Linzer Bibelsaat Dezember 2018 - Leitartikel: "Frauen zwischen Solidarität und Rivalität" - Diözese Linz
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Ausgabe Nr. 147 Linzer Bibelsaat Dezember 2018 Aus dem Inhalt ... Leitartikel: „Frauen zwischen Solidarität und Rivalität“ ab Seite 6 Zur Gestaltung der neuen Lektionare ab Seite 18 Linzer Bibelkurs 2019 Seite 34
Vorwort Liebe Leserinnen und Leser der Linzer Bibelsaat! Bei vielen Veranstaltungen werden immer wieder Fragen zur re- vidierten Einheitsübersetzung gestellt. Langsam verbreitet sich die Botschaft, dass da etwas „neu“ geworden ist, auch unter den Nicht-Insidern. Das hängt sicherlich auch damit zusammen, dass der überarbeitete Text mit dem 1. Adventsonntag in die Liturgie ein- zieht. Es ist immer wieder schön und bereichernd, wenn es gelingt, das Interesse an den biblischen Texten zu wecken, Menschen dafür sensibel zu machen, was schon allein die Änderung eines kleinen Wortes ausmachen kann. Besonders bei den Psalmen hat sich vieles verändert. Mich spricht die revidier- te Fassung von Ps 23,3 besonders an, wenn es anstatt „Er stillt mein Verlangen“ nun heißt: „Meine Lebenskraft bringt er zurück.“ Wie viel mehr wird mir da geschenkt! Auch der Diözesane Bibeltag wird sich mit der revidierten Einheitsübersetzung und ausgewählten Texten dazu befassen. Zu den neuen Lektionaren gab es Fortbildungen in den verschiedenen Regionen. Wie die Lektionare im neuen Gewand aussehen und was hinter der Neugestaltung steckt, können Sie ab Seite 18 erfahren. Unser Leitartikel hat diesmal die Beziehungswelt biblischer Frauen im Blick ‒ wie immer auch gleich mit einem praktischen Vorschlag für eine Bibelarbeit, um das Thema mit einer Gruppe selbst erarbeiten zu können (ab Seite 6). Am Beispiel der Entkrümmung einer Frau zeigt der Neutestamentler Walter Kirchschläger das Anliegen Jesu auf, Menschen aufzurichten und ihnen Wert und Würde zu geben. Wir dürfen Gott als aufrechte Menschen begegnen – dazu laden wir im Jänner auch mit einer Veranstaltung ins Bildungshaus Schloss Puchberg ein (ab Seite 12). Auf eine breite Palette an zukünftigen Veranstaltungen weisen unsere Termine hin (ab Seite 35) – ein sehr reichhaltiges Programm. Der Linzer Bibelkurs 2019 hat Jesus zum Thema – unter verschiedenen Aspekten und an vielen Orten. Am besten gleich nachsehen, wo ein Kurs in Ihrer/deiner Nähe stattfindet, und sich gleich dazu anmel- den – es lohnt sich! (Seite 34) Zuletzt möchte ich noch einladen, sich von uns und vielen anderen Kooperationspartner/ innen mit der Mail-Aktion „aufatmen“ durch den Advent begleiten zu lassen. Wie immer gibt es zu einem Bibelvers ein vertiefendes Bild und einen meditativen Text. Anmeldung unter: www.bibelwerklinz.at/aufatmen So wünsche ich Ihnen/dir eine beschauliche Adventzeit! Ingrid Penner Referentin im Bibelwerk Linz Information zur EU-Datenschutz-Grundverordnung 2018 Aus rechtlichen Gründen machen wir Sie darauf aufmerksam, dass Sie die Zusendung der Bibelsaat jederzeit widerrufen können: Unsere Adresse finden Sie im Impressum auf Seite 43. 2
Aktuelles Diözesaner Bibeltag Lebendig ist das Wort Viele Menschen haben die Bibel als Kraftquelle entdeckt. Alle diese Bibelbegeisterten (und jene, die es noch werden wollen) laden wir ein, selbst neu „aufzutanken“ und zu- gleich neue Zugänge zur Bibel einzuüben. Mit dem neuen Kirchenjahr wird eine über- arbeitete Bibelübersetzung in den Gottesdienst eingeführt. Die im Jahr 2016 erschie- nene revidierte Ausgabe der Einheitsübersetzung hatte den Auftrag, sich näher am Originaltext zu orientieren und will gleichzeitig den heutigen Erfordernissen für eine zeitgemäße Verkündigung des Wortes Gottes in der Liturgie Rechnung tragen. Die neu- en Lektionare stellen für Lektorinnen und Lektoren eine besondere Herausforderung dar, wenn sie die Bibeltexte nicht nur vorlesen, sondern verkündigen wollen. • Wie Welche wichtigen neuen und ungewohnten Formulierungen gibt es? bereichern sie mein Lesen? • in Kapitälchen Was bedeutet es, wenn in den alttestamentlichen Texten das Wort Herr steht? Wie gehe ich damit richtig um? • Wie kann ich mich selbst im Vorfeld gut auf die Lesung vorbereiten? Wir möchten diesen Fragen gemeinsam nachgehen und sehen die neuen Lektionare als Chance, das Wort Gottes wieder neu kennenzulernen. Workshops zu einzelnen Perikopen bzw. Schwerpunkten der neuen Lektionare mit Christine Gruber-Reichinger, Rainer Haudum, Hans Hauer, Renate Hinterberger- Leidinger, Hans Hintermaier, Franz Kogler, Ingrid Penner, Franz Schlagitweit, Martin Zellinger und Michael Zugmann. Termin: Fr, 15. März 2019, 14:30 − 21:30 Uhr Ort: Wels, Bildungshaus Schloss Puchberg Begleitung: Elisabeth Birnbaum, Direktorin des ÖKB Anmeldung: Bei Anmeldung im Bibelwerk bis 11. März 2019 entfällt der Kursbeitrag von € 25,–. Wort des lebendigen Gottes Wort des lebendigen Gottes Handreichung für Lektorinnen und Lektoren Handreichung für Lektorinnen und Lektoren Diese von Michael Zugmann und Franz Kogler erstellte Broschüre gibt den Lektor/innen wertvolle Anregungen, damit das Wort Gottes nicht nur vorgelesen, sondern gut verkündet werden kann. Neben grundsätzlichen Impulsen finden sich darin auch eine Reihe ganz praktischer Tipps für die Vorbereitung und die Feier des Gottesdienstes. Wort des lebendigen Gottes. Handreichung für Lektorinnen und Lektoren, Linz 2018, 32 Seiten, € 2,20 (ab 5 Stk. € 2,–; ab 10 Stk € 1,50) SS 3
Aktuelles Die Bibel – Seele der Pastoral Mit 1. Adventsonntag kommt die revi- dierte Einheitsübersetzung mit dem neu- en Lektionar in unsere Gottesdienste. Nachdem es drei Lesejahre und damit auch drei neue Lektionare für die Sonn- tage gibt, hat die Österreichische Bi- schofskonferenz beschlossen, der Bibel drei Jahre lang vermehrte Aufmerksam- keit zu schenken. Unter dem Motto Bibel.hören.lesen.le- ben wird es zwischen 1. Dezember 2018 und 29. Juni 2021 verschiedene biblische Schwerpunkte in ganz Österreich geben. Lektor/innenfortbildung Schwerpunkte Der erste Schwerpunkt in unserer Diözese Vor allem soll in allen kirchlichen Arbeits- liegt dabei auf Fortbildungen für jene, feldern die Bibel als Seele der Pastoral die mit dem neuen Lektionar zu tun ha- noch mehr ins Bewusstsein kommen. ben. An erster Stelle stehen dabei die Auf unserer Homepage gibt es eine eige- Lektor/innen, die durch ihr Engagement ne Seite mit Veranstaltungshinweisen, einen wichtigen Dienst in der Verkün- Ideen und Materialien zu den Jahren der digung des Gotteswortes übernehmen. Bibel: www.bibelwerklinz.at/bibeljahre; Nach den