Garten - if. - ein ort der frauen? - Land Salzburg
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
if.. garten – ein ort der frauen? chancengleichheit kompakt geschichten einer einzigartigen beziehung garten ein ort der frauen? geschichten einer einzigartigen beziehung . if. chancengleichheit kompakt www.salzburg.gv.at/frauen 2_2020
editorial Liebe Leserinnen, liebe Leser! Andrea Klambauer Landesrätin für Frauen und Chancengleichheit G erade während der Corona-Zeit wurde jenen Men- schen, die einen Garten haben, vielfach bewusst, wie viel Glück in diesem Flecken Erde stecken kann. Es wurde „gegartelt“ wie selten zuvor, und dabei werden die unter- schiedlichsten Bedürfnisse gestillt: Beim Garteln wird man kreativ tätig, der selbst gestaltete Garten gleicht oft einem Kunstwerk und ist ein Ausdruck der eigenen Persönlichkeit. Man lernt dabei viel über die Natur im Kleinen und über Zusammenhänge im Großen. Es ist für viele ein erfüllendes Hobby, das vielfach einen Flow auslöst, bei dem man voll in der Tätigkeit aufgeht und Glücksgefühle empfindet. Gerade jetzt war der Garten aber auch ein Rückzugsort und brachte Ruhe in diese stürmischen Zeiten. In dieser Ausgabe beschäftigen wir uns mit der Beziehung Inhalt von Frauen zu ihren Gärten. Ich selbst schätze die Gärtnerin Beth Chatto sehr, die mit ihrer Philosophie „right plant, 03_Standpunkt Ricky Knoll right place“ auf schwierigen Böden die herrlichsten Gärten angelegt hat. Denn Pflanzen wollen ihre Ansprüche be 04_Frauen und ihre Gärten friedigt sehen und nicht am erstbesten Platz eingeordnet Eine besondere Beziehung im Lauf der Geschichte werden – und all das trifft auch auf uns Menschen zu. 08_Gärten, die erden Die psychologische Kraft des Gartens Wir stellen aber auch Gärten vor, die besondere Funktionen 09_Bei der Kräuterhexe erfüllen: Selbstversorgergärten, die das Bedürfnis nach Monika Vesely und ihr KräuterKraftWerk gesunder und ressourcenschonender Ernährung erfüllen; 10_Platz für Frauen Gemeinschaftsgärten, in denen die vorhandene Fläche Landschaftsplanerin Bente Knoll im Interview solidarisch genutzt wird, und Urban Gardening, bei dem 12_Zuflucht vor der Krise das kleinste Fleckchen Erde jeder Stadt als wertvoll Die Bedeutung von Gärten in schwierigen Zeiten betrachtet wird. Und im Mittelpunkt stehen die Frauen, 13_Die Gartengemeinschaft die sich in diesen Gärten verwirklichen und oftmals auch © mike Vogl/vogl-perspektive Gemeinsames Gärtnern als soziales Gefüge hart arbeiten. 14_Salzburger Gärten Gemeinschaftsgärten, Gartenprojekte und TEH Setzen Sie sich also auch einmal in den Gartensessel oder auf Ihren Balkon und genießen Sie diese Ausgabe mit dem 16_Menschen zum Thema … Schwerpunkt Garten! … mein Garten und ich impressum if: Magazin. Aktuelle Information zu Frauen- und Gleichstellungsthemen für Multiplikatorinnen und Multiplikatoren sowie interessierte Frauen und Männer. Herausgeberin: Abteilung 2: Kultur, Bildung und Gesellschaft des Amtes der Salzburger Landesregierung vertreten durch Mag.a Eva Veichtlbauer Redaktion: Ursel Nendzig Salzburg-Redaktion: Ricky Knoll Verlagsort: Salzburg Artdirektion, Layout, Grafik und Bildbearbeitung: Martin Renner, rennergraphicdesign Beratung, Konzept, Koordination der Produktion: „Welt der Frauen“ Corporate Print für das Amt der Salzburger Landesregierung, Referat 2/05: Frauen, Diversität, Chancengleichheit. Adresse: Michael-Pacher-Str. 28, 5020 Salzburg, Tel.: 0662/8042-4041, frauen@salzburg.gv.at Druck & Herstellerin: Samson Druck GmbH. Auflage: Salzburg 5.100, Gesamtauflage 16.300 Herstellungsort: St. Margarethen im Lungau DSGVO-Hinweis: Sehr geehrte Bezieherinnen und Bezieher, mit 25. 5. ist die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) in Kraft getreten. Als Bezieherin/Bezieher haben Sie uns personenbezogene Daten zur Verfügung gestellt, die wir im Rahmen der Erfüllung ihres Bezugswunsches verarbeiten. Der verantwortungsvolle Umgang mit Ihren personenbezogenen Daten ist uns wichtig. Um unsere Informationspflicht nach der DSGVO zu erfüllen, möchten wir Sie für alle weiteren Details zu unserem Umgang mit Ihren Daten auf unsere Datenschutzerklärung hinweisen. Diese finden Sie online auf https://www.salzburg.gv.at/datenschutz. Wenn Sie das Magazin nicht mehr erhalten wollen, schreiben Sie bitte ein E-Mail an frauen@salzburg.gv.at. 2 if.. 2_2020
standpunkt 3 Fragen an … Elba Frank Gartenfreuden Soziologin, Lektorin an der Universität Salzburg mit Stolperstein Leiterin des Beratungszentrums an der Universität Salzburg In den sozialen Medien häufen sich derzeit die teils sorgfältig inszenierten Bilder mit allerhand selbst Produziertem, vor allem – Zufall oder nicht – Vielfach wird Gartenarbeit als Frauenarbeit von Frauen. Plötzlich stehen Kochen, Sauerteigbrote- betrachtet, insbesondere auf dem Land. Backen und Garteln total hoch im Kurs, und offenbar Haben Sie das ebenfalls beobachtet? ist gerade jetzt die dafür nötige Zeit vorhanden. Zuge- Nein, das kann ich so nicht sagen, denn geben, die meisten haben und hatten eine Riesenfreude Hecken schneiden, Rasen mähen, Zäune daran und sie machen es aus freien Stücken. Wenn Konsum zur Bedürfnisbefriedigung ebenso wenig Option bauen meist die Männer. In der Erde wühlen, ist, wie laufend im Internet zu bestellen, dann bekommt für Behübschung und Dekoration sorgen – das Selbstgemachtes einen ganz anderen Stellenwert. übernehmen eher die Frauen. Aber Radieschen- oder Kürbisanbau übernehmen sehr wohl beide. Nichts dagegen zu sagen. Aber ein sorgsam gehegter arten hat beispielsweise nie den Stellenwert wie ein gut G Lässt sich beobachten, dass jetzt in Zeiten der Corona-Krise, bezahlter Job – auch wenn er eine persönliche Bereicherung darstellt. Und das Pensionskonto füllt sich damit auch nicht ein ziemlich rückschrittliches Frauenbild wiederaufersteht? auf. Der Garten ist insbesondere im urbanen Bereich, ähnlich Ja, eindeutig – es ist wie in Kriegszeiten: Zu drei Vierteln einem Auto, ein Statussymbol und, sofern er nicht zur h alten die Frauen die krisengeschüttelte Infrastruktur Lebensmittelerzeugung dient, reines Hobby. aufrecht, sie betreuen daheim die Kinder, lernen mit ihnen, schupfen den Haushalt, machen vielleicht noch Homeoffice Und hier ist der Stolperstein eingebaut: Sobald Graben, Säen, Jäten, Hegen und Pflegen zu Pflichten werden, werden und h alten trotzdem ihren Männern den Rücken frei. sie zur Plage. Vor allem am Land ist immer wieder von Ich höre viele