FRAUEN WIE SIE DIE MEDIEN PRÄGEN - HILLARY CLINTON MERKEL & KLUM - TINA ROTH EISENBERG: ALS SWISSMISS ERREICHT SIE MILLIONEN - RINGIER AG
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Tina RoTh EisEnbERg: Als SwissMiss erreicht sie Millionen Frauen Wie sie die medien prägen hillaRy ClinTon mERkEl & klum Unternehmensmagazin September 2014
Inhalt Unternehmensmagazin 12 4 Wenn Frauen das Sagen haben Weltweit haben Frauen Macht in den Medien. Dafür mussten sie kämpfen – ein Stück weibliche Mediengeschichte. Und für einmal ein DOMO, das sich voll und ganz den Frauen widmet. 12 SwissMiss Sie kommt aus der Ostschweiz und lebt in New York. Mit ihrem Blog erreicht Tina Roth Eisenberg Millionen. Ein Interview über Macht, Erfolg – und Konfetti. 16 Blickpunkt Ringier 4 Für einmal interessiert DOMO ausschliesslich der Blick durchs weibliche Objektiv. 18 Porträt Jessica Stiles leitet das Digital Marketing für Ringier Africa und Asien. Eine junge Frau, die so viel reist, dass sie morgens oft nicht weiss, in welchem Land sie gerade aufwacht. 20 Machtgeheimnisse Professorin Ulrike Ehlert erklärt, warum sowohl weiblicher Körper- einsatz als auch Intellekt zum 28 Erfolg führen können. 18 24 Inhouse: Die Deadline Ein Annäherungsversuch an die unbestechliche Richterin über Gelingen und Scheitern. 26 Ringier trifft Stars DOMO-Autor Peter Hossli über drei Treffen mit Hillary Clinton – der vielleicht bald mächtigsten Frau der Welt. 28 Ellen Ringier Für einmal überlässt Verleger Michael Ringier die DOMO-Kolumne seiner Frau. 29 Talk Fragen ans Management. 30 Unter uns 26 Nachruf / Dienstjubiläen / Buch-Tipps. Cover: Martine Brand/Contour Style by Getty Images 16 Impressum Herausgeber: Ringier AG, Corporate Communica- tions. Leitung: Edi Estermann, CCO, Dufourstras- se 23, 8008 Zürich. Chefredaktorin: Bettina Bono. Redaktionelle Mitarbeit: Ulli Glantz (visuelle Umsetzung), René Haenig, Peter Hossli, Adrian Meyer, Nina Siegrist Übersetzer: Xavier 20 Pellegrini/Textes.ch (Französisch), Claudia Bodmer (Englisch), Imre Hadzsi/Word by Word (Ungarisch), Ioana Chivoiu (Rumänisch), Lin Chao/Yuan Pei Translation (Chinesisch). Korrektorat: Verena Schaffner, Peter Voser (Deutsch), Patrick Morier-Genoud (Französisch), Claudia Bodmer (Englisch), Zsófia Vavrek (Ungarisch), Adela Bradu (Rumänisch). Layout /Produktion: Nadine Zuberbühler (Schweiz), Jinrong Zheng (China). Bildbearbeitung: Ringier Redaktions Services Zürich. Druck: Ringier Print Ostrava und SNP Leefung Printers. Nachdruck (auch auszugsweise) nur mit Einverständnis der Redaktion. Auflage: 12 400 Exemplare. DOMO erscheint in Deutsch, Französisch, Englisch, Ungarisch, Rumänisch und Chinesisch. Fotos: Dukas, Getty Images (2), Julia Robbs, Vera Hartmann/13Photo, Thomas Buchwalder, Annie Leibovitz, Keystone, Wenn.com DOMO – September 2014 | 3
Mediengeschichte Wenn Frauen das Sagen haben Weltweit haben Frauen Macht in den Medien. Sie drehen Filme, schrei- ben Texte, sie enthüllen, führen Redaktionen, sie verwalten Budgets. Dafür mussten sie kämpfen – besser und origineller sein als mancher Mann. Ein Stück weibliche Mediengeschichte. Text: Peter Hossli • Foto: Süddeutsche Zeitung Photo Auf Bildern ist sie oft die einzige Frau unter Männern: Marion Gräfin Dönhoff, ehemalige Chefredaktorin und Herausgeberin «Die Zeit». Sie bewunderte Michail Gorbatschow (Bild Mitte) und seine Politik von Glasnost und Perestroika. Er wiederum sagte über sie: «Marion ist eine wunderbare Frau und gute Freundin. Mit ihr kann man sowohl über Politik wie über das Leben offen reden.» 4 | DOMO – September 2014 DOMO – September 2014 | 5
Mediengeschichte gen. Denn Ämter waren ihnen oft Lokalzeitung gehörte ihrem Vater. ssenminister Henry Kissinger (91) innehatte und zuletzt mit Altbundes- nerin. Sie setzte sich ein für die Aus- verschlossen. Lange hatten sie kein Der traute der Tochter wenig zu. Als über Marion Dönhoff (1909–2002). Sie kanzler Helmut Schmidt (95) teilte. söhnung mit der Sowjetunion, unter- Wahlrecht. Schreiben aber durften sie 1940 den Juristen Philip Graham war die bedeutendste Journalistin Toleranz war ihr Leitmotiv, wie sie stützte die Ostpolitik von Kanzler sie. heiratete, übertrug ihm Eugene Mey- Deutschlands, steht in einer Reihe 1995 in einer Maturrede sagte. «Ihr Willy Brandt (1913–1992), der in War- Per Dekret öffnete US-Präsident Mil- er die Leitung des Blattes sowie einen mit «Stern»-Gründer Henry Nannen müsst vor allem versuchen, tolerant schau demütig niederkniete und sich lard Fillmore (1800–1874) den ameri- grösseren Aktienanteil als seiner (1913–1996) und «Spiegel»-Verleger zu sein», sagte sie den Gymnasiasten. für die Gräuel der Nazis entschuldig- kanischen Kongress für Journalistin- Tochter. «Weil kein Mann für seine Rudolf Augstein (1923–2002). «Denn wer wirklich tolerant ist, der te. Ihr Ziel: Das nach dem Krieg ge- nen. Die erste akkreditierte Frau am Frau arbeiten sollte», sagte Patriarch Zur Welt kam Dönhoff in Ostpreus- wird nicht in Hass verfallen und da- teilte Deutschland sollte wiederver- Parlament in Washington hiess Jane Meyer. sen, wuchs wohlbehütet auf, mit rum auch nicht versucht sein, Gewalt einigt werden. Brandt bat sie sogar, Grey Swisshelm (1815–1884). Sie setz- Gatte Graham trank sich in die De- Pferden und Bediensteten. Sie stu- zu üben.» sich als Bundespräsidentin zur Ver- te sich ein für die Rechte der Frauen pression und brachte sich 1963 um. dierte Wirtschaft in Frankfurt, er- Fast wöchentlich schrieb sie einen fügung zu stellen. Dönhoff lehnte ab, und gegen Sklaverei – mit spitzen Er hinterliess eine Witwe mit vier warb den Doktortitel in Basel. Kaum Artikel, und das 50 Jahre lang. «Ma- weil sie ihre Macht nicht in einem Kommentaren und eingehenden kleinen Kindern. Die krallte sich ins waren die Nazis an der Macht, ver- rion Dönhoff hat den Journalismus Amt, sondern in Worten und Sätzen Schilderungen. Später gründete sie geerbte Geschäft und trieb die «Wa- teilte sie in der Schweiz Flugblätter geprägt wie keine zweite Frau und sah – wie so manche mächtige Medi- A nneliese Schuller ist 21, rotzfrech und neugierig – und beseelt von einem Wunsch. Journalistin will sie in Philadelphia und Minnesota eige- ne Zeitungen und nutzte sie für poli- tische Zwecke. shington Post» zu nie dagewesenem Glanz. Journalistisch stand das Blatt zu Beginn der 70er-Jahre auf gleicher gegen Braunhemden. 