regionalen Informationstreffen auch das Österreichische Katholische zu den Lektionaren, die im Herbst mit Bibelwerk bietet umfangreiche Informa- über 600 Teilnehmenden stattgefunden tionen über Aktivitäten aus ganz Ös- haben, liegt es nun an den Pfarren, terreich unter www.jahrederbibel.at an. Seelsorgeräumen und Dekanaten, für Lektor/innen, aber auch Leitende von Ermutigung Wort-Gottes-Feiern und andere Bibel- Hauptamtliche und Freiwillige in der Seel- interessierte weitere Fortbildungsmög- sorge und Pastoral sowie im Bildungs- lichkeiten zum revidierten Text der Ein- bereich werden befähigt und ermutigt, heitsübersetzung anzubieten. Wir helfen die Bibel in diesem Sinne stärker in ihr gerne bei der Planung und in der Ver- Tun einzubringen und so zu Multiplikator/ mittlung von Referent/innen aus der innen zu werden. Region. Infos zu den Lektor/innen-Fortbildungen: Dauer: 3 Stunden (idealerweise Freitag abends oder Samstag vormittags) Kosten: € 100,– für Referent/in vom Bibelwerk; falls zusätzlich ein/e Sprechtrainer/in gewünscht wird, weitere € 200,– (plus Fahrtkosten) 4
Neues aus dem Bibelwerk E ine ereignisreiche Zeit mit zahlreichen Veranstaltungen liegt hinter uns. Die regionalen Fortbildungsveranstaltungen für Lektorinnen und Lektoren wurden pro Abend von 40 bis 70 Lernbegeisterten genutzt, was sich auch im Vertrieb der speziell zu diesem Thema erstellten Broschüre „Lebendig ist das Wort. Einführung in die neuen Lektionare“ widerspiegelt. Staunenswert ist, dass wir bereits einen Monat nach Erscheinen des Heftes den zweiten Nachdruck organisieren mussten – und das bei einer Startauflage von 8000 Stück! Viele Diözesen Österreichs (und auch Deutschlands, der Schweiz und Südtirol) verteilen ebenfalls diese Broschüre. Die Planungen für den Linzer Bibelkurs 2019 zum Thema „Von einem, der aufsteht für das Leben. Jesus von Nazaret“ – an 29 Orten mit je vier Abenden – sind abge- schlossen. Man kann das in aller Ruhe und mit großer Freude und Dankbarkeit nur ge- nießen: 116 Bibelabende im Frühjahr. Das Werbeheft kann (auch in größerer Menge zum Verteilen) kostenlos im Bibelwerk angefordert werden. Beim letzten Bibelseminar in Roitham war ich wohl das erste Mal so ziemlich der Älteste im Pfarrsaal. Wie das die Bildungswerkleute dort geschafft haben, so viele Menschen rund um die Lebensmitte anzusprechen, ist mir immer noch rätselhaft … Zu den Veranstaltungen in der kommenden Zeit, wie z.B. Kunst im Advent (im Ars Electronica Center), dem Konzert von „Alte Bekannte“ (ehemals Wise Guys) und dem Diözesanen Bibeltag, laden wir herzlich ein. Sehr erfreulich, dass die neuen Einheitsübersetzungen auch schon in mehreren Bildungshäusern aufliegen. So konnte ich die Familienbibel oder andere Ausgaben im Seminarhaus St. Klara der Franziskanerinnen in Vöcklabruck, im Spes-Haus in Schlierbach, im Bildungszentrum Maximilianhaus in Attnang-Puchheim oder im Bischöflichen Bildungshaus Stift St. Georgen am Längsee entdecken. Kaum zu glauben, dass unser Bibellexikon in diesen Tagen den zehnten Geburtstag feiert. Restexemplare gibt es noch stark verbilligt zum Sonderpreis von € 25,80. Angela Eckerstorfer ist innerhalb des Pastoralamts in eine andere Abteilung gewech- selt. Wir danken dir, Angela, für dein Engagement und den jugendlichen Schwung in den fünf Jahren bei/mit uns! Als Nachfolgerin konnten wir Mag.a Katharina Kaar gewinnen, der wir einen guten Start wünschen (vgl. Seite 11)! Und noch eine heitere Anekdote: Auf die Frage an KBW-Mitarbeiter in der Pfarre Perg, ob sie unsere Bibelausstellung schon gesehen haben, kam die Antwort: „Ja, wir waren kürzlich in Minsk – und dort haben wir eure Ausstellung gesehen.“ So wünsche ich dir/Ihnen eine erfüllte Adventzeit und ein gesegnetes Weihnachtsfest sowie viel Freude im Neuen Jahr SS 5
Leitartikel Frauen zwischen Solidarität und Rivalität Damals wie heute werden Beziehungen zwischen Frauen als Solidarität oder als Rivalität erlebt. Wer sich in der Bibel mit „Frauentexten“ beschäftigt, sollte dabei als Hintergrund präsent haben, dass Bibeltexte doch mit fast 100%iger Wahrscheinlichkeit von Männern in ei- ner patriarchalen Gesellschaft geschrie- ben wurden. Umso spannender wird es aber dann, wenn männliche Autoren von Frauen erzählen, die heilsgeschichtlich relevante Rollen einnehmen. Solidarität unter Frauen Drei biblische Bücher sind nach Frauen benannt: Rut, Judit und Ester. Solidarische Frauenbeziehungen spielen vor allem im Buch Rut eine Rolle. Darauf soll hier nä- her eingegangen werden. Das Buch Rut Noomi, eine Frau aus Betlehem, hat einen Bild: Maria Hafner Mann und zwei Söhne. Die Familie muss wegen einer Hungersnot ins benachbar- te Moab ziehen. Dort nehmen sich die beiden Söhne jeweils eine moabitische „Dränge mich nicht, dich zu verlassen Frau: Orpa und Rut. Der Mann Noomis und umzukehren! Wohin du gehst, dahin und die beiden Söhne sterben, zurück gehe auch ich, und wo du bleibst, da blei- bleiben drei verwitwete Frauen. Noomi be auch ich. Dein Volk ist mein Volk und will, nachdem es in Betlehem (= Haus dein Gott ist mein Gott. Wo du stirbst, des Brotes) wieder Brot gibt, zurück in ih- da sterbe auch ich, da will ich begraben re Heimat. Die beiden Schwiegertöchter sein.“ (Rut 1,16f) wollen mit ihr gehen. Eindringlich redet Noomi auf die zwei ein, doch in ihrer Dieser Text, oft fälschlich bei Hochzeiten Heimat zu bleiben, weil sie als ausländi- gelesen, spricht von der innigen Be- sche und verwitwete Frauen in Betlehem ziehung einer Schwiegertochter zur nichts zu erwarten hätten. Fürsorge und Schwiegermutter und durchbricht hier ehrliche Zuwendung sprechen aus ih- das Klischee der „bösen Schwieger- ren Worten. Opra lässt sich schließlich mutter“. Durch das kluge und solida- umstimmen, Rut aber beharrt darauf, rische Zusammenstehen und -wirken bei ihrer Schwiegermutter zu bleiben: der beiden Frauen nimmt ein Verwandter 6
