FREMDSPRACHENFORSCHUNG HEUTE - SYNTHESE UND TENDENZEN - Babylonia
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esatra FREMDSPRACHENFORSCHUNG HEUTE – FTinem TITOLO SYNTHESE UND TENDENZEN SOTTOTITOLO La recherche sur l’apprentissage des langues étrangères rassemble une grande variété de thèmes et de méthodes dont une bonne partie est représentée dans les articles de cette deuxième section. Les grandes questions de la politique de l’éducation, l’évaluation et la mesure des compétences langagières, les compétences plurilingues et multiculturelles, mais aussi la recherche de nouvelles manières d’enseigner et la recherche sur l’apprentissage autonome s’y retrouvent. Pour- tant, selon l’auteure, une réflexion plus approfondie sur les contenus des cours de langues, l’échange des données empiriques entre les chercheurs et une meilleure complémentarité entre théorie et pratique seraientt nécessaires et permettraient de compléter les connaissances actuelles dans ce domaine. abstract Andrea Ender Das Lernen und Gebrauchen von Fremd- Großräumige bildungs- und sprach- sprachen gehört mit großem Selbstver- politische Anliegen – etwa wann, mit ständnis in den Schweizer Alltag. Die welcher Intensität, welche und wie viele Andrea Ender ist Pro- Notwendigkeit, als sozial handelndes Sprachen unterrichtet werden sollen – fessorin für Germanis- Mitglied der Gesellschaft eine mehr- sind aktuell in der Schweiz, wie auch in tische Linguistik (mit sprachige Kompetenz aufzubauen und anderen Ländern, von großer Bedeutung Schwerpunkt Deutsch kommunikative Aufgaben in mehreren und werden hier u.a. von dem Beitrag als Zweitsprache) an Sprachen bewältigen zu können (vgl. „Evaluation der Fremdsprachenkom- der Universität Salzburg. Europarat, 2001), wird weder in der Ge- petenzen der Zentralschweizerischen Ihre Forschungsschwerpunkte sind sellschaft noch in der Forschung in Frage Schüler/innen der Volksschule“ vertre- Spracherwerb, mentales Lexikon und gestellt. Unbestimmter ist jedoch, was ten. Peyer und Kofler stellen ein Projekt Sprachvarietäten. zu bestimmten Zeiten und in bestimm- vor, das mit einer großen quantitativen ten Kontexten rund um das Lernen und Studie Leistungen in den Fremdsprachen Gebrauchen von Fremdsprachen zum Englisch und Französisch testete, damit Forschungsthema wird und wie dies be- das Erreichen der Lehrplanziele überprüf- gründet wird. Unter dem breiten Dach te und Zusammenhänge zwischen den der Fremdsprachenforschung sammeln getesteten Leistungen und den Stunden- sich daher wissenschaftliche Aktivitäten dotationen und persönlichen Merkma- zum Lehren und Lernen von Sprachen len der Schülerinnen und Schüler un- im institutionellen Umfeld, ebenso wie tersuchte. Ebenfalls auf die Ergebnisse zu ihrem Erwerb und Gebrauch im un- des Lernens und die Möglichkeiten ihrer gesteuerten Kontext, Forschungsprojekte Testung fokussieren die Beiträge von Kel- zur Mehrsprachigkeit oder zum interkul- ler zur „Messung englischer Schreibfä- turellen Lernen (vgl. Timm & Vollmer, higkeiten auf der Sekundarstufe“ und von 1993; Gnutzmann et al., 2011) und vieles Lenz, Karges & Barras zum Projekt „Task mehr. Wie bilden die Beiträge in dieser Lab“, welches ein besseres Verständnis Sammlung diese Bandbreite mit einer von computerbasierten kommunikativen Schweizer Prägung ab? Testaufgaben zum Leseverstehen in Fran- 38 | BABYLONIA tema 3|2016
zösisch zum Ziel hatte. Diese empirisch nutzbar gemacht werden. Die Schweiz, in quantitativen Studien stehen für einen der die unterrichteten Fremdsprachen – vergleichsweise jungen, jedoch interna- Englisch ausgenommen – in naher Um- tional stetig wachsenden Schwerpunkt gebung als Erstsprachen unterrichtet Unbestimmter ist jedoch, in der Fremdsprachenforschung, der werden, bildet für die Erforschung die- dem Bedarf nach der standardisierten ser sprachübergreifenden Kompetenzen was zu bestimmten Messung schulischer Outcomes in Lar- sicherlich ein besonders gutes Feld, da ge-Scale-Assessments Rechnung trägt. Lehrpersonen hier einfacheren Zugang zu Zeiten und in bestimmten Auch Bader & Vogts Projekt zur (Recht-) Erfahrungen, Materialien und Austausch Schreibförderung im Englischen und mit den Erstsprach-Lehrpersonen haben Kontexten rund um das Loveys qualitatives Dissertationsprojekt könnten und auch vergleichende Studien zum Sprechen im Französischunterricht in verschiedenen Sprachregionen durch- Lernen und Gebrauchen widmen sich spezifischen Kompetenzen geführt werden können. Die Erkennt- und ihrer Beobachtung. Da großen Rei- nisse und entsprechende Evidenz zur von Fremdsprachen zum henuntersuchungen inner- und außer- sprachübergreifenden Kompetenz oder halb der Schweiz stetig mehr Gewicht zum Transfer von Sprachkompetenzen Forschungsthema wird und und Aufmerksamkeit geschenkt wird, könnten dann wichtige Impulse geben, weil sie repräsentative und richtungswei- um den Erst-, Zweit-, Fremd- und Her- wie dies begründet wird. sende Ergebnisse versprechen, scheint es kunftssprachenunterricht in verschie- mir besonders wertvoll, dass Projekte ein denen Kontexten weiter zu entwickeln. kritisches Auge auf die Vielschichtigkeit Weitere Beiträge setzen sich mit der der Ergebnisse, die Abhängigkeiten in den sprachübergreifenden Förderung aus- gemessenen Leistungen und die grund- einander, dies jedoch mit einem Fokus sätzlichen Möglichkeiten der Testformate auf spezifische Unterrichtsmethoden: und des Unterrichts werfen. „Vom Sprachunterricht zum szenario- Dass in der vielsprachigen Schweiz basierten Kommunikationsunterricht an Mehrsprachigkeit und sprach- und Fachhochschulen“ (Fernando & Winkler.) kulturübergreifende Kompetenz eine und das Projekt „MeVol“ (Hilbe) präsen- ungemein wichtige Rolle einnehmen, zei- tieren methodisch-didaktische Ansätze, gen neben den Beiträgen in der Sektion in denen Sprachkompetenzen über meh- „Mehrsprachigkeitsdidaktik“ auch hier rere Sprachen hinweg verzahnt behan- verschiedene Projekte: Die Förderung delt werden. Eine Unterrichtsmethode interkultureller Kompetenz zusammen im zweitsprachendidaktischen Rahmen mit der Entwicklung von sprachlichen mit Erwachsenen steht darüber hinaus Fertigkeiten in authentischen kommu- im Beitrag „Kein Grammatikunterricht in nikativen Situationen steht besonders in niederschwelligen DaZ-Kursen. Geht das?