Gartnere-Gable Das Informationsblatt E. E. Zunft zu Gartnern - www.gartnernzunft.ch

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2020 / Nr. 66 – Seite 1

Gartnere-Gable
Das Informationsblatt E. E. Zunft zu Gartnern

 www.gartnernzunft.ch                Nr. 66 / Dezember 2020
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2020 / Nr. 66 – Seite 2

Inhaltsverzeichnis
Editorial...................................................................................................................... 3
Virtuelle Vernissage des Jahrbuches aus dem Studio ................................................. 4
Ein Zunftessen statt einer Zunftfahrt in surrealen Zeiten ........................................... 7
Von der Mittleren Brücke zum Rheinhafen .............................................................. 11
Franziskus-Määli 2020 unter erschwerten Bedingungen .......................................... 15
Umgang im Multikulti-Quartier ................................................................................ 19
Die St. Jakobsfeiern aus der Sicht der Zünfte – Teil 3 ............................................... 24
Facebook Glosse ...................................................................................................... 30
Entdeckungsreise durch Basels Baumalleen ............................................................. 32
Nachruf Alt-Meister Dr. iur. Alfred Hartmann – Eccles ............................................. 34
Todesfälle................................................................................................................. 37
Für Sie aufgestöbert ................................................................................................. 38
Unsere Jubilare im 2021 ........................................................................................... 39
Impressum ............................................................................................................... 39

Titelbild
Rosskastanie auf dem Münster
Pascal Joray, 2020, www.pascaljoray.ch
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2020 / Nr. 66 – Seite 3

Editorial

Liebe Zunftschwester, lieber Zunftbruder, liebe Leserinnen und Leser
Bald geht ein spezielles Jahr zu Ende. Ein Jahr, welches unser Leben ziemlich durchei-
nander gerüttelt hat. Auch die Gartnernzunft war davon betroffen. Aufgrund der
Massnahmen des Bundesrates und auch des Kantons Basel-Stadt zur Bekämpfung der
Corona-Pandemie konnten wir einige geplante Zunftanlässe nicht durchführen. Das
ist bedauerlich, denn Meister und Vorgesetzte schätzen den persönlichen Kontakt mit
Ihnen sehr. So erfahren wir 1:1, wo Sie allenfalls der Schuh drückt oder was wir im
Zunftleben noch besser machen können. Gerade an einem Anlass wie der Maibowle
besteht die Möglichkeit sich in einem gemütlichen Umfeld auszutauschen. Leider
musste auch diese coronabedingt ausfallen. Immerhin konnten wir mit einer virtuel-
len Vernissage den Zunftmitgliedern das Jahrbuch 2019 präsentieren.
Wir sind glücklich, dass wir trotz aller Widrigkeiten die Möglichkeit hatten, einen An-
lass mit der persönlichen Teilnahme von Zunftmitgliedern durchführen zu können. So
trafen wir uns am 22. August zum traditionellen Zunftessen, etwas später als ur-
sprünglich geplant. Bereits beim Apéro war zu spüren, dass die Durchführung des
Zunftessens geschätzt wurde. Gerade an einem solchen Anlass sind die persönlichen
Kontakte sehr wichtig und diese wurden auch rege genützt – selbstverständlich unter
Einhaltung der Corona-Bestimmungen. Auch beim Herbstausflug in den Rheinhafen
nahmen zahlreiche Zunftmitglieder teil und genossen die guten Gespräche. Es zeigte
sich, dass gerade in dieser speziellen Zeit die sozialen Kontakte enorm wichtig sind.
Gefreut hat uns auch, wie die Aktion „d Gartnere hilft“ ein grosses Echo fand. Zahlrei-
che Zunftmitglieder meldeten sich für die Erledigung von Botendiensten für diejeni-
gen Zunftmitglieder, die ihre Wohnung nicht verlassen sollten. Und genau diese
haben von diesem Angebot auch Gebrauch gemacht. Dies ist die gelebte Solidarität
in unserer Zunft, wie wir sie in unserem neuen Leitbild erwähnen.
Obwohl wir nicht wissen, welchen Einfluss die Corona-Pandemie auch im 2021 haben
wird, hat der Vorstand das Jahresprogramm entsprechend erstellt und hofft sehr,
dass unsere Zunftanlässe durchgeführt werden können. Vielleicht in einer etwas an-
deren Form als gewohnt.
Nun wünschen Meister und Vorgesetzte Ihnen und Ihren Angehörigen eine besinnli-
che Adventszeit und ein frohes Weihnachtsfest. Und speziell uns allen und der ganzen
Basler Bevölkerung wünschen wir ein gutes und erfolgreiches Neues Jahr. Bleiben Sie
gesund!
                                                                   Stephan Gassmann
                                                                             Meister
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Virtuelle Vernissage des Jahrbuches aus dem Studio
Ein klitzekleines Virus bringt unser privates Leben wie auch das Zunftjahr ganz schön
durcheinander. Noch vor kurzem haben wir uns nicht vorstellen können, dass Res-
taurants geschlossen werden, Anlässe abgesagt oder verschoben werden oder dass
wir Geschäfte nur noch mit Mund-Nasen-Schutz betreten dürfen. Alles ist nun Rea-
lität geworden und darum nicht verwunderlich, dass die Maibowle und die Jahr-
buchvernissage der Zunft zu Gartnern in diesem Jahr abgesagt wurden.

