Forstrecht ökologisch ausrichten - Schluss mit der gesetzlichen Nachhaltigkeitslüge Ein forstpolitischer Essay von Wilhelm Bode - Waldwende Heidelberg

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Forstrecht ökologisch ausrichten - Schluss mit der gesetzlichen Nachhaltigkeitslüge Ein forstpolitischer Essay von Wilhelm Bode - Waldwende Heidelberg
Forstrecht
ökologisch ausrichten
Schluss mit der
gesetzlichen Nachhaltigkeitslüge
Ein forstpolitischer Essay von Wilhelm Bode

                       www.naturschutz-initiative.de
Forstrecht ökologisch ausrichten - Schluss mit der gesetzlichen Nachhaltigkeitslüge Ein forstpolitischer Essay von Wilhelm Bode - Waldwende Heidelberg
Vorwort
    Höchste Zeit
    für eine ökologische Waldwende

    Die Ursache der großflächigen Schäden in den deutschen
    Fichtenforsten alleine dem Klimawandel zuzuschreiben,
    greift zu kurz. Es handelt sich nämlich überwiegend nicht um
    ein Waldproblem, sondern um ein Forstproblem, da zumeist
    naturferne Wirtschaftsforste von der Trockenheit der letzten
    beiden Sommer und von dem Befall durch Borkenkäfer be-
    troffen sind. Denn diese Dürrejahre konnten ihre verheerende    Harry Neumann
    Wirkung nur aufgrund einer jahrzehntelang falschen auf
    Nadelholz fixierten und nicht nachhaltigen Forstwirtschaft
    entfalten. Die klimatischen Stressfaktoren der beiden letzten   deshalb, die Holznutzung zu extensivieren und das Baum-
    Jahre zeigen sich hauptsächlich dort, wo der Wald durch         bestandsalter durch das verstärkte Zulassen von Altersstadi-
    Entwässerungen, Bauprojekte oder eine nicht nachhaltig          en zu erhöhen. Die Baumartenwahl muss sich an heimischen
    ausgerichtete Forstwirtschaft vorgeschädigt wurde.

    Eine Forstwirtschaft, die sich nicht am Schutz des Waldes
                                                                    Waldgesellschaften orientieren und die natürliche Sukzessi-
                                                                    on muss Vorrang vor der Anpflanzung haben. Die Auffors-
                                                                    tung mit Fremdbaumarten oder Windenergieanlagen im bzw.
                                                                                                                                   VORBEMERKUNGEN:
    ausrichtet, sondern großflächige Schirmschläge ausführt         über Wald sind Gift für das gesamte Ökosystem.
    und standortschädigende Erntemethoden mit schweren
                                                                                                                                   Blick auf die durch Harvester vollkommen zerfahrene ͵Steinbachʹ-Quelle im Hauser Wald, Hessen. Die tiefen Fahrspuren leiten das austretende
    Maschinen anwendet, ist mit ursächlich für den aktuellen        Die Sicherung von ökologischen Wohlfahrtsleistungen ist        Quellgerinne nach NO um, Foto: Dr. Holger Rittweger
    Zustand des Waldes und liefert die Grundlage für kommen-        ein wesentlicher vorrangiger Bestandteil der Gemeinwohl-
    de Waldschäden. Ein durch diese Maßnahmen geändertes            Aufgabe, die öffentliche Wälder zu erfüllen haben. Aufga-
    Bestandsklima und eine verminderte Pufferung von Nieder-        ben und Ziele im öffentlichen Wald sind vor diesem Hinter-     Rund 280.000 ha Fichten- und Kiefernforste sind seit 2018                Und jetzt auch noch der deutsche Wald, den wir ja alle
    schlagswasser in verdichteten oder entwässerten Böden           grund politisch neu auszurichten. Die Forstwirtschaft muss     abgestorben. Sie sollen der deutsche Vorbote des Klima-                  so lieben. Der uns, den Deutschen, so nah ist wie keiner
    erzeugen einen erhöhten Stress der Bäume.                       sich von überholten Betriebsmodellen verabschieden,            wandels sein, redet uns und der Politik die Forstwirtschaft              anderen Kulturnation; ja, der sich aus unserer Seele angeb-
                                                                    denn die derzeitige Waldpolitik hat den Wald in großen         und -wissenschaft ein. Und tatsächlich stehen global die                 lich gar nicht mehr wegdenken lässt, wenn Sie die Lobby-
    Zur Stabilisierung der Waldinnenklimas ist die Wasser-          Teilen zum Industriegebiet und Holzlager degradiert.           Ampeln unserer Biosphäre auf Rot:                                        isten der Forstwirtschaft und Politiker fragen. Die Medien
    Retention im Wald zu erhöhen. Bestehende Entwässerun-                                                                                                                                                   von links bis rechts plappern das nach und finden, wir
    gen sind rückgängig zu machen. Aktuell wird der Verlust         Ich danke Wilhelm Bode sehr herzlich, dass er nicht nur        Die Pole schmelzen, Grönland und nahezu alle Festland-                   seien ein nationales Vorbild von Waldsorge, denn nicht zu-
    von Baum-Biomasse durch großflächige Räumungen der              den Zustand der Wälder in Deutschland in aller Klarheit        gletscher auch; die Wälder der Erde brennen, ob in Sibirien,             fällig sei die Nachhaltigkeit eine Erfindung der deutschen
    Schadflächen jedoch noch verschärft. Durch erhöhte Son-         anspricht und eine grundlegende waldökologische Neu-           Australien, Kalifornien oder am Amazonas, um nur die                     Forstgeschichte und damit gewissermaßen die DNA eines
    neneinstrahlung sind die Flächen noch stärker mikroklimati-     orientierung des Forstrechts einfordert, sondern fünf          größten Waldbrände der jüngsten Zeit zu nennen; die                      jeden Waldfreundes unter uns.
    schen Extremen ausgesetzt. Durch Befahrung mit schweren         konkrete Vorschläge unterbreitet, die mit wenigen Eingriffen   Urwälder schwinden aktuell wieder schneller als zuvor,
    Maschinen werden Wasserspeicher- und Puffervermögen             in das bestehende Forstrecht erstmals ein Ordnungsrecht        nicht zuletzt am Amazonas; die Permafrostböden Sibiriens                 Doch leider sieht unsere Rechtswirklichkeit anders aus,
    der Böden sowie die Humus-Neubildung beeinträchtigt.            schaffen, das seinem Anspruch auf waldökologische Nach-        tauen auf; nach der CO ² -Senke der globalen Waldfläche                  nämlich beschämend: Zwar haben wir 16 Forstgesetze und
                                                                    haltigkeit gerecht würde.                                      schwindet allmählich auch die der Weltmeere und be-                      ein Bundeswaldgesetz – und damit mehr als jedes andere
    Das Belassen der Kalamitätsflächen hätte den positiven                                                                         wegt sich unaufhörlich auf ihren Kipppunkt von der Senke                 Land, aber es sind keine echten Waldschutzgesetze, son-
    Effekt, dass die Schadhölzer Feuchtigkeit speichern und zur     Unterstützen Sie uns bitte, damit unsere Wälder nicht          hin zur CO ² -Quelle von unabsehbarer Größenordnung zu;                  dern Zugriffsregeln für die Holzerzeugung. Sie beschrän-
    Humus-Neubildung beitragen. Zudem geht Lebensraum               weiter zu „Restposten“ der Waldindustrie, sondern wieder       der nördliche Jetstream beginnt zu mäandrieren und be-                   ken sich darauf, die Forstfläche als Holzproduktionsfläche
    von Fressfeinden des Borkenkäfers verloren.                     zu Hauptdarstellern auf der Bühne unserer naturfernen          schert uns von Jahr zu Jahr extremere Wetter-Kapriolen; ja               zu optimieren und nicht etwa ihre ökologische Funktion zu
                                                                    Landschaft mit Waldwildnis, Biologischer Vielfalt und erleb-   selbst der Europa wärmende Golfstrom scheint sich bereits                schützen und systemisch zu stärken. Deutschland ist reich
    Jetzt muss es vorrangig um den substanziellen Erhalt der        nisreicher Waldnatur werden.                                   merklich zu verlangsamen; längst steigt der Meeresspiegel                an Forsten, die in ihrer Mehrzahl nicht als Wald zu bezeich-
    Waldökosysteme gehen, wir sollten diese Krise endlich als                                                                      und die globale Jahresdurchschnittstemperatur sowieso;                   nen sind.
2   forsthistorische Chance nutzen: Ein hoher Holzvorrat spielt                                                                    und der EL Nino-Effekt, der uns heiße und trockene Jahre                                                                                      3
    für die Waldökosysteme die entscheidende Rolle. Biomasse-                                                                      ankündigt, gehört heute zur Allgemeinbildung eines jeden                 Finden Sie es vor diesem Hintergrund nicht merkwürdig,
    reiche Wälder wirken zusammen mit hohen Totholzvorräten                                                                        Schülers schon in der Mittelstufe. Das sind Vorzeichen, sich             dass unsere zuständige Forstministerin Julia Klöckner und
    günstig auf die Bodenfeuchte und das Mikroklima. Beson-                                                                        nicht länger wohl zu fühlen auf diesem schönen, blauen                   ihr Fraktionskollege von der Marvitz, der Vorsitzende der
    ders alte, vorratsreiche Laubwälder kühlen sich selbst und      Harry Neumann                                                  Planeten, der allen Optimisten zum Trotz unser einziger ist              deutschen Waldbesitzerverbände mit Abgeordnetenman-
    ihre Umgebung. Die Naturschutzinitiative e.V. (NI) fordert      Vorsitzender der Naturschutzinitiative e.V. (NI)               und wohl auch bleiben wird.                                              dat im deutschen Bundestag, die epochale Waldkrise nur

