Fish-facts 36 Angeln ohne Sachkunde ? Fische zuhause ohne Wissen ? Fischmahlzeit aus Pflanzen ? Afrika weiter leer fischen ?

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Fish-facts 36 Angeln ohne Sachkunde ? Fische zuhause ohne Wissen ? Fischmahlzeit aus Pflanzen ? Afrika weiter leer fischen ?
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                         fish-
                         facts
                         November 2021

Angeln ohne Sachkunde ?
Fische zuhause ohne Wissen ?
Fischmahlzeit aus Pflanzen ?
Afrika weiter leer fischen ?
Fish-facts 36 Angeln ohne Sachkunde ? Fische zuhause ohne Wissen ? Fischmahlzeit aus Pflanzen ? Afrika weiter leer fischen ?
Vernetzt für die Fische unterwegs
                                             Seit 2000 gibt fair-fish den Fischen eine Stimme.
                                             Wir tauschen uns kontinuierlich national und inter-
                                             national mit Tier- und Naturschutzorganisationen
                                             aus. Dadurch erreichen uns Meldungen, welche nicht
                                             immer in den Mainstream-Medien erscheinen oder
                                             nur marginal erwähnt werden. Diese Nachrichten
                                             werten wir aus, geben ihnen Platz im fish-facts und
                                             stärken so das Wissen über Geschehnisse, die über
                                             den Tellerrand hinausgehen.

                                             Die von fair-fish angestossene Zierfischkampagne ist
                                             gut angelaufen. Unser Anliegen, den Fischen Gehör
Inhaltsverzeichnis
                                             zu verschaffen, kommt darin voll zum Tragen. Aktuelle
Sachkundenachweis Hobbyfischerei 3          Informationen dazu in dieser fish-facts-Ausgabe.
Zierfischkampagne läuft!               6    Auch in der Freizeitanglerei brauchen die Fische weiter­
                                             hin unseren Einsatz. Lesen Sie ab Seite 5, was bisher
Kunstfisch: sinnvoll oder Hype ?       7
                                             erreicht wurde und wo es an schonendem Umgang
Fair Trade Towns                      10    mit Fischen noch mangelt.
Senegal: Stand der Dinge              10    Was sich mir immer wieder zeigt: Es geht voran, steter
Ostsee: Bald Ende Dorsch ?            12
                                             Tropfen höhlt den Stein, wir sind nicht allein, wir
                                             sind viele, die daran mitarbeiten, die Welt zu einem
Fishrot: Fischklau aufdecken!         13    lebenswerteren Ort zu machen.
Dank an Oliver Seeger                 14     In dem Sinne wünsche ich Ihnen interessante Ein­
Impressum, Fussnoten,                 15     blicke in das nationale und internationale Geschehen.
Bildnachweis                                  Herzlichen Dank für die wertvolle Unterstützung
                                             ­unserer Arbeit!
Was kann ich tun?                     16

Titelbild : Angler                           Regula Horner
                                             Administration Team Schweiz, fair-fish international
(Foto: Billo Heinzpeter Studer)

Beilage :
Der gedruckten Ausgabe liegt der
Flyer des «Films for Future Festival» bei,
das von fair-fish unterstützt wird.

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Sachkunde wie Schweizer Käse
 Wer in der Schweiz fischen will,                            ne, der Fischer und des Tierschutzes nach
 muss einen Sachkundekurs                                    konsensfähigen Lösungen.

 ­ab­solvieren – aber es gibt viele                          Klare Regeln für Angler
­Aus­nahmen. fair-fish will                                  Die neue Tierschutzverordnung von 2008 re-
  das ändern.                                                gelt Hälterung, Betäubung und Tötung der Fi-
                                                             sche. Widerhaken sind nun verboten, wobei
             Seit 2009 müssen Freizeitfischer in der         in Seen Ausnahmen möglich sind. Störmanö-
             Schweiz den Nachweis ihres Fachwissens          ver wie etwa von Nationalrat ­Fabio Regazzi
             erbringen, auch zum tierschutzkonformen         (TI), der eine Aufweichung des Widerhaken-
             Umgang mit gefangenen Fischen. Aber die-        verbots forderte, konnten – auch dank fair-
             sen Sachkundenachweis (SaNa) brauchen           fish1 – erfolgreich abgewehrt werden.
             leider nicht alle – das Gesetz lässt viele
             Schlupflöcher offen.                            Ausbildung ist zentral
             Angeln ist in der Schweiz eine beliebte Frei-   Die Mehrheit der Arbeitsgruppe sah in der
             zeitbeschäftigung. Rund 180 000 Personen        Ausbildung der Fischenden die grösste
             fischen regelmässig oder gelegentlich in        Chance, das Tierwohl zu verbessern. Um ei-
             unseren Seen und Fliessgewässern. Die-          nen einheitlichen SaNa bei reduziertem or-
             se Fischerei kann als nachhaltig bezeich-       ganisatorischem Aufwand zu garantieren,
             net werden, da die Kantone die Bestan-          wurde der Verein «Netzwerk Anglerausbil-
             desentwicklung dauernd beobachten und           dung»2 gegründet. Mitglieder sind die für
             angepasste Fangzahlbeschränkungen und           Umwelt bzw. Veterinärwesen zuständigen
             Schonzeiten erlassen.                           Bundesämter (BAFU und BLV), alle Kantone
             Der Umgang mit gefangenen Fischen, Fra-         und der Schweizerische Fischerei-Verband
             gen bezüglich Lebendhälterung sowie die         (SFV). Das Netzwerk legt die Anforderun-
             Verwendung von Angeln mit Widerhaken            gen fest und genehmigt die Lehrmittel.
             führten immer wieder zu Reklamationen           Seit 2008 wurden rund 400 Instruktoren
             der Tierschutzorganisationen. Vor der Re-       ausgebildet, deren Tätigkeit von acht Re-
             vision der Tierschutzverordnung wurde da-       gionalleitern und kantonalen Amtsstellen
             her im Jahr 2002 eine Arbeitsgruppe einbe-      überwacht wird. Die vier für die Ausbil-
             rufen. Unter der Leitung des zuständigen        dung zugelassenen Lehrmittel beinhalten
             Bundesamtes suchten Vertreter der Kanto-        Kapitel zur Gesetzgebung (Fischerei, Tier-
                                                             schutz), Fischkunde (Artenkenntnis, Arten-
                                                             schutz, Biologie), Ökologie und zum Gewäs-
    1   2   	Fische, die zurückgesetzt werden müssen
              (Schonmass), dürfen nicht aus dem Wasser       serschutz sowie zu Fischereimethoden und
              gehoben werden.                                tierschutzgerechtem Umgang mit Fischen.

