Finanzmarkttrends Zähe Erholung nach dem Corona-Schock zu erwarten - Ausblick auf die Weltwirtschaft, Deutschland, die Eurozone, die USA, China ...
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Finanzmarkttrends Zähe Erholung nach dem Corona-Schock zu erwarten Ausblick auf die Weltwirtschaft, Deutschland, die Eurozone, die USA, China sowie Anleihenmärkte, Wechselkurse, Aktienindizes und Rohöl Mai 2020
Prognosen: Konjunktur & Finanzmärkte GDP Change Inflation Economic activity 2019 2020 2021 2019 2020 2021 Euro area 1,2 -8,2 5,8 1,3 0,0 1,0 Germany 0,6 -7,2 6,1 1,5 0,4 1,3 United States* 2,3 -7,6 4,5 1,6 0,6 1,6 China 6,1 1,2 9,2 4,5 1,8 2,4 World 2,9 -3,1 5,8 2,4 1,4 2,1 Interest rates (eop) 07.05.2020 Jun 20 Dez 20 Jun 20 Dez 21 Euro area Policy rate 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 Deposit rate -0,50 -0,50 -0,50 -0,50 -0,50 3 months Euribor -0,26 -0,30 -0,30 -0,30 -0,30 2 year Bunds -0,74 -0,65 -0,60 -0,53 -0,50 10 year Bunds -0,50 -0,40 -0,40 -0,35 -0,35 USA Fed funds target rate (upper bound) 0,25 0,25 0,25 0,25 0,25 3 months Libor 0,47 0,40 0,35 0,35 0,40 2 year T-Notes 0,18 0,30 0,30 0,35 0,40 10 year T-Notes 0,71 0,70 0,80 1,00 1,15 FX 07.05.2020 Jun 20 Dez 20 Jun 21 Dez 21 EUR/USD 1,08 1,09 1,12 1,13 1,14 EUR/GBP 0,87 0,85 0,86 0,87 0,88 USD/JPY 106,47 107 105 108 109 USD/CNY 7,09 7,10 7,20 7,20 7,25 Stocks 07.05.2020 Jun 20 Dez 20 Jun 21 Dez 21 Dax 10696 9600 10500 11000 11400 Stoxx Europe 600 336 310 339 355 368 S&P500 2848 2400 2625 2750 2850 Commodities 07.05.2020 Jun 20 Dez 20 Jun 21 Dez 21 Oil (Brent) in USD/USD 30,47 30 40 48 52 Oil (WTI) in USD/Barrel 24,78 25 35 43 47 Source: Bloomberg, Hamburg Commercial Bank Economics *As inflation index the PCE core rate is considered 2 05/07/2020 Finanzmarkttrends
Tagesordnung Executive Summary Weltwirtschaft: Aktuelle Lage und Prognosen Eurozone: Konjunktur- und Zinsprognose Deutschland: Konjunkturprognose Vereinigte Staaten: Konjunktur- und Zinsprognose China: Konjunkturprognose Aktienmarktprognosen Wechselkursprognosen Ölmarktprognosen Ansprechpartner/Disclaimer 3 05/07/2020 Finanzmarkttrends
Executive Summary • Weltwirtschaft: Der Corona-Schock löst die tiefste Rezession seit dem Zweiten Weltkrieg aus. • Coronavirus: Die drastischen Maßnahmen vieler Regierungen zeigen erste Erfolge. In vielen Ländern ist die Zahl der Neuinfektionen rückläufig, allerdings bleibt die Gefahr einer zweiten Welle. • Eurozone: Das BIP der Währungsunion schrumpft voraussichtlich um rund 8 %, angeführt von Italien und Spanien. Fiskalische Maßnahmen auf nationaler und auf EU-Ebene sollten eine noch tiefere Rezession vermeiden. • Deutschland: Das BIP könnte im Jahr 2020 um 7,2 % schrumpfen, gefolgt von +6,1 % im Jahr 2021. • Vereinigte Staaten: Die USA erleben derzeit den tiefsten Wirtschaftseinbruch seit der großen Depression. Die Arbeitslosenquote ist auf dem Weg zur 20 %-Marke. • China: Nach einem tiefen Einbruch im 1. Quartal dürfte China eines der ersten Länder sein, dass sich erholen wird. Allerdings ist für 2020 nur noch ein Wachstum von 1,2 % zu erwarten. • Aktienmärkte: Aktien haben einen Teil der coronabedingten Verluste wettgemacht. Optimismus könnte jedoch verfrüht sein. • Devisenmärkte: Euro-Abwärtstrend dürfte sich dem Ende zuneigen. Die Realzinsen sprechen für den JPY. Großbritannien und die Eurozone haben ihre eigenen Schwächen, die USA beschuldigen China unter anderem in Bezug auf den Coronaausbruch, aber der CNY ist immer noch relativ widerstandsfähig. • Ölmärkte: Ein massiver Lageraufbau und eine langsame wirtschaftliche Erholung werden jeden Versuch einer Preiserholung dämpfen. 4 05/07/2020 Finanzmarkttrends