    FORSTRECHT ÖKOLOGISCH AUSRICHTEN                                                                                                                                                                                                                                      2021
Forstrecht ökologisch ausrichten - Schluss mit der gesetzlichen Nachhaltigkeitslüge Ein forstpolitischer Essay von Wilhelm Bode - Waldwende Heidelberg
EIN FORSTPOLITISCHER ESSAY
    Naturnahe, vorratsreiche und vor allem ungenutzte Wälder speichern am effektivsten Kohlenstoff, Nationales Naturerbe Stegskopf, Rheinland-Pfalz   Foto: Harry Neumann

    als Geldproblem ansehen und nicht als Gesetzeslücke. Be-                  unsere Parlamentarier in den 17 Parlamenten verharren                   Deutschland ohne Wald? - Eine schaurige Vorstellung!           Mogelpackung der sog. Nachhaltigkeit und der gesetz-
    schleicht Sie nicht das Gefühl, dass da etwas nicht stim-                 in einer merkwürdigen Verweigerungshaltung und orga-                    Unabhängig von seiner ökologischen Qualität sind es            lich geschützte Wald ist ein Forst, der sich nur graduell von
    men kann? Sonst ist doch die Politik schnell bei der Hand,                nisieren bestenfalls Baumpflanzaktionen. Wohl in keinem                 unsere Forste, die uns den Blick auf die zerstückelte Indus-   den Plantagen der Dritten Welt unterscheidet. Vielfach ha-
    Gesetze nachzuschärfen; ja ganz neue Gesetze zu ent-                      Politikbereich klafft eine größere Lücke wie zwischen                   trielandschaft verstellen und den Eindruck vermitteln, wir     ben die Umweltverbände diese Tatsache auf ihren Websei-
    werfen, wenn sie wie unsere Forstgesetze seit rund zwei                   diesem Anspruch der angeblich nationalen Waldliebe und                  seien ein waldreiches, schönes Land. Bei aller berechtig-      ten und in ihren Broschüren seit vielen Jahren entlarvt, so-
    Menschen-Generationen wie in Blei gegossen sind, und                      ihrer gesetzlichen Realität.                                            ten Forstkritik: Unsere Forste dämpfen die Verlärmung der      dass es hier keines weiteren Belegs mehr bedarf. Aktuell
    die sich heute verschärfende Waldschutzproblematik nicht                                                                                          Landschaft, schützen trotz ihres Zustandes noch etwas vor      zur derzeitigen Waldkrise, dem sogenannten Waldsterben
    einmal näherungsweise mit damals vergleichen lässt.                       Viele Umweltbewegte haben es satt, auf die wohlfeilen                   Hochwässern, filtern recht und schlecht unsere Luft und        2.0, haben 70 namhafte Waldexperten, die Abkehr von die-
                                                                              Versprechungen von Politik und Forstwirtschaft noch                     verbessern sogar unser Lokalklima, solange sie nicht von       sen „Holzfabriken“ gefordert und die Politik und Medien da-
    Etliche Umweltverbände bieten seit vielen Jahren auf ihren                länger zu vertrauen und verlangen ab sofort, das Kern-                  Kalamitäten dahingerafft werden wie zurzeit. Sie bieten uns    mit erstmals aufgeschreckt (siehe der Wortlaut im Anhang).
    Webseiten Foren für jeden an, der dieses ungute Gefühl                    problem anzugehen, nämlich die Mindeststandards einer                   Normalbürgern sogar die Kulisse für den sonntäglichen          Ministerin Julia Klöckner beeilte sich sofort und erstmals
    teilt, um die realexistierende Forstwirtschaft vor seiner                 ökologischen Nachhaltigkeit im Wald gesetzlich zu verord-               Waldspaziergang und lassen glauben, uns in der freien          für die Zukunft, nur noch Mischwälder fördern zu wollen,
    Haustür bundesweit anzuprangern. Wer diese Beispiele                      nen, wenn wir ihn für die Zukunft ernsthaft erhalten wollen.            Natur zu erholen. Der Forstwirtschaft sei Dank! Doch einen     um die Kernforderung der Experten zu übertönen, dass die
    im Netz durchmustert, findet eine traurige Chronologie                                                                                            bitteren Beigeschmack hat dieser Dank, denn er lässt die       Holzproduktion zu allererst systemisch zu orientieren sei.
    von bundesweiten Zerstörungsbeispielen ausnahmslos im                     Die Naturschutz Initiative hat darum gebeten, diesen extre-             Frage unausgesprochen, wie denn der Wald aussähe und
    Dienst der „nachhaltigen“ Holzerzeugung in den ohnehin                    men Reformbedarf im Sinne gesetzlicher Mindeststandards                 was er leisten könnte – ohne Forstwirtschaft. Und nicht zu-    Schauen wir nämlich in die Forstgesetze, finden wir nur die
    stark geschwächten Wirtschaftsforsten vor, die man nicht                  zu identifizieren, um eine naturnähere und damit erstmals               letzt: Wie lange er noch durchhält, dieses schwankende         Nachhaltigkeit der Holzerzeugung konkret geregelt – trotz
    für möglich halten würde. Sie stellt der Forstwirtschaft ein              auch ökologisch nachhaltige Forstwirtschaft gesetzlich zu               Gebilde, das ein Forst aber kein Wald ist. Denn:               allem Gerede vom Dreiklang der ökonomischen, sozialen
4   Armutszeugnis aus und unseren Forstgesetzen, die das                      verankern. Wohlgemerkt Mindeststandards und nicht einen                                                                                und ökologischen Nachhaltigkeit. Die Waldbesitzer, sogar        5
    eigentlich verhindern sollten, das Kainsmal der Verschlei-                Wunschzettel des ökologisch Wünschbaren und Sinnvol-                    Deutschland ohne Forstwirtschaft? - wäre kein so               die zum Gemeinwohl verpflichteten Landesforstbetriebe
    erung. Denn nichts davon haben sie verhindert, ja nicht                   len, weil die Politik beim Wort genommen werden soll, den               schlechter Gedanke! Meinen Sie nicht auch und hätten           und Kommunalwälder, werden forstbetrieblich lediglich
    einmal verhindern können, denn sie sind ihrer rechtspo-                   Wald zu retten. Dann wird sie doch sicherlich das Mindeste              sogar recht damit!                                             auf einen sog. Nachhaltshiebsatz verpflichtet und sind an-
    litischen Konzeption nach reine Zugriffsgesetze für die                   gesetzlich verordnen wollen, wenn sie nicht Lügen gestraft                                                                             sonsten frei zu tun und zu lassen, was sie wollen, in unserer
    Holzerzeugungslobby – ein ökologischer Skandal. Und                       werden soll?                                                            Denn was uns die Forstwirtschaft als Wald anbietet ist eine    vermeintlichen Rest-Natur. Und auch das wird nur bei

