Frau & Kirche - Kirchenbote SG
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1021 DER EVANGELISCH-REFORMIERTEN KIRCHE DES KANTONS ST. GALLEN Frau & Kirche Eine Erfolgsgeschichte? – Der Blick zurück von Pfarrerin Rut Ochsner Seite 4-5 Hanna Braucht es Sahlfeld-Singer Frauenquoten? Pionierin im Nationalrat, Die Präsidentin der unerwünscht in der St. Galler Kirche Evanglischen Frauen Schweiz nimmt Stellung Seite 8 Seite 11 www.kirchenbote-sg.ch
Editorial Liebe Leserin, lieber Leser Für junge Frauen ist Gleichberechtigung oft selbstverständlich. Sie kennen den Kampf und Krampf ihrer älteren Geschlechtsgenos- sinnen noch vom Hörensagen. Es war und ist ein zähes Ringen. Vor 50 Jahren erhalten die Frauen das Stimm- und Wahlrecht auf eidgenössischer Ebene, bis dato war dies nur Männern vorbehal- ten. Zehn Jahre später, 1981, wird die Gleichberechtigung in der Bundesverfassung festgeschrieben. 1988 geht ein Ruck durch die Familien: Frauen und Männer werden beim Eherecht gleichge- stellt. Bis dahin war der Mann laut Gesetz das Familienober- haupt und die Frau für den Haushalt zuständig. 1990 führt Appen- zell Innerrhoden als letzter Kanton das Stimm- und Wahlrecht für Frauen auf kantonaler Ebene ein. 1991 kommt es zum landes- weiten Frauenstreik. Erst 1992 wird die Vergewaltigung in der Ehe strafbar. Vor 25 Jahren, 1996, tritt das Gleichstellungsgesetz in Kraft. 2005: Der Mutterschaftsurlaub wird eingeführt. Von nun an haben Mütter nach der Geburt 14 Wochen bezahlte Ferien. Das Gezerre um die Kinder nach einer Scheidung erfährt 2014 eine Besserung: Das gemeinsame Sorgerecht wird der Regelfall. Bis dahin ging das Sorgerecht meist an die Mutter. Und wie behandelte die reformierte Kirche ihre Frauen? Im Kanton St. Gallen erhielten die Frauen 1968 das Stimm- und Wahlrecht auf kirchlicher Ebene. Auf den ersten Blick erfreulich, doch es bedurfte zweier Abstimmungen. Und wie so oft, klaffen Theorie und Praxis weit auseinander: Die verbriefte «Gleichbe- rechtigung» musste und muss zuerst Einkehr finden in den Köpfen der Männer. Gleiches gilt für die feministische Theologie, wie sie die junge Pfarrerin Tina Bernhard-Bergmaier vertritt, oder die Leitung des Kirchenrats beider Appenzell durch eine Frau in der Person von Martina Tapernoux-Tanner. Den Weg zur Gleichberechtigung geebnet haben Frauen wie die Pfarrerinnen Rut Ochsner-Lätsch und Hanna Sahlfeld-Singer durch ihr Wirken. «Es gibt aber nach wie vor hängige Probleme, wie die Lohnun- gleichheit oder der schlechtere Zahltag in sogenannten Frauenbe- rufen», sagt Letztere. Sie bleibt dran. Wir hoffentlich auch! Katharina Meier www.kirchenbote-sg.ch
14-15 Was Menschen im Kanton St. Gallen heute von Gleichbe- rechtigigung halten. 4-5 FEMINISTISCHE THEOLOGIE 6 AUCH MÄNNER WERDEN HIGH-HEELS AUF DER KANZEL BENACHTEILIGT Wie Pfarrerin Rut Ochsner Schwung ins Gemeindeleben brachte – in High-Heels Was sie bezweckt und weshalb sie in und in Wanderschuhen. weiblichen Gottesbildern redet. Vorneweg Steuern, Täufer, Rat der Religionen Einmal mehr diskutierte die Synode der Dem Entscheid vorausgegangen war eine en- lehnten die Kindertaufe ab und wünschten Evangelischen Kirche Schweiz (EKS) über gagierte Debatte. Ein Unternehmen könne sich eine radikalere Reformation. Vielerorts die Querelen rund um den Abgang des ehe- nicht Mitglied einer Landeskirche sein, argu- wurden sie verfolgt. maligen Präsidenten Gottfried Locher. Ihm mentierte ein Vertreter der Jungfreisinnigen. waren von einer ehemaligen Mitarbeiterin Deshalb solle es auch keine Steuern bezah- *** Grenzverletzungen vorgeworfen worden. len müssen. Die christliche Kultur gehöre zu Eine Untersuchungskommission hatte Glarus, konterte die Gegenseite. «Das haben Friedlich geht es hingegen heute im Schwei- danach 17 Empfehlungen ausgearbeitet. Die die Kirchenglocken bezeugt, deren Schläge zerischen Rat der Religionen (SCR) zu und Synode entschied sich für eine Deadline von die Versammlung eingeläutet haben.» Zudem her. Er wächst auf acht Mitglieder. Neu dabei Mitte 2022, um eine Umsetzung der Empfeh- seien es die Kirchen, die soziale Projekte fi- ist Jean-Luc Ziehli, der die Schweizerische lungen zu prüfen. Zudem verabschiedete sie nanzierten und zum Beispiel die Wiederein- Evanglische Allianz und den Dachverband die Rechnung 2020. gliederung Arbeitsloser in den Arbeistmarkt der Freikirchen vertritt. Der Entscheid sei unterstützten. Das komme allen zugute. einstimmig gefällt worden, heisst es in einer *** Mitteilung des SCR vom 10. September. *** Durch die Erweiterung werde der interreligi- Um Kirchen und Geld debattierte auch die öse Dialog gefördert und der religiöse Frie- Glarner Landsgemeinde am 5. September. Während der Reformation fühlte sich zeit- den in der Schweiz gestärkt. Der SCR wurde Überrraschend deutlich entschied sie, dass weise mehr als die Hälfte der St. Galler Be- 2006 gegründet. Ihm gehören weitere leiten- Unternehmen weiterhin Kirchensteuern be- völkerung der Täuferbewegung zugehörig. de Persönlichkeiten von christlichen, musli- zahlen müssen. Die Jungfreisinnigen hatten Am 6. September haben sie in der Ausstel- mischen und jüdischen Religionsgemein- beantragt, juristische Personen, also Firmen, lung zur Reformation in der Kirche St. Lau- schaften an. Reformierte Vertreterin ist Rita von der Kirchensteuerpflicht zu befreien. renzen eine eigene Tafel erhalten. Die Täufer Famos, Präsidentin der EKS. (ref.ch/sd) WWW.KIRCHENBOTE-SG.CH 3
FRAU & KIRCHE «In der St. Galler Kirche war es zum Da Text | Foto: Stefan Degen Pfarrerin Rut Ochsner erlebte die Ent- tin für eine Revoluzzerin und die Arbeit für machen. Theaterspielen habe auch eine seel- wicklung der St. Galler Kirche in den eine Frechheit. Er stauchte sie zusammen sorgerliche Komponente: «Manchen habe ich vergangenen sechs Jahrzehnten hautnah und informierte ihren Vater. Prompt strich eine Rolle auf den Leib zugeschrieben.» mit. Als Frau stiess sie auf Widerstand von dieser ihr das Geld. Professoren und Kirchenfunktionären – und auf viel Unterstützung im Kirchenvolk. Als Ochsner war eine engagierte Studentin, «Heute erlebe ich die Kirche Feministin sah sie sich nie. Sie wollte bloss wollte an der Uni und in der Kirche Neues Neues einführen und den Menschen auf ausprobieren. Und sie war Studentenver- als frauenbejahend» Augenhöhe begegnen. treterin in der Zeit der Studentenunruhen. War sie tatsächlich eine Revoluzzerin? «Die Als Ochsner als Pfarrerin in Straubenzell «In der St. Galler Kirche war es zum Davon- 68er-Gruppierungen waren mir zu fanatisch», begann, stiessen ihre Ideen nicht immer auf laufen», erinnert sich Rut Ochsner. Als sie verneint sie. Auch mit den damaligen Gegenliebe. Pfarrkollegen hatten Angst um 1978 vom appenzellischen Schönengrund Feministinnen habe sie Mühe gehabt. «Ihre ihr eigenes Gärtchen, manche Behördenmit- ins st.