Weltwirtschaft: Der Corona-Schock löst die tiefste Rezession seit dem Zweiten Weltkrieg aus. Aufgrund von Corona-bedingten Shutdowns, Unterbrechungen in den globalen Wertschöpfungsketten und einem Nachfrageeinbruch befindet sich die Weltwirtschaft inmitten der tiefsten Rezession seit der großen Depression. Für dieses Jahr erwarten wir, dass das global BIP um 3,1% schrumpfen wird, gefolgt von einem von China angeführten Aufschwung von 5,8% im Jahr 2021. Vor allem für die Industrieländer erwarten wir jedoch keine Erholung auf das Vorkrisenniveau vor 2022. Abgesehen davon sehen wir die Risiken eher nach unten gerichtet, da große Unsicherheit darüber besteht, ob und wann das neue Coronavirus eingedämmt werden kann (siehe nächste Seite). Die Erholung dürfte in der zweiten Hälfte des Jahres 2020 einsetzen, nachdem der Tiefpunkt höchstwahrscheinlich im zweiten Quartal erreicht wurde. Im Gegensatz zu früheren Rezessionen ist der Dienstleistungssektor am stärksten betroffen. Dies belegen Frühindikatoren wir der PMI. Der PMI für den Dienstleistungssektor fiel im März auf 24 Punkte, während der PMI für das verarbeitende Gewerbe auf 39,8 Punkte sank. Die Lockdown-Maßnahmen, Reiseverbote und angstbedingte Verhaltensänderungen führen zu einem starken Rückgang bei Aktivitäten wie Tourismus und Geschäftsreisen (die laut Weltbank etwa 10% des globalen BIP ausmachen), Einzelhandelsverkäufen, Messen, kulturellen Veranstaltungen usw.. Die Corona-Krise hat sowohl deflationäre als auch inflationäre Auswirkungen. Der Nachfrageeinbruch, der vor allem auf dem Ölmarkt zu spüren ist, führt zu niedrigeren Preisen, während die Unterbrechungen der globalen Wertschöpfungsketten und die höheren Kosten im Zusammenhang mit Investitionen in Hygiene- und Abstandsmaßnahmen inflationär wirken. In den nächsten 12 Monaten erwarten wir, dass die deflationären Auswirkungen angesichts des enormen Anstiegs der weltweiten Arbeitslosigkeit und des Rückgangs der Kapazitätsauslastung überwiegen werden. Der Welthandel leidet unter dem plötzlichen Stopp der wirtschaftlichen Aktivitäten und dem Reiseverbot. Die Zahlen für Februar und März zeigen noch nicht die volle Auswirkung, daher erwarten wir eine weitere Verschlechterung der Handelszahlen bis April und nur eine gewisse Erholung in der zweiten Jahreshälfte. 5 05/07/2020 Finanzmarkttrends
Coronavirus: Die drastischen Maßnahmen vieler Regierungen zeigen erste Erfolge. In vielen Ländern ist die Zahl der Neuinfektionen rückläufig, allerdings bleibt die Gefahr einer zweiten Welle. Immer mehr Ländern gelingt es, den Anstieg der Neuinfektionen zu verlangsamen. Die Grafik zeigt die Entwicklung der gemeldeten Corona-bedingten Todesfälle ab dem Zeitpunkt, an dem 100 Todesfälle erreicht wurden. Je steiler die Kurve verläuft, desto länger wird es wahrscheinlich dauern, bis das Virus eingedämmt ist. Die Grafik zeigt, dass China bei der Eindämmung der Pandemie (offiziell) sehr erfolgreich war, und das Gleiche gilt für Südkorea, wo die Zahl der Todesfälle wesentlich geringer ist als in anderen Ländern. Auch Italien ist bei der Eindämmung der Krise weit fortgeschritten, und dasselbe scheint auch für Deutschland zu gelten. Indien hingegen verzeichnet einen recht steilen Anstieg. Die Vereinigten Staaten sehen ermutigend aus, aber das Land scheint noch weit von einer entspannten Lage entfernt zu sein. Neben Indien ist die Lage auch in Russland, Brasilien und Mexiko im Hinblick auf Neuinfektionen (nicht in der Grafik enthalten) besorgniserregend und ein Faktor, der die globale Erholung, die wir für die zweite Hälfte dieses Jahres erwarten, verlangsamen könnten. Die meisten Länder haben begonnen, die Sperrmaßnahmen zu lockern. Dies gilt für Deutschland, Frankreich, Italien und die Vereinigten Staaten, aber auch für Indien. In Südkorea gab es keine umfassenden Sperrmaßnahmen, während Japan aufgrund der Gefahr einer beschleunigten Ausbreitung des Virus in letzter Zeit die Beschränkungen verschärft hat. Das Hauptrisiko für die Weltwirtschaft ist das Auftreten einer zweiten Infektionswelle, die sehr wahrscheinlich zu neuen Restriktionen führen würde. Es besteht jedoch die Hoffnung, dass die Menschen sorgfältiger auf die Einhaltung der hygienischen und sozialen Distanzierungsregeln achten, die sich offensichtlich entscheidend auf die Ausbreitungsgeschwindigkeit des Coronavirus auswirken. Das veränderte Verhalten sowie die zahlreichen beibehaltenen Einschränkungen bedeuten jedoch auch, dass die Chancen, vor 2022 wieder das Niveau des BIP vor der Coronavirus-Ausbreitung zu erreichen, eher gering sind. Für eine optimistischere Prognose besteht Hoffnung, falls in den nächsten sechs Monaten ein Impfstoff entwickelt wird und die Massenproduktion schnell erfolgen könnte. Auch eine frühe Entdeckung eines wirksamen Medikaments zur Eindämmung von Covid-19 würde das Vertrauen und das Wachstum der Unternehmen fördern. 6 05/07/2020 Finanzmarkttrends