“ den Projekten „321.via“ (Alloatti) und im Vordergrund. Lenz & Barras präsentie- „AlpConnectar“ (Botturi u.a.) im Mittel- ren eine quasi-experimentelle Studie, die punkt. Dem Ziel, sprachliche und kul- die Wirkung eines Unterrichtsansatzes turelle Offenheit schon von Beginn des untersucht, der besonderen Wert auf das Spracherwerbs an zu fördern, ist auch Unterrichten von Chunks und das Trai- das Pilotprojekt „PRIMA“ aus dem Kanton ning von Flüssigkeit legt. Neuenburg verpflichtet (Biundo). Eine Zentrierung auf die Lernenden und sprachübergreifende kommunikative deren autonomes Handeln sind in den Kompetenz beziehen die Beiträge von Beiträgen dieser Sektion explizit vor al- Thonhauser (Le travail textuel) und lem in den Beiträgen „PluriMobil“ (Egli) Jacquin (Enseigner le débat en allemand und „Le modèle AMI: un apprentissage en à partir des connaissances du genre en spirale“ (Greminger u.a.) vertreten. Dort langue de scolarité) jeweils auf eine all- werden im Ansatz und im didaktischen gemeine Textkompetenz der Lernenden. Instrument Selbstreflexion im Erreichen Hier sollen besonders die Synergien zwi- von Mehrsprachigkeit, Selbstverantwor- schen den zu lernenden Sprachen und tung, aber auch Motivation und Interak- dem Unterricht in den verschiedenen tion im Lernprozess von Schülerinnen Fremdsprachen wie auch in den jewei- und Schülern sowie von angehenden ligen Erstsprachen hervorgehoben und Lehrpersonen hervorgehoben. 3|2016 tema BABYLONIA | 39
Die Inhaltsfrage des Fremdsprachen- chenlehrens und -lernens durch Daten unterrichts – etwa anhand welcher aus Befragungen, Beobachtungen und Texte und an welche Inhalte gekoppelt Messungen abzubilden, führt vielerorts sprachliches Wissen aufgebaut werden dazu, dass verschiedene Instrumente ein- soll – steht hingegen nur in wenigen gesetzt und Daten generiert werden, die Es ist ein Drahtseilakt, Beiträgen explizit im Vordergrund. Ganz gegenseitig nur beschränkt berücksich- offensichtlich ist die Verknüpfung von tigt werden können oder wollen. Um dem dass Forschung Sprache und Sache im Unterricht zwar entgegenzuwirken, stehen in der eng- im Beitrag von Bartholemy (CLIL im lischsprachigen Forschungsgemeinschaft ausreichend fundiert, akademischen DaF-Kontext). Inwiefern bereits digitale Archive mit Instrumenten aber begleitende Sprachförderung – und und Materialien der empirischen Fremd- differenziert und kritisch diese Frage stellt sich nicht nur für den sprachenforschung (z.B. die Datenbank akademischen Kontext – das fachliche IRIS; Marsden, Mackey & Plonsky, 2016) ist und gleichzeitig Lernen fördert, und inwiefern im sach- oder auch Korpora mit verschiedenen lichen Lernen Sprache gefördert wer- Gesprächsdatensammlungen (z.B. www. für Lehrende und den kann, ist nicht nur im Kontext der talkbank.org) zur Verfügung. Auch für Fremdsprachendidaktik aktuell, sondern das Vorankommen der Fremdsprachen- Bildungsverantwortliche steht auch in der Forschung zu Deutsch forschung, die nicht zwangsläufig auf als Erst- und Zweitsprache in den letz- englischsprachige Veröffentlichungen nicht nur problematisiert. ten Jahren ganz klar im Mittelpunkt. Im fokussiert ist, wäre ein systematischer Rahmen von durchgängiger Sprachbil- Umgang – natürlich unter absoluter dung oder sprachsensiblem Unterrich- Wahrung der Anonymität – mit den ten wird je nach Ansatz und Kontext Instrumenten und den gesammelten unterschiedliches Gewicht auf Fach und Daten aus veröffentlichten Studien viel- Sprache gelegt. Natürlich wirkt sich versprechend. Datenberge zu teilen und mehr und intensivere Auseinanderset- zu verwalten ist natürlich eine große He- zung positiv auf Lernerfolge aus. Wie rausforderung, systematische Sammlun- effizient Sprachkenntnisse anhand von gen können jedoch für weiterführende fachlichen Inhalten vermittelt werden Beschreibungen und Beobachtungen oder können oder ob fachliche Inhalte für Ler- auch für die Entwicklung von weiteren nenden am besten von Sprachförderung Forschungshypothesen genutzt werden. flankiert werden, damit schlussendlich Ein sehr kursorischer Blick über die sowohl sprachliche wie auch inhaltliche Sammlung von Forschungsprojekten in Kenntnisse sich bestmöglich weiterent- der Schweiz, die in dieser Nummer zu- wickeln, muss empirisch jedoch noch sammengetragen wurde, lässt auf alle deutlich besser abgesichert werden. Da- Fälle erkennen, dass es in der Vielzahl mit schließt sich dann auch der Kreis von Themen und Fragestellungen ein und man gelangt wieder zur Diskussion großes Bewusstsein für empirische For- von Kompetenzfragen, sei es in Bezug schungsarbeit sowohl quantitativ wie auf einzelne sprachliche Fertigkeitsberei- auch qualitativ gibt. Jedoch drängen sich che, auf eine allgemeine mehrsprachige damit auch Fragen des Datenmanage- Kompetenz oder die Möglichkeit, Kompe- ments auf. Von diesen ist bislang jedoch tenzen sprachenübergreifend zu nutzen, nur wenig sichtbar. oder sei es mit Blick auch auf die Frage Fast alle der hier vorgestellten Projek- nach Methoden der Leistungsmessung. te verfolgen einen praktischen und an- Eng verbunden mit den verschiedenen gewandten Schwerpunkt, was für „das Ebenen der Kompetenzfrage scheint der Oszillieren zwischen Theorie und Pra- Einsatz von empirischen Verfahren zu xis“ (Caspari, 2016: 50) in der Fremd- sein, der es erlauben soll, datenbasierte sprachenforschung kennzeichnend ist. Aussagen über die verschiedenen sprach- Vergleichsweise selten wird jedoch das lichen Fertigkeiten tätigen zu können. Zusammenspiel von Theorie und Praxis Das Streben danach, die Realität des Spra- selbst in Forschungsarbeiten zum Thema 40 | BABYLONIA tema 3|2016
Literatur Berthele, R., Duchêne, A. & Studer, T. (2016). Fremdsprachenunterricht: Wissenschaft, Mission und Politik. Institut für Mehrsprachigkeit, Fribourg/Freiburg. http:// www.institut-mehrsprachigkeit.ch/assets/ gemacht. Die wissenschaftliche Ausein- der, 2016). Es ist ein Drahtseilakt, dass files/Login/Wissenschaft_Mission_Politik%20 andersetzung mit Fragen der Lernbarkeit, Forschung ausreichend fundiert, diffe- Juli2016.pdf [1.10.2016] des Sprachverlaufs und Sprachgebrauchs renziert und kritisch ist und gleichzeitig ist oft auf sehr spezifische Details des für Lehrende und Bildungsverantwortli- Caspari, D. (2016). Forschungen zu Lehr- und Lernkontexts und deren Inter- che nicht nur problematisiert, sondern Fremdsprachenlehrerinnen und -lehrern aktion ausgerichtet, während in der Pra- schlussendlich dazu dienen kann, den im Spiegel allgemeiner Entwicklungen in xis des Sprachunterrichts Ansätze gefragt Sprachenunterricht zu optimieren. Wäh- der Fremdsprachenforschung. In: F. Klippel sind, die für die allgemeine Bewältigung rend Forschungserkenntnisse zunächst (Hrsg.), Teaching Language – Sprachen lehren. des Sprachlehr- und Lernalltags hilfreich allgemeine Prinzipien zum Lehren und Münster/New York: Waxmann, pp. 39-58. sind. Im Spannungsfeld