020 dürfte den Tiefpunkt dieser Rezession markieren. Wir prognostizieren,
                                                   dass sich die Wirtschaft im zweiten Halbjahr 2020 zu erholen beginnt, da Lockerungen der
                                                   Sperrmaßnahmen in praktisch allen Ländern des Eurozone angekündigt wurden. Das Risiko, dass
                                                   die Lockerungsmaßnahmen zu einer neuen Infektionswelle führen, besteht weiterhin. Unser
                                                   Basisfall ist jedoch, dass der Eurozone nach einem Rückgang von -8,2 im Jahr 2020 im Jahr 2021
                                                   eine Wachstumsrate von fast 6% aufweisen wird. Als Folge des Stilllegungsprozesses werden zwar
                                                   viele Produktionskapazitäten vernichtet werden, aber massive Steuerpakete dürften dazu beitragen,
                                                   dass noch schlimmere Folgen vermieden werden.
                                                  Der Rückgang der Inflation hat bereits begonnen und wird sich vor dem Hintergrund eines massiven
                                                   Einbruchs der Ölpreise, einer enormen Zunahme von Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit sowie eines
                                                   Rückgangs der Kapazitätsauslastung fortsetzen. Während sich die Arbeitslosenzahlen noch recht
                                                   unauffällig verhalten, ist die Kurzarbeit in Deutschland auf rund 22 % und in Frankreich auf mehr als
                                                   ein Drittel der Erwerbsfähigen gestiegen.
                                                  Die EZB hält ihre Leitzinsen nur auf den ersten Blick stabil. In Wirklichkeit hat die EZB den Zinssatz
                                                   für bestimmte Refinanzierungsgeschäfte gesenkt. Die Zinssätze für TLTRO III wurden in diesem
                                                   Jahr zweimal um insgesamt 1 Prozentpunkt unter die Leitzinsen gesenkt. Die Konditionen für die
                                                   neu geschaffenen PELTROs liegen ebenfalls unter dem Leitzins. Zudem wurden die Anforderungen
                                                   von Sicherheiten gelockert, was ebenfalls eine Lockerung der Geldpolitik bedeutet.
                                                  Gleichzeitig wurde das so genannte Pandemic Emergency Purchase Programme (PEPP) gestartet,
                                                   über das in diesem Jahr 750 Mrd. Euro in Wertpapiere investiert werden soll.
                                                  Das deutsche Bundesverfassungsgericht hat das ältere PSPP-Programm, das immer noch in Kraft
                                                   ist, angefochten und von der EZB mehr Erklärungen dafür verlangt, dass das Programm in einem
                                                   angemessenen Verhältnis zu dem Ziel steht, das Inflationsziel zu erreichen. Dieses Urteil stellt ein
                                                   Risiko für die Stabilität der Eurozone dar.

8          05/07/2020    Finanzmarkttrends
Eurozone: Es sieht nach einer V-förmigen Erholung aus, aber es wird
einige Zeit dauern, bis das Niveau von vor Corona wieder erreicht ist.
BIP-Prognosen einschließlich der Komponenten privater Konsum, Investitionsausgaben, Staatskonsum, Importe und Exporte

    Euro area: GDP level (billion Euro, chained) and GDP                          Euro area: GDP and its components (expenditure side),
    change (QoQ)                                                                  yearly change
     15                                                                2.900,00   15,00

                                                                                  10,00
     10                                                                2.800,00
                                                                                                                                                   5,8
                                                                                   5,00
                                                                                            1,2
      5                                                                2.700,00
                                                                                   0,00

      0                                                                2.600,00    -5,00

                                                                                  -10,00                               -8,2
     -5                                                                2.500,00

                                                                                  -15,00
    -10                                                                2.400,00
                                                                                  -20,00
                                                                                                     2019                      2020                        2021
    -15                                                                2.300,00            GDP                       Government consumption   Private consumption
                                 GDP change, lhs   GDP level, rhs                          Gross capital formation   Exports                  Imports