Vorhersagen: Veränderung des BIP 5,8 2,9 -3,1 6,1 2019 2020 2021 0,6 -7,2 World 2019 2020 2021 Germany 8,5 5,8 5,5 1,2 4,5 1,0 2,3 2019 2020 2021 -7,6 -8,2 Emerging & 2019 2020 2021 Developing Asia 2019 2020 2021 Euro area 9,2 United States 6,1 1,2 2019 2020 2021 3,4 China 0,1 3,2 2,8 -5,2 1,3 2019 2020 2021 Latin America & 2019 2020 2021 the Caribean Middle East & North Africa Quelle: HCOB Economics, IWF 7 05/07/2020 Finanzmarkttrends
Eurozone: Das BIP der Währungsunion schrumpft voraussichtlich um rund 8 %, angeführt von Italien und Spanien. Fiskalische Maßnahmen auf nationaler und auf EU-Ebene sollten eine noch tiefere Rezession vermeiden. Ausgelöst durch den Corona-Schock befindet sich der Eurozone in einer tiefen Rezession. Im ersten Quartal fiel das BIP gemäß der ersten Schätzung um 3,8% QoQ. Der Einbruch im zweiten Quartal dürfte noch ausgeprägter ausfallen und im zweistelligen Bereich liegen. Dieser beispiellose BIP- Rückgang zieht sich durch alle Staaten, wobei Italien, Frankreich und Spanien die tiefsten Einbrüche zu verzeichnen haben. Das zweite Quartal 2020 dürfte den Tiefpunkt dieser Rezession markieren. Wir prognostizieren, dass sich die Wirtschaft im zweiten Halbjahr 2020 zu erholen beginnt, da Lockerungen der Sperrmaßnahmen in praktisch allen Ländern des Eurozone angekündigt wurden. Das Risiko, dass die Lockerungsmaßnahmen zu einer neuen Infektionswelle führen, besteht weiterhin. Unser Basisfall ist jedoch, dass der Eurozone nach einem Rückgang von -8,2 im Jahr 2020 im Jahr 2021 eine Wachstumsrate von fast 6% aufweisen wird. Als Folge des Stilllegungsprozesses werden zwar viele Produktionskapazitäten vernichtet werden, aber massive Steuerpakete dürften dazu beitragen, dass noch schlimmere Folgen vermieden werden. Der Rückgang der Inflation hat bereits begonnen und wird sich vor dem Hintergrund eines massiven Einbruchs der Ölpreise, einer enormen Zunahme von Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit sowie eines Rückgangs der Kapazitätsauslastung fortsetzen. Während sich die Arbeitslosenzahlen noch recht unauffällig verhalten, ist die Kurzarbeit in Deutschland auf rund 22 % und in Frankreich auf mehr als ein Drittel der Erwerbsfähigen gestiegen. Die EZB hält ihre Leitzinsen nur auf den ersten Blick stabil. In Wirklichkeit hat die EZB den Zinssatz für bestimmte Refinanzierungsgeschäfte gesenkt. Die Zinssätze für TLTRO III wurden in diesem Jahr zweimal um insgesamt 1 Prozentpunkt unter die Leitzinsen gesenkt. Die Konditionen für die neu geschaffenen PELTROs liegen ebenfalls unter dem Leitzins. Zudem wurden die Anforderungen von Sicherheiten gelockert, was ebenfalls eine Lockerung der Geldpolitik bedeutet. Gleichzeitig wurde das so genannte Pandemic Emergency Purchase Programme (PEPP) gestartet, über das in diesem Jahr 750 Mrd. Euro in Wertpapiere investiert werden soll. Das deutsche Bundesverfassungsgericht hat das ältere PSPP-Programm, das immer noch in Kraft ist, angefochten und von der EZB mehr Erklärungen dafür verlangt, dass das Programm in einem angemessenen Verhältnis zu dem Ziel steht, das Inflationsziel zu erreichen. Dieses Urteil stellt ein Risiko für die Stabilität der Eurozone dar. 8 05/07/2020 Finanzmarkttrends
Eurozone: Es sieht nach einer V-förmigen Erholung aus, aber es wird einige Zeit dauern, bis das Niveau von vor Corona wieder erreicht ist. BIP-Prognosen einschließlich der Komponenten privater Konsum, Investitionsausgaben, Staatskonsum, Importe und Exporte Euro area: GDP level (billion Euro, chained) and GDP Euro area: GDP and its components (expenditure side), change (QoQ) yearly change 15 2.900,00 15,00 10,00 10 2.800,00 5,8 5,00 1,2 5 2.700,00 0,00 0 2.600,00 -5,00 -10,00 -8,2 -5 2.500,00 -15,00 -10 2.400,00 -20,00 2019 2020 2021 -15 2.300,00 GDP Government consumption Private consumption GDP change, lhs GDP level, rhs Gross capital formation Exports Imports Quelle: HCOB Economics, Macrobond, Eurostat 9 05/07/2020 Finanzmarkttrends