von Theorie und Lernen von Fremdsprachen differenzie- Praxis tun sich deshalb Fragen auf, die ren (Ellis, 2008), können es Praxiserfah- Ellis, R. (2008). Principles of instructed second mit der Generierung von Wissen zu tun rungen und die Koppelung an konkrete language acquisition. CALdigest, 1-6. haben, das längerfristig für die Praxis Lehr- und Lernsettings möglich machen, relevant sein kann, oder auch die Ver- dass entdeckte Prinzipien ihren vorläu- Europarat, Rat für kulturelle Zusammenarbeit wendung wissenschaftlicher Ergebnisse figen Charakter zumindest kurzzeitig (2001). Gemeinsamer europäischer für die Rechtfertigung von bestimmten überwinden und weitere anwendungs- Referenzrahmen für Sprachen: lernen, lehren, Handlungen auf nicht-wissenschaftlicher relevante Forschungsfragen aufgezeigt beurteilen. Berlin u.a.: Langenscheidt. Seite betreffen (Berthele, Duchêne & Stu- werden. http://www.goethe.de/z/50/commeuro/ [20.4.2013] Gnutzmann, C., Königs, F. G. & Küster L. (2011). Fremdsprachenunterricht und seine Erforschung. Ein subjektiver Blick auf 40 Jahre Forschungsgeschichte und auf aktuelle Forschungstendenzen in Deutschland. Fremdsprachen Lehren und Lernen 40(1), 5-28. Marsden, E., Mackey, A. & Plonsky, L. (2016). The IRIS Repository: Advancing research practice and methodology. In: A. Mackey & E. Marsden (Hrsg.), Advancing methodology and practice: The IRIS Repository of Instruments for Research into Second Languages. New York: Routledge, pp. 1-21. Timm, J-P. & Vollmer, H. J. (1993). Fremdsprachenforschung: Zur Konzeption und Perspektive eines Wissenschaftsbereichs. Zeitschrift für Fremdsprachenforschung 4(1), 1-47. 3|2016 tema BABYLONIA | 41
LANGUAGE KEYWORDS Französisch, Englisch ›› Evaluation ›› Sprachkompetenz TARGET ›› Obligatorische Schule 6. und 8. Klasse ›› Zentralschweiz EVALUATION DER FREMDSPRACHENKOMPETENZEN Tema DER ZENTRALSCHWEIZER SCHÜLER/INNEN DER VOLKSSCHULE Cet article rapporte les principaux résultats d’une évaluation représentative des compétences en français des élèves de la Suisse centrale (6e et 8e classe). L’évalua- tion montre que plus le nombre d’heures d’apprentissage du français est élevé, meilleures sont les compétences générales dans cette langue. Il n’y a cependant Elisabeth Peyer & qu’une minorité des élèves de 8e qui atteint le niveau requis dans l’ensemble des compétences testées (compréhension écrite et orale, production écrite et orale). En Karolina Kofler anglais, par contre, deux tiers des élèves de 8e atteignent le niveau requis pour les compétences testées (compréhension et production écrite). Kontext Forschungsfragen und Methodik Im Auftrag der Bildungsdirektoren-Kon- Zur Überprüfung der Französischkom- ferenz Zentralschweiz hat das Institut für petenzen wurden am Ende der 6. und Mehrsprachigkeit im Frühsommer 2015 am Ende der 8. Klasse die Fertigkeiten eine Evaluation der Fremdsprachenkom- Hörverstehen, Leseverstehen, Sprechen petenzen in der Bildungsregion Zentral- und Schreiben erhoben2. In der 8. Klasse schweiz durchgeführt. Der Schwerpunkt wurden zudem die Englischkompetenzen Elisabeth Peyer ist Projektleiterin der Studie lag auf der Überprüfung der der Schülerinnen und Schüler im Lese- und Karolina Kofler wissenschaftliche Französischkompetenzen der Schüle- verstehen und Schreiben getestet. Fol- Mitarbeiterin am Wissenschaftlichen rinnen und Schüler. Französisch wird gende Forschungsfragen wurden gestellt: Kompetenzzentrum für Mehrsprachigkeit in der Zentralschweiz ab der 5. Klasse1 1. Bestehen Leistungsunterschiede im (KFM). der Primarschule unterrichtet, mit Aus- Leseverstehen, Hörverstehen, Sprechen nahme des Kantons Uri, der mit dem und Schreiben in Französisch abhängig Französischunterricht erst auf der Se- von unterschiedlichen Stundendotatio- kundarstufe I, in der 7. Klasse, beginnt. nen? Die Stundendotation des Französischun- 2. Werden die Lehrplanziele (Grundan- terrichts variiert zwischen den Kanto- sprüche des Lehrplans für das Ende der nen. So beträgt die Anzahl kumulierter 6. Klasse bzw. das Ende der 9. Klasse) Jahreswochenlektionen (JWL) am Ende für die vier Fertigkeiten in Französisch der 6. Klasse in einigen Kantonen 4 JWL erreicht?3 (LU, NW, SZ), in anderen hingegen 6 JWL 3. Bestehen in der 8. Klasse Leistungs (OW, ZG). Bis zum Ende der 8. Klasse unterschiede zwischen Englisch und 1 Alle Angaben entsprechen der alten Zäh- werden insgesamt entweder 9 (UR), 10 Französisch in Bezug auf das Lesever- lung der Klassenstufen. (LU, NW), 12 (OW, SZ) oder 14 (ZG) JWL stehen und das Schreiben? Französisch erteilt. Englisch wird in der 4. Werden die Lehrplanziele in Englisch 2 Da an Gymnasien der Zentralschweiz der Zentralschweiz bereits ab der 3. Primar- für das Leseverstehen und das Schrei- Französischunterricht eine andere Stunden- klasse unterrichtet. Die Stundendotation ben erreicht? dotation hat und mit anderen Materialien für das Englische beträgt bis zur 8. Klasse gearbeitet wird, wurden in dieser Studie in allen Zentralschweizer Kantonen 16 Für das Ende der 6. Klasse sind die Lehr- keine (zukünftigen) Gymnasiastinnen und JWL, ausser in Schwyz, das 14 JWL Eng- planziele im Fach Französisch für alle Gymnasiasten getestet. lisch erteilt. Fertigkeiten auf Niveau A1.2 festgesetzt. 42 | BABYLONIA tema 3|2016
Für das Ende der obligatorischen Schul- vergleichen wurde auch der Zusam- erreichen wird. Dies, da selbst das un- zeit liegen die Grundanforderungen ge- menhang zwischen verschiedenen Kon- terhalb der Grundanforderung liegende mäss Lehrplan für Französisch und Eng- trollvariablen und den Testergebnissen Feinniveau (Niveau A2.1) im Sprechen lisch für das Sprechen, Leseverstehen und untersucht. Dabei zeigte sich sowohl im und Hörverstehen erst von einer Min- Hörverstehen auf Niveau A2.2 und für das Französisch- als auch im Englischtest, derheit der Lernenden erreicht wurde Schreiben auf Niveau A2.1. dass Schülerinnen und Schüler aus ei- (Sprechen: 13.6%; Hörverstehen: 35.7%). Zur Überprüfung des Hörverstehens, Lese- nem Elternhaus mit höherem sozioöko- Aufgrund dieses Befunds sollte jedoch verstehens und Schreibens wurden un- nomischem Status bessere Leistungen nicht die Schlussfolgerung gezogen wer- veröffentlichte Lingualevel-Aufgaben ein- erzielen. Lernende mit Französisch als den, dass die Schülerinnen und Schüler gesetzt4, zur Überprüfung des Sprechens (einer) Muttersprache schneiden in allen im Französischunterricht auf der Sekun- computerbasierte kommunikative Sprech- Französischtests deutlich besser ab; das darstufe kaum etwas lernen würden. tests entwickelt. Ferner wurden auch On- Gleiche gilt für Lernende mit einer an- Vergleicht man nämlich die Resultate line-Befragungen der Schülerinnen und deren romanischen Muttersprache. Kein aus den 6. Klassen mit jenen aus den Schüler sowie der Fremdsprachenlehrper- signifikanter Zusammenhang zeigt sich 8. Klassen, so kann ein relativ grosser sonen durchgeführt, um Aufschluss zu hingegen zwischen den Testergebnis- Kompetenzzuwachs in der Sekundarstu- erhalten über Variablen wie die Motivation sen und einem Migrationshintergrund fe festgestellt werden, insbesondere im der Lernenden und Lehrenden, ihre Selbst- (ausser beim Schreiben in Englisch, wo Hörverstehen und im Schreiben. wirksamkeitserwartung und Merkmale sich ein positiver Zusammenhang zeigt). In den Englischtests in Leseverstehen des Unterrichts. Insgesamt haben im Rah- Knaben schneiden in beiden Sprachen und Schreiben erreicht Ende der 8. Klas- men dieser repräsentativen Studie 1455 jeweils deutlich schlechter ab als Mäd- se jeweils eine Mehrheit von rund zwei 6.