FLUCHTPUNKT - Schweizerische Flüchtlingshilfe

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FLUCHTPUNKT - Schweizerische Flüchtlingshilfe
FLUCHTPUNKT
Die Zeitung der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (SFH)                Nr. 98 August 2022

                                                         Krieg in der Ukraine und Gastfamilien

                                                         Bilanz und Ausblick von
                                                         SFH-Direktorin Miriam Behrens
                                                         Interview auf den Seiten 4 und 5

                                                         SFH-Bildung mit Innovationen

                                                         Für Gastfamilien gibt es neue Kurse,
                                                         für Freiwillige das neue Community
                                                         Building-Projekt
                                                         Seiten 3, 6 und 7
FLUCHTPUNKT - Schweizerische Flüchtlingshilfe
Editorial                                    SFH-Newsflash

            Liebe Leserinnen,
            liebe Leser                      ■ Austausch mit der Direktorin des Europäischen
                                               Flüchtlingsrats (ECRE)
            Stellen Sie sich vor, Sie
            mussten vor Krieg und            Die SFH ist seit 1994 Mitglied des Euro-         engagiert. An regelmässigen Treffen werden in
            ­G ewalt flüchten. Sie wurden    päischen Rats für Flüchtlinge und im Exil        Bern und in Brüssel Aktualitäten und gemein-
             in einem sicheren Land auf-     lebender Personen (ECRE), einer Allianz von      same Vorstösse auf europäischer Ebene sowie
             genommen. Doch plötzlich        Nichtregierungsorganisationen, die sich für      übergeordnete Gerichtsfälle im Bereich Flucht
             bricht auch in diesem Land      den Schutz und die Rechte von Geflüchteten       und Asyl diskutiert.
             Krieg aus, und Sie müssen
erneut woanders Zuflucht suchen. So
erging es bei Kriegsausbruch in der
                                                                                                        «Seit dem Krieg in der
Ukraine rund 5000 Asylsuchenden
und anerkannten Flüchtlingen in der                                                                     ­Ukraine haben die EU-­Länder
Ukraine, viele davon aus Afghanistan                                                                     eindrücklich bewiesen, dass
und Syrien. Neben ihnen sind auch an-                                                                    sie gemeinsam auf eine so
dere Drittstaatsangehörige vom Krieg                                                                     grosse Flucht­bewegung rasch
betroffen: Über 440 000 Migrant*innen                                                                    reagieren und für inzwischen
haben zwecks Arbeit oder Studium
                                                                                                         6 Millionen Geflüchtete Hilfe
in der Ukraine gelebt; zudem 35 000
Staatenlose sowie schätzungsweise                                                                        leisten ­können. Das können
bis zu 60 900 Menschen, die sich ohne                                                                    sie auch für die Geflüchteten
geregelten Aufenthaltsstatus in der                                                                      aus anderen Herkunfts­
Ukraine aufhielten, so die Angaben                                                                       ländern tun.»
der Internationalen Organisation für
Migration (IOM).                                                                                         Catherine Woollard, Direktorin des
                                                                                                        ­Europäischen Flüchtlingsrats
    In der Schweiz erhalten neben
­ukrainischen Staatsangehörigen auch
 Drittstaatsangehörige den Schutzsta-        Gemeinsam für die Rechte und Anliegen Geflüchteter in Europa: SFH-Direktorin Miriam Behrens
 tus S, wenn sie vor ihrer Flucht eine       und und Catherine Woollard, seit 2016 Direktorin des Europäischen Flüchtlingsrats.
 gültige Aufenthaltsberechtigung in der      © SFH/Barbara Graf Mousa
 Ukraine hatten und nicht sicher und
 dauerhaft in ihre Heimat zurückkeh-
 ren können. Diese Voraussetzungen
 müssen jeweils im Einzelfall geprüft        ■ Keine Rückführungen nach                       stabilisiert hat. Zudem muss das Staatssekreta-
 werden. Das ist eine Herausforderung          Sri Lanka                                      riat für Migration (SEM) in jedem Einzelfall
 im kurzen S-Verfahren, denn häufig                                                           sorgfältig prüfen, ob eine Gefährdung vorliegt
 sind die Umstände komplex. Umso             Die aktuellen Entwicklungen in Sri Lanka         bzw. ob der Wegweisungsvollzug unzumutbar
 wichtiger ist, dass die Person bei Be-      sind besorgniserregend. Wegen der Wirt-          ist. Im Zweifel ist die vorläufige Aufnahme zu
 darf Z
      ­ ugang zum Asylverfahren hat,         schaftskrise ist die Ernährungssicherheit und    gewähren.
 wenn ihr Gesuch um einen Status S           die medizinische Versorgung der Bevölkerung
 abgelehnt wurde.                            gefährdet. Die SFH fordert einen Verzicht auf    SFH-News vom 15.07.2022:
                                             Rückführungen nach Sri Lanka, insbesondere       https://bit.ly/3uUT4JO
Herzlich,
                                             für vulnerable Personen, bis sich die Lage