Deutschland: Das BIP könnte im Jahr 2020 um 7,2% schrumpfen, gefolgt von +6,1% im Jahr 2021. Die deutsche Wirtschaft leidet stark unter der globalen Rezession und den inländischen Restriktionen, die fast zwei Monate lang vorherrschten und immer noch weitgehend in Kraft sind, da die schrittweise Aufhebung erst in diesen Tagen beginnt. Im Vergleich zu anderen Mitgliedern des Eurozone, wie Frankreich, Italien und Spanien, ist die deutsche Wirtschaft vielleicht in der Lage, mit weniger Narben aus dieser Krise herauszukommen, vor allem aus zwei Gründen: a) Die Shutdown-Maßnahmen waren nicht so hart wie in diesen Ländern, da das Coronavirus wirksamer eingedämmt werden konnte, und b) die Unterstützungsmaßnahmen der Regierung, einschließlich der Kurzarbeiterregelungen und der Notfallkredite der staatlichen Entwicklungsbank KfW, gehören zu den großzügigsten im Eurozone. Gleichwohl bedeutet die hohe Exportlastigkeit der deutschen Wirtschaft, dass das Tempo der Erholung sehr stark vom Tempo der Erholung der Weltwirtschaft, einschließlich der übrigen Eurozone, abhängen wird. Der Rückgang der Aktivitäten findet in der gesamten Breite statt. Kein Sektor ist verschont geblieben, und nur der Bausektor scheint sich derzeit einem freien Fall zu entziehen. Dies hängt damit zusammen, dass der Sektor durch die Stilllegungsmaßnahmen nicht so stark betroffen ist und eine geringere Abhängigkeit von globalen Lieferketten aufweist. Im Allgemeinen erfuhr der Dienstleistungssektor den tiefsten Rückgang, wie der Ifo-Index zeigt. Dies ist nicht überraschend, da der gesamte Einzelhandelssektor zusätzlich zum Reiseverbot von der Abriegelung betroffen ist. Darüber hinaus hat das Verbot jeglicher Massenveranstaltungen erhebliche Auswirkungen auf Tausende von Unternehmen, die mit diesen Aktivitäten in Verbindung stehen. Während die Lockerung der Maßnahmen einige Erleichterungen bringen sollte, werden viele Einschränkungen (wie z.B. die soziale Distanzierung) bestehen bleiben. Zudem wird sich das Verhalten vieler Menschen langfristig geändert haben, was früher profitable Geschäftsmodelle in Gefahr bringt. Daher erwarten wir, dass die Zahl der Insolvenzen in den nächsten Monaten zunehmen wird. Dies wird bis ins nächste Jahr hineinreichen, da die Anfälligkeit zahlreicher Unternehmen angesichts der höheren Verschuldung, mit der sie zu kämpfen haben, größer sein wird. 10 05/07/2020 Finanzmarkttrends
Deutschland: Mit groß angelegten Notfallmaßnahmen, einem massiven Konjunkturpaket und Glück könnten wir bis Ende 2021 wieder auf das Niveau vor Corona zurückgekehrt sein. BIP-Prognose einschließlich der Komponenten privater Konsum, Investitionsausgaben, Staatskonsum, Importe und Exporte Germany: GDP level (billion Euro, chained) and GDP Germany: GDP, expenditure side, yearly change change (QoQ) 6 840 20,00 4 820 15,00 10,00 2 800 6,1 5,00 0 780 0,6 0,00 -2 760 -5,00 -4 740 -10,00 -7,2 -6 720 -15,00 -8 700 -20,00 -10 680 -25,00 2019 2020 2021 -12 660 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 GDP Private consumption Government consumption 2019 2019 2019 2019 2020 2020 2020 2020 2021 2021 2021 2021 Gross capital formation Exports Imports GDP change, lhs GDP level, rhs Quelle: HCOB Economics, Macrobond, Destatis 11 05/07/2020 Finanzmarkttrends
USA: Die USA erleben derzeit den tiefsten Wirtschaftseinbruch seit der großen Depression. Die Arbeitslosenquote ist auf dem Weg zur 20 %-Marke. Gemessen an der absoluten Zahl der Infektionen mit dem neuen Coronavirus und der entsprechenden Todesfälle ist die US-Wirtschaft das am stärksten betroffene Land. Alle Bundesstaaten haben auf diese Situation in unterschiedlichem Maße mit Shutdown-Maßnahmen reagiert. Die Wirtschaft ist in den ersten drei Monaten dieses Jahres um 4,8% (QoQ, annualisiert) geschrumpft. Die Zahl der Arbeitslosen ist in beispielloser Weise sprunghaft angestiegen, bis Ende April belief sich die Zahl der Arbeitslosen auf 22,6 Millionen. Die US-Wirtschaft könnte im zweiten Quartal einen Einbruch von etwa 40% (QoQ, annualisierte Rate) erleben und damit den Tiefpunkt dieses Konjunkturzyklus markieren. In den nächsten Quartalen erwarten wir eine Erholung, dessen Ausmaß wahrscheinlich nicht stark genug sein wird, um die Wirtschaft bis Ende 2021 wieder auf das Niveau von vor Corona zu bringen. Wir erwarten, dass das BIP in diesem Jahr um 7,6% schrumpfen und im nächsten Jahr um 4,5% expandieren wird. Die Regierung hat massive Hilfspakete eingeführt, darunter das „paycheck protection programme“ und den „health care enhancement act“ in Höhe von fast 500 