DU BIST DA LERNEN ANDERS ERLEBEN - Schulwerk Augsburg

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A F R A
           SCHULMODELL DER
           DIÖZESE AUGSBURG

DU
BIST
  DA   LERNEN
       ANDERS
       ERLEBEN
DU BIST DA LERNEN ANDERS ERLEBEN - Schulwerk Augsburg
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                        SCHULMODELL DER
                        DIÖZESE AUGSBURG

DU BIST DA
LERNEN ANDERS ERLEBEN
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                                                               SCHULMODELL DER
                                                               DIÖZESE AUGSBURG

INHALT
6     Schulen als Herzensanliegen der Diözese Augsburg

9	
  Dr. Bertram Meier, Bischof von Augsburg
  Das AFRA-Konzept: Theologische Verortung

13	
   Andreas Walch, Referent für Schulentwicklung im Schulwerk
   der Diözese Augsburg
   Ein Schulmodell aus dem Geist des „Du bist da“

     DAS AFRA-KONZEPT
19   1. Die vier Eckpfeiler des AFRA-Konzepts
22   2. Konzeptioneller Grundansatz
24   3. Die Elemente des AFRA-Konzepts
39   4. Die Umsetzung des AFRA-Konzepts an der Schule

43	
   Petra Schiele, Rektorin der Maria-Ward-Realschule Schrobenhausen
   des Schulwerks der Diözese Augsburg
   NetzWerk – Der religionsbasierte Themenunterricht als Herzstück
   katholischer Unterrichtsgestaltung

45   Qualitätsmanagement und Zertifizierung

46   Anhang

                                                                                  5
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VORWORT

              SCHULEN ALS HERZENSANLIEGEN
              DER DIÖZESE AUGSBURG

              D    ie Diözese Augsburg ist seit Jahrhunderten
                   ein lebendiger Ort der schulischen Bil-
              dung. Die Zahl der Klöster und Glaubensge-
                                                                lichen Rechts die Trägerschaft über Schulen,
                                                                die von den Ordensgemeinschaften ange-
                                                                sichts der personellen und finanziellen
              meinschaften, die sich hier der Ausbildung        Schwierigkeiten nicht mehr weiter betrieben
              und Erziehung heranwachsender Menschen            werden konnten. Seitdem ist die Zahl der
              gewidmet haben oder immer noch widmen,            zum Schulwerk Augsburg gehörigen Schulen
              ist innerhalb der Bistümer Deutschlands her-      von 12 auf mittlerweile 44 gewachsen – und
              ausragend. Gelebter Glauben, monastischer         in gleicher Weise auch das finanzielle Engage-
              Auftrag und ein Selbstverständnis, das den        ment der Diözese, da private Bildung ohne
              Platz der Kirche gerade auch unter jungen         die in jedem Fall zu vermeidende soziale
              Menschen sieht, führten über viele Generatio-     Spaltung zwangsläufig nur mit massiven
              nen zu einer ausnehmend reichen, vielfältigen     Zuschüssen funktionieren kann.
              und fruchtbaren Bildungslandschaft inner-
              halb des Bistumsgebiets und zu einem leben-       Im Kern all dieses Einsatzes für Schulen und
              digen Miteinander unter den Zeichen von           deren Bildungsangebot steht für das Bistum
              Unterricht und Schule.                            Augsburg immer noch die Sorge um den
                                                                ­Menschen und der höhere Auftrag, dass
              Hat sich im Lauf der Zeit auch vieles in den       „Gott die alles bestimmende Wirklichkeit“
              Strukturen, im Schulwesen und natürlich            (W. Pannenberg) ist und die Frohe Botschaft
              auch in der Pädagogik verändert, so ist das        Jesu Christi sich an alle Menschen richtet.
              Engagement der Diözese Augsburg für diesen           Auf Grundlage dieser Ausrichtung sind die
              Schatz katholischer Bildungsinstitutionen          Schulen mit den in ihnen versammelten
              über die Jahre hinweg groß geblieben und in        ­jungen Menschen ein Feld, auf dem die Saat
              den letzten Jahrzehnten sogar noch gewach-          dieses Auftrags besonders gut gedeihen kann
              sen. Die Gründung des Schulwerks der Diöze-         und soll. Hier ist die Kirche im Dienst am
              se Augsburg im Jahr 1975 ist dabei als eine         ­Menschen an einem Zukunfts-Ort tätig, hier
              zentrale Weichenstellung zu sehen, über-             wird Glaube zu einem Wert, der als Leben­
              nahm damit doch auf Betreiben von Bischof            sorientierung vorgelebt und weitergegeben
              Josef Stimpfle eine kirchliche Stiftung öffent-      wird.

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VORWORT

„Vom Vorrang des Menschen“ steht für das         ein Angebot g­ emacht werden, das Schule zu
Engagement der Diözese Augsburg im Schul-        einem Ort macht, der lebenswert ist und
bereich und genauso als Überschrift über         Werte fürs Leben vermittelt.
dem Leitbild des Schulwerks Augsburg. Die
Schulen und Ausbildungsstätten im Bistum         Das AFRA-Konzept will beides ermöglichen
Augsburg sollen „ein Segen sein“, damit all      und die Diözese Augsburg als Nährboden
die Menschen, die davon profitieren, wieder-     für profilierte Schulen weiter lebendig erhal-
um ­„Segen bringen“ können.                      ten und zeitgemäß ausrichten. Dabei gilt,
                                                 dass es letztlich die Menschen sind, die Kon-
Wer mit diesem Anspruch Schule macht, weiß,      zepte mit Leben füllen und sie so greifbar und
dass die Herausforderungen groß sind und         authentisch machen. Insofern hoffen wir,
angesichts der vielen und sich immer mehr        dass der Samen, der hiermit gelegt wird,
beschleunigenden Veränderungen in unserer        ­einen geeigneten Boden finden möge bei
modernen Gesellschaft stets neu und beson-        offenen, überzeugten und leidenschaftlichen
ders reflektiert angegangen werden müssen.        Pädagogen und Schulverantwortlichen und
Gerade im Bereich der Schule und der Pädago-      dann reiche Frucht bringe.
gik erleben wir seit einiger Zeit einen beson-
ders starken Innovationsdruck und häufig         Der Diözese sind unsere Schulen ein Herzens-
polarisierte öffentliche Diskussionen.           anliegen. Die Auflage eines neuen und am­bi-
                                                 tionierten Schulmodells kommt von Herzen
Es freut uns, in dieses Feld den Samen eines     und soll die Herzen erreichen.
Schulmodells zu legen, das ein weiterer
­Meilenstein in der reichen Geschichte der       Aufrichtig wünschen wir uns, dass das, was
 diözesanen katholischen Schulen ist. Mit dem    oben für die Schulen gesagt wurde, auch
 AFRA-Konzept verfügen das Bistum und das        gelten soll für das AFRA-Konzept: Es sei Segen
 Schulwerk Augsburg fortan über einen eigen-     auf ihm, damit es Segen bringe!
 ständigen Ansatz einer zukunftsorientierten
 Schulidee.

Mit dem AFRA-Konzept wird ein Rahmen
­geboten, um an katholischen Schulen
  • Traditionelles zu würdigen und Neues zu
    wagen und                                    Dr. Bertram Meier, Bischof von Augsburg
  • Menschliches zu fördern und Christliches
    erlebbar zu machen.

In diesem Rahmen soll durch spezifische
Akzentsetzungen den vielen jungen Men-
schen, die von ihrer Bildungseinrichtung         Peter Kosak, Direktor des Schulwerks
mehr als einen Abschluss erwarten,­              der Diözese Augsburg

                                                                                                            7
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             DR. BERTR AM MEIER, BISCHOF VON AUGSBURG

             DAS AFRA-KONZEPT:
             THEOLOGISCHE VERORTUNG

                                                   hang mit Personen, bei denen nicht alles
                                                   glatt läuft, scheint mir kein schlechter Aus-
                                                   gangspunkt für ein Modell zu sein, in dem