 Seraina Nufer                               ■ Frontex-Beschwerden                            besser wehren können. Die SFH begrüsst diese
 Co-Abteilungsleiterin Protection              ­entschädigen                                  Massnahme, fordert jedoch eine ausreichende
 Rechtliche Grundlagen und                                                                    Finanzierung des Rechtsschutzes für diese Zu-
­Rückberatung                                Nach der Abstimmung vom 15. Mai 2022             satzaufgabe. Denn Frontex-Beschwerden be-
                                             hat der Bundesrat Rechtsanpassungen im           treffen Verletzungen von Grundrechten nach
                                             Beschwerdeverfahren der europäischen Grenz-      der Grundrechte­charta der EU. Das sind ande-
Titelbild: Viele Ukrainer*innen flüchten     schutzagentur Frontex beschlossen. In Zu-        re Verfahren und Rechtsbereiche, die sich von
mit ihren Haustieren – eine spezielle
                                             kunft sollen Asylsuchende, die in der Schweiz    den Aufgaben des Rechtsschutzes im Rahmen
Herausforderung für die Unterbringung.
Im Bild: Tanya, 29, und ihre beiden Kinder
                                             ankommen und deren Menschenrechte bei            des schweizerischen Asylrechts unterscheiden.
Victoria, 11, und Svyetoslav, 8, mit Katze   Frontex-Einsätzen an der EU-Aussengrenze
an der Grenze zu Moldavien, 23.04.2022.      verletzt wurden, sich mit Unterstützung von      Medienmitteilung vom 29.06.2022:
© UNHCR/Caroline Bach                        Rechtsvertreter*innen und -berater*innen         https://bit.ly/3Omnr2C

2   Fluchtpunkt 98 August 2022
FLUCHTPUNKT - Schweizerische Flüchtlingshilfe
Community Building

Das Community Building-Projekt der SFH
fördert Freiwillige und Freiwilligenarbeit
Mit dem neuen Community Building-Projekt unterstützt die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH)
Freiwillige, welche Geflüchtete und Gastfamilien begleiten. Das Projekt nimmt genau zum richtigen
Zeitpunkt Fahrt auf. Von Siméon Seiler, Projektleitung Community Building

Um die Geflüchteten aus der Ukraine ist es          der Schweiz wurden digitale Hilfsplattformen ein Unterstützungsangebot zustande kommt
etwas ruhiger geworden. Anfänglich traf die         organisiert; sowohl von Menschen, die sich         oder nicht. Solche Angebote können von A
Geschwindigkeit und Intensität der Entwick-         schon längere Zeit freiwillig engagieren, wie      wie «Aufgabenhilfe» über M wie «Miteinander
lungen in der Ukraine die meisten Behörden,         auch von Menschen, die sofort und spontan          einkaufen gehen» bis Z wie «Zusammen musi-
aber auch die Hilfswerke im Bereich Flucht          «etwas» für die ukrainischen Geflüchteten          zieren» alles umfassen.
und Asyl, unvorbereitet. In der Zwischenzeit        tun wollten. Sie sind bis heute miteinander             Die Freiwilligen erhalten im Rahmen des
konnten Zuständigkeiten weit-                                                                                          Community Building-Projektes
gehend geklärt und klare Pro-                                                                                          zahlreiche Hilfestellungen. Auf
zesse etabliert werden.                                                                                                der SFH-Website werden eine
     Die SFH hat in vielen Kan-                                                                                        thematische Linksammlung
tonen die Koordination und                                                                                             und nach und nach speziell
speziell die Betreuung der Gast-                                                                                       entwickelte Merkblätter auf-
familien dem Hilfswerk Caritas                                                                                         geschaltet. Ausserdem gibt es
Schweiz und dem Schweizeri-                                                                                            eine telefonische Infoline für
schen Roten Kreuz (SRK) oder                                                                                           Freiwillige. Auf Wunsch erhal-
staatlichen Institutionen über-                                                                                        ten Gruppen ein Coaching im
geben. Selbstverständlich steht                                                                                        Bereich Freiwilligenarbeit, und
ihnen die SFH weiterhin unter-                                                                                         das Team der SFH-Bildungsab-
stützend zur Seite: Sie vernetzt                                                                                       teilung bietet Weiterbildungs-
die betreuenden Stellen und                                                                                            tage in den Themenbereichen
organisiert in Zusammen­arbeit                                                                                         Flucht und Asyl, Integration
mit ihnen A ­ ustauschtreffen                                                                                          und soziale Teilhabe, Migration
für die Gastfamilien. Die Bil-                                                                                         und Trauma sowie transkultu-
dungsabteilung der SFH bietet        Projektleiter Siméon Seiler und Projektmitarbeiterin Niki Ott unterstützen        relle Kompetenzen an.
ausserdem Weiterbildungen für        ­Freiwillige beim Aufbau von Netzwerken. © SFH/Baptiste Babey
die Gastfamilien an – lesen Sie                                                                                        Interessierte Freiwillige
dazu den Artikel auf den Seiten 6 und 7 die-        vernetzt. Solche Netzwerke sind bestens für        können sich als Einzel­personen oder Gruppen,
ser Ausgabe.                                        den breiten und schnellen Informationsaus-         egal ob sie bereits aktiv sind oder erst aktiv wer-
     Parallel zum Gastfamilienprojekt hat           tausch geeignet. Wenn es aber darum geht,          den möchten, unter: www.fluechtlingshilfe.ch/­
die SFH im April damit begonnen, ein                Menschen nicht nur spontan und punktuell,          community-building melden.
Community Building-Projekt aufzubauen.              sondern verbindlich und über längere Zeit zu
Denn es war abzusehen, dass es nicht nur            begleiten, reicht der reine Online-Austausch
                                                                                                         Das Community Building-Projekt ist ein
um die Geflüchteten, sondern auch um die            in der Regel aber nicht mehr aus.
                                                                                                         Pilotprojekt, das hauptsächlich in diesen
Helfer*innen ruhiger werden würde. Ziel des             Das Schwergewicht im Community Buil-
                                                                                                         13 ausgewählten Kantonen stattfindet:
Community Building-Projektes ist es nun,            ding-Projekt liegt auf kompakten, nachhalti-         AG, BS, GE, GL, OW, SG, SH, SO, TG, UR,
kleine ­selbstorganisierte Gruppen zu fördern,      gen, Face-to-Face-Netzwerken. Technologie            VD, VS, ZG. Zögern Sie nicht, auch dann
welche vor Ort handfeste Unterstützung für          wird mehr als Hilfsmittel, denn als Ausgangs-        mit uns Kontakt aufzunehmen, wenn
­Geflüchtete und Gastfamilien leisten.              punkt der Organisation verstanden. Die klei-         Sie in einem anderen Kanton wohnen.
                                                    nen Teams von Freiwilligen bilden zusammen           ­Telefonische Infoline: +41 (0)31 370 75 95
 Persönlich treffen statt online                    mit den Geflüchteten und den Gastfamilien             (Di 14–18, Do 9–13 Uhr)
 Kurz nachdem die ersten Geflüchteten aus           ein Bedürfnisdreieck. Die Bedürfnisse – et-
                                                                                                          Wenn Sie den beiliegenden Flyer nicht
 der Ukraine in der Schweiz eintrafen, hat die      wa der Wunsch nach sozialer Teilhabe oder
                                                                                                          brauchen, bitten wir Sie, ihn in Umlauf
 dezentral entstandene Online-Vernetzung            nach Begleitung für Behördengänge – aller
                                                                                                          zu bringen.
 bereits wunderbar funktioniert. Überall in         Beteiligten sind ausschlaggebend dafür, ob

