www.aaku.ch Juni 2018 Nr. 16 - Aargauer Kulturmagazin
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www.aaku.ch Juni 2018 Nr. 16 EINBEZIEHUNG Das gewohnt schräge Figura Theater- festival in Baden bietet Kultur für alle EINBLICK Szenekenner Leo Niessner im Interview zur hiesigen Musikindustrie EINZIGARTIG Der Boswiler Sommer besticht durch seine Klassik und Atmosphäre
DI. 15. MAI 2018 HAMLET ALTE REITHALLE, AARAU MI. 16. MAI 2018 KING CHARLES III ALTE REITHALLE, AARAU MO. 22. OKT 2018 VATER MI. 14. NOV 2018 LEHMAN BROTHERS — AUFSTIEG UND FALL EINER DYNASTIE DO. 29. NOV 2018 CAFETERIA DI. 11. DEZ 2018 TOD EINES HANDLUNGSREISENDEN MO. 14. JAN 2019 EIN BRAUTKLEID AUS WARSCHAU DO. 14. FEB 2019 DIE MAUSEFALLE MI. 27. FEB 2019 URSUS & NADESCHKIN DO. 28. FEB 2019 URSUS & NADESCHKIN FR. 1. MÄR 2019 URSUS & NADESCHKIN DI. 26. MÄR 2019 THE WHO AND THE WHAT NÄHERE ANGABEN ZU DEN EINZELNEN VORVERKAUF EINZELKARTEN IN STÜCKEN UNTER: DER ALTEN REITHALLE: www.theatergemeinde.ch www.tuchlaube.ch oder aarau info, Metzgergasse 2, 5000 Aarau VORVERKAUF EINZELKARTEN IM ABO-BESTELLUNG BIS KUK AB 1.9.2018: 31. JULI 2018 AN: www.theatergemeinde.ch oder Ursula Lehner aarau info, Metzgergasse 2, 5000 Aarau Delfterstrasse 38, 5004 Aarau Tel. 062 834 10 34 oder Tel. 062 822 28 77 oder mail@aarauinfo.ch abo@theatergemeinde.ch Istvan Balogh «Konfabulation» Kunstraum Baden 29. April bis 7. Juli 2018 Haselstrasse 15, 5400 Baden, Eingang: Bahnhof West – Toreinfahrt Regionalwerke +41 56 200 84 48, kunstraum@baden.ch, wwwkunstraum.baden.ch Öffnungszeiten: Mi bis Fr 14-17 Uhr, Sa & So 12-17 Uhr, Eintritt frei
Herausgegeben von der IG Kultur Aargau Juni 18 Aargauer Kulturmagazin Editorial Gelebte Vielfalt «Unus pro omnibus, omnes pro uno» – das berühmte Zitat aus Alexandre Dumas’ «Die drei Musketiere» ist so etwas wie das traditionelle Motto der Schweiz. Schliess lich steht es auf der Glaskuppel des Bundeshauses. Einer für alle, alle für einen, also. Einfacher gesagt als getan, denn in einer pluralistischen Gesellschaft bedarf es dafür einer offenen Haltung gegenüber vermeintlich fremden Perspektiven. Es bedingt Philippe Neidhart Solidarität und Respekt. Kulturelle Beiträge sind ein geeignetes Mittel, um das Anders Redaktor artige zu thematisieren, das Unangepasste in den Fokus zu rücken und Lust auf philippe.neidhart@aaku.ch Toleranz zu schaffen. Ein gutes Beispiel hierfür ist das Label «Kultur inklusiv» – damit zeigen Veranstalter* innen, dass sie für einen möglichst hindernisfreien Zugang zu ihren Angeboten stehen und sich für die kulturelle Teilhabe aller Menschen einsetzen – auch jenen mit Beein trächtigung. Zum ersten Mal trägt das vom 12. bis 17. Juni auf den Badener Strassen und Bühnen stattfindende Theaterfestival Figura dieses Label und verstärkt damit den Fokus auf das Publikum. Auf den folgenden Seiten erfahren Sie von Kristin T. Schnider, welche Darbietungen Sie auf keinen Fall verpassen sollten. Das Motto der Musketiere haben sich auch die Aargauer Festivalveranstalter*innen zu Herzen genommen und ein Forum für verstärkte Zusammenarbeit ins Leben gerufen. Durch die Vernetzung kann ein individuelles Programm auf die Beine gestellt und dafür gesorgt werden, dass für jede*n etwas Passendes dabei ist. An dieser Stelle sei ein Dank an die unzähligen freiwilligen Helfer*innen ausgesprochen, die Jahr für Jahr unzählige Stunden Arbeit auf sich nehmen, um für unvergessliche Momente zu sorgen. Weshalb solche nichtkommerzielle Festivals für lokale Bands wichtig sind, erfahren Sie im Interview mit dem Musiker und Szenekenner Leo Niessner im Magazin teil dieses Hefts. In diesem Sinn: Lassen Sie sich auf das Ungewohnte ein, wagen Sie einen Blick über den Mainstreamtellerrand, und geniessen Sie die Vielfalt der Aargauer Kultur.
ODEON BRUGG VORSCHAU HERBST: VORSCHAU das Kulturhaus beim Bahnhof 21.09.2018 Taubitz/Dobler Swing Quar- CINEMA BÜHNE BAR Sommeröffnungszeiten HERBST tett 22.09.2018 Crazy Diamond Info 056 450 35 65 Vorverkauf Mo – Do 17.30 – 23 Uhr Tickets Mo – Fr ab 13 Uhr Freitag 17.30 – 24 Uhr 19.10.2018 The Creole Clarinets odeon-brugg.ch Sa + So ab 10 Uhr Samstag 14 – 24 Uhr Sonntag 14 – 21 Uhr 02.11.2018TAUBITZ/DOBLER 21.09.2018 20 Jahre Salzhaus Special SWING QUARTETT Concert CRAZY DIAMOND 22.09.2018 23.11.2018THE 19.10.2018 Wawau Adler CREOLE Group Sandor CLARINETS Roy 02.11.2018 20 JAHRE SALZHAUS SPECIAL OdeOn 30.11.2018CONCERT 8 x 15, 8 Bands je 15 Minuten 23.11.2018 WAUWAU ADLER GROUP SANDOR ROY garten Wir eröffnen unseren Garten und laden Sie 30.11.2018 8 x 15, 8 BANDS JE 15 MINUTEN herzlich ein, mit uns den Sommer zu geniessen. KonFi tenSMann KolleKte www.salzhaus-brugg.ch 27.05 Wahrscheinlich die romantischste kalifornisch- 19 Uhr zürcherische Americana-Band der Schweiz denniS KiSS & the SleeperS KolleKte 08.06 Frisches Indie Folk Quintett aus Baden, 20 Uhr nun mit neuer EP im Gepäck hinterWäldler KolleKte 10.06 Singen drüstimmig Country und Folksongs, aber 15 Uhr uf Mundart. Herzschmerz, Schnaps und Vieh Aarauerstrasse 26 I 5200 Brugg VeSte KolleKte 16.06 Ist das Resultat von Singer-Songwritertum mit 20 Uhr Synthklängen, Drummachines und Reduziertheit WM: SchWeiz–braSilien WOR LD eintritt Frei 17.06 Bei schönem Wetter im Garten auf der Leinwand mit feinem Mojito 20 Uhr «BAHUR GHAZI‘S PALMYRA BIDAYA» WM: SchWeiz–Serbien eintritt Frei So 03. Juni | 19 Uhr 22.06 Bei schönem Wetter im Garten auf der Leinwand mit kühlem Sliwowitz 20 Uhr Mit «Bidaya» verbinden Bahur Ghazi und sein helveti- WM: SchWeiz–coSta rica eintritt Frei sches Quartett sagenhafte Antike und schmerzliches 27.06 Bei schönem Wetter im Garten auf der Leinwand mit erfrischendem Daiquiri 20 Uhr Heute zu beeindruckenden Klanglandschaften – stets mit einem hochaktuellem Bezug, der weit über die ten- Plat fe Sheep on the Moon KolleKte althergebrachten Klischees von 1001 Nacht hinaus- taU 30.06 Die Songs von Sheep on the Moon oszillieren zwischen Americana, Folk, Blues und Rock. 21 Uhr weist. www.dampfschiff brugg.ch Hol dir deinen kostenlosen World-Drink! OdeOn air Ausschneiden und mitbringen! (gültig am 03.06.18) www.facebook.com/dampfschiff kultur 7. – 22.Juli 2018 FILMPERLEn KUNST & APÉRO KuLInARIK GARtEn-BEIz JEDEN DONNERSTAG 16.45 – ca. 21.45 Uhr Aarauerstrasse 96a CH-5200 Brugg galerie@immaginazione.ch BEGEGNUNGEN, www.immaginazione.ch KUNST UND SEIN