-gallische Steinach wechselte, wurde Sprache und ihr Umgangston waren mir glieder waren mit Innovationen überfordert. sie von der Pfarrschaft nicht mit offenen zu extrem. Das ewige Rumhacken auf den Immer aber hatte Ochsner die Unterstützung Armen empfangen. Im Pfarrkapitel fragte sie Männern brachte nichts. Ich wollte lieber der Kirchbürgerinnen und Kirchbürger. Und der Präsident, was sie denn hier wolle. «Sie zusammen mit ihnen Neues bewegen.» sie lernte, dem Ego der männlichen Kollegen ist Pfarrerin», sagte jemand. Er entgegnete zu schmeicheln, wenn diese Angst hatten, trocken: «Gut, dann können Sie die Büechli THEATERPROJEKTE IN DER KIRCHE dass sie ihnen vor der Sonne stand. Etwa bei verteilen und Kaffee holen.» Doch eine ande- Teamarbeit, den Menschen auf Augenhöhe der ersten Frauensynode von 1995. Ochsner re Pfarrerin stand ihr bei: «Komm, wir gehen zu begegnen, ist Ochsner bis heute wichtig. hatte den Grossanlass in den Olma-Hallen aufs Damenklo», rief sie ihr gut hörbar zu, «Ich habe auch später als Pfarrerin mit mitorganisiert und kam deswegen in die «dort haben wir wenigstens die Führung.» und von der Gemeinde gelernt, nicht die Medien. «Manche Pfarrer konnten das nicht Gemeinde belehrt», erläutert sie. «Das haben verkraften», erinnert sie sich. VATER WAR EIN PATRIARCH viele Kollegen nicht verstanden.» Sie habe Rut Ochsner kennt die Geschichte der versucht, die Sprache der Menschen zu WC-PUTZEN FÜR DAS STUDIUM Frauen in St. Galler Pfarrämtern gut – aus sprechen, sie einzubinden. Auch die kirchen- Als ihr Vater ihr im Studium das Geld strich, eigener Erfahrung. Ihr Vater war Pfarrer in fernen. Etwa durch Theaterprojekte, die sie verdiente Ochsner den Lebensunterhalt mit Rorschach, wo sie als Einzelkind aufwuchs. in St. Gallen Straubenzell ins Leben rief, wo Putzen. Sie reinigte am Bellevue die öffent- Er war ein mutiger Mann, den sein Eintreten sie von 1988 bis zu ihrer Pensionierung 2009 liche Toilette und bei Theologieprofessoren für Gerechtigkeit zweimal die Stelle gekostet tätig war. So konnte sie die Bibel erlebbar die Wohnung. Professor Leuenberger – der hatte, etwa, weil er sich deutlich gegen die Nazis äusserte. Ihr Vater war aber auch ein Patriarch, der sich entschieden gegen Frauen im Pfarramt aussprach. «Pfarrerin in «Mit den damaligen Feminis- Wanderschuhen» tinnen hatte ich Mühe. Ihre Rut Ochsner-Lätsch wird 1946 als Einzel- Goldach 1978 und damit in den Kanton Sprache war mir zu extrem.» und Pfarrkind geboren. Sie studiert in St. Gallen ist eine Zäsur. Die Akzeptanz Zürich und wird 1972 ordiniert. Ihre erste als Pfarrerin ist nicht mehr so gross wie Pfarrstelle tritt sie in Schönengrund AR an ihrer ersten Stelle. Ihre Ideen – wie Gegen den Willen des Vaters entschied sich an. Sie fühlt sich wohl – sowohl in ihrem Theaterspiel, Meditation für Frauen Rut Ochsner für das Theologiestudium in Amt als auch im Team, denn schon oder Mini-Gottedienste – fallen aber bei Zürich. Widerwillig unterstützte er sie mit damals macht sie sich stark für eine gute Vereinzelten auf fruchtbaren Boden, sodass einem bescheidenen Betrag. Bis es zum Eklat Zusammenarbeit unter Kollegen. Bei der sie bleibt, nach St. Gallen Straubenzell kam. In einer Proseminararbeit bei Professor Bevölkerung wird sie bekannt als die geholt wird und nicht nach Zürich zurück- Eduard Schweizer wies sie nach, dass der «Pfarrerin in den Wanderschuhen», die es geht. Heute erlebt Rut Ochsner die «Spät- «Apostel Junias» in Röm 16,7 in Wirklichkeit nicht scheut, in die Ställe zu gehen, wenn zünderin» St. Galler Kirche als «sehr frauen- eine Frau war: Apostelin Junia. Diese Einsicht es eines Gespräch bedarf. Ihre Fähigkeiten bejahend». Seit 2009 ist die Pfarrerin hat sich in der Forschung mittlerweile durch- werden genutzt und geschätzt. Die Wahl pensioniert und in ihrer Kirchgemeinde gesetzt. Damals aber war die 68er-Bewegung des Pfarrehepaars Ochsner nach Steinach- wohnhaft geblieben. (meka) im Anflug. Schweizer hielt die junge Studen-
FRAU & KIRCHE vonlaufen» Vater des späteren Bundesrates Moritz – ver- mittelte ihr eine Stelle als Aushilfslehrerin. Das Leben als Werkstudentin war hart, die Solidarität unter den Theologiestudierenden aber gross. «Hanni Sahlfeld-Singer und ich liehen uns gegenseitig unsere Kleider aus, Strümpfe, und manchmal auch Geld.» Nach dem Studium, als das Vikariat anstand, kam es zum nächsten Eklat. Zusammen mit anderen angehenden Pfarrerinnen und Pfarrer wünschte sich Ochsner ein Vikariat im Team. Doch darauf war die Kirche nicht vorbereitet. Als sie ihren Wunsch äusserten, mussten die Studierenden beim Zürcher Kir- chenrat antraben. «Wenn Sie für Teamarbeit sind», fragte der Kirchenratsschreiber, und wurde rot bis über die Ohren, «sind Sie dann auch für Gruppensex?» Ochsner war fas- sungslos: «Offenbar konnten sie sich keinen anderen Grund für Teamarbeit vorstellen.» MIT HIGH-HEELS AUF DIE KANZEL Ochsner hatte trotzdem Glück mit dem Vikariat. Sie kam nach Meilen ZH zu Pfarrer Max Eglin. Er hatte einen offenen Geist und stärkte ihr den Rücken. Für Vikarinnen galten damals strenge Kleidervorschriften: schwarz, kein Ausschnitt. «Aber sie haben vergessen, die Schuhe zu reglementieren», schmunzelt Ochsner. Das nutzte sie aus: Sie zog hohe High-Heels an und marschierte damit – «tok, tok, tok» – bis auf die Kanzel. Pfarrer Eglin hatte Freude an der Provokation. «Er sass zuvorderst in der Kirchenbank und grinste.» Wie erlebt Ochsner die St. Galler Kirche heu- te? Wo steht sie punkto Gleichberechtigung? «Heute erlebe ich die Kirche als sehr frauen- bejahend», antwortet Ochsner, «zumindest in den Gemeinden, die ich kenne.» Sie habe den Eindruck, seit der Jahrtausendwende schaue man nicht mehr auf das Geschlecht, sondern darauf, was jemand könne. Frau- enquoten befürworte sie nicht. «Die waren früher schon nötig, wie auch die ‹giftigen› Feministinnen – sonst wäre nichts gegangen. Ich wollte einfach keine sein.» Verbittert blickt Ochsner nicht zurück auf ihre Tätig- keit in der St. Galler Kirche: «Ich habe mit viel Freude gearbeitet – immer zusammen mit engagierten Menschen, deren Fähigkeiten und Beziehungen ich für neue Wege in der Gemeindearbeit nutzen durfte.» WWW.KIRCHENBOTE-SG.CH 5
