FREMDSPRACHENFORSCHUNG HEUTE - SYNTHESE UND TENDENZEN - Babylonia

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esatra                                      FREMDSPRACHENFORSCHUNG HEUTE –
FTinem                                           TITOLO
                                                 SYNTHESE UND TENDENZEN
                                                 SOTTOTITOLO

                                                 La recherche sur l’apprentissage des langues étrangères rassemble une grande
                                                 variété de thèmes et de méthodes dont une bonne partie est représentée dans
                                                 les articles de cette deuxième section. Les grandes questions de la politique de
                                                 l’éducation, l’évaluation et la mesure des compétences langagières, les compétences
                                                 plurilingues et multiculturelles, mais aussi la recherche de nouvelles manières
                                                 d’enseigner et la recherche sur l’apprentissage autonome s’y retrouvent. Pour-
                                                 tant, selon l’auteure, une réflexion plus approfondie sur les contenus des cours de
                                                 langues, l’échange des données empiriques entre les chercheurs et une meilleure
                                                 complémentarité entre théorie et pratique seraientt nécessaires et permettraient de
                                                 compléter les connaissances actuelles dans ce domaine.
                                                 abstract

        Andrea Ender                             Das Lernen und Gebrauchen von Fremd-        Großräumige bildungs- und sprach-
                                                 sprachen gehört mit großem Selbstver-       politische Anliegen – etwa wann, mit
                                                 ständnis in den Schweizer Alltag. Die       welcher Intensität, welche und wie viele
                     Andrea Ender ist Pro-       Notwendigkeit, als sozial handelndes        Sprachen unterrichtet werden sollen –
                     fessorin für Germanis-      Mitglied der Gesellschaft eine mehr-        sind aktuell in der Schweiz, wie auch in
                     tische Linguistik (mit      sprachige Kompetenz aufzubauen und          anderen Ländern, von großer Bedeutung
                     Schwerpunkt Deutsch         kommunikative Aufgaben in mehreren          und werden hier u.a. von dem Beitrag
                     als Zweitsprache) an        Sprachen bewältigen zu können (vgl.         „Evaluation der Fremdsprachenkom-
                     der Universität Salzburg.   Europarat, 2001), wird weder in der Ge-     petenzen der Zentralschweizerischen
     Ihre Forschungsschwerpunkte sind            sellschaft noch in der Forschung in Frage   Schüler/innen der Volksschule“ vertre-
     Spracherwerb, mentales Lexikon und          gestellt. Unbestimmter ist jedoch, was      ten. Peyer und Kofler stellen ein Projekt
     Sprachvarietäten.                           zu bestimmten Zeiten und in bestimm-        vor, das mit einer großen quantitativen
                                                 ten Kontexten rund um das Lernen und        Studie Leistungen in den Fremdsprachen
                                                 Gebrauchen von Fremdsprachen zum            Englisch und Französisch testete, damit
                                                 Forschungsthema wird und wie dies be-       das Erreichen der Lehrplanziele überprüf-
                                                 gründet wird. Unter dem breiten Dach        te und Zusammenhänge zwischen den
                                                 der Fremdsprachenforschung sammeln          getesteten Leistungen und den Stunden-
                                                 sich daher wissenschaftliche Aktivitäten    dotationen und persönlichen Merkma-
                                                 zum Lehren und Lernen von Sprachen          len der Schülerinnen und Schüler un-
                                                 im institutionellen Umfeld, ebenso wie      tersuchte. Ebenfalls auf die Ergebnisse
                                                 zu ihrem Erwerb und Gebrauch im un-         des Lernens und die Möglichkeiten ihrer
                                                 gesteuerten Kontext, Forschungsprojekte     Testung fokussieren die Beiträge von Kel-
                                                 zur Mehrsprachigkeit oder zum interkul-     ler zur „Messung englischer Schreibfä-
                                                 turellen Lernen (vgl. Timm & Vollmer,       higkeiten auf der Sekundarstufe“ und von
                                                 1993; Gnutzmann et al., 2011) und vieles    Lenz, Karges & Barras zum Projekt „Task
                                                 mehr. Wie bilden die Beiträge in dieser     Lab“, welches ein besseres Verständnis
                                                 Sammlung diese Bandbreite mit einer         von computerbasierten kommunikativen
                                                 Schweizer Prägung ab?                       Testaufgaben zum Leseverstehen in Fran-

   38 | BABYLONIA tema 3|2016
zösisch zum Ziel hatte. Diese empirisch      nutzbar gemacht werden. Die Schweiz, in
quantitativen Studien stehen für einen       der die unterrichteten Fremdsprachen –
vergleichsweise jungen, jedoch interna-      Englisch ausgenommen – in naher Um-
tional stetig wachsenden Schwerpunkt         gebung als Erstsprachen unterrichtet

                                                                                          Unbestimmter ist jedoch,
in der Fremdsprachenforschung, der           werden, bildet für die Erforschung die-
dem Bedarf nach der standardisierten         ser sprachübergreifenden Kompetenzen

                                                                                                was zu bestimmten
Messung schulischer Outcomes in Lar-         sicherlich ein besonders gutes Feld, da
ge-Scale-Assessments Rechnung trägt.         Lehrpersonen hier einfacheren Zugang zu

                                                                                          Zeiten und in bestimmten
Auch Bader & Vogts Projekt zur (Recht-)      Erfahrungen, Materialien und Austausch
Schreibförderung im Englischen und           mit den Erstsprach-Lehrpersonen haben

                                                                                             Kontexten rund um das
Loveys qualitatives Dissertationsprojekt     könnten und auch vergleichende Studien
zum Sprechen im Französischunterricht        in verschiedenen Sprachregionen durch-

                                                                                             Lernen und Gebrauchen
widmen sich spezifischen Kompetenzen         geführt werden können. Die Erkennt-
und ihrer Beobachtung. Da großen Rei-        nisse und entsprechende Evidenz zur

                                                                                            von Fremdsprachen zum
henuntersuchungen inner- und außer-          sprachübergreifenden Kompetenz oder
halb der Schweiz stetig mehr Gewicht         zum Transfer von Sprachkompetenzen

                                                                                         Forschungsthema wird und
und Aufmerksamkeit geschenkt wird,           könnten dann wichtige Impulse geben,
weil sie repräsentative und richtungswei-    um den Erst-, Zweit-, Fremd- und Her-

                                                                                           wie dies begründet wird.
sende Ergebnisse versprechen, scheint es     kunftssprachenunterricht in verschie-
mir besonders wertvoll, dass Projekte ein    denen Kontexten weiter zu entwickeln.
kritisches Auge auf die Vielschichtigkeit    Weitere Beiträge setzen sich mit der
der Ergebnisse, die Abhängigkeiten in den    sprachübergreifenden Förderung aus-
gemessenen Leistungen und die grund-         einander, dies jedoch mit einem Fokus
sätzlichen Möglichkeiten der Testformate     auf spezifische Unterrichtsmethoden:
und des Unterrichts werfen.                  „Vom Sprachunterricht zum szenario-
Dass in der vielsprachigen Schweiz           basierten Kommunikationsunterricht an
Mehrsprachigkeit und sprach- und             Fachhochschulen“ (Fernando & Winkler.)
kulturübergreifende Kompetenz eine           und das Projekt „MeVol“ (Hilbe) präsen-
ungemein wichtige Rolle einnehmen, zei-      tieren methodisch-didaktische Ansätze,
gen neben den Beiträgen in der Sektion       in denen Sprachkompetenzen über meh-
„Mehrsprachigkeitsdidaktik“ auch hier        rere Sprachen hinweg verzahnt behan-
verschiedene Projekte: Die Förderung         delt werden. Eine Unterrichtsmethode
interkultureller Kompetenz zusammen          im zweitsprachendidaktischen Rahmen
mit der Entwicklung von sprachlichen         mit Erwachsenen steht darüber hinaus
Fertigkeiten in authentischen kommu-         im Beitrag „Kein Grammatikunterricht in
nikativen Situationen steht besonders in     niederschwelligen DaZ-Kursen. Geht das?“
den Projekten „321.via“ (Alloatti) und       im Vordergrund. Lenz & Barras präsentie-
„AlpConnectar“ (Botturi u.a.) im Mittel-     ren eine quasi-experimentelle Studie, die
punkt. Dem Ziel, sprachliche und kul-        die Wirkung eines Unterrichtsansatzes
turelle Offenheit schon von Beginn des       untersucht, der besonderen Wert auf das
Spracherwerbs an zu fördern, ist auch        Unterrichten von Chunks und das Trai-
das Pilotprojekt „PRIMA“ aus dem Kanton      ning von Flüssigkeit legt.
Neuenburg verpflichtet (Biundo). Eine        Zentrierung auf die Lernenden und
sprachübergreifende kommunikative            deren autonomes Handeln sind in den
Kompetenz beziehen die Beiträge von          Beiträgen dieser Sektion explizit vor al-
Thonhauser (Le travail textuel) und          lem in den Beiträgen „PluriMobil“ (Egli)
Jacquin (Enseigner le débat en allemand      und „Le modèle AMI: un apprentissage en
à partir des connaissances du genre en       spirale“ (Greminger u.a.) vertreten. Dort
langue de scolarité) jeweils auf eine all-   werden im Ansatz und im didaktischen
gemeine Textkompetenz der Lernenden.         Instrument Selbstreflexion im Erreichen
Hier sollen besonders die Synergien zwi-     von Mehrsprachigkeit, Selbstverantwor-
schen den zu lernenden Sprachen und          tung, aber auch Motivation und Interak-
dem Unterricht in den verschiedenen          tion im Lernprozess von Schülerinnen
Fremdsprachen wie auch in den jewei-         und Schülern sowie von angehenden
ligen Erstsprachen hervorgehoben und         Lehrpersonen hervorgehoben.