Milliarden US-Dollar sowie den „coronavirus aid, relief and economy security act“ in Höhe von 2,3 Billionen US-Dollar. Darüber hinaus stellt die US- Notenbank enorme Mengen an Liquidität zur Verfügung – dies wird durch die Erhöhung ihrer Bilanz um 2,5 Billionen US-Dollar in nur zwei Monaten belegt. Obwohl die Zentralbankliquidität bereits eine Verschärfung der Finanzmarktturbulenzen verhindert hat, gehen wir dennoch davon aus, dass viele Produktionskapazitäten zerstört werden. Die Unterstützung durch die Regierung kommt möglicherweise zu spät, insbesondere für viele kleine und mittlere Unternehmen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass es keine staatliche Entwicklungsbank mit Erfahrung in der Vergabe von Notfallkrediten gibt. Diese Rolle hat nun die Fed übernommen. Die Fed hat die Leitzinsen sehr schnell auf eine Bandbreite von 0 bis 0,25 % gesenkt und zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um die Verfügbarkeit von Liquidität an den Finanzmärkten zu unterstützen. Der US-Dollar-Libor, der bis Ende März in die Höhe geschnellt ist, ist auf ein deutlich niedrigeres Niveau von derzeit 43 Basispunkten gefallen. Die Renditen der 10-jährigen T-Notes haben bereits ein Rekordtief von rund 60 Basispunkten erreicht. Wir gehen davon aus, dass sie in den nächsten Quartalen auf ein etwas höheres Niveau ansteigen werden, sehen aber auch Abwärtsrisiken, da die Fed möglicherweise keine allzu große Erhöhung zulassen möchte. 12 05/07/2020 Finanzmarkttrends
Vereinigte Staaten: In dieser Rezession werden viele Produktionskapa- zitäten vernichtet werden, so dass das Vor-Corona-Niveau nicht vor2022 erreicht werden dürfte. BIP-Prognose einschließlich der Komponenten privater Konsum, Investitionsausgaben, Staatskonsum, Importe und Exporte United States: GDP level (billion USD, chained) and United States: GDP and its components (expenditure GDP change (QoQ, annualized) side), yearly change 20 19.500 6,0 4,5 19.000 4,0 10 2,3 2,0 18.500 0 0,0 18.000 -2,0 -10 17.500 -4,0 -20 17.000 -6,0 16.500 -8,0 -7,6 -30 -10,0 16.000 -40 -12,0 15.500 -14,0 -50 15.000 2019 2020 2021 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 2019 2019 2019 2019 2020 2020 2020 2020 2021 2021 2021 2021 GDP Private consumption Gross fixed investment GDP change, lhs GDP level, rhs Exports Imports Government consumption Quelle: HCOB Economics, Macrobond 13 05/07/2020 Finanzmarkttrends
China: Nach einem tiefen Einbruch im 1. Quartal dürfte China eines der ersten Länder sein, dass sich erholen wird. Allerdings ist für 2020 nur noch ein Wachstum von 1,2 % zu erwarten. • Das Coronavirus hat die chinesische Wirtschaft im 1. Quartal des Jahres 2020 erheblich beeinträchtigt. Das BIP fiel in diesem Zeitraum um fast 10 % QoQ. Die Industrieproduktion sank im Februar um 13,5 % (Vorjahr) und erholte sich im März etwas. Vorlaufindikatoren wie der PMI verzeichneten den stärksten Rückgang in ihrer Geschichte. Der PMI für das nicht-verarbeitende Gewerbe halbierte sich beinahe, fiel auf 29,6 Punkte gegenüber 54,1 Punkten im Januar. Der PMI für das verarbeitende Gewerbe war etwas weniger stark betroffen, sank aber dennoch um 14,3 Punkte auf ein Allzeittief von 35,7 Punkten. • Die Regierung reagierte darauf mit Lockdown-Maßnahmen, darunter die vollständige Abriegelung der am schlimmsten betroffenen Gebiete. Eineinhalb Monate später deuten die offiziellen Daten darauf hin, dass diese Maßnahmen sehr wirksam waren, um eine weitere Ausbreitung des Virus zu verhindern. Die Zahl der Neuinfektionen stabilisierte sich und blieb an den meisten Tagen seit Anfang März unter 100. • Entsprechend dem raschen Rückgang der Zahl der Infektionen verbesserten sich die wirtschaftlichen Aussichten. Der offizielle PMI für März verzeichnete einen deutlichen Aufschwung und meldete 52,3 bzw. 52 Punkte für das nicht-verarbeitende Gewerbe und das verarbeitende Gewerbe. Im April gab es keine große Bewegung mehr. • Trotz der V-förmigen Erholung wird das Coronavirus die BIP-Wachstumsraten Chinas im laufenden Jahr erheblich beeinflussen. Wir haben unsere bisherige Prognose von 5,4 % für 2020 auf 1,2 % nach unten revidiert. Aufgrund der erwarteten Erholung der Wirtschaft prognostizieren wir für 2021 eine BIP- Wachstumsrate von 9,2 %. • Darüber sorgen verschiedene