(pb) Viele Monate intensive Schreibar-       wo das Corona-Virus den Takt vorgibt
beit stecken in jedem Jahrbuch und           und grössere Menschenansammlungen
dank dieser grossartigen Arbeit erhalten     immer wieder verhindert. «Kein Jahr-
unsere Zunftangehörigen jedes Jahr           buch ohne Vernissage» sagte sich der
eine interessante und lehrreiche Publi-      Zunftvorstand und hat darum entschie-
kation, der auch über unsere Zunftgren-      den, diesen Anlass zum ersten Mal in
zen hinaus grosse Beachtung geschenkt        der über 760 Jahre alten Geschichte der
wird. Und genau darum wird das Er-           E. Zunft zu Gartnern, virtuell, also via
scheinen des Jahrbuchs jedes Jahr mit        Live-Stream, durchzuführen.
einer Vernissage im Gasthof zum Golde-
                                             Die Vorbereitung dazu war entspre-
nen Sternen gefeiert. Nicht so im 2020,
                                             chend aufwändiger als bisher. Abspra-
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chen mit der Studiocrew und ein exak-       Freiermuth. Auch dies wurde bereits vor
tes Storyboard inklusive Bild- und Vi-      der Vernissage aufgenommen und nun
deo-Einspieler haben entsprechend Zeit      per Video eingespielt.
in Anspruch genommen. Doch das Re-
sultat, die Liveübertragung analog einer
Fernsehspezialsendung per Internet,
war ein voller Erfolg. Über 30 Zunftan-
gehörige nahmen daran teil und konn-
ten sich während der Übertragung per
Chat auch noch direkt in die «Sendung»
einschalten.
                                            Nach den Begrüssungsworten des Meis-
                                            ters Stephan Gassmann, in welchen er
                                            all jenen dankt, die in irgendeiner Weise
                                            dazu beigetragen haben, dass das Jahr-
                                            buch entstehen konnte, ist Kulturbeauf-
                                            tragter Urs Albisser mit seinen
                                            Informationen an der Reihe. Er präsen-
                                            tiert das Thema des neusten Jahrbuchs
Die von Statthalter Pietro Buonfrate        1000 Jahre Basler Münster und erklärt
moderierte Vernissage wurde zu einem        die einzelnen Beiträge der Autoren.
einmaligen, unterhaltsamen, kurzweili-      Zunftschwester Petra Huser hat nach
gen und lehrreichen Anlass, in welcher      sakralen Bauten noch vor dem Hein-
nicht nur das neu erschienene Jahrbuch      richsmünster recherchiert, während
im Vordergrund stand. Ebenso wurden         Zunftbruder Christian Zingg aus jeweils
die neuen Zunfttrommeln des Zunft-          zehn Jahrhunderten sein Lieblings-
spiels erstmals der Öffentlichkeit vorge-   kunstwerk vorstellt und Vorgesetzter
stellt. An dieser Stelle bedankt sich der
Vorstand nochmal ganz herzlich bei al-
len Spendern, die es ermöglicht haben,
dass sich das Zunftspiel mit neuen Holz-
trommeln inklusive aufgemaltem Zunft-
wappen zeigen darf. Da das Zunftspiel
nicht live und vor Ort auftreten konnte,
wurde der Auftritt bereits im Vorfeld       Urs Albisser aufzeigt, wie nahe Renova-
aufgenommen und per Video in die Live-      tion und Bausünde zusammen liegen.
übertragung integriert. Ein ebensolcher     Im neuen Jahrbuch findet man auch
Höhepunkt war das Eintrommeln einer         zwei Interviews, im ersten ist alles ver-
Zunfttrommel durch den Geschäftsfüh-        packt, wie eine Baslerin oder ein Basler
rer der Firma Schlebach AG Basel, Stefan    die Zeit des Basler Konzils erlebt oder
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                                                            Mit den Jahrhunderten
                                                            änderte sich aber die
                                                            Einstellung zur Bunt-
                                                            heit.
                                                            Das Jahrbuch E.E. Zunft
                                                            zu Gartnern ist wie-
                                                            derum eine lesens-
                                                            werte Publikation, in
                                                            welcher der Leser aller-
                                                            lei Informationen zum
                                            Basler Münster und dessen Bauge-
wie sie sich zu dieser Zeit gekleidet ha-   schichte aber auch über das Leben in Ba-
ben. Dort erfahren wir auch von Zeit-       sel Mitte des 15. Jahrhunderts erhält.
zeuge und Gartnern-Altmeister Andres
Edelmann, warum das Konzil überhaupt        Wer die virtuelle Vernissage nicht live
in Basel stattfand. Im zweiten Interview    verfolgen konnte, kann auf deren Auf-
führt uns Zunftbruder Jürg Diezig in die    zeichnung auf der Homepage der Gart-
heutige Münsterbauhütte. Zum Schluss        nernzunft zurückgreifen. Wenn Sie das
erklärt uns Urs Albisser noch, dass das     Jahrbuch auch finanziell unterstützen
Münster damals nicht so sandsteinfar-       wollen, dann freuen wir uns über jeden
big war, sondern dass Fassaden, Portale     Zustupf für dieses Werk.
und Skulpturen farbig bemalt waren.
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Ein Zunftessen statt einer Zunftfahrt in surrealen Zeiten
Der Zunft-Vorstand hat beschlossen, in diesem ausserordentlichen Jahr 2020, nicht
ganz auf den persönlichen Kontakt zu verzichten und hat statt der vorgesehenen
Zunftfahrt nach Solothurn das Zunftessen im Goldenen Sternen ausgerichtet. Dies
selbstverständlich unter den Vorgaben und Empfehlungen des Bundesrats und des
BAG. Solothurn steht auch nächstes Jahr noch – freuen wir uns jetzt schon darauf!