1944 half sie, das gescheiterte Attentat gegen Hit- ler zu organisieren. kaum ein Mann», so «Die Zeit». Hin- terlassen habe sie etwas Unersetzli- ches: «Massstäbe». Sie positionierte enfrau. a • sein, die Welt bereisen, sie beschrei- Noch heute ist das Pult auf der Re- Stufe wie die «New York Times». Es Als die Rote Armee von Osten einfiel, sich, hatte eine Haltung, den An- ben, erzählen, was sie erlebt. Es ist das Jahr 1948, München nach dem daktion ein Ersatz für das politische Amt. In den USA ist der Anteil ein- war Graham, die 1971 entschied, gleichzeitig mit der «New York flüchtete sie in einer sechswöchigen Odyssee zu Pferd in den Westen. spruch an Wahrheit, im Wissen, wie komplex sie ist. Anna Wintour, 64 langen Krieg. Auf deutschen Redak- flussreicher Journalistinnen weit Times» die «Pentagon Papers» zu «Eher zufällig», wie sie sagte, kam sie Ihre Texte waren oft literarisch. Sie «Anna Wintour richtet sich nicht nach dem Wind. Sie ist der tionen arbeiten fast nur Männer. höher als in Europa. Weil den Frauen veröffentlichen: geheime Berichte, zum Journalismus. «Ich wollte eine ging dorthin, wo die Geschichten Wind», schreibt die New York Times über die Bedeutung Schuller will das ändern. der Einstieg in die Politik nach wie welche den desaströsen Verlauf des gute Zeitung für ein gutes Deutsch- waren. Flog nach New York. Reiste der Britin für die Modewelt. 1988 wird die damals Die Reporterin in spe bewirbt sich vor nicht leicht gemacht wird. Nie Vietnamkriegs aufdeckten. land machen», so Dönhoff – und half mit drei anderen Passagieren im Taxi 38-Jährige Chefredaktorin der US-«Vogue». Rund 400 Mil- mit Textproben bei der «Süddeut- war eine Frau US-Präsidentin. Die Ein Jahr später führte die mutige 1946, «Die Zeit» zu gründen. Sie von Amman in Jordanien nach Bag- lionen Werbeeinnahmen verzeichnet das «Vogue»- schen Zeitung». Sie zeichnet sie mit wenigsten Bundesstaaten werden Verlegerin das Blatt zur vielleicht schrieb, recherchierte, wurde Poli- dad in Irak. Weil sie wusste: Im Taxi Imperium unter ihrer Leitung. Was Anna Wintour an einer «A. Schuller» und verschleiert so ihr von Frauen geführt. Bis 1992 waren bedeutendsten Leistung der Presse- tikchefin, verliess das Blatt Mitte der erfährt sie mehr als im Jet. Sie war nie Kollektion nicht goutiert, wird korrigiert. Nachwuchs- Geschlecht. Dem Verleger gefallen von 100 Senatoren nie mehr als 2 geschichte: der Aufdeckung des 50er-Jahre, weil es ihr zu rechts war, verheiratet, hatte keine Kinder, wirk- talenten öffnet sie ihr Netzwerk. Eine abgeschlossene die Texte. Er lädt A. Schuller zum Frauen. Heute sind es immerhin 20, Watergate-Skandals mitsamt Rück- kam zurück, wurde 1968 Chefredak- te zierlich und liebte schnelle Autos. Ausbildung hat sie nicht, dafür grenzenlosen Ehrgeiz. Gespräch ein – und ist erstaunt, dass also ein Fünftel. tritt von Präsident Richard Nixon. torin, vier Jahre später Verlegerin. Für deutsche Politiker jeder Couleur Wintour mag eine eisige Brise sein, doch fürs Nettsein es eine Sie ist. «Na gut», sagt er, «jetzt Dagegen besetzen ein Drittel Frauen «Wir hatten riesige Angst, Fehler zu Ein Amt, das sie bis zu ihrem Tod war sie eine wichtige Ansprechpart- bezahlt ihr niemand zwei Millionen US-Dollar im Jahr. sind Sie schon mal da, dann können amerikanische Redaktionen. Insbe- machen», sagt Watergate-Reporter Sie auch bleiben.» sondere am Fernsehen bestimmen Carl Bernstein (70) zu DOMO. Aber: Schuller ist die einzige Frau mit ei- Frauen. «Wir hatten den Rückhalt der gross- nem Volontariat beim Münchner artigen und mächtigen Washington Blatt. Sicher, sie ist schön, das hilft. Post. Chefredaktor Ben Bradlee und Vor allem aber schreibt sie süffisant. Verlegerin Katharine Graham gaben Sie steigt auf, bis zur gut bezahlten uns Sicherheit.» Kolumnistin beim «Stern». Später Als Graham 1999 von allen ihren heiratet sie Werner Friedmann Ämtern zurücktrat, war ihre Firma (1909–1969), den Gründer der Münch- zwei Milliarden Dollar Wert. Dann ner «Abendzeitung» und Investor bei übernahm ein Mann. Vor einem Jahr der «Süddeutschen». Nach dessen kaufte sie Jeff Bezos (50) für 250 Mil- Tod ist Anneliese Friedmann Mitbe- lionen Dollar. sitzerin beider Zeitungen. Hat Macht. Sie erlangte sie, weil sie anfänglich nicht dazu stehen durfte, eine Frau zu sein. Die Geschichte ist typisch, wie Frau- en zum Journalismus kamen. Wie Fotos: Mark Peterson/Redux/Laif, Keystone (2), Getty Images anfänglich ihr Talent nicht ausreich- te. Wie sie origineller und besser sein Die Stählerne: Katharine Graham mussten als die Männer. Wie Frauen Als «First Lady des amerikanischen aufsteigen zu mächtigen Medienfi- Journalismus» beschrieb US-Präsi- guren. dent George Bush (90) die «Washing- Es gibt viele. Eine ermöglichte die ton Post»-Verlegerin Katharine Gra- bedeutendste investigative Recher- ham (1917–2001) kurz nach deren che. Eine andere Frau beeinflusste Tod. «Frau Graham wurde noch zu den Film wie niemand sonst. Eine Lebzeiten zur Legende, weil sie eine baute ein Imperium auf ihrem Vor- wahre Führungsgestalt war», sagte namen auf. Eine Frau ist heute die Bush, «stählern und schüchtern, weltweit wichtigste Person für On- mächtig aber bescheiden, bekannt Die Gräfin: Marion Dönhoff line-News. Der bedeutendste deut- für ihre Integrität und immer nobel Alle nannten sie «die Gräfin», weil sie sche Journalist nach dem Krieg? Eine und grosszügig gegenüber ande- adelig war und auf einem Gutshof Journalistin! ren.» aufwuchs. «Aber ihre Nobilität kam Frauen erkannten den Journalismus Katharine Meyer begann als Repor- von ihrem Verhalten, nicht ihrer früh als Ort, sich politisch zu betäti- terin der «Washington Post». Die Geburt», sagt der ehemalige US-Au- 6 | DOMO – September 2014 DOMO – September 2014 | 7
Mediengeschichte • • Antonia rados, 61 Anne sinclair, 66 «Ich komme aus dem Westen und arbeite fürs deutsche «Nachrichten über meinen Mann sollen genauso wie alle Fernsehen. Bitte erzählen Sie mir Ihr Leben», sagt Antonia anderen behandelt werden», stellt Anne Sinclair 2012 zu Rados. Die promovierte Politologin weiss, Kriegsbericht- Beginn ihres Antritts als Leiterin der französischen erstattung ist möglich, ohne im Kugelhagel stehen zu Ausgabe der Internetzeitung «Huffington Post» gegenüber müssen. Für grosse Aufmerksamkeit sorgt sie 2003 mit der Redaktion klar. Es geht dabei um Dominique Strauss- ihren Live-Berichten aus Bagdad für den deutschen Kahn. Als sie ihn 1989 kennenlernt, hat sie eine erfolgrei- Fernsehsender RTL. Dass sie körperlich den Männern che Karriere vorzuweisen: Reporterin bei TF1 und eine unterlegen sei, nicht so schnell renne, und die kugelsiche- eigene politische Sendung. Für DSK gibt sie beides auf. ren Westen meist zu gross seien, empfindet Rados nicht Dann tauchen die Vergewaltigungsvorwürfe gegen ihn auf. als Nachteil – es habe sie vorsichtig werden lassen. Und sie bleibt – vorläufig – seine beste PR-Beraterin, steht ihm bedingungslos bei. Heute sind sie geschieden und Sinclair knüpft wieder an ihre journalistische Karriere an. • Sheryl sandberg, 44 «Wir waren ihre ersten Angestellten», erzählt ihr jüngerer Bruder über