    Quelle: HCOB Economics, Macrobond, Eurostat

9                          05/07/2020              Finanzmarkttrends
Deutschland: Das BIP könnte im Jahr 2020 um 7,2% schrumpfen, gefolgt
von +6,1% im Jahr 2021.
                                            Die deutsche Wirtschaft leidet stark unter der globalen Rezession und den inländischen
                                             Restriktionen, die fast zwei Monate lang vorherrschten und immer noch weitgehend in Kraft sind, da
                                             die schrittweise Aufhebung erst in diesen Tagen beginnt.
                                            Im Vergleich zu anderen Mitgliedern des Eurozone, wie Frankreich, Italien und Spanien, ist die
                                             deutsche Wirtschaft vielleicht in der Lage, mit weniger Narben aus dieser Krise herauszukommen,
                                             vor allem aus zwei Gründen: a) Die Shutdown-Maßnahmen waren nicht so hart wie in diesen
                                             Ländern, da das Coronavirus wirksamer eingedämmt werden konnte, und b) die
                                             Unterstützungsmaßnahmen der Regierung, einschließlich der Kurzarbeiterregelungen und der
                                             Notfallkredite der staatlichen Entwicklungsbank KfW, gehören zu den großzügigsten im Eurozone.
                                            Gleichwohl bedeutet die hohe Exportlastigkeit der deutschen Wirtschaft, dass das Tempo der
                                             Erholung sehr stark vom Tempo der Erholung der Weltwirtschaft, einschließlich der übrigen
                                             Eurozone, abhängen wird.
                                            Der Rückgang der Aktivitäten findet in der gesamten Breite statt. Kein Sektor ist verschont
                                             geblieben, und nur der Bausektor scheint sich derzeit einem freien Fall zu entziehen. Dies hängt
                                             damit zusammen, dass der Sektor durch die Stilllegungsmaßnahmen nicht so stark betroffen ist und
                                             eine geringere Abhängigkeit von globalen Lieferketten aufweist.
                                            Im Allgemeinen erfuhr der Dienstleistungssektor den tiefsten Rückgang, wie der Ifo-Index zeigt. Dies
                                             ist nicht überraschend, da der gesamte Einzelhandelssektor zusätzlich zum Reiseverbot von der
                                             Abriegelung betroffen ist. Darüber hinaus hat das Verbot jeglicher Massenveranstaltungen
                                             erhebliche Auswirkungen auf Tausende von Unternehmen, die mit diesen Aktivitäten in Verbindung
                                             stehen.
                                            Während die Lockerung der Maßnahmen einige Erleichterungen bringen sollte, werden viele
                                             Einschränkungen (wie z.B. die soziale Distanzierung) bestehen bleiben. Zudem wird sich das
                                             Verhalten vieler Menschen langfristig geändert haben, was früher profitable Geschäftsmodelle in
                                             Gefahr bringt. Daher erwarten wir, dass die Zahl der Insolvenzen in den nächsten Monaten
                                             zunehmen wird. Dies wird bis ins nächste Jahr hineinreichen, da die Anfälligkeit zahlreicher
                                             Unternehmen angesichts der höheren Verschuldung, mit der sie zu kämpfen haben, größer sein
                                             wird.

10      05/07/2020   Finanzmarkttrends
Deutschland: Mit groß angelegten Notfallmaßnahmen, einem massiven
Konjunkturpaket und Glück könnten wir bis Ende 2021 wieder auf das
Niveau vor Corona zurückgekehrt sein.
BIP-Prognose einschließlich der Komponenten privater Konsum, Investitionsausgaben, Staatskonsum, Importe und Exporte

 Germany: GDP level (billion Euro, chained) and GDP                                                   Germany: GDP, expenditure side, yearly change
 change (QoQ)

     6                                                                                          840    20,00

     4                                                                                          820    15,00

                                                                                                       10,00
     2                                                                                          800                                                      6,1
                                                                                                        5,00
     0                                                                                          780              0,6
                                                                                                        0,00
     -2                                                                                         760
                                                                                                       -5,00
     -4                                                                                         740
                                                                                                      -10,00                          -7,2

     -6                                                                                         720
                                                                                                      -15,00

     -8                                                                                         700   -20,00