Klagen. Frauen – denn dort ist Gartenarbeit eindeutig weiblich – zu hören, dass sie neben allen unbezahlten Pflichten In Bezug auf Garten und Selbstversorgung heißt das also keinen Ganztagesjob annehmen könnten, weil sie keine „heim an die Scholle“ für die Frauen? Ressourcen mehr übrig haben. Es heißt also, wachsam Das stimmt so nicht. Denn Garteln in Stadtnähe ist eher zu bleiben, damit das System nicht wieder in alte, längst überwunden geglaubte Zeiten zurückkippt. eine Prestigeangelegenheit, ein Hobby, das der Dekoration Gut, dass Salzburger Frauenrat und dient. Es geht auch nicht vordergründig um Selbstver Österreichischer Frauenring im sorgung, denn der Lebensmittelhandel funktioniert, da Nationalrat eine entsprechende braucht niemand Ängste zu haben. Und im ländlichen Petition eingebracht haben, die Bereich, in bäuerlichen Kulturen, waren es immer schon im Parlament behandelt wird. die Frauen, die sich um den Garten gekümmert haben. Ricky Knoll ist Journalistin, Kolumnistin, Moderatorin, Wildkräuter- und Wildgemüse- liebhaberin. Der Garten ist mein Raum Wie jemand seinen Garten gestaltet und was er oder sie als schön empfindet, ist eine sehr persönliche Entscheidung. Und die soll es auch bleiben. Ihren privaten Garten daheim in Göming nutzt Elisabeth Botanischen Gartens an der Universität Salzburg. Denn Egger in erster Linie zur Selbstversorgung und als Blu- ein millimetergenau gepflegter und sauberer Garten mengarten. Wobei sie viel Wert darauf legt, es sich so muss nicht unbedingt ein guter Lebensraum für die einfach wie möglich zu machen und den Zeitaufwand Natur sein. „Ich schaue auch, dass viel blüht im Garten, in Grenzen zu halten. damit biete ich Insekten Nahrung. Diese Vielfalt kann nur eine Bereicherung sein.“ Die Früchte ihrer Garten © Digibild-Unterrainer, evatrifft, Ricky Knoll So kauft sie die Jungpflanzen beim Gärtner, deckt die arbeit werden entweder gleich verzehrt, getrocknet Zwischenräume mit Rindenmulch ab, um wucherndes oder haltbar gemacht. Unkraut im Zaum zu halten, und überlässt auch einmal eine Ecke der Natur. „Ich entscheide, was Den Garten bezeichnet sie als „ihren Raum“, er soll sie ich als schön empfinde, und wenn ernähren, aber auch Zeit für sich selbst und Muße ich nur Brennnesseln stehen bieten. „Wenn ich zwischen den Karotten das Unkraut lasse. Dafür fühlen sich dort jäte, dann hat das etwas Meditatives. Manchmal geht die Schmetterlinge wohl“, auch etwas daneben, dafür entsteht was anderes, erklärt die Gärtnermeisterin Neues. Das Beobachten, das Werden und Vergehen, und technische Leiterin des das hat etwas Philosophisches.“ Elisabeth Egger ist Gärtnerin und technische Leiterin des Botanischen Gartens der Universität Salzburg. if.. 2_2020 3
cover frauen und ihre gärten Ein kleines Paradies, so sagt man: der Garten. Egal, wie klein, ein Garten ist ein Ort, an dem man träumen kann, Entspannung findet und Inspiration – vor allem in Zeiten von Krisen. Der Garten war und ist dabei immer ein Ort der Frauen. Ob das nun gut oder schlecht ist? Es kommt drauf an. 4 if.. 2_2020
elbst die bibelunfestesten Menschen haben damit die Versorgung mit Gemüse, Früchten und diese Assoziation: Garten – Paradies – Kräutern – inklusive Hausapotheke. Sie sicherten Eva. Sie ist also die erste Gärtnerin, damit nichts weniger als das Überleben der Hüterin des Gartens, dieses friedlichen Familie, ihr Garten war Garantie dafür, dass der Platzes. Zumindest bis sich Gut und Speiseplan der ganzen Familie vielfältig blieb. Böse formieren und die Menschen den Bäuerinnen waren und sind bis heute darin Garten verlassen müssen. Die Sehnsucht Spezialistinnen – dank des Wissens, das von nach einem Garten ist in vielen von uns sehr tief Generation zu Generation weitergetragen wurde. verankert. Die Sehnsucht nach einem paradiesischen Er ist ihr Reich, sichert neben den für die tägliche Garten, in dem es kein Gut und kein Böse gibt, son- Versorgung notwendigen Nahrungsmitteln auch dern nur die Natur, die uns annimmt, wie wir sind. Freude im Alltag: Die Blumen, die am Rand der Vielleicht ist das der Grund, warum sich Frauen Gemüsebeete gesetzt werden, haben vielleicht schon immer in Gärten besonders wohl gefühlt keinen Nutzen, sind aber mit ihrer fröhlichen haben. Weil ein Garten ein Ort der Gestaltung ist, Buntheit genauso wichtig. ein Refugium, ein Raum für Selbstentfaltung und Neben den Bäuerinnen waren es auch Nonnen, -entwicklung. In der Frühzeit der Menschheit waren die Gärten kultivierten. Im Mittelalter pflanzten Frauen nicht nur die Hüterinnen des Lebens. Als sie Heilkräuter in den Gärten hinter hohen Kloster Gärtnerinnen waren sie es, die Saatgut ausstreuten mauern an. Hildegard von Bingen gilt als ihre und Flächen umzäunten, die als Garten dienten. wichtigste und bekannteste Vertreterin, die im Rund 18.000 Jahre sind die ersten Hinweise darauf zwölften Jahrhundert mit ihren Büchern über die alt, dass es in Ägypten Getreideanbau gab. Heilkraft der Pflanzen nicht nur die Naturheilkunde In der Geschichtsschreibung der Männer waren es begründete, sondern, quasi direkt aus dem Kloster- hingegen selten Frauen, die Gärten erschufen, viel- garten, Briefe an die herrschende Schicht schrieb mehr Könige (wie Nebukadnezar II., der um 600 v. und sie zu ethischem Verhalten ermahnte. Chr. die Hängenden Gärten von Babylon erschuf ) oder Götter (der Garten Eden). Den Frauen blieb Gärten für alle die Rolle der Bewahrerinnen und Weiterführerinnen In den folgenden Jahrhunderten wurden Gärten dessen, was schon da war. Im alten Griechenland zu Prestigeobjekten. Neben den Versorgungsgärten, waren Frauen im „Gynaeceum“ regelrecht einge- die ihr unbemerktes Dasein innerhalb der Schloss- sperrt, dort verrichteten sie alle häuslichen Arbeiten anlagen fristeten, wurden Gärten angelegt, deren inklusive der Gartenarbeit. Nutzen ganz anderer Natur war: zur Demonstra tion von Größe. Die prachtvollen Gartenanlagen, Bäuerinnen und Nonnen die Herrscher, mächtige Männer, beauftragten, Auch im bäuerlichen Garten waren es, im Gegen- hatten nichts mehr mit Selbstversorgung zu tun. satz zum Feld, die Frauen, die wirkten und werkten. Sie waren vielmehr Symbole für die Unterwerfung Bäuerinnen pflegten die Gärten und übernahmen der Natur – Frauen spielten darin keine Rolle. Virginia Woolfs Garten Wir werden nie mit Sicherheit sagen können, ob und wie sich ihr Werk anders entwickelt hätte, wäre nicht ihr Garten gewesen. Virginia Woolf und ihr Mann Leonard kauften 1919 Monk’s House, ein kleines Cottage im englischen Rodmell. Ein Landsitz, auf dem sie die Wochenenden verbringen wollten, ein Ort der Entspannung, um zu lesen und im Garten zu arbeiten. Es dürfte der wunderschöne Garten gewesen sein, der sie dazu bewog, das Cottage zu kaufen. Hier entstanden die meisten ihrer Romane und Essays. Unter einer großen Kastanie fand sie Inspiration, in einem kleinen Häuschen am Ende des Gartens schrieb sie sich zu einer der bedeutendsten Autorinnen der Moderne. Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs, als ihre Londoner Stadtwohnung am Mecklenburgh Square während eines Bombenangriffs zerstört wurde, wurde Monk’s House zu Woolfs ständigem Wohnsitz und blieb es bis zu ihrem Tod. Der Garten, ihr Herzensort, ist nicht nur bis heute erhalten, sondern auch in ihren Romanen, Tagebüchern und Briefen verewigt. Das Buch zum Garten: © Shutterstock Caroline Zoob zeichnet in diesem Buch erstmals die Geschichte des Gartens Virginia Woolfs nach, der ihr Rückzugsort und Inspiration war. Ergänzt wird der Text mit stimmungsvollen Fotografien von Caroline Arber. „Der Garten der Virginia Woolf. Inspirationsquelle einer engagierten Schriftstellerin“ von Caroline Zoob, DVA, 2013, 192 Seiten mit zahlreichen Fotografien, 30,90 Euro. if.. 2_2020 5
ußer vielleicht jene der Beschenkten. So wird A aus, in denen Männer und Frauen nun ungezwungene Kaiserin Maria Theresia, die dafür sorgte, dass die intellektuelle Begegnungsstätten fanden. Parks und Hügel rund um das Schloss Schönbrunn gründlich umgestaltet wurden, in dieser Rolle Reich der Frauen eher beiläufig erwähnt. Der Park wurde Ende Unabhängig davon blieben die Hausgärten in ihrer des 18. Jahrhunderts von Kaiser Joseph II. der Funktion als Versorgungseinheit für die Familie – Öffentlichkeit zugänglich gemacht – sehr zum und damit das Reich der Frauen. Bis zum Ende des Unmut des Hofadels. Seither stellt er ein wichtiges 18. Jahrhunderts lebten 90 Prozent aller Frauen auf Naherholungsgebiet für Wienerinnen und dem Land, waren Bäuerinnen, sorgten durch die Wiener dar. Pflege der Gärten für Nahrung und Grundversorgung. Diesen großen Schritt beschreibt die deutsche Bis ins 20. Jahrhundert hinein war es Aufgabe der Journalistin und Gartenliebhaberin Eva Kohlrusch Frauen, neben Haushalt und Familie auch den Garten in einem Essay für das Magazin „Emma“. Darin zu betreuen. Nicht selten verdienten sie durch den thematisiert sie, wie Gärten zum Symbol für den Verkauf der Produkte, die die Gärten abwarfen – Wunsch nach Freiheit wurden. Nach der Französi- Blumen, Obst, Kräuter und Gemüse –, Geld dazu. schen Revolution, mit der Deklaration der Bürger- Ihre Lebenswelt kreiste ganz selbstverständlich um und Menschenrechte, fielen Zäune um Parks. Haus, Kind und Garten. Schlossgärten öffneten sich fürs Volk, geometrisch Der Garten ist jener Ort, an dem sich Mensch und zurechtgestutzte Gartenräume wurden als vergewaltigte Natur begegnen – und nicht nur das: sie beeinflussen Natur verdammt und durch weitläufige Landschafts- sich gegenseitig. Der Mensch gestaltet, hegt und pflegt. parks ersetzt. In der Goethe-Zeit drückte sich der neue Die Natur bringt Erdung, Ruhe und Entspannung Geist am sichtbarsten in den „empfindsamen Gärten“ und Nahrung. Eine kurze Geschichte des Gartens Menschheits- und Gartengeschichte lassen sich parallel zueinander erzählen. Der Mensch und sein Stück Land – oder die Sehnsucht danach – im Zeitraffer. Aller Anfang ist schwer festzunageln. Obst und Gemüse kultiviert, Anbau- strenge, am Reißbrett entworfene Klar ist nur, dass in der Steinzeit, vor methoden wurden ausprobiert und Geometrie, sondern die natürliche rund zehn Jahrtausenden, der verfeinert, Erkenntnisse gesammelt Landschaft. Mensch sesshaft wurde. Er be- und verschriftlicht. Gartenbau gann, Ackerbau zu betrei- wurde zur Wissenschaft. Anfang des 19. Jahrhunderts begann ben, kultivierte F lächen, die Idee der Schrebergärten zu sprie- die der Ernährung dien- Mit der Renaissance ßen. Kleine Anlagen, die für frische ten. Der Beginn des änderten sich Gestalt und Luft und frische Lebensmittel sorgen Gartenbaus. Funktion der Gärten. sollten, wo Lebensräume eng und Pompöse Anlagen luden Freiflächen rar waren. Die alten Griechen schütz- zum Flanieren ein – jene, ten ihre Gärten mit Mauern die zur Oberschicht gehör- Im Lauf des 20. Jahrhunderts oder Hecken. Sie bauten Oliven ten. Dieses Prinzip fand seinen waren Gärten das sicherste Mittel an, Feigen, Wein und Gemüse. Ihre Gipfel in den Gärten des französi- gegen Hunger. Anlagen wurden dabei mehr als reine schen Barocks (wie dem Garten von Nutzgärten: Zwischen Olivenbäumen Versailles), die kaum Nutzpflanzen Auch heute spiegelt der Garten die wurde gelustwandelt, philosophiert enthielten, dafür raffinierte Wasser- Menschen wider – Vielfalt ist das und diskutiert. spiele und Blumenrabatten. oberste Gebot des Gartens: vom Steingarten über den Rollrasen bis Im Mittelalter waren Gärten haupt- Die Engländer sahen das ein zum wilden Selbstversorger- sächlich für landwirtschaftliche bisschen anders. Sie woll- Dschungel, auf Dächern, an Nutzung und Ernährung relevant. ten den Garten zurück Fassaden und auf kleinsten In Klostergärten wurden von Nonnen zur Natur führen. Ihr Flächen in stark besie (wie Hildegard von Bingen) Kräuter, Vorbild war weniger die delten Gebieten. 6 if.. 2_2020
Der Garten, der den Menschen formt Julia Kospach ist freie Buchautorin, Journalistin, Garten liebhaberin und -beobachterin. Im Interview erzählt sie von der gestalterischen Kraft, die Gärten auf ihre Besitzerinnen und Besitzer ausüben – auf Männer wie Frauen gleichermaßen. Wie kommt es, dass Männer oft achtdemonstrationen und Rückzugsorte, Gegen M Profigärtner sind, das Garteln als welten und Ausruhplätze, Räume zur Kontemplation Hobby aber typisch Frau ist? und zur Förderung sozialen Zusammenhalts. Wir Julia Kospach Es gibt jede Menge Profigärtne- kultivieren sie und sie kultivieren uns. rinnen, und auch als Hobby scheint mir das Garteln längst sozusagen im Genderneutralen angelangt zu In welcher Form kommen Gemüse- bzw. Obst sein. Wenn man nach England schaut, wohin alle, gärten wieder in Mode? die sich für das Thema interessieren, früher oder später Wer genau wissen will, was an Obst und Gemüse auf ihren – neidvollen – Blick richten, dann gab und gibt seinen Teller kommt, ist doppelt motiviert, es selbst es dort gleich eine ganze Riege berühmter Frauen, die anzubauen. Das ist ein