Faktoren noch für große Unsicherheit. Da China in einem hohen Maße in internationale Wertschöpfungsketten eingebunden ist, ist die Entwicklung der Epidemie im Rest der Welt entscheidend für Chinas wirtschaftliche Erholung. Eine zweite Welle der Epidemie innerhalb Chinas ist ebenfalls nicht auszuschliessen und trägt zu der hohen Unsicherheit bei. Darüber hinaus können auch die wieder zunehmenden politischen Spannungen zwischen den USA und China die Erholung der chinesischen Wirtschaft beeinträchtigen. • Der deutliche Anstieg der Verbraucherpreisinflation, die anfänglich aufgrund der Schweinepest zu steigen begann und ihren Anstieg während des Höhepunkts der Coronakrise in China fortsetzte, begann im Februar zu sinken und erreichte im März 2020 4,3%. Während die PBoC Liquidität im Gegenwert von 170 Mrd. USD in den Markt injiziert hat, hat sie die Leitzinsen nur geringfügig gesenkt, vielleicht aus Angst, dass die Inflation außer Kontrolle geraten könnte, wenn sie aggressiver vorgehen würde. 14 05/07/2020 Finanzmarkttrends
Aktienmärkte: Aktien haben einen Teil der coronabedingten Verluste wettgemacht. Optimismus könnte jedoch verfrüht sein. Als Marktteilnehmer im Februar zu erkennen begannen, dass diese Krise in Bezug auf Umfang und Unsicherheit beispiellos ist, erlitten die Aktienmärkte einen tiefen Einbruch. Da es sich um eine medizinische Krise handelt, von der niemand genau weiß, wie sie sich entwickeln wird, sind die Marktbewertungen bestenfalls sehr ungenau. Die Erholung der Aktienmärkte, die sich in den letzten Wochen vollzog, beruhte hauptsächlich auf riesigen Liquiditätspaketen von Zentralbanken und Regierungen - verbunden mit der Hoffnung, die Wirtschaft könnte sich wieder in Bewegung setzen, nachdem die meisten Länder begonnen haben, Lockerungsmaßnahmen einzuleiten. Wir teilen die allgemeine Ansicht, die Wirtschaft werde sich im 2. Halbjahr 2020 zu erholen beginnen, sind aber skeptischer in Bezug auf das Tempo der Erholung und erwarten, dass das BIP-Niveau bis 2021 unter dem Niveau von vor Corona bleiben wird, sowohl in den USA als auch Europa. Dies scheint gewissermaßen unvereinbar mit der Bewertung von US-Aktien zu sein, die gemäß unserem Bewertungsmodell erneut deutlich überbewertet sind. Der Dax hingegen, dessen jüngste Rallye bescheidener ausfiel als die amerikanische, scheint zum jetzigen Zeitpunkt fair bewertet zu sein. Zwar stimmt es, dass Unternehmen in den USA besser als jene in Europa auf die Welt nach Corona, in der die Digitalisierung sicherlich eine noch größere Rolle als bisher spielen wird, vorbereitet zu sein scheinen. Dennoch denken wir, dass die Aktienbewertungen für eine Wirtschaft, deren Arbeitslosenzahlen die 20-Millionen-Marke überschreitet, zu ehrgeizig ist. Der enorme Anstieg der Arbeitslosigkeit bedeutet, dass die Binnennachfrage dramatisch zurückgehen wird – indes sind die meisten US-Unternehmen doch auf den Inlandsmarkt angewiesen. Angesichts der aktuellen Bewertungen würden wir erwarten, dass der S&P 500 bis Ende 2021 im Vergleich zu heute nur geringfügig höher notieren wird. Der Dax sollte sich besser entwickeln und bis Ende 2021 12.000 Punkte erreichen, was immer noch weit von dem Rekordniveau von rund 13.789 Punkten, das erst vor drei Monaten erreicht wurde, entfernt wäre. 15 05/07/2020 Finanzmarkttrends
EUR/USD: Euro-Abwärtstrend dürfte sich dem Ende zuneigen. • EUR/USD erlebte in den letzten Woche einige Höhen und Tiefen, scheint aber nach dem Abwertungstrend, der Anfang 2018 einsetzte und sich um 1,08 US-Dollar bewegte, nun einen Boden zu suchen. In diesen Zeiten, in denen sowohl der Eurozone als auch die Vereinigten Staaten sehr stark vom neuen Coronavirus betroffen sind, ist es sehr schwierig zu erkennen, welche Präferenz die Anleger für eine der beiden Währungen haben könnten. • Beide Zentralbanken, die EZB und die Fed, haben ihre Geldpolitik massiv gelockert. Die Fed ist aggressiver bei der Ausweitung ihrer Bilanz vorgegangen – jene wuchs in nur zwei Monaten um 2,5 Billionen US-Dollar. Aber auch die EZB ist nicht untätig geblieben und hat das so genannte Pandemie-Notfallprogramm (PEPP) in Höhe von 750 Mrd. Euro gestartet. Darüber hinaus wurden langfristige Refinanzierungsmaßnahmen eingeleitet, die mit negativen Zinssätzen ausgestattet