fair-fish                                                                                   fish-facts 36 |3
Fish-facts 36 Angeln ohne Sachkunde ? Fische zuhause ohne Wissen ? Fischmahlzeit aus Pflanzen ? Afrika weiter leer fischen ?
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Drei Fragen an Philipp Sicher                   Gut ausgebildete Angler wissen genau,
                                                wie man mit einem Fisch an der Angel
Der Altdorfer Ruten­bauer                       umgeht und ihn fachgerecht tötet. Angler
Philipp Sicher (67) war                         ohne SaNa-Ausweis fallen immer wieder
bis vor kurzem Geschäfts-                       negativ auf und führen zu Klagen gegen
führer des Schweizeri-                          die Freizeitfischerei. Es gehört zu unseren
schen Fischerei-Verbands                        Aufgaben, dieses Bild zu korrigieren.
(SFV) und des Netzwerks
Anglerausbildung.                               Gegen eine SaNa-Pflicht für alle werden
                                                ­immer wieder das Freiangelrecht und
Das Netzwerk Anglerausbildung organisiert        das Angeln für Kinder ins Feld geführt.
seit 2010 die meisten Anglerausbildungen         Sehen Sie da Lösungen ?
in der Schweiz. Wie sind Ihre Erfahrungen ?      Gemäss einer Umfrage des SFV haben
Philipp Sicher: Die Ausbildung ist für die       56 Prozent aller Angler im Alter von unter
­Fischer nicht neu; bereits seit den 1980er      12 Jahren mit Angeln begonnen. Das
 Jahren existierte das freiwillige «Schweizer    ­Freiangelrecht, z. B. an den grossen Seen,
 Sportfischer-Brevet». Durch den Zusam-           ermöglicht Kindern und Jugendlichen
 menschluss der Kantone ist die Ausbildung        ­einen einfachen Zugang zum Angeln als
 nun koordiniert, Anpassungen werden               sinnvolle Freizeitbeschäftigung. Es wäre
 ­vereinfacht, und der Ausweis ist gesamt-         eine Chance für unsere Vereine, Jung­
  schweizerisch anerkannt. Seit 2009               fischer in der Ausbildung zu betreuen.
  ­wurden 166 000 Ausweise an Personen             In der Jugend liegt die Zukunft !
   ­zwischen 8 und 88 Jahren ausgestellt.

fair-fish fordert eine Ausweitung der SaNa-               Auch die sachgerechte Verwertung (Fisch
Pflicht auf alle Fischenden. Wie stellen Sie              als Nahrungsmittel) ist Teil der Ausbildung.
sich dazu ?                                               Ein Kurs dauert mindestens fünf Stunden
Der Kompromiss mit der Ausnahme für                       und enthält einen Praxisteil zum Umgang
Kurzfristpatente ermöglichte die schnelle                 mit gefangenen Fischen und deren korrekter
Einführung und Akzeptanz des SaNa.                        Tötung. Eine Prüfung schliesst den Kurs ab.
Die meisten regelmässigen Angler sind
nun ausgebildet und wünschen selbst die                   Zu viele Schlupflöcher
SaNa-Pflicht für alle. Der SFV begrüsst                   Die SaNa-Pflicht ist in der Tierschutz-
diese Forderung im Grundsatz. In einer                    verordnung verankert. Doch für Angler-
­Umfrage waren die meisten Kantone                        patente mit einer Gültigkeitsdauer von
 dafür; dagegen waren die Westschweiz
 und Kantone mit wirtschaftlich rele-
 vantem Fischereitourismus.                       3 4    	Schnappschüsse aus SaNa-Kursen
                                                     5     Geschafft! Der SaNa-Ausweis

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Drei Fragen an Rolf Schatz                        fair-fish verlangt eine Ausweitung der
                                                  ­SaNa-Pflicht auf alle Fischenden. Was
Der Präsident der IG                               ­meinen Sie dazu ?
für eine nachhaltige                                Für mich als Instruktor und Präsident der
Fischerei « Dä neu                                  IG Dä Neu Fischer ist diese Forderung
­F ischer » ist als SaNa-­                          ­absolut berechtigt. Wir sind klar für eine
 Instruktor und Gemein-                              Anglerausbildung für alle.
 derat in L­ angnau a. A.
 tätig.                                           Gegen eine SaNa-Pflicht für alle werden
                                                  ­immer wieder das Freiangelrecht und
Sie haben seit 2009 schon mehr als 600 Ang-        das Angeln für Kinder ins Feld geführt.
lerausbildungen mit insgesamt rund 10 000          ­Sehen Sie da Lösungen ?
Teilnehmenden in der Schweiz durchgeführt.          Besonders beim Freiangelrecht erleben
Wie sind Ihre Erfahrungen ?                         wir immer wieder schlimme Szenen. Tier-
Rolf Schatz: Die jüngsten Teilnehmer wa-            leid verursachendes Fehlverhalten ge-
ren unter 10 Jahre alt und haben den                schieht nicht aus Bösartigkeit, sondern aus
Kurs mit Bravour absolviert. Das Wichtigs-          Un­wissenheit. Der Kanton Aargau hat die
te beim Lernen ist die Motivation. Die              ­SaNa-­P flicht für alle schon vor Jahren ein-
­Jungen sind wissbegierig und saugen den             geführt. Jeder ausgebildete Fischer sollte
 Stoff r­ egelrecht auf. Eltern sagen dann           eine Begleitperson, Kinder oder Erwachse-
 oft: Wenn es doch nur im Rechnen und                ne, zum Fischen mitnehmen und unter
 ­Schreiben so gut gehen würde. . .!                 ­seiner Aufsicht angeln lassen dürfen.