D     ass die Diözese Augsburg sich für den
      Namen seines Schulmodells bei seinen
Bistumspatronen bedient, mag zunächst
                                                   Schule in erster Linie für Menschen da sein
                                                   will und diese annimmt mit all dem, was sie
                                                   aus ihrem ebenfalls nicht immer geradlinigen
nicht erstaunen. Mit der heiligen Afra wird        Leben mitbringen. Gerade junge und suchen-
sofort unser Bistum assoziiert, und mit            de M­ enschen konfrontieren die Akteure im­
­unserem Bistum verknüpfen viele schnell          ­Lebensfeld Schule durchaus mit Herau­s­
 das ­große und bewährte Netz katholischer         forderungen und Unwägbarkeiten, die umso
 ­Schulen. Dass die Wahl auf die weibliche         mehr ein umsichtiges und profiliertes
  Vertreterin unter den Bistumsheiligen fiel,      ­erzieherisches Wirken nötig machen und
  auch das liegt angesichts der mehrheitlich an     dann hoffentlich lebensweisende Perspekti-
  unseren diözesanen Schulen anzutreffenden         ven eröffnen können.
  Mädchen und Frauen auf der Hand.
                                                  In diesem Zusammenhang spielt in der
Nicht ganz so selbstverständlich sind die         ansonsten kaum mit konkreten Namen verse-
Verknüpfungen, wenn man auf das Leben der         henen Vita der heiligen Afra der Augsburger
heiligen Afra in frühchristlicher Zeit schaut,    Bischof Narcissus eine Rolle für den weiteren
von dem sich auch nur wenige karge Angaben        Verlauf. Er habe – so die Legende –, als er
in unsere Zeit gerettet haben:                    bei Afra Schutz vor Verfolgung suchte, mit
                                                  ­solcher Überzeugung seinen christlichen
Nach ihrer Umsiedelung aus Zypern in den           Glauben zum Ausdruck gebracht, dass diese
Raum Augsburg wurde Afra von ihrer Mutter          von da an fasziniert von der Botschaft Jesu
gezwungen, sich als Prostituierte zu betäti-       sich zum Christentum bekehrte.
gen. Allein dieser Hinweis zeigt, dass das
Leben der späteren Märtyrerin durchaus eini-      Auch hier lässt sich ein erhellender Bezug
ges an Wendungen und Verwirrungen bereit-         zum AFRA-Konzept der Diözese Augsburg
hielt – wie das Leben eben so spielt…             herstellen. Ein wichtiger Gesichtspunkt in
                                                  dessen Grundlinien ist die Vermittlung des
Lebensnähe oder Orientierung an der               gelebten Glaubens, das Wirken als Glau-
Lebenswirklichkeit gerade im Zusammen-            benszeuge und das selbstverständliche

                                                                                                                           9
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                                                                  Zweigen. Alle drei Aspekte sollen bildlich
                                                                  gesprochen in unseren katholischen Schulen
                                                                  grundlegend zum Tragen kommen.

     ­ prechen von Gott und der Nachfolge Jesu.
     S                                                            Junge Menschen - zumal in schnelllebigen
     Im schulischen Alltag wird das erlebbar in der               und komplexen Zeiten wie heute - brauchen
     Schulpastoral und in der selbstverständlichen                ein Fundament, das real, vor allem aber emo-
     Durchdringung des Unterrichts und des                        tional wahrgenommen wird. Die Identifikation
     Schullebens durch die Auseinandersetzung                     mit der eigenen Schule, das Gefühl, dort „zu
     mit allen Arten von Glaubensaspekten.                        Hause zu sein“, und letztlich auch eine Ver-
                                                                  wurzelung in einer dort vermittelten geistigen
     Katholische Schulen sind in diesem Verständ-                 und spirituellen Heimat sind wesentliche
     nis keine programmatischen Missions-Ein-                     Aspekte eines zeitsensiblen Bildungsauftrags.
     richtungen, genauso wenig wie Narcissus
     gegenüber Afra als dogmatischer Prediger
     aufgetreten ist. Vielmehr wollen sie wahrge-
     nommen werden als Orte der Ausstrahlung,
     des Fragens und Suchens und des Unter-
     wegsseins in der Nachfolge Jesu Christi - wo
     dann der Heilige Geist gerne seinen Beitrag
     leisten kann, soll und wird!

     Lassen Sie uns ein weiteres Indiz aus dem
     Lebenskontext der Bistumspatronin Afra her-
     anziehen. Hier sind die beiden Attribute zu
     nennen, die auf den grausamen Märtyrertod
     der bald bekehrten Christin verweisen: Baum
     und Feuer. Afra musste wegen ihres Glaubens
     der Legende nach in der Nähe von Friedberg
     bei Augsburg sterben. Nicht einig ist man
     sich, ob dies durch Erhängen an einem Baum
     oder durch den Feuertod passierte. Jedoch
     sowohl der Baum als auch das Feuer bringen
     mich dazu, die beiden Bilder in Bezug zu set-
     zen zum Bildungs- und Erziehungsauftrag
     unserer Schulen nach dem AFRA-Konzept:

     Der Baum verweist auf die Verwurzelung, auf
     einen Stamm und eine Krone aus Ästen und

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                                                Heute spricht man vielleicht eher von intrinsi-
                                                scher Motivation, ich will aber lieber das gera-
                                                de gebrauchte Bild weiterspinnen: Da, wo es
                                                gelingt, dieses innere Feuer zu entzünden, da
                                                passiert etwas Leben-Schaffendes. Nicht
                                                umsonst verbinden wir Christen das Feuer
                                                auch mit dem Wirken des Heiligen Geists, der
Stabil wird der Baum zudem durch einen          großen Schöpferkraft. Ohne Feuer, ohne die
starken Stamm, sinnbildlich also durch die      Gaben des Heiligen Geistes erzeugt Schulbil-
Förderung einer starken Persönlichkeit. Kein    dung nur ein laues Lüftchen – wo wir doch
kleiner Anspruch, aber entscheidend für         das Brausen von brennenden Persönlichkei-
jeden Lernenden und letztlich für unsere        ten brauchen, um das Antlitz der Erde zu
Welt, die auf starke und individuell ausge-     erneuern.
prägte Persönlichkeiten angewiesen ist.
                                                Das Bild vom Feuer sagt schließlich auch
Schließlich steht die Baumkrone mit ihren       etwas aus über die, die es entfachen sollen.
Blüten und Früchten für den Erfolg, der zwei-   Für die Pädagoginnen und Pädagogen drückt
fellos für jede Absolventin und jeden Absol-    das der Kirchenvater Augustinus so aus: „In
venten ein wichtiges Ziel ist und für den       dir muss brennen, was du in anderen entzün-
Schulbetrieb eine der maßgeblichen Mess­        den willst.“ Damit wird deutlich, dass idealer-
latten sein muss. Das Schöne in der Natur-      weise bei unseren Lehrenden Beruf und Beru-
landschaft ist die Vielfalt unter den Baum-,    fung zusammenfällt.
Blüten- und Fruchtformen. Sehen wir in der
Unterschiedlichkeit der Erfolge und in den      Mit diesen Betrachtungen ist hoffentlich
individuellen Wege dorthin auch bei unseren     erkennbar geworden, inwiefern von der
Lernenden den entscheidenden Reichtum           ­heiligen Afra, einer Frau im ausgehenden
und einen Grund für Optimismus!                  3. Jahrhundert, Wegweisendes aus­­-
                                                 gehen kann für Schulen des beginnenden
Kommen wir noch zu sprechen auf das Feuer.       21. Jahrhunderts.
Bezieht man dieses auf den Bereich der Bil-
dung und Schule, liegt es nahe, Heraklit zu     Als Namensgeberin des Schulmodells der
zitieren: „Bildung ist nicht das Befüllen von   Diözese Augsburg möge sie all diejenigen
Fässern, sondern das Entzünden von Flam-        inspirieren, die ein Konzept auf Papier mit
men.“ In Schulen nach dem AFRA-Konzept ist      Geist, Leben und professioneller Hingabe
die Begeisterung für pädagogisches Handeln      erfüllen. Als Bistumspatronin möge sie das
überall spürbar, weil hier „innere Feuer“ bei   Werden und Wirken des AFRA-Konzepts
den jungen Menschen angefacht werden und        begleiten und beschützen.
Schule nicht bloß als Vermittlungsbetrieb
geführt wird.                                   Heilige Afra, bitte für uns!

                                                                                                                         11
D A S A F R A - S C H U L M O D E LL

            A N D R E A S W A LC H , R E F E R E N T F Ü R S C H U L E N T W I C K LU N G
            I M S C H U LW E R K D E R D I Ö Z E S E A U G S B U R G

            EIN SCHULMODELL AUS
            DEM GEIST DES „DU BIST DA“

                                                         ten reagiert: Schulleben. Es ereignet sich, wo
                                                         Leben in Form von realen menschlichen Kon-
                                                         takten stattfindet und es ist eine der schöns-