-Klässler/innen sowie 2110 8.-Klässler/ chen. Auffällig ist zudem, dass sich der Dritteln der Lernenden die Lehrplanziele innen die Tests in Hörverstehen, Lese- Unterschied in der durchschnittlichen (Forschungsfrage 4). Am Ende der 8. Klas- verstehen und Schreiben in Französisch Französischkompetenz zwischen Knaben se bestehen also deutliche Unterschiede gelöst, 1143 8.-Klässer/innen haben an und Mädchen von der 6. bis zur 8. Klasse zwischen den Sprachkompetenzen in den Englisch-Tests teilgenommen. Für die noch deutlich vergrössert. Französisch und Englisch (Forschungs- Sprechtests in Französisch wurden jeweils In Bezug auf die zweite Forschungsfrage frage 3). Sucht man nach Erklärungen da- 6 zufällig ausgewählte Schülerinnen und (Erreichung der Lehrplanziele in Franzö- für, fällt insbesondere ins Auge, dass für Schüler pro an der Studie teilnehmende sisch) lässt sich feststellen, dass am Ende das Französische durchschnittlich 40% Klasse getestet (insgesamt 1490). der 6. Klasse im Leseverstehen eine knap- weniger Unterrichtszeit zur Verfügung pe Mehrheit der Lernenden (53.5%) das im steht als für das Englische. Auch zeigte Resultate Lehrplan festgelegte Sprachniveau (A1.2) sich in der Schülerinnen- und Schü- Die Resultate der Französischtests der erreicht. In allen anderen Fertigkeiten ler-Befragung, dass diese für das Erler- 8.-Klässler/innen zeigen deutlich, dass erreicht jeweils erst gut ein Drittel der nen des Französischen deutlich weniger mehr Französischunterricht auch zu bes- Lernenden das Lehrplanziel. In der Regi- motiviert sind als für das Erlernen des seren Leistungen in Französisch führt on mit 6 JWL erreicht auch im Sprechen Englischen. (Forschungsfrage 1). So erbringen Ler- eine Mehrheit der Lernenden (55.6%) das nende mit hoher Stundenzahl in Franzö- im Lehrplan vorgesehene Niveau. sisch (14 JWL) signifikant bessere Leis- Am Ende der 8. Klasse erreicht jeweils 3 Die BKZ hat sich für die Überprüfung der tungen im Hörverstehen, Schreiben und erst eine Minderheit in den Französisch- Sprachkompetenzen am Ende der 8. Klasse Sprechen als jene mit 12 JWL und jene tests die Lehrplanziele für das Ende der entschieden, da die Schülerinnen und Schü- mit 10 JWL. Im Vergleich zu den sprach- obligatorischen Schulzeit. Während im ler in vielen Zentralschweizer Kantonen in lichen Leistungen der Gruppe mit 9 JWL Leseverstehen und Schreiben rund ein der 9. Klasse Französisch abwählen können (und dem Beginn des Französischunter- Drittel das vorgesehene Niveau oder mehr und dann deshalb kein aussagekräftiger richts in der 7. Klasse) ist die Gruppe mit erreicht, gelingt dies im Hörverstehen Vergleich der unterschiedlichen Stun- 14 JWL in allen Fertigkeiten signifikant und Sprechen lediglich einer kleinen dendotations-Modelle mehr möglich ist. besser. Die Gruppe mit 12 JWL ist wie- Minderheit. Bei der Interpretation der Somit erfolgte auch die Überprüfung der derum in den produktiven Fertigkeiten Resultate der 8. Klasse sollte jedoch be- Erreichung der Lehrplanziele am Ende der 8. Sprechen und Schreiben besser als jene achtet werden, dass Gymnasiastinnen Klasse, obwohl diese gemäss Lehrplan erst mit 10 JWL und darüber hinaus auch im und Gymnasiasten, die rund 20% des Ende der 9. Klasse erreicht werden müssen. Lesen besser als jene mit 9 JWL. Auch die Schülerjahrgangs ausmachen, in dieser Gruppe mit 10 JWL ist in zwei Fertigkei- Studie nicht getestet wurden. Ebenfalls 4 www.lingualevel.ch ten (Hörverstehen, Leseverstehen) besser ist in Betracht zu ziehen, dass die Schü- als jene mit 9 JWL. Insgesamt zeigt sich lerinnen und Schüler die Lehrplanziele also deutlich: je mehr Französischunter- erst ein Jahr nach der Testdurchführung Links richt, desto besser die Leistung. erreichen sollten. Dennoch lassen die Schlussbericht zu den Sprachkompetenztests: Dieser Zusammenhang zeigt sich in abge- Testergebnisse der 8.-Klässler/innen URL: http://doc.rero.ch/record/259287/ schwächter Form auch auf der Primarstu- erwarten, dass auch am Ende der ob- Bericht zu den Befragungen der Schüler/innen: fe, wo die Schülerinnen und Schüler mit ligatorischen Schulzeit eine Mehrheit URL: http://doc.rero.ch/record/259289/ 6 JWL im Sprechtest signifikant besser der untersuchten Schülerpopulation die Bericht zu den Befragungen der Lehrpersonen: waren als jene mit 4 JWL. Lehrplanziele für Französisch zumindest URL: http://doc.rero.ch/record/259288/ Nebst den oben dargestellten Gruppen- in den mündlichen Fertigkeiten nicht 3|2016 tema BABYLONIA | 43
LANGUAGE KEYWORDS Englisch als Fremdsprache ›› Schreiben ›› Rechtschreibung TARGET Primarstufe (RECHT)SCHREIBEN IM ENGLISCHUNTERRICHT Tema AN DER PRIMARSCHULE The article describes the research project “Writing in English Classrooms at Primary School” (Schreiben im Englischunterricht an der Primarschule), which is being carried out by the Chair for Learning and Teaching of English at the Institute for Primary Education PH FHNW and funded by the Department of Education, Culture and Sports Ursula Bader & of the Canton of Aargau. It presents preliminary results with regards to young learn- ers’ spelling skills in the Canton of Aargau and England, the significance of writing Steffi Vogt and spelling in early foreign language classrooms, as well as principles of teaching writing at primary school level. Prof. Ursula Bader, M.Ed. Der Erfolg in der Fremdsprache wird lei- verliert, sondern angemessen unterstützt. ELT, ist Leiterin der Pro- der zu oft lediglich daran gemessen, wie Das Forschungsdesign umfasst zwei Pha- fessur Englischdidaktik ‚gut‘ bzw. orthographisch korrekt Lernen- sen. Im ersten