wichtiges Motiv vieler Hobby- in puncto Gartendesign und -schriftstellerei als stil nutzgärtnerinnen und -gärtner. prägend gelten: von Vita Sackville-West, nach der ich übrigens meine Tochter benannt habe, über Beth Was ist für Sie das Schönste am Garte(l)n? Chatto bis zu Penelope Hobhouse. Dass parallel zu den Handgriffen, die die Gartenarbeit mir abverlangt, vieles von mir abfällt, was mir sonst so Gärtnern Frauen anders als Männer? Wenn ja, wie? im Kopf herumgeht. Gute Ideen für meine Schreib Dazu kann ich nur mutmaßen. Aus teilnehmender arbeit kommen mir dabei erstaunlicherweise auch oft. Beobachtung traue ich mich zu sagen, dass Frauen Außerdem interessiert mich einfach alles, was mit den Dingen im Garten eher ihren Lauf lassen, Pflanzen zu tun hat. weil man die Natur ohnehin nicht zwingen kann. Aber auch wenn man der Natur Gewalt antut wie Haben Sie einen Lieblingsgarten? die barocke Gartenkunst, kommt Berauschendes Damit schließt sich der Kreis: Ich liebe Sissinghurst dabei heraus – halt nur nicht nach den Kriterien des Castle Garden in Kent, den Vita Sackville-West ab modernen, naturnahen Gärtnerns. 1930 gemeinsam mit ihrem Mann Harold Nicolson entworfen hat. Kunststück! Alle lieben Sissinghurst! Würden Sie erkennen, ob Sie im Garten Kein Garten in England hat mehr Besucherinnen und einer Frau oder eines Mannes stehen? Besucher. Für seine Entstehung gab Vita Sackville- Nein, das wohl nicht. Allerdings lässt sich an Gärten West die beschwingte Losung aus: „Lasst uns pflanzen ziemlich gut ablesen, ob sie von zwänglerischen und fröhlich sein, denn im nächsten Herbst sind wir Kleinkrämerseelen oder von großzügigeren Geistern vielleicht alle ruiniert.“ Ein gutes Motto, oder? gepflegt werden. Ein Seelenspiegel sind sie zweifellos. Glaubt man jedoch der Schriftstellerin und leiden- Glücksmomente im Garten schaftlichen Gärtnerin Barbara Frischmuth, dann ist es ohnehin der Garten, der seinen Menschen formt, In ihrem jüngsten Buch sucht und und nicht umgekehrt. Natürlich immer vorausgesetzt, findet Julia Kospach Momente dass die Beziehung innig ist. des Glücks in der Natur. Darin stellt sie fest: Diese Momente erwarten Gärten hatten Versorgungsfunktion. uns gern dort, wo wir sie nicht © Shutterstcok (3), DanielLeitner Welche Funktion haben sie heute? erwarten, und lehren uns, zu Selbstversorgung aus dem Garten, ob ganz oder teil- erkennen, was uns guttut. weise, ist derzeit einer der ganz großen, neu erstarkten „Glück im Grünen. Gartentrends! Dem reinen Versorgungszweck haben Momente in Natur und Garten“ Gärten aber ohnehin nie gedient. Sie können alles von Julia Kospach, sein, was Menschen aus ihnen machen wollen: Styria Verlag, 144 S., 18 Euro. if.. 2_2020 7
Gärten, die erden Gartenfreundinnen haben es immer schon gespürt: Garteln tut gut. Was wie ein eher diffuses Gefühl klingt, ist inzwischen wissenschaftlich erwiesen. Gartenarbeit hat viele positive Effekte – auf den Körper und auf den Geist. M it den Händen tief in der Erde wühlen, Erde unter den Fingernägeln haben: das ist nicht die eigentliche Erdung, die einem vom Garteln ver- einfahren (in Form von Obst und Gemüse oder nur durch die Freude an der blühenden und wachsenden Pracht) tut der Seele gut. So werden Gartenarbeiten sprochen wird. Diese ist nämlich unsichtbar, dafür tatsächlich zu therapeutischen Zwecken eingesetzt: umso wirksamer. Und sie beginnt schon beim Son- in der Arbeit mit psychisch kranken Menschen, in nenlicht: Die innere Uhr erfährt durch das viele Im- Altersheimen oder mit straffällig gewordenen Freien-Sein so etwas wie eine Eichung. Der Effekt: Menschen. Die eigene Produktivität als etwas Einschlafen und Aufstehen fallen jedem leichter, der Greifbares zu erleben, gilt als heilsam. sich viel draußen aufhält. Und selbst wenn sie nicht Diese Produktivität, die früher zum Alltag gehörte, strahlend hell am Himmel steht, fördert die Sonne erleben viele Menschen heute in ihren Bürojobs die Bildung von Vitamin D, das lebenswichtig für nicht mehr. Eine Arbeit auszuführen, die zu einem uns ist. Das Sonnenlicht ist zudem für unser Im- produktiven, sicht- und fühlbaren Ergebnis führt, ist munsystem ein wichtiger Boost, apropos: Auch die sinnstiftend und befriedigend. Der Stolz, etwas aus Mikroorganismen, mit denen wir beim In-der-Erde- eigener Kraft erschaffen zu haben, ist ein echter Push Wühlen in Berührung kommen, sind Herausforde- fürs Selbstbewusstsein. rungen, an denen das Immunsystem wächst. In der Natur zu sein, tut dem Körper gut. Schon Von Pflanzen lernen nach einigen Minuten sinkt langsam der Blut- Abgesehen davon sind Pflanzen auch gute druck, der Puls beruhigt sich, Muskeln Lehrmeister. Der Überlebenswille eines entspannen sich. Wer schon einmal Gänseblümchens, das sich durch beherzt ein Beet umgestochen eine kleine Ritze im Beton oder einen Kompost umge- zwängt, wird zum Sinnbild schichtet hat, weiß: Garten- für Stärke und Unnachgie- arbeit ist Sport. So werden bigkeit. Im Garten ist Kreislauf und Bewegungs- uns die ganze Bandbrei- apparat im Garten in te des Lebens vor Au- Schwung gebracht. So- gen: vom Samen, der gar unser Sehsinn profi- in der Erde schlum- tiert dabei, denn wer mert und sich zur sich viel in Räumen auf- prächtigen Pflanze auf- hält und/oder viel auf schwingt, die zur Reife Bildschirme schaut, neigt gelangt und schließlich stärker zu Kurzsichtigkeit. abstirbt. Als Gärtnerinnen Wer im Garten werkelt, stellt sind wir dabei Beobachte- seine Augen auf ganz unter- rinnen und Unterstützerinnen schiedliche Entfernungen scharf der Natur, nicht ihre Feindinnen und kann zumindest die Verschlechte- und auch nicht hilflos Ausgelieferte. rung des Sehsinns bremsen. Im Garten finden sich statt Problemen Lösungen und jedes Frühjahr aufs Neue das Wun- Der Garten als Therapeut der der ersten Knospe, die das Ende des Winters an- © shutterstock Einen noch viel tieferen Effekt hat das Garteln aber kündigt. Und das Beste: Die Größe des Gartens ist auf die Psyche. Erde umgraben, Pflänzchen setzen, dabei unerheblich. Das Wunder der Natur passiert ihnen beim Wachsen zusehen und später die Ernte auch in einem einzigen Blumenkistl. 8 if.. 2_2020