D   ie Zeit, in der mit dem AFRA-Konzept ein
    übergreifendes Modell von guter Schule
aufgelegt wird, ist geprägt von den einschnei-
                                                         ten und wertvollsten Erfahrungen der Schul-
                                                         zeit. Dies unterstreicht auch das Fazit der
                                                         vielen bildungsökonomischen Studien von
denden Erfahrungen der Corona-Pandemie                   Henry Levin: „Der entscheidende Faktor für
seit dem Jahr 2020 und den damit einherge-               Lebensglück, Wohlstand und Gesundheit ist
henden Stichworten „Lockdown“, „social                   nicht die schulische Leistung, es ist die Anzahl
distancing“, „Quarantäne“ und „Homeschoo-                der Jahre, die Menschen erfolgreich in Schu-
ling“. In jedem Fall hat die Menschheit unter            len verbringen.“1 Für das AFRA-Konzept ist ein
diesen Vorzeichen erlebt, was es heißt, auf              inspirierendes Schulleben mit menschlichen
Kontakt verzichten zu müssen und Schule hat              Beziehungen Ansporn und Anspruch zugleich.
elementare Erfahrungen damit gemacht,
als angeordnet wurde, Begegnungen zu ver-                Pädagogisch gesehen knüpfen daran zwei
meiden.                                                  übergreifende konzeptionelle Ausrichtungen
                                                         an, die auf grundsätzliche Veränderungen in
Verstärkt durch solche Erlebnisse bekommt                unserer Welt reagieren:
das pädagogische Kernanliegen, das bei der
Abfassung des AFRA-Konzepts maßgeblich                   Das Kernanliegen der Begegnung ist erstens
war, eine umso größere Brisanz:                          einem Bildungsverständnis geschuldet, das
                                                         anders als noch im vorausgegangenen Jahr-
Schule braucht menschliche B­ egegnung!                  hundert nicht mehr nur die Wissensvermitt-
Schule lebt von menschlichen Beziehungen!                lung ins Zentrum stellt als Vorbereitung auf
                                                         eine Welt, die im Grunde als kategorisierbar
Damit ist noch nichts über den Bildungsbe-               wahrgenommen wurde. Die Globalisierung
griff gesagt und auch pädagogische Entwürfe              hat eine Unübersichtlichkeit in allen Lebens-
und didaktische Modelle bleiben zunächst                 bereichen mit sich gebracht, die ein Begriff
außen vor. Trotzdem ruft eine solche Prämis-             aus der Wirtschaft so umschreibt: VUCA-Welt.
se einen weiteren zentralen Begriff auf den
Plan, der ebenso uralte Schulerfahrungen                 1 Levin, Henry: The Price We Pay: The Economic and Social Costs of
anführt, wie er auf die aktuellen Gegebenhei-              Inadequate Education (Brookings Institution Press, 2007)

                                                                                                                                           13
D A S A F R A - S C H U L M O D E LL

                                                        Schule also als Ort der Begegnungen von Per-
                                                        sönlichkeiten. Damit kommt ihr auch die
     Bezogen auf eine zeitgemäße Pädagogik in           anspruchsvolle Aufgabe zu, das Da-Sein der
     der Schule müssen junge Menschen demnach           sich unter ihrem Dach versammelnden Men-
     vorbereitet werden auf volatility (Volatilität),   schen zu prägen. Wir stellen also das AFRA-
     uncertainity (Unsicherheit), complexity (Kom-      Konzept unter das Leitwort „DU BIST DA“.
     plexität) und ambiguity (Mehrdeutigkeit).
     Damit sollte klar sein, dass vor diesem Hin-
     tergrund verstärkt Problemlösungskompe-            Folgende Aspekte bündeln
     tenzen und das Anerkennen der Vernetzung           sich in dieser Formel:
     der vormals separat aufgefassten Fach- und
     Zuständigkeitsbereiche zur Leitlinie einer
     Ausbildung werden müssen. Dies weiterge-                       „DU BIST DA“
     dacht, bedingt zwangsläufig, dass Begeg-
     nung, Beziehung und Vernetzung mehr denn           Jeder Mensch wird in der persönlichen
     je Schlüsselaspekte für alle Halt gebenden         Zuwendung als „Du“ wahrgenommen und
     Bildungsprozesse darstellen.                       damit als Individuum anerkannt. Jede Schü-
                                                        lerin, jeder Schüler, jede Lehrkraft, jedes
     Der zweite elementare Begründungszusam-            Elternteil und jede Mitarbeiterin und jeder
     menhang für Begegnung als Wesenskern               Mitarbeiter ist in seiner Personalität als Reich-
     schulischen Agierens setzt an bei den Beob-        tum, Aufgabe und Akteur im Kosmos Schule
     achtungen, die vielerorts in den letzten Jah-      zu sehen. In der Beziehung und Auseinander-
     ren an unseren Schulen gemacht wurden.             setzung mit diesem „Du“ manifestiert sich
     Immer wieder scheint auf, dass Kinder und          das wertvolle und unersetzliche Lern-Erleb-
     Jugendliche stärker als früher Anzeichen für       nisfeld, das Schule als Chance und Herausfor-
     individuelle Begabungen und Potentiale             derung begreifen muss.
     erkennen lassen, dafür aber im engen Korsett
     des bisher praktizierten Schulgeschehens zu        Der Fokus auf das „Du“ gewinnt noch einmal
     wenig Raum und Beachtung finden. Oftmals           eine neue Dimension, wenn die Wahrneh-
     sind es Talente und Interessen, die einer älte-    mung des Nächsten bzw. des Mitmenschen
     ren Generation nicht sofort zugänglich sind        zur Grundlinie einer Haltung wird. In einer
     oder gänzlich neue Felder beschreiten. Hier        Umwelt, in der die Vereinzelung und der Ego-
     sind wiederum die Begegnung und die per-           ismus sich ausbreiten, soll für die heranwach-
     sönliche Auseinandersetzung der Ansatz-            sende Generation eine Kultur des Sozialen
     punkt für ein pädagogisch wertvolles Aufgrei-      und das Erlebnis des Miteinanders an der
     fen dieser Gaben einer neuen Generation.           Schule erlebbar sein und selbstverständlich
     Es ist das Zusammensein in der Gruppe und          werden. Offenheit für andere, Empathie und
     die Interaktion mit offenen Pädagoginnen           soziales Gewissen bilden in den Schulen mit
     und Pädagogen, wodurch ein umfassendes             dem AFRA-Konzept die Voraussetzungen für
     Lernen und eine organische persönliche Ent-        ein tatkräftiges Agieren zum Wohl der
     wicklung möglich werden.                           Gemeinschaft – im Kleinen und im Großen.

14
„DU BIST DA“                                     „DU BIST DA“
Es ist die Gegenwart oder schlicht das Hier      Das Wort „da“ verweist auf den Anspruch,
und Jetzt des Nächsten, das den Ausgangs-        Richtung aufzuzeigen, ins Leben zu führen
punkt aller Bildungs- und Erziehungsprozes-      und dabei das entsprechende Rüstzeug mit-
se darstellt. Das heißt, dass das Gegenüber in   zugeben. Schulen nach dem AFRA-Konzept
seinem So-Sein wahrgenommen und aner-            betonen den hohen Stellenwert von Pädago-
kannt wird. In der Schule gilt der erste Blick   gik im ursprünglichen Wortsinn: „Ein Kind
nicht den vermeintlichen Perspektiven oder       bei der Hand nehmen und führen“. Damit
der biographischen Vergangenheit eines Men-      bekennen sie sich zu einer Zielorientierung,
schen, sondern seiner momentanen Interes-        die nicht nur erfolgreiche Schulabschlüsse
senlage. Daraus resultieren dann Zuwendung         für alle Schülerinnen und Schüler anstrebt,
und gegebenenfalls weitere Handlungs­            sondern auch Lebensorientierung und
impulse. Damit ist als Grundanspruch die         ­Persönlichkeitsunterstützung in grundsätz­
Förderung und die Wegbegleitung auf der           licher Weise zum Bildungsziel macht.
Basis der zugemuteten Realität formuliert.

                                                                                                 15
D A S A F R A - S C H U L M O D E LL

                                                                 I st eine solche Haltung bei allen Menschen
                                                                   verinnerlicht, die in einer Schule nach dem
                                                                  AFRA-Konzept beteiligt sind, dann wird eine
                                                                  so gelebte Einstellung als Geist, der an dieser
                                                                  Schule herrscht, von außen wahrnehmbar
                                                                  sein und nach innen wirken.2 Damit ist dann
                          „DU BIST DA“                           auch dem berechtigten Anspruch an katholi-
                                                                 sche Schulen Genüge geleistet, die innerhalb
              Die Aussage in seiner Gesamtheit gewinnt           der Schullandschaft wahrgenommen werden
              über den rein pädagogischen Zusammen-              ­sollen als Einrichtungen, die von einem
              hang hinaus noch eine religiöse Dimension,          unverkennbaren Geist getragen werden.3
              wenn man sie als Zusage der Gegenwart
              ­Gottes in unserem Leben und spirituelle           Schließlich ebnet ein übergreifend gelebtes
               Grunderfahrung sieht (vgl. Psalm 139). Diese      „Du bist da“ in der Gemeinschaft aller an Schu-
               Präsenzerfahrung Gottes und – als Kristalli­      le beteiligter Personen den Weg zu einem „Wir
               sationspunkt katholischer Schulen – das           sind da“. Die Aussicht auf eine Dynamik, die
               Selbstverständnis, solche religiösen Begeg-       Gemeinschaft stiftet und Identifikation ermög-
               nungen als bildungsrelevant anzustreben,          licht, ist ein zutiefst wünschenswerter Prozess,
               bilden eine weitere Komponente im pädago-         der nicht zuletzt Familie, Gesellschaft und Welt
               gischen Rahmenplan des AFRA-Konzepts.             zukunftsfähig macht.
               Nicht zuletzt klingt beim Gedanken der Got-
               tesbegegnung (Du bist da) in verwandtem           Also richten sich alle Bemühungen dahinge-
               Wortlaut das Dornbusch-Erlebnis von Moses         hend aus, die Schule als Ort eines ­prägenden
               (Exodus 3,1 ff.) an: „Ich bin da“/„Ich bin, der   Da-Seins zu gestalten. Die damit ­ve­r­bundene
               ich bin“.                                         Bedeutung von Schule als ­Ein­richtung von
                                                                 existentieller Relevanz macht ein solches
                                                                 Unterfangen nicht nur anspruchvoll, sondern
                                                                 auch äußerst reizvoll und ­verschafft dem päd-
                                                                 agogischen Tun im AFRA-Konzept im wahrs-
                                                                 ten Sinne des Wortes Daseins-­Berechtigung.