Herausgegeben von der IG Kultur Aargau Juni 18 Aargauer Kulturmagazin Inhalt VORSCHAU Figura für alle 6 Das Theaterfestival Figura präsentiert auf den Badener Bühnen, Plätzen und Strassen gesellschaftspolitische Stücke mit Publikumsfokus MAGAZIN 20 Weshalb die meisten Menschen Mainstreammusik hören und wo die Digitalisierung für junge Bands eine Chance bieten kann Der Musiker, Journalist und Labelgründer Leo Niessner (Bild) spricht im Interview über die Vorzüge von kleinen Festivals und die Kommerzialisierung in der hiesigen Musikbranche. Boswiler Sommer 9 Sanfte Wechselwirkung zwischen Natur und Konzertraum «Das Leben ist kein Ponyhof» 9 Der Schweizer Generalstreik im Kunstmuseum Olten Wütend-melancholische Sensation 10 Das Friends Fest im Kiff in Aarau Musizieren mit Freund*innen 10 Die 13. Ausgabe des SOLsberg-Festivals zelebriert die Kammermusik Ein Feuerwerk pianistischer Virtuosität 11 Tigran Hamasyan im Badener Merker-Areal 24 Aargauer Festivalforum Lukas Renckly über die regionale Festivalkultur «Atmosphären III» 11 Musikalische Collage in neun Teilen von Stephan Diethelm 25 Hier spielt die Musik Die Aargauer Festivals im Überblick Pädagogisches Tanzprojekt 12 «Kopfüber» in der Klosterkirche Königsfelden 26 Olga Tucek Kolumne Monumentalwerk der Weltliteratur 12 Lesung und Gespräch mit Péter Nádas im Aargauer Literaturhaus 26 Backstage Von Patti Basler Familienseite 13 27 Das Objekt Kultursplitter 15 Sammlerstücke von Rudolf Velhagen Filmtipps 17 27 Arashs Welt Kolumne Hörtipps 18 28 Tour de Kaff Lesetipps 19 Nächster Halt: Murgenthal AGENDA 30 Kultur im Aargau auf einen Blick Veranstaltungen im Juni Cover: «Sweet Home, sans états dʼâme» von Théâtre La Licorne. Foto: Christophe Loiseau
TEXTE KRISTIN T. SCHNIDER | FOTO ANSSI JOKIRANTA Alles inklusive BÜHNE Sechs Tage lang gehört Baden den 36 Inszenierungen des Figura Theaterfestivals mit Highlights aus der nationalen und internationalen Figurentheaterszene. Neu ist, dass mit dem Label «Kultur inklusiv» der Einbezug von Menschen mit Beeinträchtigungen verstärkt wird. Im Juni entfaltet sich auf Strassen und Bühnen die lebhafte zieht ein leiser Hauch des Makabren das Programm des Pracht einer Theaterform, die sich weit hinausgehend über diesjährigen Festivals. Seite an Seite mit heiteren Stücken den «Chaschperli», mit dem sie noch allzu oft assoziiert wird, sind Aufführungen anzutreffen, die nicht minder verspielt schon immer einer breiten Öffentlichkeit zugewandt hat, un existenzielle Fragen nach Zugehörigkeit, Flucht, Macht und abhängig von Alters- oder jeder anderen «Klasse». Stimmig Manipulation nahebringen und so den Anspruch, dass Thea also, dass ein Amuse-Bouche als Hinweis auf kommende ter auch gesellschaftspolitisch anregend sein soll, erfüllen. Theaterfreuden bereits auf dem Badener Samstagsmarkt am Der dem Festival eigene und schon immer gewichtige Fokus 9. Juni aufgetischt wird. An einem der Marktstände wird eine aufs Publikum wird durch verstärkte Inklusivität erweitert: verrückte Metzgerfamilie – es sind die Baculs der belgischen Niemand soll wegen einer Beeinträchtigung von der Teil Gruppe Pikz Palace – ihre bizarre Ware unzimperlich vor Ort nahme am Kulturgenuss, der doch zum «normalen» Leben mundgerecht herrichten und verkaufen. Überhaupt durch zählt, ausgeschlossen sein. 6
Herausgegeben von der IG Kultur Aargau Juni 18 Aargauer Kulturmagazin Vorschau «Meet Fred» FIG UR A Was, bitte, heisst denn ER THE AT hier «normal»? AL FE S TIV den a Juni in B Die inklusive Theatergruppe Hijinx aus Wales 12.–17. t al.ch iv ura -fes bringt in Zusammenarbeit mit dem Figurenthea- w w w.fig ter Blind Summit die kauzige, schnauzige, aber unglaublich liebenswürdige Stoffpuppe Fred in Schwierigkeiten. Aus einer Schachtel geholt und sorgfältig aufgestellt steht er da. Im Rampenlicht. Er weiss, er ist eine Puppe. Er heisst Fred, und was jetzt beginnt, ist seine Show. Aber eigentlich möchte er ein ganz normaler Typ sein, einer mit einem Job und einer Freundin. Für eine nackte Puppe ohne Gesicht ist das schon schwierig genug. Als Fred befürchten muss, dass seine Puppenzusatzleistungen reduziert werden, gerät seine Welt völlig aus den Fugen, denn das heisst, dass einer seiner drei Puppenspieler ausfallen würde und Fred sich nicht mehr richtig bewegen könnte. Hijinx, eine Gruppe von Schauspieler*innen mit und ohne Beeinträchtigungen, hat zusammen mit Blind Summit das Stück «Meet Fred» auf der Basis der japanischen Bunraku-Puppenspieltechnik entwickelt, in der die Puppe von drei sichtbaren Spie ler*innen bewegt wird. Fred und seine menschlichen Mitspieler*innen stellen mit viel Schalk und Getöse, aber auch sehr leisen Zwischentönen so spielerisch wie gnadenlos existenzielle Fragen in den Raum. BADEN Alte Schmiede Di, 12. Juni, 20.30 (Festivaleröffnung) Mi, 13. Juni, 21 Uhr Existenziell: Ohne Puppenspieler*innen kein Fred. Foto: Tom Beardshaw 7
Vorschau Juni 18 Aargauer Kulturmagazin «Weisst du was? Dann tanze jetzt!» Und wir tanzen alle für das liebe Leben Sie tanzt den Tanz aller Kreaturen, die kleine Grille in ihrer Not. Unter dem strengen Blick der Ameise stellt sie sich für ein Krümelchen Brot buchstäblich auf den Kopf, denn vor lauter Singen und Zirpen hat sie vergessen, für den Win ter vorzusorgen. Wird sich die Ameise erweichen lassen? Ilka Schönbein inszeniert mit ihrer Umsetzung und Erweiterung der Fabel von der fleissigen Ameise und der verspielten Grille in ihrer unnachahmlichen Art den Tanz ums nackte Leben. Steppen und zappeln wir nicht alle, um jenen zu gefal len, von denen wir abhängig sind? Vom Fisch im Netz über das Küken in der Masthuhnanlage bis hin zur Schnecke, die mehr als eine feuchte Spur hinterlassen möchte, tanzt jede Kreatur auf ihre eigene Weise um die Existenz, sagt Schönbein und nimmt sich selbst nicht aus. Und wie sie tanzt, die Puppenspielerin und Schöpferin ihrer Figuren, mit denen sie gemeinsam um die Gunst des Publikums buhlt, um des Überlebens willen: Nur eine Minute noch, noch eine kleine Ewigkeit, nochmals, nochmals … BADEN Nordportal Mi, 13. Juni, 20 Uhr Tanzen um des Überlebens willen: Figurenspielerin Ilka Schönbein mit ihrer Puppe. Foto: Marinette Delanne «Much Ado about Nothing» Wie kann man denn noch Shakespeare spielen! Der katalanische Künstler David Espinosa interessiert sich viel mehr für die Möglichkeiten des Theaters jenseits der traditionellen Erzählweise als für die Klassiker. Aber Shake speare ist dennoch einer der grössten Theaterautoren, und auf kaum einen anderen wird so oft verwiesen wie auf ihn. Warum also nicht gleich sein Gesamtwerk aufführen? Espinosa erweist ihm die Ehre mit Hunderten von Spiel-, Action- und Tierfiguren, deren Schatten in einem deliriösen Spiel von Lichteffekten, Musik und Geräusch über die Wände tanzen und das Publikum in das shakespearesche Univer sum mit seinen grossen und zeitlosen Erzählungen von Liebe, Leidenschaft, Begierde, Krieg und Tod entführen. BADEN Druckerei Mi, 13. Juni, 17 Uhr Do, 14. Juni, 18.30 Uhr Deliriös: Shakespeares Gesamtwerk in 50 Minuten. 8 Foto: David Espinosa