Sheryl Sandberg. Nach ihrem Studium in Harvard holt sie ihr Mentor zur Weltbank, dann als Stabschefin ins Finanzministerium. Da ist sie keine 30. Später begleitet Sandberg bei Google den Börsengang. Danach spricht sie bei Facebook-Gründer Mark Zuckerberg vor – und managt seither dessen Netzwerk. Seit ihrem Buch «Lean In» gilt die Facebook-Vizechefin als die charmante Feministin und ist überzeugt: «Es geht nicht um Biologie, es geht um Bewusstsein.» Die Propagandistin: Leni Riefenstahl Als Ästhetin wird Leni Riefenstahl (1902–2003) verehrt, als Meisterin der Bildgestaltung und des Schnitts. Die um Superlative eher verlegene «Neue Zürcher Zeitung» nannte sie ein «Re- gie-Genie». Sie sei «eine ehrgeizige Filmemacherin», mehr nicht, ant- wortete sie mir einst in einem E-Mail- Interview. «Natürlich», so Riefenstahl, «bedauere ich, dass man die Art meiner Filmgestaltung faschistisch nennt.» vordersten Reihe bei Pressekonferen- Klar ist: Die deutsche Regisseurin zen im Weissen Haus. Es lag an ihr, die war die Filmemacherin von Adolf Fotos: Michael Kappeler/DDP, Ullstein Bild, Jens Gyarmaty/VISUM, Keystone (2) erste Frage zu stellen und mit einem Hitler (1889–1945) und hatte viel- respektvollen «Thank you, Mr. Presi- leicht mehr Macht als jede andere dent» zu beenden, vielen Dank Herr Frau der Geschichte. Mit wirkungs- Präsident. Einen Dank, den Thomas voller Propaganda festigte sie einem US-Präsident George W. Bush 2003 der schlimmsten Monster die Macht. verweigerte, nach dessen Einmarsch Sie beschleunigte Hitlers Aufstieg. im Irak. Erst ihr Film «Triumph des Willens» Thomas war die erste Frau im Natio- über den «Reichsparteitag» von 1934 «keine Ahnung, ob da mal KZs oder während der Naziherrschaft genau- nal Press Club, die einzige Frau, die machte Hitler in abgelegenen Gegen- etwas Ähnliches kommen sollten. so wählerisch gewesen zu sein – zwi- Nixon im Pressecorps auf seiner den Deutschlands berühmt. Woher sollte ich das wissen?», sagt schen hässlichen und schönen, bahnbrechenden Reise nach China Die von «Spiegel»-Gründer Augstein sie zur «Frankfurter Rundschau». «rassisch minderwertigen» und «ari- begleitete. Ihre bohrenden Fragen als «Führerbraut ohne Geschlechts- Ihre Ästhetik wird als «faschistisch» schen», schwachen und starken, hoben sie zur «berühmtesten Repor- verkehr» bezeichnete Riefenstahl gescholten. Das Optische, das Schö- gesunden und kranken Menschen. a Die Giftige: Helen Thomas terin» in der amerikanischen Haupt- wurde ein Leben lang zu Hitler be- ne, Starke bedeutete ihr alles, ob «Leni Riefenstahl ist keine Kriegs- Zehn Präsidenten erlebte Helen Tho- stadt, schrieb die «Washington Post». fragt, stets antwortete sie gleich: Sie stramme Nazis, muskulöse Afrikaner verbrecherin im eigentlichen Sinne mas (1920–2013) als Korrespondentin Und Präsident Gerald Ford nervte sei von ihm fasziniert gewesen und oder eben bunte Fische und Korallen des Wortes, an ihren Händen klebt im Weissen Haus. Freche Fragen stell- sich derart über ihre Fragen, dass er bereue, ihn jemals getroffen zu ha- im Salzwasser. «Wenn ich einen ro- kein Blut. Aber sie trug dazu bei, te sie John F. Kennedy (1917–1963) und öffentlich sagte: «Wenn Gott die Welt ben. Von den Gräueln des Krieges ten, einen blauen und einen grauen mehr als irgendein anderer Propa- Barack Obama (53), Richard Nixon noch einmal erschaffen würde, da habe sie nicht gewusst. «Von der Fisch sehe», sagt sie zu «Vanity Fair», gandist, das Ideal der Herrenrasse, (1913–1994) und George W. Bush (68). bin ich mir sicher, könnte er am sieb- Bücherverbrennung haben wir «ziehe ich den roten und blauen Fisch der das Recht, die Welt zu beherr- Sie präsidierte die elitäre White House ten Tag nicht ruhen, sondern müsste nichts erfahren, denn es gab damals dem grauen Fisch vor.» schen, zustand, im Bewusstsein der Correspondents’ Association. Und sie sich gegenüber Helen Thomas recht- kein Fernsehen», sagte sie. Sie habe Kritiker wie Susan Sontag oder der Deutschen zu verankern», schrieb sass fast bis zu ihrem Tod jeweils in der fertigen.» «Triumph des Willens» 1934 gedreht, Filmer Erwin Leiser warfen ihr vor, Leiser. a 8 | DOMO – September 2014 DOMO – September 2014 | 9
Mediengeschichte Ständig denkt sie darüber nach, wie von 31 Jahren hob sie Medientycoon die Medien die Menschen und die Rupert Murdoch in den Chefsessel Menschen die Medien beeinflussen. der «News of the World»-Redaktion. In einem 2014 erschienenen Buch Mit einer simplen Formel hatte sie ruft sie zu mehr Schlaf und weniger Fotos: ABBAS/Magnum Photos, Getty Images, Dana Press,Reflex, Keystone, AP Photo Erfolg: Skandale aus dem Leben der Medienkonsum auf. Sie will nicht, Schönen und Berühmten. Viele der dass alle ständig am Smartphone Geschichten holten ihre Reporter, hängen. Sitzungen hält sie im Stehen indem sie die Telefone der Schönen ab. «Beim Gehen reden die Leute, und Berühmten abhörten. weil sie dann keine Mails lesen und Was illegal ist. Als der Skandal auf- Tweets absetzen können.» Weiblich, flog, entliess sie Murdoch und stellte wie sie Erfolg definiert: «Erfolg ist die Zeitung ein. Die Polizei verhafte- mehr als die Höhe des Kontostands, te sie. Die Staatsanwaltschaft erhob die Grösse des Hauses, die Karriere- Anklage. Sogar die sonst zurückhal- stufe. Arbeit und finanzielle Sicher- tende Schweizer Zeitung NZZ nannte heit sind wichtig. Wer aber allein sie «die Hexe». Geld, Macht und Ruhm nacheifert, Vergangenen Juni sprach sie ein Ge- verpasst den Sinn des Lebens: den richt in allen Punkten frei. Austausch mit anderen.» Ihren Abgang liess die mächtige Frau sich vergolden – sie erhielt von Murdoch eine Abfindung von sieben Millionen Pfund sowie ein Auto mit Chauffeur. Auch das ist Macht. Vor 66 Jahren musste Anneliese Schuller ihr Geschlecht verbergen. Nur so kam sie zu Pult und Schreib- maschine. Seither haben Frauen manche Barriere niedergerissen. Als • Chefredaktorinnen leiten sie angese- • hene Blätter, bis vor kurzem sogar die christiane amanpour, 56 drei Milliarden Dollar. Sie gebietet «New York Times». Mit Mut und «Wo ein Krieg ist, ist auch Amanpour», beschreibt die über ein Imperium, das in fast allen Ehrgeiz haben Pionierinnen wie letizia ortiz, 42 «New York Times» den unumstrittenen Star unter den Medienbereichen tätig ist. Ihr Name Die Skrupellose: Rebekah Brooks Schuller oder Dönhoff oder Graham «Sie ist eine Perfektionistin. Durchschnittliches genügt internationalen Auslandkorrespondentinnen im englisch- ist Programm. Oprah? Das kennt in Nicht jede Medienfrau glänzt, es gibt mancher Frau den Weg geebnet. Sie ihr nicht», erinnert sich ein ehemaliger Arbeitskollege vom sprachigen Fernsehen. Auf engagierte Weise vermittelt den USA jedes Kind, jeder Erwach- die skrupellosen, die abgründigen, führen