                                                                 2 Vgl. „Die erste Verantwortung dafür, dass in der Schule ein eigener
                                                                   christlicher Stil herrscht, [liegt] bei den Lehrern, und zwar als
                                                                   Einzelperson wie als Kollegium“ (Kongregation für das Katholische
                                                                   Bildungswesen: Die religiöse Dimension der Erziehung in der
                                                                   Katholischen Schule, S. 26)
                                                                 3 gl. „Vom Vorrang des Menschen – Erziehung und Bildung im Geist
                                                                   des Evangeliums“. Leitbild der Schulen des Schulwerks der Diözese
                                                                   Augsburg. Augsburg 2017

16
ALTER
   NATIV
 FUR
      RELIGIÖS
  SORG
AN END
NEHM
END
D A S A F R A - KO N Z E P T

D A S A F R A - KO N Z E P T

1. DIE VIER ECKPFEILER
DES ­AFRA-KONZEPTS
Das AFRA-Konzept als Schulmodell der Diözese Augsburg gruppiert sich in seiner graphischen
Darstellung um das Kreuz und richtet sich damit aus am Kern aller katholischen S
                                                                               ­ chulen, der
Frohen Botschaft Jesu Christi an alle Menschen. Für den Bereich der Schulen kon­kretisiert sich
das Kreuz in den ­Worten aus dem Buch der Weisheit

 „BEMÜHEN UM ­BILDUNG ABER IST L­ IEBE“ (WEISH 6,17).
Als Grundpfeiler des Modells fun­gieren entsprechend des Akronyms der Namensgebung vier
Schlüssel­begriffe, die das Wesen des A
                                      ­ FRA-Konzepts umreißen:

                               A F
                        ALTERNATIV             FÜRSORGEND

                               RA
                           RELIGIÖS            ANNEHMEND

                                                                                                        19
D A S A F R A - KO N Z E P T

     Mit diesen übergreifenden Fixpunkten geben Schulen nach dem AFRA-Konzept eine orientieren-
     de Antwort auf eine suchende Bildungswelt und eine sich heterogen positionierende Schulland-
     schaft. Damit reagiert der Verbund katholischer Schulen im Bistum Augsburg auf einen bildungs-
     politischen Zustand, wo viele Einzelschulen mit separat entwickelten pädagogischen Program-
     men isoliert auftreten und vieles eher tastend und entlang der jeweils aktuellen Mode auspro-
     biert wird.

      • In konzeptioneller Einheitlichkeit wollen       • Der ebenso simple wie immer wieder ver-
        Schulen nach dem AFRA-Modell als                  nachlässigte Satz ist umumstößlich: „Die
        ­ALTERNATIV wahrgenommen werden und               Schule ist für die Menschen da – nicht
         streben an, als attraktive und innovativ         umgekehrt.“4 Deshalb durchzieht alles
         bereichernde Teilnehmer im bayerischen           pädagogische Handeln an Schulen nach
         Bildungswesen Position zu beziehen. Die          dem AFRA-Konzept der Grundsatz der
         grundgesetzlich zugesicherte Bildungs­           FÜRSORGE. Diese altruistische Zuwen-
         freiheit ist für unsere Schulen in privater      dung muss angesichts der zunehmenden
         Trägerschaft der Anspruch, in diesem             Heterogenität der Lernenden und ihrer
         ­Freiraum ein wirklich alternatives Angebot      familiären Strukturen entsprechend diffe-
          zu kreieren und damit spezifischen Bedürf-      renziert geschehen. Das Wohl und die
          nissen innerhalb unserer Gesellschaft           adäquate Förderung des Einzelnen sollen
          gerecht zu werden.                              im Zentrum stehen. Oberste Prämisse ist,
                                                          unvoreingenommen die individuelle
                                                          Bedürfnislage und die ganzheitliche Per-
                                                          sönlichkeit des anvertrauten Menschen im
                                                          Blick zu haben.

                                                       4 Vgl. Mertes K. SJ/Siebner J. SJ: Schule ist für Schüler da, Freiburg
                                                         2010

20
D A S A F R A - KO N Z E P T

 • In klarer Profilierungsabsicht wird bei
   Schulen nach dem AFRA-Konzept Wert
   gelegt auf eine Verortung der jeweiligen
   Schule im christlich-RELIGIÖSEN Werte-
   kontext und auf eine Lebensgestaltung aus
   dem Glauben heraus. Mit dieser Ausrich-
   tung soll dem Orientierungsbedürfnis in
   einer säkular werdenden Gesellschaft ein                                    stellung der Weltoffenheit, durch die
   bewusstes Identifikationsangebot                                            Solidarität im größeren Rahmen geübt
   gemacht und letztlich dem suchenden                                         wird (soziales Engagement, Eine-Welt-­
   Menschen Halt und Orientierung geboten                                      Pädagogik, Demokratie-Erziehung). Ideell
   werden, ohne zu missionieren oder Zwang                                     gespeist wird dieser Ansatz zusätzlich zum
   auszuüben.                                                                  christlichen Menschenbild auch von einem
                                                                               staatsbürgerlichen Auftrag, der vom Art.
 • Eine Schule der ausgebreiteten Arme soll                                    131 der Verfassung des Freistaats Bayern
   dafür stehen, dass das ANNEHMEN des                                         ausgeht. Zudem erfordern die besorgnis­
   Mitmenschen auf allen Ebenen erfahrbar                                      erregenden gesellschaftlichen Tendenzen
   ist und thematisiert wird. Damit ist zum                                    der Aus­grenzung und Respektlosigkeit
   einen die Schule vor Ort als sozialer Lern-                                 eine Ausrichtung von Erziehung im Sinne
   und Erfahrungsraum gemeint, zum ande-                                       von I­ ntegration, Toleranz und gesellschaft-
   ren weist der Fokus hinaus auf eine Ein-                                    lichem Engagement.

Schulen nach dem AFRA-Konzept richten sich an diesen Eckpunkten aus und profilieren sich bei
der jeweils konkreten Umsetzung dieser Aspekte im jeweiligen Schul­programm und im Alltags-
handeln. Auf die dabei konkret anstehenden schulpädagogischen Handlungsfelder wird im wei-
teren Verlauf genauer eingegangen.

Unbenommen dieser ideellen Ausrichtung bleibt ein zentraler Auftrag von Schule, Wissen, Den-
ken und Fertigkeiten zu vermitteln. Dieser wird naturgemäß im Schulalltag einen großen Raum
einnehmen, kann aber nicht die alleinige Richtschnur einer von uns angestrebten Bildung sein.
Um was es letztlich Schulen nach dem AFRA-Konzept geht, fasst bündig ein Satz der Kongrega­
tion für das Katholische Bildungswesen zusammen: „Bildungsgemeinschaften, in denen die
Erfahrung des Lernens sich aus der Verschmelzung von Forschung, Denken und Leben speist.“5

5 Kongregation für das Katholische Bildungswesen: „Erziehung heute und morgen. Eine immer neue Leidenschaft“. Vatikanstadt 2014, S. 5