             höchstens einem Monat muss kein Kurs         sern mit Frei­angel­recht nicht einmal mit
             absolviert werden. Diese Ausnahme ent-       diesem Faltblatt und damit den wichtigs-
             stand auf Druck einiger Kantone, die ei-     ten Informationen erreicht.
             nen verminderten Verkauf von Patenten
             und damit ­  finanzielle Verluste befürch-   fair-fish will Kurs für alle
             teten. Beim Kauf eines Kurzzeit-Patents      Bei dieser lückenhaften Regelung ist das
             wird den Fischenden zwar eine Sachkun-       Fischwohl in der Freizeitfischerei nicht ga-
             de-Information (Faltblatt des Bundes) mit    rantiert. fair-fish fordert deshalb, dass alle
             den wichtigsten tierschutzrelevanten As-     fischenden Personen einen Kurs absol-
             pekten abgegeben. Beobachtungen zeigen       vieren müssen. Wir werden mit den rele-
             aber, dass die Befolgung der Vorgaben oft    vanten Organisationen und Behörden das
             ungenügend ist: Fische werden unsachge-      Gespräch suchen und Änderungen in der
             mäss behändigt, man lässt sie in Plastik-    Gesetzgebung beantragen.
             säcken zappeln, wo sie langsam ersticken     Rolf Frischknecht
             usw. Zudem werden Personen an Gewäs-

fair-fish                                                                                    fish-facts 36 |5
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Die Zierfischkampagne läuft !
Die von fair-fish lancierte                                  kunft auf meine Fragen. Sie achtet auch auf
­Kampagne ist gut gestartet.                                 das Verhalten der Fische, bei ungutem Ge-
                                                             fühl sperrt sie in einem Becken deren Ver-
 Jetzt machen wir weiter.                                    kauf. Das unterstützt auch ihr Chef ; sie muss
                                                             nichts verkaufen, wenn es nicht passt.
          Was lange währt, wird endlich gut ! Die am         Für Drasdo steht insbesondere der Goldfisch
          31. August 2021 mit einer Pressekonferenz          im Fokus. Viele Menschen kämen immer noch
          eingeläutete Kampagne hat bereits einiges          mit der berüchtigten Glaskugel, für die sie ei-
          an Echo ausgelöst. Die Webseiten sind on-          nen Fisch kaufen möchten. Sie berät solche
          line, die Plakate und Broschüren wurden an         Kunden, und oft gelingt es, ihnen ein anderes
          die Zoofachgeschäfte verteilt.                     Verständnis für die Fische zu vermitteln.
                                                             Ich informierte sie, dass ich für fair-fish tä-
          Ein Testkauf von fair-fish                         tig und froh über dieses positive Feedback
          Die fair-fish-Mitarbeiterin Regula Horner          aus dem Zoofachhandel und die gute Auf-
          wollte wissen, wie die Zierfischkampagne           nahme unserer Kampagne bin. Ich dankte
          im Fachhandel ankommt. Sie berichtet von           ihr für die fachkundige Umsetzung. »
          ihrem Besuch im Qualipet-Center am Zür-
          cher Limmatplatz :                                 Und so geht’s weiter
          « Schon im Schaufenster war ein Plakat der         Das Bundesamt für Lebensmittelsicher-
          Zierfischkampagne angebracht ; wie sieht           heit und Veterinärwesen (BLV), das unsere
          es wohl im Laden selbst aus ? Prominent            Kampagne beim Start anführte, konnte die-
          an den Fischbecken und in Zwischenräu-             se Rolle aufgrund begrenzter Ressourcen
          men waren weitere Bilder aufgehängt. Auf           nur bis Ende Oktober ausüben. fair-fish hat
          mein Interesse an den Plakaten antwortete          den Stab übernommen. Wir bauen die Zier-
          die Verkäuferin, Jasmin Drasdo, sie sei sehr       fisch-Webseiten inhaltlich aus und sorgen
          froh um diese Kampagne, damit werde die            zusammen mit den beteiligten Organisati-
          Kundschaft sensibilisiert.                         onen dafür, dass das Thema in den (sozia-
          Wir vertieften das Gespräch auf einzelne           len) Medien aktuell bleibt. Ausserdem wol-
          Fischarten und Haltungsbedingungen. Frau           len wir mit weiteren Aktionen das Wohl
          Drasdo gab mir äusserst kompetent Aus-             der Fische in den Aquarien verbessern.
                                                             Spenden (siehe Seite 16) sind willkommen!
                                                             Rolf Frischknecht und Regula Horner
6     Bereits im Schaufenster waren die Plakate sichtbar.
7     Schilderwels im vorbildlich eingerichteten Aquarium
8   	Auch an den Aquarien wird auf die Bedürfnisse der      Zierfisch-Webseiten :
       Zierfische hingewiesen.                               aquarienfisch.ch / poissondaquarium.ch /
9      Die kompetente Qualipet-Verkäuferin Jasmin Drasdo    pescedacquario.ch