Teil wurden im Rahmen ei- und ihre Disziplinen de schreiben können. Dies spiegelt sich ner standardisierten Erhebung Schreibpro- am Institut Primarstu- auch in der momentanen politischen Dis- ben von Lernenden im Alter von 8 bis 12 fe der PH FHNW und kussion um die Wirksamkeit des Engli- im Kanton Aargau (n=206) und in England Projektverantwortliche schunterrichts an der Primarschule wider. (n=235) sowie Kontextdaten anhand von des Forschungsprojekts „Schreiben im Das Wort ‚Fehler‘ ist in aller Munde. Was Lehrpersonenfragebögen und -interviews Englischunterricht an der Primarschule“. Schülerinnen und Schüler im Bereich (n=18) erhoben, um den gegenwärtigen Steffi Vogt ist wissen- Rechtschreibung bereits können, welche Schreibunterricht, den Stellenwert von schaftliche Mitarbei- Schreibvarianten besonders häufig vor- Schreiben, Schrift und Rechtschreibung terin der Professur kommen, ob einige möglicherweise ‚nor- sowie die Rechtschreibfertigkeiten der Englischdidaktik und mal‘ sind oder wie Schreibkompetenz im Lernenden zu beschreiben. Forschungsteil ihre Disziplinen am Englischunterricht der Primarschule ent- zwei widmet sich der Entwicklung und Institut Primarstufe der wickelt wird, rückt in den Hintergrund. Erprobung altersgemässer Möglichkeiten PH FHNH und Doktorandin der Leuphana Schreibkompetenz umfasst linguistische, der (Recht)Schreibförderung an der Pri- Universität Lüneburg. pragmatische und soziolinguistische marschule. Lehrpersonen und ihre Exper- Komponenten. Rechtschreibung ist ein tise im Forschungsfeld spielen in diesem Teilbereich der Schreibkompetenz und Prozess eine zentrale Rolle. Aufbauend dient - genauso wie Wortschatz oder auf den Erkenntnissen des ersten For- Schreibstrategien - als Ressource für das schungsteils entwickelten sie gemeinsam kommunikative Schreiben. Im Bewusst- mit dem Forschungsteam jahrgangsspe- sein der Priorität einer kommunikativen zifische Aufgaben und Übungen und er- Schreibdidaktik wird im Rahmen des probten diese im eigenen Unterricht. Die Forschungsprojekts „Schreiben im Eng- entwickelten Massnahmen werden derzeit lischunterricht an der Primarschule“ mit Hilfe standardisierter Lehrpersonen- (2015-2017) der Teilbereich Orthographie und Lernendeninterviews evaluiert. aus linguistischer und unterrichtsprak- Die inhaltsanalytische Auswertung der tischer Perspektive beforscht. Ziel der Lehrpersonenfragebögen und -interviews Studie ist die Entwicklung einer altersa- des ersten Forschungsteils verdeutlicht: däquaten (Recht)Schreibdidaktik für die Schrift und Schreiben werden regelmässig Primarschule, welche das grosse Ganze im Englischunterricht in der Primarschule – die Entwicklung der kommunikativen im Kanton Aargau eingesetzt. Von Beginn Schreibkompetenz – nicht aus den Augen an schreiben Lernende erste eigene Texte, 44 | BABYLONIA tema 3|2016
bei denen die Kommunikation von Inhalten im Vordergrund steht. Die Berücksichtigung des Teilbereichs Orthographie steigt sukzessiv im Verlauf der Primarschulzeit an. Spä- testens in Klasse 6 werden gezielt Übungen zur Rechtschreibförderung durchgeführt1. 1 Nach herkömmlicher Zählung. Mittels qualitativer Inhaltsanalyse der Lehrpersoneninterviews konnten neun Formen der (Recht)Schreibförderung ermittelt werden (Abb. 1). Die Formate werden in un- terschiedlichem Ausmass in den Unterricht der einzelnen Jahrgangsstufen integriert. Während der Fokus der (Recht)Schreibförderung in den Klassen 3 und 4 auf der Sicht- barmachung des Schriftbildes im Klassen- zimmer, der regelmässigen Verwendung Abbildung 1: Formate der (Recht)Schreibförderung im Englischunterricht an der Primarstufe sowie dem Üben und Automatisieren des Schriftbildes liegt, werden nach Aussage 1. Sichtbarmachen des Schriftbildes im Klassenzimmer (z.B. Beschriftung von Gegenständen, der Lehrpersonen in den Klassenstufen 5 Ausstellung von Schreibprodukten) und 6 vermehrt kognitiv anspruchsvollere 2. Einbettung des Schriftbildes in den Unterricht (z.B. Liedtexte, Lehrmittel, Übungen und Aufgaben, Formen wie z.B. Language Awareness Übun- Wandtafel, Picture Dictionary) gen oder das Reflektieren und Anwenden 3. Schreiben durch Lesen (z.B. Easy Reader, Aufgabenstellungen erlesen) von Lern-, Arbeits- und Schreibstrategien 4. Lernwörter (Einheits- und individueller Wortschatz) in der Unterrichtsgestaltung berücksich- 5. Schreibanlässe (z.B. Bildbeschriftung, Postkarten, Geschichten) tigt. 6. Üben und Automatisieren des Schriftbildes (z.B. intelligent copying, Kreuzworträtsel) Mittels standardisierter jahrgangsspezifi- 7. Language Awareness Übungen (z.B. Vergleich Aussprache und Schreibweise, silent letters, scher Schreibtests wurden Rechtschreib- Parallelwörter) fertigkeiten von Aargauer Lernenden der 8. Strategien bewusstmachen, anwenden und einfordern (z.B. Wörterbucharbeit, Eselsbrücken, Klassenstufen 3 bis 6 erhoben und mit bewusstes Abschreiben, Textüberarbeitung) jenen englischer Kinder verglichen. Die 9. Sight-word-recognition Schreibtests umfassten sowohl hochfre- quente Wörter (z.B. the, and, I) als auch jahrgangsspezifischen Wortschatz des Tabelle 1: Anteil korrekter Orthographie in Klasse 3 Aargauer Lehrmittels (z.B. Tiere, Far- ben). Erste Ergebnisse zeigen, dass die Buchstaben pro Wort Anteil korrekter Orthographie in Klasse 3 Mehrheit der Aargauer Kinder bereits in Wortebene Satzebene Klasse 3 die in den Curricula geforder- ten Schreibkompetenzen (A1) im Bereich 1–3 84.1% (CH) 100% (GB) 66.4% (CH) 99.4%(GB) Rechtschreibung weit übersteigen. 84.1% 4–5 61.1% (CH) 90.7% (GB) 43.3% (CH) 82.9%(GB) der Aargauer Drittklässler schreiben kurze >5 57% (CH) 72.4%(GB) 16.7% (CH) 55%(GB) Wörter (1-3 Buchstaben) im Wortdiktat ohne Hilfestellung fehlerfrei. Je länger ein Wort, desto fehleranfälliger ist es. Die Verschriftlichung auf Satzebene ist insgesamt in beiden Gruppen fehleranfälliger (Tab. 1). Einige Wörter und Phoneme sind bei englischen und Aargauer Kindern ähnlich fehler- anfällig; zum Teil machen beide Gruppen gleiche Fehler: 25.6% der Schweizer und 15.2% der englischen Kinder verschriftlichen das Phonem /ai/ (write) mit „i“ (=(w)rit). Häufige Fehlerursachen sind das Verschriftlichen nach deutscher Phonem-Graphem-Korrespon- denz (z.B. reid), die Mischung von deutscher und englischer Schreibweise (z.B. reite), das Weglassen von Buchstaben oder die Notation von Homophonen (z.B. right). In Klasse 3 nutzten durchschnittlich 39.5% der Aargauer die Graphemkonstruktion ei um das Phonem /ai/ zu verschriftlichen, in Klasse 6 hingegen nur noch 9.8%. Möglicherweise relativieren sich mit zunehmendem kognitivem Alter der Lernenden bestimmte