(crb) Nicht nur weil ich mir den Bericht    flach aber auch nicht über 8 cm – messe
«Dresscode bei Zunftanlässen, ein alter     zur Sicherheit die Absätze schnell nach –
Zopf» in der letzten Gartnere-Gable zu      lächerliche 5 cm! – das sollte zu machen
Herzen genommen habe, kleide ich            sein, denke ich - aber das ist eine andere
mich früh am Morgen sorgfältig an, su-      Geschichte...
che wie immer das Zunftabzeichen und
                                            Der Tag beginnt mit Nieselregen und so
die Nadel und erschrecke ob der Falten
                                            lasse ich mich auch der Schuhe wegen
im Seidenfoulard. Wie die Farb- und Stil-
                                            zum St. Alban-Tor chauffieren, wo um
beraterin Julia Kolbe uns Zunftschwes-
                                            11:00 Uhr der Apéro durch das Döörli-
tern ans Herz legt, sollen die «Schuhe
                                            Team der Spezi Clique schon bereit
für die Trägerin bequem sein und den-
                                            steht. Hinter wehender goldsonnengel-
noch den formellen Look ihrer Kleidung
                                            ber Gartnern-Fahne reiht sich mit ange-
nicht ins Wanken bringen». So ziehe ich
                                            messenem Schritt die anwesende
den dazu passenden Schuh an – nicht
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Zunftfamilie nach dem Apéro ein und         Stephan Gassmann thematisiert in sei-
zieht trommelnd und pfeifend vom St.        ner Rede die Corona-Pandemie. Er be-
Alban-Tor zum St. Alban-Tal in den Gol-     dankt sich herzlich bei Thierry Colin und
denen Sternen. 42 Zunftbrüder und -         den vielen Zunftmitgliedern, welche
schwestern nehmen sodann im altehr-         sich spontan für die Aktion «d Gartnere
würdigen Sternensaal Platz.                 hilft» zur Verfügung gestellt haben.
Nach einem köstlichen «Zweierlei vom
Tatar – Rind & Kalb» erfreut uns das
kurzfristig zusammengestellte Trom-
meltrio (Thomas Mangold, Florian Schär
und Tobias Leisinger) mit einer ersten
trommlerischen Kostprobe, dem Ueli.
Die neuen Zunfttrommeln, welche im
Frühling eingeweiht und durch grosszü-
gige Spenden finanziert werden konn-        Statthalter Pietro Buonfrate kann am
ten, erstrahlen in wunderbarem Glanz        heutigen Zunftessen Piero Iellamo und
und «grällele», dass es eine Freude ist.    Michael Tschäni im Kreise der Gartnern
Zeremonienmeister Georges Götz wagt         begrüssen – anlässlich eines strengen
sogar zu behaupten, es seien die            Aufnahmegespräches konnte die Zunft-
schönsten fellbedeckten Kübel in, um        tauglichkeit geprüft werden und beide
und um Basel herum.                         sind heute zur zeremoniellen Aufnahme
                                            eingeladen. Ein Teil des heutigen
                                            Schutzkonzeptes heisst: «Gligg oder
                                            Päch kaa».