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Fish-facts 36 Angeln ohne Sachkunde ? Fische zuhause ohne Wissen ? Fischmahlzeit aus Pflanzen ? Afrika weiter leer fischen ?
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Kunstfisch: sinnvoll oder Hype?
Es gibt schon ernährungsphysio-                                    den schweiz- und weltweiten Trend zu
logisch wertvolle Alternativen                                     neuen Produkt- und Geschäftsmodellen
                                                                   unter dem Claim «plant based». Dank star-
zu Fisch. Ist « Fisch » aus Pflanzen                               ker medialer Wahrnehmung und steigen-
oder Zellkulturen nachhaltiger ?                                   der Nachfrage ist der Sprung aus der Ni-
                                                                   sche in die Regale des Detailhandels und
             Fleischalternativen aus Gemüse, Pilzen,               auf die Gastronomie-Speisekarten bereits
             Tofu und Algen bieten sich seit vielen Jah-           im Gang.
             ren als geschmackvolle Optionen an; ihre
             Zubereitung braucht aber Know-how und                 Sprung aus der Nische ?
             Zeit. Wie beim Fleisch steigt daher auch die          Bei Fisch und Meeresfrüchten fängt die-
             Nachfrage nach fischähnlichen, küchen-                se Entwicklung zumindest in der Schweiz
             fertigen Convenience-Produkten, die dem               erst an. Wenn die Nachfrage und damit die
             Original bezüglich Geschmack und Textur               Bestellungen der Grossverteiler zunehmen,
             möglichst nahe kommen.                                werden Hersteller mit Sicherheit ihre Sorti-
                                                                   mente entsprechend ausbauen.
             «Plant based»: neuer Standard                         Erfolgreiche Vermarktungsbeispiele von
             Auf dem im Volksmund als «Maggi-Fabrik»               Fischalternativen finden sich in klassi-
             bekannten Areal in Kemptthal bei Winter-              schen Fischkonsum-Ländern wie etwa
             thur ist aktuell ein zeitgemässes «Industrie-         Deutschland oder die Niederlande. Die
             märchen» zu beobachten. Als Innovations-              Frosta in Hamburg führt unter der Marke
             areal «The Valley» erwacht das weitläufige            «Good Catch» und dem Claim «Fish from
             Gelände aus einem Dornröschenschlaf. Von              the field» eine breite Vielfalt an Fischal-
             hier aus setzt auch das ETH-Spin-off-Unter-           ternativen. Der innovative Hersteller «Re-
             nehmen «Planted Foods» zum Sprung an.                 vofoo» in Wien bietet sogar bereits «Lachs
             Vor Ort können die Fleischalternativen auf            aus dem 3D-Drucker» an.
             der Basis spezieller Erbsenrohstoffe im ei-
             genen Pilot-Restaurant mit Blick auf die              Extrusions-Technologie im Fokus
             Produktionshalle verköstigt werden. Das               Im Zentrum der Herstellung steht bei
             erfolgreiche Start-Up steht als Beispiel für          den meisten Alternativ-Sortimenten die
                                                                   «Extrusions»-Technologie. Im Extruder las-
                                                                   sen sich die Kriterien für Temperatur, Druck
                                                                   und Zeit je nach Rohstoffen und Produkt-
             10   	Zentrum für Food Innovation in der             bedarf flexibel einstellen und damit die
                    ­ehema­ligen «Maggi-Fabrik»
             11   	Von hier aus setzt «planted» zum Sprung        Qualität und Beschaffenheit gezielt fest-
                     aus der Nische an.                            legen. Die Extrusion ist als physikalisches

fair-fish                                                                                        fish-facts 36 |7
Fish-facts 36 Angeln ohne Sachkunde ? Fische zuhause ohne Wissen ? Fischmahlzeit aus Pflanzen ? Afrika weiter leer fischen ?
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          Viele offene Fragen
          « Muss es denn wirklich wie Fisch aussehen und schmecken ?
          Könnte man aus Pflanzen nicht ganz andere Produkte herstellen ? »
          Eine berechtige Frage, die sich viele schon beim wachsenden
          ­Angebot an Fleischalternativen stellen. Angesichts der steigenden
           Nachfrage lautet die banale Antwort wohl : « Offenbar für viele :
          ja ! » Die seit langem auch ernährungsphysiologisch bewährte vege-
           tarische und vegane Küche erfordert Know-how und Zeit, die
           viele nicht aufbringen. Der Kunstfleischtrend ist aber durchaus zu
           begrüssen, wenn dadurch tatsächlich die klima- und ernährungs-
           politisch erwünschte Reduktion des Fleisch- und Fischkonsums er-
           reicht wird. Trägt der neu entstehende Industriestandard jedoch
           wirklich zu mehr Ressourcenschonung bei? Mit dem Marktwachs-
           tum muss genau dies kritisch im Auge behalten werden.

          Premium oder Massenmarkt ?
          Wenn es gelingt, die grossen Herausforderungen zu meistern
          und Akzeptanz bei der Kundschaft zu finden, ist der Weg in die –
          tierleidfreie – Massenproduktion nur schon aus betriebswirt-
          schaftlichen Gründen als chancenreichstes Geschäftsmodell zu
          etablieren. Als Premium-Artikel hingegen eignen sich die Alter­
          nativprodukte wohl kaum.
          Für Fleisch und Fisch aus wirklich nachhaltigen, tier- und umwelt-
          gerechten Quellen dürfte sich diese Entwicklung letztlich posi-
          tiv auswirken. Die Wertschätzung der Originale würde wohl wie-
          der steigen – und sich erfolgreich im Premium- und Genuss-­
          Segment etablieren. Die Zeit der klassischen Massentierhaltung
          würde so auch aus betriebswirtschaftlichen Gründen ablaufen.

          Quellen und Informationen
          www.srf.ch – Suche: «Lust auf Vegi: Schweizer Start-Ups starten durch»
          www.thevalley.ch
          Wageningen University & Research, www.wur.nl
          www.new-food-conference.com
          www.buhlergroup.com – Suche: «Givaudan Migros;
          https://proveg.com/de – Suche: «Fischersatz»
          www.planted.ch
          www.goodcatchfoods.com
          www.revo-foods.com
          www.wildfoods.ch