Pro- blemfelder. Ob anhand dessen von einer Rechtschreibprogression auch ohne explizite Rechtschreibförderung ausgegangen werden kann, soll eine weitere Testung der gleichen Lernenden im Sommer 2016 prüfen. Bisherige Bilanz des Forschungsprojektes Die Mehrheit der Aargauer übertrifft bereits nach einem Lernjahr die curricular gefor- derten Kompetenzen, macht dabei aber noch Fehler. Der stetige Einbezug von Schrift, Schreiben und Lesen sowie die explizite Entwicklung von Schreibstrategien – hierzu gehört insbesondere das korrekte Abschreiben – gehören zu den wesentlichen Bestand- teilen der (Recht)Schreibförderung im Englischunterricht an der Primarschule. Um ein nachhaltiges Bewusstsein für Rechtschreibphänomene zu schaffen, sind wiederkehrende Language Awareness Übungen, die einem konstruktivistischen Ansatz folgen, unerlässlich. Grenzen der Rechtschreibförderung zeigen sich in der expliziten – wenn auch spie- lerischen – Thematisierung von Orthographieregeln: „Wenn die Kinder kognitiv noch nicht bereit sind, bringt auch alles Spielerische nichts.“ – so eine Englischlehrperson. 3|2016 tema BABYLONIA | 45
LANGUAGE KEYWORDS Englisch L2 ›› Schreiben ›› Englisch TARGET ›› Essays Sekundarstufe II (Maturanden, 11. Schuljahr) ›› Kompetenzmessung ›› Gymnasium MEASURING ENGLISH WRITING Tema AT SECONDARY LEVEL (MEWS) EINE BINATIONALE STUDIE English essay writing is a key competence in a modern world where English is the lingua franca of science, business and higher education. MEWS is the first large-scale study of English essay writing in Germany or Switzerland at upper secondary level (11th grade) and has three research questions: (1) How proficient are learners in es- say writing in English two years before their baccalaureate? (2) What is the effect of individual factors (e.g. motivation, intelligence), family background and extracurric- ular activities on English essay writing competences? (3) What is the effect of school and classroom factors (e.g. classroom instruction, school types, ‘baccalaureate rate’) on English essay writing competences? Learners’ ability to write English essays will be measured in Switzerland (N = 1500) and Germany (N = 1500) at two time points, gathering a total of four responses from each learner (12.000 essays in total). To score the student essays both reliably and Stefan D. Keller objectively, both human ratings and computer ratings (“automated essay evalua- tion”) are employed. Stefan D. Keller leitet Übersicht die Professur Englische MEWS ist ein internationales empirisches Schülerinnen und Schüler getestet. Alle Didaktik und ihre Diszi- Forschungsprojekt zum Schreiben in der schreiben pro Messzeitpunkt zwei Texte, plinen an der Pädago- Fremdsprache Englisch am Gymnasium so dass ein Korpus von 12’000 Texten ent- gischen Hochschule (im 11. Schuljahr). Es wird gemeinsam von steht (t1: September 2016; t2: Juni 2017). FHNW und ist Mitglied der Pädagogischen Hochschule FHNW in Gleichzeitig werden Hintergrundvariablen des Instituts für Bildungswissenschaften Basel (Prof. S. Keller) und dem Leibniz-In- detailliert erfasst (Intelligenz, Lernmotiva- der Universität Basel. In seiner Forschung stitut für die Pädagogik der Naturwissen- tion, sozialer Hintergrund usw.). Die Er- beschäftigt er sich mit der Konzeptu- schaften und Mathematik in Kiel (Prof. O. hebung erfolgt elektronisch auf Laptops. alisierung, Förderung und Messung Köller) durchgeführt. Das Projekt hat drei Die Daten werden mehrebenenanalytisch komplexer argumentativer Schreibkom- primäre Forschungsfragen: ausgewertet. Zur Beurteilung der Essays petenzen in Englisch auf der Oberstufe. 1. Über welche Kompetenzen beim ar- werden sowohl linguistische Analysen gumentativen und sachlichen Schreiben angestellt (human ratings) als auch ein verfügen die Schülerinnen und Schüler spezialisiertes Computerprogramm einge- ein Jahr vor der Matura? setzt, welches sprachlich-formale Aspekte 2. Welche Rolle spielen bei der Kompe- der Essays automatisiert beurteilen kann. tenzentwicklung individuelle Faktoren MEWS wird vom Schweizerischen Nati- (z.B. Motivation, Intelligenz), sozialer onalfonds (SNF) und von der Deutschen Hintergrund und ausserschulischer Ge- Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert brauch der Fremdsprache Englisch? und hat eine Laufzeit von drei Jahren. Da- 3. Welche Rolle spielen bei der Kompe- bei entstehen in Basel und Kiel insgesamt tenzentwicklung schul- und unterrichts- vier Doktorarbeiten. Die Datenerhebung spezifische Faktoren (Gestaltung des Eng- und -auswertung in der Schweiz erfolgt lischunterrichts, Maturitätsquote)? zusätzlich in Zusammenarbeit mit dem In Deutschland und der Schweiz werden Institut für Bildungsevaluation in Zürich zu zwei Erhebungszeitpunkten je ca. 1500 (Prof. U. Moser). 46 | BABYLONIA tema 3|2016
Hintergrund zum einen durch menschliche Rater und MEWS will dazu beitragen, Englisch ist die lingua franca von Bildung speziell entwickelte Beurteilungsraster. und Wissenschaft und auch für die mo- Diese erfassen Dimensionen wie Organisa- ein differenziertes derne Kommunikation und Geschäftswelt tion, Kohärenz, lexikalische Komplexität, unverzichtbar geworden. Besonders zent- Idiomatik, generische Angemessenheit, Verständnis von englischen ral ist dabei das argumentative Schreiben, syntaktische Korrektheit der Texte. Zu- also die Fähigkeit, Texte bezüglich einer sätzlich wird als methodische Innovation Schreibfähigkeiten zu bestimmten Mitteilungsabsicht zu struk- eine Software zur automatischen Essaye- turieren und gemäss den zielsprachlichen valuation („e-rater®“) eingesetzt, welche generieren, sowohl was Konventionen effektiv und adressatenori- vom „Educational Testing Service (ETS) in entiert zu gestalten. Gleichzeitig ist auch Princeton (USA) entwickelt wurde und in ihre Messung als auch das sachliche Schreiben wichtiger gewor- ähnlicher Form auch bei der Evaluation den, etwa das Zusammenfassen komple- von Schreibaufgaben im TOEFL-Test ein- was ihre Entwicklung bzw. xer Sachverhalte, z.B. von Vorlesungen gesetzt wird (Klobucar et al. 2012). e-rater in einem englischsprachigen Studium. kann basale Aspekte von fremdsprachiger Förderung betrifft. Allerdings gibt es für die Schweiz oder Schreibkompetenz automatisiert erfassen, Deutschland bisher noch keine empiri- besonders auf der Ebene von Syntax, Lexis schen Studien dazu, wie gut Jugendliche und Wortmechanik. Dadurch sollen einer- in der oberen Sekundarstufe solche Fä- seits die Erfassung einer grossen Stich- higkeiten beherrschen oder von welchen probe ermöglicht, andererseits Probleme