heute Verlage, gewinnen spanischen Staatssender TVE an die heutige Königin von sie die Wahrheit: «Guter Journalismus kann etwas sene, jeder Greis. Oprah Fernsehen. die hinterhältigen. Die Britin Rebe- Pulitzer-Preise, setzen ihre eigenen Spanien. Damals moderiert Ortiz die Hauptnachrichten- bewirken. Daran glaube ich.» Für ihre kritische Haltung und Oprah online. Oprah Print. Oprah kah Brooks (46) brachte das britische Ideen um. Massgeblich bestimmen sendung und reist zu den Krisenherden dieser Welt. Risikobereitschaft bezieht Amanpour verdientermassen Radio. Boulevardblatt «News of the World» sie die Medien mit. Sie machen sie An den Ölverseuchten Stränden Galiziens interviewt sie ein Spitzengehalt und hat zahlreiche internationale Preise Sie wuchs ärmlich auf, ohne Vater, zum Erfolg – mit höchst zweifelhaft weiblicher und somit besser, span- den Kronprinzen Felipe. Zwei Jahre später erfolgt die und Auszeichnungen bekommen. ihre Mutter war bei ihrer Geburt noch erlangten Exklusivstorys. Im Alter nender, menschlicher. Hochzeit – eine Medienfrau heiratet Macht. ein Teenager. Oft trug sie Kleider, geschneidert aus Kartoffelsäcken. Ihr Onkel und ihr Cousin belästigten sie sexuell. Mit 14 gebar sie ein Kind, das kurz darauf starb. Die Umtriebige: Arianna Huffington Dieses ungeheuerliche Leid, sagte Ariánna Stasinopoúlou kam 1950 in Oprah Winfrey später, hätte sie mo- Athen zur Welt. Ihr Vater war Journa- • tiviert. Aus ihr musste etwas werden. Mit 17 gewann sie einen Wettbewerb list. Sie zog mit 16 nach London, stu- dierte Wirtschaft, lernte in Kaliforni- nancy gibbs, 54 als Schönheitskönigin. Sie spielte auf en ihren Mann Michael Huffington «Sie hat die Gabe, von Menschen die der Bühne, sprach am Radio, las beim kennen – ihr Sprungbrett für eine besten Ideen erzählt zu bekommen, einem lokalen TV-Sender die Nach- journalistisch-politische Karriere in um diese dann in eine Strategie richten. 1986 startete sie «The Oprah den USA. Sie schrieb über ein Dutzend umzuwandeln», sagt Time.com-Chef- Winfrey Show», eine einstündige Bücher, meist über politische und redaktor Edward Felsenthal über Talk-Show, die sie reich und populär feministische Themen. 2005 lancier- Nancy Gibbs. Sie ist die erste machte. Sie produziert Filme, schau- te sie die «Huffington Post» – und Chefredaktorin in der 90-jährigen spielert. veränderte mit dieser Onlinezeitung Geschichte des US-Magazins «Time» a Die Königin: Oprah Winfrey Für CNN ist Oprah die «mächtigste die Medien weltweit. Die HuffPo star- und sehr darauf bedacht, die Marke in Die Fernseh-Talkerin Oprah Win- Frau der Welt». Das Magazin «Time» tete als Nachrichtenportal mit vielen die digitale Welt zu führen. Gibbs frey (60) gilt als «Queen of all Me- hat sie acht Mal in die Liste der ein- liberalen Bloggern. 2011 kaufte AOL arbeitet seit 1985 für «Time» und ist dia» – Königin aller Medien. Ihre flussreichsten Personen gewählt, so das Portal für 315 Millionen Dollar. bekannt für ihre zahlreichen Karriere ist einzigartig. Zweifellos häufig wie sonst niemanden. Nur Arianna Huffington wurde Multimil- Titelgeschichten – mehr als 150 hat sie ist sie heute die weltweit mächtigs- gerade der Papst hätte mehr Einfluss lionärin und Chefredaktorin des geschrieben, darunter auch die vom te Medienfrau. Das US-Magazin als Oprah Winfrey, schrieb «Vanity mittlerweile weltweit operierenden 11. September 2001 . Dafür gewann «Forbes» schätzt ihr Vermögen auf Fair». Unternehmens. sie den National Magazine Award. 10 | DOMO – September 2014 DOMO – September 2014 | 11
interview Tina Roth Eisenberg In einem Fabrikge- bäude unter der «Soft Skills Manhatten-Bridge mietete sich Tina Roth Eisenberg ein Grossraum- büro und scharte andere Kreative sind das um sich. «Stu- diomates» – der Arbeitsspielplatz für Gleichgesinnte war geboren. Wichtigste» Sie kommt aus der Ostschweiz und lebt in New York. Als SwissMiss erreicht sie mit ihrem Blog Millionen. Tina Roth Eisenberg redet schnell, arbeitet hart und gibt nie Ruhe. Als Chef vertraut sie auf Mitarbeiter mit Herz und ihre Konfetti-Schublade. Text: Bettina Bono. Fotos: Julia Robbs. Frau Roth Eisenberg, wie mächtig entwickeln. Mit Macht gehe ich be- sind Sie? wusst und sehr vorsichtig um. Ich Tina Roth Eisenberg: Ich weiss, wie will die Dinge richtig machen und viele Leute meinen Blog lesen. niemanden über den Tisch ziehen. Trotzdem würde ich nicht von mächtig sprechen. Denn der Macht, Ist die Medienmacht von Frauen die ich angeblich habe, steht mein anders als die von Männern? grosses Pflichtbewusstsein gegen- Bestimmt. Kürzlich war ich an ei- über. Ich versuche in meinem Blog nem Kongress mit den mächtigsten stets junge «Projekte» vorzustellen. Medien-Machern New Yorks. Die Und wenn sich jemand bei mir Männer erwähnten pausenlos, wie bedankt, dass er durch meinen mächtig sie sind und plusterten sich Blog seinen Job aufgeben, sich auf auf. Die Frauen wirkten selbstbe- sein Projekt konzentrieren und sich wusst aber bescheiden, diskreter. selbständig machen konnte, dann Vielleicht stehen darum Frauen freut mich das sehr. Dann habe ich weniger im Rampenlicht. meine Macht positiv genutzt. Wie können sich Frauen an der Je versucht, Ihre Macht auszuspielen? Macht halten? Firmen, die ich mag, können auf Sich selber zu promoten ist wichtig, meinem Blog für ihre Produkte pro ein grosses Selbstbewusstsein Sie sind Mutter. Inwiefern haben Ihre Ihre Kinder sind oft Ihre Inspiration. Sicht. Ich frage mich oft, auf was Wie setzt man Kreativität am besten Woche einen Eintrag ohne Bild kau- nötig. Immer hart arbeiten, besser Kinder Sie verändert? Unbedingt. Ella war die Zündung bin ich stolz, wenn meine Kinder in Gang? fen. Diese Posts sind als gesponsert sein, extrem vorsichtig sein, Sie haben mich weicher gemacht. für meine Selbständigkeit. Am Tag erwachsen sind. Kreativität ist eine Lebensein- markiert. Ansonsten bin ich nicht authentisch sein. «Wenn Tina Meine Tochter Ella (8) war ein ihrer Geburt startete ich meine stellung. Ich bin ein sehr visueller «käuflich». Das wissen meine Blog- was macht, macht sie es richtig.» unglückliches Baby. Sie hat sehr eigene Firma. Während meiner Auf was? Mensch. Immer neugierig. Es Besucher. Ich könnte zwar fünfmal Diesem Credo muss ich jeden Tag oft geweint. Das brachte mich an Schwangerschaft mit Tilo (4) ent- Von all meinen Arbeiten sind es geht darum, hinzuschauen. so viel Geld verdienen, hätte aber gerecht werden. Respektvoll und meine Grenzen. Plötzlich war da schloss ich mich, nicht mehr sicherlich die «CreativeMornings». Wie sieht Ihre Zahnbürste aus? meine Integrität und Leser verloren. freundlich im Umgang ist aber ge- etwas, mit dem ich nicht umgehen für Kunden zu arbeiten, sondern In mittlerweile über 88 Städten Schauen Sie sich morgens dieses nau so wichtig wie von einer Sache konnte, das ich nicht «richtig» mich auf Produkte und meine treffen sich weltweit gleichgesinnte Ding mal an! Man sollte die eigenen Was bedeutet Ihnen Macht? überzogen zu sein. Und organisch machen konnte. Eine wichtige Ideen zu konzentrieren. Ella Unternehmer und Freelancer zum Antennen immer auf Empfang Sie verhilft mir zu einem grossen denken: Ich will nachhaltig han- Erfahrung. Ausserdem lernte ich, brachte mich dazu, hässliche, Networking. Da freut sich das Mami haben. Deshalb bin ich so glücklich Selbstbewusstsein. Und das lässt deln, nie kurzfristig. Ach, ich rede abends die Arbeit niederzulegen abwaschbare Tattoos schöner zu in mir: Ich habe die Kreativsten in New York. Hier gibt es so viel mich Ideen und Kontakte weiter- wie eine Mutter. und nach Hause zu gehen. machen. Kinder verändern die zusammengebracht. zu entdecken. a 12 | DOMO – Septemer 2014 DOMO – Septemer 2014 | 13