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             Verfahren gemäss der rechtlichen Grund-       Muskelzellen von echten tierischen Stamm-
             anforderungen wie der EU- und CH-Biover-      zellen. An der Schnittstelle zwischen Grund-
             ordnung für die Bioprodukte zulässig. Viele   lagenforschung und Praxisumsetzung hat
             Labels, wie etwa Bio Suisse, verlangen je-    europaweit die besonders innovative und
             doch die Erfüllung einschränkender Krite-     experimentierfreudige niederländische Er-
             rien, um die Zielsetzung der schonenden       nährungsforschung eine Pionierrolle über-
             Verarbeitung sicherzustellen. Sehr streng     nommen.
             sind die Anforderungen beim Einsatz von       An der Food-Messe Anuga im Oktober 2021
             Zusatz- und Verarbeitungshilfsstoffen, ein    wurden an der von «ProVeg» organisier-
             kritischer Punkt vieler Vegan-Artikel. Die    ten «New Food Conference» die neuesten
             Verbindung von Vegan- und Bioqualität ist     Entwicklungen vorgestellt. «Fleischherstel-
             daher beim Einkauf die empfehlenswerte        lung, ohne dass dafür massenhaft Tiere ge-
             Wahl.                                         züchtet, gefüttert und geschlachtet werden
             Die angewandte Forschung untersucht der-      müssen», erklärte Kathleen Haefele, Head
             zeit unter dem Stichwort «minimal proces-     of Food Services & Events von ProVeg, dem
             sing» neuere Technologien mit dem Ziel        Fachmedium «Die Fleischerei». Das Potenti-
             einer naturbelassenen, schonenden Verar-      al hängt stark davon ab, ob durch technolo-
             beitung. Die These, dass traditionelle Her-   gische Fortschritte und steigende Nachfra-
             stellprozesse grundsätzlich schonender sei-   ge marktfähige Herstellungskosten möglich
             en, ist aufgrund der bisherigen Forschung     werden. Nach Einschätzung von Haefele
             nicht mehr haltbar. Viele der neueren Ver-    dürfte dies in absehbarer Zukunft erreich-
             fahren belasten die Lebensmittel beispiels-   bar sein.
             weise weniger stark als die klassische
             Hochtemperatur-Erhitzung.                     Cultured Food Innovation Hub
                                                           In der Schweiz führt uns die im Herbst
             Tierleidfrei aus der Retorte ?                2021 lancierte Kooperation von Givaudan,
             Einen grundlegend neuartigen Weg be-          Migros und Bühler zurück ins «The Valley»-
             schreitet die Forschung bei der Entwick-      Areal. Dabei verbinden sich das Know-how
             lung von sogenannt «kultivierten» Fleisch-    von Givaudan bei Aroma- und Geschmack-
             und Fischerzeugnissen. Am Anfang steht        stoffen, die weltweite Erfahrung des Uz-
             hier die biotechnologische Vermehrung von     wiler Technologiekonzerns Bühler und die
                                                           Vermarktungsmacht der Migros. In Kempt-
                                                           thal entsteht der «Cultured Food In­nova­
                                                           tion Hub» als eigenständiges Unterneh-
       12 	Schon länger üblich: Grillieren ohne Fleisch
       13 	Fischstäbchen aus Tofu                         men im Besitz der drei Partner mit dem
       14 	Pflanzliche Protein-Alternativen basieren      Ziel, « die Entwicklung und den Marktanteil
            oft auf Hülsenfrüchten
                                                           von Produkten aus kultivierter Landwirt-
       15 	Lachs aus marinierten Karotten
       16 	Mikroalgen: interessanter Rohstoff für         schaft voranzutreiben ».
            Fisch-­Alternativen                            Peter Jossi

fair-fish                                                                                fish-facts 36 |9
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Schon über                                            Senegal: Noch
30 Fair Trade Towns
                                                      Die Plünderung der Fischbestände
 Die Kampagne «Fair Trade Town»3 ist bereits          und die Emigration aus dem
in 32 Ländern erfolgreich. In der Schweiz
                                                      ­Senegal nach Europa gehen un­
wird sie von «Swiss Fair Trade» koordiniert.
Über 30 Schweizer Gemeinden von kleine-                vermindert weiter. Aber es gibt
ren Bergdörfern bis zu grösseren Städten wie           Widerstand.
Bern wurden bereits ausgezeichnet; andere
sind auf dem Weg dahin. Im Herbst 2021 konn-          Moustapha Fall, Fischer in MBour und Au-
ten mit Amriswil, Köniz und Arlesheim wei-            tor unseres Kurzfilms (siehe Kasten), schil-
tere Auszeichnungen gefeiert werden. Arles-           dert uns die aktuelle Lage im Senegal. «Die
heim wurde am 19. September zur ersten                Fischerei im Todeskampf», titelte jüngst
Fair Trade Town der Nordwestschweiz.                  eine lokale Zeitung : Schuld daran sei das
Für die Mitgliedsorganisationen von Swiss Fair        schlechte Management der Fischbestän-
Trade – unter ihnen fair-fish – ergibt sich           de durch die Regierung – deren Plan, noch
­dadurch die Chance, das Fair Trade Town-Netz-        mehr Fanglizenzen an ausländische Schif-
 werk für eigene Themen und Events zu nutzen.         fe zu vergeben, hatte im Sommer 2020 im
 Viele der globalen sozialen und ökologischen         letzten Moment verhindert werden kön-
 Herausforderungen stehen in Zusammenhang             nen.4 « Die senegalesischen Gewässer sind
 mit unserem Konsumverhalten. Durch nach­             ausgefischt, und unsere Pirogen bringen
 haltiges und faires Konsumieren können wir           immer weniger Fisch an Land», sagt Fall.
 positive Veränderungen in Gang setzen. Hier          «Die ausländischen Fabrikschiffe fangen
 setzt Fair Trade Town an:                            riesige Mengen Fisch und verschiffen sie
 Städte und Gemeinden werden für besonderes           dann direkt nach Europa oder Asien. »
 Engagement im Bereich Fairer Handel mit
 dem Ziel ausgezeichnet, das Bewusstsein der          Fisch(mehl) fürs Ausland
 Bevölkerung für nachhaltigen, fairen Konsum          « Die Folgen dieser Überfischung betref-
 zu stärken. In diesen Prozess werden lokale          fen die gesamte senegalesische Wirtschaft,
 ­Betriebe, Restaurants, Cafés, Schulen und Insti-    vom kleinen Fischer bis hin zu den Kon­
  tutionen der Gemeinde eingebunden.                  sumentinnen, da die Preise auf den Märk-
Peter Jossi                                           ten aufgrund des Mangels in die Höhe
                                                      schnellen. Wenn ausländische Schiffe auch
                                                      hier fangen dürfen, erhöht das nur den
                                                      Druck auf die bereits überfischten Bestän-
          17   Arlesheim ist Fair Trade Town!
                                                      de. So etwa auf die Sardinelle, ein in West-
          18   Fischer und Filmautor Moustapha Fall
          19 	Strandszene in MBour                   afrika sehr begehrter Küstenfisch und oft
          20 	Cheikh Bâ bei den Dreharbeiten         die wichtigste Proteinquelle für die Bevöl-