                                                                                             3|2016 tema BABYLONIA | 39
Die Inhaltsfrage des Fremdsprachen-          chenlehrens und -lernens durch Daten
                                  unterrichts – etwa anhand welcher            aus Befragungen, Beobachtungen und
                                  Texte und an welche Inhalte gekoppelt        Messungen abzubilden, führt vielerorts
                                  sprachliches Wissen aufgebaut werden         dazu, dass verschiedene Instrumente ein-
                                  soll – steht hingegen nur in wenigen         gesetzt und Daten generiert werden, die
     Es ist ein Drahtseilakt,     Beiträgen explizit im Vordergrund. Ganz      gegenseitig nur beschränkt berücksich-
                                  offensichtlich ist die Verknüpfung von       tigt werden können oder wollen. Um dem
     dass Forschung               Sprache und Sache im Unterricht zwar         entgegenzuwirken, stehen in der eng-
                                  im Beitrag von Bartholemy (CLIL im           lischsprachigen Forschungsgemeinschaft
     ausreichend fundiert,        akademischen DaF-Kontext). Inwiefern         bereits digitale Archive mit Instrumenten
                                  aber begleitende Sprachförderung – und       und Materialien der empirischen Fremd-
     differenziert und kritisch   diese Frage stellt sich nicht nur für den    sprachenforschung (z.B. die Datenbank
                                  akademischen Kontext – das fachliche         IRIS; Marsden, Mackey & Plonsky, 2016)
     ist und gleichzeitig         Lernen fördert, und inwiefern im sach-       oder auch Korpora mit verschiedenen
                                  lichen Lernen Sprache gefördert wer-         Gesprächsdatensammlungen (z.B. www.
     für Lehrende und             den kann, ist nicht nur im Kontext der       talkbank.org) zur Verfügung. Auch für
                                  Fremdsprachendidaktik aktuell, sondern       das Vorankommen der Fremdsprachen-
     Bildungsverantwortliche      steht auch in der Forschung zu Deutsch       forschung, die nicht zwangsläufig auf
                                  als Erst- und Zweitsprache in den letz-      englischsprachige Veröffentlichungen
     nicht nur problematisiert.   ten Jahren ganz klar im Mittelpunkt. Im      fokussiert ist, wäre ein systematischer
                                  Rahmen von durchgängiger Sprachbil-          Umgang – natürlich unter absoluter
                                  dung oder sprachsensiblem Unterrich-         Wahrung der Anonymität – mit den
                                  ten wird je nach Ansatz und Kontext          Instrumenten und den gesammelten
                                  unterschiedliches Gewicht auf Fach und       Daten aus veröffentlichten Studien viel-
                                  Sprache gelegt. Natürlich wirkt sich         versprechend. Datenberge zu teilen und
                                  mehr und intensivere Auseinanderset-         zu verwalten ist natürlich eine große He-
                                  zung positiv auf Lernerfolge aus. Wie        rausforderung, systematische Sammlun-
                                  effizient Sprachkenntnisse anhand von        gen können jedoch für weiterführende
                                  fachlichen Inhalten vermittelt werden        Beschreibungen und Beobachtungen oder
                                  können oder ob fachliche Inhalte für Ler-    auch für die Entwicklung von weiteren
                                  nenden am besten von Sprachförderung         Forschungshypothesen genutzt werden.
                                  flankiert werden, damit schlussendlich       Ein sehr kursorischer Blick über die
                                  sowohl sprachliche wie auch inhaltliche      Sammlung von Forschungsprojekten in
                                  Kenntnisse sich bestmöglich weiterent-       der Schweiz, die in dieser Nummer zu-
                                  wickeln, muss empirisch jedoch noch          sammengetragen wurde, lässt auf alle
                                  deutlich besser abgesichert werden. Da-      Fälle erkennen, dass es in der Vielzahl
                                  mit schließt sich dann auch der Kreis        von Themen und Fragestellungen ein
                                  und man gelangt wieder zur Diskussion        großes Bewusstsein für empirische For-
                                  von Kompetenzfragen, sei es in Bezug         schungsarbeit sowohl quantitativ wie
                                  auf einzelne sprachliche Fertigkeitsberei-   auch qualitativ gibt. Jedoch drängen sich
                                  che, auf eine allgemeine mehrsprachige       damit auch Fragen des Datenmanage-
                                  Kompetenz oder die Möglichkeit, Kompe-       ments auf. Von diesen ist bislang jedoch
                                  tenzen sprachenübergreifend zu nutzen,       nur wenig sichtbar.
                                  oder sei es mit Blick auch auf die Frage     Fast alle der hier vorgestellten Projek-
                                  nach Methoden der Leistungsmessung.          te verfolgen einen praktischen und an-
                                  Eng verbunden mit den verschiedenen          gewandten Schwerpunkt, was für „das
                                  Ebenen der Kompetenzfrage scheint der        Oszillieren zwischen Theorie und Pra-
                                  Einsatz von empirischen Verfahren zu         xis“ (Caspari, 2016: 50) in der Fremd-
                                  sein, der es erlauben soll, datenbasierte    sprachenforschung kennzeichnend ist.
                                  Aussagen über die verschiedenen sprach-      Vergleichsweise selten wird jedoch das
                                  lichen Fertigkeiten tätigen zu können.       Zusammenspiel von Theorie und Praxis
                                  Das Streben danach, die Realität des Spra-   selbst in Forschungsarbeiten zum Thema

40 | BABYLONIA tema 3|2016
Literatur

                                                                                         Berthele, R., Duchêne, A. & Studer,
                                                                                         T. (2016). Fremdsprachenunterricht:
                                                                                         Wissenschaft, Mission und Politik. Institut für
                                                                                         Mehrsprachigkeit, Fribourg/Freiburg. http://
                                                                                         www.institut-mehrsprachigkeit.ch/assets/
gemacht. Die wissenschaftliche Ausein-      der, 2016). Es ist ein Drahtseilakt, dass    files/Login/Wissenschaft_Mission_Politik%20
andersetzung mit Fragen der Lernbarkeit,    Forschung ausreichend fundiert, diffe-       Juli2016.pdf [1.10.2016]
des Sprachverlaufs und Sprachgebrauchs      renziert und kritisch ist und gleichzeitig
ist oft auf sehr spezifische Details des    für Lehrende und Bildungsverantwortli-       Caspari, D. (2016). Forschungen zu
Lehr- und Lernkontexts und deren Inter-     che nicht nur problematisiert, sondern       Fremdsprachenlehrerinnen und -lehrern
aktion ausgerichtet, während in der Pra-    schlussendlich dazu dienen kann, den         im Spiegel allgemeiner Entwicklungen in
xis des Sprachunterrichts Ansätze gefragt   Sprachenunterricht zu optimieren. Wäh-       der Fremdsprachenforschung. In: F. Klippel
sind, die für die allgemeine Bewältigung    rend Forschungserkenntnisse zunächst         (Hrsg.), Teaching Language – Sprachen lehren.
des Sprachlehr- und Lernalltags hilfreich   allgemeine Prinzipien zum Lehren und         Münster/New York: Waxmann, pp. 39-58.
sind. Im Spannungsfeld von Theorie und      Lernen von Fremdsprachen differenzie-
Praxis tun sich deshalb Fragen auf, die     ren (Ellis, 2008), können es Praxiserfah-    Ellis, R. (2008). Principles of instructed second
mit der Generierung von Wissen zu tun       rungen und die Koppelung an konkrete         language acquisition. CALdigest, 1-6.
haben, das längerfristig für die Praxis     Lehr- und Lernsettings möglich machen,
relevant sein kann, oder auch die Ver-      dass entdeckte Prinzipien ihren vorläu-      Europarat, Rat für kulturelle Zusammenarbeit
wendung wissenschaftlicher Ergebnisse       figen Charakter zumindest kurzzeitig         (2001). Gemeinsamer europäischer
für die Rechtfertigung von bestimmten       überwinden und weitere anwendungs-           Referenzrahmen für Sprachen: lernen, lehren,
Handlungen auf nicht-wissenschaftlicher     relevante Forschungsfragen aufgezeigt        beurteilen. Berlin u.a.: Langenscheidt.
Seite betreffen (Berthele, Duchêne & Stu-   werden.                                      http://www.goethe.de/z/50/commeuro/
                                                                                         [20.4.2013]