    FORSTRECHT ÖKOLOGISCH AUSRICHTEN                                                                                                                                                                                                                                        2021
Forstrecht ökologisch ausrichten - Schluss mit der gesetzlichen Nachhaltigkeitslüge Ein forstpolitischer Essay von Wilhelm Bode - Waldwende Heidelberg
Naturschutzgebiet Luppe-Aue, „Eichenverjüngung“ à la Sachsenforst. Die alte Eiche war ca. 300 Jahre alt. Daneben wurden in Plastikhülsen   Schwarzstörche sind sehr störungssensibel und brauchen alte und störungsarme Wälder mit einer hohen Strukturvielfalt und Biodiversität,
    neue gepflanzt, Sachsen, Foto: Axel Schmoll                                                                                                Foto: Archiv NI

    extrem radikalen Verstößen wirksam verfolgt. Sie sind in        ökologischen Zustand ihrer Waldflächen nicht kontinuier-                   die Forstbetriebe schamlos herangehen, 1/5 ihrer Waldflä-      samt unter Beton und Bitumen versiegelten Böden und das
    ihren Betriebs- und Erzeugungsmethoden freier als jeder         lich durch die Bewirtschaftung zu verschlechtern. Nirgends                 che mit dauerhaft angelegten Maschinenwegen (den so-           rund 10fache der Fläche des Saarlandes) als biologisch/
    Frisör, Bäcker oder Industrieunternehmer, wenn sie nur den      existiert ein wirksames Kahlschlagverbot, nirgends ein                     genannten Bringungslinien) im 20m Abstand zu verdichten        systemischer Wald vernichtet, ohne dass je ein Gericht
    Nachhaltshiebsatz nicht dauerhaft überschreiten und kahle       Verbot der flächenhaften Einbringung von schädigenden                      und damit der natürlichen Bodengenese des Waldes end-          diese ökologische Katastrophe hätte zuvor überprüfen
    Flächen alsbald wieder mit Wald bepflanzen. Das ist der         Fremdstoffen oder auch nur ein forstliches Bodenschutz-                    gültig zu entziehen. Für die Bodenlebewelt, das Edaphon,       können. Forstrechtlich und waldökologisch ist Deutschland
    traurige Hintergrund der erschreckenden Bilder, die man         recht, auch kein wirksamer Schutz des Landschaftswasser-                   ist es aber gleichgültig, ob oben tonnen-                                         also ein Entwicklungsland sondergleichen
    im Netz jederzeit finden kann, denn keines                                        haushalts oder auch nur der heimischen                   schwere Forstmaschinen ihr biologisch Nirgends existiert ein wirk- geblieben, allen Wehklagen über die aktu-
    dieser grauenhaften Beispiele hat je den          Aktuell zur derzeitigen         Restnatur, geschweige denn der standort-                 unverzichtbares Werk im Oberboden zer-        sames Kahlschlagverbot, ellen Waldschäden zum Trotz.
    Forstgesetzen konkret widersprochen
                                                    Waldkrise, dem sogenann- heimischen Relikt-Baumarten, die vieler-                          stören und für alle Zukunft verhindern oder
                                                                                                                                                                                           nirgends ein Verbot der flä-
    noch wären sie mit konsequenter Anwen-                                            orts bereits ausgerottet sind, etc. etc.                 eben Flugzeuge starten und landen, sowie                                          Dafür sind die Forstgesetze perfekt und
    dung zu verhindern gewesen. Sie regeln ten Waldsterben 2.0, haben Unsere Forstgesetze sind ordnungsrecht-                                  Trassen einer Autobahn den Güterverkehr     chenhaften     Einbringung    von     bemerkenswert konkret in der bürokrati-
    nämlich tatsächlich nichts Ökologisches          70 namhafte Waldexper-           lich ein ökologischer Totalausfall!                      anfeuern. Biologisch ist es jeweils dassel- schädigenden Fremdstoffen schen Reglung der Forstaufsicht. Da fin-
    außer das jährliche Rohstoffangebot für die ten, die Abkehr von diesen                                                                     be: Das Kontinuum des Waldbodens, der          oder auch nur ein forst-           den sich Regelungen hinsichtlich der
    Industrie und liefern juristisch nur ein wohl-
                                                   „Holzfabriken“ gefordert und Stattdessen gibt es eine harte Waldflä-                        systemisch/biologische Waldzusammen-
                                                                                                                                                                                           liches Bodenschutzrecht … Pflicht des Waldbesitzers, seinen Forst
    feiles Wortgeklingel der Nachhaltigkeit in                                        chengarantie, denn die Forste dürfen im                  hang an sich, wird vernichtet. Das ge-                                            durch Wege ausreichend zu „erschließen“,
    ihren sog. Gesetzeszielbestimmungen,            die Politik und Medien da- Eigeninteresse der Holzerzeugung nicht                          schieht im Gegensatz zur Autobahn und         etc. Unsere Forstgesetze was zu mehr als dem Doppelten des
    um den realen Zustand der Forstwirtschaft mit erstmals aufgeschreckt. in eine andere Nutzungsart umgewandelt                               zum Flughafen erstaunlicherweise ohne sind ordnungsrechtlich ein ökonomisch Sinnvollen an LKW-fähigen
    - nicht erst seit gestern - zu kaschieren,                                        werden. Dass es dabei nicht um Wald im                   vorheriges Planfeststellungsverfahren, bei    ökologischer Totalausfall! Wegen geführt hat; oder zur Pflicht alle mög-
    ja erst zu ermöglichen. Gesetzeszielbestimmungen sind           ökologischen Sinn geht, machen die Gesetze selbst deut-                    dem die öffentlichen Interessen abge-                                             lichen Pläne zu erstellen, die nichts wirklich
6   aber juristisch nichts als Gesetzes-Lyrik, schönklingende       lich. Alle dauerhaft baumfreien Flächen eines Forstbetriebs                wogen werden und nachher für den Bürger klagbar über-          bewirken; zu forstwirtschaftlichen Zusammenschlüssen;                             7
    Absichtserklärungen, die bei der Anwendung nicht justizi-       (Wege, Lagerplätze und sonstige Betriebsflächen im Forst)                  prüfbar sind. Ausgerechnet im Wald geschieht das ohne          zu verschiedenen und schön klingenden Kategorisierun-
    abel sind. Man sucht als Jurist in den weiteren Paragraphen     gelten fiktiv als Wald im Sinne der Gesetze. Der größere                   jede Rücksicht auf die gravierenden ökologischen Folgen        gen von Wäldern ohne erkennbaren Regelungsgehalt;
    vergeblich nach justiziablem Ordnungsrecht, das die öko-        Rest wird forstfachlich treffend nicht als Wald, sondern                   und ohne Korrektiv der Rechtsprechung. Ist dereinst das        das Sperren von Waldflächen für Erholungssuchende; die
    logischen Leistungen des Waldes schützt oder fördert,           als „Holzbodenfläche“ bezeichnet, was ihre dominierende                    forstliche Zerstörungswerk vollendet, würden also rund         Pflicht zur Einrichtung forstlicher Beiräte, die allesamt nichts
    geschweige denn die Waldbesitzer in die Pflicht nimmt, den      Funktion unverblümt beschreibt. Kein Wunder also, dass                     2,5 Mio. ha Forstflächen (ein Mehrfaches der bisher insge-     zu entscheiden haben; ein forstliches Versuchswesen,

    FORSTRECHT ÖKOLOGISCH AUSRICHTEN                                                                                                                                                                                                                                                     2021
Forstrecht ökologisch ausrichten - Schluss mit der gesetzlichen Nachhaltigkeitslüge Ein forstpolitischer Essay von Wilhelm Bode - Waldwende Heidelberg
Die nach wie vor großflächigen Fichtenforste in Deutschland und ihre weitere Entwicklung bestimmen maßgeblich den Wasserhaushalt der Landschaft.   Gerade in Zeiten der Klimaerwärmung muss die Wasserspeicherfunktion von Wäldern aktiviert und optimiert werden, Foto: Harry Neumann