 -10                                                                                            680   -25,00
                                                                                                                         2019                  2020                2021
 -12                                                                                            660
           Q1     Q2     Q3     Q4     Q1       Q2     Q3     Q4     Q1     Q2     Q3     Q4             GDP                       Private consumption   Government consumption
          2019   2019   2019   2019   2020     2020   2020   2020   2021   2021   2021   2021
                                                                                                         Gross capital formation   Exports               Imports
                                  GDP change, lhs            GDP level, rhs

 Quelle: HCOB Economics, Macrobond, Destatis

11                        05/07/2020                     Finanzmarkttrends
USA: Die USA erleben derzeit den tiefsten Wirtschaftseinbruch seit der
großen Depression. Die Arbeitslosenquote ist auf dem Weg zur 20 %-Marke.
                                            Gemessen an der absoluten Zahl der Infektionen mit dem neuen Coronavirus und der entsprechenden
                                             Todesfälle ist die US-Wirtschaft das am stärksten betroffene Land. Alle Bundesstaaten haben auf diese
                                             Situation in unterschiedlichem Maße mit Shutdown-Maßnahmen reagiert. Die Wirtschaft ist in den ersten
                                             drei Monaten dieses Jahres um 4,8% (QoQ, annualisiert) geschrumpft. Die Zahl der Arbeitslosen ist in
                                             beispielloser Weise sprunghaft angestiegen, bis Ende April belief sich die Zahl der Arbeitslosen auf 22,6
                                             Millionen.
                                            Die US-Wirtschaft könnte im zweiten Quartal einen Einbruch von etwa 40% (QoQ, annualisierte Rate)
                                             erleben und damit den Tiefpunkt dieses Konjunkturzyklus markieren. In den nächsten Quartalen erwarten
                                             wir eine Erholung, dessen Ausmaß wahrscheinlich nicht stark genug sein wird, um die Wirtschaft bis
                                             Ende 2021 wieder auf das Niveau von vor Corona zu bringen. Wir erwarten, dass das BIP in diesem Jahr
                                             um 7,6% schrumpfen und im nächsten Jahr um 4,5% expandieren wird.
                                            Die Regierung hat massive Hilfspakete eingeführt, darunter das „paycheck protection programme“ und
                                             den „health care enhancement act“ in Höhe von fast 500 Milliarden US-Dollar sowie den „coronavirus aid,
                                             relief and economy security act“ in Höhe von 2,3 Billionen US-Dollar. Darüber hinaus stellt die US-
                                             Notenbank enorme Mengen an Liquidität zur Verfügung – dies wird durch die Erhöhung ihrer Bilanz um
                                             2,5 Billionen US-Dollar in nur zwei Monaten belegt.
                                            Obwohl die Zentralbankliquidität bereits eine Verschärfung der Finanzmarktturbulenzen verhindert hat,
                                             gehen wir dennoch davon aus, dass viele Produktionskapazitäten zerstört werden. Die Unterstützung
                                             durch die Regierung kommt möglicherweise zu spät, insbesondere für viele kleine und mittlere
                                             Unternehmen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass es keine staatliche Entwicklungsbank mit Erfahrung
                                             in der Vergabe von Notfallkrediten gibt. Diese Rolle hat nun die Fed übernommen.
                                            Die Fed hat die Leitzinsen sehr schnell auf eine Bandbreite von 0 bis 0,25 % gesenkt und zahlreiche
                                             Maßnahmen ergriffen, um die Verfügbarkeit von Liquidität an den Finanzmärkten zu unterstützen. Der
                                             US-Dollar-Libor, der bis Ende März in die Höhe geschnellt ist, ist auf ein deutlich niedrigeres Niveau von
                                             derzeit 43 Basispunkten gefallen.
                                            Die Renditen der 10-jährigen T-Notes haben bereits ein Rekordtief von rund 60 Basispunkten erreicht.
                                             Wir gehen davon aus, dass sie in den nächsten Quartalen auf ein etwas höheres Niveau ansteigen
                                             werden, sehen aber auch Abwärtsrisiken, da die Fed möglicherweise keine allzu große Erhöhung
                                             zulassen möchte.