FRAU & KIRCHE Gott ist wie eine Hebamme Text: Tina Bernhard-Bergmaier, Pfarrerin, Gossau-Andwil | Fotos: MarsBars, iStock / zVg Die Kirchengeschichte ist geprägt von biblischen Texten namenlos als Tochter, lischer Gottesbilder. In Liedern und in Gebe- einer männerzentrierten Denkweise. Die Frau oder Mutter am Rande erwähnt wer- ten im Gemeindealltag kommen fast aus- feministische Theologie legt diese Einflüs- den, schärft das Bewusstsein für die män- schliesslich männlich geprägte Gottesbilder se offen. Über Prophetinnen, Apostelinnen nerzentrierte Denkweise, von der die jü- zur Sprache. Dabei gibt es in der Bibel auch und weibliche Gottesbilder. disch-christliche Tradition geprägt ist. Diese weibliche Gottesbilder: Das Bild einer Vogel- Denkweise zieht sich durch die Kirchenge- mutter zum Beispiel, die ihre Flügel schüt- Feministin und Theologin – geht das zusam- schichte hindurch. Ein Paradebeispiel ist die zend über ihre Jungen hält (Ps 57,2), oder men? Immer wieder stosse ich auf verwun- das Bild einer Hebamme, die den Start in ein derte Gesichter, wenn mein Engagement im neues Leben unterstützt (Ps 22,10). Weitere Vorstand der IG Feministische Theologinnen Dank der feministisch-theo- Bilder wie Geistkraft, Weisheit, Ewigkeit oder zur Sprache kommt. Lange dachte ich: Ich logischen Forschung wissen Liebe können neue Glaubensräume öffnen. glaube nicht genug und hinterfrage zu viel, um mich als Christin zu bekennen. Aber wir, dass Frauen die Jesusbe- Im Alltag achte ich auf eine gendergerechte dann las ich feministische Texte, in denen wegung aktiv mittrugen. Sprache. Ich versuche, zum Beispiel bei Theologinnen meine Fragen stellten, meine einem Taufgespräch, offene Fragen zu stellen Zweifel benannten und theologische Grund- und nicht einfach von traditionellen Rollen- annahmen mit ihren Erfahrungen im Leben Apostelin Junia (Röm 16,7). Bis vor wenigen bildern auszugehen. Wenn andere davon verbanden. Sie ermutigten mich, zu meinen Jahrzehnten wurde sie als Mann namens Ju- ausgehen, mache ich sie oft mit Humor da- Glaubensüberzeugungen zu stehen. nias dargestellt. Die Übersetzer konnten sich rauf aufmerksam. Bewusst predige ich zu Bi- eine Frau in diesem Amt nicht vorstellen. beltexten und biblischen Figuren, die wenig Feministische Theologie geht davon aus, bekannt sind. dass unsere Lebenserfahrung Einfluss da- WEIBLICHE GOTTESBILDER rauf hat, wie wir denken, fühlen und glauben: Dank der feministisch-theologischen For- Als feministische Theologin will ich so dazu Woher wir kommen, welchem Geschlecht schung wissen wir heute, dass Frauen die Je- beitragen, Schritte in Richtung Gleichbe- wir uns zugehörig fühlen, in welchem gesell- susbewegung aktiv mittrugen und auch Lei- rechtigung zu gehen, um damit ein selbstbe- schaftlichen Umfeld wir uns bewegen. tungsaufgaben übernahmen. Feministische stimmtes Leben in Fülle zu fördern und das Theologinnen erforschen die Vielfalt bib- zu leben, wofür die Jesusbewegung einstand. PROPHETIN HULDA, APOSTELIN JUNIA Feministische Theologinnen haben biblische Frauen wiederenteckt, die über Jahrhunder- te kaum Beachtung fanden. So etwa die Pro- phetin Hulda (2Kön 22,8), die in der Ge- schichte im Buch Könige eine Schlüsselrolle spielt. Das stärkt das Selbstbewusstsein vie- ler Frauen. Die Art und Weise, wie Frauen in Tina Bernhard-Bergmaier Tina Bernhard- Bergmaier (31) ist in Berneck aufgewachsen und hat unter anderem in Basel Theologie studiert. Im Studium lernte sie die feministische Theologie kennen. Sie engagiert sich im Vorstand der IG Feministische Theologinnen und ist seit zwei Jahren Pfarrerin in Gossau-Andwil. Kein alter Mann mit Rauschebart, sondern eine Hebamme: Das Gottesbild in Psalm 22,10.
FRAU & KIRCHE nen nicht alles wie am Schnürchen läuft, und Trauernde. Trauernde sind ehrlich; sie ver- stecken nichts», sagt Martina Tapernoux. STÄNDIG AUF PIKETT Schwierig sei manchmal die ständige Er- reichbarkeit. «Wenn man Teilzeit arbeitet, kann man Trauernden nicht sagen, sie müss- ten die Bestattung auf diese Tage verlegen. Oft finden Sitzungen abends statt, weil die Menschen tagsüber arbeiten. Das macht die Vereinbarkeit von Familie und Beruf an- spruchsvoll.» Als Kirchenratspräsidentin wird sie sich in der ersten Zeit intensiv mit der neuen Ver- fassung beschäftigen. Ihr Vorgänger, Koni Bruderer, wird das Geschäft noch in der Herbstsynode vertreten. Martina Tapernoux- Tanner wird die Verfassung wahrscheinlich 2022 zur Volksabstimmung bringen. Sie habe grossen Respekt vor dem Amt, da sie bisher noch nie Mitglied einer Exekutive gewesen Martina Tapernoux-Tanner anlässlich ihrer Wahl zur Kirchenratspräsidentin. sei, sagt sie. «Gleichzeitig freue ich mich auf die neue Herausforderung.» «Ich liebe die Vielfalt!» Text: Margrith Widmer, Journalistin BR, Teufen | Foto: Karin Steffen, Redaktion «Magnet» Gleich? Sie ist auch im Kanton St. Gallen bekannt. Martina Tapernoux-Tanner liess sich zur Pri- Wie erleben Sie die Nun übernimmt Martina Tapernoux-Tanner marlehrerin ausbilden. Als sie in ihrer ersten Gleichberechtigung in der Kirche? 2022 das Kirchenratspräsidium der Evan- Realklasse einen kleinkriminellen Jugendli- Martina Tapernoux: Als normal. In der gelisch-reformierten Landeskirche AR/AI. chen erlebte, war ihr Entschluss gefasst: reformierten Kirche sind Männer und An der Sommersynode der Landeskirche «Das mache ich nicht bis zur Pensionierung; Frauen ebenbürtig. Zum Glück. Ich bin beider Appenzell vereinigte sie 39 von 47 das kostete zu viel Kraft und Energie.» Sie immer sehr gefördert und unterstützt Stimmen auf sich und überflügelte damit studierte Theologie und wurde Pfarrerin; da- worden. Einzig: Manchmal bekomme ihren Gegenkandidaten Thomas Gugger. zu musste sie noch Griechisch, Hebräisch ich Tipps von Männern, die wie ein und Latein büffeln. «Aber es klappte», sagt Papa mit mir als kleinem Mädchen Die neu gewählte Kirchratspräsidentin lebt sie. Während des Studiums lernte sie viele reden. Das ärgert mich. in Trogen und arbeitet in Teilpensen als Pfar- spannende Frauen kennen. In dieser Zeit rerin in Heiden, im Gehörlosenpfarramt und kippte das Geschlechterverhältnis der Stu- Haben Sie als Frau jemals Nachteile am Religionspädagogischen Institut St. Gal- dierenden zugunsten der Frauen in der erlebt? len. Sie wird für die Landeskirche AR/AI Theologie. Nein; ich