Ein weitläufiger Garten im niederösterreichischen Bei der Zehethof ist das Reich von Monika Vesely. Dort kümmert sie sich um rund 200 ver- Kräuter- schiedene Kräuter und weiß deren Kraft zu nutzen. hexe D er Begriff „Kräuterhexe“ ist für Monika Vesely alles andere als negativ besetzt. „Für mich ist es sogar ein sehr a bsolvierte, „Traditionelle Europäische Heilkunde“. „Diese einjährige Ausbildung war ausschlaggebend für meinen jetzigen positiver Begriff“, sagt sie. „Dies war im- Lebensweg“, sagt sie. Auch der Entschluss, mer schon eine Bezeichnung für wissende sich voll und ganz auf die Kräuter einzu Frauen, die sich ganz intensiv mit Heil- lassen. Seither ist sie nicht nur selbst eine kräutern und deren Wirkung auseinander- Wissende, sondern gibt ihr Wissen auch gesetzt haben, um andere zu unterstützen.“ weiter. „Wir haben in Kooperation mit Und genau das macht Monika Vesely in dem WIFI Niederösterreich eine eigene ihrem Garten, den sie bezeichnenderweise Ausbildung zur TEH-Praktikerin ins Leben „KräuterKraftWerk“ getauft hat. „Es gibt gerufen.“ auch vieles an Literatur, die man über Kräuterhexen lesen kann – an und für sich Eine Frauensache sind es die Zaunhüterinnen gewesen.“ In den Kursen sitzen zu 99 Prozent Frauen. Zaun versteht sich dabei als Grenze. „Wenn Den Grund dafür, dass Heilkräuter eine man sich mit Heilpflanzen beschäftigt, fällt klassische Frauendomäne sind, sieht Monika einem rasch auf, dass diese sehr gern in Vesely in der höheren Sensibilität der Frau- Übergangszonen wachsen – am Waldrand, en. „Ich finde, dass Frauen feinfühligere am Feldrand, am Wiesenrand.“ Das Hüten Wesen sind, sie sind sensibler für die Heil- Tipps von Monika Vesely dieser Übergänge und das Wissen über kräfte und auch den Pflanzen gegenüber.“ www.kraeuterkraftwerk.at darin gedeihende Heilpflanzen seien die Bei sich selbst stellte sich dabei eine beson- Frauenmantel Aufgaben der Zaunhüterin – „hagazussa“ dere Beziehung zu ihren Pflanzen ein: „Ich „Er sollte eigentlich in (althochdeutsch für Hexe; althochdeutsch rede auch mit meinen Pflanzen.“ keiner Teemischung fehlen. „hag“ = Zaun, Hecke) – gewesen. „Zumin- Sich mit dem Heilen zu beschäftigen, sei Frauenmantel wirkt leicht dest ist das meine Sichtweise“, sagt Monika eben immer schon Sache der Frauen gewe- adstringierend, hat aber durch Vesely und lacht. „Es gibt viele verschiede- sen. „Frauen taten immer schon all das, was seine Erscheinung auch eine ne Richtungen, aus denen man sich dem im Rahmen ihrer Möglichkeiten lag, um große symbolische Wirkung: Die Blätter sind einhüllend, Wort Hexe annähern kann!“ ihre Familien gesund zu erhalten.“ Das uns beschützend.“ Wissen über die Wirkung der Kräuter sei Garten und Werkstatt dabei von einer Frau zur nächsten weiterge- Hirtentäschel In ihrem Kräutergarten, den sie gemeinsam ben worden. Ein Trend, der heute noch an- „Das Hirtentäschelkraut hat blut mit ihrem Mann betreut, beherbergt hält. „Das Interesse ist ungebrochen“, sagt stillende Wirkung. Somit ist es eine wichtige Pflanze, wenn man zum Bei- Monika Vesely unzählige Heilpflanzen, Monika Vesely. „Ich führe es darauf zurück, spiel eine sehr starke Regelblutung vermehrt Samen, zieht Stecklinge. In ihrer dass es unser aller Bedürfnis ist, eine gewis- hat. Man kann es dann als Tee oder Kräuterwerkstatt verarbeitet sie die Pflan- se Selbstbestimmtheit ins Leben zurückzu- alkoholischen Auszug einnehmen.“ zen. „Wir stellen die verschiedensten holen.“ Eigenverantwortung zu spüren © florian lierzer (3), shutterstock Kräuterprodukte her: vom Erkältungs für die eigene Gesundheit, das kann von Rotklee balsam über die traditionelle Pechsalbe mit Ernährung bis zur Pflanzenheilkunde in „Der Rotklee hat eine Wirkung, die jener des Hormons Östrogen gleicht. Fichtenharz, Teemischungen, Sauerhonige vielerlei Form geschehen. „Es bedeutet Das bedeutet: In den Wechseljahren bis zu Salben und Räucherwerk.“ Freiheit. Ich kann selbst entscheiden, was und nach der Menopause, wenn der Ihr Weg zu den Kräutern begann vor zehn ich mir Gutes tun kann. Ich gehe hinaus, Östrogenspiegel sinkt, kann Rotklee Jahren, als sie die „TEH“-Ausbildung hole Pflanzen und wende sie selbst an.“ ausgleichend eingesetzt werden.“ if.. 2_2020 9
platz für Bente Knoll ist Landschafts- und Verkehrsplanerin, Genderexpertin und Geschäftsführerin im Büro für nachh altige Kompetenz. Grüne Freiräume, Gemeinschaftsgärten und Parks: Wer plant eigentlich unsere Räume und welche Rolle spielen Frauen in diesem Prozess? frauen Freiräume haben selbstständige Planerinnen und Planer, Ingenieurbüros aus den Bereichen Land- schafts- oder Raumplanung bzw. Architekturbüros über. Und hier verweise ich sehr gerne darauf, dass es seit 2007 keine aktualisierten Zahlen dafür gibt, wie viele Frauen hier beteiligt sind. Diese Zahlen Wie viel Grund und Boden haben sich in den letzten 13 Jahren nicht gravie- gehört in Österreich den Frauen? rend geändert und zeigen: Der Frauenanteil ist bei Ich fürchte, dass für die Beantwortung dieser Fra- selbstständigen Ingenieurbüros bei drei Prozent, ge die Datengrundlage fehlt. Es sind im Grund- bei Architekturbüros und Ingenieurkonsulentin- buch nur die Namen der Eigentümerinnen und nen und -konsulenten – österreichweit – zwischen Eigentümer vermerkt, aber nicht das Geschlecht. zehn und 15 Prozent. Was übrigens in keiner Rela- Zudem gibt es meines Wissens nach keine daten- tion zu den Studierenden steht. Wir wissen seit bankbasierte Speicherung dieser personenbezoge- Jahren, dass es im Architekturstudium sowohl bei nen Daten. Betrachten wir die klassischen frei den Studienanfängerinnen und -anfängern als stehenden Einfamilienhäuser, etwa im ländlichen auch bei den Absolventinnen und Absolventen Raum. Da stellt sich bereits die Frage: Wer steht einen Frauenanteil von 50 Prozent oder darüber im Grundbuch? Nur der Ehemann? Auch die gibt. Das spiegelt sich nicht in der Praxis wider. Ehefrau? Wie ist es bei Verpartnerungen? Es sind viele Folgewirkungen, die an dieser Frage hängen, Für wen wird denn hauptsächlich geplant? etwa das Thema Grundbesitz – oder eben kein Frauen sind mehr als 50 Prozent der Gesellschaft. Grundbesitz –, dies ist eng mit der Altersarmut Sie gestalten aber mit Sicherheit nicht mehr als verbunden, eine Tatsache, die überproportional die Hälfte der Flächen mit – eben weil es dazu Frauen betrifft. Schauen wir in die Städte, in den Fachpersonal braucht und dort Frauen in der Geschoßwohnungsbau, hier sind es oft Immobi Praxis unterrepräsentiert sind. Wir müssen uns lienentwicklungsfirmen, denen die Flächen also fragen, welche Wünsche bei der Gestaltung gehören. Dort gibt es in den Leitungsetagen der gehört werden. Welche Leitbilder werden einer Firmen viele Männer und wenige Frauen. Planung zugrunde gelegt? Hier gibt es