                                                                                                                       Fluchtpunkt 98 August 2022       3
FLUCHTPUNKT - Schweizerische Flüchtlingshilfe
Bilanz Krieg in der Ukraine/Gastfamilien

Einzigartige Zusammenarbeit zwischen
­Behörden und zivilen Organisationen
Die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH) arbeitet seit dem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg
Russlands auf die Ukraine und der damit verbundenen Fluchtbewegung auch in die Schweiz eng
mit den nationalen und kantonalen Behörden zusammen. Im Mittelpunkt steht dabei die private
Unterbringung der zahlreichen ukrainischen Kriegsgeflüchteten. Das Bundesmandat für die direkte
Platzierung von ukrainischen Geflüchteten in Gastfamilien weist der SFH dabei eine zentrale Rolle
zu. Für Direktorin Miriam Behrens fällt die Bilanz über den Umgang der Schweiz mit den Geflüch­
teten aus der Ukraine und über das Gastfamilien-Angebot nach den ersten Monaten positiv aus.

Miriam Behrens, wie geht die Schweiz            Anspruchsgruppe Gastfamilien und diversen                     Sämtliche Lücken wurden umgehend durch
grundsätzlich mit den Auswirkungen des          neuen Prozessen konfrontiert, für die es noch                 freiwillige Angebote gefüllt. Ohne die gross-
Kriegs in der Ukraine um?                       keine regulären Abläufe gab. Ich finde, die                   zügige Hilfe der Bevölkerung wäre die Bilanz
Der Krieg hat die grösste Fluchtbewegung seit   Schweiz hat diese Herausforderung bisher                      deutlich schlechter.
dem Zweiten Weltkrieg ausgelöst. Der Bund       grossartig gemeistert, sie hat das wichtigste
aktivierte zum ersten Mal den Schutzstatus      Ziel, dass jede Person umgehend ein Dach                      Wie sieht die Bilanz für das Gastfamilien-­
S mit einem Online-Anmeldeverfahren. Zu-        über dem Kopf hat, mit vereinten Kräften                      Angebot aus?
dem wurde der Grossteil der Geflüchteten        und dank der fantastischen Solidarität in                     Die SFH hat das Bundesmandat zur Platzie-
privat untergebracht – im Juli wurden knapp     der Bevölkerung erreicht. Bei der weiteren                    rung Geflüchteter aus der Ukraine in Gastfa-
60 Prozent der Geflüchteten von Gastfami-       Versorgung hat es zu Beginn etwas geholpert,                  milien erhalten, weil sie über die notwendige
lien beherbergt. Die Behörden waren daher       aber dank guter Zusammenarbeit konnten                        Erfahrung und Expertise verfügt aus dem
gleich zu Beginn der Krise mit der neuen        Engpässe zügig beseitigt werden. Auch hier:                   entsprechenden Projekt während des Syri-
                                                                                                              enkriegs 2015 bis 2018. Der Projektstart war
                                                                                                              dennoch eine Herausforderung. Wegen der
                                                                                       © SFH/Baptiste Babey