interview a Nie Angst, etwas zu verpassen? Irgendwie schon. Ich will nie Als wichtigen Baustein Ihres Erfolges nennen Sie Ihr Umfeld. Wie betreiben • Hier bloggt die In einem Ne- sagen müssen: Hätte ich doch. Deshalb habe ich das Dinner-Date Sie Networking? Durch meine Büro-WG «Studio- benraum des «Studiomates»- SwissMiss mit meiner Tochter eingeführt. mates» arbeite ich mit vielen inno- Büros befindet sich «Tattly». Zwölf Immer montags gehen wir zusam- vativen jungen Leuten im Bereich Mitarbeiter küm- men abendessen. Ich wollte das Medien und Design zusammen und mern sich hier um institutionalisieren, bevor sie ein bin so gut vernetzt in der Design- den Versand der Teenager ist, und es als komisch welt. Als ausgesprochen soziale Temporär-Tattoos. Verschickt wird empfindet. Und es ist so wertvoll. Person gebe ich pro Monat ein bis der abwaschbare Vergangenen Montag fragte ich sie, zwei grosse Dinnerpartys. Schon Hautschmuck in ob sie eigentlich wisse, was ich im meine Eltern haben immer wieder 86 Länder. Die Büro mache. Sie antwortete: «Du Gäste zum Essen eingeladen. Das Geschäftsidee entstand durch sitzt vor deinem Computer und ist mir geblieben. Meinen Kindern Zufall. Tina: «Als lachst.» Auf meine Frage, ob sie erkläre und zeige ich im Vorfeld meine Tochter Ella damit meine, dass ich Spass an der immer, was unsere Gäste beruflich mit einem dieser Arbeit habe, sagte sie: «Ja, Mami, machen. So kommen sie viel einfa- hässlichen Aufkle- www.swiss-miss.com betattoos auf dem aber darum geht es doch!» Ist das cher ins Gespräch mit ihnen. Arm nach Hause «Tina rocks!», sagt Keir Kurinsky von nicht grossartig? kam, wusste ich: Sillycone.us. Kurz nachdem Tina Roth Kürzlich hat Ted Pearlman, ein be- Das mach ich Eisenberg über seine Silikon-Eisschalen Haben Sie keine Mühe, Ihr Privatle- kannter Networker, ein Abendessen besser!» in Buchstabenform gebloggt habe, ben so öffentlich darzustellen? mit der SwissMiss verlost – und dafür seien die ersten Bestellungen Sehr zum Leidwesen meines Man- extra eine junge Frau aus Südafrika reingekommen. Die SwissMiss bewegt nes – nein. Gary ist sehr privat. Aber eingeflogen. mit ihrem Blog die ganze Design- er macht mit, so gut es geht. Gerne Stimmt. Von den drei Bewerbern, Industrie. Ursprünglich war ihr Blog als verfolge ich das Leben anderer. Das die gewonnen hatten, kamen zwei persönliches Tagebuch und «Fundstück- schafft Nähe. Wir sind alles nur aus den USA. Ich sagte ihm, ich Archiv» gedacht. Heute sind es pro Menschen. wolle die Studentin aus Südafri- Monat eine Million Besucher, die wissen wollen, was Tina neues entdeckt hat. Dazu gehören Architekten, Designer und sogar der Kreativ-Direktor der «New York Times». Und das Museum of Modern Art engagierte die SwissMiss kurzum als Designerin für ihr Intranet. Hier die Tipps von Tina Roth Eisenberg ka treffen, weil ich wusste, ihren Um erfolgreich zu sein, muss man einen Mitarbeiter morgens ins für einen erfolgreichen Blog: Werdegang würde ich am ehesten hart arbeiten. Die Mitarbeiter, Büro kommen sieht, dass es – Sich immer bewusst sein, warum man positiv beeinflussen können. die wissen, dass ihr Chef die ihm nicht gut geht, und Empathie den Blog ins Leben gerufen hat besten Interessen für sie hat, tun zeigt. – Seine Nische finden Was ist schwieriger: Kinder oder ein das. Sie fühlen sich sicher und – Sich klar und einfach ausdrücken Geschäft aufzuziehen? wissen, dass sie auch mal einen Empathie bekommt, wer bei Tattly. – Höflich und grosszügig sein Da gibt es viele Parallelen. Es ist Fehler machen dürfen. Ich will com bestellt – die Ware wird in – Etwas von Nutzen mitteilen sicherlich eine Typ-Frage. Mir mit Menschen arbeiten, die ein einem Umschlag mit Briefmarke – Den Blog in erster Linie für sich • scheint es einfacher, eine Firma aufzuziehen, da ich direkt beein- gutes Herz haben, mit denen ich es auch auf einer einsamen Insel und handgeschriebener Adresse geliefert. schreiben. Leser kommen von alleine – Geduldig sein 6850 Kilometer von der Heimat flussen kann, wer für mich arbeitet. aushalten könnte. Jeder Chef (Lacht.) Ja, damit mache ich mein – Keine Erwartungen haben entfernt hat Tina Kinder kommen mit ihrer eigenen zieht die Mitarbeiter an, die ihm Team wahnsinnig. Aber wer – Neider ignorieren Roth Eisenberg Persönlichkeit zur Welt. Und wir entsprechen. Und ja, ich bin ein bekommt heute noch persönliche ein neues Zuhause gefunden. In der können nur hoffen, dass man kom- Mami im Büro. Post? Es verleiht unserem Ge- für New Yorker patibel ist. schäft einen persönlichen Touch. Verhältnisse unge- wöhnlich grossen Ist eine gute Mutter ein guter Chef? Dazu gehört die Konfetti-Schublade an Ihrem Arbeitsplatz? Und übrigens, stellen Sie sich mal an den Postschalter und verlangen persönlich Wolkenkratzer- wohnung lebt Das glaube ich nicht. Viele Leute Klar. Man muss die Leute bei hundert Bogen Briefmarken, das Aufgewachsen ist Tina Roth sie mit Ehemann sind im Büro anders als zu Hause. Laune halten. Spass muss Platz sind umgerechnet 4000 Dollar. Da Eisenberg, 40, in Speicher AR. Gary, 52, und den Hingegen leite ich meine Firma haben. Und wer will nicht von kennt sie nachher jeder. Sie studierte Design in Genf und Kindern Ella, 8, mit viel Herz und führe meine Zeit zu Zeit mit Konfetti um sich München, dann zog sie nach New und Tilo, 4. Mitarbeiter gleich wie meine schmeissen? An Ihnen ist immer irgendwas York. Vor acht Jahren machte sie sich Durch ihre Büro- Kinder. Denn Kinder sind so ver- Rotes zu sehen. Sei es nur der Nagel- mit ihrem Design-Blog und -Studio WG ist Tina Roth schieden wie die Mitarbeiter eines Und wie stufen Sie Soft lack oder gar der ganze selbstständig. Sie entwickelte Eisenberg in der Unternehmens, und sie reagieren Skills ein? Hosenanzug. Branding oder Ihre eigene