12      05/07/2020   Finanzmarkttrends
Vereinigte Staaten: In dieser Rezession werden viele Produktionskapa-
zitäten vernichtet werden, so dass das Vor-Corona-Niveau nicht vor2022
erreicht werden dürfte.
BIP-Prognose einschließlich der Komponenten privater Konsum, Investitionsausgaben, Staatskonsum, Importe und Exporte

 United States: GDP level (billion USD, chained) and                                  United States: GDP and its components (expenditure
 GDP change (QoQ, annualized)                                                         side), yearly change
     20                                                                  19.500         6,0
                                                                                                                                           4,5

                                                                         19.000         4,0
     10                                                                                         2,3
                                                                                        2,0
                                                                         18.500
      0                                                                                 0,0
                                                                         18.000
                                                                                       -2,0
     -10                                                                 17.500        -4,0

     -20                                                                 17.000        -6,0

                                                                         16.500        -8,0
                                                                                                                       -7,6
     -30
                                                                                      -10,0
                                                                         16.000
     -40                                                                              -12,0
                                                                         15.500
                                                                                      -14,0
     -50                                                                 15.000                         2019                  2020                  2021
            Q1   Q2   Q3   Q4   Q1   Q2   Q3   Q4   Q1   Q2   Q3   Q4
           2019 2019 2019 2019 2020 2020 2020 2020 2021 2021 2021 2021
                                                                                              GDP                 Private consumption   Gross fixed investment
                               GDP change, lhs     GDP level, rhs                             Exports             Imports               Government consumption

 Quelle: HCOB Economics, Macrobond

13                     05/07/2020                Finanzmarkttrends
China: Nach einem tiefen Einbruch im 1. Quartal dürfte China eines der
ersten Länder sein, dass sich erholen wird. Allerdings ist für 2020 nur
noch ein Wachstum von 1,2 % zu erwarten.
                                          •   Das Coronavirus hat die chinesische Wirtschaft im 1. Quartal des Jahres 2020 erheblich beeinträchtigt.
                                              Das BIP fiel in diesem Zeitraum um fast 10 % QoQ. Die Industrieproduktion sank im Februar um 13,5 %
                                              (Vorjahr) und erholte sich im März etwas. Vorlaufindikatoren wie der PMI verzeichneten den stärksten
                                              Rückgang in ihrer Geschichte. Der PMI für das nicht-verarbeitende Gewerbe halbierte sich beinahe, fiel auf
                                              29,6 Punkte gegenüber 54,1 Punkten im Januar. Der PMI für das verarbeitende Gewerbe war etwas
                                              weniger stark betroffen, sank aber dennoch um 14,3 Punkte auf ein Allzeittief von 35,7 Punkten.
                                          •   Die Regierung reagierte darauf mit Lockdown-Maßnahmen, darunter die vollständige Abriegelung der am
                                              schlimmsten betroffenen Gebiete. Eineinhalb Monate später deuten die offiziellen Daten darauf hin, dass
                                              diese Maßnahmen sehr wirksam waren, um eine weitere Ausbreitung des Virus zu verhindern. Die Zahl
                                              der Neuinfektionen stabilisierte sich und blieb an den meisten Tagen seit Anfang März unter 100.
                                          •   Entsprechend dem raschen Rückgang der Zahl der Infektionen verbesserten sich die wirtschaftlichen
                                              Aussichten. Der offizielle PMI für März verzeichnete einen deutlichen Aufschwung und meldete 52,3 bzw.
                                              52 Punkte für das nicht-verarbeitende Gewerbe und das verarbeitende Gewerbe. Im April gab es keine
                                              große Bewegung mehr.
                                          •   Trotz der V-förmigen Erholung wird das Coronavirus die BIP-Wachstumsraten Chinas im laufenden Jahr
                                              erheblich beeinflussen. Wir haben unsere bisherige Prognose von 5,4 % für 2020 auf 1,2 % nach unten
                                              revidiert. Aufgrund der erwarteten Erholung der Wirtschaft prognostizieren wir für 2021 eine BIP-
                                              Wachstumsrate von 9,2 %.
                                          •   Darüber sorgen verschiedene Faktoren noch für große Unsicherheit. Da China in einem hohen Maße in
                                              internationale Wertschöpfungsketten eingebunden ist, ist die Entwicklung der Epidemie im Rest der Welt
                                              entscheidend für Chinas wirtschaftliche Erholung. Eine zweite Welle der Epidemie innerhalb Chinas ist
                                              ebenfalls nicht auszuschliessen und trägt zu der hohen Unsicherheit bei. Darüber hinaus können auch die
                                              wieder zunehmenden politischen Spannungen zwischen den USA und China die Erholung der
                                              chinesischen Wirtschaft beeinträchtigen.
                                          •   Der deutliche Anstieg der Verbraucherpreisinflation, die anfänglich aufgrund der Schweinepest zu steigen
                                              begann und ihren Anstieg während des Höhepunkts der Coronakrise in China fortsetzte, begann im
                                              Februar zu sinken und erreichte im März 2020 4,3%. Während die PBoC Liquidität im Gegenwert von 170
                                              Mrd. USD in den Markt injiziert hat, hat sie die Leitzinsen nur geringfügig gesenkt, vielleicht aus Angst,
                                              dass die Inflation außer Kontrolle geraten könnte, wenn sie aggressiver vorgehen würde.