                                                                                         Gnutzmann, C., Königs, F. G. & Küster L.
                                                                                         (2011). Fremdsprachenunterricht und seine
                                                                                         Erforschung. Ein subjektiver Blick auf 40
                                                                                         Jahre Forschungsgeschichte und auf aktuelle
                                                                                         Forschungstendenzen in Deutschland.
                                                                                         Fremdsprachen Lehren und Lernen 40(1), 5-28.

                                                                                         Marsden, E., Mackey, A. & Plonsky, L. (2016).
                                                                                         The IRIS Repository: Advancing research
                                                                                         practice and methodology. In: A. Mackey & E.
                                                                                         Marsden (Hrsg.), Advancing methodology and
                                                                                         practice: The IRIS Repository of Instruments for
                                                                                         Research into Second Languages. New York:
                                                                                         Routledge, pp. 1-21.

                                                                                         Timm, J-P. & Vollmer, H. J. (1993).
                                                                                         Fremdsprachenforschung: Zur Konzeption
                                                                                         und Perspektive eines Wissenschaftsbereichs.
                                                                                         Zeitschrift für Fremdsprachenforschung 4(1),
                                                                                         1-47.

                                                                                                 3|2016 tema BABYLONIA | 41
LANGUAGE                                      KEYWORDS
                                                  Französisch, Englisch                         ›› Evaluation
                                                                                                ›› Sprachkompetenz
                                                  TARGET                                        ›› Obligatorische Schule
                                                  6. und 8. Klasse
                                                                                                ›› Zentralschweiz

                                                  EVALUATION DER FREMDSPRACHENKOMPETENZEN
Tema                                              DER ZENTRALSCHWEIZER SCHÜLER/INNEN DER
                                                  VOLKSSCHULE
                                                  Cet article rapporte les principaux résultats d’une évaluation représentative des
                                                  compétences en français des élèves de la Suisse centrale (6e et 8e classe). L’évalua-
                                                  tion montre que plus le nombre d’heures d’apprentissage du français est élevé,
                                                  meilleures sont les compétences générales dans cette langue. Il n’y a cependant

      Elisabeth Peyer &
                                                  qu’une minorité des élèves de 8e qui atteint le niveau requis dans l’ensemble des
                                                  compétences testées (compréhension écrite et orale, production écrite et orale). En

      Karolina Kofler
                                                  anglais, par contre, deux tiers des élèves de 8e atteignent le niveau requis pour les
                                                  compétences testées (compréhension et production écrite).

                                                  Kontext                                       Forschungsfragen und Methodik
                                                  Im Auftrag der Bildungsdirektoren-Kon-        Zur Überprüfung der Französischkom-
                                                  ferenz Zentralschweiz hat das Institut für    petenzen wurden am Ende der 6. und
                                                  Mehrsprachigkeit im Frühsommer 2015           am Ende der 8. Klasse die Fertigkeiten
                                                  eine Evaluation der Fremdsprachenkom-         Hörverstehen, Leseverstehen, Sprechen
                                                  petenzen in der Bildungsregion Zentral-       und Schreiben erhoben2. In der 8. Klasse
                                                  schweiz durchgeführt. Der Schwerpunkt         wurden zudem die Englischkompetenzen
   Elisabeth Peyer ist Projektleiterin            der Studie lag auf der Überprüfung der        der Schülerinnen und Schüler im Lese-
   und Karolina Kofler wissenschaftliche          Französischkompetenzen der Schüle-            verstehen und Schreiben getestet. Fol-
   Mitarbeiterin am Wissenschaftlichen            rinnen und Schüler. Französisch wird          gende Forschungsfragen wurden gestellt:
   Kompetenzzentrum für Mehrsprachigkeit          in der Zentralschweiz ab der 5. Klasse1        1. Bestehen Leistungsunterschiede im
   (KFM).                                         der Primarschule unterrichtet, mit Aus-        Leseverstehen, Hörverstehen, Sprechen
                                                  nahme des Kantons Uri, der mit dem             und Schreiben in Französisch abhängig
                                                  Französischunterricht erst auf der Se-         von unterschiedlichen Stundendotatio-
                                                  kundarstufe I, in der 7. Klasse, beginnt.      nen?
                                                  Die Stundendotation des Französischun-         2. Werden die Lehrplanziele (Grundan-
                                                  terrichts variiert zwischen den Kanto-         sprüche des Lehrplans für das Ende der
                                                  nen. So beträgt die Anzahl kumulierter         6. Klasse bzw. das Ende der 9. Klasse)
                                                  Jahreswochenlektionen (JWL) am Ende            für die vier Fertigkeiten in Französisch
                                                  der 6. Klasse in einigen Kantonen 4 JWL        erreicht?3
                                                  (LU, NW, SZ), in anderen hingegen 6 JWL        3. Bestehen in der 8. Klasse Leistungs­
                                                  (OW, ZG). Bis zum Ende der 8. Klasse           unterschiede zwischen Englisch und
   1 Alle Angaben entsprechen der alten Zäh-      werden insgesamt entweder 9 (UR), 10           Französisch in Bezug auf das Lesever-
     lung der Klassenstufen.                      (LU, NW), 12 (OW, SZ) oder 14 (ZG) JWL         stehen und das Schreiben?
                                                  Französisch erteilt. Englisch wird in der      4. Werden die Lehrplanziele in Englisch
   2 Da an Gymnasien der Zentralschweiz der       Zentralschweiz bereits ab der 3. Primar-       für das Leseverstehen und das Schrei-
     Französischunterricht eine andere Stunden-   klasse unterrichtet. Die Stundendotation       ben erreicht?
     dotation hat und mit anderen Materialien     für das Englische beträgt bis zur 8. Klasse
     gearbeitet wird, wurden in dieser Studie     in allen Zentralschweizer Kantonen 16         Für das Ende der 6. Klasse sind die Lehr-
     keine (zukünftigen) Gymnasiastinnen und      JWL, ausser in Schwyz, das 14 JWL Eng-        planziele im Fach Französisch für alle
     Gymnasiasten getestet.                       lisch erteilt.                                Fertigkeiten auf Niveau A1.2 festgesetzt.