10 | fish-facts 36                                                                         fair-fish
20

keine Verbesserung in Sicht
             kerung. Doch eine wachsende Industrie           « No Fish, no future » : der Film
             entlang der Küste raubt uns immer mehr          Im April 2020 waren wir von Fischern im
             Sardinellen und andere Arten, die sie zu        Senegal um Unterstützung einer Kampagne
             Fischmehl für die Aquakultur in Asien und       gebeten worden, welche sich gegen den
             Europa verarbeitet. »                           Plan der Regierung wehrte, weitere 50 Fang-
                                                             lizenzen an chinesische Fangschiffe zu ver-
             Not – Emigration – mehr Not                     geben. Ein Spendenaufruf brachte in kurzer
             « Seit Oktober 2020 wurden laut der Inter-      Zeit 29 000 Euro ein, vor allem dank Daniel
             nationalen Organisation für Migration vor       Brunner aus Zug. Wir finanzierten damit ein
             der westafrikanischen Küste mehr als 500        lokales Team, das einen kurzen Film zum
             Tote gezählt, unter ihnen viele Senegalesen,    Thema drehen wollte. Nachdem die Regie-
             die beim Versuch, Europa in Pirogen zu er-      rung dem Druck bereits Anfang Juni 2020
             reichen, ums Leben kamen. Trotz der Gefah-      nachgegeben hatte, beschlossen wir, einen
             ren der Überfahrt versuchen immer mehr          etwas ausführlicheren Film zu produzie-
             Menschen, der durch Covid-19 verschärften       ren, auch unter Verwendung des vom selben
             Wirtschaftskrise zu entkommen », so Fall.       Team im 2018 für uns gedrehten Materials
             « Unser mit finanzieller Unterstützung von      über die Emigration.
             fair-fish gedrehte Film wurde im Fernse-        Endlich ist der 12-minütige Film online,
             hen, in der Presse und durch andere Mass-       in drei Versionen mit Untertiteln in Deutsch,
             nahmen im Senegal gezeigt. Er hat dazu          Französisch oder Englisch :
             beigetragen, dass sich die Fischereigemein-     www.fair-fish.ch/aktuell/senegal/
             den gegen die illegale Migration einsetzen;     Nach der Bezahlung der Filmequipe im
             der Staat reagiert sehr sensibel darauf. Eine   ­Senegal, der Produzentin in der Schweiz und
             im November 2020 vereinbarte Koopera-            der Werbung verbleiben etwa 9000 Euro.
             tion zwischen Spanien, der Europäischen          Über deren passenden Einsatz im Senegal
             Union und dem Senegal will die illegale          wird der Vorstand entscheiden ; wir berich-
             Migration bekämpfen und eine sichere, re-        ten später.
             guläre Migration fördern. Die Situation hat
             sich insofern verbessert, als es nun eine ge-
             regelte Küstenüberwachung gibt und kri-
             minelle Menschenhandelsnetze verhaftet,         unterstützen. Im Senegal selbst helfen lo-
             vor Gericht gestellt und bestraft werden. »     kale Vereine, Rückkehrenden durch beruf-
             Spanien und Senegal vereinbarten zudem          liche Schulung einen Neustart zu erleich-
             die Übertragbarkeit der Sozialversiche-         tern, so etwa in Agrarökologie, Kabelbau
             rungsbeiträge, um die reguläre Migration        oder Datenverarbeitung.
             und freiwillige Rückkehr in den Senegal zu      Billo Heinzpeter Studer

fair-fish                                                                                 fish-facts 36 |11
21   22

Ostsee: Bald Ende Dorsch?
Die Wissenschaft warnte eindringlich,                         Kutter- und Küstenfischerei. Und das deut-
die EU-Minister foutierten sich drum –                        sche Bundesministerium für Ernährung
                                                              und Landwirtschaft (BMEL) liess gleichen-
auch dank der Schützenhilfe einzelner                         tags verlauten, es habe « den Quotenbe-
Wissenschafter.                                               schlüssen nicht zustimmen » können.6
                                                              Mit anderen Worten: Die deutsche Land-
          Am 10. September 2021 publizierte der               wirtschaftsministerin, Julia Klöckner, hätte
          Internationale Rat für Meeresforschung              die Fangmengen noch weniger reduzieren
          (ICES) seinen neusten Bericht über den ka-          wollen! Welchem Druck war sie da erlegen ?
          tastrophalen Zustand des Dorschbestands             Im Vergleich mit grossen Fangnationen ist
          in der westlichen Ostsee5. Die EU-Kommis-           die Fischindustrie in Deutschland eher un-
          sion schlug eine dementsprechende Reduk-            bedeutend. Vermutlich hat sich Frau Klöck-
          tion der Fangmengen für 2022 vor. Doch              ner einfach schlecht beraten lassen.
          wie so oft setzte sich der EU-Ministerrat           Schon im Oktober 2020, vor Festsetzung
          am 12. Oktober 2021 darüber hinweg und              der Fangmengen für 2021, hatten sich Fi-
          reduzierte die Fangmengen für Dorsch, He-           schereibiologen um Rainer Froese (Geomar
          ring und weitere Arten weniger stark.               Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in
          Umweltorganisationen wie die Deutsche               Kiel) zusammen mit Berufsfischern von der
          Umwelthilfe (DUH) zeigten sich entsetzt:            Ostsee an Frau Klöckner gewandt und eine
          « Die Fischerei in der deutschen Ostsee             massive Reduktion der Fangmengen gefor-
          steht vor dem Aus », erklärte DHU-Chef Sa-          dert, um die Bestände von Dorsch und He-
          scha Müller-Kraenner. « Die Fischereiminis-         ring vor dem totalen Kollaps zu bewahren.
          ter/innen der EU haben über Jahre zu hohe           Doch Klöckner hörte lieber auf den Fische-
          Fangquoten festgelegt. » Um Dorsch und              reibiologen und führenden MSC-Berater
          Hering noch zu retten, bräuchte es einen            Christopher Zimmermann (Thünen-Institut
          sofortigen Fangstopp.                               für Ostseefischerei in Rostock), welcher ihr
          Auf der anderen Seite war das Entsetzen             gegenüber das von Froese befürchtete Sze-
          nicht geringer : « Die erneuten Quotenredu-         nario als « sehr unwahrscheinlich » abtat —
          zierungen bedeuten das Aus für die haupt-           eine Behauptung, die Froese später Punkt für
          berufliche Fischerei in Mecklenburg-Vor-            Punkt widerlegte7. Bleibt nur die Hoffnung,
          pommern », zitiert die Ostsee-Zeitung am            dass die neue Bundesregierung die Tatsa-
          12. Oktober 2021 den Landesverband der              chen zur Kenntnis nimmt – und handelt.
                                                              Billo Heinzpeter Studer