habe von meinen Eltern viel auch in der Synode der Evangelisch-refor- Selbstbewusstsein mit auf den Weg ROLLENTAUSCH bekommen. Hätten wir einen Bruder Das Vikariat absolvierte sie in Buechen- gehabt, hätte unser Vater vielleicht «Dann kam es zum Staad. Nach der Ordination wurde sie Mut- ihm gezeigt, wie man Velos flickt. So ter. Ein halbes Jahr später nahm sie die erste haben wir Töchter das gelernt. Rollentausch: Ihr Mann Stelle als Spitalpfarrerin an. Ihr Mann war wollte mehr von seinen Oberarzt am Kantonsspital St. Gallen. Zwei Bestehen Mängel? weitere Buben wurden den beiden ge- Gut wäre ein ausgeglichenes Verhältnis Kindern haben.» schenkt. Dann kam es zum Rollentausch: Ihr zwischen Frauen und Männern. Mann wollte mehr von seinen Kindern haben und blieb zu Hause. Heute arbeiten beide in Gibt es Verbesserungspotenzial? mierten Kirche Schweiz (EKS) Einsitz neh- Teilpensen. Bevor sie ihre Stelle als Pfarrerin Nun gibt es schon Diskussionen um men. Sie ist in der 170-jährigen Geschichte in Heiden antrat, war sie Pfarrerin in Reute- Angebote für Männer. (mw) der Appenzeller Landeskirche die zweite Oberegg. An ihrem Beruf liebt sie die Viel- Frau im Kirchenratspräsidium. falt: «Kinder, ältere Menschen, Leute, bei de- WWW.KIRCHENBOTE-SG.CH 7
FRAU & KIRCHE Der steinige Weg in den Nationalrat Text: Käthi Koenig, Laufen BL, Pfarrerin und ehemalige Redaktorin bei «Leben & Glauben» und «reformiert.» | Foto: Keystone Hanna Sahlfeld-Singer war eine der ersten zur Kenntnis zu nehmen. «Schlimm war aller- UNERWÜNSCHT IM KANTON ST. GALLEN Frauen im Nationalrat. 1971 wurde sie ver- dings, dass mein Mann von jetzt an kritisiert So hatte sich die Familie entschlossen, Alt- eidigt. Dann begannen die Schwierigkeiten – und attackiert wurde. Aber ich hatte ihn und stätten zu verlassen, damit die Gemeinde zur auch in der Kirchgemeinde Altstätten – so- seine Ermunterung dennoch immer im Rü- Ruhe kommen könne. Sahlfelds streckten die dass sie und ihr Mann die Schweiz schliess- cken. Und meine Eltern waren hilfreiche Fühler nach verwaisten Pfarrstellen im Kan- lich verlassen mussten. Grosseltern», erzählt sie. «1972 kam ja unser ton St. Gallen aus. Vergebliche Liebesmüh. zweites Kind zur Welt.» Überall wurde abgewinkt, bevor sich ihr Hanna Sahlfeld-Singer stolperte oft über Ge- Auch in der Fraktion spürte sie Vorbehalte, Mann nur vorstellen konnte. Rolf Sahlfeld hat- setze und Verordnungen, die den Frauen vor- etwa von Juristen oder Ökonomen, die dach- te in St. Gallen keine Chance mehr. Er bewarb schreiben, wie sie zu leben haben, und ihnen ten: «Was versteht diese junge Theologin sich in der Rheinischen Kirche um eine Stelle weniger Rechte zugestehen als dem starken schon vom politischen Geschäft?» Sie erhielt als Schulpfarrer und bekam sie. Geschlecht. Das Zölibatsgebot für Pfarrerin- aber auch Unterstützung. Für Fragen aus dem Hanna Sahlfeld wollte noch einige Zeit weiter- nen in Deutschland war aus- machen, mithilfe der Eltern schlaggebend, dass das jun- und der Schwestern. Als ge Theologenehepaar im dann das Gerücht herum- Kanton St. Gallen eine Pfarr- ging, Sahlfelds stünden kurz stelle suchte – und in die vor der Scheidung, da woll- Gemeinde Altstätten ge- te sie glaubwürdig bleiben. wählt wurde: er als Haupt- Jahrelang hatte sie in Arti- pfarrer, sie mit Teilzeitver- keln und in Vorträgen er- trag. «Arbeit gab es mehr klärt, dass auch die Väter als genug, aber dass da für die Kinder da sein und ‹Doppelverdiener› am Werk dass die Männer den Frauen waren, gefiel manchen nicht», Freiraum schaffen sollten, erzählt Hanna Sahlfeld. damit diese ihre Fähigkeiten entfalten könnten. «Ich bin 1.-AUGUST-REDNERIN meinem Mann bis heute Weil ihr Mann als Ausländer dankbar, dass er das gelebt nicht als 1.-August-Redner hat», sagt sie. Sie nahm eine infrage kam, durfte Hanna halbe Stelle in der Rheini- Sahlfeld 1970 die Ansprache schen Kirche als Schulpfar- halten. Das Thema war für rerin an. sie klar: Frauenstimmrecht, Zivildienst, Respekt für an- HÄNGIGE PROBLEME dere Meinungen. Manchen Seitdem Hanna Sahlfeld Zuhörern war das zu kri- Hanna Sahlfeld, SP-Nationalrätin aus dem Kanton St. Gallen, wurde am 13. Dezember 1971 pensioniert ist, beschäftigt tisch. Aber als 1971 das als elfte Frau im Nationalrat vor der vereinigten Bundesversammlung vereidigt. Sie rückte sie sich vermehrt mit der Frauenstimmrecht ange- für den in den Ständerat gewählten Mathias Eggenberger, stehend, in den Rat nach. Schweizer Politik und ver- nommen wurde, erinnerten folgt ab und zu auf der Tri- sich die Sozialdemokraten büne die Diskussionen des an die Rednerin. Hanna Sahlfeld liess sich wirtschaftlichen Bereich wandte sich Hanna Parlaments. Es habe sich einiges in Bezug schliesslich von der SP portieren. Mit ihrer Sahlfeld-Singer an Otto Stich, den späteren auf Gleichberechtigung getan, stellt sie fest. Wahl rechnete sie nicht. Gewählt wurde sie Bundesrat. Die Theologin setzte sich in ihrer Noch gebe es hängige Probleme, etwa die dennoch. Dann stellte sich heraus, dass sie politischen Arbeit für die Rechtsgleichheit in- Lohngleichheit oder bessere Bezahlung in als «Person geistlichen Standes» gemäss Bun- nerhalb des Rechtsstaates, für die Vertiefung den sogenannten Frauenberufen. Dann fügt desverfassung gar nicht ins Parlament wähl- der demokratischen Rechte und die Humani- sie an: «Für die jungen Mütter im Nationalrat bar war. Schliesslich durfte sie in den Natio- sierung im Sozialbereich ein. steht jetzt ein Stillzimmer zur Verfügung. Ich nalrat einziehen, weil sie sich in der Kirchge- wünsche regen Gebrauch!» Die eigentlichen meinde auf Aufgaben beschränkte, die auch 1975 wurde Hanna Sahlfeld erneut in den Na- Genderdebatten berühren sie weniger. Der jede mit einem Pfarrer verheiratete Frau ma- tionalrat gewählt, sie verzichtete aber auf das Kampf für die Frauen, die in vielen Ländern chen durfte. Mitte 1971 wurde sie vereidigt. Amt. Zu stark war der Druck geworden. «Mein unterdrückt werden oder die nicht wissen, Mann wurde ständig belauert, ob er etwas wie sie ihre Kinder ernähren können, beschäf- ANGRIFFE NAHMEN NICHT AB sagen würde, was man ihm als politisch an- tigt sie mehr. Das hänge wiederum mit unse- Doch die Angriffe nahmen nicht ab. Hanna lasten könnte», erzählt Hanna Sahlfeld-Singer. rem Kaufverhalten und Lebensstil zusammen, Sahlfeld-Singer versuchte, Nerviges gar nicht «Sachliche Diskussionen wurden unmöglich.» meint sie nach wie vor kämpferisch.