Leitartikel der Noomi sich schließlich beider Frauen den Weg zur Älteren. Glaube wird leben- an: Er heiratet Rut ‒ und auch Noomi ist dig im Austausch von Erfahrungen. Das damit versorgt. Das aus der Verbindung Ergebnis: Freude und Jubel. zwischen Rut und Boas entstehende Kind (Obed) erscheint im abschließenden Die Frauen am Ostermorgen Stammbaum als Großvater des Königs Eine solidarisch im Leid verbundene David. Die Mutter Rut findet Aufnahme Frauengruppe begegnet in den synop- im heilsgeschichtlichen Stammbaum tischen Evangelien. Maria Magdalena Jesu zu Beginn des Matthäusevangeliums macht sich zusammen mit anderen (vgl. Mt 1,5). Frauen am Ostermorgen in aller Frühe Neben diesen Hauptpersonen spie- auf den Weg zum Grab, um den Leichnam len gerade im Buch Rut noch andere Jesu zu salben. Anstelle eines Leichnams Frauengruppen eine Rolle: die Frauen finden sie aber das Grab leer und erfah- in Betlehem (vgl. 1,19ff; 4,14f), die ren als erste die Botschaft, dass Jesus Mägde am Feld des Boas (2,8.22) und die auferweckt wurde. Nachbarinnen, die dem Neugeborenen Aus der gemeinsamen Trauer erwächst den Namen geben (4,17) – allesamt Freude ‒ sie werden Freudenbotinnen Frauengruppen, die in Solidarität mit der Auferstehung. Noomi und Rut, den Hauptfiguren des Buches, erwähnt werden. Lydia und ihr Haus Die Apostelgeschichte (der Verfasser ist Maria und Elisabet ebenfalls der Evangelist Lukas) erzählt Auf der Beziehungsebene kann man von einer Begegnung des Paulus mit auch die lukanische Begegnungsszene Frauen, die sich zum Gebet an einem zwischen Maria und Elisabet betrach- Fluss in Philippi versammelt haben. Bei ten. Hier begegnen einander zwei Frau- der Purpurhändlerin Lydia handelt es sich en, die etwas gemeinsam haben: um eine „Gottesfürchtige“ (Person, die Durch das Wirken Gottes sind sie „gu- mit dem Judentum sympathisiert). Als ter Hoffnung“. Die Ältere spricht der Purpurhändlerin hat sie wohl einen ei- Jüngeren den Vorrang ihres ungebore- genständigen Handwerksbetrieb, in dem nen Kindes gegenüber dem eigenen zu. Frauen mitarbeiten. Nachdem sie die Umgekehrt macht die Jüngere sich auf Verkündigung des Paulus gehört haben, SS 7
Leitartikel lässt Lydia sich „mit ihrem Haus“ taufen. Hier erfahren wir also von Frauen, die sowohl im Glauben als auch durch ihre Arbeit miteinander geschwisterlich ver- bunden sind. Rivalität unter Frauen Die Bibel zeigt aber nicht nur das Ideal auf, sondern alle Facetten menschlichen Lebens. Wie heute, so gab es auch damals Streit, Konkurrenz und Machtkämpfe – Position aus und geht gegen Hagar so besonders dort, wo es um Kindersegen hart vor, dass diese davonläuft. Ein Engel ging. Eine Frau galt in der damaligen Gottes schickt Hagar aber wieder zurück Gesellschaft erst dann etwas, wenn sie – allerdings mit der Verheißung einer Kinder (besser noch: Söhne) geboren zahlreichen Nachkommenschaft auch für hatte. ihr Kind (vgl. Gen 16,10‒12). Hagar kehrt Sara und Hagar zu Sara zurück und gebiert Abrahams ersten Sohn Ismael. Der erste Frauenkonflikt wird in Gen 16 erzählt in Zusammenhang mit Abraham Als Sara dann endlich selbst den ersehn- und seiner Nachkommenschaft. Abra- ten Sohn bekommt (Gen 21,2), fordert hams Frau Sara wird gleich bei der er- Sara von Abraham, Hagar mit Isamel zu sten Erwähnung – dort trägt sie noch verstoßen, weil Sara um das Erbe ih- den Namen Sarai – als unfruchtbar be- res Sohnes fürchtet (Erstgeburtsrecht!). zeichnet (vgl. Gen 11,30). Dem gegen- Abraham muss nach Anweisung Gottes über steht die Verheißung der zahlrei- Saras Forderung erfüllen – man könnte chen Nachkommenschaft an Abraham. auch sagen: Gott hält an seinen Plänen Nachdem der Kindersegen ausbleibt, fest. Die Verheißung galt von allem An- nimmt Sara die Sache selbst in die Hand fang an dem Nachkommen Abrahams und schickt Abraham zu ihrer ägypti- mit Sara. Die eigenmächtigen Pläne der schen Magd Hagar, um mit ihr ein Kind beiden gehen somit gewaltig schief und zu zeugen (eine Art Leihmutterschaft). fordern Opfer. Auffallend ist die Nicht- Mit Hagars Schwangerschaft beginnt der Kommunikation mit Hagar. Weder Sara Konflikt: einerseits zwischen Sara und noch Abraham reden mit Hagar, sondern Hagar, andererseits zwischen Sara und sie verfügen nur über sie. Gott aber lässt Abraham. Hagar, die bisher Sara unter- auch Hagar und ihren Sohn nicht im Stich: geordnet war, bekommt nun Sara gegen- Die Verheißung, die schon in Kapitel 16 über „Aufwind“ und lässt sie das auch ausgesprochen wurde, wird wiederholt. spüren. Sara verlangt von Abraham eine Hagar kehrt in ihre Heimat Ägypten zu- Entscheidung. Die Sache ist Abraham of- rück und nimmt dort für ihren Sohn fensichtlich zu heiß – er zieht sich aus der Ismael eine Frau – aus der ehemaligen Affäre, indem er Sara alle Verantwortung Sklavin ist eine eigenständig entschei- überträgt. Nun spielt Sara wiederum ihre dende Frau geworden (Gen 21,9‒21). 8
Leitartikel Hanna und Peninna Evodia und Syntyche Im 1. Samuelbuch gibt es eine ähnliche Zwei wohl eher unbekannte Frauen der Konkurrenzgeschichte (1 Sam 1,1 – 2,11). frühchistlichen Zeit erwähnt Paulus in Ein Mann namens Elkana hat zwei Frauen: seinem Brief an die Gemeinde in Philippi. Hanna und Peninna. In biblischen Zeiten Was genau zwischen ihnen vorgefal- war es durchaus üblich, dass ein Mann len ist, wird nicht gesagt. Sie werden mehrere Frauen hatte, besonders dann, aber von Paulus ermahnt, „einmütig im wenn der Nachwuchs auf sich warten Herrn“ zu sein. ließ. Auch hier gibt es eine über lange Zeit Diese Beispiele, denen man noch so kinderlose Frau: Hanna. Ihr gehört zwar manche andere Erzählung hinzufügen die Liebe des Mannes, aber das reicht ihr könnte, lassen uns ein wenig in die Be- nicht. Sie möchte auch gesellschaftlich ziehungswelt der Frauen (durch die anerkannt werden. Peninna dagegen ist männliche Brille!) blicken. mit Kindern gesegnet – scheinbar fehlt ihr aber die Liebe des Mannes. Diese Damals wie heute erfahren Frauen Kränkung lässt sie Hanna spüren und ver- einander hilfreich, aber auch als Kon- spottet sie wegen ihrer Kinderlosigkeit. kurrentinnen und in Rivalität. Damals wie Bei einer Reise zum Heiligtum kommt es heute gewinnen Frauen an Lebensqualität erneut zu einer Konfrontation der beiden und erreichen zusammen mehr, wenn sie Frauen. Nachdem Hanna auch bei Elkana in Solidarität und gegenseitiger Achtung kein Verständnis für ihre Situation findet, miteinander und nicht gegeneinander wendet sie sich in ihrer Not an Gott. Eli, agieren. der Priester, der sie beobachtet und dem Ingrid Penner sie ihr Leid klagt, spricht ihr von Gott her Hilfe zu. Hanna legt ein Gelübde ab: Wenn sie einen Sohn bekommt, wird sie ihn Gott zurückgeben. Hanna ge- biert Samuel und bringt ihn, nachdem sie ihn entwöhnt hat, ins Heiligtum. Samuel wächst im Haus Elis zu jenem Propheten heran, der Saul und David zu Königen salbt. Über das Verhältnis der beiden Frauen nach der Geburt Samuels wird nichts mehr erzählt. Lea und Rahel Eine ähnliche Erzählung kann noch in Gen 29,1 – 30,24 nachgelesen werden, in der es zu einem Gebärstreit der beiden Schwestern Lea und Rahel kommt, in den auch die Mägde der beiden Frauen Zur Autorin: involviert werden (ähnlich wie bei Sara Ingrid Penner ist Referentin im und Hagar). Bibelwerk der Diözese Linz. SS 9