 42 | BABYLONIA tema 3|2016
Für das Ende der obligatorischen Schul-       vergleichen wurde auch der Zusam-             erreichen wird. Dies, da selbst das un-
zeit liegen die Grundanforderungen ge-        menhang zwischen verschiedenen Kon-           terhalb der Grundanforderung liegende
mäss Lehrplan für Französisch und Eng-        trollvariablen und den Testergebnissen        Feinniveau (Niveau A2.1) im Sprechen
lisch für das Sprechen, Leseverstehen und     untersucht. Dabei zeigte sich sowohl im       und Hörverstehen erst von einer Min-
Hörverstehen auf Niveau A2.2 und für das      Französisch- als auch im Englischtest,        derheit der Lernenden erreicht wurde
Schreiben auf Niveau A2.1.                    dass Schülerinnen und Schüler aus ei-         (Sprechen: 13.6%; Hörverstehen: 35.7%).
Zur Überprüfung des Hörverstehens, Lese-      nem Elternhaus mit höherem sozioöko-          Aufgrund dieses Befunds sollte jedoch
verstehens und Schreibens wurden un-          nomischem Status bessere Leistungen           nicht die Schlussfolgerung gezogen wer-
veröffentlichte Lingualevel-Aufgaben ein-     erzielen. Lernende mit Französisch als        den, dass die Schülerinnen und Schüler
gesetzt4, zur Überprüfung des Sprechens       (einer) Muttersprache schneiden in allen      im Französischunterricht auf der Sekun-
computerbasierte kommunikative Sprech-        Französischtests deutlich besser ab; das      darstufe kaum etwas lernen würden.
tests entwickelt. Ferner wurden auch On-      Gleiche gilt für Lernende mit einer an-       Vergleicht man nämlich die Resultate
line-Befragungen der Schülerinnen und         deren romanischen Muttersprache. Kein         aus den 6. Klassen mit jenen aus den
Schüler sowie der Fremdsprachenlehrper-       signifikanter Zusammenhang zeigt sich         8. Klassen, so kann ein relativ grosser
sonen durchgeführt, um Aufschluss zu          hingegen zwischen den Testergebnis-           Kompetenzzuwachs in der Sekundarstu-
erhalten über Variablen wie die Motivation    sen und einem Migrationshintergrund           fe festgestellt werden, insbesondere im
der Lernenden und Lehrenden, ihre Selbst-     (ausser beim Schreiben in Englisch, wo        Hörverstehen und im Schreiben.
wirksamkeitserwartung und Merkmale            sich ein positiver Zusammenhang zeigt).       In den Englischtests in Leseverstehen
des Unterrichts. Insgesamt haben im Rah-      Knaben schneiden in beiden Sprachen           und Schreiben erreicht Ende der 8. Klas-
men dieser repräsentativen Studie 1455        jeweils deutlich schlechter ab als Mäd-       se jeweils eine Mehrheit von rund zwei
6.-Klässler/innen sowie 2110 8.-Klässler/     chen. Auffällig ist zudem, dass sich der      Dritteln der Lernenden die Lehrplanziele
innen die Tests in Hörverstehen, Lese-        Unterschied in der durchschnittlichen         (Forschungsfrage 4). Am Ende der 8. Klas-
verstehen und Schreiben in Französisch        Französischkompetenz zwischen Knaben          se bestehen also deutliche Unterschiede
gelöst, 1143 8.-Klässer/innen haben an        und Mädchen von der 6. bis zur 8. Klasse      zwischen den Sprachkompetenzen in
den Englisch-Tests teilgenommen. Für die      noch deutlich vergrössert.                    Französisch und Englisch (Forschungs-
Sprechtests in Französisch wurden jeweils     In Bezug auf die zweite Forschungsfrage       frage 3). Sucht man nach Erklärungen da-
6 zufällig ausgewählte Schülerinnen und       (Erreichung der Lehrplanziele in Franzö-      für, fällt insbesondere ins Auge, dass für
Schüler pro an der Studie teilnehmende        sisch) lässt sich feststellen, dass am Ende   das Französische durchschnittlich 40%
Klasse getestet (insgesamt 1490).             der 6. Klasse im Leseverstehen eine knap-     weniger Unterrichtszeit zur Verfügung
                                              pe Mehrheit der Lernenden (53.5%) das im      steht als für das Englische. Auch zeigte
Resultate                                     Lehrplan festgelegte Sprachniveau (A1.2)      sich in der Schülerinnen- und Schü-
Die Resultate der Französischtests der        erreicht. In allen anderen Fertigkeiten       ler-Befragung, dass diese für das Erler-
8.-Klässler/innen zeigen deutlich, dass       erreicht jeweils erst gut ein Drittel der     nen des Französischen deutlich weniger
mehr Französischunterricht auch zu bes-       Lernenden das Lehrplanziel. In der Regi-      motiviert sind als für das Erlernen des
seren Leistungen in Französisch führt         on mit 6 JWL erreicht auch im Sprechen        Englischen.
(Forschungsfrage 1). So erbringen Ler-        eine Mehrheit der Lernenden (55.6%) das
nende mit hoher Stundenzahl in Franzö-        im Lehrplan vorgesehene Niveau.
sisch (14 JWL) signifikant bessere Leis-      Am Ende der 8. Klasse erreicht jeweils        3 Die BKZ hat sich für die Überprüfung der
tungen im Hörverstehen, Schreiben und         erst eine Minderheit in den Französisch-        Sprachkompetenzen am Ende der 8. Klasse
Sprechen als jene mit 12 JWL und jene         tests die Lehrplanziele für das Ende der        entschieden, da die Schülerinnen und Schü-
mit 10 JWL. Im Vergleich zu den sprach-       obligatorischen Schulzeit. Während im           ler in vielen Zentralschweizer Kantonen in
lichen Leistungen der Gruppe mit 9 JWL        Leseverstehen und Schreiben rund ein            der 9. Klasse Französisch abwählen können
(und dem Beginn des Französischunter-         Drittel das vorgesehene Niveau oder mehr        und dann deshalb kein aussagekräftiger
richts in der 7. Klasse) ist die Gruppe mit   erreicht, gelingt dies im Hörverstehen          Vergleich der unterschiedlichen Stun-
14 JWL in allen Fertigkeiten signifikant      und Sprechen lediglich einer kleinen            dendotations-Modelle mehr möglich ist.
besser. Die Gruppe mit 12 JWL ist wie-        Minderheit. Bei der Interpretation der          Somit erfolgte auch die Überprüfung der
derum in den produktiven Fertigkeiten         Resultate der 8. Klasse sollte jedoch be-       Erreichung der Lehrplanziele am Ende der 8.
Sprechen und Schreiben besser als jene        achtet werden, dass Gymnasiastinnen             Klasse, obwohl diese gemäss Lehrplan erst
mit 10 JWL und darüber hinaus auch im         und Gymnasiasten, die rund 20% des              Ende der 9. Klasse erreicht werden müssen.
Lesen besser als jene mit 9 JWL. Auch die     Schülerjahrgangs ausmachen, in dieser
Gruppe mit 10 JWL ist in zwei Fertigkei-      Studie nicht getestet wurden. Ebenfalls       4 www.lingualevel.ch
ten (Hörverstehen, Leseverstehen) besser      ist in Betracht zu ziehen, dass die Schü-
als jene mit 9 JWL. Insgesamt zeigt sich      lerinnen und Schüler die Lehrplanziele
also deutlich: je mehr Französischunter-      erst ein Jahr nach der Testdurchführung         Links
richt, desto besser die Leistung.             erreichen sollten. Dennoch lassen die           Schlussbericht zu den Sprachkompetenztests:
Dieser Zusammenhang zeigt sich in abge-       Testergebnisse der 8.-Klässler/innen            URL: http://doc.rero.ch/record/259287/
schwächter Form auch auf der Primarstu-       erwarten, dass auch am Ende der ob-             Bericht zu den Befragungen der Schüler/innen:
fe, wo die Schülerinnen und Schüler mit       ligatorischen Schulzeit eine Mehrheit           URL: http://doc.rero.ch/record/259289/
6 JWL im Sprechtest signifikant besser        der untersuchten Schülerpopulation die          Bericht zu den Befragungen der Lehrpersonen:
waren als jene mit 4 JWL.                     Lehrplanziele für Französisch zumindest         URL: http://doc.rero.ch/record/259288/
Nebst den oben dargestellten Gruppen-         in den mündlichen Fertigkeiten nicht

                                                                                                    3|2016 tema BABYLONIA | 43
LANGUAGE                                     KEYWORDS
                                                 Englisch als Fremdsprache                    ›› Schreiben
                                                                                              ›› Rechtschreibung
                                                 TARGET
                                                 Primarstufe

                                                 (RECHT)SCHREIBEN IM ENGLISCHUNTERRICHT
Tema                                             AN DER PRIMARSCHULE
                                                 The article describes the research project “Writing in English Classrooms at Primary
                                                 School” (Schreiben im Englischunterricht an der Primarschule), which is being carried
                                                 out by the Chair for Learning and Teaching of English at the Institute for Primary
                                                 Education PH FHNW and funded by the Department of Education, Culture and Sports

       Ursula Bader &
                                                 of the Canton of Aargau. It presents preliminary results with regards to young learn-
                                                 ers’ spelling skills in the Canton of Aargau and England, the significance of writing

       Steffi Vogt
                                                 and spelling in early foreign language classrooms, as well as principles of teaching
                                                 writing at primary school level.