ausrei- chend wissenschaftliche Evidenz, die besagt, dass Wer entscheidet, wie unser nach wie vor Planung für weiße, mittelalte, ge- Lebensraum gestaltet wird? sunde Männer mit Fokus auf motorisierten Indi- Grundsätzlich ist die Raumplanung eine hoheit vidualverkehr gemacht wird. Diese Analyse aus liche Aufgabe. Die Gemeinden sind für Flächen- den 1980er-Jahren ist heute nach wie vor aktuell. widmung und Bebauungspläne zuständig, das Gros der Gestaltung wird auf Gemeindeebene Und wo ist dann der Raum für Frauen? entschieden. Man sollte das immer im Hinterkopf Als feministische Planerin ist es mir wichtig, zu haben, denn es bedeutet, dass neben der Gesetz betonen: „Frauen“ sind keine homogene Ziel- gebung auch die politische Couleur entscheidend gruppe. Vielfalt und Heterogenität von Frauen bei der Raumplanung ist. sind ernst zu nehmen – junge Frauen, Mütter, äl- tere Frauen, Sportlerinnen … Dazu kommt eine Wie sieht es mit Freiraum, mit Zeitdimension: Vormittags wird es eine andere Grünflächen aus? Wer gestaltet diese? Nutzerinnengruppe geben als mittags, abends Klassischer öffentlicher Freiraum – alles, was nicht oder in der Nacht. Wir müssen nicht für eine fixe privatbezogener Freiraum ist – beinhaltet Straßen, Gruppe gestalten, sondern flexible Räume. Wir Parks und Abstandsgrün. Die Planung für diese können aber auch nicht „für alle“ planen. Wenn 10 if.. 2_2020
wir das behaupten, lügen wir. Und ehrlich gesagt: Ich möchte gar nicht für alle planen. Ich möchte nicht für Vollzeit erwerbstätige Männer planen, die sich nicht um Care-Arbeit kümmern. Das macht die klassische Planung ohnehin zur Genüge. Wie verändert sich die Diese Aufgaben sind noch viel stärker als in Landschaftsplanung zurzeit? Europa mit der Rolle von Frauen verknüpft – und Angesichts des Klimawandels wollen Menschen selbstverständlich sind für diese Frauen Nutz den Wetterextremen, der extremen Hitze etwas gärten etwas ganz Wichtiges. Diese inter entgegensetzen. Viele Privatpersonen sind inzwi- kulturellen Gärten sind für sie ein wichtiger schen in die Planung und die Entwicklungspro- Anknüpfungspunkt. Und ich wage zu behaupten, zesse eingebunden. Sie fühlen sich verantwortlich dass keiner dieser Gärten wie „Klein- für ihre Umwelt. Sie wollen Gemeinschaftsgärten, Schönbrunn“ aussieht. Interkul- nutzbares Grün, mehr Ökologie in den Städten. turelle Gärten sind Gärten, wo Wird das Wasser bei Starkregenereignissen nur Leben ist, wo Gemüse ange- durch die Kanäle abgeleitet, führt das zum Kol- baut wird, wo gemeinsam laps von Städten und Dörfern. Die Menschen be- geerntet und auch geges- merken das, sie spüren diese Auswirkungen. Auch sen wird, wo Wissen aus- unmittelbar, am eigenen Körper. Sie werden sen- getauscht wird über die sibler für ihr Wohnumfeld und unterstützen des- Verarbeitung, das An- halb immer mehr Urban-Gardening-Projekte und pflanzen und Vermehren. Ähnliches. Und auch Gemeinden unterstützen Das Problem dabei ist, dass Bente Knolls Büro für dies. In den Stadtgartenämtern etwa wird in den es sich so anhört, als wären die nachhaltige letzten Jahren viel mehr Wert auf Ökologie gelegt, Frauen näher an der Natur. Das ist Kompetenz: Verkehrsinseln, Blumenrabatten werden mit ein Stereotyp, mit dem ich schwer kann. Aber die www.b-nk.at insektenfreundlichen Pflanzen und mehrjährigen Natur kann hier etwas Verbindendes sein, ein Stauden begrünt. Ich stelle einen Qualitätssprung Anknüpfungspunkt – und auch eine Möglichkeit, in den letzten Jahren fest, weg von der 08/15- den beengten Wohnverhältnissen zu entkommen. Planung, hin zu individuellen und ökologischen Lösungen, die die Bevölkerung einbinden. Wie, denken Sie, würden Städte und Dörfer aussehen, wenn sie von Frauen geplant würden? Welchen Stellenwert haben gemeinsam Ich würde davon ausgehen, dass Frauen aufgrund genutzte Freiflächen – etwa Gemeinschafts- ihrer Sozialisation einen starken Fokus auf gärten – für Frauen? Alltagszusammenhänge legen würden. Das sozia- Mein Eindruck ist, dass solche Projekte für le Miteinander und das Kommunikative, die Frauen aus schwierigen Lebenszusammenhängen Gruppe würde im Fokus stehen, die Ideen der © Shutetrstock, foto wilke besonders wichtig sind. Etwa für Frauen, die Zwischen- und gemeinschaftlichen Nutzung. Fluchterfahrungen machen mussten, Frauen aus Auch im Mobilitätsbereich würden Frauen auf Ländern mit hoher Armut. Sie waren in ihrem pragmatische, andere Lösungen kommen. Und Herkunftsland häufig für die Versorgung mit ich denke, dass die Ökologie eine weit größere Grundnahrungsmitteln und Wasser zuständig. Bedeutung hätte. if.. 2_2020 11
Zuflucht eschlechtern: 44 Prozent der Frauen G gaben als ihre liebste Gartenbeschäfti- gung an, Beete zu bepflanzen. 24 Pro- zent der Männer gaben als bevorzugte Tätigkeit Rasenmähen an. So birgt der Garten auch in Krisenzeiten ein gewis- vor der Krise ses Risiko, Frauen noch stärker an Versorgungstätigkeiten zu binden – so, wie es in Ländern der sogenannten Dritten Welt für Frauen alltäglich ist, wo Millionen von Frauen von ihren eigenen kleinen Gärten leben, dort Nahrungsmittel für ihre Familie ziehen und ihr Wissen über essbare und medizinisch wirksame Pflanzen an ihre Kinder weitergeben. Kritik am System Ist auf der einen Seite der Garten- Medaille der Rückzug, ist es auf der anderen Seite die Freiheit. Jene Freiheit, die Gärten eben gerade in schwierigen Zeiten verheißen: Land zu bewirtschaf- ten, das e igene Gemüse anzubauen bedeutet schließlich nicht zuletzt, in Freiheit und Unabhängigkeit leben zu können. Vor allem Gemeinschaftsgärten gewinnen in Zeiten von Krisen stark an Bedeutung, da diese, gerade wenn es um öffentliche Gemeinschaftsgärten geht, nicht zuletzt auch ein Politikum sind: So steckt in e inem Gemeinschafts- garten auch Kritik am System. Kritik daran, dass sich die Stadt an den Autofahrenden orientiert. Daran, dass In Krisenzeiten sind es Gärten, die die Versorgung unsere Lebensmittel um den halben sichern, neutralen Boden bieten und dazu die Möglich- Erdball transportiert werden, dass sie keit, abzuschalten. Aber nicht nur das: Die Rückkehr fossile Ressourcen verbrauchen und die in den eigenen Garten birgt auch eine gewisse Gefahr. Saisonalität ausgehebelt wird. Daran, wie wir mit der Umwelt umgehen und W enn es eng wird, brauchen wir Dieser Rückzug umfasst auch den wie weit wir uns von ihr entfernt haben. © Shutterstock Platz. Wenn die gesamte Bevöl- Garten. In Krisenzeiten gewinnt dieser Der Garten ist