Praktische Bibelarbeit Bibelarbeit zu 1 Sam 1,1 – 2,11: Eine Gruppe betrachtet den Text aus der Rolle der Hanna, die andere Gruppe aus Hanna und Peninna der Rolle der Peninna (bei vier Gruppen je zwei Kleingruppen zu den jeweiligen Einstieg Frauen). Aufgabenstellung (ca. 15 – 20 Minuten Zeit zur Vorbereitung geben): Lied: Suchen und fragen (GL 457) • Ich bin Hanna (Peninna) und verhalte mich der anderen Frau Elkanas gegen- Auf den Bibeltext zugehen über so, weil … L führt allgemein hin zu Frauentexten der • Mein Verhältnis zu Elkana würde ich so beschreiben … Bibel und deren männlichen Autoren und stellt dann die Frage ins Plenum: Was gibt einer Frau in unserer Gesellschaft • Ich möchte Hanna (Peninna) / Elkana folgende Frage(n) stellen … Ansehen, Anerkennung und Wert? Meinungs- und Erfahrungsaustausch • Ich möchte Hanna (Peninna) / Elkana Folgendes sagen … darüber. Die Gruppe Hanna sitzt der Gruppe Dem Bibeltext Raum geben Peninna gegenüber, daneben steht noch ein leerer Sessel mit dem Namen „Elkana“ 1 Sam 1,1 ‒ 2,11 wird mit verteilten Rol- beklebt. L eröffnet das Gespräch, indem len gelesen (Erzähler/in, Elkana, Hanna, er einlädt, dass die beiden Gruppen aus Eli) ‒ L bereitet dazu Texte mit markier- ihrer Rolle heraus ins Gespräch kommen. ten Sprechpassagen vor. Die TN hören Dabei kann L (evtl. auch aus der Rolle Elis zunächst zu und L stellt dann die Fragen: heraus) ein „Interview“ mit den beiden Frauen führen. Auch dem abwesenden • Wo bin ich hängen geblieben? Elkana darf etwas gesagt werden, dürfen • Was gefällt mir? Was stört mich? Fragen gestellt werden. • Welche Fragen habe ich? Kommen keine neuen Argumente mehr, L gibt einige Infos zum Text (vor al- beendet L das Gespräch mit dem Wort lem zur Bedeutung der Kinder und zum „Schnitt“. Reihum werden die Hannas Stellenwert der Frau). und Peninnas gefragt, wie sie sich in der Rolle gefühlt haben, wo sie sich stark Danach werden zwei Gruppen gebildet oder schwach gefühlt haben … (bei mehr als 20 Personen vier Gruppen): Mit dem Bibeltext weitergehen Anschließend werden die TN aufgefor- dert, sich zu entrollen, indem sie drei Leuten die Hand reichen und den eige- nen Namen dabei sagen. Die TN kehren an ihre Plätze zurück und im Plenum wird 10
Praktische Bibelarbeit über das Erfahrene reflektiert: an Hanna. Wer mag, liest den Brief im Plenum vor. • Was ist mir in meiner Rolle bewusst geworden? Vertiefung B: Die TN erhalten ein Beziehungsdreieck • Habe ich „typische“ Verhaltensmuster entdeckt? und schreiben ihre Gedanken dazu. • Was wären Lösungsansätze in diesem Konflikt? Abschluss Vertiefung A: Lied: Meine engen Grenzen (GL 437) Hanna schreibt nach zehn Jahren einen Ingrid Penner Brief an Peninna, Peninna einen Brief Neu im Bibelwerk Neue Mitarbeiterin die Bibel entdeckte. Sie hat seither nichts von Mein Name ist Katharina Kaar und ihrer Faszination für ich arbeite seit 1. Oktober 2018 im mich verloren, sondern Bibelwerk Linz, wo ich drei Tage pro begeistert mich und Woche anzutreffen bin. Zu meinen Auf- trägt mich auch durch gaben zählen die Aktualisierung der schwierige Zeiten. Homepage inklusive des Online-Shops und der Veranstaltungstermine, Tätigkeit Wenn ich durch meine im Lektorat sowie die Mitarbeit an ver- Arbeit zumindest ein wenig dazu beitra- schiedenen Projekten. gen kann, dass auch andere Menschen diese Kraftquelle für sich entdecken, Ich komme aus Schenkenfelden im Mühl- dann würde mich das sehr freuen. viertel, wo ich auf einem Bauernhof mit drei Hühnern, meinen Eltern und Möge es möglichst vielen so gut ergehen, einer Katze lebe. In meiner Freizeit enga- wie dem Mann aus Psalm 1,2f, der „… giere ich mich in der Pfarre, singe im Gefallen hat an der Weisung des Herrn, Kirchenchor, lese gerne, unternehme bei Tag und Nacht über seine Weisung Städtereisen oder höre Rockmusik. nachsinnt. Er ist wie ein Baum, gepflanzt an Bächen voll Wasser, der zur rech- Nach einer kaufmännischen Lehre habe ten Zeit seine Frucht bringt und dessen ich auf dem zweiten Bildungsweg an Blätter nicht welken. Alles, was er tut, es der Kath. Privatuniversität Linz Kunst- wird ihm gelingen.“ wissenschaft und Philosophie zu stu- dieren begonnen, wechselte aber zur Katharina Kaar Theologie, als ich mein Interesse v.a. für SS 11
Aktuelles Entkrümmung dem gekrümmten Rücken gefeit. Umso mehr tut Aufmerksamkeit not und ist es Die Folge der Botschaft Jesu geboten, solche Krümmungsprozesse of- 1. Krümmung fen zu legen. Denn Selbstverständnis und Sendung des Menschen trauen ihm einen Gebückt oder gekrümmt zu sein – das ist aufrechten Gang zu, Verkrümmung stellt eine unangenehme Erfahrung. Sie kann demgegenüber also eine Un-Form des somatische Ursachen haben und ist dann Menschseins dar. unter die Krankheitsbilder der Orthopädie einzuordnen. Sie kann durch psychische Zustände hervorgerufen werden und 2. Der biblische Befund entwickelt sich zu einer oft zu beob- Es wäre von der Sache her geboten, in achtenden, chronischen Körperhaltung, diesem Zusammenhang nun zu einem hinter der vielfältige Gründe stehen kön- Durchgang durch die gesamte biblische nen und die vielfach den Eindruck einer Botschaft auszuholen, um das vielfältige zwanghaften Lebensgestaltung vermit- biblische Spektrum zum angesproche- telt. Der gekrümmte Rücken ist im wört- nen Thema nur im Überblick einzuho- lichen wie auch im metaphorischen Sinn len. Ich werde mich jedoch zunächst auf Kennzeichen einer Gesellschaftsstruktur, Stichworte zum biblischen Hintergrund in der die Machtverhältnisse und die der diesbezüglichen Verkündigung Jesu Machtausübung zur Selbsteinschätzung von Nazaret beschränken und sodann auf eines „Unten“ und „Oben“ führen und in ein Beispiel aus dem Wirken Jesu etwas der die selbst eingenommene Körperhal- genauer eingehen. tung das eigene Selbstverständnis 2.1 Der Hintergrund der Entkrümmungs- zum Ausdruck bringt. Die Erfahrung tätigkeit Jesu von Nazaret lehrt, dass diese Körperhaltung ein Jesus von Nazaret kann sich auch darin, unverkennbares Signal diktatorischer dass er in seinem Wirken Menschen aus Gesellschaftssysteme ist und dort verschiedenen Formen der Krümmung die Krümmung des Rückens nicht ei- aufrichtet, auf die Selbsterschließung ner Selbsteinschätzung des einzelnen Gottes in der Überlieferung der Jüdischen Menschen entspricht, sondern diesem Bibel stützen. Denn was den Glauben vor allem aufgezwungen wird. Israels durch die Jahrhunderte trägt, ist Die Folge solch zwanghafter Rücken- vor allem die Überlieferung, dass dieser krümmung hat sich nicht geän- „HERR, dein Gott“ „dich aus Ägypten, dert: Es ist die physische und psychi- dem Sklavenhaus, herausgeführt hat“ sche Destabilisierung der betroffenen – wie es im Urcredo Dtn 6 heißt (Dtn Personen, verbunden mit der unverzeihli- 6,4–25, hier 6,12). Diese Errettung aus chen Verletzung ihrer Würde, die – je nach der Sklaverei ist der Begründungstitel Konstitution der Betroffenen – zu viel- für die gesamte Weisung Gottes. Der fältigen Erkrankungsphänomenen führt, Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, der die buchstäbliche Krümmung des Rückens eine Gott Israels, ist nicht ein Gott der miteingeschlossen. Keine Gesellschaft und Unterdrückung, sondern der Befreiung. kein Segment einer Gesellschaft ist vor Die theologische Reflexion der bibli- 12