Hintergrundfaktoren deren Erwerb beein- menschlicher Textbeurteilungen (hohe schunterrichts fremdsprachliche Schreib- flusst wird. Kosten, mangelnde Beurteilungskon- fähigkeiten positiv beeinflussen, oder wo Daten aus einer bestehenden Studie von sistenz über die Zeit, Müdigkeits- oder Defizite bestehen. Für die Bildungssteue- Keller (2013) zeigen, dass Lernende auf der Reihenfolgeeffekte) abgemindert werden. rung entsteht zudem ein differenzierteres gymnasialen Oberstufe das sachliche und Durch den Einsatz von e-rater kann die Bild der Leistungsfähigkeit junger Men- argumentative Schreiben erlernen können, Anzahl der in der Studie analysierten schen in verschiedenen Schultypen (allge- wenn sie dazu geeignete Unterstützung Texte erhöht und gleichzeitig die Objek- meines Gymnasium, berufliches Gymna- und Input erfahren. Besonders zentral sind tivität der Beurteilung gesteigert werden. sium usw.) und Bildungssystemen (hohe dabei die aktive Auseinandersetzung mit Inhaltliche Aspekte der Texte nicht erfasst vs. tiefe Maturitätsquote). Schliesslich den relevanten Genres und Texttypen, der und werden schwerpunktmässig von den entsteht auch ein genaueres Bild sozialer Aufbau eines angemessenen Wortschatzes menschlichen Ratern im Projekt beurteilt. Einflussfaktoren auf die schulischen Leis- (Idiomatik, Mittel zur Textstrukturierung tungen, wobei insbesondere der – heutzu- usw.), lernförderliche Rückmeldungen im Bedeutung tage omnipräsente – Gebrauch des Engli- Schreibprozess (Feedback der Lehrperson MEWS will dazu beitragen, ein diffe- schen ausserhalb des Klassenzimmers in und von Peers) sowie die Vermittlung und renziertes Verständnis von englischen den Fokus genommen wird. Durch den Anwendung von Schreibstrategien (z.B. Schreibfähigkeiten zu generieren, sowohl Einsatz der „automated essay evaluation“ draft-revise-publish). MEWS untersucht was ihre Messung als auch was ihre Ent- (e-rater) werden zusätzlich neue Messmo- nun in einem Large-Scale-Design, in wel- wicklung bzw. Förderung betrifft. Die Re- delle zur objektiven, reliablen Beurteilung chem Umfang der schulische Unterricht sultate sind relevant für die Lehrerbildung, komplexer Schreibkompetenzen auf der diese Anforderungen zu erfüllen vermag da erfasst wird, welche Aspekte des Engli- Oberstufe in Englisch entwickelt. und welche Kompetenzen die Schülerin- nen und Schüler dabei erwerben. Am Projekt beteiligte Personen und Messmodell und Messmethoden Institutionen Bibliographie Zur Erforschung der oben genannten ››Prof. Dr. Stefan D. Keller, Pädagogische Forschungsfragen wird ein Messmodell Hochschule FHNW Keller, S. (2013). Integrative Schreibdidaktik eingesetzt, bei dem Daten aus drei Ana- ››Prof. Dr. Olaf Köller, Leibniz-Institut für Englisch für die Sekundarstufe. Theorie, lyseebenen zu einander in Verbindung die Pädagogik der Naturwissenschaften Prozessgestaltung, Empirie. Giessener Beiträge gesetzt werden: Die Ebene des Bildungs- und Mathematik, Kiel (D) zur Fremdsprachendidaktik. Tübingen: Narr systems (z.B. Maturitätsquote), die Ebene ››Prof. Dr. Urs Moser, Institut für Bil- Francke Attempto Verlag GmbH. des Unterrichts (z.B. Qualität des Engli- dungsevaluation, Universität Zürich schunterrichts) sowie die Ebene des In- ››Educational Testing Service (ETS), Klobucar, A., Deane, P., Elliot, N., Ramineni, dividuums (z.B. englische Schreib-, Lese- Princeton, USA C., Deess, P., & Rudniy, A. (2012). Automated und Hörfähigkeiten; Intelligenz; sozialer essay scoring and the search for valid writing Hintergrund, etc). Zentrale abhängige Va- Weitere Informationen: assessment. In: A. Bazerman et al. (Ed.), riabel ist dabei die Schreibfähigkeit der www.fhnw.ch/ph/mews International Advances in Writing Research: Lernenden am Anfang und am Ende des 11. E-Mail: mews.ph@fhnw.ch Cultures, Places, Measures. Fort Collins, Schuljahrs. Die Analyse der Texte erfolgt Colorado: The WAC Clearinghouse, pp. 103-119. 3|2016 tema BABYLONIA | 47
LANGUAGE KEYWORDS DaF/ DaZ ›› Compétence textuelle ›› Langue étrangère TARGET ›› Genre textuel Primarstufe ›› Moyens d’enseignement TRAVAIL TEXTUEL ET COMPÉTENCE TEXTUELLE Tema DANS L’ENSEIGNEMENT D’UNE L2 À DE JEUNES APPRENANT-E-S In this project I focus on the way texts are used in teaching German as a Foreign Language at primary school level. I analyse the genres present in the regional cur- riculum (the Plan d’études Romand) and in two of the textbooks in use. Interviews with teachers in a primary school in the canton of Vaud in Western Switzerland and observation of classroom practice show that authentic texts undergo a significant transformation in the context of language teaching with far-reaching implications. Authentic, “real life” texts (and genres) take on the characteristics of material for teaching and learning. Teachers need specific competences in order to provide learning opportunities based on the use of texts and learners need to develop spe- cific literacies in order to take advantage of these opportunities. Ingo Thonhauser Problématique 2. Quelles sont les conceptions des en- Dans le contexte actuel d’un développe- seignant-e-s concernant l’utilisation Ingo Thonhauser ist ment important de la recherche empi- de la langue écrite afin de développer Inhaber der Professur rique sur le rôle de l’écrit et de la com- la compétence de communication en für Didaktik Deutsch als pétence textuelle en allemand langue se- allemand? Fremdsprache an der conde/de scolarisation, nous constatons Haute école péda- un manque de recherche empirique dans Démarche gogique du canton Vaud ce domaine en allemand langue étrangère, Dans un premier temps, j’ai analysé les (HEP) in Lausanne. notamment dans le contexte de l’ensei- moyens d’enseignement et les éléments Er ist auch Mitglied der Redaktion von gnement au primaire. du plan d’études romand (PER) en lien Babylonia. Dans le cadre du projet en question, je avec le travail textuel en allemand. La me suis intéressé à une description de deuxième étape consistait en une série la compétence textuelle et du travail textuel d’entretiens avec un groupe de trois en- («Textarbeit») dans le contexte de l’en- seignant-e-s et de l’observation de l’en- seignement de l’allemand langue étran- seignement par la suite. J’ai analysé les gère à l’école primaire dans le but d’une données dans le cadre d’une démarche meilleure compréhension de la pratique qualitative basée sur la Grounded Theory des enseignant-e-s et de l’élaboration afin d’identifier les concepts des ensei- de nouvelles perspectives pour une di- gnant-e-s et des composantes de leur dactique du travail textuel en classe de compétence didactique dans la mise en langues. œuvre du travail textuel. Questions de recherche Résultats principaux 1. Quelles sont les caractéristiques du Les analyses montrent que le travail travail textuel comme «pratique située» textuel en classe transforme les genres dans l’enseignement de l’allemand L2 à textuels en genres scolarisés, une transfor- des jeunes apprenant-e-s? mation liée à leur statut comme double 48 | BABYLONIA tema 3|2016