Ideen – darunter die App Designwelt gut unterschiedlich auf den jeweiligen Das Wichtigste überhaupt. Einer Art, ein Stück Heimat mit sich «TeuxDeux», ein Organisations- vernetzt. Hier entstand auch Mami-Stil. Leute, die Eltern sind, meiner Mitarbeiter sagte vor zu tragen? Hilfsmittel. Es folgten «CreativeMor- ihre Idee für die bringen das Verständnis dafür eher dreieinhalb Jahren einen Job Beides. Die Farbe Rot steht für nings», ein Networking-Treffen für Networking-Tref- mit ins Büro als andere. bei Google ab und kam zu mir. meine Heimat, mein erstes junge Unternehmer und Freelancer fen «CreativeMor- Heute führt er «CreativeMornings» Leben – und meinen Nachnamen. und «Tattly», abwaschbare Tempo- nings». Mittlerwei- Erfüllte, glückliche Mitarbeiter, die alleine. Genau so einen Menschen Dass ich hingegen als SwissMiss rär-Tattoos. Tina Roth Eisenberg lebt le finden diese in über 88 Städten um ihre Wertschätzung wissen – der suche ich nun für Tattly.com. blogge, ist Zufall. Im Nachhinein in Brooklyn, ist verheiratet und weltweit statt. neue Massstab für Erfolg? Einen, der erkennt, wenn er jedoch das beste Branding. Mutter von zwei Kindern. 14 | DOMO – Septemer 2014 DOMO – Septemer 2014 | 15
fotografie Der Blick durch das weibliche Objektiv DOMO richtet für einmal den Fokus auf erfolgreiche, engagierte Fotografinnen, die künstlerisch und gesellschaftlich Bedeutsames geschaffen haben. Foto- grafinnen, die sich in den Bereichen der Porträt- und Mode-Fotografie genauso profilieren wie auch als Bildjournalistinnen in der aktuellen Berichterstattung. annie • Leibovitz Staatsoberhäupter, Stars und Sportler – Annie Leibovitz, 64, hat sie alle vor der Kamera. Ihre aufwendig inszenier- ten, oft provozierenden Fotoporträts machen sie weltberühmt. Graydon Carter, Chefredaktor «Vanity Fair», sagte einst über Leibovitz: «Sie schafft es, sogar mittelalte weisse Schreib- tischmänner, wie ich einer bin, gross aussehen zu lassen.» Leibovitz hat ikonische Bilder geschaffen, die ihr den Status als legitime Erbin Richard Avedons oder Helmut Newtons einbringen: John Lennon, nackt und in Embryonalhaltung die angekleidete Yoko Ono umarmend. Carl Lewis (Bild rechts) in nichts mehr als Slip und roten Pumps. Whoopi Goldberg in einer Wanne voller Milch badend – alle im Bildband «Annie Leibovitz» der Sumo-Reihe des Taschen-Verlags zu sehen. Leibovitz wird in Waterbury, Connecti- cut, als drittes von sechs Kindern eines Offiziers der amerikanischen Luftwaffe und einer Tanzlehrerin geboren. 1970 fängt sie an, für den «Rolling Stone» zu arbeiten. Seit 1983 fotografiert sie für «Vanity Fair». «annie Leibovitz» ISBN: 3-8365-5237-X Verlag: Taschen Verlag 16 | DOMO – September 2014 DOMO – September 2014 | 17
fotografie • • • eLLen von unwerth Sie war ein Supermodel, als das Wort noch gar nicht erfunden war. Ellen von anne geddes Lauren Greenfield/Institute Unwerth, 60, weiss, wie man schöne Frauen fotografiert. Ihre Aufnahmen wechseln zwischen Farbe und Ihren Vorsatz fasst sie in der Silvester- Schwarzweiss, vermitteln verführeri- nacht 1984 im Hafen von Sidney: «Ich Lauren sche Weiblichkeit, Romantik, Fetischismus, Komik, Dekandenz oder werde die bekannteste Babyfotografin der Welt.» Damals lachen alle. Doch greenFieLd pure Lebensfreude. Model Eva heute ist Anne Geddes, 58, die Mutter Bekannt wird sie für ihre dokumentari- Herzigova sagt über Shootings mit der Blumen-Babys, eine der bekanntes- schen Arbeiten über Teenager. Dabei Unwerth: «Es ist nie vulgär, immer ten Vertreterinnen ihrer Zunft. Mit ihrer zeichnet Lauren Greenfield, 48, ein lustig.» Von Unwerth ist heute eine der einmaligen Art, Babys und Kinder als exaktes Bild der Jugend und ihrer Kultur, Frustrationen umgehen.» Zuletzt Magazine», der «Time», in «GQ» und originellsten und erfolgreichsten wonnige Blumen, Tiere, Fabelwesen zu der Geschlechter und ihres Konsumver- veröffentlicht sie den hoch gelobten «W». Ihre Arbeiten werden mehrfach Modefotografinnen der Welt. In ihrem fotografieren, hat sie mehr als 15 haltens. In ihrem zweiten Bildband «Girl Dokumentarfilm «Queen of Versailles» prämiert. Zurzeit arbeitet sie an einer Buch «Fräulein» sind neben Tatjana Millionen Bücher verkauft. In ihrem Culture» (Bild rechts) dokumentiert sie und wird dafür auf dem Sundance Film Ausstellung und einem Buch mit dem Patiz (Bild rechts) Aufnahmen der Bildband «Pure» (vergriffen) zeigt auf eindrückliche Weise das Leben Festival ausgezeichnet. Titel «Wealth – The Influence of atemberaubendsten Frauen zu sehen. Geddes einen weiteren Aspekt ihrer weiblicher Teenager in Amerika. Lauren Affluence». Arbeit – neben Babyfotografien (Bild Greenfield: «Mich interessierte es, zu Harvard-Absolventin Greenfield Von Unwerth wird 1954 in Frankfurt links) veröffentlicht sie erstmals sehen, inwiefern Britney Spears den startet ihre Karriere bei «National «girl culture» am Main geboren und wächst in einem Schwangerschafts- und Babybauchfo- Alltag amerikanischer Mädchen prägt. Geographic». Seither erscheinen ihre ISBN: 978-0811837903 Waisenhaus im Allgäu auf. Sie arbeitet tos. Anfang dieses Jahres macht ihre Wie sie sich fühlen, wie sie mit ihren Bilder regelmässig im «New York Times Verlag: Chronicle Books zehn Jahre als Model, wird dann selber Ausstellung mit Bildern von Kindern, Fotografin und entdeckt Claudia Jugendlichen und jungen Erwachsenen, Schiffer. die nach einer überstandenen bakteriellen Meningitis den Schritt «Fräulein» zurück in den Alltag geschafft haben, ISBN: 3-8365-2808-8 von sich reden. Verlag: Taschen Verlag Geddes wächst auf einer zehntausend Hektar grossen Ranch im australischen Nirgendwo mit vier Schwestern und mürrisch-frustrierten Eltern auf. Von Enttäuschungen geprägte Kindheitser- innerungen beeinflussen Anne Geddes Muttersein stark – auch ihre Bilder. stephanie • sincLair Stephanie Sinclair/VII Die meisten ihrer Arbeiten handeln von der täglichen Brutalität gegenüber jungen Mädchen weltweit. Es erstaunt immer wieder, dass Stephanie Sinclair, 41, überhaupt Zugang zu teils sehr sensiblen Themen bekommt. Wie beispielsweise Kinderhochzeiten in unterwegs und macht aufrüttelnde Nach ihrem Studium beginnt Sinclair Afghanistan, wo junge Mädchen Bilder der Kinderbräute. Eines davon bei der «Chicago Tribune». Dort wird einem zwanzig bis dreissig Jahre wird 2007 von Unicef zur «Fotografie sie direkt in den Irak geschickt. Als älterem Mann übereignet werden des Jahres» erklärt. Für ein weiteres freischaffende Fotografin berichtet sie (Bild rechts). Während über acht aus dieser Reihe wird sie mit einem danach während sechs Jahren für das Jahren ist Sinclair in Afghanistan, World Press Photo Award ausgezeich- «New York Times Magazine», «Time» Äthiopien, Jemen, Indien und Nepal net. und «Newsweek».