Aktuelles schen Zeit zeigt, in welcher Vielfalt die- se Überzeugung auf die verschiedenen Bereiche des menschlichen Lebens aus- geweitet wird. Grundlegend bleibt dabei die Erfahrung, dass Gott den gekrümm- ten Menschen nicht weiter krümmt, sondern ihm aufhilft. Es ist die chesed, das Erbarmen Gottes also, das für die Gotteserfahrung des Menschen in Israel wegleitend ist. Die Vorstellung von einem Gott, der hinschaut (nicht wegblickt; vgl. bes. Ex 3,7.16) und so den Menschen wieder aufrichtet, prägt das biblische Gottesbild mehr und grundlegender als anderes. Jesus von Nazaret kann sich in seinem heilenden Handeln auf die theologische Überlieferung Israels stüt- zen. Zusätzlich bringt er darin wohl die eigene Gotteserfahrung von seinem Gott als dem liebenden Vater ein, die spätestens seit dem Taufgeschehen sein Bewusstsein und seine Sendung prägt. 2.2 Die Entkrümmung der gekrümmten Frau „Er lehrte in einer der Synagogen am Sabbat“ (Lk 13,10) – so beginnt der Evangelist in Lk 13 eine seiner Heilungs- erzählungen. zur Geltung. Nicht oder nicht nur aus a) Krümmung – Entkrümmung somatischen Gründen kann sich die Frau Lukas spielt mit den Worten; sei- nicht vollständig entkrümmen. Diese ne Variation der Begriffe ist bewusst Subtilität der Darstellung ist gerade dem in die deutsche Textübertragung mit- Lukas eigen, und sie entspricht durchaus einbezogen: krümmen – entkrümmen generell der behandelten Thematik: Die / synkypto – anakypto. Wie sich in der Ursache von Krümmungen wird oftmals weiteren Episode herausstellt, wird durch daraus resultierende Folgen ver- diese Krümmung als eine dämonische deckt und somit auch verkannt. Gebundenheit durch Satan gedeutet, durch welche diese Frau „zehn und acht Mit dem Hinweis auf diese lukanische Jahre“ gequält wird (vgl. Lk 13,16). Damit Einordnung der Episode ist auch bereits kommt der weite zeitgenössische Kontext das Handeln Jesu in ein entsprechen- des Dämonischen als Hintergrund von des Licht gerückt. Jesus ruft die Frau zu Sünde, Krankheit, Schuld und Versagen sich in die Mitte der Synagoge – was ihr SS 13
Aktuelles wohl einiges an Mut abverlangt und ihr betrachten und nach ihrer Quintessenz Vertrauen herausfordert. Er spricht sie in als nonverbale Unterweisung zu fragen. der für ihn typischen Weise an, die nicht d) aufgerichtet Gott begegnen einen hoffnungsvollen Zuspruch, sondern Später in seinem Evangelium wird eine faktische Zusage enthält: „Frau, du Lukas noch einmal die Semantik der bist losgelöst von deiner Krankheit“ (Lk Entkrümmung zur Sprache bringen. In 13,12). In einer für den Evangelisten an seiner zu einer Jesusrede verbundenen markanten Textstellen charakteristischen Spruchsammlung über den Anbruch der Knappheit und Monotonie des Satzbaus Endzeit wird auf die apokalyptischen heißt es weiter: „Und er legte ihr die Umwälzungen und das Kommen des Hände auf. Und sogleich wurde sie auf- Menschensohns in all seiner Wirkvoll- gerichtet. Und sie pries Gott.“ (Lk 13,13) macht und in der Entfaltung seiner zuver- Das zusagende Wort der Heilung ist also lässigen Treue hingewiesen (vgl. Lk 21,25– von der Geste der Handauflegung beglei- 27). Dann heißt es: „Wenn all dies zu tet. Die Konstatierung der Heilung folgt geschehen beginnt, entkrümmt euch und ohne Verzögerung. Ihre Konsequenz ist erhebt eure Häupter, denn es naht eure der Lobpreis Gottes. Erlösung“ (Lk 21,28). Ein von Paulus ver- b) aufrichten wendetes Bild umschreibt die Vollendung In diesem Handeln geschieht „Lösung“/ des Menschen als ein „Schauen von Erlösung – wie schon die Wortwahl des Angesicht zu Angesicht“ (1 Kor 13,12). Evangelisten andeutet: „Du bist losge- Auch hier hilft die allgemeine Erfahrung löst“ sagt Jesus zu der Frau (Lk 13,12); für das tiefere Verstehen: „Von Angesicht wenig später wird er seinen Kritikern die zu Angesicht“ kann nur schauen, wer, rhetorische Frage stellen: „Darf sie nicht weil entkrümmt, befähigt zum aufrechten gelöst werden aus dieser Gebundenheit Gang sein Haupt erheben kann. am Tag des Sabbats?“ (Lk 13,16). Der Frau wird sozusagen ein neuer Zugang 3. Entkrümmung – Rettung – zu ihrem Leben, zur Welt gegeben, sie Vollendung erhält einen gänzlich neuen Horizont. Was ergibt sich aus dem biblischen Text, c) Entkrümmung als Heil worin besteht seine Botschaft? Der ent- Die Wortwahl des Lukas geschieht be- krümmte Mensch ist der erlöste Mensch. dacht, und sie ist beabsichtigt. Es geht Anders gesagt: Entkrümmung ist ein nicht nur darum, dass die gekrümmte Synonym für die Rettung, ein Anzeichen Frau wieder aufrecht stehen kann, son- für den Weg der Vollendung des dern gefragt wird darüber hinaus, was Menschen. Dass Jesus von Nazaret den es im Kontext des Christusgeschehens Menschen in das Zentrum seines Wirkens bedeutet, dass diese gekrümmte Frau gestellt hat, muss nicht näher begrün- entkrümmt wurde. Lukas hatte im det werden. Ihm, dem Menschen, gilt Einleitungssatz zu dieser Episode ja von die Zuwendung Gottes, die in Wort und der Lehrtätigkeit Jesu gesprochen (vgl. Lk Handeln Jesu erfahrbar wird. Weisungen 13,10) – was noch zusätzlich nahelegt, und Gebote sowie deren Umsetzung sind die Erzählung unter dieser Perspektive zu diesem Anliegen zugeordnet und nicht 14