sind. Das unerwartete Urteil des deutschen Bundesverfassungsgerichts gegen die EZB hat jedoch das Potenzial, die Eurozone langfristig zu destabilisieren. • Welche Region die schlechteste wirtschaftliche Leistung zeigen wird, ist noch nicht klar. Die Arbeitslosenzahlen der Vereinigten Staaten steuern darauf zu, die Marke von 22 Millionen Menschen zu überschreiten. In Europa wird währenddessen sehr intensiv von Kurzarbeiterprogrammen Gebrauch gemacht, die 20 bis 25% der gesamten erwerbsfähigen Bevölkerung ausmachen. In Deutschland haben sich die Kurzarbeiterregelungen nach der Krise 2008/2009 als erfolgreich erwiesen. • Was die fiskalische Unterstützung anbelangt, so haben die USA mehr als 12 % des BIP aktiviert. Während es in Deutschland sogar noch mehr ist, scheinen die Unterstützungspakete in Italien bescheidener zu sein. Jetzt, da die Lockdown-Maßnahmen Schritt für Schritt aufgehoben werden, ist es jedoch wichtig, den Umfang und die Struktur der noch nicht angekündigten Konjunkturpakete zu prüfen. Angesichts der Präsidentschaftswahlen im Dezember könnte es sich in den USA als schwierig erweisen, solche Pakete durch den Kongress zu bekommen. • Der wichtigste Punkt könnte das Coronavirus selbst sein. Die Infektionskurve ist in den Vereinigten Staaten immer noch recht steil. Das mit einer Lockerung der Maßnahmen verbundene Risiko ist vielleicht höher als in den Ländern der Eurozone, die hinsichtlich der Eindämmung weiter fortgeschritten zu sein scheinen. • Alles in allem würden wir erwarten, dass der Euro in den nächsten Quartalen gegenüber dem US-Dollar an Stabilität gewinnen wird. 16 05/07/2020 Finanzmarkttrends
Devisenmärkte: Die Realzinsen sprechen für den JPY. Großbritannien und die Eurozone haben ihre eigenen Schwächen, die USA beschuldigen China unter anderem in Bezug auf den Coronaausbruch, aber der CNY ist immer noch relativ widerstandsfähig. • EUR/GBP: GBP nahm eine erhöhte Risikosensitivität, ähnlich wie dies skandinavische Währungen oder Aussie-Dollar aufweisen, an. Die Schwankungen fielen also je nach Stimmung aus. Insgesamt scheint das Paar aufgrund gegenläufiger Faktoren an eine horizontale Bewegung um den 200-Tage- Durchschnitt innerhalb eines Fensters von 0,8720/25 gebunden zu sein. Brexit, d.h. die Sorgen um die Handelsabkommen zwischen Großbritannien und der EU, belasten das GBP zeitweise, werden dann aber wieder durch Ungereimtheiten innerhalb der Eurozone, die darum kämpft, ein schnelles Fiskalpaket zu schnüren, um die Belastung der Wirtschaft durch Corona insbesondere im hoch verschuldeten Italien zu mildern, konterkariert. Nachhaltige Schritte in irgendeine Richtung scheinen nach wie vor unwahrscheinlich. In jedem Fall erwarten wir noch immer eher eine Abwertung des Pfundes. Die Zahl der Corona-Todesopfer ist in Großbritannien relativ hoch und die für den Abschluss eines Handelsabkommens verbleibende Zeit läuft zunehmend ab. • USD/JPY: Relativ haben sich die Realzinsen inzwischen zugunsten des JPY bewegt. Das begann den Wechselkurs zu belasten, wenn auch nur sehr moderat. Die großzügige Bereitstellung von USD- Liquidität durch die FED hat einen großen Beitrag zur Abfederung des Engpasses bei der Zwischenfinanzierung geleistet, was am besten anhand der USD-JPY-Basis-Swaps sichtbar wird, die sich auf das Niveau von vor Corona erholten. In jüngster Zeit drifteten die FED-Funds-Futures zum ersten Mal in der Geschichte unter Null, wenn auch nur geringfügig. Die FED-Mitglieder mögen die Idee negativer Zinssätze in den USA als einen nicht lohnenswerten Versuch abtun. Der Markt könnte jene Entschlossenheit allerdings in Frage stellen, sollte der US-Arbeitsmarkt zu schwach erscheinen, als dass die Verbraucher eine größere Nachfrage auslösen könnten - unabhängig davon, ob die Lockdowns schnell oder langsam gelockert werden. Daher gehen wir davon aus, dass das Paar mittelfristig seine Talfahrt in Richtung 105 ausdehnen, wenn nicht sogar darüber hinausgehen kann. • USD/CNY: Handelsgewichtet zeigt der Renminbi weiterhin eine gute Widerstandsfähigkeit, bleibt aber hinter dem allmächtigen Dollar zurück. Die Handelsspanne hat sich gerade von 6,95 - 7,05 auf 7,05 - 7,15 verschoben. In letzter Zeit hat die US-Regierung China vorgeworfen, allein die Schuld für den pandemischen Ausbruch