                                                                                                              grossen Anzahl Geflüchteter konnten wir zu
                                                                                                              Beginn die eigenen Prozesse nicht einhalten,
                                                                                                              beispielsweise die Gastfamilien vor den Plat-
                                                                                                              zierungen zu besuchen. Mittlerweile erfolgen
                                                                                                              diese Vorabklärungen aber in den meisten
                                                                                                              Kantonen. Auch die Weiterbegleitung der
                                                                                                              Gastfamilien nach der Platzierung funktio-
                                                                                                              nierte am Anfang nur ungenügend. Wir ha-
                                                                                                              ben eine Hotline eingerichtet und Infomails
                                                                                                              versendet. Es braucht aber mehr. Inzwischen
                                                                                                              ist es uns gelungen, mit der Mehrheit der
                                                                                                              Kantone massgefertigte Lösungen zu finden.
                                                                                                              Das ist ein grosser Erfolg für die private
                                                                                                              ­Unterbringung im Asylwesen, der uns extrem
                                                                                                               freut!

                                                                                                              Einige Gastfamilien haben jedoch ihr En-
                                                                                                              gagement von Anfang an auf drei Monate
                                                                                                              begrenzt und möchten jetzt abschliessen.
                                                                                                              Das ist nachvollziehbar. Es ist eine starke
                                                                                                              Belastung, eng aufeinander zu wohnen, Kü-
                                                                                                              che und Bad zu teilen und die Belastung der
                                                                                                              Gäste durch den andauernden Krieg täglich
                                                                                                              mitzuerleben. Kulturelle Unterschiede, etwa
                                                                                                              in der Wertehaltung oder der Erziehung,