      21 	Junger   Dorsch (Gadus morhua)                     Ausführliche Fassung und Quellen:
      22 	Atlantischer  Hering (Clupea harengus)             fair-fish.ch/blog/2021/10/25/

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   Fishrot: Fischklau aufdecken!
   Fisch ist eines der global am meisten                         fishrotwhistleblower.com
   gehandelten Güter. Handel mit                                 Im letzten fish-facts hatten wir zu Spenden
                                                                 aufgerufen, damit Johannes Stefànsson
   Fisch kann so toxisch sein wie jener                          seine Website fertigstellen konnte. Nun
   mit Waffen oder Rauschgift.                                   ist sie online und dokumentiert umfang-
                                                                 reich das kriminelle Verhalten des Fische-
               Das kriminelle Tun des grössten isländischen      reikonzerns Samherji in Namibia, wo er
               Fischereikonzerns Samherji im fernen süd-         sich mit Bestechung illegal Fisch beschafft
               westafrikanischen Namibia zeigt dies über-        – und in Island, wo er kritische Medien-
               deutlich. Es ist von enormer Bedeutung, dass      schaffende bedrängt. Der nicht nur für
               gerade dieser Fall ans Tageslicht kommt, dank     ­Island riesige Konzern droht auch zur Ge-
               des zum Whistleblower gewordenen ehema-            fahr für die uralte und lebendige Demo­
               ligen Samherji-Direktors Johannes Stefàns-         kratie des kleinen Inselstaats zu werden.
               son – als Beispiel für viele andere derartige,     Wir möchten Stefànsson weiter unter-
               nicht aufgeklärte Verbrechen.                      stützen. Spenden mit dem Vermerk
               Der diesjährige Win-Win-Nachhaltigkeits-           « Fishrot » sind auf einem unserer Bank-
               preis der norwegischen Stadt Göteborg geht         konten willkommen :
               an Stefànsson. Er erhielt ihn aus der Hand         CHF fair-fish.net:
               von Lena Micko, der schwedischen Ministe-          IBAN CH68 0900 0000 8503 8259 6
               rin für Verwaltung und Verbraucherfragen.          EUR fair-fish.net:
               Die Göteborger Meeresbiologin Friederike           IBAN CH51 0900 0000 9136 2602 9
               Ziegler war im Publikum und berichtet uns:         BIC POFICHBEXXX
               «Es war äusserst interessant und erschre-
               ckend, mehr über diese ganze Geschichte zu
               erfahren. Stefànsson schien sehr glücklich        Kinder ernähren müssen, wäre es vielleicht
               zu sein und sagte, er habe schon lange nicht      keine Option gewesen, ein Whistleblower
               mehr so viele gute Gespräche geführt wie          zu werden; trotz seines Gewissens, das ihn
               in dieser Woche. Er sieht diese Auszeich-         dazu gedrängt hatte. Es beunruhigt mich
               nung als eine Anerkennung (natürlich, wie         etwas, dass wir immer hören, die Korrup-
               auch nicht!), auf die er sich berufen kann,       tion in unseren Ländern sei gering. Viel-
               und er betonte, er könne die Konsequenzen         leicht ist sie insgesamt niedrig, aber ist sie
               tragen. Hätte er eine Familie gehabt und          es auch im Verhältnis zu unserem Wohl-
                                                                 stand und unseren Bedürfnissen? Wenn
                                                                 Polizisten unterbezahlt sind, ist es meiner
23 	Samherjis  Selbstdarstellung auf der eigenen Website        Meinung nach nicht verwunderlich, dass
24 	Johannes   Stefànsson bei der Preisverleihung in Göteborg   sie Bestechungsgelder annehmen.»

  fair-fish                                                                                     fish-facts 36 |13
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Danke und alles Gute,                                     fair-fish erbt eine Million
Oliver !                                                   Die mit fair-fish treu verbun­
                                                           dene ­Annette Ringier ist am
 Im Juli hat sich Oliver Seeger aus dem Verein             28. Januar 2020 verstorben.8
 fair-fish international zurückgezogen. Wir ver-           Sie hatte uns über ihre Stiftun-
 lieren mit ihm einen Brückenpfeiler, der seit             gen wiederholt mit Beiträgen
 2008 den Verein fair-fish Schweiz massgeblich             unterstützt. Gross war die Über-
 ­mitgetragen hatte. Er prägte die intensive               raschung, als wir ­einige Monate
  Präsenz von fair-fish mit Strassenständen und            nach ihrem Tod i­ nformiert
  an Messen und so träfe Slogans wie «fair-fish            ­wurden, dass Annette Ringier
  gibt den Fischstäbchen ein Gesicht». Auf seine            in ihrem Testament eine Mil­
  ­klaren Beiträge zur Strategie und Planung der            lion Franken für fair-fish be-
   ­Tätigkeiten war stets Verlass. Und wenn wieder          stimmt hatte. Es war zwar nicht
    einmal ein Loch in der Kasse gähnte, gelang             das erste Legat9 in unserer
    es ihm dank seiner Beziehungen, die fehlende            zwanzigjährigen Geschichte,
­Summe aufzutreiben.                                        aber bei weitem das grösste.
    Als wir schliesslich im Frühjahr 2020 keine Per­        Die hohe Summe, die im Sommer
    spektive mehr sahen für den angeschlagenen              2021 auf einem separaten
    Verein fair-fish Schweiz (aus dessen Vorstand er        ­Konto von fair-fish internatio-
    sich ein Jahr zuvor zurückgezogen hatte), for-           nal eintraf, wird nicht für den
    mulierte er mit mir zusammen den Antrag an die           laufenden Betrieb, sondern
    Mitgliederversammlung, den Verein aufzulösen             auf Antrag für klar definierte
    und Aktiven und Passiven an den Verein fair-fish         neue Projekte im Sinne der
    ­international (dessen Vorstand er seit 2014 an­         ­Erblasserin eingesetzt, soweit
     gehörte) zu übergeben. Die Urabstimmung Ende             diese nicht anders finanzier-
     Mai 2020 folgte dem Antrag fast einstimmig.              bar sind. Ein Beschluss der
     Nicht zuletzt Oliver zu verdanken war schliesslich   ­Mitgliederversammlung von
     das grösste Legat, mit dem fair-fish je bedacht          fair-fish international hält fest:
     ­worden ist (siehe nebenstehend): Er hatte Annette       «Über die Verwendung von
      Ringier einst zu fair-fish gebracht.                    ­Mitteln aus diesem Legat ent-
      Danke für alles, Oliver! Du hast fair-fish zum           scheidet der Vorstand bei
      ­Abschied viel Erfolg und alles Gute gewünscht –         ­einmaligen (nicht wiederkeh-
       wir alle wünschen Dir das ebenfalls.                     renden) Beträgen von höchs-
Billo Heinzpeter Studer                                         tens CHF 30 000, insgesamt pro
                                                            Kalenderjahr, aber höchstens
                                                            CHF 60 000; in allen anderen
                                                            Fällen entscheidet die Mitglie-
25 	Oliver   Seeger und Billo Heinzpeter Studer            derversammlung.»
26 	Annette    Ringier († 28.1.2020)