Meister Stephan Gassmann begrüsst
Ehrengast, Willi Rühl, Meister E.E. Zunft   Mittels Losentscheid wird die grosse Ga-
zu Kürschnern. Der zweite Ehrengast         bel und die kleine Gabel zugeteilt.
unseres Äquivalents – der Zürcher Zunft     «Gligg», wer die Grosse – «Päch», wer
zu Kämbel (das heisst tatsächlich Ka-       die Kleine zieht...oder ist es doch viel-
mel), Zunft der Gartner, Oeler und          leicht umgekehrt?
Grempler, hat leider wegen Corona ab-       Unter den wirbelnden Trommelschlä-
gesagt. Aufgeschoben ist nicht aufgeho-     gen Florian Schärs – setzt Piero Iellamo
ben!                                        die kleine Gabel an seinen Mund, dreht
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diese professionell langsam und             Dank für euren unermüdlichen Einsatz!
«syyferlig» von einem zum anderen           Marco Cairoli in Übersee, Marcel Jaco-
Mundwinkel und leert sie in einem Zug!      met und auch Eduard Schmid werden
                                            die «Gääbeli» auf postalischem Weg er-
                                            halten.

                                            Beinahe wären Piero Iellamo und Mi-
                                            chael Tschäni um ihre Antrittsrede her-
                                            umgekommen, aber Pietro Buonfrate
Michael Tschäni sodann - setzt die          lässt sie nicht davonkommen und beide
grosse Gabel mit lockerem Lächeln an,       bedanken sich herzlich für ihre Auf-
schluckt jedoch für einen kurzen Mo-        nahme.
ment leer, vergewissert sich der Auf-
merksamkeit des Publikums, um dann
entspannt die 7.5 dl «Wysse», den Weg
aller Wege gehen zu lassen. ...Ap-
plaus...! Was jetzt «Gligg oder Päch» ge-
wesen sein mag, kann im Nachhinein
nicht mehr eruiert werden. Die Aner-
kennung der Anwesenden ist Beiden auf
jeden Fall gewiss!                          Das Duo Fabienne Hagen und Nadia
                                            Gees wartet mit drei wunderbaren Pfei-
Pietro Buonfrate kommt nun zu den Ju-       fermärschen auf. Ihre Finger gleiten vir-
biläen – Kurt Schneider und Andreas Mi-     tuos und fein über ihre Piccolos und
ville werden ihr goldenes «Gääbeli» für     manch einer summt beim Balconia von
ihre 50-jährige treue Zunftzugehörigkeit    Gérald Prétôt, Pfeifernoten und Urs
per Post erhalten. Von den fünf Jubila-     Gehrig, Trommeltext mit – halt…! – ken-
ren mit 25-jähriger Zugehörigkeit sind      nen wir diese Melodien nicht von Mani
Daniel Keuerleber und René Blatter an-      Matter?
wesend. Daniel Keuerleber ehemaliger
Meister bis 2013 und René Blatter, jetzi-   Der Anlass neigt sich langsam seinem
ger Seggelmeister, werden mit dem sil-      Ende zu und unser aller Dank gilt dem
bernen «Gääbeli» geehrt. Herzlichen         Team unter dem aus Strassbourg stam-
                                            menden Küchenchef David Ettwiler, der
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                                           Sternen mit der Kulisse des Kleinbasler
                                           Ufers im Hintergrund.
                                           Bei einem oder zwei letzten «Schlum-
                                           bis» im Hinterhof des Sternens und bei
                                           nun schönstem Sommerwetter lassen
                                           wir dieses spezielle Zunftessen 2020 Re-
                                           vue passieren und nicht wenige, vor al-
                                           lem aus dem Spiel, folgen dem Ruf der
dem köstlichen Tatar ein kühles «Gazpa-    Familiengärten am Birskopf und lassen
cho Andaluz», ein «Kalbsgeschnetzeltes     bei Petra Huser den wunderbaren Tag
mit Rösti» und eine «Île flottante» fol-   ausklingen. Das Zunftessen 2020 wird in
gen liess - wir haben es genossen!         die Zunftgeschichte eingehen!
Als krönenden Abschluss ertönt das ver-
einigte Zunftspiel vor dem Goldigen
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Von der Mittleren Brücke zum Rheinhafen
Bei schönstem Altweibersommerwetter trifft sich die Gartnern-Familie zum Herbst-
anlass auf der rechten Seite des Rheins. Vom Kleinbasler Brückenkopf dem Rhein-
ufer entlang führt uns ein geschichtsträchtiger Spaziergang zum Dreiländereck.