GEMEINDEN IN KÜRZE Neubeginn in Rheineck Seit 1. Juli hat die Kirchgemeinde Rhein- eck eine vollständige Vorsteherschaft. Nach den Sommerferien nahm diese die Tätigkeit mit den Projekten Zusammen- schluss mit St. Margrethen, William-Wol- fensberger-Archiv, Sanierung/Umbau Kirche und Verkauf Pfarrhaus auf. Der Kirchenrat der Evang.-ref. Kirche des Kan- tons St. Gallen hatte per 2. April 2020 die dannzumalige Kirchenvorsteherschaft auf- gelöst und Barbara Ill-Schenkel als Kurato- rin eingesetzt. Ihre Arbeit ist nun beendet. Foto: meka Jetzt ist Schluss Die gute Seele vom Pfarrhaus Sevelen, Margrit Engler, geht in Pension. Nach 30 Geballte Ladung Fröhlichkeit – trotz Regen Jahren Fenster- und WC-Putzen, Böden- saugen und -aufnehmen und vielem mehr Geplant war für die Kirchgemeinde Unteres Toggenburg ein Krippenspiel. Als dieses wegen der Pandemie ist nun Schluss. Margrit Engler lässt es abgesagt wurde, mussten Pfarrerin Katharina Leser, die Zuständige des Ressorts «Familie und Kinder» nun ein bisschen ruhiger angehen, wie es Sonja Britt und Nathalie Abderhalden, Daniela Ungricht sowie Michaela Fässler, Leiterinnen der «Sonn- in den Gemeindemitteilungen heisst. Das tagschule-Chinderfiir» und der «Werchtigsunntigschuel», umdisponieren. Sie zauberten Ende August ein Pfarramt und die Behörde danken für die Sommerspiel auf die Bühne im Freien. Wegen der Kälte und des Dauerregens mutierte es aber beinahe treuen Dienste. (kgs) zum Winterspiel. Die Fröhlichkeit und Herzlichkeit der Kinder liess dies aber vergessen. (meka) Wie eine Schweizer Uhr Baracke ade, Pfadi ahoi! Zuverlässig wie ein Schweizer Uhrwerk waren Silvia Wortmann, Hans und Vreni Lufi 30 Jahre lang im Einsatz für die Die Parzelle, auf der die Jugendbaracke heim auf der gegenüberliegenden Parzelle Kirchgemeinde Sargans, Mels, Vilters- Haggen der Kirchgemeinde Straubenzell - der Stadt. Sie erachte es als wichtig, auch in Wangs, wie es in der Gemeindemitteilung St. Gallen West steht, ist nach einem Land- Zukunft im Quartier Haggen Veranstaltungen heisst. Es wurde geputzt, entsorgt, ge- abtausch von der Stadt an die Ortsbürger- und Angebote am Ort durchführen zu kön- mäht, Schnee geräumt und vieles mehr. gemeinde übergegangen. Der Mietvertrag nen. Gerade in der Arbeit mit Kindern sei die 1991 konnte Silvia Wortmann für die Rei- für die Baracke läuft 2026 aus. Nun wird geografische Nähe wichtig, schreibt die Kir- nigung der öffentlichen Räume der Kirch- eine gemeinsame Lösung mit der Pfadi chenvorsteherschaft in einer Mitteilung. Ziel gemeinde gewonnen werden. Hans Lufi St. Martin angestrebt. sei es deshalb, das neue Pfadiheim gemein- hatte seinen ersten Arbeitstag am 1. Juli sam von der Pfadi, der evangelischen und 1990, seine Frau Vreni gesellte sich dazu. Denn ihre Baracke ist baufällig und soll er- der katholischen Kirchgemeinde zu nutzen, Die drei Emsigen treten nun den verdien- setzt werden. Geplant wird ein neues Pfadi- um die Räume auszulasten. ten Ruhestand an. (kgs, meka) Für die Kirchgemeinde Straubenzell - St. Gal- len West sind zwei eigene Räume als Büro und Materialraum vorgesehen. Im Saal könn- ten Veranstaltungen und Angebote der Kin- der- und Jugendarbeit durchgeführt werden. Der Baubeitrag der Kirchgemeinde wird vor- aussichtlich im April 2022 an der Kirchge- meindeversammlung zur Abstimmung vorge- legt. In einer vorgängigen Veranstaltung soll über das Projekt orientiert werden. Der geplante Neubau der Pfadi St. Martin soll auch Informationen und Pläne zum Neubau auf: Sie standen über 30 Jahre motiviert im Einsatz: kirchlich genutzt werden. www.pfadistmartin.ch/pfadiheim Hans und Vreni Lufi und Silvia Wortmann. WWW.KIRCHENBOTE-SG.CH 9
IN KÜRZE KANTON 20 000 Franken für Hilfe in Afghanistan Die St. Galler Regierung unterstützt die Hilfsorganisation Afghanistanhilfe mit 20 000 Franken aus dem Lotteriefonds zu- gunsten der Nothilfe für Not leidende Menschen in Afghanistan. Dort haben die Taliban die Macht übernommen und Prä- sident Ghani hat das Land verlassen. Die Hilfsorganisation arbeitet Hand in Hand mit lokalen Partnern. Sie verteilt Lebens- mittelpakete und Produkte des täglichen Bedarfs. (sk) Neu im Vorstand der Frauenhilfe: Karin Rohner Vom Buch bis zum Bierdeckel: Neu auf www.ref-sg.ch Der Shop des Netzwerks Junge Erwachsene ist nun auch auf www.ref-sg.ch zu finden. Unter dem Menü Karin Rohner, Service->Zum Bestellen ist er für alle aufgeschaltet: Für die Angestellten der Kirchgemeinden und alle St. Gallen, heisst Privatpersonen. Die Produkte wie die Bücher «Gotti Götti», «Mami Papi», Trauscheine, Couverts, das neue Vorstands- Segnungsurkunden, Hochzeitbroschüren und Bierdeckel werden per Mausklick vorgestellt. Wer im mitglied der Evan- Kanton St Gallen oder im Appenzellerland wohnt, profitiert vom subventionierten Preis. Ausserkantonale gelischen Frauenhil- bezahlen den Selbstkostenpreis (20 Prozent mehr). (pd) fe St. Gallen-Appen- zell. An der Jahres- versammlung wur- de zudem der gesamte Vorstand mit Käthy Buner, Helga Deussen Meyer, Mar- celle Gmür (Präsidium), Susi Tapernoux «Gottgewollte Ordnung» und Nadine Zwingli Meier wiedergewählt. Die Frauenhilfe wurde 1903 gegründet 1968 sagten die St. Galler Reformierten St. Galler Synode dafür aus. Vor der Abstim- und ist als Verein organisiert. Immer ging Ja zum Frauenstimmrecht. An vorderster mung druckt der «Kirchenbote»-Redaktor es darum, Frauen zu unterstützen und ih- Front stand der Wattwiler Pfarrer Carl Gsell ein Streitgespräch zwischen einem Be- nen Mut zu machen, ihr Leben selber zu Gsell, der von 1952 bis 1962 Redaktor des fürworter (ihm) und einem Gegner ab. Doch gestalten. Die Frauenhilfe führt eine Bera- St. Galler «Kirchenboten» war. die Männer lehnen die Vorlage 1955 mit 58 tungsstelle für Frauen in Notlagen. Gelei- Prozent ab. 10 der 55 Gemeinden nahmen das tet wird sie von Anita Marti. (nmz/meka) In allen reformierten Kantonalkirchen konnten Stimmrecht an. Es waren vor allem städtische die Frauen bereits vor Annahme des Frauen- Gebiete um St. Gallen sowie die Diaspora- efh-sgapp.ch stimmrechts auf Bundesebene 1971 kirchlich gemeinden Sargans, Uznach und Rapperswil. abstimmen. Im Kanton St. Gallen aber erst ab 1968. Er steht damit an zweitletzter Stelle der DIE FRAU WERDE «VERMÄNNLICHT» Kantone mit einer namhaften reformierten Be- Die Abstimmungsdiskussion von damals liest Das Wibordaprojekt geht völkerung, wie Daniel Klingenberg ineinem Be- sich laut Bericht als Ausflug in die patriarcha- richt des «Toggenburger Tagblatts» vom 20. Fe- le Welt. Die Gegner befürchteten eine «Ver- weiter bruar schreibt. Die Männer des Kantons Grau- männlichung» der Frau, die «gottgewollte Ord- bünden befürworteten das kirchliche Stimm- nung» sei: «Der Mann ist des Weibes Haupt.» Das Projekt Wiborada 2021 wird um ein recht für Frauen 1918, in Zürich gab es 1963 Ein praktisches Gegenargument war, dass die Jahr verlängert, wie es in einer Mitteilung ein Ja und in St. Gallen musste nach dem Nein Kirchen zu klein seien, wenn Männer und heisst. Der Mai 2022 werde zum Wibora- 1955 ein neuer Anlauf genommen werden. Frauen an Versammlungen teilnehmen könn- damonat, in welchem sich fünf Interes- ten. 1968 kommt das Anliegen nochmals vors sierte als Inklusinnen oder Inklusen für je SYNODE DAFÜR, MÄNNER DAGEGEN Volk. Auf sechs Seiten lanciert der «Kirchen- eine Woche einschliessen lassen können. Ins Rollen kam das Anliegen des Frauen- bote» die Abstimmung. Carl Gsell, längst nicht (Bewerbung bis November auf der Home- stimmrechts in der Kirche durch eine Ände- mehr Redaktor, greift nochmals ein: «Es geht page) In dieser Zeit wird das «Fürbittge- rung der St. Galler Kantonsverfassung im Jahr um die rechte Partnerschaft von Mann und bet in der Stadt» gepflegt. 1952. Sie gab den Katholiken und Reformier- Frau.» Am 5. Mai 1968 stimmen die reformier- ten die Möglichkeit, den Frauen das Stimm- ten Männer dem Frauenstimmrecht mit einem www.heilige-wiborada.ch recht zu verleihen. 1954 spricht sich die Ja-Anteil von 72 Prozent zu.