14       05/07/2020   Finanzmarkttrends
Aktienmärkte: Aktien haben einen Teil der coronabedingten Verluste
wettgemacht. Optimismus könnte jedoch verfrüht sein.
                                            Als Marktteilnehmer im Februar zu erkennen begannen, dass diese Krise in Bezug auf Umfang und
                                             Unsicherheit beispiellos ist, erlitten die Aktienmärkte einen tiefen Einbruch. Da es sich um eine
                                             medizinische Krise handelt, von der niemand genau weiß, wie sie sich entwickeln wird, sind die
                                             Marktbewertungen bestenfalls sehr ungenau.

                                            Die Erholung der Aktienmärkte, die sich in den letzten Wochen vollzog, beruhte hauptsächlich auf
                                             riesigen Liquiditätspaketen von Zentralbanken und Regierungen - verbunden mit der Hoffnung, die
                                             Wirtschaft könnte sich wieder in Bewegung setzen, nachdem die meisten Länder begonnen haben,
                                             Lockerungsmaßnahmen einzuleiten.

                                            Wir teilen die allgemeine Ansicht, die Wirtschaft werde sich im 2. Halbjahr 2020 zu erholen beginnen,
                                             sind aber skeptischer in Bezug auf das Tempo der Erholung und erwarten, dass das BIP-Niveau bis
                                             2021 unter dem Niveau von vor Corona bleiben wird, sowohl in den USA als auch Europa. Dies scheint
                                             gewissermaßen unvereinbar mit der Bewertung von US-Aktien zu sein, die gemäß unserem
                                             Bewertungsmodell erneut deutlich überbewertet sind. Der Dax hingegen, dessen jüngste Rallye
                                             bescheidener ausfiel als die amerikanische, scheint zum jetzigen Zeitpunkt fair bewertet zu sein.

                                            Zwar stimmt es, dass Unternehmen in den USA besser als jene in Europa auf die Welt nach Corona, in
                                             der die Digitalisierung sicherlich eine noch größere Rolle als bisher spielen wird, vorbereitet zu sein
                                             scheinen. Dennoch denken wir, dass die Aktienbewertungen für eine Wirtschaft, deren
                                             Arbeitslosenzahlen die 20-Millionen-Marke überschreitet, zu ehrgeizig ist. Der enorme Anstieg der
                                             Arbeitslosigkeit bedeutet, dass die Binnennachfrage dramatisch zurückgehen wird – indes sind die
                                             meisten US-Unternehmen doch auf den Inlandsmarkt angewiesen.

                                            Angesichts der aktuellen Bewertungen würden wir erwarten, dass der S&P 500 bis Ende 2021 im
                                             Vergleich zu heute nur geringfügig höher notieren wird. Der Dax sollte sich besser entwickeln und bis
                                             Ende 2021 12.000 Punkte erreichen, was immer noch weit von dem Rekordniveau von rund 13.789
                                             Punkten, das erst vor drei Monaten erreicht wurde, entfernt wäre.

15      05/07/2020   Finanzmarkttrends
EUR/USD: Euro-Abwärtstrend dürfte sich dem Ende zuneigen.