Juni 18 Aargauer Kulturmagazin Vorschau Ein Sommer ohne Sorgenfalten KLASSIK Um ein schönes Motto ist der Boswiler und viele weitere Mitstreiter*innen werden das Boswiler Sommer nie verlegen. Der diesjährige lockt mit Motto «Sans Souci» mit Werken unter anderen von Zem «Sans Souci». linsky, Pärt, Bach, Friedrich dem Grossen, Schumann, Beethoven und den Beatles (!) so verlebendigen, dass sich Fehlt einem nicht etwas bei diesem «Sans Souci»? Stünde man im Park von Potsdam ganz bestimmt. Dann hätte man Sanssouci vor Augen, das Sommerschloss des preussischen Königs Friedrich II. Im Juli werden wir uns aber nicht in Potsdam, sondern in Boswil befinden. Dort gibt es keinen Park, dafür die Alte Kirche und so viel Umschwung, dass einem «Erwa chen heiterer Gefühle bei der Ankunft auf dem Lande» nichts im Wege steht. Dazu passt das Motto «Sans Souci» ausgezeichnet, verheisst es doch eine vom Landleben und von Sorgen freiheit inspirierte Musik. Und wir, die wir sie hören, lassen uns von ihr gerne bezaubern. Nicht zuletzt deshalb, weil wir hoffen, dass un sere Sorgenfalten im Gesicht verschwinden und einer wolkenlosen Heiterkeit Platz machen. Wo beginnen? Mit «Walk & Wonder». Von 9 bis 17 Uhr darf man wandern und sich wundern – zum Beispiel über das musikalische Der junge albanisch-griechische Geiger Intermezzo in der Klosterk irche oder bei den Jonian-Ilias Kadesha beglückt den Boswiler Sommer. zvg einstigen Strohbaronen in der herrschaftlichen Villa Isler in Wohlen. Wundern darf man sich aber auch weiterhin; etwa über die Festival Artists Sophie wohl das einstellt, was Andreas Fleck, Leiter des Boswiler Klussmann (Sopran) und Jonian-Ilias Kadesha (Violine). Sind Sommers, anstrebt: «Die Klänge im Konzertraum und die Sie jetzt förmlich elektrisiert? Dann denken Sie sicher an das Natur draussen gehen eine sanfte, aber unwiderstehliche letztjährige Konzert mit Astor Piazzollas «Die vier Jahres Wechselwirkung ein, die das Erleben von Konzerten zu ein zeiten». Da agierte der albanisch-griechische Musiker als zigartigen Geschehnissen werden lassen.» Von Elisabeth Feller «Teufelsgeiger», der jede Klangschattierung ausnutzte – vom klappernden, kratzenden Geräusch bis zur gesang lichen Melodielinie. Dass er auch ganz anders kann, bewies BOSWIL Künstlerhaus Kadesha mit einer ergreifend schlichten Bach-Zugabe. Er Boswiler Sommer: 30. Juni bis 8. Juli «Das Leben ist kein Ponyhof» KUNST Wir schreiben das Jahr 1918, die Schweiz steht am Rande des Bürger- kriegs – die Lebensmittel sind knapp, die Löhne tief. Der Führungsstab der Arbeiter- schaft, das Oltener Aktionskomitee, ruft den Generalsteik aus. Ausgehend vom 100-Jahr-Jubiläum dieses prägenden Ereignisses beschäftigt sich die Sommer ausstellung «Das Leben ist kein Ponyhof» mit dem Bezug der Kunst zur Arbeit, der industriellen Fertigung und des Handwerks. Dabei werden Projekte von zeitge nössischen Kunstschaffenden mit Werken aus der Sammlung kombiniert. phn OLTEN Kunstmuseum Vernissage: Sa, 2. Juni, 18.30 Uhr Bis 19. August Rudolf Maeglin (1892–1971): Chemiearbeiter, o. J., Lithografie, Kunstmuseum Olten 9
Vorschau Juni 18 Aargauer Kulturmagazin Freude herrscht! Modern Life Is War spielen eines ihrer äusserst seltenen Konzerte – in Aarau. zvg Ein Fest für Freunde SOUNDS Ein Tag, drei Bühnen und über zehn Feiern, dass Modern Life is War mit eindringlichen Texten, Bands – das Friends Fest im Kiff geht in die düsteren Melodien und Punkattacken als Headliner am vierte Runde. Mit dabei sind hochkarätige Gäste Friends Fest im Kiff aufspielen werden. aus allen Ecken der Welt und des Kantons. Doch damit nicht genug: Die Veranstalter von Rüebliland Hardcore haben sich mächtig ins Zeug gelegt und präsentie Da bahnt sich eine kleine Sensation an. Eine wütend-melan ren während des ganzen Tages ein Lineup der Spitzenklasse. cholische Sensation in Form von Modern Life Is War. Gut und Die im japanischen Osaka beheimateten Crossfaith werden gerne kann man sie als Ikonen des (Post-)Hardcore bezeich mit ihrem Mix aus mächtigen Gitarrenwänden und Trance nen, liessen sich doch etliche Bands aus diesem Genre von jegliche Genremauern einreissen – ausgefallen, extrem und ihrem Sound inspirieren. Nur zu sehen bekommt man die einzigartig. Oben drauf gibt es im Foyer und im Aussenbe fünf Jungs aus Iowa äusserst selten. Nicht nur, weil sie sich reich eine Menge lokaler Bands zu sehen, und natürlich ist 2008 auflösten und erst fünf Jahre später überraschend mit für veganes Essen gesorgt. Von Philippe Neidhart einer neuen Scheibe zurückmeldeten. Nein, auch Europa- touren und Konzerte im Allgemeinen waren und sind noch immer eine Rarität. Deshalb ist es durchaus ein Grund zum AARAU Kiff, So, 17. Juni, ab 16 Uhr Einmal mehr geht in Olsberg die Sonne auf KLASSIK Das kleine Olsberg ist für ein erlesenes Kammer musikfestival wie geschaffen: SOLsberg findet dieses Jahr zum 13. Mal statt. Einmal etwas länger an einem ruhigen, schönen Ort verweilen und dort Kraft tanken, um danach im hektischen Konzertalltag bestehen zu können – ein Traum für weltweit auftretende Klassikstars. Die argentinische Cellistin Sol Gabetta hat sich diesen Traum in der kleinen, dem Aargau wie dem Baselland ebenso nahen Gemeinde Olsberg erfüllt. 2006 ging dort das erste SOLsberg Festival Cellistin und Gastgeberin: Sol Gabetta. Foto: Julia Wesely über die Bühne und zog sofort ein grosses, kammermusik begeistertes Publikum von nah und fern an. Überwiegend finden die Veranstaltungen zwar in der Klosterkirche Olsberg Sharon Kam, der Cellist Ivan Monighetti und das Schumann statt, doch das St. Fridolinsmünster im deutschen Bad Quartett zählen, werden dem Publikum präsentieren, was Säckingen sowie die Stadtkirche Rheinfelden werden ebenso sie auf ihrer Perlensuche gefunden haben – Werke unter an berücksichtigt: auch sie wunderbare Spielstätten, in denen deren von Anton Arensky, Benjamin Britten, Franz Schubert, Konzerte stattfinden, die so wundersame Titel tragen wie Gabriel Fauré und Robert Schumann: Auf dass am Festival zum Beispiel «Widmungen an Freunde», «Melancholische zum 13. Mal die Sonne (Sol) aufgehen möge. Von Elisabeth Feller Heiterkeit» oder «Liebliche Sinfonie». Sol Gabetta und ihr Freundeskreis, zu dem etwa der Pianist Bertrand Chamayou, die Geigerin Veronika Eberle, OLSBERG Klosterkirche der Oboist und Komponist Heinz Holliger, die Klarinettistin SOLsberg Festival, 8.–24. Juni, www.solsberg.ch 10