SCHWEIZ Braucht die Kirche eine Frauenquote? Interview: Tilmann Zuber, kirchenbote-online | Foto: zVg Das Patriarchat schränke auch Männer ein, die heute eine Kirche prägen, tragen zum Natürlich. Es ist ein grosses Problem, dass findet Gabriela Allemann. Die Präsidentin Reichtum des Lebens in den Gemeinden bei. viele Frauen in schlecht bezahlten Berufen der Evangelischen Frauen Schweiz über mo- arbeiten, die wenig Prestige haben. Die Co- derne Feministinnen, Frauenquoten und die Und thematisch? ronazeit zeigt, wie systemrelevant diese Ar- angebliche «Feminisierung» der Kirche. Nein, die Kirche ist durch die Frauen nicht beit ist und wie sie unser Leben am Laufen emotionaler und «softer» geworden. Ich leh- hält. ne solche Geschlechterstereotype ab. Eigen- In Sachen Frauenstimmrecht war die refor- schaften sind nicht ans Geschlecht gebunden. Was unterscheidet die heutige Generation mierte Kirche Pionierin. Einige Kantonal- der Frauen und Feministinnen von derjeni- kirchen – nicht darunter die St. Galler Kir- Braucht es in der Kirche eine Frauenquote? gen von 1971? che – kannten das Frauenstimmrecht Jahr- In der reformierten Kirche braucht es diese Wir stellen fest, dass sich im Bewusstsein zehnte vor dem Staat. Quote nicht mehr, aber ein starkes Bewusst- und im Alltag noch etliches nicht verändert Gabriela Allemann: Für eine Institution, die sein, wo welches Geschlecht vertreten ist. hat, selbst wenn Mann und Frau formal über Jahrhunderte predigte, die Frau schwei- gleichgestellt sind. Heute finden die Feminis- ge in der Gemeinde, ist dies beachtlich. Die- Braucht die Gesellschaft Frauenquoten? tinnen in der Gesellschaft viel mehr Verbün- se Vorreiterrolle der Kirche hat jedoch etwas Ja, in gewissen Bereichen auf jeden Fall. Ge- dete, auch unter den Männern. Vor 50 Jahren Ambivalentes: Man ermächtigte die Frauen rade in den Verwaltungsräten braucht es mussten sie viel mehr einstecken, da die schon früh, ihre Stimme zu erheben, aber mehr Frauen. Männer es nicht wagten oder sich nicht leis- nur in den gesellschaftlichen Bereichen Kir- ten konnten, mit den Bestrebungen der Frau- che, Kinder und Wohltätigkeit. Bei anderen Stichwort Verwaltungsrat: Bei der Frauen- en zu sympathisieren. Heute stellen etliche Themen waren Frauen lange nicht gefragt. quote denkt man als Erstes an die Teppich- Männer fest, dass das Patriarchat auch sie etagen. Kaum jemand spricht von den Frau- einschränkt in ihren Möglichkeiten. Heute stehen an der Spitze der Evange- en in der Pflege und im Verkauf. Ist dies lisch-reformierten Kirche Schweiz (EKS) nicht störend? Vollständiges Interview: kirchenbote-sg.ch erstmals zwei Frauen: als Präsidentin Rita Famos und als Synodepräsidentin Evelyn Borer. Hat man damit das Ziel erreicht? Ich finde es bezeichnend, dass man so stark betont, dass jetzt Frauen die EKS präsidie- ren. Das zeigt, die Gleichberechtigung ist noch lange keine Selbstverständlichkeit. Und «Die Kirche ist durch die Frauen nicht emotionaler oder ‹softer› geworden. Eigenschaften sind nicht an ein Geschlecht gebunden.» gerade weil es aussergewöhnlich ist, müssen sich Frauen in solchen Positionen nach wie vor stärker beweisen als Männer und stehen unter starkem Druck. Ausserdem: Die Ge- schichte lehrt, wie rasch sich solche Macht- verhältnisse wieder verschieben können. Pfarrerinnen und Präsidentinnen prägen heute die Kirche. Hat sie sich dadurch ver- ändert? Ja, die reformierte Kirche ist vielfältiger ge- worden. Die verschiedenen Lebensentwürfe, Pfarrerin Gabriela Allemann (43) ist Präsidentin der Evangelischen Frauen Schweiz. WWW.KIRCHENBOTE-SG.CH 11
EINBLICK PALETTE Olma: Und sie gebar ihren ersten Sohn … Auch dieses Jahr ist die Evangelisch- reformierte Kirche des Kantons St. Gallen an der Olma präsent. Das Thema dreht sich um die Bibelstelle «Und sie gebar ihren ersten Sohn, … und legte ihn in eine Krippe». Weil die weihnächtliche Botschaft durch das ganze Jahr trägt, haben die Verantwortlichen für die Olma eine Krippe aufgebaut, bei der sich eine Gruppe von Besucherinnen und Besuchern fotogra- fieren lassen kann. Eine Weihnachtskarte ist ihnen gewiss. Die Olma findet vom 7. bis 17. Oktober statt. Es gilt die Covid- Zertifikatspflicht. (kh) «Glocken der Heimat» Am Samstag, 16. Oktober, erklingen um 17.20 Uhr auf der Musikwelle von Radio Zurück in der bewährten Lokremise: Los geht’s! SRF sowie um 18.50 Uhr auf Radio SRF 1 die Glocken der evang.-ref. Kirche Zurück in der bewährten St. Galler Lokremise, präsentiert die Spurgruppe Repertoire der Evang.-ref. Neukirch-Egnach TG. Sie wurde 1727 vom Kantonalkirche am kantonalen Singtag vom 31. Oktober von 14 bis 17.30 Uhr wieder zwölf Kirchenlieder Teufener Baumeister Jacob Grubenmann zum gemeinsamen Singen im Gottesdienst und im sonstigen kirchlichen Gemeindeleben. Die Organisa- erbaut. Namentlich die Turmkuppel toren freuen sich sehr, wieder mit allen zu singen! (www.ref-sg.ch/singtag) erfuhr immer wieder Neuerungen, der Knopf wurde gar einst von Munition durchlöchert. Dem schönen Klang der Glocken tat dies keinen Abbruch. (meka) Gottesdienste Hilfe ÉGLISE FRANÇAISE DE SAINT-GALL FRAUENHILFE ST. GALLEN-APPENZELL Dimanche 10, 17 et 24 octobre (fête de Jeden Donnerstag, 16 – 18 Uhr, St. Gallen «Religions for Peace» l’église) Beratung bei Krisen, Beziehungsproblemen, 10 h Culte à Saint-Gall, église de St-Mangen Scheidung, Kündigung, Unsicherheiten im Im Rahmen der interreligiösen Dialog- Dimanche 10 octobre Umgang mit Behörden, finanzieller Not … – und Aktionswoche Kanton St. Gallen «ida» 19 h Culte à Rorschach, église réformée info@efh-sgapp.ch und in Zusammenarbeit mit den Fachstel- Dimanche 17 octobre len Integration Region St. Gallen und Stadt 19 h Culte à Rapperswil, maison de paroisse GANZ OHR FÜR IHRE ANLIEGEN Gossau werden seit dem 28. September in www.eglisefrancaise.ch Ab 28. Oktober, 16 – 18 Uhr, St. Gallen der Stadtbibliothek Gossau zehn lebens- Pasteur Rédouane Es-Sbanti, 078 648 27 67 Kirche St. Laurenzen. Gibt es Dinge, die Sie grosse Porträts (Holzständer) mit State- im Moment beschäftigen oder belasten? Ein ments zum Thema Respekt, Gewaltlosig- ALL SOULS PROTESTANT CHURCH Gesprächsangebot der Kirchen St. Gallens keit, interreligiöser und interkultureller Jeweils am Sonntag um 12 Uhr Dialog ausgestellt. Die zehn Porträts jun- Kirche Rotmonten, Pfr. Scotty Williams ger Menschen aus der Region sind wäh- Worship Service: 3. und 17. Oktober Jung und frisch rend der Öffnungszeiten zugänglich. (sbg) www.allsouls.ch / S. Williams, 079 559 09 40 WORKSHOP FÜR MELODIEINSTRUMENTE www.bibliogossau.ch KAPELLE SCHWÄGALP Sa, 2. Oktober, 9.30 – 16 Uhr, St. Gallen www.ida-sg.ch Jeweils am Sonntag um 9.30 Uhr Kirchenmusikschule St. Gallen, Gallusplatz 3.10.: Klaus Stahlberger, Walzenhausen Was kann ich zum Sound der Kirchenband 10.10.: Felix Indermaur, Berneck beitragen? Hans-Joachim Eissler vermittelt 17.10.: Maik Becker, St. Peterzell kreative Ansätze. www.ref-sg.ch http://kapelle-schwaegalp.ch WORKSHOP: CLIPS UND KNIFFS GEDENKFEIER FÜR STERNENKINDER Sa, 30. Oktober, 9 – 17 Uhr, St. Gallen Do, 24. Oktober, 18 Uhr, Wil Oberer Graben 31. Mit Digital Storyteller Liebfrauenkapelle, bei Kirche St. Peter, ökum. Nadia Holdener erhältst du Tricks, wie du Feier für Menschen, die um ein Kind trauern. mit deinem Smartphone den eigenen Kanal Kontakt: andrea.bosshart@kathwil.ch professionell gestaltest. www.ref-sg.ch