                                          November 1954
                                          (crb) Über der nordirischen See an der
                                          Küste der Grafschaft County Down braut
                                          sich ein Unwetter zusammen. Die «Gan-
                                          net» auf 54°24'N, 5°23'W wiegt sich wild
                                          im sich gefährlich auftürmendem Sturm.
                                          Aufgeregt schweben weisse Tölpel über
                                          dem Schiff und künden so einen der vie-
                                          len «stoirmeacha» an. Die siebenköpfige
                                          Crew unter ihrem Kapitän macht sich be-
                                          reit für eine anstrengende Nacht. Auf
                                          dem 12m hohen Leuchtturm, welcher
                                          majestätisch über dem Schiff ragt, wird
                                          das Feuer entfacht, damit die Schiffe vor
                                          den gefährlichen Klippen gewarnt wer-
                                          den.
                                          Bei der Helvetia treffen wir uns, auf der
                                          rechten Sonnenseite des Rheins. Urs
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Albisser begrüsst nebst den Kleinbaslern    eine supermoderne Navigationsboje er-
auch die Grossbasler und die Baselbie-      setzt. Traurig aber stolz erhobenen
ter Touristen zum Herbstanlass «Von         Hauptes lässt sich die «Gannet» vom
der Mittleren Brücke zum Rheinhafen –       Serviceschiff der Irish Light abschleppen.
mit allem, was dazugehört» und drückt       Hunderte von Tölpeln begleiten sie krei-
den Anwesenden die Kopie des Merian-        schend in eine ungewisse Zukunft an das
Plans in die Hand. Die Helvetia, von der    Festland.
Künstlerin Bettina Eichin 1980 angefer-
tigt, sitzt derweil auf der Mauer. Von
ihrer Schweizerreise müde geworden,
blickt sie wehmütig rheinabwärts.