4   Fluchtpunkt 98 August 2022
FLUCHTPUNKT - Schweizerische Flüchtlingshilfe
können zudem zu Spannungen führen. Der               Wie sieht es bei der
Grossteil der Gastfamilien ist aber nach wie         Unterbringung und
vor aktiv, und es kommen auch neue dazu.             Betreuung der ukraini-
Die Unterbringung bei Privaten fördert die           schen Geflüchteten aus?
soziale Integration und den Spracherwerb.            Auch hier sehen wir
Gastfamilien unterstützen die Geflüchteten           Handlungsbedarf: Beide
zudem im A  ­ lltag, teilweise sogar bei der Stel-   Aufgaben sind in der Zu-
lensuche, und setzen sich für ihre Anliegen          ständigkeit der Kantone
ein. Dank ihnen sind die Geflüchteten gleich         und Gemeinden. Durch
in der Mitte der Gesellschaft.                       diese föderalistische
                                                     Organisation entstehen
Wissen wir über diesen positiven                     grössere Ungleichheiten,
­Integrationseffekt etwas aus dem vor­               etwa bei der Asylsozial-
 angehenden Gastfamilien-Projekt?                    hilfe, deren Ansätze per
 Unsere Auswertung hat damals ergeben, dass          se sehr tief sind. Das ist
 alle Gäste ihre Sprachkenntnisse verbessern         stossend. Auch bei der
 konnten. 41 Prozent haben eine Lehrstelle           Begleitung und Betreuung
 oder gar eine Stelle gefunden. 68 Prozent           von Gastfamilien sowie
 fühlten sich bei der Gastfamilie selbststän-        bei deren Entschädigung
 diger und fanden sich besser in der Schweiz         durch die Behörden wären
 zurecht. Und was uns besonders freute:              einheitliche Standards           Austausch mit Bundesrätin Karin Keller-Sutter am 8. Asyl­
 84 Prozent der Gastfamilien würden erneut           wünschenswert. Die Gast-         symposium diesen Mai in Bern. © SFH/Barbara Graf Mousa
 Geflüchtete bei sich aufnehmen! Es wäre aus         familien sind eine neue
 unserer Sicht wichtig, die Vor- und Nachteile       Klientel für die Sozialämter, und die private     Gemeinde oder ein Hilfswerk, der Austausch
 des Gastfamilienmodells im Vergleich zu den         Unterbringung bringt aus Sicht der Kantone        zwischen Gastfamilien und Schulungsange-
 anderen Unterbringungsformen eingehend              und Gemeinden nicht nur Vorteile, da die          bote stehen dabei im Zentrum. Gleichzeitig
 zu prüfen. Wir planen eine entsprechende            Geflüchteten vor allem bei ihrer Ankunft in       arbeiten wir daran, das Gastfamilienprojekt
 Studie.                                             Kollektivunterkünften effizienter betreut und auch für andere Flüchtlingsgruppen zu öffnen
                                                     informiert werden können.                         und zu etablieren. In einigen Kantonen, wie
Weshalb ist die intensive Betreuung der                                                                etwa Basel-Stadt, Waadt oder Schaffhausen,
Gastfamilien wichtig?                                Braucht es aus Sicht der SFH überhaupt            war das in den vergangenen Jahren möglich.
Für die Behörden ist es von Vorteil, die Gast-       Kollektivstrukturen?                              Andere Kantone denken nun in dieselbe
familien zu kennen und mit ihnen in Ver-             Ja. Gemäss dem Staatssekretariat für Migra-       Richtung. Diese Chance wollen wir nutzen.
bindung zu stehen. So lassen sich Probleme           tion müssen sich die Kantone bis Ende Jahr
und allfällige Wechsel frühzeitig erkennen.          auf rund 150 000 Geflüchtete vorbereiten. Die Gibt es in Europa vergleichbare Modelle
Die Gastfamilien brauchen ihrerseits Infor-          genaue Zahl hängt von der Entwicklung des         der privaten Unterbringung?
mationen. Sie kennen sich meist nicht aus            Krieges ab. Diese hohe Anzahl an Schutz-          Zwar gibt es in fast allen Ländern Gast­
im Asylwesen, sind aber täglich mit diesen           suchenden lässt sich auf die Dauer nicht mit      familien, die bei der Aufnahme der vielen
konfrontiert und haben viele Fragen dazu.            Gastfamilien bewältigen. Viele Kantone und        Geflüchteten aus der Ukraine helfen, es gibt
Das freiwillige Engagement muss zudem eine           Gemeinden mieten daher auch Wohnungen             aber vermutlich kein Land, wo die Behörden
Anerkennung finden. Eine gute Begleitung             für die Unterbringung. Das begrüssen wir.         so eng auf professioneller Ebene mit einer zi-
fördert die Kontinuität der Gastverhältnisse,        Es braucht aber noch mehr Platz. Selbst die       vilgesellschaftlichen Organisation zusammen-
und die Gastfamilien bringen eine Entlastung         bestehenden Kollektivstrukturen reichen           arbeiten. Die polnische Botschaft und das
für die Behörden.                                    nicht aus. Daher entstehen teilweise Contai­      Europabüro des UNHCR haben sich für das
                                                     nerdörfer und Zeltlager in Hallen. Das war        SFH-Gastfamilienprojekt interessiert, denn es
 Für welche Bereiche besteht                         bereits während der grossen Fluchtbewegung        ist in Europa in dieser Form einzigartig.
­Handlungsbedarf?                                    aus Syrien der Fall. Es bereitet uns Sorge, da
 Eine grosse Sorge ist die Rechtsungleichheit        es bei Kollektivstrukturen Mindeststandards       Interview: Barbara Graf Mousa,
 zwischen den verschiedenen Flüchtlings-             braucht, insbesondere wenn die Menschen           Redaktorin SFH
 gruppen, die durch den neuen Schutzstatus           über mehrere Monate in diesen Strukturen
 S entstanden ist. Diese wird nun im Auftrag         leben sollen.
 von Bundesrätin Keller-Sutter durch eine
 Expertengruppe geprüft. Auch die SFH wird            Was sind die Perspektiven für das               Weitere Informationen:
 konsultiert. Wir setzen uns insbesondere da-        ­Gastfamilienprojekt?                            • Community Building-Projekt auf Seite 3
 für ein, dass die vorläufige Aufnahme durch          Unser Ziel ist, die Gastfamilien in den kom-      und Bildungsangebote für Gastfamilien und
 einen positiven Schutzstatus ersetzt wird (vgl.      menden Wochen und Monaten zu stärken.             Freiwillige auf Seite 7 in dieser Ausgabe.
 Artikel auf Seite 8, Anm. d. Red).                   Eine gute Begleitung durch den Kanton, die      • www.fluechtlingshilfe.ch/gastfamilien

                                                                                                                     Fluchtpunkt 98 August 2022      5
FLUCHTPUNKT - Schweizerische Flüchtlingshilfe
«Würfle um dein Leben» heisst das neu entwickelte Spiel des SFH-Bildungsteams. Am Berner Stadtfest hat es Taufe und Test bestanden und faszinierte
Jung und Alt gleichermassen. Im Bild: Barbara Rödlach, Leiterin der SFH-Bildungsabteilung, erklärt die Spielregeln. © SFH/Barbara Graf Mousa

SFH-Bildung

Innovative Projekte und Kursangebote
im Wandel des Weltgeschehens
Projekttage und Weiterbildungen im Bereich Flucht und Asyl müssen stets am Puls des G   ­ eschehens
gestaltet sein. Kaum waren die Herausforderungen der Covid-19-Pandemie für die Bildungs­
angebote der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (SFH) gemeistert, stellte der Krieg in der Ukraine
die ­Innovationsfähigkeit des SFH-Bildungsteams erneut auf die Probe. Ein Überblick über die neuen
Aktivitäten für Gastfamilien und Freiwillige. Von Barbara Graf Mousa, Redaktorin SFH