Juni 18 Aargauer Kulturmagazin Vorschau Klavier derwisch aus Armenien SOUNDS Jazz sei amerikanische Musik? Das war einmal. Heute stürmen hoch ausgebildete Musiker*innen aus aller Welt die Bühnen. Und sie haben etwas zu sagen: zum Beispiel der 30-jährige armenische Pianist Tigran Hamasyan. Wenn sich Tigran Hamasyan ans Klavier setzt, ist fast alles Ein Feuerwerk: Die Musik von Tigran Hamasyan. zvg möglich, immer aber gilt: Es ist ein Feuerwerk an pianistischer Virtuosität zu erwarten, eine flamboyante Performance zwi schen Jazz, Rock und armenischen Rhythmen und Melodien. Die wirkliche Heimat von Hamasyan ist wahrscheinlich Tigran Hamasyan stammt aus Gjumri, 120 Kilometer von das Klavier. Es ist der Ort, wo er sich selber sein kann, wo Jerewan entfernt, der armenischen Hauptstadt. Als er ein er sich austoben kann und der ihm zugleich Kraft gibt, ein Jahr alt ist, verwüstet ein Erdbeben seine Stadt; seit seiner Hort der Sicherheit und des Vertrauens. Und wir Zuhörer*in Kindheit lebt Armenien im Krieg mit dem Nachbarn Aser nen spüren das, man fühlt sich wohl in Tigran Hamasyans baidschan, es ist eine Kindheit im Ausnahmezustand. Aber musikalischer Welt, er holt uns ab in unseren unterschied überall ist Musik, die Grossmutter singt Volkslieder, der Vater lichen Hörgewohnheiten und führt uns an neue Orte, wo es hört Classic Rock, und ein Onkel spielt Bebop. Und Tigran unerheblich ist, ob die Musik Jazz oder Rock oder Crossover mittendrin lernt Klavier. genannt wird. All das ist auch heute in seinem Spiel zu hören, die Mit dem Konzert im wunderbaren Merker-Innenhof ist armenische Tradition, die furiose Kraft von Black Sabbath dem Veranstalter Kulak eigentlich ein Geniestreich gelun und Deep Purple, die glitzernde Artistik von Charlie Parker. gen; das Wetter wird mitspielen, da sind wir uns sicher, es Dazu allerdings hat Tigran Hamasyan viel Eigenes hinzu kann gar nicht anders! Von Beat Blaser gefügt, Musik, die seine Biografie reflektiert: Aus den Trüm mern von Gjumri nach Jerewan, mit sechzehn in die USA, nach Paris, wieder nach New York und seit er knapp erwach BADEN Innenhof Merker-Areal sen ist, als Ausnahmetalent konstant auf Tournee in vier Fr, 8. Juni, 21 Uhr Kontinenten. Atmosphärische Collage KLASSIK 1998 und 2008 schrieb Stephan Diethelm für das 10- bzw. 20-Jahr-Jubiläum des Kantiforums Wohlen die Musikcollage «Atmosphären». 120 Aufführende verwirk lichten Diethelms Vision einer musizierenden Schule. 2018 – eine Dekade später – wird der dritte Teil gefeiert: «Atmosphären III» mit Schüler*innen und Lehrer*innen der Kantonsschule. Der Schlagzeuglehrer und Musiker Diethelm komponierte eine Collage in neun Teilen: Ein stilsicherer Mix unter anderem mit einem Duo für zwei Flügel, einem Streichquartett, einem Vokalensemble, das einen Satz von Oscar Wilde vertont, ein Jazzensemble, Chor und Orchester. Stephan Diethelm – Mitglied des Aargauer Kuratoriums – ist auch begnadeter Konzertveranstalter; in der Konzertreihe musig im pflegidach in Muri bringt er immer wieder Jazzmusiker*innen aus aller Welt ins Freiamt. Von Corinne Rufli WOHLEN Kantonsschule (Rondell) So, 3. Juni, 17 Uhr und 20 Uhr Stephan Diethelm: Komponist, Musiker, Pädagoge und Konzertveranstalter. Foto: Marilyn Clark 11
Vorschau Juni 18 Aargauer Kulturmagazin Die Lenzburger Jugend am Tanzworkshop von «kopfüber». Foto: Alex Spichale Rein ins Kopfüberland Wie die einzelnen, monatelang mit Künstlerinnen und Künstlern der verschiedenen Sparten sowie enthusiasti schen Lehrpersonen erarbeiteten Puzzleteile zusammenge BÜHNE «Kopfüber» heisst das dritte pädagogische fügt werden, bleibt Brigitta Luisa Merkis Geheimnis. Motiviert Projekt von Tanz & Kunst Königsfelden, das und beflügelt wird die Choreografin von den Elf- und Zwölf Tanz, visuelle Kunst, Wort und Musik verbindet: jährigen: «In diesem Alter haben sie noch eine blühende 75 Jugendliche der Lenzburger Schule Angelrain Fantasie.» Und diese wartet nur darauf, auf mannigfache Art machen mit. und Weise geweckt zu werden; beispielsweise im Workshop mit dem Schriftsteller Andreas Neeser, in Hip-Hop-Lektionen Kopfüber: Was für ein fantasieanregender Titel. Vielleicht mit Patrick Grigo oder in zeitgenössischem Tanz mit Teresa kommen einem sogleich Georg Baselitz‘ Bilder in den Sinn, Rotemberg und Lucía Baumgartner. «Die Jungen erfahren auf denen die Figuren kopfüber hängen und somit (nicht dabei, dass es viele künstlerische Sprachen gibt», betont Bri nur) optisch auf der Kippe stehen. Sie lassen wir jetzt aber gitta Luisa Merki und verweist dann auf die Livemusik: Der beiseite, weil «unser» Kopfüber nicht für Kippen, sondern Komponist und Saxofonist Christoph Huber gestaltet den für Neugier und Mut steht. Mutig stürzen sich im Juni «Soundtrack» zu Bildern, die ihm Brigitta Luisa Merki vorge 75 Jugendliche im Alter von elf und zwölf Jahren der Schule geben hat. Mit von der Partie sind überdies die Sängerin Co Angelrain Lenzburg in eine Zauberwelt; in ein Kopfüberland. rinne Huber und der Perkussionist Julian Häusermann: drei Wie die jungen Menschen dieses Fantasiereich erobern – junge, inspirierende Menschen, die mit ihren Klängen für nämlich spielerisch leicht und mit einem Stehvermögen, bei einen ganz neuen, zeitgenössischen «Musikteppich» in der dem Kopf und Hände gefragt sind – ist im dritten pädago Klosterkirche sorgen. Auf jeden Fall passt dieser hervorra gischen Projekt zu erleben, das die künstlerische Leiterin gend zu einer Produktion, die ihre visuell starke Umsetzung von Tanz & Kunst Königsfelden, Brigitta Luisa Merki, für in vielen kopfüber vom Kirchenhimmel hängenden Bäumen die Klosterkirche kreiert. Die Choreografin kennt diesen findet. Von Elisabeth Feller geschichtsträchtigen sakralen Raum seit der ersten Produk tion 2007 in- und auswendig, und dennoch entlockt sie ihm immer wieder neue Spielmöglichkeiten im Zusammenklang WINDISCH Klosterkirche Königsfelden von Tanz, visueller Kunst, Wort und Musik. Fr–Mi, 1.–6. Juni, 20.30 Uhr Finsteres Jahrhundert LITERATUR «Aufleuchtende Details» kann ohne Übertreibung als Monumentalwerk der Weltliteratur bezeichnet werden. Das jüngste Buch des 1942 in Budapest geborenen Schriftstellers Péter Nádas trägt den Untertitel «Memoiren eines Erzählers» und beschäftigt sich mit der ungeschönten Kindheit des Autors. In präzisen Momentaufnahmen – mal essayistisch, mal analytisch – schreibt er über das von Verrat und Ideologie verseuchte 20. Jahrhundert und darüber, wie Identität unter solchen Bedingungen wächst. Ein gleichsam persönliches wie zeitgeschichtliches Werk mit Tiefgang. phn Péter Nádas liest aus seinem neusten Werk «Aufleuchtende LENZBURG Literaturhaus Details». Foto: Gáspár Stekovics So, 17. Juni, 17 Uhr 12