Ein gemütlicher Spaziergang führt uns
von der Mittleren Brücke über das Theo-
bald Baerwart-Schulhaus – eine Hom-
mage an unseren Kleinbasler Poeten –
zum nächsten Highlight; dem Hafen-          Katja Reichenstein (Journalistin, Mode-
Kran am Anfang der Uferstrasse, wel-        ratorin, Kulturschaffende und Pflege-
cher von der Novartis über Umwege ans       fachfrau) vom Verein ShiftMode wartet
Klybeck-Ufer verfrachtet wurde. Eigent-     schon auf uns im Holzpark Klybeck, der
lich ein idealer Ort für eine Bar auf 7m    ein wenig nostalgisches Robi-Spielplatz-
Höhe über dem Rhein – aber eben nur         Feeling versprüht. Der Verein ShiftMode
eigentlich! Simon Lutz kämpft seit 2017     hat die Federführung für die Zwischen-
gegen Verwaltungs-Windmühlen und            nutzung des Areals, welche bis 2029 ver-
wiehernden Amtsschimmel.                    längert wurde, inne. Katja Reichenstein
                                            erklärt uns das Konzept des Holzparks.
Mittwoch, 25. Februar 2009                  Viele Kulturschaffende mit ihren Projek-
Auch das allerletzte Leuchtschiff vor der   ten haben hier eine Heimat gefunden.
nordirischen Küste, die «Gannet», hat       Indisches und Ägyptisches Essen er-
ihren Dienst getan und tritt in den wohl-   freuen die Gaumen der Besucher. Die
verdienten Ruhestand. Sie wird durch        Patschifig Bar, idyllisch gelegen an
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einem Seerosenteich mit Dahlien um-         Ein solches Projekt muss auch finanziell
säumt und den dazu gehörenden qua-          besonnen geplant werden und es wird
kenden Fröschen, erinnert an den            mit der BKB ein präziser Finanzplan auf-
Garten Monets in Giverny. Das Angebot       gestellt. Dieser kommt ganz ohne Steu-
reicht von Theaterproduktionen über         ergelder aus. Das Abenteuer kann
eine Hafebrocki, zum «Hafechäs», eine       beginnen. Ein Schiffstransport von Nord-
Fonduebeiz, die im Winter zu urgemüt-       irland über den Atlantik mit Umladen in
lichem Moitié-Moitié bittet und bis zu      den Rhein, birgt doch so einige Tücken,
einem…                                      die nicht zu unterschätzen sind. So muss
                                            der Turm abmontiert und für die Reise
                                            rheinaufwärts im Schiffsbauch verstaut
                                            werden – es handelt sich hierbei um Mil-
                                            limeter, die die «Gannet» unter den
                                            Rheinbrücken zwischen den Niederlan-
                                            den und dem Dreiländereck trennt. Rund
                                            ein Jahr später, am 07. August 2019 ver-
                                            folgen etliche Schaulustige, wie die
                                            «Gannet» mit einem Kran sachte auf
Freitag, 28. September 2018                 Schweizer Boden gehoben wird. Ein Ge-
Kurz nach 08:00 Uhr kentert das mit Kies    schenk für und an die Stadt Basel.
beladene Baggerschiff «Merlin» und löst
einen Trinationalen Rheinalarm aus. Ein
mehrstündiger Einsatz, den auch Katja
Reichenstein, ihr Mann Tom Brunner
und Roy Bula vom Holzpark vis-à-vis ver-
folgen und sie auf eine verrückte Idee
bringt: «Was wäre, wenn auf dem Ge-
lände ein Schiff stehen würde, welches
für kulturelle Zwecke…?» - ein verrückter
Gedanke... und kaum zu Ende gedacht,
gehen die drei Visionäre an die Umset-
zung. Katja ist zuerst skeptisch, aber
Tom macht sich leidenschaftlich und un-
verdrossen auf die Suche. Tom stösst
nach längerer Internetrecherche auf die
«Gannet» - Die Suche kommt für die drei
zu einem Abschluss und auch für die
«Gannet» hat das Warten nach neun
langen Jahren endlich ein Ende.             ...Leuchtschiff; die «Gannet». Sie wird
                                            den     Holzpark     bereichern.   Eine
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Aussenbar sowie ein Restaurant auf          über 3’000 Arbeitsplätzen ein wichtiger
dem Mitteldeck sollen bald ihre Tore        Wirtschaftsfaktor unseres Landes ist.
öffnen.
                                            So viel Geschichte und Information ma-
                                            chen Hunger. Einen Bärenhunger. Wir
                                            spazieren weiter ins Zentrum Klein-
                                            hüningens zum Restaurant Schiff, wo
                                            uns «Brunch-Uffschnitt-Plättli» erwar-
                                            ten.
                                            Mit einer Silo-Besichtigung sowie einer
                                            Filmvorführung im Museum «Verkehrs-
                                            drehscheibe Schweiz» mit Rolf Schle-
                                            bach und Tony Weibel geht der
                                            ereignisreiche Tag weiter. Der Blick vom
                                            Siloturm bietet eine grandiose Rund-
                                            sicht über die Dreilandregion. Im Theo-
                                            rieraum der Verkehrsdrehscheibe,
                                            lassen wir uns unter anderem in die Ge-
                                            heimnisse der Schweizer Hochschiff-
                                            fahrt einführen und erfahren, dass 19
                                            Hochseeschiffe unter Schweizer Flagge
Eine Underground-Treppe aus London
                                            fahren.
verbindet das Deck mit dem Bauch. Hier
können Konzerte stattfinden und ein Ra-     Nach einem kurzen Stelldichein im Res-
diosender soll nächstens hoch oben auf      taurant Schiff, machen mein Mann und
dem Leuchtturm über den Äther gehen.        ich uns auf den Heimweg dem Rheinufer
                                            entlang und stechen in Gedanken noch-
Für die Chronik der Basler Häfen ist Urs
                                            mals in die nordirische See. Das schwim-
Albisser ins Staatsarchiv gestiegen und
                                            mende Licht winkt uns freudig zu – es
erzählt uns die Historie von der 1533 ab-
                                            scheint, als ob es sich an uns und an den
gebrannten «Alten Schiffländi», dem
                                            heutigen Morgen erinnert.
Santihanshafen und Gelpkes Dampf-
schleppboot «Knipscheer IX», dass der       In hoffentlich nicht allzu ferner Zukunft
Rhein eigentlich seit der Unabhängigkeit    Hunderte Möwen schwirren über der
der Eidgenossenschaft 1648 als «Inter-      «Gannet», in ihrem Bauch wummerts
nationales Gewässer» gälte, sich weder      und Katja Reichenstein begrüsst aus
die Niederlande, Frankreich noch das        dem Turm die Region mit: «Guete
heutige Deutschland darum foutiert          Moorge Basel». Die Gannet ist daheim
hätten und dass die Rheinhäfen heute        angekommen!
mit CHF 1,1 Mia. Wertschöpfung und
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Franziskus-Määli 2020 unter erschwerten Bedingungen
Aufgrund der immer wieder ändernden Corona-Bestimmungen lag eine Durchfüh-
rung des traditionellen Franziskus-Määli lange in der Schwebe. Dank den rigoros
umgesetzten Schutzbestimmungen konnte der Anlass heuer doch noch stattfinden.
Und auch wenn einiges ganz anders war als in vergangenen Jahren, so war die Stim-
mung bei den Gästen ausgezeichnet und die Dankbarkeit aller über die sichere
Durchführung sehr gross.