                    Prof. Ursula Bader, M.Ed.    Der Erfolg in der Fremdsprache wird lei-    verliert, sondern angemessen unterstützt.
                    ELT, ist Leiterin der Pro-   der zu oft lediglich daran gemessen, wie    Das Forschungsdesign umfasst zwei Pha-
                    fessur Englischdidaktik      ‚gut‘ bzw. orthographisch korrekt Lernen-   sen. Im ersten Teil wurden im Rahmen ei-
                    und ihre Disziplinen         de schreiben können. Dies spiegelt sich     ner standardisierten Erhebung Schreibpro-
                    am Institut Primarstu-       auch in der momentanen politischen Dis-     ben von Lernenden im Alter von 8 bis 12
                    fe der PH FHNW und           kussion um die Wirksamkeit des Engli-       im Kanton Aargau (n=206) und in England
                    Projektverantwortliche       schunterrichts an der Primarschule wider.   (n=235) sowie Kontextdaten anhand von
   des Forschungsprojekts „Schreiben im          Das Wort ‚Fehler‘ ist in aller Munde. Was   Lehrpersonenfragebögen und -interviews
   Englischunterricht an der Primarschule“.      Schülerinnen und Schüler im Bereich         (n=18) erhoben, um den gegenwärtigen
                    Steffi Vogt ist wissen-      Rechtschreibung bereits können, welche      Schreibunterricht, den Stellenwert von
                    schaftliche Mitarbei-        Schreibvarianten besonders häufig vor-      Schreiben, Schrift und Rechtschreibung
                    terin der Professur          kommen, ob einige möglicherweise ‚nor-      sowie die Rechtschreibfertigkeiten der
                    Englischdidaktik und         mal‘ sind oder wie Schreibkompetenz im      Lernenden zu beschreiben. Forschungsteil
                    ihre Disziplinen am          Englischunterricht der Primarschule ent-    zwei widmet sich der Entwicklung und
                    Institut Primarstufe der     wickelt wird, rückt in den Hintergrund.     Erprobung altersgemässer Möglichkeiten
   PH FHNH und Doktorandin der Leuphana          Schreibkompetenz umfasst linguistische,     der (Recht)Schreibförderung an der Pri-
   Universität Lüneburg.                         pragmatische und soziolinguistische         marschule. Lehrpersonen und ihre Exper-
                                                 Komponenten. Rechtschreibung ist ein        tise im Forschungsfeld spielen in diesem
                                                 Teilbereich der Schreibkompetenz und        Prozess eine zentrale Rolle. Aufbauend
                                                 dient - genauso wie Wortschatz oder         auf den Erkenntnissen des ersten For-
                                                 Schreibstrategien - als Ressource für das   schungsteils entwickelten sie gemeinsam
                                                 kommunikative Schreiben. Im Bewusst-        mit dem Forschungsteam jahrgangsspe-
                                                 sein der Priorität einer kommunikativen     zifische Aufgaben und Übungen und er-
                                                 Schreibdidaktik wird im Rahmen des          probten diese im eigenen Unterricht. Die
                                                 Forschungsprojekts „Schreiben im Eng-       entwickelten Massnahmen werden derzeit
                                                 lischunterricht an der Primarschule“        mit Hilfe standardisierter Lehrpersonen-
                                                 (2015-2017) der Teilbereich Orthographie    und Lernendeninterviews evaluiert.
                                                 aus linguistischer und unterrichtsprak-     Die inhaltsanalytische Auswertung der
                                                 tischer Perspektive beforscht. Ziel der     Lehrpersonenfragebögen und -interviews
                                                 Studie ist die Entwicklung einer altersa-   des ersten Forschungsteils verdeutlicht:
                                                 däquaten (Recht)Schreibdidaktik für die     Schrift und Schreiben werden regelmässig
                                                 Primarschule, welche das grosse Ganze       im Englischunterricht in der Primarschule
                                                 – die Entwicklung der kommunikativen        im Kanton Aargau eingesetzt. Von Beginn
                                                 Schreibkompetenz – nicht aus den Augen      an schreiben Lernende erste eigene Texte,

 44 | BABYLONIA tema 3|2016
bei denen die Kommunikation von Inhalten im Vordergrund steht. Die Berücksichtigung
des Teilbereichs Orthographie steigt sukzessiv im Verlauf der Primarschulzeit an. Spä-
testens in Klasse 6 werden gezielt Übungen zur Rechtschreibförderung durchgeführt1. 1 Nach herkömmlicher Zählung.
Mittels qualitativer Inhaltsanalyse der Lehrpersoneninterviews konnten neun Formen
der (Recht)Schreibförderung ermittelt werden (Abb. 1). Die Formate werden in un-
terschiedlichem Ausmass in den Unterricht der einzelnen Jahrgangsstufen integriert.
Während der Fokus der (Recht)Schreibförderung in den Klassen 3 und 4 auf der Sicht-
barmachung des Schriftbildes im Klassen-
zimmer, der regelmässigen Verwendung
                                                 Abbildung 1: Formate der (Recht)Schreibförderung im Englischunterricht an der Primarstufe
sowie dem Üben und Automatisieren des
Schriftbildes liegt, werden nach Aussage        1. Sichtbarmachen des Schriftbildes im Klassenzimmer (z.B. Beschriftung von Gegenständen,
der Lehrpersonen in den Klassenstufen 5         Ausstellung von Schreibprodukten)
und 6 vermehrt kognitiv anspruchsvollere        2. Einbettung des Schriftbildes in den Unterricht (z.B. Liedtexte, Lehrmittel, Übungen und Aufgaben,
Formen wie z.B. Language Awareness Übun-        Wandtafel, Picture Dictionary)
gen oder das Reflektieren und Anwenden          3. Schreiben durch Lesen (z.B. Easy Reader, Aufgabenstellungen erlesen)
von Lern-, Arbeits- und Schreibstrategien       4. Lernwörter (Einheits- und individueller Wortschatz)
in der Unterrichtsgestaltung berücksich-        5. Schreibanlässe (z.B. Bildbeschriftung, Postkarten, Geschichten)
tigt.                                           6. Üben und Automatisieren des Schriftbildes (z.B. intelligent copying, Kreuzworträtsel)
Mittels standardisierter jahrgangsspezifi-      7. Language Awareness Übungen (z.B. Vergleich Aussprache und Schreibweise, silent letters,
scher Schreibtests wurden Rechtschreib-         Parallelwörter)
fertigkeiten von Aargauer Lernenden der         8. Strategien bewusstmachen, anwenden und einfordern (z.B. Wörterbucharbeit, Eselsbrücken,
Klassenstufen 3 bis 6 erhoben und mit           bewusstes Abschreiben, Textüberarbeitung)
jenen englischer Kinder verglichen. Die         9. Sight-word-recognition
Schreibtests umfassten sowohl hochfre-
quente Wörter (z.B. the, and, I) als auch
jahrgangsspezifischen Wortschatz des             Tabelle 1: Anteil korrekter Orthographie in Klasse 3
Aargauer Lehrmittels (z.B. Tiere, Far-
ben). Erste Ergebnisse zeigen, dass die          Buchstaben pro Wort           Anteil korrekter Orthographie in Klasse 3
Mehrheit der Aargauer Kinder bereits in                                        Wortebene                             Satzebene
Klasse 3 die in den Curricula geforder-
ten Schreibkompetenzen (A1) im Bereich           1–3                           84.1% (CH)        100% (GB)           66.4% (CH)       99.4%(GB)
Rechtschreibung weit übersteigen. 84.1%          4–5                           61.1% (CH)        90.7% (GB)          43.3% (CH)       82.9%(GB)
der Aargauer Drittklässler schreiben kurze
                                                 >5                            57% (CH)          72.4%(GB)           16.7% (CH)       55%(GB)
Wörter (1-3 Buchstaben) im Wortdiktat
ohne Hilfestellung fehlerfrei. Je länger ein
Wort, desto fehleranfälliger ist es. Die Verschriftlichung auf Satzebene ist insgesamt in
beiden Gruppen fehleranfälliger (Tab. 1).
Einige Wörter und Phoneme sind bei englischen und Aargauer Kindern ähnlich fehler-
anfällig; zum Teil machen beide Gruppen gleiche Fehler: 25.6% der Schweizer und 15.2%
der englischen Kinder verschriftlichen das Phonem /ai/ (write) mit „i“ (=(w)rit). Häufige
Fehlerursachen sind das Verschriftlichen nach deutscher Phonem-Graphem-Korrespon-
denz (z.B. reid), die Mischung von deutscher und englischer Schreibweise (z.B. reite), das
Weglassen von Buchstaben oder die Notation von Homophonen (z.B. right). In Klasse
3 nutzten durchschnittlich 39.5% der Aargauer die Graphemkonstruktion ei um das
Phonem /ai/ zu verschriftlichen, in Klasse 6 hingegen nur noch 9.8%. Möglicherweise
relativieren sich mit zunehmendem kognitivem Alter der Lernenden bestimmte Pro-
blemfelder. Ob anhand dessen von einer Rechtschreibprogression auch ohne explizite
Rechtschreibförderung ausgegangen werden kann, soll eine weitere Testung der gleichen
Lernenden im Sommer 2016 prüfen.