                                         •   EUR/USD erlebte in den letzten Woche einige Höhen und Tiefen, scheint aber nach dem
                                             Abwertungstrend, der Anfang 2018 einsetzte und sich um 1,08 US-Dollar bewegte, nun einen
                                             Boden zu suchen. In diesen Zeiten, in denen sowohl der Eurozone als auch die Vereinigten
                                             Staaten sehr stark vom neuen Coronavirus betroffen sind, ist es sehr schwierig zu erkennen,
                                             welche Präferenz die Anleger für eine der beiden Währungen haben könnten.
                                         •   Beide Zentralbanken, die EZB und die Fed, haben ihre Geldpolitik massiv gelockert. Die Fed ist
                                             aggressiver bei der Ausweitung ihrer Bilanz vorgegangen – jene wuchs in nur zwei Monaten um
                                             2,5 Billionen US-Dollar. Aber auch die EZB ist nicht untätig geblieben und hat das so genannte
                                             Pandemie-Notfallprogramm (PEPP) in Höhe von 750 Mrd. Euro gestartet. Darüber hinaus
                                             wurden langfristige Refinanzierungsmaßnahmen eingeleitet, die mit negativen Zinssätzen
                                             ausgestattet sind. Das unerwartete Urteil des deutschen Bundesverfassungsgerichts gegen die
                                             EZB hat jedoch das Potenzial, die Eurozone langfristig zu destabilisieren.
                                         •   Welche Region die schlechteste wirtschaftliche Leistung zeigen wird, ist noch nicht klar. Die
                                             Arbeitslosenzahlen der Vereinigten Staaten steuern darauf zu, die Marke von 22 Millionen
                                             Menschen zu überschreiten. In Europa wird währenddessen sehr intensiv von
                                             Kurzarbeiterprogrammen Gebrauch gemacht, die 20 bis 25% der gesamten erwerbsfähigen
                                             Bevölkerung ausmachen. In Deutschland haben sich die Kurzarbeiterregelungen nach der Krise
                                             2008/2009 als erfolgreich erwiesen.
                                         •   Was die fiskalische Unterstützung anbelangt, so haben die USA mehr als 12 % des BIP aktiviert.
                                             Während es in Deutschland sogar noch mehr ist, scheinen die Unterstützungspakete in Italien
                                             bescheidener zu sein. Jetzt, da die Lockdown-Maßnahmen Schritt für Schritt aufgehoben
                                             werden, ist es jedoch wichtig, den Umfang und die Struktur der noch nicht angekündigten
                                             Konjunkturpakete zu prüfen. Angesichts der Präsidentschaftswahlen im Dezember könnte es
                                             sich in den USA als schwierig erweisen, solche Pakete durch den Kongress zu bekommen.
                                         •   Der wichtigste Punkt könnte das Coronavirus selbst sein. Die Infektionskurve ist in den
                                             Vereinigten Staaten immer noch recht steil. Das mit einer Lockerung der Maßnahmen
                                             verbundene Risiko ist vielleicht höher als in den Ländern der Eurozone, die hinsichtlich der
                                             Eindämmung weiter fortgeschritten zu sein scheinen.
                                         •   Alles in allem würden wir erwarten, dass der Euro in den nächsten Quartalen gegenüber dem
                                             US-Dollar an Stabilität gewinnen wird.

16      05/07/2020   Finanzmarkttrends
Devisenmärkte: Die Realzinsen sprechen für den JPY. Großbritannien und die Eurozone haben ihre
eigenen Schwächen, die USA beschuldigen China unter anderem in Bezug auf den
Coronaausbruch, aber der CNY ist immer noch relativ widerstandsfähig.
                                              •   EUR/GBP: GBP nahm eine erhöhte Risikosensitivität, ähnlich wie dies skandinavische Währungen oder
                                                  Aussie-Dollar aufweisen, an. Die Schwankungen fielen also je nach Stimmung aus. Insgesamt scheint
                                                  das Paar aufgrund gegenläufiger Faktoren an eine horizontale Bewegung um den 200-Tage-
                                                  Durchschnitt innerhalb eines Fensters von 0,8720/25 gebunden zu sein. Brexit, d.h. die Sorgen um die
                                                  Handelsabkommen zwischen Großbritannien und der EU, belasten das GBP zeitweise, werden dann
                                                  aber wieder durch Ungereimtheiten innerhalb der Eurozone, die darum kämpft, ein schnelles Fiskalpaket
                                                  zu schnüren, um die Belastung der Wirtschaft durch Corona insbesondere im hoch verschuldeten Italien
                                                  zu mildern, konterkariert. Nachhaltige Schritte in irgendeine Richtung scheinen nach wie vor
                                                  unwahrscheinlich. In jedem Fall erwarten wir noch immer eher eine Abwertung des Pfundes. Die Zahl der
                                                  Corona-Todesopfer ist in Großbritannien relativ hoch und die für den Abschluss eines
                                                  Handelsabkommens verbleibende Zeit läuft zunehmend ab.