schließlich auch ein kerung auf Krisenmodus läuft, wird das an Bedeutung – es wird allerorts wie Symbol für das Verhältnis zwischen besonders deutlich. Die Zurückdrän- wild gegärtnert, auf Balkonen, im Vor- Menschen und Natur. So war zum gung in die eigenen vier Wände, das garten, auf Parzellen. Zu den schönen Beispiel im Lauf des vorigen Jahrhun- Reduzieren auf das Private ist nicht nur Blumen und der Erholungszone wird derts zu beobachten, dass Kleingärten eine anstrengende, sondern potenziell dabei die Funktion als Anbaufläche für in Krisenzeiten und Zeiten wirtschaft- eine gefährliche Bewegung. Für die Nutzpflanzen gewichtiger. Einer deut- licher Not einen sprunghaften Familie kochen, Schutzmasken nähen, schen Umfrage des Meinungsfor- Anstieg erlebten, während in Kinder versorgen, den Haushalt in schungsinstituts YouGov zufolge ist dies wirtschaftlich stabileren Zeiten Schuss halten: das Biedermeier-Ideal allerdings ganz klar Frauenarbeit, denn oder sogar Z eiten des Auf- winkt vor allem Frauen, wenn sie sich die Aufteilung der Gartenarbeit zieht schwungs die Zahl der unfreiwillig zurückziehen. einen tiefen Graben zwischen den Kleingärten stagnierte. 12 if.. 2_2020
Die Garten- gemeinschaft Der Wunsch nach einem eigenen Garten ist nicht immer in erfüllbarer Nähe. Es mangelt an Geld, an Platz, an Zeit, an allem. Ein Gemeinschaftsgarten ist eine mögliche Lösung für das fehlende Stück vom grünen Glück. G emeinschaftsgärtnern ist weit mehr als ein Trend. Gerade im dicht besiedelten Raum steht es für eine Zuwendung zur Natur, vielleicht getrie- nach einer Startphase an die teilnehmenden Ge- meinschaftsgärtnerinnen ben von der Sehnsucht, auch in der Stadt mehr und -gärtner zu übergeben. Es Grün zu haben, mehr Gemüse, wieder Erdung zu interessierten sich überdurch- erfahren. Erdung, die auch in der gemeinsamen schnittlich viele Frauen für das Pro- Gartenarbeit und im Austausch mit anderen, jekt, eine sehr heterogene Gruppe, Gleichgesinnten, passiert. Das Garteln wird zum die von den Organisatorinnen des gemeinsamen Nenner einer ansonsten heterogenen Vereins auf dem Weg zur Selbst- Gemeinschaft. verwaltung begleitet wurde. Der Ihren Ursprung hat die Idee der Gemeinschafts Garten stellte sich in diesem Pro- gärten in den 1970er-Jahren, als in New York die zess als sicherer Ort für Frauen dar, „Community Gardens“ entstanden: Auf brach lie- zu dem sie jederzeit gehen konnten, genden Flächen inmitten der dicht bebauten und legitimiert durch die substanzielle versiegelten Stadt wurden grüne Freiräume geschaf- Arbeit, die sie dort verrichteten. Er wurde fen. Von Anfang an stand die Idee der interkulturel- zum Freiraum, den sie mitgestalten konnten und wo len Zusammenarbeit bei diesen Projekten im Mittel- sie auch Anerkennung fanden. Das wurde vor allem punkt – und das tut sie bei vielen Projekten bis bei Frauen mit Migrationshintergrund sichtbar, die heute. Der Grund dafür steckt in der Natur des Gar- aufgrund ihrer Familien- und Wohnsituation den tens selbst: Es gibt wenige Orte, an denen Menschen Nachbarschaftsgarten besonders schätzten. jeglichen kulturellen Hintergrundes ganz nieder- In ganz Österreich gibt es vergleichbare Projekte, die schwellig ein verbindendes Thema finden. Umgra- den Garten als Ort nutzen, sich über Gender- und ben, pflanzen, warten und ernten – das funktioniert Kulturgrenzen hinweg zu begegnen. Etwa den Ge- auf der ganzen Welt gleich. meinschaftsgarten „LUNA“ im niederösterreichi- schen Hollabrunn. Bei diesem Projekt bearbeiten Freiraum und Gestaltung arbeitssuchende Frauen gemeinsam einen Gemüse-, Der Wiener Verein Wirbel – Institut für feministi- Kräuter- und Obstgarten auf einer Grünfläche sche Forschung und Praxis initiierte im Jahr 2008 zwischen alten Lagerhallen. Die Frauen lernen über © Shutterstock (3) im Wiener Oskar-Helmer-Hof ein Pilotprojekt: Pflanzeninhaltsstoffe, Ökologie, Anbau, Ernte, Ein Gemeinschaftsgarten sollte auf einer bisher Bodenverbesserung, verarbeiten die Gartenprodukte ungenutzten Grünfläche zu Senfen, Kräutersalzen, Teemischungen und entstehen, mit vielem mehr. Darüber hinaus erfahren sie Gemein- dem Ziel, schaft, Anerkennung und Erdung: die geballte diesen Gemeinschaftsgarten-Kraft. Gartenprojekte im Netz Verein Wirbel www.wirbel-garten.at Förderung von Begrünungsprojekten www.grätzloase.at Gartenprojekte in ganz Österreich www.gartenpolylog.org Selbsterntefelder in der Übersicht www.selbsternte.at if.. 2_2020 13
„Der Verein Erdling bewirtschaftet gemeinschaftlich.“ Vereinsobfrau Doris Koch Gemeinsam arbeiten, gemeinsam ernten Sich mit eigenen Lebensmitteln zu versorgen, das ist das Ziel von Erdling – Verein für solidarische kooperative Landwirtschaft. Jedes Mitglied arbeitet mit und bekommt dafür einen bestimmten Ernteanteil. V or sechs Jahren hat der Verein Erdling in Salzburg-Aigen begonnen, eine fast ein Hektar große Wiese als Gemüsefeld zu bearbeiten. Eingeteilt noch eine Streuobstwiese in Liefering sowie eine zwei- te Obstwiese in Oberhofen am Irrsee“, erläutert sie. Zweiter Schwerpunkt ist die Wissensvermittlung von in rund 90 Felder, wachsen dort verschiedenste Boh- der Fruchtfolge über die Aufbereitung von Beeten, nen-, Erdäpfel-, Kürbis- und Salatsorten, Zucchini, alles zum Thema Schädlinge bis hin zum Mähen mit Mangold, Spinat, Kohlrabi, Kraut, Sellerie und vieles Sense. „Im Lauf der Jahre haben wir immer mehr da- mehr. Die komplette Fläche wird verplant, jedes zugelernt, von speziellen Erfahrungen Einzelner profi- Mitglied beteiligt sich an den Arbeitseinsätzen und tiert, und so können auch absolute Neulinge daran erhält dafür einen bestimmten Ernteanteil. In einem teilhaben und ganz ohne Vorwissen dazukommen.“ Unterstand lagern sie die gemeinschaftlichen Geräte inklusive eines Rasenmähers mit Mulchfunktion. Die gemeinschaftliche Bewirtschaftung hat den Vor- „Unser ganzer Stolz“, lacht Vereinsobfrau Doris Koch. teil, dass sich der Arbeitsaufwand auf etwa 50 Stun- den pro Jahr beschränkt. Andererseits birgt das aber In erster Linie geht es ihnen um Selbstversorgung. das Risiko von Unstimmigkeiten über Anbau oder „Mit einer Mitgliedschaft geht sich das gut für zwei Methodik. „Aber bisher haben wir das immer noch Personen das ganze Jahr über aus. Wir haben auch gut hinbekommen“, freut sich Koch. Platz ist in der kleinsten Rabatte Im dicht besiedelten Stadtteil Schallmoos hat der Gemeinschaftsgarten Pflanzerei ein Refugium für jene geschaffen, die in Mehrparteienhäusern, in kleinen Wohnungen und vielleicht sogar ohne Balkon zurechtkommen müssen. E twa 500 Quadratmeter umfasst die Pflanzerei, angesiedelt in einer Ecke des Dr.