Bisherige Bilanz des Forschungsprojektes
Die Mehrheit der Aargauer übertrifft bereits nach einem Lernjahr die curricular gefor-
derten Kompetenzen, macht dabei aber noch Fehler. Der stetige Einbezug von Schrift,
Schreiben und Lesen sowie die explizite Entwicklung von Schreibstrategien – hierzu
gehört insbesondere das korrekte Abschreiben – gehören zu den wesentlichen Bestand-
teilen der (Recht)Schreibförderung im Englischunterricht an der Primarschule. Um ein
nachhaltiges Bewusstsein für Rechtschreibphänomene zu schaffen, sind wiederkehrende
Language Awareness Übungen, die einem konstruktivistischen Ansatz folgen, unerlässlich.
Grenzen der Rechtschreibförderung zeigen sich in der expliziten – wenn auch spie-
lerischen – Thematisierung von Orthographieregeln: „Wenn die Kinder kognitiv noch
nicht bereit sind, bringt auch alles Spielerische nichts.“ – so eine Englischlehrperson.

                                                                                                              3|2016 tema BABYLONIA | 45
LANGUAGE                                       KEYWORDS
                                                 Englisch L2                                    ›› Schreiben
                                                                                                ›› Englisch
                                                 TARGET                                         ›› Essays
                                                 Sekundarstufe II (Maturanden, 11. Schuljahr)   ›› Kompetenzmessung
                                                                                                ›› Gymnasium

                                                 MEASURING ENGLISH WRITING
Tema                                             AT SECONDARY LEVEL (MEWS)
                                                 EINE BINATIONALE STUDIE
                                                 English essay writing is a key competence in a modern world where English is the
                                                 lingua franca of science, business and higher education. MEWS is the first large-scale
                                                 study of English essay writing in Germany or Switzerland at upper secondary level
                                                 (11th grade) and has three research questions: (1) How proficient are learners in es-
                                                 say writing in English two years before their baccalaureate? (2) What is the effect of
                                                 individual factors (e.g. motivation, intelligence), family background and extracurric-
                                                 ular activities on English essay writing competences? (3) What is the effect of school
                                                 and classroom factors (e.g. classroom instruction, school types, ‘baccalaureate rate’)
                                                 on English essay writing competences?
                                                 Learners’ ability to write English essays will be measured in Switzerland (N = 1500)
                                                 and Germany (N = 1500) at two time points, gathering a total of four responses from
                                                 each learner (12.000 essays in total). To score the student essays both reliably and

      Stefan D. Keller
                                                 objectively, both human ratings and computer ratings (“automated essay evalua-
                                                 tion”) are employed.

                      Stefan D. Keller leitet    Übersicht
                      die Professur Englische    MEWS ist ein internationales empirisches       Schülerinnen und Schüler getestet. Alle
                      Didaktik und ihre Diszi-   Forschungsprojekt zum Schreiben in der         schreiben pro Messzeitpunkt zwei Texte,
                      plinen an der Pädago-      Fremdsprache Englisch am Gymnasium             so dass ein Korpus von 12’000 Texten ent-
                      gischen Hochschule         (im 11. Schuljahr). Es wird gemeinsam von      steht (t1: September 2016; t2: Juni 2017).
                      FHNW und ist Mitglied      der Pädagogischen Hochschule FHNW in           Gleichzeitig werden Hintergrundvariablen
   des Instituts für Bildungswissenschaften      Basel (Prof. S. Keller) und dem Leibniz-In-    detailliert erfasst (Intelligenz, Lernmotiva-
   der Universität Basel. In seiner Forschung    stitut für die Pädagogik der Naturwissen-      tion, sozialer Hintergrund usw.). Die Er-
   beschäftigt er sich mit der Konzeptu-         schaften und Mathematik in Kiel (Prof. O.      hebung erfolgt elektronisch auf Laptops.
   alisierung, Förderung und Messung             Köller) durchgeführt. Das Projekt hat drei     Die Daten werden mehrebenenanalytisch
   komplexer argumentativer Schreibkom-          primäre Forschungsfragen:                      ausgewertet. Zur Beurteilung der Essays
   petenzen in Englisch auf der Oberstufe.         1. Über welche Kompetenzen beim ar-          werden sowohl linguistische Analysen
                                                   gumentativen und sachlichen Schreiben        angestellt (human ratings) als auch ein
                                                   verfügen die Schülerinnen und Schüler        spezialisiertes Computerprogramm einge-
                                                   ein Jahr vor der Matura?                     setzt, welches sprachlich-formale Aspekte
                                                   2. Welche Rolle spielen bei der Kompe-       der Essays automatisiert beurteilen kann.
                                                   tenzentwicklung individuelle Faktoren        MEWS wird vom Schweizerischen Nati-
                                                   (z.B. Motivation, Intelligenz), sozialer     onalfonds (SNF) und von der Deutschen
                                                   Hintergrund und ausserschulischer Ge-        Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert
                                                   brauch der Fremdsprache Englisch?            und hat eine Laufzeit von drei Jahren. Da-
                                                   3. Welche Rolle spielen bei der Kompe-       bei entstehen in Basel und Kiel insgesamt
                                                   tenzentwicklung schul- und unterrichts-      vier Doktorarbeiten. Die Datenerhebung
                                                   spezifische Faktoren (Gestaltung des Eng-    und -auswertung in der Schweiz erfolgt
                                                   lischunterrichts, Maturitätsquote)?          zusätzlich in Zusammenarbeit mit dem
                                                 In Deutschland und der Schweiz werden          Institut für Bildungsevaluation in Zürich
                                                 zu zwei Erhebungszeitpunkten je ca. 1500       (Prof. U. Moser).