porträt Digitale NomaDiN Jessica Stiles, 28, Leiterin Digital Marketing für Ringier 24-jährig, Australien endgültig zu verlassen. Afrika und Asien, reist viel. So viel, dass sie morgens Von heute auf morgen packte sie ei- nen Rucksack und wanderte nach oft nicht weiss, in welchem Land sie gerade aufwacht. Berlin aus. Ohne Arbeitsvertrag, ohne genauen Plan. Sie landete in der Von wildfremden Männern einen Heiratsantrag zu dortigen Start-up-Szene, beriet als Marketing-Expertin zahlreiche Neu- bekommen, ist für sie keine Seltenheit. Von einem Taxi- gründungen – und hatte nach weni- gen Jahren keine Lust mehr auf fahrer entführt zu werden zum Glück schon. scheiternde Unternehmen. «Man startet so viele Firmen, aber nur eine Text: Adrian Meyer. Foto: Thomas Buchwalder. von zehn hat Erfolg. Irgendwann frustriert das, man kann es nicht H eiss war es an jenem Morgen in Ghanas geschäftiger Hauptstadt Accra, der Verkehr dicht. Jessica ben, als sie schon wieder ihr anste- ckendes Lachen lacht. Eigentlich wohnt die gebürtige Aus- allzu lange machen.» Wieder wollte sie ihren Rucksack packen und sich nochmals ins Unbe- Stiles stand mit ihrem Fahrer im tralierin in Berlin. Die meiste Zeit kannte stürzen, in Amerika diesmal. Stau, ihr Fenster war wegen der Hitze pendelt sie jedoch zwischen Ghana, Doch eine Freundin brachte sie dazu, heruntergelassen. Neben ihrem Wa- Kenia, Nigeria, Senegal, den Philip- sich bei Ringier in der Schweiz zu gen, am Strassenrand, verkaufte ein pinen, China und Vietnam. «Sehr oft, bewerben. Es eröffnete sich ihr eine Mann im Rollstuhl Äpfel. Er rollte wenn ich morgens aufwache», sagt komplett neue Welt. Eine, die sie so näher und betrachtete sie einige Se- sie, «weiss ich kurz nicht, in welchem schnell nicht verlassen möchte. kunden lang. «Äpfel?» Dankend Land ich gerade bin.» An dieses irri- Nicht stehen zu bleiben, stets Neues lehnte sie ab. Der Mann dachte ein tierende Gefühl der kompletten auszuprobieren – diesen Anspruch paar Momente über diese Antwort Orientierungslosigkeit hat sie sich kann sie bei Ringier leben. «Und weil nach, schaute sie noch einmal an und mittlerweile gewöhnt. Sie ist immer ich Spass habe an dem, was ich tue, sagte: «Heirat!» dort, wo sie eben gebraucht wird. Ein gebe ich 110 Prozent.» Es war, sagt Jessica Stiles, der beste Leben auf Abruf. «Es ist kein einfa- Seit ihrer Zeit bei Ringier arbeitet sie Heiratsantrag, den sie jemals bekom- cher Job, weil ich auf mich alleine mit Menschen aus zig unterschiedli- men habe. Und Heiratsanträge be- gestellt bin.» chen Kulturen. Das braucht viel Fin- komme sie ziemlich oft, seit sie für Dennoch: Imstande zu sein, sich al- gerspitzengefühl. Deshalb hat sie Ringier in Afrika unterwegs ist. Weil leine in einer fremden Umgebung gelernt: Es ist nicht immer sinnvoll, sie dort immer woanders unter- zurechtzufinden, ohne festen Plan stets unverblümt zu sagen, was man kommt, holen meist Firmenfahrer sie von Land zu Land, von Hotel zu Hotel denkt. Sie befolgt deshalb vermehrt für den Weg zur Arbeit ab. Das sei der ziehend – Jessica Stiles hat das Leben den wichtigsten Ratschlag ihrer Mut- lustigste Teil des Tages. «Denn es gibt als moderne Nomadin verinnerlicht. ter: «Wenn du etwas von einer Person zwei Dinge, die die Fahrer nicht glau- Sogar in ihrer Freizeit ist sie rastlos: willst, betone nicht, was es dir nützt. ben, wenn sie mich kennenlernen», Sie verbringt die meisten ihrer Wo- Sondern wie es der Person hilft, wenn sagt Stiles. «Erstens, dass ich Atheis- chenenden auf privaten Reisen. Be- sie etwas für dich tut.» tin bin. Zweitens, und das verwirrt reits hat sie 174 Städte in 56 Ländern Im Wirrwarr der Mentalitäten Afri- sie viel mehr, dass ich nicht verhei- besucht. Über ihre Reiseziele führt kas geriet sie bisher nur einmal in ratet bin.» Nach einigen Tagen folge sie genau Buch: Besucht sie ein Land, eine kritische Situation: Als ein Ta- meist ein Heiratsantrag. trägt sie das in die App der Reiseweb- xifahrer in Ghana sie auf dem Weg Jessica Stiles muss lachen, als sie die site Tripadvisor ein und teilt dies auf zur Arbeit entführte. «Es war am Episode erzählt. Sie ist auf einem Facebook. So wissen ihre Familie Schluss alles in Ordnung. Er wollte ihrer seltenen Besuche im Ringier und Freunde stets, wo auf der Welt mich bloss heiraten.» Also sagte Pressehaus in Zürich. Um zu arbei- sie gerade ist. Bald verlängert sich die sie ja. «Und dann fuhr er mich zur ten, hat sie sich mit ihrem Laptop im Liste um Israel, Jordanien und Tan- Arbeit.» fünften Stock irgendwo an einen sania. freien Bürotisch gesetzt. Seit Novem- Den Anstoss zum Aufbruch gab vor ber vergangenen Jahres leitet Stiles vier Jahren ein Vorfall bei ihrem den Bereich Digital Marketing für letzten Arbeitgeber in Australien. persönlich Ringier in Afrika und Asien. Sie un- Für eine Telekommunikationsfirma terstützt die lokalen Teams mit ih- optimierte sie das Design einer Web- Jessica Stiles, 28, wurde am 28. Fe- rem Wissen, bildet sie aus und opti- site. Durch das Redesign kauften • bruar 1986 in Sydney geboren. miert Strategien oder lanciert schlagartig mehr Nutzer die Produk- Sie studierte an der University of grössere Online-Marketing-Projekte. te der Firma. Doch ihr Vorgesetzter Robin Lingg über Wollongong im Süden Sydneys media Einst, sagt sie, habe sie sich für On- behauptete, er habe die meiste Ar- Jessica Stiles: «Mit Studies and Commerce. Nach ihrem line-Marketing entschieden, weil beit gemacht. Die Anerkennung blieb ihrer unerschöpfli- Studium arbeitete sie als manager man dort nicht viel mit anderen ihr verwehrt. «Das war der Moment, che Energie, ihren im Bereich online marketing für herausragenden Menschen reden müsse. «Aber das, als ich mich entschied, zu kündi- Fähigkeiten und verschiedene australische Firmen. was ich heute die meiste Zeit mache, gen.» Für Frauen sei die gläserne ihren internatio- Vor vier Jahren zog sie nach Berlin ist mit anderen Menschen zu reden.» Decke in australischen Unterneh- nalem Verständnis und landete dort in der Start-up- Sie sei eigentlich kein geselliger men noch immer zu dick, sagt sie, passt Jessica Szene. Seit November vergangenen hervorragend zu Mensch. Und sie sage stets, was sie «und ich hatte keinen Bock mehr, unserem jungen, Jahres leitet sie bei Ringier den denke. Ihre direkte Art würde viele mit meinem Kopf ständig dagegen dynamischen Afri- Bereich Digital marketing für die verwirren. Man mag es kaum glau- zu schlagen». Also beschloss sie, ka/Asien-Team.» neuen märkte in afrika und asien. 18 | DOMO – September 2014 DOMO – September 2014 | 19
psychologie Die Machtgeheimnisse der Frauen Lange waren sie eine Mehrheit, die wie eine Minderheit behandelt wurde. D ie Frau, die beim Backen mit Streuseln geizt, und deren eige- Regierungschefin, sticht aus dem Einheitsgrau der Minister, die sie im geblättert und dort gelesen hat, dass Rot Frauen für Männer attraktiver Doch längst zeigen Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel und Topmo- ne Parteifreunde sie vor Jahren spöttisch «Mutti» tauften, zeigt, wie Schlepptau hat, nicht nur farblich heraus. Ob die mächtige Kanzlerin macht? Eines ist Angela Merkel mit Sicher- del Heidi Klum, wie unterschiedlich weibliche Macht heutzutage funktioniert. Macht funktioniert: Voranschreiten und gelernte Naturwissenschaftlerin heit bewusst. Dass ihr Äusseres und Signale setzen. Angela Merkel, wohl irgendwann im «Journal of für sie auch Mittel zum Zweck ist: Text: René Haenig. Fotos: Johannes Eisele/AFP Photo; Dukas; Marion Nitsch/Pixsil; Heidrick&Struggles/obs. 60, seit bald zehn Jahren deutsche Personality and Social Psychology» um Glaubwürdigkeit zu gewinnen, a 20 | DOMO – September 2014 DOMO – September 2014 | 21