-Hans-Lechner- Parks in Salzburg-Schallmoos. „Diese Fläche wäre in Informationen im Internet: • zu Stadtteil- und Nachbarschaftsgärten: www.stadt-salzburg.at „Stadtteilgärten“ • über Projekte: Verein blattform Salzburg, etwa nötig, um eine Familie das ganze Jahr über zu www.blattform-salzburg.at versorgen. Wir haben uns entschieden, lieber vielen Leuten auf einer kleineren Fläche die Möglichkeit zum Garteln zu bieten. Es geht mehr darum, zu schauen, was wächst und gelingt, und wenn ich etwas ernten kann, ist das schön“, erklärt Doris Wlczek-Spanring von der Pflanzerei. Hinter dieser steht der Verein blattform, der die Fläche 2013 von der Stadt auf zehn Jahre gepachtet hat. Um die 45 Mitglieder haben etwa 20 Beete für sich, wo sie loslegen können. „Es geht um möglichst natur- nahes Gärtnern, aber auch um die Gemeinschaft und den Austausch, betont Doris Wlczek-Spanring. Doris Wlczek-Spanring von der Pflanzerei Schallmoos. 14 if.. 2_2020
Pinzgauer Heilwissen als Weltkulturerbe Was aus einem EU-Regionalentwicklungsprogramm vor allem für Frauen aus dem Pinzgau entstand, ist mittlerweile in das immaterielle Weltkulturerbe aufgenommen worden. U nser Projekt war ursprünglich touristisch ange- legt. Es sollten Arbeitsplätze entstehen und wir wollten den Gästen in der Region etwas Besonderes Besten aus ihrem Fach, geben bei den Kursen ihr Wissen weiter. „Wir haben z. B. auch einen bieten, sie sollten TEH (Traditionelle Euro Experten aus der Vergiftungs- päische Heilkunde) erleben können“, zentrale dabei. Der sagt, es gibt schildert Theresia Harrer-Vitzthum, nur ganz wenige giftige Pflanzen, Gründungsmitglied und Obfrau des die muss man aber wissen.“ Vereins TEH, der 2007 in Unken gegründet wurde. 2008 hat der Verein den ersten TEH- Kräutergarten angelegt, der zum Vorbild für viele Dazu hat TEH das alte Heil- weitere wurde. 2010 wurde die Arbeit des Vereins in wissen der Pinzgauerinnen und das immaterielle Weltkulturerbe der UNESCO Pinzgauer abgefragt. „So haben aufgenommen. „Nicht, weil wir hier im Pinzgau so wir erhoben, was in den Fami besonders sind, ähnliche Projekte gibt es auch an- lien in der Natur- bzw. Haus derswo, sondern deshalb, weil man anhand unseres apotheke immer schon zur An- Beispiels zeigen wollte, wie wichtig das alte Heil wendung kam, was wie wirkte. wissen ist“, stapelt Harrer-Vitzthum tief, freut sich Das meiste stammt naturgemäß von aber enorm über die Wertschätzung und Anerken- älteren Leuten. Dann haben wir dieses nung. „Viele Leute in der Region haben so gesehen, Wissen verglichen mit dem, was wis- dass wir hier eine wichtige Arbeit leisten.“ senschaftlich erwiesen ist. Welche In- haltsstoffe, wie sie wirken, die pharma- zeutische Bedeutung und ob sie positiv bewertet wurden. Manches, was noch Theresia Harrer- nicht untersucht oder negativ bewertet wur- Vitzthum ist Obfrau de, aber trotzdem seit Langem angewendet wird, des Vereins TEH. haben wir uns auch angeschaut und sehr genau aufge- arbeitet“, beschreibt sie die Arbeit im Hintergrund. Seither wächst der Wissensschatz beständig an. „Es kommt immer Neues dazu, wir lernen nie aus, ob- wohl oder weil wir immer damit beschäftigt sind.“ Onlineshop, Geschäfts- und Seminarräume Inzwischen hat der Verein eine schöne Heimstätte © doris koch, Pflanzerei/A. Gautsch, Theresia Harrer-Vitzthum, TEH im ehemaligen Zollamt am Steinpass gefunden, wo Büros sowie ein kleiner Verkaufsraum ein- gerichtet sind. Neben dem Onlineshop gibt es hier die vor Ort hergestellten Sirupe, Salben, Tinkturen, Einreibungen, etc. zu kaufen. In den Seminarräumen finden die Ausbildungen zum TEH-Praktiker, zur TEH-Praktikerin statt. „Unser Anliegen ist, das Kräuterwissen in die Familien zu bringen“, betont Harrer-Vitzthum. 15 bis 20 verschiedene Trainerinnen und Trainer und Kooperationspartnerinnen und -partner von der Apothekerin bis zum Haubenkoch, die jeweils if.. 2_2020 15
menschen zum thema: mein garten und ich Kornelia Seiwald Präsidentin der Salzburger Apothekerkammer, Pharmazeutin, Salzburger Apotheker-Kräutergarten Bald schon werden es 25 Jahre, dass wir im Zuge der Gestaltung des Botanischen Gartens zusammen mit der Universität Salzburg dort den Apotheker-Kräutergarten einrichten konnten, wo ich von Beginn an mitgearbeitet habe. Nach dem Motto „Gegen jedes Leiden ist ein Kraut gewachsen“ ist er unterteilt in acht verschie- dene Bereiche nach Indikationen, z. B. Herz-Kreislauf, Magen-Darm, Haut, Frauenleiden etc. Wir können hier interessierten Menschen auf knapp 300 Quadratmetern fast 300 verschiedene Heilpflanzen zeigen, in derart konzentrierter Form gibt es das sonst nicht. Hier ist Wissen aus der Volksheilkunde zusammengefasst, das auch wissenschaftlich untersucht wurde. Anke Eder PR-Fachfrau, Bloggerin „natürlich hausgemacht“, diplomierte Ernährungstrainerin, diplomierte Kräuter- pädagogin mit TEH-Ausbildung, Kräuterexpertin Mein Interesse für gesunde Ernährung aus dem eigenen Garten hat mit den Kindern begonnen. Die ersten erfolgreichen Versuche mit Tomaten auf der Terrasse haben mich so begeistert, dass mein Mann und ich nach und nach unseren Gemüsegarten angelegt haben. Inzwischen hat sich so eine beträchtliche Wissens- und Rezeptsammlung ergeben, die sich auf meinem Blog findet bzw. bei den Kräuter-, Brotback- oder Seifen kursen zur Sprache kommt. Erika Schwab-Röck Hoadabäuerin Embach, Seminarbäuerin mit großem Hausgarten und (Natur-)Kräutergarten nach TEH-Richtlinien Schon von Kindheit an habe ich mich mit allem auseinandergesetzt, was wächst, der Garten ist mein Hobby. Einen großen Hausgarten hatte ich schon immer, wobei ich das Hauptaugenmerk stets auf Selbstversorgung gelegt habe – mit fünf Kindern habe ich ja eine große Familie zu bekochen. Zum Abschluss meiner TEH-Ausbildung habe ich mit der Planung eines Kräutergartens begonnen, den ich dann mit mehreren Hochbeeten und einem Steingarten angelegt habe. Auf der steilen Magerwiese gedeihen überdies zahlreiche Heilkräuter, die ich auch zu Tees, Tinkturen etc. verarbeite. Wie es halt die Zeit erlaubt, denn ich versorge auch noch unsere Nebenerwerbslandwirtschaft mit Schafen und Kleintieren. © Apothekerkammer, natürlich hausgemacht, Schwab-Röck if.. 2_2020 Österreichische Post AG MZ 02Z031451 M Amt der Sbg. LR Ref. 2/05, M.-Pacher-Str. 28, 5020 Salzburg
Sie können auch lesen