Aktuelles umgekehrt, da bekanntlich „der Sabbat kann, so können wir im Konsens festhalten: für den Menschen da ist“ (Mk 2,27). Wer immer sich zu jedweder Zeit dafür einsetzt, dass Menschen aus Krümmungen Darin, in der Achtung des Menschen, im ihres Rückens – will heißen: ihres Lebens Ernstnehmen seiner Würde, im Eintreten – befreit und ent-krümmt werden können, für die Entfaltungsmöglichkeit seines bewegt sich auf den ureigenen Spuren des Lebens, für seine Entmarginalisierung, im Wirkens Jesu von Nazaret. Engagement für jedwede Entkrümmung seiner Person, darin kann jeder Mensch Walter Kirchschläger Gottes Dienst – Dienst an und für Gott – leben und feiern, begegnet doch „in den geringsten meiner Schwestern und Brüder“ der auferstandene und erhöhte Herr Jesus Christus selbst (vgl. Mt 25,40). Daher steht in der gelebten Solidarität von „Freude und Hoffnung, Trauer und Angst“ (2. Vatikanum, GS 1) mit den Menschen von heute die Kirche, will sie als Nachfolgegemeinschaft in Orientierung an Jesus Christus leben und so tatsäch- lich Kirche sein, auf dem Prüfstand. Diese Solidarität ist bekanntlich vor allem den „Armen und Bedrängten aller Art“ ge- schuldet, sie gilt jedweder Krümmung des Menschen: der aufgezwungenen wie der Zum Autor: selbst verschuldeten, auch der eingere- em. Univ.-Prof. Dr. Walter Kirch- deten oder der als Pseudowert sugge- schläger (Sohn des ehemaligen rierten. Jesus von Nazaret hat mit seinem Bundespräsidenten) lehrte vie- Leben, mit seinem Sterben und mit sei- le Jahre Neues Testament in ner Auferstehung aufgezeigt, dass mit der Luzern. Entkrümmung des Menschen der Absicht Gottes mit seinem Geschöpf Mensch entsprochen wird. In diesem Verständnis seiner Sendung hat Jesus von Nazaret Die Langversion dieses stark gekürzten selbst konsequent Gehorsam geübt – ei- Artikels findet sich als Download auf nen Gehorsam gegenüber dem Heilswillen der Homepage des Bibelwerks Linz: Gottes, weniger gegenüber menschlicher www.bibelwerklinz.at (unter Down- Satzung, sosehr sie auch theologisch ver- loads / Theologisches / Theologische brämt war und welcher Anspruch auch Artikel – Jesus) immer in ihrem Namen erhoben wurde. Genau zu diesem Thema hält Walter Wenn dieser anhand eines Fallbeispiels aus Kirchschläger am 29. Jänner 2019 ei- dem Wirken Jesu entfaltete gedankliche nen Vortrag im Bildungshaus Schloss Weg in Ihren Augen Zustimmung finden Puchberg (siehe Seite 37). SS 15
Bibliolog Aufgerichtet zu neuem Leben Bibliolog zu Lk 13,10–17 Bibliolog ist eine Möglichkeit, in Bibel- texte einzutauchen und sie auf diese Weise in der Gruppe zu erschließen. Da- bei werden die Teilnehmenden (pfarrliche Gruppen, Bibelrunde …) an die Methode und den Text herangeführt, bevor sie Rollen im Bibeltext übernehmen. An- schließend ist es wichtig, dass die TN im Entrollen wieder im Hier und Jetzt an- kommen können. Prolog Wir möchten heute einen biblischen Text näher betrachten – und zwar in Form ei- nes Bibliologs. Dabei werden wir das „weiße Feuer“ des Textes schüren, das, was im Text nicht unmittelbar aufge- schrieben ist. Wir selbst leihen dabei den biblischen Figuren unsere Stimme, unsere Gedan- ken, unsere Emotionen. Dazu werde ich einen Textabschnitt vorlesen und an ei- Bild: pixabay.com ner bestimmten Stelle innehalten. Ich werde euch/Ihnen eine Rolle vorstellen und bitte euch/Sie, diese Rolle auf euch/ sich wirken zu lassen und dann aus ihr sein für die Erschließung des Textes. Du heraus auf meine Frage zu antworten. darfst / Sie dürfen natürlich auch in Wenn du/Sie etwas sagen möchtest/ Gedanken deine/Ihre Antwort formulieren, möchten, gibst du / geben Sie mir bitte aber am lebendigsten wird ein Bibliolog mit der Hand ein Zeichen. Ich stelle mich durch viele Wortmeldungen – und dazu dann an deine/Ihre Seite und werde dei- darf natürlich die „Herzenssprache“ (auch ne/Ihre Äußerung anschließend mit mei- Dialekt) verwendet werden. nen eigenen Worten wiederholen. Manchmal frage ich vielleicht auch nach. Hinführung Du kannst / Sie können mir mit Nicken oder Den Text, dem wir uns heute widmen, mit einem Blick zu verstehen geben, ob ich erzählt der Evangelist Lukas in Kapitel 13. das Wesentliche deiner/Ihrer Äußerung in Lukas stellt in seinem Evangelium vor al- deinem/Ihrem Sinn wiedergegeben habe. lem die Hinwendung Jesu zu den Kleinen, Beim Bibliolog gilt: Jede Äußerung wird zu den Ausgegrenzten, den Armen, den wertgeschätzt, denn jede kann wertvoll Kranken, zu den Menschen am Rand der 16
Bibliolog Gesellschaft heraus. Er verkündet Jesus Du hörst den Synagogenvorsteher. Er als den Soter, den Retter. So ist Jesus handelt nach seiner Überzeugung – nach Hoffnungsträger für die einen und massi- strenger Vorschrift sozusagen. Was ve Herausforderung für die anderen. denkst du über seine Worte? Auch heute kommt es zu einer Kon- Danke Mann, danke Frau. frontation zwischen beiden Polen. Es ist L liest Text bis V. 17 Sabbat, der wöchentliche Festtag, an dem jegliche Arbeit verboten ist. Sogar ein Arzt darf einem Menschen aus- Epilog schließlich dann helfen, wenn er in To- TN bedankt sich bei den biblischen desgefahr ist. Auch an diesem Sabbat Figuren sowie den TN und führt diese sind die Menschen auf dem Weg zur wieder aus dem Geschehen zurück an Synagoge. Langsam leeren sich die Häu- den momentanen Ort. Danach werden ser, dann die Straßen, Gespräche verhal- die TN zum Platzwechsel oder zu einer len. Es wird ruhig im Dorf. Schnell huscht Körperübung eingeladen, um die Rollen noch jemand in die Synagoge, dann gut verlassen zu können. schließt sich die Tür. (L öffnet die Bibel) Nochmaliges Lesen des Textes Bibliolog Anschließend wird der ganze Text noch- mals vorgelesen, sodass das Geschrie- L liest VV. 10–11, nach V. 11 bene und die Auslegung bewusster wer- Ihr seid / Sie sind nun die Frau, die den. Zudem haben die TN die Möglich- ganz verkrümmt ist. keit, den Text noch einmal zu hören und Frau, du hast Jesus zugehört, wie er von zu reflektieren. L legt Bibel (aufgeschla- der Botschaft des Reiches Gottes erzählt gen) an einen geeigneten Platz (Mitte). hat. Nun sieht er dich an – er ruft dich zu Reflexion im Plenum sich. Frau, was geht dir in diesem Hier ist zu beachten, dass die Wortmel- Moment durch das Herz? dungen der TN ernst genommen werden Wenn keine Wortmeldung mehr kommt, und keine Predigt „übergestülpt“ wird. bedankt sich L jeweils bei der biblischen Renate Hinterberger-Leidinger Figur: Danke Frau. L liest VV. 12–13, nach V. 13 Ihr seid / Sie sind nun einer der Men- Bei der Leitung eines Bibliologs gibt es schen, die in der Synagoge versam- vieles zu beachten, daher ist es wich- melt sind. tig und sinnvoll eine Ausbildung dazu Du bist gerade Zeuge oder Zeugin davon (Grundkurs) zu absolvieren. Das Bibel- geworden, wie Jesus diese Frau aufrich- werk Linz wird von 19. bis 23. Nov. tet. Was geht in dir vor? 2019 in Zusammenarbeit mit dem Bildungshaus Schloss Puchberg einen Danke Mann, danke Frau. Bibliolog-Grundkurs anbieten. Nähere L liest V. 14, nach V. 14: Informationen: bibelwerk@dioezese- Ihr seid / Sie sind nochmals einer der linz.at, Tel. 0732/7610-3231. Menschen in der Synagoge. SS 17