Die Krieg in der Ukraine bewirkt unter an-        Zielgruppen und der Geflüchteten und pas-         Ohr und Auge bei der Bevölkerung
derem auch, dass zunehmend Geflüchtete in         sen unsere Angebote entsprechend an», sagt        Neben den Rückmeldungen der Kund*innen
Gastfamilien leben. Der gegenseitige Integ-       Barbara Rödlach, die das SFH-Bildungsteam         hat sich das SFH-Bildungsteam auch mit
rationsprozess ist dabei herausfordernd, aber     leitet. «So agieren wir innovativ, wie aktuell    einer Marktanalyse einen Überblick über die
nachhaltig und effizient wie die aktuellen        mit einem Pilotprojekt und mit neuen Kursen       Bedürfnisse im Bereich der Erwachsenen-
Rückmeldungen der Gäste und Gastgeben-            für Gastfamilien und für Freiwillige. Damit       bildung verschafft. Insgesamt wurden 1149
den sowie die Erfahrungen aus dem frühe-          reagieren wir auf die starke Solidaritätswelle    Adressen angeschrieben und 137 schriftliche
ren SFH-Gastfamilien-Projekt zeigen. Die          in der Schweiz gegenüber den ukrainischen         Interviews geführt. Erfreulicherweise bekun-
SFH setzt sich schon lange dafür ein, dass        Geflüchteten.» Das im April 2022 aus der          den Organisationen, welche bereits SFH-­
Schutzberechtigt ein der Mitte der Gesell-        Taufe gehobene SFH-Pilotprojekt Communi-          Weiterbildungsangebote genutzt haben, eine
schaft ihren Platz findenund am sozialen          ty Building ist Ausdruck einer solchen Inno-      überdurchschnittlich hohe Zufriedenheit.
und wirtschaftlichen Leben in ihrer neuen         vation. Es ist bei der SFH-Bildungsabteilung      Doch scheinen nicht nur die bestehenden
Heimat teilhaben können. Dabei nimmt das          angesiedelt und wird in dieser Ausgabe auf        Angebote beliebt zu sein, wie die Studie auf-
Bildungsteam der SFH eine wichtige Rolle          Seite 3 vorgestellt.                              zeigt. Denn offenbar stöbern über drei Viertel
ein: «Wir analysieren die Bedürfnisse unserer                                                       der Befragten auf der SFH-Website Themen