psychologie • a Sympathie und Zustimmung. Über die Haare abschneiden, du brauchst Klum ist clever. In ihrer Show Merkels Äusseres wird ebenso regel- einen cooleren Look, runter mit dem Heidi Klum, «Germany’s Next Topmodel» setzt «Angela Merkel «Legen Sie sich mässig geredet und geschrieben wie Gewicht.» Immer und immer wieder sie geschickt auf die Rivalität zwi- und Heidi Klum über das Aussehen von Topmodel wird ihr an den Kopf geworfen: «Du Topmodel und Moderatorin, fällt schen Frauen. «Die sogenannte intra- sind so mächtig und erfolgreich, einen Stil zu, der zu Ihnen passt» und Oma-Lenis-Sauerkrautsuppe- wirst es nie aufs Cover der Vogue gern auf – hier bei sexuelle Konkurrenz ist ein enormer der Verleihung weil sie Mut Liebhaberin Heidi Klum, 41. schaffen.» Ein Irrtum. Als Cover- der Creative-Arts- Machtfaktor unter Frauen», weiss haben, fest an Die rheinisch-blonde Frohnatur und Model der «Sports Illustrated» ge- Emmys in Los Psychologieprofessorin Ehlert. Klum sich glauben und die DDR-Pfarrerstochter sind beide lingt ihr 1998 der internationale Angeles. Bei die- nutzt sie vor allem, um ihre eigene sich durch nichts Frau Stimpel, gehen Frauen mit sem Kleid staunt und niemandem auf ihre Art mächtig. Doch während Durchbruch. Insgesamt, so schätzt Machtposition im Unterhaltungs- von ihrem Ziel Macht anders um? sogar ihr «Project im Heidi-Klum-Kosmos Sexiness und Heidi Klum selbst, war sie bis heute Runway»-Kollege business auszubauen und zu stärken. abbringen lassen», Für die meisten Frauen hat der Begriff Erfolg untrennbar miteinander ver- auf über 400 Titeln zu sehen, darun- Tim Gunn, der mit Klum kokettiert mit ihrer Weiblich- sagt Ulrike Ehlert, «Macht» keine positive Bedeutung. Er knüpft sind und die Maxime «Die ter auch die Vogue. Längst ist verges- ihr in der Jury der keit. Sie scherzt gern über ihre Brüs- Psychologiepro- klingt wie Selbstzweck, und Frauen, US-Castingshow fessorin an der Hässlichen haben verloren» gilt, hat sen, dass Karl Lagerfeld einst höhnte: te «Hans» und «Franz», und zu ihrem Universität Zürich. die im Management Karriere machen, sitzt. Mutti Merkel vorgemacht, dass Frau «Ich kenne sie nicht. Die war nie in Konterfei auf einer Sonderbriefmar- sind meist sehr sachorientiert. Das ist es auch trotz Witzen über ihre Frisur Paris, die kennen wir nicht.» ke sagte sie keck: «Es macht mir manchmal ein Nachteil, aber im oder hängende Mundwinkel bis an Grossen und Ganzen ein Vorteil, vor die Spitze schaffen kann. allem heute, wo sich die Auswahl Und warum? «Beide sind auf ihre Art im Management wegbewegt vom und Weise so erfolgreich, weil sie Charismatiker oder Machtmenschen intelligent sind, Mut und klare Visi- hin zur fachlich-sachlich orientierten onen haben und fest an sich glau- Führung. Bundeskanzlerin Angela ben», sagt Professor Dr. Ulrike Ehlert, Merkel ist dafür ein gutes Beispiel. 54, Leiterin der klinischen Psycholo- gie an der Universität Zürich. Sowohl Sind sie weniger machthungrig? Merkel als auch Klum würden sich Manager sind überwiegend internatio- durch nichts von ihrem Ziel abbrin- nal orientiert, global agierende gen lassen. Sie seien Paradebeispiele nichts aus, geleckt zu werden.» Flir- wird mit Deutschland gleichgesetzt, Persönlichkeiten. Der Aspekt der für erfolgreiche und mächtige Frauen ten gehört zu ihrem Image. Heidi und auch die Deutschen selbst iden- Macht tritt da viel mehr in den – die eine kinderlos, die andere vier- schäkert mit allen. «Sie versteht es, tifizieren sich mit ihrer Kanzlerin. Hintergrund – das ist eine ausgespro- fache Mutter. attraktiv und nicht billig aufzutre- «Mutti» – selbst diese Schmähung chen nationale Sicht der Dinge. «Heidi Klum, 1,76 Meter gross, Masse: ten», konstatiert Ulrike Ehlert. Und hat sie in einen Vorteil verwandelt. 89-65-92, Augenfarbe: braun, Haar- wenn Heidi Klum in Verhandlungen Im Gegensatz zu Klum, die sich ihre Sind Frauen die besseren Chefs? farbe: hellbraun.» Das ist alles, was mit Männern gehe, wisse sie schon Sauerkrautsuppe von Omi Leni ko- Das ist keine Frage des Geschlechts, Anfang der 90er Jahre auf ihrer Set- sehr genau, dass sie manches nur chen lässt, steht Merkel lieber selbst sondern des Individuums. card steht. Heidi ist gerade aus 25 000 erreiche, weil sie eine Frau sei. am Herd und kocht sich Kartoffel- Bewerberinnen zum «Model ’92» Davon kann Angela Merkel, 1,64 Meter suppe. Merkels Beliebtheit beruhe Sollen Frauen ihre Weiblichkeit gekürt worden. Ein Magazin schreibt gross, Masse: unbekannt, Augenfarbe: zum Grossteil darauf, was sie nicht ausspielen oder eher verstecken? damals: «Sie schreitet die Stufen hi- blau, Haarfarbe: dunkelblond, nur sei, schrieb die deutsche Wochen- Weder noch. Sie sollten vor allem sie nunter, im kleinen Schwarzen. Von träumen. Als Merkel Anfang der 90er zeitung «Die Zeit» kürzlich. Sie sei selbst sein. Es hilft jedoch, sich eine der Decke regnet Silberkonfetti, das Jahre die politische Bühne betritt, weder eitel noch gierig, nicht hoch- Identität zuzulegen, einen Stil, der zu Publikum klatscht frenetisch. Unten arbeitet sie zunächst daran, alles Per- näsig, nicht aggressiv und nicht einem passt und vielleicht wiederer- wartet Thomas Gottschalk, hinter sönliche unsichtbar zu machen. Ihre nachtragend. kennbar ist. Erinnern Sie sich an die ihm spielt eine Blaskapelle. Ihr Haar Oberweite versteckt sie unter Jacketts Merkel wird mitunter Langeweile Broschen von Madeleine Albright – ist braun, die Absätze niedrig, sie und auf Nachfrage räumte Merkel so- vorgeworfen und dass sie manche eine Kleinigkeit, die aber gut ankam. bekommt kaum einen Ton heraus gar einmal ein, dass sie eine Frau sei. Probleme einfach aussitze. «Das mag und lächelt schüchtern.» Der Sieg Als sie daraufhin gefragt wird, was das ihr Helmut Kohl, ihr politischer Zieh- Wen könnten Sie eher vermitteln: bringt Klum einen Model-Garantie- bedeute, erklärt sie, dass sie darüber vater, ziemlich gut vorgemacht ha- Angela Merkel oder Heidi Klum? vertrag über drei Jahre im Wert von nichts sagen könne, da sie ja noch nie ben», sagt Psychologin Ehlert. «So zu Eindeutig Angela Merkel. Für sie gäbe 300 000 Dollar. Und Gottschalk unkt: ein Mann gewesen sei. reagieren ist aber reine Tempera- es hervorragende internationale «Nach Claudia Schiffer jetzt unsere Auch Merkel glaubt fest an sich. Als mentssache. Merkel wird als erfah- Rollen, beispielsweise bei den UN. Heidi.» Schülerin ein Ass. Engagiert in der rene Frau wissen, dass sich manche Und die Heidi zeigts allen. Im Gegen- Kirche und in der FDJ. Ein bisschen Sachen, die hochgekocht werden, Dr. Christine satz zu Schiffer kann Klum ihren angepasst, ein wenig Aussenseiterin. besser mit Vernunft und Lebenser- Stimpel, 53, Namen zu einer Marke formen. Erst ein Jahr nach dem Mauerfall in fahrung lösen lassen.» Partnerin Schwarzkopf, Astor oder Coca-Cola die CDU eingetreten, ist sie kurz da- Merkel und Klum. Zwei total ver- bei Heidrick – alle vertrauen Klums Strahlkraft. rauf schon unter Kanzler Helmut schiedene Frauen? Merkel wird von & Struggles – einer der Das US-Magazin «Forbes» bezeichnet Kohl Bundesministerin für Frauen Demonstranten in Griechenland bekanntesten das neue deutsche «Frolleinwunder» und Jugend, neun Jahre später Par- oder polnischen Karikaturisten gern Headhunter in inzwischen als «Mogul» und schätzt teivorsitzende, wobei sie nur als ein Hitlerbärtchen angemalt. Auch Deutschland. ihr Vermögen auf mehr als 50 Millio- Übergangslösung galt. Inzwischen auf einem Werbeplakat Heidi Klums nen US-Dollar. Laut Forsa kennen 96 ist sie seit 14 Jahren im Amt und hatte irgendwer dem Model schon Prozent der Deutschen Heidi Klum. wurde vergangenen Herbst zum mal mit schwarzem Stift ein Hitler- Dass Klum fest an sich glaubt, wird dritten Mal als Kanzlerin gewählt. bärtchen verpasst. Das Nachrichten- früh deutlich. Nachdem sie den Mo- Für die ehemalige US-Aussenminis- magazin «Der Spiegel» machte darauf delwettbewerb gewonnen hat, geht terin Hillary Clinton ist Merkel «die folgende mathematische Rechnung sie nach Paris und Mailand – und wichtigste Führerin in Europa». auf: «Wenn Merkel=Hitler gilt und wird überall abgelehnt. Sie bekommt Merkel hat ihr Amt geprägt wie Klum=Hitler, gilt auch Merkel=Klum. zu hören: «Du musst dich verändern, kaum einer ihrer Vorgänger. Merkel Logisch.» 22 | DOMO – September 2014 DOMO – September 2014 | 23
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