    das zurzeit vor allem neue Fremdbaumarten und Züch-                        ökonomisch gewollt auf ihren ökologischen Tiefpunkt her-                zwar gut vor laufenden Kameras inszenieren lässt, aber         ökologische Brosamen abwürfe, aber nichts an der system-
    tungen erforscht; sogar zur Pflicht forstliche Fachkräfte zu               untergewirtschaftet und das zu einer Zeit, in der es gerade             die Probleme nur ein weiteres Mal auf die nächste Gene-        widrigen Wirtschaftsweise änderte. Wir kennen die verbrei-
    beschäftigen, also zur Planstellenvorsorge des eigenen                     auf sie besonders ankommt.                                              ration verschiebt, wenn nicht bereits das nächste Trocken-     tete politische Taktik, mit nebensächlichen Forderungen
    Berufsstandes; und schlussendlich auch noch für die je-                                                                                            jahr oder der nächste Sturm die politische Scheinfunktion      eine Reformdiskussion zu überlasten, damit nichts heraus-
    weilige forstliche Dienstkleidung zu sorgen etc. Insgesamt    Resilienz im Klimawandel sollte längst das Kernziel jeder                            entlarvt. Denn von Natur aus braucht man in Deutschland        kommt, was wirklich hilft. Notwendig ist darum eine Konzen-
    ein beeindruckendes und Gesetz gewordenes Bereitstel-         Waldwirtschaft sein und die wird nur systemisch/biologisch                           keine Bäume zu pflanzen, wenn man die richtige wald-           tration auf die waldökologischen, systemischen Essentials.
    lungsprogramm für die Selbstversorgung des Forstbeam-         erreicht werden können. Wollten wir also den Haupttäter                              bauliche Betriebsform in der Waldwirtschaft verfolgt. Der      Alles andere Wünschenswerte würde erfahrungsgemäß
    tentums. Ökologische Regelungen sucht man vergebens,          der aktuellen Waldkrise beim Namen nennen, hätten wir                                Gipfel der Scheinheiligkeit sind deswegen                                        die Parlamente lahmlegen und paraly-
    wo sie am ehesten zu erwarten wären, nämlich in den Forst-    es schwer, die Schuld auf den Klimawandel, die Forstwirt-                            die jetzt überall zu hörenden „heiligen“                                         sieren sowie gleichzeitig den zahlreichen
                                                                                                                                                                                                      Die Zeit ist nämlich reif,
    gesetzen des selbsternannten Geburtslan-                                       schaft oder den Gesetzgeber gerecht zu                              Schwüre, in Zukunft nur noch Mischwälder                                         Gegnern einer ökologischen Forstgesetz-
    des der Nachhaltigkeit.                         Resilienz im
                                                               Klimawandel verteilen. Ein Blick in die wenigen naturnä-                                zu fördern und zu pflanzen. Wohlwissend,          ja überfällig, für ein         gebung in der Forst- und Holzwirtschaft
                                                 sollte längst das Kernziel        heren Wälder Deutschlands zeigt jeden-                              dass Mischwälder sich kaum erfolgreich         ökologisches Forstrecht           den Boden ihrer gewohnt erfolgreichen
    Und der Forst, er stirbt gerade deshalb,     jeder Waldwirtschaft sein falls, dass die Trockenjahre dort offenbar                                  pflanzen lassen, wenn man nicht mindes-        in Deutschland, das die           Blockadehaltung bereiten. Es ist aber
    und ausgerechnet im einzigen Land der                                          nicht gewütet haben. Die nach Baumar-                               tens gleichzeitig und am selben Ort auf die                                      hohe Zeit, den Finger in die Wunde der
                                                       und die wird nur                                                                                                                               Forstwirtschaft zwänge,
    Welt, in dem das Pflanzen von Bäumen                                           ten, Alter und Stärke gemischten Wälder,                            natürliche Waldentwicklung (Sukzession)                                          systemwidrigen Betriebsweise unserer
    überwiegend von hoheitlichen Beamten           systemisch/biologisch           vorwiegend aus Naturverjüngung heran-                               setzt.                                       ihren Holzackerbau in eine Forste zu legen, bevor es zu spät ist.
    observiert wird. Denn wir alle haben uns      erreicht werden können.          gewachsen, zeigen sich bemerkenswert                                                                     systemische Waldwirtschaft
    daran gewöhnt, dass die Forstwirtschaft                                        resilient und wuchsfreudig und von der                              Vor dem Hintergrund dieses nur wenig       zu überführen!       Es ist darum richtig und geboten, wenn
    zwar planmäßig und insofern sehr aufwendig, aber trotz-       aktuellen Trocknis unberührt. Nur leider sind sie eine kleine                        Hoffnung machenden Zustandes der                                                            sich die Umweltverbände auf die wichtigs-
    dem mit Pseudowäldern wirtschaftet, die die ökologische       Insel im Meer des naturfernen Altersklassenwaldes geblie-                            Forstpolitik und der Forstwirtschaft in Deutschland, sollen               ten Essentials systemischer Waldökologie beschränken,
    Grenze ausreizen und schon bei geringsten Klimaschwan-        ben, der nicht nur durch die Forstgesetze politisch gewollt,                         hier die Mindeststandards der Forstgesetze angesichts der                 um diese erstmals durch Forstgesetze für die Zukunft zu
    kungen zu kippen beginnen. Das Kardinalbeispiel da-           sondern nach wie vor auch das Ziel aller finanziellen, staat-                        realen Gefahr großflächigen Verlusts unserer Forste formu-                gewährleisten, also die Forstwirtschaft in Deutschland erst-
    für sind unsere Kiefern- und Fichten-Monokulturen mit al-     lichen Förderungen für private Waldbesitzer ist.                                     liert werden. Verständlicher Weise gibt es eine Vielzahl von              malig zur ökologischen Nachhaltigkeit zu verpflichten. We-
8   lein rund 50% der Waldfläche. Und das Milliardenheer der                                                                                           fachlich begründeten Forderungen an die Gesetzgeber,                      niger ist deswegen mehr, denn angesichts der öffentlichen          9
    Borkenkäfer ist nur der natürliche Beweis dieser Fehlent-     Vor diesem Hintergrund ist die politische Forderung nach                             detaillierte Regelungen zur Waldökologie und insbesonde-                  Aufmerksamkeit, die der Wald heute genießt, ist das
    wicklung. Denn jede homogene Fraß Struktur schafft sich       schneller Wiederaufforstung mit staatlicher Hilfe scheinheilig                       re zum Waldnaturschutz in die Forstgesetze aufzunehmen.                   Wenige auch tatsächlich erreichbar. Die Zeit ist nämlich reif,
    seine homogene Fresser Struktur ganz von alleine, wie         und nur der Etikettenschwindel eines Neubeginns mit                                  Doch angesichts der jahrzehntelangen Verweigerungs-                       ja überfällig, für ein ökologisches Forstrecht in Deutsch-
    jeder Gärtner weiß. Die dynamischen Stabilitätseigen-         Katastrophenwäldern wie schon zuvor. Bäume zu pflanzen                               haltung würde das absehbar zu einem zerfleddernden                        land, das die Forstwirtschaft zwänge, ihren Holzackerbau
    schaften unserer Forste, insbesondere ihre Resilienz, sind    ist zur ökologischen Ersatzhandlung geworden, die sich                               Fachstreit bis zum Nimmerleinstag führen, der zwar einige                 in eine systemische Waldwirtschaft zu überführen!

    FORSTRECHT ÖKOLOGISCH AUSRICHTEN                                                                                                                                                                                                                                                         2021
Forstrecht ökologisch ausrichten - Schluss mit der gesetzlichen Nachhaltigkeitslüge Ein forstpolitischer Essay von Wilhelm Bode - Waldwende Heidelberg
1. SELEKTIVE HOLZNUTZUNG
     „Sanfte“ Holzernte mit Rückepferden. Die Pflicht zur selektiven Holznutzung ist die Kernforderung einer ökologischen Reform unserer Forstgesetze. Die schlagweise   Bestandswirtschaft im Altersklassenwald ist als Nutzungssystem ungeeignet, die Selbstoptimierung des Waldes zu erhalten oder wieder in Gang zu setzen, Fotos: Harry Neumann