                                                                                                                                                              21
D A S A F R A - KO N Z E P T

     2. KONZEPTIONELLER GRUNDANSATZ

     Ein Schulmodell auf den Weg zu bringen und
     vor Ort umzusetzen, ist ein hochkomplexes
     Unterfangen, das an vielen Orten und zu
     unterschiedlichen Zeiten schon unternom-
     men wurde und zu unterschiedlich erfolgrei-    a) Strukturen
     chen Ergebnissen geführt hat. Die hierbei
     gemachten Erfahrungen und vor allem die        An den entscheidenden Stellen müssen von
     neuralgischen Hemmnisse und Bruchstellen       Seiten des Schulträgers Rahmenbedingungen
     gilt es bei der Auflage eines neuen Modells    geschaffen sein, die ein Handeln entspre-
     von vornherein zu berücksichtigen.             chend der Konzeptvorgaben optimal ermögli-
                                                    chen. Die Strukturen umfassen dabei Raum-
     Für das AFRA-Konzept ist klar, dass der hohe   voraussetzungen, personelle Ressourcen,
     ideelle Anspruch an die bei der Durchführung   materielle Ausstattung, Öffnung von Gestal-
     beteiligten Personen nur dann berechtigt       tungsfreiräumen auf der Verwaltungs­ebene
     gestellt werden kann, wenn die entsprechen-    und Unterstützungsangebote bei der Ein­
     den Voraussetzungen für die Alltagsheraus-     führung und Umsetzung. Ziel ist es, eine
     forderungen im Schulbetrieb im Vorfeld         umfassend als praktikabel und wertschät-
     geschaffen wurden. Zu oft scheitern edle       zend empfundene Ausgangslage zu schaffen,
     Vorstellungen und kluge Theorien daran, dass   um dann pädagogisches Handeln in den Mit-
     unter den gegebenen Rahmenbedingungen          telpunkt zu stellen.
     eine Realisierung nicht leistbar ist.
                                                    Eine solche Vorleistung wird im Gegenzug bei
     Die Voraussetzungen für eine zielführende      den Pädagoginnen und Pädagogen und in der
     Implementierung des AFRA-Konzepts werden       Mitarbeiterschaft positive Effekte im H
                                                                                          ­ inblick
     auf zwei Ebenen angesiedelt.                   auf Motivation, Engagement und Identifikati-
                                                    on nach sich ziehen. Die leistungssteigernde
                                                    kollektive Selbstwirksamkeitserwar­tung6, von
                                                    der noch die Rede sein wird, beruht im Emp-
                                                    finden eines Kollegiums auf einem Geben und
                                                    Nehmen zwischen Leitung und Personal
                                                    und beugt so einer gesundheitsgefährdenden
                                                    Überforderung vor.

                                                    6 Bandura definiert kollektive Selbstwirksamkeitserwartung als
                                                      „die von einer Gruppe geteilte Überzeugung in ihre gemeinsamen
                                                      Fähigkeiten, die notwendigen Handlungen zu organisieren und
                                                      auszuführen, um bestimmte Ziele zu erreichen“ (Bandura, A.:
                                                      Self-efficacy: Toward a unifying theory of behavioral change. In:
                                                      Psychological Review 84, 1977, S. 476

22
D A S A F R A - KO N Z E P T

b) Haltungsarbeit

Ohne Zweifel wird bei allen Beteiligten im                              den Lehrpersonen dabei vorhanden sein
AFRA-Konzept eine hohe fachliche Professio-                             müssen bzw. angestrebt werden sollten, ein
nalität vorausgesetzt. Diese allerdings                                 eigener Bereich eingeräumt. Es ist davon
braucht ihre spezielle Unterfütterung durch                             auszugehen, dass bei Mitarbeiterinnen und
eine verinnerlichte Haltung, die das Handeln                            Mitarbeitern einer Institution eine Auseinan-
des Einzelnen beeinflusst und letztlich über                            dersetzung mit Haltungsfragen als ein identi-
den pädagogischen Erfolg entscheidet.                                   fikationsstiftendes und motivierendes Unter-
                                                                        scheidungsmerkmal im Vergleich zu anderen
Die herausragende Bedeutung der Haltung                                 schulischen Institutonen positiv aufgenom-
gerade im Bereich der Pädagogik unter-                                  men wird.
streicht empirisch eindrucksvoll die Hat-
tie-Studie, die grundsätzlich für alle pädago-                          Letztlich ist Haltungsarbeit dann besonders
gischen Konzeptionen im Schulwerk                                       relevant, wenn (wie bei der Umsetzung des
Augsburg als Orientierung dient7.                                       AFRA-Konzepts) umfassende Veränderungs-
                                                                        prozesse in einer Schule in Angriff genommen
Klar ist, dass bestimmte Haltungen Menschen                             werden. In der Verständigung auf gemeinsa-
nicht aufgezwungen werden können. Genau-                                me Grundhaltungen in einem Kollegium
so klar ist aber auch, dass trotzdem das The-                           gründet der bereits erwähnte Faktor „kollek-
ma nicht ausgeblendet werden darf. Entspre-                             tive Selbstwirksamkeitserwartung“8. Die
chende Impulse für eine offene und trotzdem                             Zusammenführung von individuellen Haltun-
entschiedene Reflexion der individuellen                                gen und Zielen in einer gemeinsam entwi-
Haltung werden zu einem kontinuierlichen                                ckelten und kollektiv verfolgten Vision hat
Aufgabenfeld für Träger und Schule. Wenn im                             mit der so entstehenden Innovationsdynamik
Anschluss das AFRA-Konzept im Detail vorge-                             größte Auswirkungen auf die Realisierung
stellt wird, so wird den Haltungen, die bei                             von Schulentwicklungsprojekten.

7 Vgl. Hattie J./Zierer K.: Visible Learning. Auf den Punkt gebracht,   8 Vgl. Schmitz G./Schwarzer R.: Individuelle und kollektive Selbstwirk-
  Baltmannsweiler 2018: „Haltungen sind folglich entscheidend! […]        samkeitserwartung von Lehrern. In: Jerusalem, M./Hopf, D. [Hrsgg.]:
  Aus diesem Grund erscheint die Zuspitzung ‚Auf die Haltungen der        Selbstwirksamkeit und Motivationsprozesse in Bildungsinstitutio-
  Lehrpersonen [kommt es an]!‘ oder ‚Auf die Lehrerprofessionalität       nen. (Zeitschrift für Pädagogik, Beiheft, 44), Weinheim 2002,
  kommt es an!‘ weniger irreführend“ (S. 126 und 129), [anstatt den       S. 192-214
  immer im öffentlichen Diskurs verkürzt genannten Slogan „Auf den
  Lehrer kommt es an!“ zur Hattie-Studie anzuführen].

      Bei der folgenden
        ­Darstellung der
     Kern­elemente des                        Schaffung von                 Klärung der per-                         Pädagogische
   ­AFRA-Konzepts wird                        Strukturen                    sönlichen Haltung                        Konkretisierung
     diese aufeinander
  ­aufbauende ­Abfolge
       von Handlungs-
      schritten verfolgt:

                                                                                                                                                             23
3. DIE ELEMENTE DES AFRA-KONZEPTES

                     A F
                   ALTERNATIV         FÜRSORGEND

                     RA
                    RELIGIÖS          ANNEHMEND

            3.1    Religionsbasierter Themenunterricht
            3.2    Zwei verpflichtende Ganztage
            3.3    Zubuchbarer Offener Ganztag
            3.4    Schulpastoral
            3.5    Elternintegration
            3.6    Pädagogik-gerechte Raumgestaltung
            3.7    Eigenverantwortliches Lernen
            3.8    Pädagogische Teams
            3.9    Aufwertung der pädagogischen Mitarbeiter
            3.10   Vernetzung für außerschulische Lerngelegenheiten
            3.11   „Weltbegegnung“ als Stundenplanoption
            3.12   Spielräume bei der Stundenplangestaltung
            3.13   Zusätzliche Lehrerstunden

24
D I E E L E M E N T E D E S A F R A - KO N Z E P T S

3.1
3.1
Religions­basierter
Themen­unterricht

          HALTUNG
          HALTUNG                                               PÄDAGOGIK
                                                                PÄ DAGOGIK
•• Ich
    Ich sehe
         sehe mich
               mich als
                     als Lehrender
                         Lehrender in    Themenunterricht
                                         Themenunterricht alsals Ersatz
                                                                 Ersatz für
                                                                        für den
                                                                            den Fachunter-
                                                                                Fachunter-
    in
    der Verantwortung alsals
        der Verantwortung     Glau-      richt
                                         richt in Biologie, Geographie, Geschichte bzw.
                                               in Biologie, Geographie,  Geschichte  bzw.
    ­G laubenszeuge.
     benszeuge.                          Sozialkunde    und Religion unter  dem Begriff
                                         Sozialkunde und Religion unter dem Begriff „Netz-
                                         „NetzWerk“
                                         Werk“ (NeWe)  (NeWe) und unterrichtet
                                                         und unterrichtet       von einer
                                                                           von einer einer
 •• Ich
     Ich bin
         bin überzeugt,
             überzeugt, dass
                          dass eine
                               eine      einer  spezifischen NeWe-Lehrkraft
                                         spezifischen NeWe-Lehrkraft
     ganzheitliche
     ganzheitliche Weltsicht Fach-
                     Weltsicht Fach-
     grenzen
     grenzen überschreitet,
               überschreitet, Lernende
                              Lernende   Obligatorische
                                         Obligatorische „Kirchliche
                                                        "Kirchliche Beauftragung
                                                                    Beauftragung für
                                                                                   für das
                                                                                       das
     in
     in besonderer
        besonderer Weise
                     Weise motiviert
                            motiviert    Fach Katholische  Religionslehre“ zu erwerben
                                         Fach Katholische Religionslehre" zu erwerben
     und
     und die religiöseDimension
          die religiöse  Dimension       durch
                                         durch die
                                               die erfolgreiche
                                                   erfolgreiche Absolvierung
                                                                Absolvierung des
                                                                              des Fern­
                                                                                  Fernstu-
     spürbar
     spürbar werden
              werden lässt.
                       lässt.            studiums  „Theologie  im Fernkurs“
                                         diums "Theologie im Fernkurs“  3
                                                                            9