                                              •   USD/JPY: Relativ haben sich die Realzinsen inzwischen zugunsten des JPY bewegt. Das begann den
                                                  Wechselkurs zu belasten, wenn auch nur sehr moderat. Die großzügige Bereitstellung von USD-
                                                  Liquidität durch die FED hat einen großen Beitrag zur Abfederung des Engpasses bei der
                                                  Zwischenfinanzierung geleistet, was am besten anhand der USD-JPY-Basis-Swaps sichtbar wird, die
                                                  sich auf das Niveau von vor Corona erholten. In jüngster Zeit drifteten die FED-Funds-Futures zum
                                                  ersten Mal in der Geschichte unter Null, wenn auch nur geringfügig. Die FED-Mitglieder mögen die Idee
                                                  negativer Zinssätze in den USA als einen nicht lohnenswerten Versuch abtun. Der Markt könnte jene
                                                  Entschlossenheit allerdings in Frage stellen, sollte der US-Arbeitsmarkt zu schwach erscheinen, als dass
                                                  die Verbraucher eine größere Nachfrage auslösen könnten - unabhängig davon, ob die Lockdowns
                                                  schnell oder langsam gelockert werden. Daher gehen wir davon aus, dass das Paar mittelfristig seine
                                                  Talfahrt in Richtung 105 ausdehnen, wenn nicht sogar darüber hinausgehen kann.

                                              •   USD/CNY: Handelsgewichtet zeigt der Renminbi weiterhin eine gute Widerstandsfähigkeit, bleibt aber
                                                  hinter dem allmächtigen Dollar zurück. Die Handelsspanne hat sich gerade von 6,95 - 7,05 auf 7,05 -
                                                  7,15 verschoben. In letzter Zeit hat die US-Regierung China vorgeworfen, allein die Schuld für den
                                                  pandemischen Ausbruch des Coronavirus zu tragen. Sogar der Begriff "Zoll" tauchte in Trumps Droh-
                                                  Rhetorik wieder auf, bevor einige Tage später die Nachricht folgte, das Abkommen von Phase I werde
                                                  wie vereinbart weiter umgesetzt. Wie dem auch sei, China gilt als führend im Umgang mit dem Corona
                                                  bedingten Konjunktureinbruch, der die Arbeitslosigkeit in den USA unerbittlich in die Höhe treibt. Neue
                                                  Zölle würden US-Unternehmen nicht wirklich einen Gefallen tun. Die besten Anhaltspunkte für USD/CNH
                                                  könnten aus der recht guten Korrelation zum USD-Index entnommen werden, der nicht weit entfernt von
                                                  seinen höchsten Bewertungen Anfang 2017 ist.