14 | fish-facts 36                                                                         fair-fish
Bildnachweis                                                     Impressum fish-facts 36
Titelblatt: Billo Heinzpeter Studer                              Retouren, Reklamationen:
                                                                 fair-fish
Seite 2: Ernesto Graf
                                                                 Scheuchzerstrasse 126, 8006 Zürich
Seiten 3 – 5: Phlipp Sicher (1–2),                               office@fair-fish.ch
Rolf Schatz (3–4), anglerausbildung.ch (5)
                                                                 Fragen zu Inhalten:
Seite 6: Regula Horner (6–9)                                     info@fair-fish.ch
Seiten 7– 9: Jonas Kuhn / The Valley (10),                       Herausgeber:
Oliver Rust / The Valley (11), Noamfurer / Wikimedia (12)        Verein fair-fish international
Theofano Vetouli / ProVeg (13/15), Bühler Group (14/16)          Chemin du Léman 3, 1135 Denens
                                                                 mail@fair-fish.net
Seite 10: fairtradetown.ch (17)
                                                                 © fair-fish.net, November 2021, 2250 Exemplare
Seiten 10 –11: Moustapha Fall (18–20)
                                                                 Redaktion: Billo Heinzpeter Studer
Seite 12: Gervais et Boulart, 1877/ Wikimedia                    Layout: satzbild.ch
                                                                 Druck: baldegger.ch
Seite 13: Screenshot samherji.is (23), Friederike Ziegler (24)
                                                                 100% Recycling-Papier, klimaneutral, ISSN 1662-7903
Seite 14: Ivana Sintic (25), zVg (26)                            Spendenkonto:
                                                                 fair-fish international
Seite 16: Billo Heinzpeter Studer
                                                                 Team Schweiz
                                                                 IBAN = CH69 0900 0000 1558 5569 1

Fussnoten
Sachkunde wie Schweizer Käse, Seiten 3–5
1 www.fair-fish.ch/de/etwas-tun/petitionen/abgeschlossen/motion-regazzi
2 www.anglerausbildung.ch
Schon über 30 Fair Trade Towns, Seite 10
3 www.fairtradetown.ch
Senegal: Noch keine Verbesserung in Sicht, Seiten 10–11
4 www.fair-fish.ch/aktuell/senegal/
Ostsee: Bald Ende Dorsch? , Seite 12
5 ICES-Bericht: https://doi.org/10.17895/ices.advice.7744.
6 www.bmel.de, Suche: «Fangquoten 2022»
7 siehe ausführlich hier: fair-fish.ch/blog/2021/10/25/ostsee-dorsch/
fair-fish erbt eine Million, Seite 14
8 fish-facts 31, Seite 13, fair-fish.ch/feedback/mehr-wissen
9 über Legate an fair-fish: fair-fish.net/spende/legat
27

Alle Informationen in einem Buch                             Was kann ich tun ?
Der Gründer von fair-fish hat die wichtigsten                Bevor ich Fisch kaufe oder bestelle:
Stationen und Erkenntnisse unserer über                      –	Ich informiere mich im Fischtest:
­zwanzigjährigen Arbeit in einem lesefreund­                    www.fishtest.net
 lichen Buch zusammengefasst.                                –	Ich überlege mir, ob es diesmal Fisch
Mehr dazu und Bestellung : fair-fish.net/was/buch               sein muss
                                                             Bevor ich mit Angeln beginne :
                                                             –	Ich frage Freunde, die sich damit aus-
                                                                kennen
                                                             –	Ich erkundige mich nach dem nächsten
                                                                Kurs: www.anglerausbildung.ch
                                                             Bevor ich mir ein Aquarium zulege :
                                                             –	Ich lese «Rund ums (erste) Aqua­rium»,
                                                                fish-facts 6, www.fair-fish.ch
                                                                > kontakt & shop > mehr-wissen
                                                             –	Ich frage Freunde, die sich damit aus-
                                                                kennen
                                                             –	Ich lasse mich in einem Zoofach­geschäft
                                                                beraten
                                                             Bevor ich die Rute ins Schilf werfe :
                                                             –	Ich bin froh, dass fair-fish sich für das
                                                                Wohl der Fische einsetzt
                                                             –	und unterstütze fair-fish nach meinen
                                                                Möglichkeiten

        Spenden an fair-fish:
        fair-fish, Team Schweiz, online (CHF):               fair-fish international (CHF):
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        BIC = POFICHBEXXX                                    fair-fish, Deutsche Postbank (EUR):
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                                                             BIC = PBNKDEFF (Postbank)

     27 	Gewusstwie: Der Anglerkurs vermittelt das Wissen
        für einen schonenden Umgang mit dem Fisch.
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