Juni 18 Aargauer Kulturmagazin Vorschau Lange musikalische Nacht SOUNDS Kein klassisches Dorffest soll es sein, es soll ein kultureller Höhepunkt werden. Die erste «Lange Nacht der Musik» im alten Dorfkern von Kaiseraugst bietet nicht nur für jeden musikalischen Gusto etwas, sondern auch für jedes Alter. Auf 15 Bühnen treten über 40 Formationen der verschiedensten Stilrichtungen auf – Pop, Jazz, Klassik und Volksmu sik. Die «Jungi Bühni» wartet neben der Kinderdisco am Nachmittag auch mit einem Konzert von Gorki Gagarin, einer Newcomerband mit tanzba rem, schnörkellosem Sound auf. Soul, Funk and African Music bringen Xipenda, mit Sänger Daniel Casimiro, auf die Bühne, eine Band aus Basel mit internationalen Hintergründen irgendwo zwischen Angola und Bra silien. Nicole Bernegger, «The Voice of Switzerland»-Gewinnerin wird auf ihre Fans aus TVs-Zeiten zählen können. cru KAISERAUGST Dorfkern Sa, 2. Juni, ab 16 Uhr Der Basler Daniel Casimiro singt mit seiner internationalen Band Xipenda. zvg Flurina und Schellenursli AUSSTELLUNG Wer lein», «Zottel, Zick und Zwerg» sowie «Maurus und Madleina» kennt ihn nicht, den aus und machte sie erstmals einem breiten Publikum im Schellenursli? Die Aargau zugänglich. Das Projekt startete im August 2017 als Illustrationen des Kooperation von Museum, Bibliothek, Schulen und Kultur Trunser Künstlers kommission und hat seither über Buchs hinaus viele Inter Alois Carigiet (1902– essierte angelockt. Die Finissage steht nun vor der Tür, ein «Flurina und das Wildvöglein». Foto: (c) 1971 1985) haben schon letzter Besuch lohnt sich, denn die Leihgabe wird bald wieder Orell Füssli Verlag, Zürich manches Kind ent ins Museum Sursilvan im Bündner Oberland gebracht. cru zückt. Carigiet weiss die Bergwelt mit seinem eigenen, schroffen Stil einzufangen und spannungsvolle Geschichten zu erzählen. BUCHS Dorfmuseum Das Dorfmuseum Buchs stellt 48 Originalillustrationen So, 3. Juni, 14 bis 16 Uhr des Künstlers aus den Büchern «Flurina und das Wildvög So, 24. Juni, 14 bis 16 Uhr: Finissage Ovid’sche Erotik und Popmusik FESTIVAL «Sed tu praecipue curvis venare theatris: / Haec loca sunt voto fertiliora tuo. / Illic in venies, quod ames, quod ludere possis, / Quodque semel tangas, quodque tenere velis.» Ovid soll hier im Original zitiert werden, da seine «Ars Amatoria» nicht ganz jugendfrei und manchmal etwas gar sexistisch ist, und das hier ist ja die anständige Familienseite. Am Vindonissa-Festival Roots gibt es also auch Events für Erwachsene, wie die Lesung aus Ovids erotischem und humorvollem Ratgeber aus der Antike. Doch das grosse Sommerfestival offeriert auch Musik, Theater, Kunst und Kulinarik für die ganze Familie. Am Familiensonntag wird das Figurentheater von Gustavs Schwestern «Räuber Motzus! – Ein Kasperlitheater für zwei Spielerinnen, zehn Handfiguren und eine Wäscheleine» gezeigt. Der Star des Tages ist jedoch Frank Powers – denn das Festival ist für den Brugger ein Heimspiel. Der 26-jäh rige Musiker spielt ein poppiges Potpourri. Basis sind akustische Instrumente und Sprachspielereien in mehreren Sprachen. Mit seinem letzten Album «Laisser faire» tourte er durch halb Europa. cru BRUGG Vindonissa Museum, 13.–17. Juni Ein Heimspiel für Frank Powers. Foto: Lukas Mäder Programm: www.vindonissamuseum.ch 13
Programm Vorschau Juni 18 Aargauer Kulturmagazin MUSIK MUSEEN AUSSTELLUNGEN KIFF LITERATUR Murikultur THEATER Juni AARAU 07.06 23.06 Sonntag, 17.06.2018 → 17.00 Uhr THY ART IS SAISONSCHLUSS MUSIK IN DER KLOSTERKIRCHE Concertino versus MUSIK MURDER AUS LATE NIGHT PARTY Sonntag, 03.06.2018 → 17.00 Uhr Ripieno 13.06 /W EMINISTAN MUSIK IN DER KLOSTERKIRCHE MUSIK Orchester ad astra der Schola THRICE US SOUND SISTEM Der Geist weht, Cantorum Basiliensis 24.06 wo er will Amandine Beyer und Leila Schayegh – 17.06 FRIENDS FEST VOL. IV TERROR US Vokalensemble Singer Pur Leitung Sonntag, 10.06.2018 → 14.00 Uhr Sonntag, 17.06.2018 → 14.00 Uhr MODERN LIFE IS 05.10 Donnerstag, 14.06.2018 → 14.00 Uhr MUSEUM KLOSTER MURI MUSEEN WAR US GUSGUS ISL MUSEUM KLOSTER MURI MUSEEN MUSEUM FÜR MEDIZINHISTORISCHE 12.10 22.06 Einblick in den Alltag BÜCHER MURI Besucherzentrum im Kloster Muri SAISONSCHLUSS UMSE D der Mönche Öffentliche PHIL RUDD AUS 07.11 Vertrauliches aus dem Klosteralltag DRUMMER OF AC/DC aus dem Tagebuch von Pater Jodok Museums-Führungen 23.06 MAX LÄSSER CH Stirnimann. SAISONSCHLUSS 24.11 Samstag, 23.06.2018 → 20.30 Uhr Sonntag, 10.06.2018 → 17.00 Uhr MUSIK IM FESTSAAL Klosterhof Muri MUSIK LABRASSBANDA D GREEEN D MUSIK IN DER KLOSTERKIRCHE MUSIK Im Freien zu singen - TOMPAUL CH 07.12 Orgelkonzert COLLIE HERB CH SHANTEL & THE Jürg Brunner Sommerserenade Marc Fitze Zürcher Sing-Akademie MAMA BUKOVINA CLUB Florian Helgath – Leitung JEFFERSON CH ORKESTAR D DRINKS, FOOD, FUSSBALL, PING 14.12 Tickets & mehr Infos: PONG & DISCO Muri Info, Marktstrasse 4, Telefon 056 670 96 63 IMPALA RAY D sekretariat@murikultur.ch www.murikultur.ch TICKETS: WWW.STARTICKET.CH MORE INFOS & SHOWS: WWW.KIFF.CH Ueli Bichsel und Silvana Gargiulo – Nichtsnutz «Schöne Momänt ...» Fünf Tage Theater, Musik und Kulinarik in Brugg 13.– 15. 6. Der Brennnessel ganz nah ist oft die Rose Stationen-Theater von Georg Rootering Sa, 16. 6. Live in Concert: Meta and the Cornerstones Support: YAEP So, 17. 6. Live in Concert: Frank Powers www.vindonissafestival.ch Ins.TihK_102.40x142.50-JUNI_018-RZ.indd 1 15.05.18 11:23 Festival_Inserat 102x142.5mm.indd 1 VM_Vindonissa 14.05.18 13:19
Juni 18 Aargauer Kulturmagazin Vorschau Im siebten Himmel Mantras für den Frieden Splätterlitheater Strassenkunstfestival Seit 2006 finden auf Schloss Die tibetisch-schweizerische Es ist nicht weiter erstaunlich, Das Vaduzer Städtle verwandelt Meggenhorn Kammermusiktage Sängerin Dechen Shak-Dagsay dass sich das Splätterlitheater sich in eine einzigartige Bühne statt. Unter dem Motto «Im arbeitete mit Philip Glass, Isabella Shakespeares «Titus Andronicus» für verschiedenste Strassenkünst siebten Himmel» kommen die vier Rosselini und Andreas Vollenweider ausgesucht hat, denn für sie gilt: ler*innen (engl. Buskers) aus aller diesjährigen Konzerte wie ein zusammen und setzt sich mit je blutiger, desto besser. Und Welt. Musikerinnen, Zauberer, bunter Blumenstrauss daher: Ein ihren Liedern und Mantras für den wenn auf der Bühne gemordet Fakire, Clowns und Jongleurinnen ad-hoc-Bläserquintett, das Frieden und die Erhaltung der tibe wird, dann ergiesst sich schon werden beim dritten «Buskers» in Fiacorda Ensemble mit Mozarts tischen Kultur ein. Im Juni und Juli mal ein Schwall Lebenssaft über Vaduz das Publikum entzücken «Kleiner Nachtmusik», das spielt sie mit dem Zürcher Kammer die Zuschauerschaft. Statt in der und überraschen. An verschie Quartetto Energie Nove mit orchester, dem Jewel Ensemble und Römischen Armee ist diese Ver denen Orten unter freiem Him Werken von Schubert bis Smetana Gastmusikern das Konzert «Call for sion übrigens in einem Schweizer mel – vom Rathaus bis hin zum und schliesslich das Amar Quartett Peace» in St. Gallen (1. 6.), Zürich Bergdorf angesiedelt. Liechtenstein Center – werden die mit Fabio Di Càsola (Bild). (9. 6.) und Bern. bunten Künste zu sehen sein. WINTERTHUR Theater am Gleis MEGGEN Schloss Meggenhorn BERN Kursaal Do, 7. Juni, 20.15 Uhr VADUZ Diverse Orte 15.