PALETTE TIPPS DES MONATS Kontemplation Führungen HEILMEDITATION walterfrei@stgaller-geschichten.org Mi, 13. Oktober, 14.30 Uhr, St. Gallen und charlie.wenk@gmx.ch Offene Kirche, Böcklinstr.2, 071 333 30 38, Bei jedem Wetter. Ohne Anmeldung. hedda.schurig@bluewin.ch PERSÖNLICHKEITEN UND ORIGINALE HEILSINGEN IN DER GALLUSKRYPTA Fr, 15. Oktober, 14.30 – 16 Uhr, St. Gallen Do, 28. Oktober, 18 Uhr, St. Gallen Frauen und Männer, die mit ihrer Art, ihrem Kathedrale, mit Hildegard Aepli Handeln und Denken, ihren Ideen und Initia- Pilger danken und feiern tiven die Stadt verändert haben. Stadtwan- NACH VIA INTEGRALIS derung mit Charlie Wenk. Treff beim Rathaus Zum Dank am Ende der Saison führt SITZEN IN DER STILLE der Verein Pilgerherberge St. Gallen Mi, 6. und 20. Oktober, 3. November KREUZBLEICHE UND UMGEBUNG am Freitag, 29. Oktober, um 19.30 Uhr 18 – 20.30 Uhr, KGZ Heiligkreuz, Lettenstr. 18. Mi, 20. Oktober, 18.00 Uhr, St. Gallen einen regionalen Pilgergottesdienst in Mit Impuls und Möglichkeit zum Einzelge- Geschichten, vorgetragen von Walter Frei, der Schutzengelkapelle am Klosterplatz spräch. eveline.felder@gmx.net veranstaltet vom Quartierverein Lachen. St. Gallen durch. Er wird gestaltet durch Treff bei der Vonwilstrasse, Abzweigung Rosmarie Wiesli und Josef Schönauer. EINFÜHRUNG SITZEN IN DER STILLE Kreuzbleicheweg Musikalische Begleitung: Duo Praxedis Mi, 3. November, 17.30 – 19 Uhr mit Piano und Harfe. Die Feier ist öffent- Evang. KGZ Heiligkreuz, Lettenstr. 18. Ken- GESCHICHTEN VON JUDEN IN ST. GALLEN lich. Wegen Corona wird um eine Anmel- nenlernen der Rituale. Danach unverbind- Fr, 22. Oktober, 14.30 – 16 Uhr, St. Gallen dung gebeten: pilgerherberge-sg.ch/ liches Ausprobieren des Sitzens in der Stille Das Verhalten der Mönche, ein Nebeneinan- pilgergottesdienst-herbst/ oder per mit der Gruppe. eveline.felder@gmx.net der von West- und Ostjuden, jüdische Textil- WhatsApp auf 079 414 00 71. firmen. Mit Walter Frei. Treff beim Broder- brunnen Musik HUGENOTTENFLÜCHTLINGE AUS Klostererlebnistage BACHKANTATE FRANKREICH Fr, 29. Oktober, ab 17.30 Uhr, St. Gallen Sa, 30. Oktober, 14.30 – 16 Uhr, St. Gallen Vom 7. bis zum 10. Oktober finden in der Olma-Halle 2.0, 17.30 Uhr Einführung, 19 Uhr 1683–1699: Reiche aufgenommen, Arme wei- Vierländerregion die Klostererlebnistage erste Aufführung von «Gott, man lobet dich tergeschickt. Treff beim Eingang zu Kathari- Bodensee statt. Mehr als 26 Klöster und in der Stille» – Kantate zur Ratswahl. Tickets: nen (Nähe Marktplatz). Mit Walter Frei Klosterorte mit über 60 Angeboten sind www.bachstiftung.ch, info@bachstiftung.ch, dabei. Die Erkundungstour durch die ehe- 071 242 16 61 maligen Zentren von Spiritualität, Kultur und Wissen führt auch in den Stiftsbezirk St. Gallen. Vom 7. bis 9. Oktober wird jeweils um 9.30 Uhr eine speziell auf das Thema abgestimmte Führung in der Stiftsbibliothek angeboten. Eine Anmel- dung ist erforderlich. www.stiftsbezirk.ch und www.bodensee.eu Trauerraum in St. Gallen Die katholische Kirche im Lebensraum St. Gallen richtet vom 30. Oktober bis 9. November im Kreuzgang der Kathedra- le einen Trauerraum ein. Verschiedene Stationen animieren, den eigenen Kum- mer niederzuschreiben, dort zu lassen, Farben im Licht – Glasmalerei vom 13. bis 21. Jahrhundert einer Klagemauer anzuvertrauen, in der Stille zur Ruhe zu kommen oder mit ei- Die Motive von Glasgemälden und ihre Leuchtkraft faszinieren seit Jahrhunderten. Eine Ausstellung im nem Seelsorger zu sprechen. Unter der Landesmuseum Zürich bietet einen Überblick über die Entwicklung der Schweizer Glasmalerei von ihrem Woche ist des von 9 bis 11 Uhr und 17 bis Ursprung im Mittelalter bis zur Gegenwart. Welche Geschichten werden auf dem bunten Glas erzählt? 19 Uhr, am Samstag von 9 bis 11 Uhr und Was steckt hinter dem aufwendigen Handwerk? Die Ausstellung dauert bis am 3. April 2022. Unser Bild 14 bis 16 Uhr sowie am Sonntag von 14 zeigt «Myrrhen», ein von Frère Marc bemaltes Fenster der reformierten Kirche Uznach. (lmz) bis 16 Uhr möglich. (maw) WWW.KIRCHENBOTE-SG.CH 13
UMFRAGE Auch heute ist eine Mär … Ist die Frau …dass wir alle die glei- chen Rechte hätten! Die gleichen Rechte für wirklich Beatrix Bock Kirchenpräsidentin Frauen und Männer sind seit 40 Jahren ge- setzlich verankert. gleichberechtigt? Rapperswil-Jona Seither wurde das Umfrage: Stefan Degen, Katharina Meier | Fotos: meka, zVg Gleichstellungsgesetz in Kraft gesetzt, die Bundesverfassung angepasst und vieles ver- bessert. Es gibt allerdings noch genug Diffe- renzen, die nicht ausgeräumt sind. Wir neh- men auch bewusst in Kauf, dass es bei den ship» vorantreiben. Das Pendel schwingt Kitas und Sozialversicherungen unterschiedliche An- vielleicht gerade etwas stark in Richtung sprüche für Frauen und Männer gibt. Andere Vorteile für Frauen. Bevor es in der Mitte Blockzeiten Ungleichheiten wollen wir dagegen bewusst zum Stehen kommt, muss es sich erst einmal Ich bin in den USA auf- abschaffen und schreiben Lohngleichheits- in verschiedenste Richtungen ausschwingen. gewachsen, beide El- analysen vor. Eine tatsächliche Gleichstel- Das ist Teil des Prozesses. Wir Frauen haben tern waren berufstätig. lung – Fehlanzeige! Die formale Rechtsgleich- aber nicht nur Vorteile: «Du wirst genommen, Mein Vater arbeitete im heit konnte daher die ökonomischen, sozia- nur weil du eine Frau bist», heisst es etwa. Vicki Gabathuler Aussendienst, meine len und politischen Ungleichheiten bis heute Und laut Statistiken erhalten Start-Up-Grün- Marketingfachfrau Mutter war Vizepräsi- auch nicht endgültig beseitigen. Wenn wir derinnen immer noch weniger Finanzierung Gams dentin der grössten selbst Unterschiede schaffen, bleiben sie uns als ihre männlichen Kollegen zugesprochen. Bank in Tennessee. Zu noch lange