             Sieht man von den wenigen, nutzungsfreien Schutzwäl-            renziert, vernetzt und verbessert. Als Folge dieser Stetigkeit                                           - weltweit. Ein Systemwechsel in der Holzerzeugung ist da-      drückt meint das die schonende, selektive Entnahme der zu
             dern und den noch selteneren, naturgemäß bewirtschafte-         reichern sie ihren Oberboden kontinuierlich humos an, was                                                rum dringlich, denn Holz ist einer der wenigen nachwach-        nutzenden Bäume auf anteilig größerer Fläche bei regel-
             ten Dauerwäldern ab, ist der deutsche Forst ein naturferner     seine Belüftung wie seine Wasserhaltekraft (die sogenannte                                               senden Massen-Rohstoffe. Holzerzeugung könnte sinnvoll          mäßiger Wiederkehr technisch „sanfter “ Eingriffe nach
             Altersklassenwald (~Holzackerbau), d.h. er wird in schlag-      Feldkapazität) laufend erhöht und damit waldoptimal zube-                                                sein, wenn nicht sogar notwendig. Andererseits sind bio-        drei bis max. fünf Jahren. Zudem kommt die zeitversetzte
             weiser Bestandswirtschaft genutzt und besteht vorwiegend        reitet. Das Ergebnis dieser Selbstoptimierung ist ein nahe-                                              sphärisch stützende Wirtschaftswälder erst recht unver-         Einzelstamm-Entnahme der natürlichen endogenen
             aus labilen Mono- oder Bikulturen. Sie führt im Zeitmaß         zu geschlossener Nährstoffkreislauf, der durch Laubabwurf                                                zichtbar, die diese Funktion auch tatsächlich erfüllen. Am      Störungsdynamik von Urwäldern sehr nahe. Infolge der
             der sogenannten Umtriebszeit zur sogenannten „Endnut-           der sommergrünen Altbäume aus tieferen Bodenschich-                                                      waldbaulichen System der Holzerzeugung entscheidet sich         selektiven Entnahme der Nutzungsmasse im Rahmen des
             zung“, d.h. zur Vernichtung der im Verlauf                                        ten die zum Aufbau der Biosubstanz ver-                                                darum die Frage, ob sie in Zeiten des Kli-                                       Nachhalthiebsatzes erübrigen sich alle
             ihres Baumlebens aufgebauten systemi-
                                                             Wälder sind aber tatsäch- zehrten Nährstoffe im Oberboden sogar                                                          mawandels ethisch/politisch überhaupt            Das Zauberwort dieses           forstlichen Maßnahmen zur künstlichen
             schen Vernetzung im Boden wie die seiner                                          mehr als nur ausgleichen kann, also sogar                                              verantwortbar ist. Ein Wandel im waldbau-         Weges heißt selektive          Baumnachzucht inklusive der dadurch
             oberirdischen Biozönosen, und damit              lich ein Kontinuum aus           Boden verbessernd wirken kann. Ähnlich                                                 lichen Betriebssystem unserer Forstwirt-                                         anfallenden hohen Kosten auf den zuvor
             zwangsläufig zum Neustart des nächsten           Raum und Zeit und des-           optimiert ein Wald auf der langen Zeit-                                                schaft ist insofern unaufschiebbar.
                                                                                                                                                                                                                                      Holznutzung statt schlag- betrieblich bedingten Kulturflächen. Der
             an Baumarten und Struktur armen Alters- wegen in unseren sommer- achse ungestörter Kontinuität sein mildes                                                                                                               weise Bestandswirtschaft. Wald beginnt sich von Natur aus stetig zu
             klassenwaldes. Forstfachlich wird dieser
                                                              grünen, humiden Laub-            und feuchtes Waldbinnenklima sowie sei-                                                Sowohl die historisch erhaltenen, bäuerli-      Positiv ausgedrückt meint verjüngen.
             Vorgang darum treffend als „Abnutzung“                                            nen nutzbaren Gewässerhaushalt, nicht                                                  chen Plenterwälder des Schwarzwaldes,              das die schonende,
             bezeichnet, denn nichts anderes ist er aus       mischwäldern von Natur           zuletzt durch eine stetige Infiltration der                                            die nach dem „Lübecker Modell“ bewirt-                                           Gleichzeitig wird durch selektive Holzent-
             ökologischer wie ökonomischer Sicht.              aus auf ewig angelegt.          Niederschläge in den Grundwasserkör-                                                   schafteten Prozessschutzwälder sowie
                                                                                                                                                                                                                                       selektive  Entnahme der         nahme das systemisch/biologische Kon-
                                                                                               per. Es ist seine kontinuierliche Baumbe-                                              die naturgemäßen, privaten Dauerwaldbe-          zu nutzenden Bäume...           tinuum des Waldes geschützt und wieder
             Wälder sind aber tatsächlich ein Kontinuum aus Raum und         stockung, die einen Wald erst zu einem unvergleichlichen                                                 triebe zeigen indessen eindrücklich, dass                                        in Gang gebracht. Es simuliert ein natürli-
             Zeit und deswegen in unseren sommergrünen, humiden              Wasserspender und -speicher biologisch aufrüstet.                                                        eine Abwendung von der schlagweisen Holzerzeugung               ches Waldökosystem und erzeugt ein Kulturökosystem mit
             Laubmischwäldern von Natur aus auf ewig angelegt.                                                                                                                        nicht zu weniger ja sogar zu einer allmählich sogar anwach-     zahlreichen kostenlosen Vorteilen für das Gemeinwesen
             Natürliche Kalamitäten mit Freilegung des Waldbodens            Die schlagweise Bestandswirtschaft im Altersklassenwald                                                  senden Holzerzeugung führen kann. Ihre ökonomischen             und nicht zuletzt für den Waldbesitzer selbst. Er ist als
             sind in ihnen extrem selten. Entsprechend optimieren sie im     ist als Nutzungssystem ungeeignet, diese Selbstoptimie-                                                  Ergebnisse zeigen zudem deutlich, dass es sich im Wald          Eigentümer der Hauptgewinner dieser Wirtschaftsweise,
10           Zuge ihrer kontinuierlichen Waldentwicklung die Vernetzung      rung des Waldes zu erhalten oder wieder in Gang zu setzen.                                               nicht lohnt gegen die Natur zu wirtschaften, sondern unter      die die Produktionskraft seiner Waldböden allmählich wie-                                        11
             zwischen ihren Bestandsgliedern wie die der sie begleiten-      Die periodische Zerstörung dieser biokybernetischen Pro-                                                 intelligenter Ausnutzung natürlicher Prozesse stabilere und     der verbessert und nicht weiter abnutzt.
             den Biozönosen und prägen und verbessern dadurch ih-            zesse ist im Nutzungssystem des Altersklassenwaldes                                                      naturreichere Wälder heranwachsen.
             ren Waldstandort selbst. Ihr zentrales biologisches Kontinu-    zwangsläufig; sie führt unbestritten zur allmählichen Ver-                                                                                                               Die Pflicht zur selektiven Holznutzung ist darum die
             um ist der Waldboden, der durch die Kontinuität der stets       schlechterung der Waldstandorte und inzwischen zur ga-                                                   Das Zauberwort dieses Weges heißt selektive Holznut-            Kernforderung einer ökologischen Reform unserer
             gemischten Baumschicht sich fortlaufend weiter ausdiffe-        loppierenden Kalamitätsanfälligkeit aller Wirtschaftswälder                                              zung statt schlagweise Bestandswirtschaft. Positiv ausge-       Forstgesetze schlechthin.

             FORSTRECHT ÖKOLOGISCH AUSRICHTEN                                                                                                                                                                                                                                                                                    2021
Forstrecht ökologisch ausrichten - Schluss mit der gesetzlichen Nachhaltigkeitslüge Ein forstpolitischer Essay von Wilhelm Bode - Waldwende Heidelberg
2. KAHLSCHLAGFREIHEIT                                                                                                          3. WALDBODENSCHUTZ
     Buchen-Schirmschlag an der Sackpfeife, 674 Meter über NN, Hessen, Foto: Norbert Panek                                          Die aktuellen Erntemethoden mit tonnenschweren Harvestern schädigen irreversibel die Waldböden und den Wasserhaushalt „Tatort“:
                                                                                                                                    Fürstlicher Privatwald im nördlichen Rheinland-Pfalz, Foto: Harry Neumann

     Jeder kennt die Argumente staatlicher Forstbehörden, man       (inklusive einer Zunahme bodennaher Winde) mit dauer-           Mittelbares Ziel der selektiven Holzentnahme wie der Kahl-      ernte nicht. Er verfügt über die letzten, nicht durch Kultur-
     könne standortfremde Forste nur durch Kahlschlag umwan-        hafter Veränderung seines Edaphons zurück zu entwickeln.        schlagfreiheit ist der Schutz des Kontinuums der Waldbö-        tätigkeit des Menschen veränderten, noch halbwegs
     deln. Doch Vorsicht! Das ist ein Rosstäuscher-Trick, denn      Seine zeitweise Beschattung im Verlauf des Tages ist des-       den. Sie sind die Quelle der Wertschöpfung und müssen           intakten, sich biologisch selbst regelnden Böden und geht
     er führt erneut zum Altersklassenwald und schiebt damit        wegen von der Baumhöhe der ihn umgebenden Waldränder            darum systemisch im Zustand ihrer optimalen Leistungs-          damit um wie ein Berserker, obwohl, wie sich bereits zeigt,
     die ungeliebte waldbauliche Reform im un-                                       abhängig. Daraus und aus dem Muster na-        fähigkeit erhalten werden, zumal sie iden-                                        es ihn selbst dereinst am heftigsten tref-
     günstigsten Fall um ein Jahrhundert nach            Zu einer anderen            türlicher Baumlücken-Mosaike von Urwäl-        tisch sind mit jenen Eigenschaften, auf Jeder Bürger ist seit ca. 100 fen wird. Längst sind die biochemischen
     hinten in der Hoffnung, man könne später        waldbaulichen Betriebs-         dern lässt sich die waldökologisch zuträgli-   die es im Klimawandel ankommt: Durch-
                                                                                                                                                                                        Jahren gezwungen,
                                                                                                                                                                                                                      Folgen der Bodenverdichtung erforscht
     weiter machen wie bisher. Zu einer anderen      form kommen wir in den          che Größe einer systemisch unschädlichen       lüftung, Porenvolumen, Humosität und                                              und bekannt. Ein Fünftel unserer Wald-
     waldbaulichen Betriebsform kommen wir in                                        Entwaldung herleiten. Es sind maximal nur      Struktur der Bodensubstanz. Vor diesem             den Mutterboden bei            böden werden dadurch schlussendlich
     den labilen Forsten nur durch konsequent
                                                    labilen Forsten nur durch ca. 1.000 m² oder 0,1 ha, nämlich etwa                Hintergrund ist es umso erstaunlicher,          Flächeninanspruchnahme zu einer gewaltigen Methan- und Lach-
     kahlschlagfreie Bewirtschaftung ab sofort konsequent kahlschlagfreie 33 x 33 m der Durchschnittsbaumhöhe in                    wenn allein wegen günstigerer Stückkos- mit hohem Kostenaufwand gasquelle, ganz zu schweigen von
     und ohne Ausnahmen. Richtig ist, dass es      Bewirtschaftung ab sofort Deutschland. Legen Sie diesen Maßstab                  ten für die Holzbringung an den LKW-fähi-
                                                                                                                                                                                   zu schützen bzw. sicherzu-
                                                                                                                                                                                                                      der signifikanten Verschlechterung des
     in der Zeit der Überführung weiterhin zu         und ohne Ausnahmen.            an bestehende Verbotsregelungen an, wird       gen Weg (in Höhe von nur ca. 25 % je m³                                           Geländewasserhaushaltes, auf den die
     Risiken kommt, die jedoch ohnehin beste-                                        deutlich, mit welchem Taschenspielertrick      gegenüber sanfteren Methoden, das                 stellen – ausgerechnet          Holzerzeugung im Klimawandel indes-
     hen (als Zwangsfolge der Altersklassenwirtschaft) aber ab      unsere derzeitigen Gesetze den Eindruck nur erwecken,           entspricht nur ca. 3-7 € je m³) erst seit       aber ein Waldbesitzer im          sen mehr angewiesen ist als jemals zuvor.
     Beginn der Überführung mit jedem Jahr geringer werden.         Kahlschläge seien verboten. Sie sind es nicht! Die Fotos auf    jüngerer Zeit 20 % der Waldfläche ver-          Zuge der Holzernte nicht. Auch der Hinweis auf die restlichen
                                                                    den Webseiten der Umweltverbände überführen die gesetz-         dichtet und damit biologisch vernichtet                                           80 % der Waldfläche, die unbefahren
     Kahlschläge sind gut zu kontrollieren und bedürfen dazu        liche Lüge nahezu bei jedem der berichteten Beispiele und       werden. Möglich war und ist das infolge des Fehlens eines       bleiben sollen, ist keine Entschuldigung. Der Waldboden
12   eine justiziable Definition im Gesetz. Da es auf ihre syste-   für jedes Bundesland.                                           wirksamen Bodenschutzes in den Forstgesetzen, der sich          und sein wanderungsunfähiges Edaphon werden parzelliert                  13
     mische Wirkung ankommt, ist eine bioklimatische Definition                                                                     nicht an die Gesellschaft richtet, sondern an den Waldbe-       im 20 m Raster und ihre Vernetzung sowie zahlreicher
     notwendig. Erst wenn auf einer entwaldeten Fläche som-         Das strikte Gebot der kahlschlagfreien Holznutzung              sitzer selbst. Jeder Bürger ist seit ca. 100 Jahren gezwun-     anderer Lebensformen wird unterbrochen.
     mertags der Boden ganztägig dem Volllicht ausgesetzt           ist darum verpflichtend für die Forstwirtschaft in allen        gen den Mutterboden bei Flächeninanspruchnahme mit
     wird, beginnt der Oberboden seine humosen Biomassevor-         Forstgesetzen zu verankern und bei Zuwiderhandlun-              hohem Kostenaufwand zu schützen bzw. sicherzustellen            Über Jahrhunderte hat die Menschheit ihre Wälder genutzt,
     räte beschleunigt umzusetzen, sich also zum Freilandboden      gen wirksam zu sanktionieren.                                   – ausgerechnet aber ein Waldbesitzer im Zuge der Holz-          ohne diesen Aderlass biologischer Zerstörung in Kauf