Aktuelles Zur Gestaltung der neuen Lektionare Das Äußere dieses Buches überrascht. Es ist kein Buch wie jedes andere. Es ist groß und signalisiert durch die altgoldene Grundfarbe und seine textile Struktur ei- ne hohe Wertigkeit: Es muss etwas Wertvolles drinstehen. Irritierend wirken die wilden roten Kur- ven. Und irritierend wirkt auch, dass das Buch keinen Titel zu haben scheint. Ich kann es drehen und wenden, wie ich will: nicht ein Buchstabe steht außen drauf. Einzig auf dem Buchrücken ist ein diskre- tes abstraktes Kreuzzeichen zu entdec- ken, und unten sind drei Striche ange- bracht: bloß eine Nummerierung. Die wilden Linien ziehen sich über Rücken und Rückseite weiter. Sie umkreisen das Kreuz, bilden aber keine Kreisformen; eher Parabeln, die von der Unendlichkeit her, weit außerhalb des Buches, herzu- kommen scheinen und das Buch durch- dringen. Kraftvolles Rot Das Wort freilassen Der Kontrast zwischen der in sich ruhen- Ein Buch enthält Text. Worte. Und ein den, edlen Grundgestaltung in Materiali- „normales“ Buch ist außen entsprechend tät und Farbe einerseits und der dynami- angeschrieben, damit man weiß, was schen Sprache der wilden roten Para- drinsteht. Dieses nicht. Es kommt ohne bellinien andererseits suggeriert: Da will Deklaration aus. Der Umschlag lässt er- etwas raus, will Kreise ziehen – nicht ge- ahnen: Das Buch enthält das Wort schlossene Kreise, sondern etwas will schlechthin, das nicht „angeschrieben“ sich weiterverbreiten, ausbreiten. Dieses werden kann, nicht Buchstabe ist, son- Etwas kommt aber von weit her. Und dern Ereignis, das weitererzählt werden muss etwas zu tun haben mit dem Kreuz. will und Wunder wirkt. Das Rot der Linien treffe ich zwischen den Deckeln wieder, im Rotschnitt. Die Der wertvolle und zugleich ungeduldige Dynamik auf dem Umschlag konzentriert Umschlag spricht zu mir: Öffne mich, das sich hier. Das Buch scheint zu explodie- Wort will raus. Das Wort will freigegeben ren. Es will geöffnet werden. werden. Im Anfang war das Wort, und das 18
Aktuelles Wort war bei Gott, und das Wort war Gott: Gestaltung gewählte Symbolik soll etwas Wort des lebendigen Gottes (vgl. Joh 1,1). von dem Paradox vermitteln, dass das Verehrungswürdige nicht das Buch, son- Hören heilt dern das im Akt der Verkündigung aus Nein, es ist kein Buch wie jedes andere. dem Buch hervorgehende Wort ist; sie Die in den Heiligen Schriften „protokollier- soll also eine „ekstatische Qualität“ auf- ten“ Heilsereignisse sind dank mündlicher weisen: aus dem Buch tritt etwas Starkes Bezeugung und ihrer Verschriftlichung tra- hervor; es drängt nach außen. diert. Sie müssen aber durch glaubwürdi- Peter Spichtig ges Verkünden je und je wieder „flüssig“ werden, damit die damalige heilende Erfahrung auch heute gehört wird und sich neu ereignen kann. Denn der Glaube kommt vom Hören (vgl. Röm 10,17). Zum Künstler: Verehrung des Wortes Peter Spichtig OP, Lic. theol., Die Buchgestalt ist einerseits bloße Ge- ist Co-Leiter des Liturgischen dächtnisstütze, da es um das lebendige Instituts der deutschsprachigen Schweiz in Freiburg. Er leitete die Wort geht. Anderseits ist das Buch auch Arbeitsgruppe zur Gestaltung des Symbol für seinen Inhalt. Die in der neuen Lektionars. Expedition Bibel Die Chance sen, sich selbst zu offenbaren …“ (DV 2) Gott also ergreift die Initiative, um mit für einen besonderen Dialog den Menschen in ein Gespräch einzutre- Mit der Einführung der neuen Lektionare ten. Der Schöpfer tut dies „um unseres besteht die Chance, den göttlichen Dialog Heiles willen“ (DV 2; 11). So will auch die neu aufzunehmen und tiefer zu beden- Bibelausstellung „Expedition Bibel“ Men- ken. Im letzten Konzil wird gesagt: „Gott schen auf neue Weise mit dem großen hat in seiner Güte und Weisheit beschlos- Buch des Dialogs in Kontakt bringen. Vor allem Pfarren, Schulen bzw. andere Ein- richtungen sind eingeladen, diese Chance (als Veranstalter) zu ergreifen. Die „Ex- pedition Bibel“ ist als Entdeckungsreise mit allen Sinnen konzipiert und spricht auch Kinder besonders an. Nähere Informationen unter: www.bibel- werklinz.at/bibelausstellung; bibelwerk@ dioezese-linz.at; & 0732/7610-3231. SS 19
Biblisches Rätsel Wer kennt die Bibel? Dieses Mal suchen wir eine reiche, got- tesfürchtige und schöne Frau, deren Plan zur Rettung Israels aus theolo- gischer Reflexion und flehentlichem Gebet zu Gott erwächst. Mit weisheitlichen Argumenten zeigt sie die Begrenztheit des Menschen auf und stellt den einen und einzigen Gott, der in der Geschichte vielfältig erfahrbar war, gegenüber. Schwere Schicksalsschläge, die von Gott geschickt werden, deutet sie als Prüfung und Bildung. Sie selbst ist bereit, sich und damit die eigene Existenz in die Waagschale zu werfen, um der Not ein Ende zu bereiten, indem sie sich selbst zu den Feinden begibt. Sie ist Verkünderin durch die Tat, nicht nur durch ihr Wort. Als Betende legt sie alle Nöte, aber auch ihr („historisch“ fundier- tes) Glaubensbekenntnis und ihr eigenes Geschick in die Hände Gottes. Das Bild dieser biblischen Frauengestalt ist vielfältig. Die Erzählung des gleichna- migen Buches schließt mit einem großen Hymnus, in dem sie die Rettung durch Gott feiert: „Dienen muss dir deine gan- ze Schöpfung! Denn du hast gesprochen Mensch kann deinem Wort widerste- und alles entstand. Du sandtest deinen hen.“ (Jdt 16,14) Geist, um den Bau zu vollenden. Kein Michaela Helletzgruber Schreiben Sie uns Ihre Lösung (Adresse siehe Seite 43). Viel Glück! Einsendeschluss: 31. Dezember 2018 – es gibt ein Bibellexikon zu gewinnen! Die Lösung des Rätsels der Bibelsaat 146 lautet: „Abraham“ Eine Familienbibel haben gewonnen: Helmut Auinger/Peuerbach, Helmut Erschbaumer/Linz, P. Leo Thenner/Graz. Das Bibelwerk-Team gratuliert herzlichst! SS 20