des Coronavirus zu tragen. Sogar der Begriff "Zoll" tauchte in Trumps Droh- Rhetorik wieder auf, bevor einige Tage später die Nachricht folgte, das Abkommen von Phase I werde wie vereinbart weiter umgesetzt. Wie dem auch sei, China gilt als führend im Umgang mit dem Corona bedingten Konjunktureinbruch, der die Arbeitslosigkeit in den USA unerbittlich in die Höhe treibt. Neue Zölle würden US-Unternehmen nicht wirklich einen Gefallen tun. Die besten Anhaltspunkte für USD/CNH könnten aus der recht guten Korrelation zum USD-Index entnommen werden, der nicht weit entfernt von seinen höchsten Bewertungen Anfang 2017 ist. 17 05/07/2020 Finanzmarkttrends
Ölmärkte: Ein massiver Lageraufbau und eine langsame wirtschaftliche Erholung werden jeden Versuch einer Preiserholung dämpfen. Die Ölpreise spielen verrückt. Die WTI-Preise gerieten zeitweise in den negativen Bereich, vor allem wegen eines massiven coronabedingten Nachfrageeinbruchs. Gleichzeitig starteten Saudi-Arabien und Russland eine mittlerweile wieder eingestellten Preiskrieg, da sie sich zunächst nicht auf neue Förderkürzungen einigen konnten. Da WTI-Futures eine physische Rohöllieferung erfordern, geriet der Mai-Future auf einem sehr illiquiden Markt in negatives Terrain, weil die Händler kein Rohöl - welches sie zu sehr hohen Lagerhaltungskosten irgendwo lagern müssten - erhalten wollten. Aufgrund der Shutdownmaßnahmen und des weltweiten Reiseverbots ist die Nachfrage nach Rohöl um bis zu 30 Mio. Barrel/Tag zurückgegangen, was einem Drittel der weltweiten Produktion entspricht. Während die OPEC+-Gruppe am Ende zustimmte, am 1. Mai tiefe Einschnitte von 9,7 Mio. Barrel/Tag vorzunehmen, reichen diese Einschnitte offensichtlich nicht aus, um den Markt bald wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Die Lagerbestände haben massiv zugenommen, wie in der unteren Grafik zu sehen ist. Darüber hinaus werden Rekordkapazitäten in Form von Tankern als Lager (insgesamt etwa 150 Mio. Barrel) genutzt, um das Überangebot aufzufangen. Der Markt befindet sich nach wie vor in einem erheblichen Contango mit Spotpreisen, die weit unter den Terminpreisen liegen, was ein weiteres deutliches Zeichen für ein Überangebot ist. Die Marktaussichten sind in hohem Maße von der globalen Nachfragesituation und damit von den Aussichten für die Weltwirtschaft abhängig. Dort sollten wir in der zweiten Hälfte diesen Jahres den Beginn einer Erholung sehen. In den meisten Industrieländern wird sich das BIP-Niveau jedoch nicht in ausreichendem Maße erholen, um bis Ende 2021 wieder das Niveau von vor Corona zu erreichen. Der andere große Faktor ist die Frage, wie schnell das Angebot reagieren wird. Während die OPEC+ massive Kürzungen beschlossen hat, sind wir etwas skeptisch, was die Disziplin auf Seiten der OPEC+- Mitglieder betrifft, da diese Länder auf Einnahmen angewiesen sind. Wir denken, dass die Hauptauswirkungen auf die Versorgung aus kommerziellen Erwägungen kommen werden: Projekte mit einem negativen Cashflow werden zuerst gestoppt, wie man zum Beispiel in den Vereinigten Staaten sehen kann, wo die Fracker viele Bohrlöcher geschlossen haben und die Produktion in nur sieben Wochen um 1,2 Mio. Barrel/Tag reduziert wurde. Es kann sicherlich zwei Jahre dauern, den Markt wieder ins Gleichgewicht zu bringen, in dem Sinne, dass die Lagerbestände auf das Niveau eines Fünfjahresdurchschnitts zurückgeführt werden. In der Zwischenzeit wird das Preisniveau für Rohöl nur moderat steigen und in den nächsten 12 Monaten unter 50 US-Dollar/Barrel bleiben. 18 05/07/2020 Finanzmarkttrends
Ansprechpartner Redaktion und Versand Weitere Ansprechpartner der Hamburg Commercial Bank Economics Sparkassen & Financial Institutions Dr. Cyrus de la Rubia Christian Eggers Thomas Benthien Chefvolkswirt Senior FX Trade Tel.: 0431-900-25000 Tel.: 040-3333-15260 Tel.: 040-3333-25514 Sales Corporates & Real Estate Redaktionsschluss dieser Ausgabe: 7. Mai 2020 Stefan Masannek Gerhart-Hauptmann-Platz 50, 20095 Hamburg, Telefon 040- Tel.: 0431-900-25550 3333-0, Fax 040-3333-34001 Sales Shipping, Energy & Infrastructure Stefan Masannek Tel.: 0431-900-25550 Debt Capital Markets Tim Boltzen Tel.: 040-3333-13765 19 05/07/2020 Finanzmarkttrends
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