•• Ich
   Ich bin
       bin bereit,
           bereit, unterrichtliche
                   unterrichtliche       „Unterrichtsplan
                                         "Unterrichtsplan für
                                                           für den
                                                               den Vernetzten
                                                                    Vernetzten Unterricht“
                                                                                          10
                                                                               Unterricht"4
   Beiträge  zur Welterschließung
   Beiträge zur Welterschließung         vorliegend
                                         vorliegend für
                                                    für alle
                                                        alle Jahrgangsstufen
                                                             Jahrgangsstufen als
                                                                              als genehmig-
                                                                                  genehmig-
   über
   über die
         die studierten
             studierten Fachgrenzen
                         Fachgrenzen     te
                                         te Lehrplanbasis
                                            Lehrplanbasis für
                                                           für die
                                                               die Realschule
                                                                   Realschule
   hinaus
   hinaus zu leisten,
           zu leisten, selbstständig
                       selbstständig     Leitgedanke
                                         Leitgedanke der
                                                     der Didaktik
                                                         Didaktik in
                                                                  in NeWe:
                                                                     NeWe: Sachlogik
                                                                           Sachlogik statt
                                                                                     statt
   hinzuzulernen
   hinzuzulernen und
                   und den
                        den Horizont
                             Horizont    die Fachbindung
                                         die Fachbindung.
   weit zu fassen.
   weit zu fassen.
                                         Ausgangspunkt
                                         Ausgangspunkt für
                                                         für eine
                                                             eine Themaerschließung:­­
                                                                  Themaerschließung: Fra-
                                         Fragen  und Verstehenwollen  in multiperspek­
                                         gen und Verstehenwollen in multiperspektivischer
                                         tivischer Herangehensweise
                                         Herangehensweise
                                         Notengebung
                                         Notengebung weiterhin
                                                       weiterhin ausdifferenziert
                                                                 ausdifferenziert entspre-
                                         entsprechend
                                         chend         der traditionellen
                                               der traditionellen Fächer. Fächer

                                         3 Einjährige Fortbildungsveranstaltung (Fernstudium mit Gemeinschaftsele-
                                         9
                                            menten) des Schulwerks Augsburg in Kooperation mit der Hauptabteilung
                                            V „Schule und Religionsunterricht“ im Bistum Augsburg (Inhalte basierend
                                            auf dem Fernkurs Katholische Theologie der Domschule Würzburg)
                                         4 Erarbeitet von einer Kommission aus diözesanübergreifenden Lehrkräften
                                         10
                                            im Katholischen Schulwerk in Bayern

                                                                                                                       25
D I E E L E M E N T E D E S A F R A - KO N Z E P T S

          3.2
          Zwei verpflich­
          tende Ganztage

                       HALTUNG                                             PÄDAGOGIK
           • Ich verstehe Schule als einen                  Zwei feste Ganztage in der Woche (jeweils bis
             Lebensraum, der als Lernort                    mindestens 16 Uhr), die verlässlich über die ganze
             umfassend wirkt und deshalb zur                Schulzeit konstant bleiben und Planungssicher-
             Persönlichkeitsbildung Zeit für                heit bieten
             die wegweisenden Prozesse
                                                            Spielräume für eine pädagogisch motivierte Zeit-
             benötigt, die hier eingeleitet und
                                                            und Stundenplangestaltung (Rhythmisierung,
             begleitet werden.
                                                            Partizipation, Förderung usw.)
           • Ich sehe die Bedürfnisse der
                                                            Enge Bindung im Klassenverband und Intensivie-
             heterogenen Familiensituationen
                                                            rung des sozialen Lernens durch erhöhte Präsenz
             und will diesen schulisch durch
                                                            des Einzelnen in der Klassengemeinschaft
             ein flexibles und entlastendes
             Angebot entgegenkommen.                        Identifikationsstiftung mit der eigenen Schule
                                                            dadurch, dass sie über längere Zeiträume zum
                                                            Erlebens-Ort wird
                                                            Keine schriftlichen Hausaufgaben an diesen­
                                                            ­obligatorischen Ganztagen als Entlastung für die
                                                             Lernenden und deren Familien

26
D I E E L E M E N T E D E S A F R A - KO N Z E P T S

3.3
Zubuchbarer
­Offener Ganztag

         HALTUNG                                     PÄDAGOGIK
• Ich halte Angebote einer           Möglichkeit, an den Tagen, die über den zweitägi-
  ­bildungs- und persönlichkeit­s­   gen, verpflichtenden Ganztag hinausgehen, das
  fördernden Nachmittags­            Angebot des Offenen Ganztags hinzuzubuchen
  gestaltung für wertvoll.
                                     Personelle Kontinuität bei den pädagogischen
• Ich sehe in der Verzahnung von     Mitarbeitern
  obligatorischem und Offenem
                                     Einübung der eingeführten Lernpraktiken und
  Ganztag viele Potentiale für
                                     Übungsformen aus dem obligatorischen Ganz-
  päda­gogisch-didaktisches
                                     tagsprogramm im Offenen Ganztag
  ­Wirken.
                                     Lernen in Beziehungen mit pädagogischer
• Ich sehe das Zusammensein mit
                                     ­Begleitung und Anleitung
  Mitlernenden über den Klassen-
  verband hinaus als Chance für      Erziehung zur Eigenverantwortung durch
  die Einübung sozialer Interak­     ­Mitbestimmung im Ganztagsrat
  tionsformen.

                                                                                                        27
D I E E L E M E N T E D E S A F R A - KO N Z E P T S

          3.4
          Schulpastoral

                          HALTUNG                                                          PÄDAGOGIK
           • Ich bin davon überzeugt, dass                          Schulpastoral12 als wesentliches Profilelement
             die Frage nach der Transzendenz                        unter Verantwortung einer/s Schulpastoral­
             und überweltlichen Sinn- und                           beauftragten
             Wertvorstellungen11 eine wichti-
                                                                    Adäquate liturgische Feiern und regelmäßige
             ge Rolle im Prozess eines jeden
                                                                    ­spirituelle Impulse in Klasse und Schule und im
             Heranwachsenden spielt.
                                                                     kirchlichen Umfeld
           • Ich empfinde es als reizvolle
                                                                    Besinnungstage in allen Jahrgangsstufen
             Herausforderung, auch in religiö-
             ser Hinsicht jungen Menschen                           Vielfältige Angebote zur Persönlichkeitsförderung
             eine sensible Orientierung zu                          Hoher Standard bei Beratung und persönlicher
             geben.                                                 Begleitung in lebensrelevanten Fragen
           • Ich betrachte Schulwerksschulen                        Ausgewiesene Kompetenz im Bereich der
             als Orte der pastoralen Sendung.                       ­Krisenintervention
           • Ich sehe den Einsatz für ein
             Schulleben, das aus dem Geist
             des Evangeliums geprägt wird,
             als Aufgabe aller Mitarbeiter­
             innen und Mitarbeiter.

          11 Siehe zur Anthropologie des Menschen als homo
             religiosus: Papst em. Benedikt XVI.; Generalaudienz,
             11.05.2011 (http://www.vatican.va/content/bene-
             dict-xvi/de/audiences/2011/documents/hf_ben-           12 Detaillierte Ausführung zur Schulpastoral an den Schulwerksschulen der
             xvi_aud_20110511.html)                                    Diözese Augsburg im Heft „Leben in Fülle“, Augsburg 2017

28
D I E E L E M E N T E D E S A F R A - KO N Z E P T S

3.5
Elternintegration

          HALTUNG                                         PÄDAGOGIK
• Ich sehe Eltern als wichtige            Schaffung von Gelegenheiten zur Zusammenkunft
  ­Beteiligte im Sinne einer Erzie-       der Schulfamilie mit unterschiedlichen Anlässen
  hungspartnerschaft, suche den           und in verschiedenen Formaten
  Austausch mit ihnen und rege
                                          Digitales Lerntagebuch als institutionalisiertes
  Feedback durch sie an.
                                          Austauschmedium mit den Elternhäusern
• Ich sehe in der Identifikation der
                                          Teilnahme der Eltern an einem Fokus-Gespräch
  Eltern mit der Schule ihres
                                          mit dem Lernenden zur Kommunikation über die
  ­Kindes ein wichtiges Ziel, das
                                          Lernergebnisse, Lernprozesse und Perspektiven
   hohen Einsatz rechtfertigt.
                                          (zu geeigneten Zeitpunkten im Schuljahr)
• Ich glaube, dass Eltern, die sich
                                          Mögliche Integration von Eltern bei Angeboten im
  für eine profilierte Schule in
                                          lehrplanunabhängigen Bereich (Arbeitsgemein-
  ­privater Trägerschaft entschei-
                                          schaft, Referententätigkeit, Ehemaligenarbeit,
   den, ein Potential für eine Beteili-
                                          Exkursionsziele)
   gung am Schulleben darstellen.