 46 | BABYLONIA tema 3|2016
Hintergrund                                   zum einen durch menschliche Rater und            MEWS will dazu beitragen,
Englisch ist die lingua franca von Bildung    speziell entwickelte Beurteilungsraster.
und Wissenschaft und auch für die mo-         Diese erfassen Dimensionen wie Organisa-                ein differenziertes
derne Kommunikation und Geschäftswelt         tion, Kohärenz, lexikalische Komplexität,
unverzichtbar geworden. Besonders zent-       Idiomatik, generische Angemessenheit,           Verständnis von englischen
ral ist dabei das argumentative Schreiben,    syntaktische Korrektheit der Texte. Zu-
also die Fähigkeit, Texte bezüglich einer     sätzlich wird als methodische Innovation             Schreibfähigkeiten zu
bestimmten Mitteilungsabsicht zu struk-       eine Software zur automatischen Essaye-
turieren und gemäss den zielsprachlichen      valuation („e-rater®“) eingesetzt, welche          generieren, sowohl was
Konventionen effektiv und adressatenori-      vom „Educational Testing Service (ETS) in
entiert zu gestalten. Gleichzeitig ist auch   Princeton (USA) entwickelt wurde und in             ihre Messung als auch
das sachliche Schreiben wichtiger gewor-      ähnlicher Form auch bei der Evaluation
den, etwa das Zusammenfassen komple-          von Schreibaufgaben im TOEFL-Test ein-           was ihre Entwicklung bzw.
xer Sachverhalte, z.B. von Vorlesungen        gesetzt wird (Klobucar et al. 2012). e-rater
in einem englischsprachigen Studium.          kann basale Aspekte von fremdsprachiger                 Förderung betrifft.
Allerdings gibt es für die Schweiz oder       Schreibkompetenz automatisiert erfassen,
Deutschland bisher noch keine empiri-         besonders auf der Ebene von Syntax, Lexis
schen Studien dazu, wie gut Jugendliche       und Wortmechanik. Dadurch sollen einer-
in der oberen Sekundarstufe solche Fä-        seits die Erfassung einer grossen Stich-
higkeiten beherrschen oder von welchen        probe ermöglicht, andererseits Probleme
Hintergrundfaktoren deren Erwerb beein-       menschlicher Textbeurteilungen (hohe            schunterrichts fremdsprachliche Schreib-
flusst wird.                                  Kosten, mangelnde Beurteilungskon-              fähigkeiten positiv beeinflussen, oder wo
Daten aus einer bestehenden Studie von        sistenz über die Zeit, Müdigkeits- oder         Defizite bestehen. Für die Bildungssteue-
Keller (2013) zeigen, dass Lernende auf der   Reihenfolgeeffekte) abgemindert werden.         rung entsteht zudem ein differenzierteres
gymnasialen Oberstufe das sachliche und       Durch den Einsatz von e-rater kann die          Bild der Leistungsfähigkeit junger Men-
argumentative Schreiben erlernen können,      Anzahl der in der Studie analysierten           schen in verschiedenen Schultypen (allge-
wenn sie dazu geeignete Unterstützung         Texte erhöht und gleichzeitig die Objek-        meines Gymnasium, berufliches Gymna-
und Input erfahren. Besonders zentral sind    tivität der Beurteilung gesteigert werden.      sium usw.) und Bildungssystemen (hohe
dabei die aktive Auseinandersetzung mit       Inhaltliche Aspekte der Texte nicht erfasst     vs. tiefe Maturitätsquote). Schliesslich
den relevanten Genres und Texttypen, der      und werden schwerpunktmässig von den            entsteht auch ein genaueres Bild sozialer
Aufbau eines angemessenen Wortschatzes        menschlichen Ratern im Projekt beurteilt.       Einflussfaktoren auf die schulischen Leis-
(Idiomatik, Mittel zur Textstrukturierung                                                     tungen, wobei insbesondere der – heutzu-
usw.), lernförderliche Rückmeldungen im       Bedeutung                                       tage omnipräsente – Gebrauch des Engli-
Schreibprozess (Feedback der Lehrperson       MEWS will dazu beitragen, ein diffe-            schen ausserhalb des Klassenzimmers in
und von Peers) sowie die Vermittlung und      renziertes Verständnis von englischen           den Fokus genommen wird. Durch den
Anwendung von Schreibstrategien (z.B.         Schreibfähigkeiten zu generieren, sowohl        Einsatz der „automated essay evaluation“
draft-revise-publish). MEWS untersucht        was ihre Messung als auch was ihre Ent-         (e-rater) werden zusätzlich neue Messmo-
nun in einem Large-Scale-Design, in wel-      wicklung bzw. Förderung betrifft. Die Re-       delle zur objektiven, reliablen Beurteilung
chem Umfang der schulische Unterricht         sultate sind relevant für die Lehrerbildung,    komplexer Schreibkompetenzen auf der
diese Anforderungen zu erfüllen vermag        da erfasst wird, welche Aspekte des Engli-      Oberstufe in Englisch entwickelt.
und welche Kompetenzen die Schülerin-
nen und Schüler dabei erwerben.
                                                Am Projekt beteiligte Personen und
Messmodell und Messmethoden                     Institutionen                                 Bibliographie
Zur Erforschung der oben genannten            ››Prof. Dr. Stefan D. Keller, Pädagogische
Forschungsfragen wird ein Messmodell            Hochschule FHNW                               Keller, S. (2013). Integrative Schreibdidaktik
eingesetzt, bei dem Daten aus drei Ana-       ››Prof. Dr. Olaf Köller, Leibniz-Institut für   Englisch für die Sekundarstufe. Theorie,
lyseebenen zu einander in Verbindung            die Pädagogik der Naturwissenschaften         Prozessgestaltung, Empirie. Giessener Beiträge
gesetzt werden: Die Ebene des Bildungs-         und Mathematik, Kiel (D)                      zur Fremdsprachendidaktik. Tübingen: Narr
systems (z.B. Maturitätsquote), die Ebene     ››Prof. Dr. Urs Moser, Institut für Bil-        Francke Attempto Verlag GmbH.
des Unterrichts (z.B. Qualität des Engli-       dungsevaluation, Universität Zürich
schunterrichts) sowie die Ebene des In-       ››Educational Testing Service (ETS),            Klobucar, A., Deane, P., Elliot, N., Ramineni,
dividuums (z.B. englische Schreib-, Lese-       Princeton, USA                                C., Deess, P., & Rudniy, A. (2012). Automated
und Hörfähigkeiten; Intelligenz; sozialer                                                     essay scoring and the search for valid writing
Hintergrund, etc). Zentrale abhängige Va-       Weitere Informationen:                        assessment. In: A. Bazerman et al. (Ed.),
riabel ist dabei die Schreibfähigkeit der       www.fhnw.ch/ph/mews                           International Advances in Writing Research:
Lernenden am Anfang und am Ende des 11.         E-Mail: mews.ph@fhnw.ch                       Cultures, Places, Measures. Fort Collins,
Schuljahrs. Die Analyse der Texte erfolgt                                                     Colorado: The WAC Clearinghouse, pp. 103-119.

                                                                                                      3|2016 tema BABYLONIA | 47
LANGUAGE                                        KEYWORDS
                                                DaF/ DaZ                                        ›› Compétence textuelle
                                                                                                ›› Langue étrangère
                                                TARGET                                          ›› Genre textuel
                                                Primarstufe
                                                                                                ›› Moyens d’enseignement

                                                TRAVAIL TEXTUEL ET COMPÉTENCE TEXTUELLE
Tema                                            DANS L’ENSEIGNEMENT D’UNE L2 À DE JEUNES
                                                APPRENANT-E-S

                                                In this project I focus on the way texts are used in teaching German as a Foreign
                                                Language at primary school level. I analyse the genres present in the regional cur-
                                                riculum (the Plan d’études Romand) and in two of the textbooks in use. Interviews
                                                with teachers in a primary school in the canton of Vaud in Western Switzerland and
                                                observation of classroom practice show that authentic texts undergo a significant
                                                transformation in the context of language teaching with far-reaching implications.
                                                Authentic, “real life” texts (and genres) take on the characteristics of material for
                                                teaching and learning. Teachers need specific competences in order to provide
                                                learning opportunities based on the use of texts and learners need to develop spe-
                                                cific literacies in order to take advantage of these opportunities.

      Ingo Thonhauser
                                                Problématique                                    2. Quelles sont les conceptions des en-
                                                Dans le contexte actuel d’un développe-          seignant-e-s concernant l’utilisation
                     Ingo Thonhauser ist        ment important de la recherche empi-             de la langue écrite afin de développer
                     Inhaber der Professur      rique sur le rôle de l’écrit et de la com-       la compétence de communication en
                     für Didaktik Deutsch als   pétence textuelle en allemand langue se-         allemand?
                     Fremdsprache an der        conde/de scolarisation, nous constatons
                     Haute école péda-          un manque de recherche empirique dans           Démarche
                     gogique du canton Vaud     ce domaine en allemand langue étrangère,        Dans un premier temps, j’ai analysé les
                     (HEP) in Lausanne.         notamment dans le contexte de l’ensei-          moyens d’enseignement et les éléments
   Er ist auch Mitglied der Redaktion von       gnement au primaire.                            du plan d’études romand (PER) en lien
   Babylonia.                                   Dans le cadre du projet en question, je         avec le travail textuel en allemand. La
                                                me suis intéressé à une description de          deuxième étape consistait en une série
                                                la compétence textuelle et du travail textuel   d’entretiens avec un groupe de trois en-
                                                («Textarbeit») dans le contexte de l’en-        seignant-e-s et de l’observation de l’en-
                                                seignement de l’allemand langue étran-          seignement par la suite. J’ai analysé les
                                                gère à l’école primaire dans le but d’une       données dans le cadre d’une démarche
                                                meilleure compréhension de la pratique          qualitative basée sur la Grounded Theory
                                                des enseignant-e-s et de l’élaboration          afin d’identifier les concepts des ensei-
                                                de nouvelles perspectives pour une di-          gnant-e-s et des composantes de leur
                                                dactique du travail textuel en classe de        compétence didactique dans la mise en
                                                langues.                                        œuvre du travail textuel.