     FORSTRECHT ÖKOLOGISCH AUSRICHTEN                                                                                                                                                                                                                                 2021
Forstrecht ökologisch ausrichten - Schluss mit der gesetzlichen Nachhaltigkeitslüge Ein forstpolitischer Essay von Wilhelm Bode - Waldwende Heidelberg
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     Durch die industrielle Waldbewirtschaftung mit Rückemaschinen und Harvestern entstehen schwere Waldschäden Der Anteil an irreversibel verdichteten
     Rückegassen an der gesamten Waldfläche liegt bei bis zu 20 %, „Tatort“: Gemeindewald Helferskirchen, nördliches Rheinland-Pfalz, Foto: Harry Neumann

     FORSTRECHT ÖKOLOGISCH AUSRICHTEN                                                                                                                       2021
Forstrecht ökologisch ausrichten - Schluss mit der gesetzlichen Nachhaltigkeitslüge Ein forstpolitischer Essay von Wilhelm Bode - Waldwende Heidelberg
4. VERBOT ALLER
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     Die unheilvolle Entwicklung der Waldbewirtschaftung ist allein der Hochmechanisierung der Holzernte geschuldet, Foto: Harry Neumann   Ein grundsätzliches Verbot der Einbringung von Fremdstoffen (Biozide, Düngung und Reststoffen) ist in den Forstgesetzen zu verankern und
                                                                                                                                           wirksam zu sanktionieren, Foto: Harry Neumann

     zu nehmen. Auch wenn man den Waldbesitzer nicht zu           lich haben wir ihn längst. Rechnerisch ergäbe sich aus                   Man braucht nicht auf das forstlich beliebte Beispiel des                Es ist darüberhinausgehend ein grundsätzliches Verbot
     historischen Holzbringungsmethoden zwingen will, sind        dem traditionellen Linienabstand von mindestens 50 m ein                 früheren Forsteinsatzes von „Agent Orange“, dem DNA-                     von Fremdstoffeinträgen aller Art notwendig und gebo-
     die gegenwärtigen Methoden der 20 m-Erschließung der         Verbot des Befahrens einer Waldfläche von ca. 92 %. Einige               verändernden, cancerogenen Entlaubungsgift des Viet-                     ten, d.h. auch der einer angeblich ökologisch begründeten
     Forste ethisch nicht zu rechtfertigen. Sie                                     Dauerwaldbetriebe zeigen, dass sogar                   namkrieges, zurückzugreifen, um sich heute ökologisch                    „Bodenschutzkalkung“. Auch sie ist, wie jede Form der Bo-
     verbrauchen unwiederbringlich die biolo- Die unheilvolle Entwicklung ist Linien-Abstände von 100-120 m bei kon-                       einsichtig zu geben. Das heutige Standardgift Round up                   dendüngung, eine Störung des Kontinuums des belebten
     gische Zukunft unserer Waldlandschaft       allein der Hochmechanisie- sequentem Einsatz sanfter Bringungs-                           greift in die Artenvielfalt wesentlich tiefer ein als das in-            Waldbodens, selbst wenn sie als Gegenmaßnahme zum
     und damit unserer Gesellschaft. Da bei rung der Holzernte geschuldet techniken wirtschaftlich möglich sind                            zwischen allgemein berüchtigte „245 T“ von damals. Und                   Säureeintrag aus der Luft als sogenannte Kompensations-
     Abwägung der ökonomischen Interessen                                           (z.B. mit Pferden). Und was dem Wald-                  man kann sich die absehbare Diskussion um angeblich                      kalkung dienen soll, wie vordergründig herbeigeredet wird.
     des Waldbesitzers es auf einen ökologi-
                                                  und steht damit im krassen        Bewirtschafter bis vor 30 Jahren noch                  „unschädliche“ Biozide sogar ganz ersparen: In gemisch-                  Abgesehen davon, dass Waldkalkung keine echte, dau-
     schen Kompromiss mit den Gemeinwohl-          Widerspruch der bis auf          möglich war, kann ihm auch heute zuge-                 ten und strukturreichen Forsten bedarf es grundsätzlich                  erhafte chemische Kompensation bewirken kann, ist sie
     interessen hinausläuft, sollten die Forst-  den heutigen Tag gängigen mutet werden, nachdem die Schädlich-                            keinerlei Biozide. Ihre herbeigeredete Notwendigkeit ist                 keine ursächliche Strategie, sondern wirkt primär politisch
     gesetze das Höchstmaß der befahrbaren Schutzbehauptung, man wolle keit seiner technischen Innovationen in-                            genauso hausgemacht wie der Borkenkäfer und viele ande-                  „kompensierend“, nämlich sich das umwelttechnisch
     Flächen eines Waldes justiziabel zwin-                                         zwischen allgemein bewusst geworden                    re biotischen Gefahren im naturfernen Wirtschaftswald, die               Gebotene und Mögliche zu ersparen. Ein Verbot jeglicher
     gend festlegen.
                                                 keinen maschinengerechten ist. Man vergleiche dazu die durch den                          es zu Fernsehruhm bringen. Wald ist zudem der einzige,                   Fremdstoffeinträge zwingt vielmehr jeden Waldbesitzer auf
                                                       Wald – tatsächlich           Klimawandel induzierten, gewaltigen Ver-               sparsamste und vollwirksame Schutz vor Kontaminie-                       die Integrität seiner Waldböden selbst zu achten, ihnen also
     Noch bis vor wenigen Jahren waren               haben wir ihn längst.          änderungen im Automobilbau und -ge-                    rung unserer Grundwasserversorgung und schon allein                      betriebsbedingte Störungen und Stressoren möglichst weit-
16   Linienabstände von 50 m und mehr                                               brauch durch den Konsumenten, um zu                    vor diesem Hintergrund ist flächenhafter Einsatz von Bio-                gehend zu ersparen.                                                 17
     allgemein akzeptiert und gebräuchlich. Die unheilvolle Ent-  verdeutlichen, dass damit nichts Unmögliches verlangt wird.              ziden auf der Waldfläche grundsätzlich gesetzlich zu un-
     wicklung ist allein der Hochmechanisierung der Holzernte                                                                              tersagen. Ganz zu schweigen von der gravierenden, nicht                  Ein grundsätzliches Verbot der Einbringung von
     geschuldet und steht damit im krassen Widerspruch der        Entsprechend wird vorgeschlagen, das Befahren auf                        zu vermeidenden Störung und der Vernichtung wichtiger                    Fremdstoffen (Biozide, Düngung und Reststoffen) ist
     bis auf den heutigen Tag gängigen Schutzbehauptung,          8 % einer Waldfläche in den Forstgesetzen zu begren-                     Kompartimente der Waldbiozönose durch jeden einzelnen                    in den Forstgesetzen zu verankern und wirksam zu
     man wolle keinen maschinengerechten Wald – tatsäch-          zen und Zuwiderhandlungen scharf zu sanktionieren.                       Biozid-Einsatz.                                                          sanktionieren.