erhalten! Grund: unbewusste Voreingenommenheit. Hause haben wir alle Haushaltpflichten durch drei geteilt. Als ich in die Schweiz kam, war es anders. Ich fragte mich, wieso. Das habe ich verstan- den, als meine drei Kinder das Schulalter er- «Wir sind besser dran, wenn Quoten sind reichten: Irgendjemand ist immer nach Hau- se gekommen oder rausgegangen – das Haus Frauen mehr Macht bekom- unfair war nie leer. Seither haben Blockzeitein in men – das führt zu einer Frauen in niederen so- der Schule, Mittagstische, Horte und Kitas zialen Schichten und den Alltag vereinfacht. Neue Arbeitsformen besseren Gesellschaft.» mit Migrationshinter- und Familienmodelle auch. John Legend grund sind oft schlech- Diese Fortschritte ermöglichen vielen Frau- Marcel Ammann ter gestellt als ihre en die Wahl, ob sie zu Hause bleiben oder ih- Pfarrer, Altstätten männlichen Kollegen. ren Beruf ausüben möchten. Frauen, die die- Da muss sich unbe- se Wahl nicht haben, brauchen Unterstüt- dingt etwas ändern. zung. Wir sollten ihre Entscheide respektie- Aber ich hörte auch schon von Männern, die ren, auch wenn sie anders sind als unsere. darum keine Stelle bekamen, weil sie das fal- Frau zu sein sche Geschlecht haben – gerade wenn es um Leitungspositionen an staatlichen Stellen hat Vorteile geht. Einem Grossunternehmen eine Frauen- Für mich als «Female quote aufzudrücken dünkt mich für die «be- Young Professional» vorzugten» Frauen allerdings keine gute Idee. gibt es eine Reihe von Ja, ich empfinde es geradezu als diskriminie- Vorteilen. Ich komme rend – aber vielleicht, weil ich halt ein Mann «Männer, die behaupten, sie Meike Kocholl (26) gerade etwas leichter bin. seien die uneingeschränkten Jungunternehmerin an meinen Traumjob Als besonderes Kapitel wäre unser sexuali- St. Gallen als ein Mann und ich sierter Alltag zu beleuchten. Hier wundere Herren im Haus, lügen auch komme in den Genuss ich mich, dass Frauenverbände nicht mehr von Frauenevents: protestieren gegen die Ausbeutung der Frau. bei anderer Gelegenheit.» Frauen-Brunch, Frauen-Coaching, Frauen- Ebenso, wenn es um Prostitution und Men- Mark Twain Recruitment. In der Unternehmerwelt gibt es schenhandel geht. viele Programme, die «female entrepreneur-
UMFRAGE Auch Männer Reden fällt benachteiligt vielen schwer Ich bin sehr dafür dass «Gleichberechtigung zwi- Früher hatte der Mann noch mehr für die den Zahltag und damit Gleichstellung gemacht schen Mann und Frau ist nur vielfach das Sagen. wird, etwa im Bereich möglich, wenn die Frau sich Frauen schwiegen, der Arbeit und Familie. Elsbeth Meier (85) Harmonie zuliebe. Dies Justin Kaufmann (17) Deshalb finde ich auch, unterordnet.» Hausfrau hat sich Gott sei Dank Konfirmand, Gams dass ein gesundes Marcus Valerius Martial Wattwil geändert. Vor allem im Mass an Feminismus öffentlichen Bereich ist unserer Gesellschaft die Gleichberechtigung guttut. Doch leider gibt es auch Leute, die es da, obwohl bei gewissen Berufen Frauen mit dem Feminismus, gelinde gesagt, etwas nach wie 120 Prozent leisten müssen, um übertreiben. Solange man begründete und eine Gleichstellung zu erreichen oder den relevante Verbesserungsvorschläge bringt gleichen Lohn zu erhalten. Im privaten und sich nicht mit utopischen Ideen im De- 50 Jahre Stimm- und Bereich habe ich aber meine Zweifel, ob tail verrennt, ist das schön und gut. Männer die Gleichberechtigung funktioniert. Hier werden übrigens ebenfalls benachteiligt. So Wahlrecht für Frauen gibt es nach wie vor Männer, die einfach ist das Bildungssystem besser auf Mädchen entscheiden, ohne gross über eine Sachlage zugeschnitten, was sich in einer höheren Ma- Stellen Sie sich vor, morgen sind partnerschaftlich zu diskutieren. Man(n) turitätsquote widerspiegelt. Auch der Wehr- Wahlen und Sie dürfen nicht hin. Nur macht es mit sich selber aus. Offen über dienst ist nur für Männer obligatorisch. Wes- weil Sie eine Frau sind. Klingt unfair? etwas zu reden fällt vielen Männern nach wie halb sollen Frauen keinen Wehrdienst leis- vor schwer. Da hat es noch Potenzial. ten? Ich finde, dass man gemeinsam über die Noch vor knapp 50 Jahren war das die Benachteiligung beider Geschlechter spre- Realität für Frauen in der Schweiz. Erst chen und Lösungen finden sollte. 1971 wurde schweizweit das Stimm- und Wahlrecht für Frauen eingeführt. Das Stimm- und Wahlrecht ist ein «Wir wissen, wenn Frauen Aspekt der Gleichberechtigung. Es gibt auch andere. Wir fragten quer durch mehr Macht bekommen, ver- Dem Manne unsere Kanton Männer und Frauen, bessert es das Leben aller, wie sie die Gleichberechtigung sehen. gleich die mit ihnen zu tun haben.» Prinz Harry Genesis 2 betont die Einsamkeit des eben geschaffenen Mannes. Redouane Es-Sbanti Gottes Entscheid, ihm Pasteur, Église etwas Ähnliches beizu- Streetdance française Saint-Gall gesellen ist offensicht- lich (Gn 2,18): «Ich will «Frauen sind für zwei für Mädchen ihm eine Hilfe (ezer) Drittel der gemachten Arbeit In der Schweiz hat machen, ihm gemäss (kenegdo). Das Hebrä- sich im Verlauf ische hebt hervor, dass die Frau nicht über, verantwortlich, trotzdem der letzten Jahre neben, noch unterstellt eingeordnet wird, verdienen sie nur 10 Prozent einiges verbessert sondern gleichgestellt ist. Die Frau wurde Janine Büchler (19) in Bezug auf die aus dem Manne geschaffen. Setzt das vo- des Gesamteinkommens und Praktikantin Gleichberechtigung. raus, dass sie ihm untergeordnet ist? So wie St. Gallen Jedoch erfahre ich der Mensch (Adam) aus der Erde (Adama) besitzen nur ein Prozent vom immer noch, dass in geformt wurde, ist auch er ihr nicht unterge- gesamten Eigentum. Sind wir manchen Volksschulen ordnet. La côte ou le côté (wörtlich «Rippe Frauen ausgegrenzt, gehänselt oder mit oder Geschätzte», sela auf hebräisch) betont also gleich? Bis die Antwort Vorurteilen eingedeckt werden. Ähnliches die Begriffe der Beziehungen, der Untrenn- Ja heisst, dürfen wir nicht erlebe ich in manchen Lokalen, im Bus oder barkeit und der Einigkeit. Nichts im Bibeltext im Zug, auch in Bezug auf Homosexuelle. lässt auf irgendeine Minderwertigkeit der aufhören zu fragen.» Die Genderfreiheit wird noch von vielen Frau deuten unter dem Vorwand, dass sie Leuten belächelt, da sie einfach neu ist. Daniel Craig (James Bond) aus dem Mann hervorgegangen ist. Die Frau Mittlerweile gibt es auch Vereine, die ist dem Manne gleich, sie steht ihm gleich- stark auf Gleichberechtigung setzen. Das wertig gegenüber. Streetdance-Angebot «roundabout» etwa ist speziell für Mädchen konzipiert. WWW.KIRCHENBOTE-SG.CH 15
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