6   Fluchtpunkt 98 August 2022
FLUCHTPUNKT - Schweizerische Flüchtlingshilfe
auf, welche bei ihnen Interesse an entspre-
chenden Bildungsangeboten wecken. «Dieses              Weiterbildungen für                               Weiterbildung für Freiwilligen-­
Studienergebnis lässt auf ein gewisses Anwer-         ­Gastfamilien                                      Netzwerke
bungspotenzial schliessen», erklärt Barbara           Die SFH unterstützt Gastfamilien                   Im Rahmen des Community Building-Pro-
Rödlach. «Es lohnt sich, die Weiterbildungs-          auch mit über 60 kostenlosen Weiter­               jektes entstehen rund um Gastfamilien
angebote der Schweizerischen Flüchtlingshilfe         bildungen. Angedachte Themen sind:                 neue Freiwilligen-Netzwerke oder beste-
überall bekannt zu machen und vorhandene              • Transkulturelle Kompetenzen                      hende Netze entwickeln sich weiter. Das
Chancen, wie zum Beispiel das Berner Stadt-           • Migration und Trauma                             SFH-Bildungsteam bietet für Freiwillige
fest und das Bundeslager der Pfadfinder*in-           • Kenntnisse zum nationalen und                    und ihre Netzwerke kostenlos zwanzig
nen diesen Sommer dafür zu nutzen.»                      ­kantonalen bzw. kommunalen                     Weiterbildungskurse in den Themenbe-
                                                          ­A sylwesen                                    reichen Flucht und Asyl, Integration und
Aufklärung über Spiel                                 • Herkunftsländer-Info: Online-Kurs                soziale Teilhabe, Migration und Trauma
Nach dem Abflauen der Covid-19-Pandemie                    à drei Stunden                                sowie transkulturelle Kompetenzen an.
konnte das dreitägige Berner Stadtfest Ende
                                                       Interessierte finden demnächst auf der            Mehr Informationen:
Juni nach zweimaliger Verschiebung nun end-
                                                      ­SFH-Website www.fluechtlingshilfe.ch/             www.fluechtlingshilfe.ch/community-
lich durchgeführt werden. Tausende flanier­
                                                       gastfamilien aktuelle I­ nformationen.            building
ten trotz Regenschauern und Gewittern zwi-
                                                                                                         E-Mail:
schen den Ständen, nahmen da und dort ein
                                                                                                         community.building@fluechtlingshilfe.ch
Ohr voll Musik, verwöhnten sich kulinarisch.         Workshops für Pfadileiter*innen                     Telefonische Infoline:
Nicht wenige machten auch beim SFH-Stand             Eine weitere Möglichkeit zur Sensibilisie-          +41 (0)31 370 75 95 (Di 14–18, Do 9–13 Uhr)
Halt und «würfelten um ihr Leben». So heisst         rungsarbeit bietet sich dem SFH-Bildungs-
das neu konzipierte Spiel, das wie das «Leiter-      team aktuell im Bundeslager der Pfadfin-
li-Spiel» funktioniert (auch bekannt als «Leiter-    der*innen. 30 000 Jugendliche aus der ganzen        te, Verantwortung und wir». Die sogenannten
spiel» oder «Schlangen und Leitern») und die         Schweiz schlagen an diesem Grossanlass im           Pios und Rovers, das sind Jugendliche ab
Spielenden für die Stationen einer Flucht sen-       Kanton Wallis in der Region Goms ihre Zelte         15 Jahren, die eine Pfadigruppe leiten, sind
sibilisieren soll. «Vor allem die Familien liessen   auf. Sie üben sich nicht nur im Lageraufbau         das Zielpublikum: «Wir bieten ihnen die
sich dank der Kinder gerne auf eine Ausein-          und Outdoor-Leben, sondern widmen sich              Gelegenheit, mit unseren Mitarbeitenden,
andersetzung mit der Thematik ein», berichtet        auch gesellschaftlichen, ja weltpolitischen         die selbst geflüchtet sind, ins Gespräch zu
Anna Friedli von der SFH-Jugendbildung. «Wir         Themen wie dem Klimawandel und Diversität           kommen», erklärt Nadine Hagen, Verantwort-
sind zufrieden mit dem regen Betrieb und             oder Präventionsmöglichkeiten für ein friedli-      liche Jugendbildung im SFH-Bildungsteam.
den Rückmeldungen während des Einsatzes.»            ches gesellschaftliches Zusammenleben in ei-        «Die Jugendlichen erwerben nicht nur grund-
«Würfle um dein Leben» vermittelt über spie-         ner globalisierten Welt. Mittlerweile besuchen      legendes Wissen zur Thematik Flucht, Asyl
lerische Aktivitäten wichtige Hintergrundin-         auch viele Kinder von Geflüchteten die Pfadi.       und Integration, sondern erleben Geflüchtete
formationen; etwa, wenn es darum geht, einen         Wie sollen Pfadileiter*innen damit u ­ mgehen?      als Individuen mit ganz unterschiedlichen
Schlepper zu bestechen, um auf dem Spielfeld         Die Pfadibewegung Schweiz hat bei der              ­Geschichten.»
vorzurücken. Oder wenn die Spielenden in der         SFH-Bildung 22 Workshops in Deutsch und
Rolle eines neu aufgenommenen Asylsuchen-            Französisch bestellt zum Thema «Geflüchte-         www.fluechtlingshilfe.ch/bildung
den für den erfolgreichen Integrationsprozess
möglichst schnell Wörter in einer Fremdspra-
che lernen müssen – im Spiel sind das Spra-
chen wie Kisuaheli oder Kinyarwanda oder
Tamilisch. Der Freude an der spielerischen
Auseinandersetzung soll die Erkenntnis folgen,
wie schwierig der schnelle Spracherwerb für
geflüchtete Menschen aus solchen Herkunfts-
ländern sein muss. «Viele Besucher*innen
liessen sich nach dem Spiel gerne in ein vertief-
tes Gespräch verwickeln und teilten uns ihre
Beobachtungen und Sorgen zum Asylsystem
in der Schweiz mit», erzählt Anna Friedli. «Im
direkten Gespräch können wir Wissen vermit-
teln und Vorurteile klären und auf diese Weise
ohne Zeigefinger sensibilisieren. Wir weisen
darauf hin, dass eine Flucht in der Realität kein
Spiel ist. Den Einstieg in eine Sensibilisierung     Im Einsatz am Berner Stadtfest (von links nach rechts): Barbara Rödlach, Leitung SFH-Bildung,
über dieses Würfelspiel erachten wir als wir-        ­Hakeem Sayaband und Désiré Nsanzineza, Mitarbeitende Bildungsprojekte und Anna Friedli,
kungsvoll und vertretbar.»                            ­Co-Verantwortliche Jugendbildung. © SFH/Barbara Graf Mousa

                                                                                                                      Fluchtpunkt 98 August 2022       7
FLUCHTPUNKT - Schweizerische Flüchtlingshilfe
SFH-Akzente

Alle Vertriebenen haben den gleichen
Schutzbedarf
Die grosszügige Regelung zur Aufnahme von Geflüchteten aus der Ukraine ist so bemerkenswert
wie richtig. Sie offenbart aber auch die ungleichen Rechte anderer Menschen, die vor Krieg und
­Gewalt fliehen. Die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH) setzt sich deshalb für die Schaffung eines
 ­neuen Schutzstatus ein, der Rechtsgleichheit schafft. Von Peter Meier, Leiter Direktionsstab Politik & Medien