                                                                                                             29
D I E E L E M E N T E D E S A F R A - KO N Z E P T S

          3.6
          Pädagogik-
          gerechte
          Raumgestaltung

                       HALTUNG                                              PÄDAGOGIK
           • Ich weiß, dass der Lern- und                   Lernwerkstatt mit einem praktischen und
             Lebensort Schule geprägt wird                  ­motivierenden Setting zur individuellen Lern­
             durch entsprechend ab­gestimm-                  gestaltung (unterschiedliche Lernbereiche,
             te Raumarrangements und freie                   freier Zugang zu Materialien und Möglichkeiten
             Entfaltungsräume.                               zur Gruppen­bildung etc.)
           • Mir ist bewusst, dass eine                     Adäquat ausgestattete Räume und Umfelder für
             ­ästhetisch bereicherte Raum­                  Arbeitsgemeinschaften, sportliche Betätigungen
              gestaltung das Lernen unter-                  und Freizeit sowohl im Haus als auch im Freien
              stützt und entsprechend
                                                            Orte für Ruhezeiten und persönlichen Rückzug
              ­Engagement und Pflege braucht.
                                                            Orte für spirituelle Impulse und sakrale Praxis
                                                            Nutzung außerschulischer Lernräume

30
D I E E L E M E N T E D E S A F R A - KO N Z E P T S

3.7
Eigenverantwort-
liches Lernen

                HALTUNG                                                   PÄDAGOGIK
 • Ich bin davon überzeugt, dass                          Einsatz von Formen selbständigen Lernens:
   die Heterogenität der Lernenden                        ­materialgestützte Freiarbeit, konfigurierte
   verstärkt individuelle und eigen-                       ­Lerntableaus auf persönlich zur Verfügung
   verantwortliche Lernformen zur                           ­stehenden iPads
   Folge haben muss.13
                                                          Widerspiegelung der individuellen Lern-Vorliebe
 • Ich sehe im digital unterstützten                      in einem vielgestaltigen Lern- und Lernraum­
   Lernen das größte Potential                            setting („Lernwerkstatt“)
   innerhalb des Themenkomplexes
                                                          Individuelle Beratungs- und Fördermöglichkeiten
   „Digitalisierung an Schulen“.
                                                          durch eine anwesende Lehrkraft oder eine/n
 • Ich sehe in der Erziehung zur                          ­pädagogische/n Mitarbeiter/in als Lernbegleiter
   Eigenverantwortung einen
                                                          Vorhalten von Angeboten zur Begabungs­
   ­Beitrag zur Demokratieförderung
                                                          förderung bzw. zur Erweiterung des Wissens
    über die Schlüsselaspekte
    ­Mündigkeit und gesellschaftliche                     Unterstützte Anreize zur Eigenverantwortung
     Mitwirkung.                                          durch freie Wahl des Arbeitsplatzes, der Mittel und
                                                          oft auch des Lerninhaltes
                                                          Medienpädagogik (insb. digitale Medien)

13 Vgl. die Theorien und Modelle zu „EVA“ bei Klippert,
   Heinz: Eigenverantwortliches Arbeiten und Lernen,
   5. Aufl., Beltz 2007

                                                                                                                             31
D I E E L E M E N T E D E S A F R A - KO N Z E P T S

          3.8
          Pädagogische
          Teams

                       HALTUNG                                             PÄDAGOGIK
           • Wir sehen uns als pädagogisches                Institutionalisierung des regelmäßigen kollegia-
             Team aus Lehrkraft und päda­                   len Austausches durch feste Besprechungszeiten
             gogischer/m Mitarbeiter/in im                  in geeigneten Räumen auf der Basis einer verläss-
             engen Austausch.                               lichen Informationsgrundlage (z.B. digitales­
                                                            ­Klassenbuch)
           • Wir sind davon überzeugt, dass
             die personalintensivere Betreu-                Anwesenheit und Mitsprache der/des pädagogi-
             ung zusätzlich durch die ver-                  schen Mitarbeiterin/s in den pädagogischen
             schiedenen professionellen Hin-                ­Konferenzen bzw. Notenkonferenzen zur Optimie-
             tergründe im Team zum Wohl                      rung der pädagogischen Einschätzung in diesen
             des jungen Menschen bereichert                  Gremien
             wird.
                                                            Entwicklung einer Kultur institutionalisierter
           • Wir glauben, im kollegialen Aus-               ­kollegialer Hospitationen, die innerhalb des
             tausch und in einer grundsätzli-                ­Kollegiums oder darüber hinaus innerhalb der
             chen Offenheit für eine Zusam-                   AFRA-Konzept-Schulen erfolgt
             menarbeit eine größere
                                                            Kooperationsmöglichkeiten von Lehrkraft und
             Wirksamkeit auf allen Ebenen zu
                                                            pädagogischer/m Mitarbeiter/in bei der Leitung
             erzielen
                                                            eines lehrplanunabhängigen Angebots

32
D I E E L E M E N T E D E S A F R A - KO N Z E P T S

3.9
Aufwertung der
pädagogischen
Mitarbeiter

         HALTUNG                                     PÄDAGOGIK
• Ich sehe mich als pädagogische/r    Beteiligung der/des pädagogischen Mitarbeiterin/s
  Mitarbeiter/in befähigt und         in der Übe-Phase der Doppel­stunden (60:30-­
  befugt, in Absprache mit der        Prinzip) für individuelle­Begleitung der Lern­
  Lehrkraft unterrichtlich unter-     prozesse und fachliche ­Unterstützung
  stützend zu wirken.
                                      Beteiligung bei der Erörterung aller Fragen zur
• Ich sehe mich als pädagogische/r    pädagogischen Unterstützung der Lernenden und
  Mitarbeiter/in herausgefordert,     zu deren Lernverhalten
  die Persönlichkeitsentwicklung
                                      Bei Bedarf Mitwirkung bei Fokus-Gesprächen mit
  und das Lernverhalten des
                                      den Lernenden bzw. den fallweise auch anwesen-
  ­Lernenden aus einem anderen
                                      den Erziehungsberechtigten
   beruflichen Blickwinkel als dem
   des Fachvermittlers zu sehen und   Angebote für lernplanunabhängiges Lernen in
   meine Perspektive einzubringen.    Form von Arbeitsgemeinschaften, Projekt­
                                      gruppen, Initiativen u.ä.
• Ich verstehe als pädagogische/r
  Mitarbeiter/in Schule als Ort       Verzahnung der Methoden, Angebote und Studier-
  für Lernen und Leben in             gewohnheiten aus den obligatorischen Ganztagen
  gleichrangiger Gewichtung.          mit den Praktiken im individuell zugebuchten
                                      Offenen Ganztag an den verbleibenden Tagen

                                                                                                        33
D I E E L E M E N T E D E S A F R A - KO N Z E P T S

          3.10
          Vernetzung
          für außer­
          schulische Lern-
          gelegenheiten

                       HALTUNG                                             PÄDAGOGIK
           • Ich weiß um den Wert der Lern-                 Alltagsnahe und vernetzte Berufsorientierung
             potentiale, die über die Schule
                                                            Schaffung von Gelegenheiten für soziales Lernen:
             hinausgehen.
                                                            Compassion-Projekt
           • Ich suche Kontakt und Zusam-
                                                            Kooperationen mit externen Partnern (Partner-
             menarbeit mit Menschen und
                                                            schulen, katholische Jugendverbände, Betriebs-
             Institutionen außerhalb des
                                                            praktika, Vereine, Unternehmen usw.)
             Schulkontextes und nutze die
             sich so bietenden Erfahrungs-                  Vernetzung mit anderen Schulwerksschulen
             möglichkeiten.                                 durch übergreifende Projekte (ValueShip – Werte-
                                                            bildung, TalentWerk – Begabungsförderung,
           • Ich sehe in den vernetzenden
                                                            ­Konzert- und Kulturveranstaltung Best of Schul-
             Angeboten durch das Schulwerk
                                                             werk)
             Augsburg wertvolle Möglich­
             keiten zur Horizonterweiterung.                Fahrten und Exkursionen (mit verantwortlicher
                                                            Mitgestaltung durch die Lernenden)