–17. Juni So, 1. Juli, 20 Uhr 2./3. Juni www.klang.ch www.dechen-shak.com www.buskers.li Kunstparcours Entmaterialisierung Auf Walfang Kaleidobolt Parallel zur Art Basel lädt der Seine Aktionen sind Legende. Wir sagens mit Jan Delay: Du bist Die einen Rocker lassen dich «Parcours» mit über zwanzig orts Roman Signer hat die Skulptur vielleicht ganz schön, aber du bist schwitzen, die anderen katapul spezifischen Projekten zum kos revolutioniert und einen singulären aus Plastik. Die Zuger Künstlerin tieren dich in andere Sphären tenlosen innerstädtischen Kunst Skulpturbegriff geschaffen: das Patricia Jacomella ist per Contai und die finnischen Stoner-Jungs spaziergang ein. Er erschliesst Sichtbarmachen von Prozessen nerschiff von Genua nach Newark Kaleidobolt machen gleich beides diverse Innen- und Aussenräume und die Entmaterialisierung der gefahren und ist dabei statt Walen auf einmal. Irgendwo zwischen wie Höfe, Gärten, private Liegen Form. Trotz seiner Weltläufigkeit nur Plastik begegnet. Ihre Instal Elder und Motörhead, zwischen schaften und Kunstinstitutionen. hat er die Verbindung zur Ost lation «Pequod» ist ein Ergebnis Cream und The Atomic Bitchwax. Bild: Marian Goodman Gallery, schweiz nie gekappt, und auch da dieser Reise: Eine Liegestatt aus Bierfreudige Riffs treffen hier auf Thomas Struth, Zebra, 2017. Spuren hinterlassen. 835 biologisch nicht abbaubaren bekiffte Jams zu einem feucht und, zumindest für Wale, poten nebligen Stoner-Rock-Fest. BASEL Diverse Orte ST. GALLEN Kunstmuseum ziell tödlichen Plastik Parcours: 11.–17. Juni, 10–20 Uhr Bis 12. August säcken. OLTEN Coq d’Or www.artbasel.com Sa, 9. Juni, 20.30 Uhr BAAR Galerie Billing Bis 24. Juni 15
Wir versprechen Ihnen ein fulminates Eröffnungskonzert, 19. Juni, auf Schloss Lenzburg mit JULIA LEZHNEVA SOPRAN DMITRY SINKOVSKY VIOLINE Folk Inte rnational Klassik und un i 2018 19. – 24. J 19:30 Tickets online kaufen www.lenzburgiade.ch Hotline Ticketpark: 0900 320 320 (1.00/Min) Kulturengangements: ALTE REITHALLE AARAU 19.6.18 Première 21.6.18 | 22.6.18 | 23.6.18 | 24.6.18 INFOS & VORVERKAUF www.tuchlaube.ch | aarau info EIN THEATERPROJEKT DER B’BÜHNE IN KOPRODUKTION MIT DEM THEATER TUCHLAUBE AARAU 16
Juni 18 Aargauer Kulturmagazin Vorschau Das Damals im Heute erzählt «Transit» von Christian Petzold, Deutschland, 2018 Auf der Basis des gleichnamigen Romans von Anna Seghers erzählt Christian Petzold in «Transit» von der Flucht im besetzten Frankreich. Die deutschen Truppen stehen vor Paris. Georg, ein deutscher Flüchtling, entkommt im letzten Moment nach Marseille, wo er durch einen Zufall die Identität eines verstorbenen Schriftstellers annehmen kann, der seine Schiffspassage und das Transitvisum bereits gesichert hat. Kurz vor der Abreise trifft er auf die geheimnisvolle Marie, die auf der Suche nach ihrem Mann ist, den man in Marseille gesehen haben will. Petzold inszeniert die Geschichte aus 1941 im Marseille von heute und verwebt so die Fluchtgeschichten aus jener Zeit des Faschismus mit der Zeit heute. Das Experiment überrascht und gelingt: Hervorragendes deutsches Kino mit starker Besetzung. AB 31. MAI im Kino Letzter Film der Gebrüder Taviani «Una questione privata» von Paolo und Vittorio Taviani, Italien, 2017 Es ist der letzte Film eines der erfolgreichsten Filmerpaars der Filmgeschichte: Im Geist ihres Meisterwerks «La notte di San Lorenzo» blenden Paolo und Vittorio Taviani noch einmal zurück ins Jahr 1944. «Una questione privata» ist ein atmos phärisch dichtes Drama um einen jungen Partisanen, der seinen gefangen genom menen Freund freibekommen möchte und sich an die grosse Liebe erinnert, die die beiden für die schöne Fulvia empfanden. AB 14. JUNI im Kino Am Puls der Jugend im Iran «Malaria» von Parviz Shahbazi, Iran, 2016 Hanna flieht mit ihrem Freund aus der Provinz nach Teheran. Ihrem Vater erzählt sie, sie sei entführt worden, in Wahrheit verbringt sie aber ihre Zeit mit der Strassenmusikergruppe Malaria. Gemeinsam mit ihnen taucht das Paar ein in die fiebrige Metropole. «Malaria» porträtiert eine Jugend, die un ter schwierigen Bedingungen versucht, einen eigenen Weg zu finden in einem Land, das von den Mullahs beherrscht wird. AB 31. MAI im Kino 17
Vorschau Juni 18 Aargauer Kulturmagazin Radiotreffpunkt für Migrant*innen Diese Menschen haben eine Stimme! Das geht häufig vergessen, wenn es um Personen geht, die aus den unter schiedlichsten Gründen in die Schweiz eingewandert sind. Oft wird über sie berichtet, debattiert und mit ihrer Situa tion politisiert, doch selbst kommen sie dabei nur selten zu Wort. Bei Kanal K reden wir nicht über sie, sondern mit ihnen! Die beiden Radioprojekte «Tag des offenen Radio studios» und «Treffpunkt Radio» richten sich deshalb an Treffpunkte für Zugewanderte, die als Gruppe bei einer Radiosendung mitwirken wollen. Die Themen dürfen von den Teilnehmer*innen selbst gewählt werden. Durch die Sendung können sie sich Gehör in der Öf fentlichkeit verschaffen, aber auch ihr Deutsch verbessern und Ängste vor dem Reden in der Öffentlichkeit abbauen. Die Beiträge werden auf Kanal K gesendet und auf der Website als Podcast veröffentlicht. Interessierte Treffpunkte sind herzlich eingeladen, mit uns Radio zu machen. kk «TREFFPUNKT RADIO», eine Sendung in Zusammenarbeit mit dem Netzwerk Asyl. Nächste Ausstrahlung am Mi, 20. Juni, 19 Uhr. «Treffpunkt Radio» verleiht Zugewanderten eine Stimme in der Öffentlichkeit. Foto: Roman Gaigg Alle Sendungen als Podcast auf www.kanalk.ch Musik für den Frühlingssturm ORCHESTRE TOUT PUIS APHROTEK FLEXFAB SANT MARCEL DUCHAMP Neuchâtel/Basel Neuchâtel Genf «Stories» «Places feat. «Sauvage Formes» Das Debütalbum vom Produzenten Aphrotek The Venopian Solitude» (aka Eliyah Reichen) und dem Komponisten Pablo Fernandez alias FlexFab releast nun Diese Band braucht viel Platz! Denn das Dominik Burkhalter ist ein musikalischer Wirbel wieder erstes Material nach seiner LOAS EP avantgardistische Improvistationskollektiv ist wind: Jazz meets Hip-Hop meets Punk meets 2016, mit welcher der am 25-Jahre-KiFF-Ju mittlerweile auf 14 Mitglieder angewachsen. Featurings unter anderem von Meshell Ndegeo biläum den Saal abfackelte. Bassmusik aus Eine grosse Bühne verdient auch ihr Jazz- cello, David Bowies «Blackstar» Band Members Neuchâtel. Wir sind gespannt auf das Album! World-Rock-Pop-Sound, der von John Parish Donny McCaslin und Tim BanLefebvre. (P.J. Harvey, Eels u. v. m.) produziert wurde. 18