(pb) Kein Apéro mit engem Zusammen-       entschieden hat, die Sicherheit grosszu-
stehen im Foyer, kein Live-Auftritt des   schreiben, aber dennoch ein stim-
Zunftspiels und keine Bierschwemme        mungsvolles Määli durchzuführen.
zum Schluss in der Vorgesetztenstube.
                                          Wie immer beginnt
Das waren die wichtigsten Änderungen
                                          das Franziskus-Mää-
am diesjährigen Franziskus-Määli, um
                                          li mit einem feinen
den neusten Schutzbestimmungen
                                          und gut gekühlten
Rechnung zu tragen und um auch den
                                          Weisswein in schö-
Teilnehmern die notwendige Sicherheit
                                          nen Zinnbechern.
zu geben. Gleichwohl war es auch ein
                                          Dieser wird nun also
Zeichen des Zunftvorstandes, der
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am grossen Tisch im Sternensaal und          Rassismus-Debatte um die beiden Gug-
nicht an den Stehtischchen im Foyer ein-     genmusiken Negro Rhygass und Mohre-
genommen und so startet das Franzis-         kopf und dann ein Jahr später ging es
kus-Määli nicht so wuselig und laut wie      mit den stürzenden Rössern während
üblich. Erster offizieller Programmpunkt     des Cortèges am Steinenberg weiter.
ist die Vorstellung der anwesenden           Den Höhepunkt als fasnächtliche Krisen-
Gäste, die wie immer vom Statthalter         managerin hat sie dann in diesem Jahr
durchgeführt wird. In seiner Ansprache       erleben müssen, als das Comité die Bas-
nimmt er die aktuelle Situation auf, er-     ler Fasnacht 2020 (aufgrund des bun-
klärt dabei aber auch, dass es nicht die     desrätlichen    Beschlusses)      offiziell
Zeit für negative Gedanken ist, sondern      absagen musste. Es war übrigens nicht
Solidarität und eine positive Einstellung    das erste Mal, dass die Basler Fasnacht
das einzige Rezept zur Krisenbewälti-        aufgrund einer Pandemie verschoben
gung darstellt.                              wurde. Wegen der Spanischen Grippe
                                             wurden die «drey scheenschte Dääg»
                                             1920 um ganze vier Wochen verscho-
                                             ben. Wie es um die Fasnacht 2021 steht,
                                             kann auch sie heute nicht beantworten.
                                             Sicherlich, so meint sie, müsse man sich
                                             vom Bisherigen lösen. Sie lobt in diesem
                                             Zusammenhang aber die gute Zusam-
                                             menarbeit mit der Basler Regierung.