     FORSTRECHT ÖKOLOGISCH AUSRICHTEN                                                                                                                                                                                                                                            2021
Forstrecht ökologisch ausrichten - Schluss mit der gesetzlichen Nachhaltigkeitslüge Ein forstpolitischer Essay von Wilhelm Bode - Waldwende Heidelberg
5. W
         IEDERHERSTELLUNG DES
        GELÄNDEWASSERHAUSHALTES IM WALD
     Gerade in Zeiten der Klimaerwärmung muss die Wasserspeicherfunktion von Wäldern aktiviert und optimiert werden. In naturnahen und   geschlossenen Wäldern sind Bäume überwiegend robust gegenüber den momentanen Stressfaktoren, Foto: Harry Neumann

     Dass die akuten Kalamitäten 2018-2020 vor allem als Folge   zu verschließen – erstaunlich angesichts des öffentlichen               in Wegebau investiert - auf Kosten des „dummen“ Steuer-          ein bleibender ökologischer Schaden. Die Wegdurchlässe
     von Wassermangel übersetzt werden müssen, der unsere        Wehklagens über die schlimme Trockenheit infolge der                    zahlers, weil sich die Politik von technikfreudigen Forstver-    lassen sich indessen sehr gut mit vertretbarem Aufwand
     Wälder in Zukunft zunehmend bedrohen wird, hat sich         Klimaänderung, das sogenannte „Verdursten“ unserer                      waltungen beraten ließ. Heute kommen dort auf jeden ha           verschießen und durch oberirdische Pflasterrinnen erset-
     in der Politik herumgesprochen. Es ist deswegen umso        Forste. Man müsste die forstlichen Entwässerungsstruktu-                Forstfläche 60-70 lfm LKW-fähige Wege; 30 lfm wären aber         zen, um das Wasser auf der anderen Seite im Wald wie-
     erstaunlicher, dass nirgends in der Forst-                                  ren sogar nur punktuell verschließen und                bereits ökonomisch optimal. Wenn man                                             der versickern zu lassen. Die technische
     politik oder wenigstens in den Medien die     Mit Trapez- und anderen       erzeugte damit sowohl die Unterbrechung                 also mehr Wege gebaut hat, als man ge-            In ein proaktives Forst-       Wasserführung im Forstwegebau wür-
     Frage aufgeworfen wird, was die Forst-                                      der oberirdischen Wasserableitung, um                   braucht hätte, handelt es sich entweder                                          de sich bei einer ganzflächigen waldbau-
                                                  Entwässerungsstrukturen den „Durst “ des Waldes ein Stück weit                                                                            gesetz zu Zeiten des
     wirtschaft selbst dagegen unternehmen                                                                                               um planwirtschaftliche Verschwendung                                             lichen Strukturierung durch Dauermisch-
     könnte. Das sicher Wichtigste ist die oben   in den ebenen Waldlagen wieder selbst zu löschen. Es verblieben                        oder der Wegebau hat der Forstbürokra- Klimawandels gehört darum wälder schlussendlich ohnehin erübrigen,
     beschriebene Änderung des waldbauli-           werden die Waldböden         gleichzeitig viele kleinere Feuchtbiotope,              tie Spaß gemacht. Über die ökologischen           ein striktes Verbot von        nämlich durch die natürliche Verbesserung
     chen Betriebssystems mit ihrer systemi-       systematisch und gewollt      die  ein wirksamer Beitrag wären, dem                   Folgen dieser Verschwendung wurde die             Forstwege-Neubauten            der Bodeninfiltration aller anfallenden Nie-
     schen Wirkung für das Waldbinnenklima,                                      Artenschwund der darauf angewiesenen                    Politik bis heute wohl von keinem einzigen                                       derschläge einschließlich der Verringerung
     die Infiltration und Evaporation, die Be-
                                                  trockengelegt – vor allem Lebensformen entgegen zu wirken.                             Forstbeamten aufgeklärt. Und die sind erheblich, zumal an        der Hochwasserschüttung der Vorfluter in die Überflutungs-
     stands-Windruhe, die Verringerung des          wegen der Befahr- und                                                                Gefällwendepunkten aufwändige Wegedurchlässe gebaut              flüsse der Ebenen - ein politisch willkommener Beitrag zum
     Transpirationsstresses, die Erhöhung des           Bepflanzbarkeit.         Im Hügelland sind es vor allem die zahl-                wurden und werden, um das Wasser in den gegenüberlie-            Hochwasserschutz der Zukunft - kostenlos, versteht sich.
     Kronentrauf-Regens u.v.m.; das darf aber                                    reichen Wege, die mit ihren Spitzgräben                 genden Graben und von dort mitunter bis in die Vorfluter ab-
     nicht von der Tatsache ablenken, dass die Forstwirtschaft   als massive Störung des oberflächennahen Wasserzugs                     zuleiten, also Hochwässer aus dem Wald zu speisen. Damit         In ein proaktives Forstgesetz zu Zeiten des Klima-
18   selbst vorsätzlicher Verursacher von Eingriffen in den      wirken. Der wegebautechnisch notwendige, hangseitige                    muss spätestens jetzt Schluss sein!                              wandels gehört darum ein striktes Verbot von Forst-            19
     bodennahen Wasserhaushalt ist. Mit Trapez- und anderen      Anschnitt des gewachsenen Bodens erzeugt eine bis tief                                                                                   wege-Neubauten, ein Gebot des Rückbaus aller
     Entwässerungsstrukturen in den ebenen Waldlagen werden      in den Wald messbare Erhöhung des oberflächennahen                      Ein Verbot des Wegeneubaus wie ein Gebot des Rückbaus            Wegedurchlässe, Entwässerungsstrukturen und Tra-
     die Waldböden systematisch und gewollt trockengelegt –      Hangwasserzugs und verringert dadurch die Grundwasser-                  speziell sämtlicher Wegbegleitender Trapezgräben und aller       pezgräben jeder Art im öffentlichen Wald, sowie eine
     vor allem wegen der Befahr- und Bepflanzbarkeit. Niemand    neubildung. Mehr als das Doppelte des betriebswirtschaft-               Wegedurchlässe ist unaufschiebbar. Wege lassen sich aller-       Verpflichtung zur staatlichen Förderung entsprechen-
     denkt bisher daran, diese Entwässerungsstrukturen wieder    lich Notwendigen wurde vorwiegend im öffentlichen Wald                  dings kaum noch ökologisch rückbauen, sie sind deswegen          der Rückbau-Maßnahmen im Privatwald.

     FORSTRECHT ÖKOLOGISCH AUSRICHTEN                                                                                                                                                                                                                           2021
NACHBEMERKUNG ZUR ENTSCHÄ DIGUNGSFREIEN
      REGELUNGSMACHT DER GESETZGEBER
     Die großflächigen Entnahmen der durch den Borkenkäfer geschädigten Fichten haben die Waldstrukturen, auch der angrenzenden Laub- und Mischwälder, stark   verändert. Aufgeforstet wurde überwiegend mit standortfremden Douglasien. „Tatort“: Gemeindewald. Helferskirchen, nördliches Rheinland-Pfalz, Foto: Harry Neumann