Juni 18 Aargauer Kulturmagazin Vorschau Symbiotische Arbeit der beiden Schwestern. Während Anna versucht, die Zwillinge äusserst feinen Un terschiede zwischen den Flechtengattun Die Flechtenforscherin Anna und die Fotografin Leta sind gen zu differenzieren, eineiige Zwillinge. Während die Erzählerin Anna durch macht Leta eigent ihr Mikroskop die Klassifizierung von Flechten vornimmt, lich dasselbe mit fotografiert Leta seit ihrer Kindheit obsessiv ihre Schwester. ihrer Kamera. Einen Anna empfand das schon immer als übergriffig. Nun ist sie Hoffnungsschimmer jedoch tief erschüttert, als Leta bei einer Ausstellung aus in ihrer Suche nach schliesslich Bilder von Anna zeigt und dabei das einem «Verhältnis einzige Unterscheidungsmerkmal, eine kleine zur Welt» zeigt sich Narbe an der Wange, wegretuschiert hat. Die schliesslich für Anna beiden Schwestern ringen mit der Suche nach just in den speziellen ihrer Identität. Welche Verletzungen in der Eigenschaften der Geschichte der Familie dahinterstehen, eröffnet Beziehung zwischen Barbara Schibli. Foto: Johanna Bossart sich erst allmählich und nur andeutungswei Pilz und Alge. se bei der Lektüre. Ein schönes Bild für diese Barbara Schibli, Geschichte sind die titelgebenden Flechten, 1975 in Baden geboren und heute in Zürich lebend, legt eine Verbindung aus Pilz und Alge. Sie werden einen sehr lesenswerten Debütroman vor, der sprachlich ebenso als Symbiose, sowie als «kontrollierter und motivisch fein gearbeitet ist. Von Laurin Jäggi Parasitismus» bezeichnet. Dieser Widerspruch zwischen Nähe und Distanz liegt auch in der Barbara Schibli. Flechten. Dörlemann 2017. Wunderbare Wieder Reise in die entdeckung Vergangenheit Lucia Berlin (1936–2004) hinterliess ein Werk Hannes Köhlers Roman erzählt einfühlsam von 76 Kurzgeschichten, die in den 1980er-Jah und mit einer schönen, metaphernreichen ren publiziert und danach vergessen wurden, Sprache von den Auswirkungen des zweiten bis sie wiederentdeckt wurden und auf der Weltkriegs auf vier Generationen einer Familie. «New York Times»-Bestsellerliste landeten: Über zwei Erzählstränge entfaltet der Autor die Von Schriftsteller*innen gelobt, mit einigen der Lebensgeschichte des ehemaligen deutschen Grossen verglichen. Dabei erzählt Berlin schein Kriegsgefangenen Franz, der mit seinem Enkel bar Banales, oft aus dem Leben gewöhnlicher nach Amerika reist, um die Stationen seines von Krieg und Menschen: Haushaltshilfen, Krankenschwestern Gefangenschaft gezeichneten Lebens aufzusuchen. Dabei und Lehrerinnen. Es geht um scheiternde Ehen stehen Fragen nach dem Grund für die Bitterkeit und Dis und schwangere Mädchen, um Immigranten, tanziertheit zwischen Franz und seiner Tochter im Zentrum, um Einsamkeit, Liebe und Gewalt. Ihre Sprache oder weshalb Franz nach Kriegsende nach Deutschland ist pointiert-trocken und voller Melancholie. zurückkehrte, statt in Amerika Fuss zu fassen. Ebenso zentral Das Herausragende an diesen Erzählungen ist die Liebe, die ist Franzʼ Freundschaft zum Deutsch-Amerikaner Paul, der die Autorin ihren Figuren entgegenbringt, die Kenntnis ihrer zu Kriegsbeginn aus den Staaten nach Deutschland reist, um Verzweiflungen und der Mühsal des Lebenskampfes. Das für den Führer zu kämpfen. Pauls Weltbild ändert sich Rohmaterial zu diesen Erzählungen ist Berlins eigenes Leben: grundlegend mit seinem Einsatz an der Front in Sie ist in Alaska geboren, wo ihr Vater als Bergbauingenieur Russland. In amerikanischer Gefangenschaft arbeitete. Als Kind erlitt sie Missbrauch, als Erwachsene war wird Pauls neue, kritische Sicht auf den Krieg sie alkoholabhängig. Mit dreissig war sie dreimal geschieden allerdings nicht von allen Mitgefangenen und hatte vier Söhne. Geld verdiente sie als Putzfrau oder gern gesehen. Ein spannender und berüh Krankenpflegerin. Berlin hat aus diesem Fundus geschöpft render Roman, bei dessen Lektüre man die und ein lesenswertes Werk hinterlassen. Von Susanne Jäggi fundierte Recherche erahnt. Von Debora Stoffel Lucia Berlin. Was ich sonst noch verpasst habe. Hannes Köhler. Ein mögliches Leben. Stories. dtv 2017. Ullstein 2018. 19
MAGAZIN Juni 18 Aargauer Kulturmagazin Frisch gedruckt: Meret Schneider und Charly Ruff, beide 21, besuchen das gestalterische Propädeutikum an der SFGA in Aarau. Er sei ein verrücktes Huhn und sie das Gelbe vom Ei. INTERVIEW CORINNE RUFLI «Mein Herz schlägt für die kleinen Festivals» SOUNDS Er ist Indie- und Gothic-Fan, Musiker, DJ, Radiomacher, Journalist und Labelgründer: Der Badener Leo Niessner kennt die Musikszene wie kein anderer. Im Interview spricht er über die Vorzüge von kleinen Festivals, die Kommerzialisierung der Musik und gibt gute Tipps an junge Bands. 20
Juni 18 Aargauer Kulturmagazin MAGAZIN Leo Niessner, der Sommer kommt, und mit ihm Bands zu astronomischen Preisen einlädt. Hier kommen die strömen die Musikfans an die Festivals. Im Aargau grossen Firmen zum Zug, für die kann eine solche Investi gibt es viele kleine, einzigartige Open Airs. Was tion lukrativ sein. Das ist wie ein russischer Oligarch, der ein zeichnet diese gegenüber den grossen aus? Skigebiet kauft. Leo Niessner: Mein Herz schlägt für die kleinen Fes tivals. Sie haben originelle Ideen, eine schöne Stimmung In den letzten Jahren wurden Musikfestivals – wie und dezente Sponsoren. Wer es nicht mag, wenn grosse Le das Open Air Frauenfeld – vom grossen amerikani bensmittelketten Stände mit ihren Produkten aufstellen und schen Player Live Nation gekauft und für ihre Zwecke überall Werbung machen, muss grosse Festivals meiden. benutzt. Wie sehen Sie diese Entwicklung? Bei den kleinen Open Airs gibt es noch Musik zu entdecken. Live Nation und ähnliche Firmen wollen ein Programm Vergleichbar ist das mit den Mikrobrauereien, viele Leute machen, das Gewinn abwirft, sonst würden sie nicht inves wollen kein Industriebier mehr trinken, sondern eines mit tieren. Sie nehmen auch Bands unter Vertrag. Die Firmen Charakter. Die grossen passen sich dem gängigen Musik bezahlen ihnen Merchandise, Aufnahmen und alles drumher geschmack an, ohne mit Eigenheiten zu punkten. um, dafür sind sie an den Erträgen der gesamten Wertschöp fungskette beteiligt. So geschieht es auch bei Schweizer Wo liegen die Vorteile kleiner Festivals für Bands? Bands, die bei Sony Music, Universal Music oder anderen Das Publikum ist ja viel kleiner. Major Labels unter Vertrag sind. Diese Labels fordern das Diese Festivals sind sehr vielfältig und machen Basis investierte Geld zurück. Da bleibt nicht viel übrig. Ein Irrglau arbeit für Bands. Es ist der Ort, wo sie auftreten können, oft be ist, dass die Labels einem alles bezahlen, aus Goodwill auch zum ersten Mal. Klar kann es bei einem Nachmittags- macht das niemand. Das ist ein Geschäftsmodell. Dessen Gig auch passieren, dass kein Knochen zuhört. Doch das Vorteil ist aber, dass diese Firmen gute internationale Kon Publikum ist bereit, auch mal einen schrägen Hip-Hop-Act takte und eine grosse Marktmacht haben. zu sehen. Die Festivals werden liebevoll gestaltet, da steckt Herzblut und Engagement drin. Es wird geschaut, dass es den Bands gut geht, diese sollen das auch estimieren, denn selbstverständlich ist das nicht. Vorbildlich sind hiesige Festi «Die Kunst wird ausgepresst vals wie Sichtfeld, Zambaloca oder Festival des Arcs. wie eine Zitrone» Ist ein Festival auch ein Kontaktort für die Bands? Auf jeden Fall, denn man wird gesehen. An kleinen Fes tivals begegnet man sich, kennt sich mit der Zeit auch und Musik verkommt immer mehr zu einem Geschäft. schaut sich gegenseitig das Set an. Es findet ein wichtiger Wann begann diese Entwicklung? Austausch statt. Auch Veranstalter*innen besuchen sich ge So richtig begann