34
D I E E L E M E N T E D E S A F R A - KO N Z E P T S

3.11
„Weltbegegnung“
als Stunden-
planoption

         HALTUNG                                      PÄDAGOGIK
• Ich sehe meine Aufgabe als Lehr-    Schaffung eines eigenen Unterrichtsformats
  person darin, Heranwachsenden       unter der Bezeichnung „Weltbegegnung“ mit
  die Komplexität der Welt situati-   der M
                                          ­ öglichkeit, auf situationsbezogene Impulse
  onsbezogen und persönlichkeits-     aus der Lerngruppe bzw. zum aktuellen Zeit­
  bildend näherzubringen.             geschehen zu reagieren und Partizipation zu
                                      ermöglichen
• Ich stelle die Vermittlung von
  Problemlösungskompetenzen           Bewusste Gestaltung des Wochenbeginns durch
  über die fachspezifischen           eine alltagsnah konzipierte Einheit zum Aufgreifen
  ­Wissensinhalte.                    der (von Schülerseite) anfallenden Themen der
                                      zurückliegenden Tage
• Ich begreife die Alltagsnähe von
  Unterrichtsinhalten als geeigne-    Möglichkeit für Einzelgespräche, um über den
  ten didaktischen Ansatzpunkt        Lernprozess und die erbrachten Lernergebnisse
  für persönlich gestaltete Lern­     zu geeigneten Zeitpunkten des Schuljahres ins
  prozesse.                           Gespräch zu kommen (Fokus-Gespräche)
                                      Pointierter Wochenabschluss zur Reflexion der
                                      lern- und gruppendynamischen Ereignisse der
                                      Schulwoche (Feedback-Kultur)
                                      Ermöglichung von bewertungsfreien Räumen im
                                      Schulalltag
                                      Gelegenheit zur Hinzuziehung von externen
                                      ­Personen, um einen authentischen Einblick in
                                       außerschulische Kontexte zu bieten

                                                                                                         35
D I E E L E M E N T E D E S A F R A - KO N Z E P T S

          3.12
          Spielräume bei
          der Stundenplan-
          gestaltung

                       HALTUNG                                             PÄDAGOGIK
           • Ich nehme die entwicklungspsy-                 Unterricht in Doppelstunden (zumindest in den
             chologische und biorhythmische                 Kernfächern)
             Dimension der Lernenden ernst
                                                            Binnenrhythmisierung einer Doppelstunde im
             und berücksichtige dies bei der
                                                            Zeitschema 60:30 (Inhaltsvermittlung + individu-
             Gestaltung von Lernprozessen.
                                                            elle Übungszeit als Äquivalent der entfallenden
           • Ich weiß um die begrenzte Auf-                 Hausaufgabe)
             nahmefähigkeit von Heranwach-
                                                            Prinzip der Rhythmisierung (Wechsel von Span-
             senden und lege Wert auf einen
                                                            nung und Entspannung und in den Sozialformen)
             Wechsel von gezielter Fokussie-
                                                            in der Stundenplangestaltung über den Tag und
             rung, Entspannung und freier
                                                            entlang der Woche
             Zeitgestaltung.
                                                            Ritualisierte und pädagogisch gestaltete Fixpunk-
           • Ich messe dem Mittagessen als
                                                            te im Zeitkorsett des Stundenplans zur Schaffung
             bewusster Tagesetappe und
                                                            von Sammlungsmomenten und sozialer Reflexion
             einer Phase der körperlichen
                                                            (z.B. „Weltbegegnung“, „Morgenkreis“, „Zeit für
             Aktivität erhöhte Bedeutung zu
                                                            uns“)
             und sorge für die entsprechen-
             den Zeiträume.                                 Vorhalten von Pausen und Rückzugsgelegen­
                                                            heiten für Momente der Stille

36
D I E E L E M E N T E D E S A F R A - KO N Z E P T S

3.13
zusätzliche
Lehrer­stunden
(+ 8 Stunden
pro Klasse)

                HALTUNG                                                   PÄDAGOGIK
 • Ich sehe die professionelle Lehr-                      Begleitung der institutionalisierten Übungszeiten
   person als den entscheidenden                          unmittelbar im Zusammenhang mit der Unter-
   Faktor für ein erfolgreiches                           richtsstunde (im Sinne der bisherigen Hausauf­
   ­Bildungs- und Erziehungs­                             gaben)
    geschehen.14
                                                          Kapazitäten für alle Arten von Differenzierung
 • Ich begreife mich sowohl in der
                                                          Nutzung aller Möglichkeiten für direktes und­
   Rolle des Vermittlers als auch in
                                                          ­individuelles Feedback zu Unterrichtsinhalten
   der des Lernbegleiters für im Lern-
                                                           und zum Lernverhalten mit der Möglichkeit für
   prozess befindliche Individuen.
                                                           selbstregulatorische Hinweise
 • Ich bin bereit, als Ansprech­
                                                          Regelmäßige Fokus-Gespräche für formative
   partner für Schülerpersönlichkei-
                                                          Evaluation des individuellen Lernprozesses auf
   ten in den sie betreffenden
                                                          der Basis eines digitalen Lerntagebuchs
   ­Fragen zur Verfügung zu stehen.
                                                          Erweiterung der Aufgaben und Einsatzmöglich­
 • Ich sehe in von mir eingebrach-
                                                          keiten von Lehrpersonen über das unterrichtliche
   ten überfachlichen Angeboten
                                                          Geschehen hinaus auf diverse auch selbst
   eine Chance für Bildungsimpulse
                                                          ­gestaltete Aktionsfelder
   für Lernende, einen Beitrag zur
   Bereicherung des Schullebens                           Schaffung von pädagogischen Angeboten für
   und eine Möglichkeit zur eigenen                       Heranwachsende zur Erfahrung von Selbst­
   Entfaltung.                                            wirksamkeit und Eigenverantwortung

14 siehe zur Rolle der Lehrperson J. Hattie, Visible
   Learning und vor allem die Schriften von Prof. Dr.
   K. Zierer („Kenne deinen Einfluss!“, 3. Aufl., Balt-
   mannsweiler 2018, „Visible Learning. Auf den Punkt
   gebracht“, Baltmannsweiler 2018)

                                                                                                                             37
D I E U M S E T Z U N G D E S A F R A - KO N Z E P T S

4. DIE UMSETZUNG DES
AFRA-KONZEPTS AN DER SCHULE

                                                    Besonders im Bereich der Digitalisierung ist
                                                    hierbei mit großem und agilem Reaktions­
                                                    bedarf zu rechnen. Deshalb bietet das
                                                    AFRA-Konzept an vielen Stellen Spielräume
A) MODELL UND                                       für Anpassungen und Erweiterungen, die im
REALISIERUNG VOR ORT                                Abgleich mit dem Schulprofil der Einzel­
                                                    schule und unter Wahrung der Kernsubstanz
Das AFRA-Konzept versteht sich als dynami-          des Konzepts gestaltet werden sollen.
sches Modell. Damit wird ausgedrückt, dass
somit nichts Starres oder ein für alle Mal Fest-    Insgesamt zeichnen sich damit die AFRA-­
gelegtes vorgelegt wird, sondern eher ein           Konzept-Schulen im Schulwerk Augsburg
Rahmenplan gesetzt ist, der sich wie ein            untereinander sowie auch im Verbund
lebendiger Organismus anzupassen weiß und           mit den anderen Schulen unter diesem
sich gerade in der Auseinandersetzung mit           ­Trägerdach durch Vielgestaltigkeit bei
den sich verändernden Gegebenheiten als              ­gleichzeitiger Einheit aus.
stark und beständig beweist.

Bewusst wird berücksichtigt, dass die Schulen im    B) SCHULARTEN
Schulwerk der Diözese Augsburg zum Großteil
noch die historische Prägung durch die Orden in     Die maßgebliche Schulart bei der Erarbeitung
sich tragen, die die einzelne Schule über lange     des AFRA-Konzepts war die bayerische
Jahre in ihrer Obhut hatten. Diese verschiedenen    ­Realschule und damit ist es auf diese Schulart
monastischen Quellen werden als Reichtum             ausgerichtet.
begriffen, der sich auf die konkrete Ausformung
des AFRA-Konzepts auswirken und je nach Ort         Das bedeutet aber durchaus, dass Gymnasien
und Geschichte zu unverwechselbaren Akzentuie-      sich aufgerufen fühlen dürfen, das Konzept
rungen der Konzeptvorgaben führen wird.             bzw. große Teile davon auf ihre Schulart zu
                                                    übertragen. In den strukturellen und hal-
Darüber hinaus atmen alle Schulen die Luft der      tungsbezogenen Grundzügen ist das Modell
gesellschaftlichen Realität und sollen so seismo-   völlig schulartenunabhängig aufgestellt,
graphisch auf Veränderungen und aktuelle Ent-       sodass auch weitere Schularten hier eine
wicklungen reagieren, damit die unter ihrem Dach    wertvolle Grundlage finden werden, um ihre
ausgebildeten jungen Menschen optimal               Schule zu profilieren und durch konzeptionel-
gerüstet die jeweilige Realität jenseits der        le Eigenleistung dazu beitragen mögen, dass
Schule mitgestalten können.                         das AFRA-Konzept Kreise zieht.

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