                                                  Geflüchteten unterschiedlicher Herkunft, die            rium, wodurch ihre Integration und Teilhabe
                                                  sich dadurch offenbart.                                 erschwert, Selbstständigkeit behindert und
                                                      Davon betroffen sind vorab Kriegs- und              Sozialhilfeabhängigkeit begünstigt wird. Der
                                                  Gewaltvertriebene aus anderen Ländern als               Politik sind die gravierenden Folgen für alle
                                                  der Ukraine – etwa Syrien, Afghanistan,                 Beteiligten längst bewusst. Dennoch blieben
                                                  Jemen, Somalia. Die allermeisten von ihnen              alle Reformen der letzten 20 Jahre unzuläng-
                                                  werden mit dem Ausweis F vorläufig auf-                 lich. Die sinnvolle Ausgestaltung des Status
                                                  genommen. Anders als der S-Status ist die               S zeigt jetzt die Defizite der vorläufigen Auf-
                                                  vorläufige Aufnahme aber kein Schutzstatus,             nahme deutlicher denn je. Der F-Status ist
                                                  nicht einmal ein selbstständiger aufenthalts-           ein Relikt aus dem letzten Jahrhundert, das
                                                  rechtlicher Status. Sie ist nur eine Ersatz-            es sonst nirgends in Europa gibt – überholt in
                                                  massnahme für eine nicht durchführbare                  Ausrichtung und Ausgestaltung.
                                                  Wegweisung nach negativem Asylentscheid                     Die Ungleichbehandlung von Vertrie-
                                                  – damit wird lediglich der Vollzug ausgesetzt.          benen unterschiedlicher Herkunft ist nicht
                                                  Anders als bei den Vertriebenen aus der Uk-             haltbar. Leidensdruck und Schutzbedarf sind
                                                  raine ist demnach nicht der Schutzbedarf der            bei allen gleich. Sie brauchen bei uns nicht
                                                  Betroffenen ausschlaggebend für den Umgang              nur ein Dach über dem Kopf, sondern gleiche
                                                  mit ihnen, sondern deren nicht vollziehbare             Rechte: rascher Familiennachzug, Reisefrei-
Eine afghanische Geflüchtete plädiert am          Wegweisung.                                             heit, ausreichende finanzielle Unterstützung,
8. Asylsymposium in Bern für einen besseren                                                               Zugang zu Arbeit und Integrationsmassnah-
Schutz mit mehr Rechten.                          Relikt aus der Vergangenheit                            men. Das muss für alle Geflüchteten gleicher-
© SFH/Barbara Graf Mousa
                                                  Das hat prekäre Folgen für ihren Aufenthalt:            massen gelten, sobald ihr Schutzbedarf aner-
                                                  Vorläufig Aufgenommene sind hierzulande                 kannt ist und solange sie nicht in ihre Heimat
Die erstmalige Anwendung des Schutzstatus         bestenfalls geduldet, ihnen werden nur ein-             zurückkehren können. Daher setzt sich die
S für Kriegsvertriebene aus der Ukraine hat       geschränkte Statusrechte gewährt, Reisen ins            SFH für die Schaffung eines neuen humanitä-
hierzulande eine öffentliche Debatte ausge-       Ausland sind ihnen grundsätzlich untersagt,             ren Schutzstatus ein, der den F-Status ersetzt
löst. Nicht über die ungewöhnlich kulante         der Familiennachzug ist an Wartefrist und               und Rechtsgleichheit schafft. Es ist höchste
Ausgestaltung des S-Status und den progres-       strenge Auflagen geknüpft. Anspruch auf eine            Zeit dafür – die positiven Erfahrungen mit
siven Umgang mit den Schutzbedürftigen.           Aufenthaltsbewilligung haben sie nicht – und            der grosszügigen Aufnahme der Geflüchteten
Beides ist völlig richtig und breit akzeptiert.   damit auch keine sichere Bleibeperspekti-               aus der Ukraine weisen den Weg.
Auf wachsendes Unverständnis stösst viel-         ve. Trotz längerfristigem Aufenthalt in der
mehr weitherum die Ungleichbehandlung von         Schweiz verbleiben sie so im Dauerproviso­              www.fluechtlingshilfe.ch/neuer-schutzstatus
                                                                                                                                                                         Hergestellt aus 100% Recycling-Papier

                                                  Impressum                                               Der Fluchtpunkt erscheint viermal jährlich für Spenderin-
                                                  Verlag und Herausgeberin «Fluchtpunkt»:                 nen und Spender der Schweizerischen Flüchtlingshilfe. Der
                                                  Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH)                   Abo-Beitrag von 5 Franken ist im Spendenbetrag inbegriffen.
                                                  Weyermannsstrasse 10, Postfach, 3001 Bern
                                                  Tel. 031 370 75 75, E-Mail: info@fluechtlingshilfe.ch   Auflage dieser Ausgabe: 33 800
                                                  Internet: www.fluechtlingshilfe.ch
                                                                                                          Redaktion: Barbara Graf Mousa (verantwortlich),
                                                                                                          Miriam ­B ehrens, Lucie Engdahl, Anna Friedli, Nadine Hagen,
                                                                                                          Oliver Lüthi, Peter Meier, Seraina Nufer, Barbara Rödlach,
                                                              Spendenkonto: PC 30-1085-7
                                                                                                          Siméon Seiler / Übersetzungen: Andréane Leclercq, SFH und
                                                              Ihre Spende                                 Sabine Dormond, Montreux / Layout: Baptiste Babey /
                                                              in guten Händen.                            Druck: rubmedia AG, Wabern/Bern

8   Fluchtpunkt 98 August 2022
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