Leser/innen-Forum Liebes Team des Bibelwerks Linz, Sehr geehrte Frau hiermit möchten wir uns über die nette Mag.a Gruber-Reichinger! und vor allem rasche Abwicklung un- Es freut mich, dass den Leserinnen und serer Bestellung über 1500 Minibibeln Lesern Jeremia als ein großes Vorbild recht herzlich bedanken. Wir waren vorgestellt wird. Das Gedicht „Gott han- sehr erstaunt, als die großen Pakete be- delt“ gefällt mir sehr gut. Ich denke, dass reits einen Tag nach der Bestellung bei durch die Verwendung des persönlichen uns eingelangt sind. Gerne werden wir Namens Gottes, in Form von JHWH, die Sie über den weiteren Verlauf unserer Aussagekraft noch verstärkt wird. Bibelverteilaktion informieren. Ing. Harald Schober, Weiz Marion Neurauter, Roppen (Seelsorgeraum Inntal) Ich halte mich mit der „Bibelsaat“ Bitte um Zusendung der Broschüre für über eure Einfälle auf dem Laufenden. den Lektorendienst. Ich habe Freude an Gratuliere euch! dieser Aufgabe, die ich seit 1972 ausübe. Hans Gruber, Linz Herta Stelzer, Reichenau i. M. Sehr geehrte Frau Widerna, haben Sie ganz herzlichen Dank für Ihre Vielen Dank für die Zusendung der Post- und E-Post-Sendungen – und über- Handreichung für Lektor/innen. Sie war haupt – für Ihre rasche Bearbeitung mei- heute auf meinem Schreibtisch. Ich finde nes Anliegens. euer Werk sehr gelungen und informativ. Gratulation dazu. Das war viel Arbeit! Aus Neugierde habe ich schon kurz die MMag.a Birgit Esterbauer-Peiskammer, Einheiten „Frauen“ durchgeblättert – sie Liturgiereferentin der Erzdiözese Salzburg versprechen sehr interessant und inspi- rierend zu werden. Umso mehr bin ich gespannt auf die AT/NT-Materialien! In der Bibelrunde habe ich das Heft Gundula Benoit, Ettlingen (D) „Bibelsonntag” vorgestellt; eingangs ha- ben wir den darin enthaltenen „Lobpreis” gebetet. Dann kam der Wunsch der Liebe Frau Peterseil, Teilnehmer/innen, dass auch sie gerne Herzlichen Dank für die zuverlässige ein Exemplar dieser Broschüre hätten. Lieferung der Sonntagsblätter! Diese sind Ich muss sagen, mit dem „Bibelsonntag” mir äußerst hilfreich und es ist schön, im- wurde von euch sehr gute Arbeit gelei- mer wieder neue Impulse für die Arbeit stet, von der wir „zehren” dürfen! So in der Seelsorge und die Predigt zu be- ersuche ich freundlich um Zusendung kommen. Ich wollte einfach mal ein gro- von 15 Exemplaren. Gottes Segen für alle ßes Lob rüberschicken, vom Chiemsee an eure Bemühungen „rund um die Bibel”! die Donau! P. Engelbert Ferihumer, Maria Taferl Monika Angerer, St. Georgen (D) SS 21
Für Sie gelesen ... Gottes Wort braucht keinen Vormund Ein interessanter Titel, der hält, was er verspricht! Der Pfad zwischen nur beliebiger und rein wissenschaftlicher Bibelauslegung ist immer noch zu wenig ausgetreten. Viele Menschen sind neu- gierig darauf, was in der Bibel steht. Die jahrhundertelange Praxis, die Bibel nur durch Geweihte oder Experten vermittelt zu bekommen, hält viele Interessierte bis heute davon ab, selbstständig in der Bibel zu lesen. Der Autor Horst Klaus Berg versteht un- ter „eigen-sinniger Bibellektüre“, sich unvermittelt den Texten auszusetzen, diese erfahrungsbezogen zu lesen, die Symbolik zu erkennen und den Sinn der Schrift für sich selbst darin zu entdecken. Vieldeutigkeit des Gotteswortes Dabei geht der Autor von einer Viel- de, auf Sachlichkeit ausgerichtete) Texte. deutigkeit des Gotteswortes aus und will Beziehung braucht stets ein Gegenüber ermutigen, die „Grenzen eindimensiona- und ist gestaltbar. len Denkens“ zu überschreiten: Es gibt nicht nur den einzig richtigen Zugang Sechs „Grundbescheide“ oder eine einzige Aussageabsicht, son- Ausgangspunkt für Horst Klaus Berg sind dern die Texte sind – wie es auch das sechs „Grundbescheide“, die sich durch 2. Vatikanische Konzil beschreibt – die ganze Bibel ziehen und nach denen Gotteswort in Menschenwort. Gott und die Texte befragt werden wollen – diese Mensch wollen gleichsam ernst genom- sind: men werden. Dennoch ist damit keine Beliebigkeit gemeint. Die historisch-kri- • Gott gibt Leben (Schöpfung). tische Methode leistet als Hintergrund • Gott stiftet Gemeinschaft (Partnerschaft, Bund, Ökumene). oder sachliches Fundament immer wie- der eine wichtige Aufgabe, um die Texte in ihrer Eigenart wahrzunehmen. Aber • Gott leidet mit und an seinem Volk (Leiden und Leidenschaft). es reicht nicht aus, den geschichtlichen, wissenschaftlichen Background zu er- • Gott befreit die Unterdrückten (Befreiung). schließen. Die Texte der Bibel sind per- formative (= auf Beziehung bezogene) • Gott gibt seinen Geist (Heiliger Geist und Begeisterung). und nicht konstatierende (= feststellen- 22
Für Sie gelesen ... • Gott herrscht in Ewigkeit (Gottesherrschaft, Schalom). dogmatische Vorgaben vom Bibellesen abhalten zu lassen. Und er hat auch Menschen im Blick, die den Kontakt zur Am Beispiel von Gen 3 (der sog. „Sünden- Kirche verloren haben. Vor allem lädt er fallerzählung“) zeigt der Autor schließlich ein, gemeinsam die Bibel zu lesen. die verschiedenen Auslegungskonzepte, aber auch die Grenzen verschiedener Alles in allem ein gut verständliches und Methoden auf. anregendes Buch für alle, die bereits in der Bibel lesen, aber auch für jene, die Gemeinsam die Bibel lesen damit beginnen wollen. Beide Gruppen In seinem Vorwort schreibt Berg: Er ver- werden darin viele Impulse finden. steht sein Buch als Gesprächspartner für Ingrid Penner Personen, die Lust haben auf eine eigen- sinnige Lektüre der Bibel und fordert Horst Klaus Berg, Gottes Wort braucht keinen Vor- genau dazu auf. Er möchte motivieren, mund. Wege zur selbstständigen Auslegung der Bibel, sich nicht durch kirchliche Lehrsätze oder Stuttgart (Verlag Calwer) 2017, 216 Seiten, € 20,60 Texte, die zu denken geben Wusstest du und weißt du? Wusstest du, dass auch die Lutherbibel immer wieder überarbeitet wurde und Wusstest du, dass die katholische Kirche die letzte Revision fast zeitgleich mit der erst im Jahr 1979 die erste offizielle revidierten Einheitsübersetzung vollen- deutschsprachige Bibelübersetzung her- det wurde? ausgegeben hat und diese als Einheits- Wusstest du, dass mit dem 2. Vatika- übersetzung bezeichnet wurde? nischen Konzil in der katholischen Kirche Wusstest du, dass der Name Einheits- eine ganz neue Liebe zur Bibel begann? übersetzung davon kommt, dass diese Wusstest du, dass 40 Jahre nach dem Er- Bibelausgabe nach Wunsch der Kirche scheinen der Einheitsübersetzung die Zeit einheitlich für Liturgie, Katechese und reif war, Verbesserungen vorzunehmen? Wissenschaft verwendet werden sollte? Weißt du, was an der revidierten Ein- Wusstest du, dass bei der Einheits- heitsübersetzung neu ist? übersetzung des Jahres 1979 das Neue Testament und die Psalmen ökumenisch Weißt du, dass ab Advent 2018 auch bei in Kooperation mit der evangelischen den Gottesdiensten die neue revidierte Kirche übersetzt wurden? Einheitsübersetzung verwendet wird? Wusstest du, dass Martin Luther nicht Weißt du, dass die Bibel auch für dich der Erste war, der die Bibel ins Deutsche geschrieben wurde? übersetzte? Franz Troyer, Bibelreferent von Innsbruck und Pfarrer in Osttirol SS 23
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