       Das Mindeste des durch den Klimawandel bedingten             vorgeschlagenen Regelungen sehr gut begründbar ist.                                                     werden in naturgemäßen Privatbetrieben mit sogar besse-        der Investitions- und Kostenseite (Waldschutz, Kulturen,
       Reformbedarfs in Deutschland besteht also aus nur fünf,      Zumal sie die Nutzbarkeit eines Waldbetriebes nicht                                                     rem Betriebsergebnis freiwillig erfüllt; auch weil es grund-   Wegebau, Rückgang der Kalamitätskosten etc.) überkom-
       aber dafür essentiellen, ordnungsrechtlichen Ergänzungen     einschränken. Das gilt erst recht bei einem Vergleich mit                                               sätzlich teurer ist gegen die Natur zu arbeiten als mir ihr.   pensiert werden. Das zu Beginn einer Umstellung zunächst
       unserer bisher ökologisch ignoranten Forstgesetze. Rechts-   den deutlich umfassenderen Rechtspflichten, die allen pro-                                              Die betriebliche Umsetzung dieser fünf                                          unausgeglichene Holzertragsergebnis (ein
       systematisch lassen sie sich als zwingende Vorschriften für  duzierenden Betrieben außerhalb der Forstwirtschaft und                                                 Punkte ist also nicht nur finanziell zu leis-  Das führen ausnahmslos deutlich höherer Schwachholzanteil in den
       die Holzerzeugung im Dienst der politisch                                     jedem Einzelnen von uns als Konsument                                                  ten, sondern auf Dauer die ökonomischere        alle privaten Dauerwald-        ersten ca. 10 Jahren der Überführung)
       unstrittigen Schutzfunktion unserer Wälder                                    klimabedingt zugemutet werden.                                                         Betriebsweise. Das führen ausnahms-                                             dreht sich nicht nur sukzessive in eine
                                                    Es bedarf gegenüber den                                                                                                                                               betriebe zum Teil seit vielen positive Richtung, sondern lässt sich durch
       für die Industriegesellschaft kategori-                                                                                                                              los alle privaten Dauerwaldbetriebe zum
       sieren. Es steht außer Frage, dass ihre öffentlichen Waldbesitzern Sämtliche Forderungen sind im öffentli-                                                           Teil seit vielen Jahrzehnten vor - nämlich     Jahrzehnten vor - nämlich staatliche Umstellungsförderung (unbüro-
       Schutzfunktion in Zeiten des Klimawandels         (Bund, Länder und           chen Wald eo ipso entschädigungsfrei                                                   konsequent kahlschlagfrei, ausschließlich konsequent kahlschlagfrei, kratisch, pauschal differenziert für jeden
       nicht nur regelungsfähig und entschädi- Kommunen) also nur einer zu leisten, denn er kann sich bekannt-                                                              selektiv nutzend, Biozid frei und ohne kos- ausschließlich selektiv nut- Betrieb) fördern und die Überführung da-
       gungsfrei möglich, sondern durch die Ge-                                      lich nicht auf die grundgesetzliche Ga-                                                tenintensiven Pflanzumbau nach Kahlhieb.                                        mit beschleunigen. Das Gleiche gilt für ein
                                                      zwingenden Anordnung                                                                                                                                                 zend, Biozid frei und ohne investives Entwässerungs-Rückbaugebot
       setzgeber auch geboten ist. Regelungen                                        rantie des Privateigentums berufen. Es
20     im Dienst einer Schutzfunktion sind nach         durch die Gesetze.           bedarf gegenüber den öffentlichen Wald-                                                Dasselbe ergibt sich logischer Weise auch kostenintensiven Pflanzum- gem. Punkt 5.                                                                     21
       übereinstimmender Rechtsauffassung im-                                        besitzern (Bund, Länder und Kommunen)                                                  für eine zwingende gesetzliche Verpflich-           bau nach Kahlhieb.
       mer entschädigungsfrei, wenn sie nicht nur zur Daseins-      also nur einer zwingenden Anordnung durch die Gesetze.                                                  tung gem. der Punkte 1 bis 4 für den Privat-                                    Es behaupte also niemand, die hier gefor-
       vorsorge geboten, sondern gleichgewichtig dem Erhalt der     Es entstehen, sieht man vom Rückbau-Gebot nach Punkt                                                    wald. Sie sind schon deshalb entschädigungsfrei, weil          derte, ordnungsrechtliche Gewährleistung der Schutzfunk-
       betrieblichen Leistungsfähigkeit jedes betroffenen Wald-     5 ab, nicht einmal Mehraufwendungen in den öffentlichen                                                 sie summarisch nicht zu Mehrkosten führen, die nicht           tion unserer Wälder in Zeiten des Klimawandels sei rechts-
       besitzers zu dienen bestimmt sind, was bei allen fünf        Forstbetriebshaushalten, denn alle genannten Forderungen                                                gleichzeitig durch systemisch bedingte Einsparungen auf        politisch oder gar entschädigungsrechtlich, geschweige

       FORSTRECHT ÖKOLOGISCH AUSRICHTEN                                                                                                                                                                                                                                                                               2021
DER AUTOR
     So sollten naturnahe und klimaresiliente Wälder mit hoher Diversität aussehen: Strukturreicher Buchenmischwald verschiedener Altersklassen mit ausreichend   Alt- und Totholz und natürlicher Sukzession. „Tatort“: Altenstädter Holz, Nationalpark Hainich, Thüringen, Foto: Harry Neumann

     denn wirtschaftlich, nicht jederzeit durch die Betriebe leist-           2. Das strikte Gebot zu kahlschlagfreier Holznutzung ist                                         Wilhelm Bode, Jurist und Forstakademiker, war Leiter der                    schen Jagd; so u.a. Tannen - Ein Porträt und Hirsche - Ein
     bar. Dasselbe gilt hinsichtlich der Angst vor gesetzlicher               verpflichtend zu verankern und bei Zuwiderhandlungen                                             Forstverwaltung sowie später der Obersten Naturschutzbe-                    Porträt (beide bei Matthes&Seitz), Jagdwende und Wald-
     Überregulierung. Die Einfügung dieser fünf Vorschriften                  wirksam zu sanktionieren.                                                                        hörde des Saarlandes. In den 90er Jahren begründete er                      wende (beides bei C.H. Beck) u.v.m. 2004 ergriff er auf der
     könnte gepaart werden mit der Außerkraftsetzung von min-                                                                                                                  als Waldsprecher eines bundesweiten Naturschutzverban-                      LANA in Bremen die Initiative zum Antrag der Bundesre-
     destens 50 % aller sonstigen forstrechtlichen Vorschriften,              3. Das Befahren mit Maschinen ist auf 8 % einer Wald-                                            des dessen Fachausschuss Wald+Wild und damit dessen                         gierung, der UNESCO die deutschen Buchenwälder als
     die allein aus dem organisatorischen Selbsterhaltungsinter-              fläche zu begrenzen und Zuwiderhandlungen sind scharf zu                                         späteren Waldschutzaktivitäten dieses Verbandes. Er ist                     Beitrag zum Weltnaturerbe vorzuschlagen, was 2011 er-
     esse der Forstbürokratie hineingemogelt wurden und keinen                sanktionieren.                                                                                   Fachautor zahlreicher Beiträge in wissenschaftlichen und                    folgte. 1989 führte er erstmals in einem Bundesland die
     echten Regelungsbedarf begründen (siehe oben). Sie könn-                                                                                                                  fachlichen Magazinen, sowie Buchautor erfolgreicher                         kahlschlagfreie Dauerwaldwirtschaft ein.
     te also deregulierend wirken, wenn man das will.                         4. Die Einbringung von Fremdstoffen (Biozide, Düngung und                                        Bücher zur naturnahen Waldwirtschaft und zur ökologi-
                                                                              Reststoffen) ist grundsätzlich zu untersagen und wirksam
     Nehmen wir also die Politik beim Wort, sie wolle die Wälder              zu sanktionieren.
     erhalten! – Oder wir müssen sie bei der nächsten Wahl
     Lügen strafen?                                                           5. In ein proaktives Forstgesetz zu Zeiten des Klimawan-
                                                                              dels gehört zum Schutz des Geländewasserhaushaltes                                               IMPRESSUM
     Nach Wilhelm Bode bedarf es bedarf es eines forstbe-                     im Wald ein striktes Verbot von Forstwege-Neubauten, ein
22   trieblichen Ordnungsrechts in allen Forstgesetzen, um                    Gebot des Rückbaus aller Wegedurchlässe, Trapezgräben                                            Herausgeber: Naturschutzinitiative e.V. (NI)                     ISBN: 	978-3-00-068875-1                                                          23
     die deutsche Nachhaltigkeitslüge zu beenden:                             und Entwässerungsstrukturen jeder Art im öffentlichen                                                         Am Hammelberg 25, 56242 Quirnbach                   Druck: 	safer-print GbR, D-97340 Marktbreit,
                                                                              Wald, sowie eine Verpflichtung zur staatlichen Förderung                                                      www.naturschutz-initiative.de                                                100% Recyclingpapier, FSC, Circle Silk Premium White
                                                                                                                                                                               Text:        Wilhelm Bode                                        Layout & Gestaltung: Grafik Thielen, www.grafik-thielen.de
     1.	Die Pflicht zur selektiven Holznutzung ist die Kernforde-            entsprechender Rückbau-Maßnahmen im Privatwald.                                                  Titelbild:	 Harry Neumann: FFH Gebiet Montabaurer Höhe,         Alle Rechte vorbehalten. Die Beiträge und Fotos sind urheberrechtlich geschützt.
         rung einer ökologischen Reform unserer Forstgesetze                                                                                                                                Wasserschutzgebiet, Kernlebensraum der europä-      Kein Teil dieser Broschüre darf ohne Genehmigung des Herausgebers digital oder
         schlechthin.                                                                                                                                                                       ischen Wildkatze und Naturpark, Rheinland-Pfalz     analog vervielfältigt werden. © 2021

     FORSTRECHT ÖKOLOGISCH AUSRICHTEN                                                                                                                                                                                                                                                                                      2021
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