                                                Questions de recherche                          Résultats principaux
                                                 1. Quelles sont les caractéristiques du        Les analyses montrent que le travail
                                                 travail textuel comme «pratique située»        textuel en classe transforme les genres
                                                 dans l’enseignement de l’allemand L2 à         textuels en genres scolarisés, une transfor-
                                                 des jeunes apprenant-e-s?                      mation liée à leur statut comme double

 48 | BABYLONIA tema 3|2016
En termes de compétence
                                                                                                   didactique des enseignant-
objet d’enseignement et d’apprentissage:
                                                                                                        e-s, il s’agit de savoir
d’un côté, les élèves travaillent avec
ces textes qui représentent des genres
                                                    en place des dispositifs de travail textuel
                                                    qui permettent aux apprenant-e-s de tirer
                                                                                                          mettre en place des
textuels avec un objectif communica-
tif (p.ex. la compréhension du texte) et
                                                    profit des occasions d’apprentissage of-
                                                    fertes par ce travail. C’est à eux de conce-
                                                                                                         dispositifs de travail
ils sont, par conséquent, impliqués dans
une activité proche de la «vie réelle».
                                                    voir des séquences qui permettent aux
                                                    élèves de saisir le sens des activités en
                                                                                                       textuel qui permettent
Cependant, dans le contexte scolaire, ce
travail textuel a un deuxième objectif, no-
                                                    lien avec les textes authentiques, de leur
                                                    transformation et des tâches liées à cette
                                                                                                         aux apprenant-e-s de
tamment de développer et de démontrer
les compétences de communication des
                                                    transformation dans le but de développer
                                                    une compétence de communication. S’in-
                                                                                                    tirer profit des occasions
élèves en langue de scolarisation (le fran-
çais) et en langue étrangère (l’allemand).
                                                    téresser à cet élément de la compétence
                                                    didactique des enseignant-e-s serait une
                                                                                                     d’apprentissage offertes
En termes de compétence didactique des
enseignant-e-s, il s’agit de savoir mettre
                                                    voie de recherches qui semble particuliè-
                                                    rement prometteuse.
                                                                                                                 par ce travail.

Publications

Thonhauser, I. (à paraître). Le «travail textuel» (Textarbeit) dans l’enseignement de l’allemand
langue étrangère à l’école primaire. Les cahiers de l’ACEDLE.

Thonhauser, I. & Hufeisen, B. (à paraître). Authentische, didaktisierte und didaktische Texte –
Überlegungen zur Textarbeit aus drei verschiedenen Perspektiven. In: R. Freudenberg-Findeisen
(éd.) (2016): Auf dem Weg zu einer Textsortendidaktik. Linguistische Analysen und text(sorten)
didaktische Bausteine nicht nur für den fremdsprachlichen Deutschunterricht. Wiesbaden:
Gesellschaft für deutsche Sprache.

Conférences

«Textarbeit im Deutschunterricht. Zu einigen Aspekten des Lehr- und Lerngegenstands
Deutsch». Université de Genève, Département d’allemand, 24 mars 2015.

«Travail textuel» (Textarbeit) et «compétence textuelle» (Textkompetenz / Literalität) dans
l’enseignement de l’allemand langue étrangère à l’école primaire». Treizième rencontres
internationales du réseau de Recherche en Éducation et Formation (REF 2013), Université de
Genève, 9-11 septembre 2013.

«Textarbeit, Textkompetenz und die Fremdsprache Deutsch in Westschweizer Primarschulen».
Colloque «Schreiben und Literalität», Karl-Franzens Universität Graz, Autriche, 7 juin 2013.

                                                                                                        3|2016 tema BABYLONIA | 49
LANGUAGE                                     KEYWORDS
                                             Deutsch als Zweitsprache (DaZ)               ›› Unterrichtsmethoden
                                                                                          ›› DaZ-Unterricht für Erwachsene
                                             TARGET                                       ›› Chunks
                                             DaZ-Unterrichtende im Migrationsbereich
                                                                                          ›› Flüssigkeit
                                                                                          ›› Korrektheit

                                             KEIN GRAMMATIKUNTERRICHT IN
Tema                                         NIEDERSCHWELLIGEN DaZ-KURSEN: GEHT DAS?
                                             ERGEBNISSE EINER INTERVENTIONSSTUDIE IN INTENSIVKURSEN
                                             FÜR ERWACHSENE DaZ-ANFÄNGER/INNEN

                                             A quasi-experimental study involving over 150 adult migrants in 12 beginner’s
                                             German courses explored the consequences of a chunk-based and fluency-oriented
                                             teaching approach involving no explicit grammar teaching. The findings suggest
                                             that, overall, such an approach can be successfully implemented, especially with

      Peter Lenz &
                                             learners without much previous schooling. An interesting pattern emerges from the
                                             language test results (pre- and post-tests): more fluency and less accuracy gains

      Malgorzata Barras
                                             for the experimental classes in oral language use; no differences on the written test
                                             sections.

                  Peter Lenz ist Projekt-    Erwachsene Migrantinnen und Migran-         angepassten oder empfohlenen Materia-
                  leiter und Malgorzata      ten, die in Sprachkursen eine Schwei-       lien Deutsch lernten. In der Interventi-
                  Barras wissenschaftli-     zer Landessprache erlernen, haben zum       onsgruppe lag der Fokus auf der Arbeit
                  che Mitarbeiterin am       Teil sehr wenig Schulerfahrung (Lenz et     mit Chunks und regelmässigem Flüs-
                  Wissenschaftlichen         al., 2009). Es gibt jedoch bisher wenig     sigkeitstraining, während auf explizite
                  Kompetenzzentrum           empirisch untermauertes Wissen darü-        Grammatikdarstellung und -erklärung
                  für Mehrsprachigkeit       ber, wie der Sprachunterricht für dieses    verzichtet wurde. Die Kontrollklassen
                  (Universität Freiburg      Zielpublikum optimal zu gestalten wäre.     arbeiteten mit den regulären Lehrwer-
                  und PH Freiburg/           Das Ziel der vorliegenden Studie bestand    ken1 und gemäss den Anweisungen im
                  Schweiz). Sie forschen     darin, einige möglicherweise Erfolg ver-    Lehrerhandbuch. Systematische Gram-
                  u.a. zu den Themen         sprechende didaktische Elemente, wie        matikarbeit und Wortschatzlernen aus-
                  kompetenzorientierte       z.B. Arbeit mit Chunks (vgl. den „Lexi-     gehend von Listen waren integrative
                  Beurteilung, computer-     kalischen Ansatz“ – z. B. Lewis, 1993)      Bestandteile dieses Ansatzes. Bei einem
                  basiertes Testen, fremd-   und Flüssigkeitstraining (z.B. Nation &     Eingangs- und einem Abschlusstest wur-
                  und zweitsprachliche       Meara, 2002) in ein Kurskonzept für diese   den verschiedene schriftliche und münd-
   Kompetenzprofile, Zweitsprachenerwerb     Zielgruppe zu integrieren. Dieses Kurs­     liche Sprachkompetenzen der Kursteil-
   bei Erwachsenen.                          konzept sollte in der Praxis mit einem      nehmenden erhoben. Es wurden ebenfalls
                                             gängigen Kurskonzept verglichen werden,     Leitfadeninterviews mit Kursleitenden
                                             um ggf. empirisch fundierte Empfehlun-      durchgeführt, in welchen diese u.a. die
                                             gen für den Unterricht mit dieser Ziel-     Eignung der Unterrichtskonzepte für die
                                             gruppe formulieren zu können.               Zielgruppe einschätzten.
                                             An der Studie nahmen erwachsene             Aus den Interviews geht hervor, dass
                                             Migrantinnen und Migranten aus zwölf        nach beiden Konzepten insgesamt gut
                                             DaZ-Anfängerklassen (sechs Interven-        unterrichtet werden konnte. Einige Kurs­
                                             tions- und sechs Kontrollklassen) teil,     teilnehmende der Interventionsklassen,
                                             die während 10-14 Wochen gemäss un-         v.a. solche mit Erfahrung im schulischen
                                             seren Richtlinien und mit den von uns       Fremdsprachenlernen, vermissten den

 50 | BABYLONIA tema 3|2016
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