En termes de compétence didactique des enseignant- objet d’enseignement et d’apprentissage: e-s, il s’agit de savoir d’un côté, les élèves travaillent avec ces textes qui représentent des genres en place des dispositifs de travail textuel qui permettent aux apprenant-e-s de tirer mettre en place des textuels avec un objectif communica- tif (p.ex. la compréhension du texte) et profit des occasions d’apprentissage of- fertes par ce travail. C’est à eux de conce- dispositifs de travail ils sont, par conséquent, impliqués dans une activité proche de la «vie réelle». voir des séquences qui permettent aux élèves de saisir le sens des activités en textuel qui permettent Cependant, dans le contexte scolaire, ce travail textuel a un deuxième objectif, no- lien avec les textes authentiques, de leur transformation et des tâches liées à cette aux apprenant-e-s de tamment de développer et de démontrer les compétences de communication des transformation dans le but de développer une compétence de communication. S’in- tirer profit des occasions élèves en langue de scolarisation (le fran- çais) et en langue étrangère (l’allemand). téresser à cet élément de la compétence didactique des enseignant-e-s serait une d’apprentissage offertes En termes de compétence didactique des enseignant-e-s, il s’agit de savoir mettre voie de recherches qui semble particuliè- rement prometteuse. par ce travail. Publications Thonhauser, I. (à paraître). Le «travail textuel» (Textarbeit) dans l’enseignement de l’allemand langue étrangère à l’école primaire. Les cahiers de l’ACEDLE. Thonhauser, I. & Hufeisen, B. (à paraître). Authentische, didaktisierte und didaktische Texte – Überlegungen zur Textarbeit aus drei verschiedenen Perspektiven. In: R. Freudenberg-Findeisen (éd.) (2016): Auf dem Weg zu einer Textsortendidaktik. Linguistische Analysen und text(sorten) didaktische Bausteine nicht nur für den fremdsprachlichen Deutschunterricht. Wiesbaden: Gesellschaft für deutsche Sprache. Conférences «Textarbeit im Deutschunterricht. Zu einigen Aspekten des Lehr- und Lerngegenstands Deutsch». Université de Genève, Département d’allemand, 24 mars 2015. «Travail textuel» (Textarbeit) et «compétence textuelle» (Textkompetenz / Literalität) dans l’enseignement de l’allemand langue étrangère à l’école primaire». Treizième rencontres internationales du réseau de Recherche en Éducation et Formation (REF 2013), Université de Genève, 9-11 septembre 2013. «Textarbeit, Textkompetenz und die Fremdsprache Deutsch in Westschweizer Primarschulen». Colloque «Schreiben und Literalität», Karl-Franzens Universität Graz, Autriche, 7 juin 2013. 3|2016 tema BABYLONIA | 49
LANGUAGE KEYWORDS Deutsch als Zweitsprache (DaZ) ›› Unterrichtsmethoden ›› DaZ-Unterricht für Erwachsene TARGET ›› Chunks DaZ-Unterrichtende im Migrationsbereich ›› Flüssigkeit ›› Korrektheit KEIN GRAMMATIKUNTERRICHT IN Tema NIEDERSCHWELLIGEN DaZ-KURSEN: GEHT DAS? ERGEBNISSE EINER INTERVENTIONSSTUDIE IN INTENSIVKURSEN FÜR ERWACHSENE DaZ-ANFÄNGER/INNEN A quasi-experimental study involving over 150 adult migrants in 12 beginner’s German courses explored the consequences of a chunk-based and fluency-oriented teaching approach involving no explicit grammar teaching. The findings suggest that, overall, such an approach can be successfully implemented, especially with Peter Lenz & learners without much previous schooling. An interesting pattern emerges from the language test results (pre- and post-tests): more fluency and less accuracy gains Malgorzata Barras for the experimental classes in oral language use; no differences on the written test sections. Peter Lenz ist Projekt- Erwachsene Migrantinnen und Migran- angepassten oder empfohlenen Materia- leiter und Malgorzata ten, die in Sprachkursen eine Schwei- lien Deutsch lernten. In der Interventi- Barras wissenschaftli- zer Landessprache erlernen, haben zum onsgruppe lag der Fokus auf der Arbeit che Mitarbeiterin am Teil sehr wenig Schulerfahrung (Lenz et mit Chunks und regelmässigem Flüs- Wissenschaftlichen al., 2009). Es gibt jedoch bisher wenig sigkeitstraining, während auf explizite Kompetenzzentrum empirisch untermauertes Wissen darü- Grammatikdarstellung und -erklärung für Mehrsprachigkeit ber, wie der Sprachunterricht für dieses verzichtet wurde. Die Kontrollklassen (Universität Freiburg Zielpublikum optimal zu gestalten wäre. arbeiteten mit den regulären Lehrwer- und PH Freiburg/ Das Ziel der vorliegenden Studie bestand ken1 und gemäss den Anweisungen im Schweiz). Sie forschen darin, einige möglicherweise Erfolg ver- Lehrerhandbuch. Systematische Gram- u.a. zu den Themen sprechende didaktische Elemente, wie matikarbeit und Wortschatzlernen aus- kompetenzorientierte z.B. Arbeit mit Chunks (vgl. den „Lexi- gehend von Listen waren integrative Beurteilung, computer- kalischen Ansatz“ – z. B. Lewis, 1993) Bestandteile dieses Ansatzes. Bei einem basiertes Testen, fremd- und Flüssigkeitstraining (z.B. Nation & Eingangs- und einem Abschlusstest wur- und zweitsprachliche Meara, 2002) in ein Kurskonzept für diese den verschiedene schriftliche und münd- Kompetenzprofile, Zweitsprachenerwerb Zielgruppe zu integrieren. Dieses Kurs liche Sprachkompetenzen der Kursteil- bei Erwachsenen. konzept sollte in der Praxis mit einem nehmenden erhoben. Es wurden ebenfalls gängigen Kurskonzept verglichen werden, Leitfadeninterviews mit Kursleitenden um ggf. empirisch fundierte Empfehlun- durchgeführt, in welchen diese u.a. die gen für den Unterricht mit dieser Ziel- Eignung der Unterrichtskonzepte für die gruppe formulieren zu können. Zielgruppe einschätzten. An der Studie nahmen erwachsene Aus den Interviews geht hervor, dass Migrantinnen und Migranten aus zwölf nach beiden Konzepten insgesamt gut DaZ-Anfängerklassen (sechs Interven- unterrichtet werden konnte. Einige Kurs tions- und sechs Kontrollklassen) teil, teilnehmende der Interventionsklassen, die während 10-14 Wochen gemäss un- v.a. solche mit Erfahrung im schulischen seren Richtlinien und mit den von uns Fremdsprachenlernen, vermissten den 50 | BABYLONIA tema 3|2016
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