17         05/07/2020    Finanzmarkttrends
Ölmärkte: Ein massiver Lageraufbau und eine langsame wirtschaftliche
Erholung werden jeden Versuch einer Preiserholung dämpfen.
                                            Die Ölpreise spielen verrückt. Die WTI-Preise gerieten zeitweise in den negativen Bereich, vor allem
                                             wegen eines massiven coronabedingten Nachfrageeinbruchs. Gleichzeitig starteten Saudi-Arabien und
                                             Russland eine mittlerweile wieder eingestellten Preiskrieg, da sie sich zunächst nicht auf neue
                                             Förderkürzungen einigen konnten. Da WTI-Futures eine physische Rohöllieferung erfordern, geriet der
                                             Mai-Future auf einem sehr illiquiden Markt in negatives Terrain, weil die Händler kein Rohöl - welches sie
                                             zu sehr hohen Lagerhaltungskosten irgendwo lagern müssten - erhalten wollten.
                                            Aufgrund der Shutdownmaßnahmen und des weltweiten Reiseverbots ist die Nachfrage nach Rohöl um
                                             bis zu 30 Mio. Barrel/Tag zurückgegangen, was einem Drittel der weltweiten Produktion entspricht.
                                             Während die OPEC+-Gruppe am Ende zustimmte, am 1. Mai tiefe Einschnitte von 9,7 Mio. Barrel/Tag
                                             vorzunehmen, reichen diese Einschnitte offensichtlich nicht aus, um den Markt bald wieder ins
                                             Gleichgewicht zu bringen. Die Lagerbestände haben massiv zugenommen, wie in der unteren Grafik zu
                                             sehen ist. Darüber hinaus werden Rekordkapazitäten in Form von Tankern als Lager (insgesamt etwa
                                             150 Mio. Barrel) genutzt, um das Überangebot aufzufangen.
                                            Der Markt befindet sich nach wie vor in einem erheblichen Contango mit Spotpreisen, die weit unter den
                                             Terminpreisen liegen, was ein weiteres deutliches Zeichen für ein Überangebot ist.
                                            Die Marktaussichten sind in hohem Maße von der globalen Nachfragesituation und damit von den
                                             Aussichten für die Weltwirtschaft abhängig. Dort sollten wir in der zweiten Hälfte diesen Jahres den
                                             Beginn einer Erholung sehen. In den meisten Industrieländern wird sich das BIP-Niveau jedoch nicht in
                                             ausreichendem Maße erholen, um bis Ende 2021 wieder das Niveau von vor Corona zu erreichen.
                                            Der andere große Faktor ist die Frage, wie schnell das Angebot reagieren wird. Während die OPEC+
                                             massive Kürzungen beschlossen hat, sind wir etwas skeptisch, was die Disziplin auf Seiten der OPEC+-
                                             Mitglieder betrifft, da diese Länder auf Einnahmen angewiesen sind. Wir denken, dass die
                                             Hauptauswirkungen auf die Versorgung aus kommerziellen Erwägungen kommen werden: Projekte mit
                                             einem negativen Cashflow werden zuerst gestoppt, wie man zum Beispiel in den Vereinigten Staaten
                                             sehen kann, wo die Fracker viele Bohrlöcher geschlossen haben und die Produktion in nur sieben
                                             Wochen um 1,2 Mio. Barrel/Tag reduziert wurde.
                                            Es kann sicherlich zwei Jahre dauern, den Markt wieder ins Gleichgewicht zu bringen, in dem Sinne,
                                             dass die Lagerbestände auf das Niveau eines Fünfjahresdurchschnitts zurückgeführt werden. In der
                                             Zwischenzeit wird das Preisniveau für Rohöl nur moderat steigen und in den nächsten 12 Monaten unter
                                             50 US-Dollar/Barrel bleiben.

18      05/07/2020   Finanzmarkttrends
Ansprechpartner

     Redaktion und Versand                                     Weitere Ansprechpartner der Hamburg Commercial Bank

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     Dr. Cyrus de la Rubia         Christian Eggers            Thomas Benthien
     Chefvolkswirt                 Senior FX Trade             Tel.: 0431-900-25000
     Tel.: 040-3333-15260          Tel.: 040-3333-25514
                                                               Sales Corporates & Real Estate
     Redaktionsschluss dieser Ausgabe: 7. Mai 2020
                                                               Stefan Masannek
     Gerhart-Hauptmann-Platz 50, 20095 Hamburg, Telefon 040-   Tel.: 0431-900-25550
     3333-0, Fax 040-3333-34001

                                                               Sales Shipping, Energy & Infrastructure

                                                               Stefan Masannek
                                                               Tel.: 0431-900-25550

                                                               Debt Capital Markets

                                                               Tim Boltzen
                                                               Tel.: 040-3333-13765

19       05/07/2020                Finanzmarkttrends
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