sie in den 50er-Jahren, als die Musik genseitig. Dabei herrscht hier weniger ein Konkurrenzkampf konzerne die Jugendlichen als Zielgruppe für die immer als unter den grossen Playern, bei denen viel Geld auf dem billiger produzierbaren Schallplatten entdeckten. Doch sie Spiel steht. war schon immer ein Teil dieses Business. Die gecasteten Boygroups sind keine Erfindung der 90er-Jahre, in den Dann finden Sie Initiativen wie das Aargauer Festival 60er-Jahren gab es Fabian, der mit «Like a Tiger» einen forum, bei dem sich die nichtkommerziellen Festivals Riesenhit landete. Ins Musikgeschäft kam er, weil er von austauschen und treffen, wichtig? einem Produzenten auf der Strasse angesprochen wurde, da Ja, denn hier spürt man das Miteinander und nicht er gut aussah. Prioritär war also nicht, ob er gut singen oder ein Gegeneinander. Man gönnt den anderen ihre Ideen. Musik machen kann. Plattenfirmen konnten und wollten Geld Es werden Programmpunkte diskutiert, damit nicht die verdienen. Das funktionierte ja auch lange gut. Und wo gleiche Band in einem Sommer dreimal im Aargau spielt. man Geld verdienen kann, gibt es viele findige Leute, die Jedes Festival hat seine Eigenheiten und will diese auch schnell viel Musik auf den Markt werfen. behalten. Der künstlerische Aspekt der Musik trat also in Das Ticket für ein mehrtägiges grosses Festival den Hintergrund? beläuft sich schnell mal auf über 200 Franken. In gewissen Bereichen, ja. Durch die ganzen Vermark Bezahlen wir zu viel? tungsstrategien setzte in den 80ern ein Wertezerfall ein, Tatsächlich kommen bekannte, internationale Bands der immer grösser wurde. Der «Trash»-Begriff kam auf. Musik gerne in die Schweiz, da sie ihr Portemonnaie aufbessern hat dabei im kollektiven Bewusstsein an Wert verloren. können. Auch wenn alle über die Preise jammern, reicht «Musics tar» und andere Casting-Shows unterstützten diese ein Blick auf die Ausgabenseiten dieser Festivals. Headliner Entwicklung. Musik steht dabei nicht mehr im Zentrum, es kosten schnell einmal hohe sechsstellige Beiträge, oder noch geht um People-Geschichten. Die Kunst wird ausgepresst mehr. Veranstalter*innen beklagen zwar diesen Irrsinn und wie eine Zitrone. Darum denken viele, Musik sei nichts wert, wollen da nicht mehr mitmachen, doch mitunter schiesst ein also lädt man sie auch gratis herunter. neues Festival aus dem Boden, das viel Geld hat und exklusiv 21
MAGAZIN Juni 18 Aargauer Kulturmagazin Nimmt der Einheitsbrei weiter zu? Es gibt den Mainstream, den Top-40-Plastikpop, da wird Musik gemacht, um Geld zu verdienen. Die grossen Platten firmen, die meist dahinterstehen, drücken den Bands ihren Stempel auf. Ich finde diese Musik furchtbar, die berührt mich überhaupt nicht. In den 80er-Jahren war die Vielfalt noch gross, als all die alternativen Radios aufkamen. Doch Radiopionier Roger Schawinski prognostizierte damals, dass in zehn Jahren alle Radios gleich tönen werden, und er hatte recht. Die Musikredaktionen haben heute Angst, Musik zu spielen, die die Hörer*innen vergraulen könnte, denn es muss ja Werbung verkauft werden können. Mainstreamradios haben ihr Profil, wenn du gespielt werden willst, musst du dich anpassen. Zusätzlich kommt die riesige internationale Konkurrenz hinzu. In einigen Radios werden pro Woche nur rund fünf neue Titel aufgenommen – internationale und einheimische zusammengezählt. Da bleibt nicht viel Platz für Neues. Die musikalische Identität ist in der Schweiz auch anders als zum Beispiel in England. Was dort unter Main stream im Radiotagesprogramm läuft, zeigt mehr Mut und Eigenständigkeit. Die Stationen und Fans feiern ihre Bands. Hier supporten dich bestenfalls deine Freunde. Es herrscht viel Eifersucht. Das ist eine Frage der Mentalität. Warum hört das Gros der Leute Mainstreammusik? Weil die niemandem wehtut, weil Musik vielen nicht wich tig ist, nur im Hintergrund läuft. Wohlfühlmusik ohne Ecken und Kanten. Der Erfolg gibt den Radios recht. Viele hören gerne Hits, tausendmal «Perfect» von Ed Sheeran oder «Ho tel California» von den Eagles. Das reicht den meisten. Weder Plastikpop noch Main stream: Leo Niessner geht eigene Wege. Foto: Cornelius Fischer Für junge Bands ist der Einstieg in die Musikwelt also sehr schwierig. Was raten Sie ihnen? Auf keinen Fall übermütig werden. Dass ein grosses Label Social-Media-Kampagnen für Bands, das ist ein Knochenjob. auftaucht und dich unter seine Fittiche nimmt, ist unwahr Musiklabels müssen heutzutage zudem versuchen, ihre scheinlich, oder wenn, dann wollen sie der Band ihren Stem Bands auf Spotify-Playlisten zu bringen, das kann eine Band pel aufdrücken. Die meisten Bands sind für sie nicht interes alleine nicht, denn Spotify arbeitet nicht mit Bands zusam sant, da sie nur ein kleines Publikum erreichen. Sie schauen men, sondern mit Promotern und Labels. Gute Labels stehen oft nur auf deine Zahlen, deine Downloads, die Grösse deiner für Qualität. Sie sind eine Marke, die hilft, aus der riesigen Fan-Community. Eine Band muss sich sehr gut überlegen, Menge an Musik Qualität zu finden. was sie will. Soll das Musikmachen reines Hobby bleiben, mögen drei Konzerte pro Jahr in der Region genügen. Wenn Wie wählen Sie die Bands aus? die Band mehr erreichen will, kommt einiges auf sie zu, auch Wir arbeiten nur mit Musiker*innen zusammen, die wir in finanzieller Hinsicht. Meist sind es die kleinen, unabhän gut finden. Wenn wir jede Wald- und Wiesenband nehmen gigen Indielabels, welche die Bands aufbauen. Da ist viel würden, hätten wir kurzfristig zwar viele Aufträge, doch Idealismus dabei. langfristig würde man sich seinen Namen ruinieren. Ich sage allen Bands oder Labels: Bleib dich selbst. Du wirst anecken, Sie selber haben mehrere Indielabels aufgebaut. wenn du was Schräges machst, und kommerzielle Sender Was genau ist die Aufgabe eines Labels? werden dich nicht spielen. Aber du musst dir in die Augen Ein Plattenlabel hat die Möglichkeit, dich zu vermarkten, schauen können. Mit Authentizität kann man dafür bei zu schauen, dass deine Musik erhältlich ist. Labels beraten einem Nischenpublikum punkten. die Bands auch. Wir sitzen mit den Bands zusammen und fragen sie: Wer seid ihr, was könnt und wollt ihr? Wir eruieren Was kommt alles auf eine Band zu, wenn sie bekannt den USP, den Unique Selling Point, also das bezeichnende werden will? Merkmal einer Band. Labels haben Kontakte ins Ausland, Du musst coole Songs haben, die gut produziert sind. denn der Schweizer Markt ist klein, vor allem für Szenemusik. Falsch ist aber, 30 000 Franken für die Aufnahmen aus Ein Label sollte auch Strategien entwickeln, wie man eine zugeben und für die Promo nichts mehr übrig zu haben. Ein Band längerfristig aufbauen kann. Unser Label macht auch ungeschriebenes Gesetz sagt, so viel Geld, wie du ins Album 22
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