Ehrengast des heutigen Abends ist Pia        Als Gast der Zunft nimmt Hotelier und
Inderbitzin, Obfrau des Basler Fas-          Gastrounternehmer Raphael Wyniger
nachts-Comités. Im Jahr 2000 ist sie zum     am grossen Tisch Platz. Dieser wusste
Comité gestossen, um den Bereich             schon als Knabe, als er seinen Grossva-
Nachwuchsförderung neu aufzubauen.           ter in dessen Tessiner Hotel hinter der
Unter ihrer Leitung fand damals der          Réception stehen sah, dass auch er
erste Schulumzug statt. Später wurde
sie zum Statthalter ernannt und im
Jahre 2018 zur Obfrau gewählt. Nach
108 Jahren Männerdirektorium nahm
sie somit als erste Frau den höchsten
Rang im Comité ein. Sie hat sich riesig
auf die erste Fasnacht als Oberhaupt der
Fasnächtler gefreut, doch ist sie von da
an von einer Krise in die andere geschlit-   einmal Hoteldirektor werden wolle. Und
tert. Angefangen hat es mit der              so kam es. Nachdem er lange als
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Vizedirektor von Basel Tourismus tätig      bei allen Gästen für ihr Erscheinen am
war, hatte er die einmalige Gelegenheit,    heutigen Abend. Die kurzweilige Präsen-
das Kulturhotel Teufelhof in Basel zu       tation der Gäste hat Appetit gemacht
übernehmen. Die ersten Jahre waren          auf den ersten Gang, der traditioneller-
für den aus-gebildeten Hotelfachmann        weise als Kürbiscrèmesuppe mit Blätter-
sehr schwierig, doch er hat durchgehal-     teighaube daherkommt.
ten und managt heute neben dem Hotel
                                            Als Premiere in der Geschichte der
Teufelhof auch das Hotel Residence Set,
neun Restaurants, ein Café,
ein Catering-Unternehmen
und ein Kleintheater. Auf-
grund seiner Initiativen und
seinem Unternehmergeist
braut er und sein Team in der
Zwischenzeit auch noch ein
eigenes Bier und bringt ne-
ben einem Gin auch einen
Whisky und einen eigenen
Rum auf den Markt. Es ist ge-
rade diese Diversifikation,                 E. Zunft zu Gartnern folgt der virtuelle
dass seine Betriebe die Corona-Krise bis    Auftritt des Zunftspiels an einem Fran-
jetzt recht gut überstanden haben. Die      ziskus-Määli. Da das Pfeifen in geschlos-
aktuelle schwierige Lage der Restaurati-    senen Räumen aktuell nicht gestattet
ons- und Hotelbetriebe sei hart, sub-       ist, hat man sich für diese sympathische
stantiell und existentiell, aber machbar,   Variante des musikalischen Intermezzos
erklärt Wyniger. Es ist beeindruckend,      entschieden. Das Zunftspiel wird auf
wie Raphael Wyniger mit einer positiven     Grossleinwand projiziert, wo es zuerst
Einstellung in die Zukunft schaut und da-   den Arabi und später am Abend dann
bei die Ruhe behält. Er besitzt die Bega-   noch den Wettsteinmarsch vorträgt.
bung, auch eine Krise als unterneh-         Eine tolle Idee und eine perfekte organi-
merische Chance zu begreifen. Als Un-       satorische Umsetzung. Noch vor der
ternehmer aber auch als Präsident des       Vorspeise richtet Meister Stephan Gass-
Hotelier-Vereins Basel und Umgebung         mann seine Worte an die Tafelrunde.
wird er in den nächsten Monaten noch        Auch er thematisiert die aktuelle Situa-
ein sehr gefragter Mann sein.               tion während der Corona-Pandemie.
                                            Diese sei nur mit grosser Solidarität un-
«Ausserordentliches entsteht in ausser-
                                            tereinander zu bewältigen und er er-
ordentlichen Zeiten» meint Statthalter
                                            wähnt als bestes Beispiel nochmals die
Pietro Buonfrate zum Ende der Gäste-
                                            Aktion «d Gartnere hilft», die ja auf
vorstellung und bedankt sich nochmals
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grosses Interesse und auch ausserhalb     Gästebuch, in welchem unser Zunftil-
unserer Zunft auf Beachtung gestossen     lustrator Pascal Joray wiederum einen
ist. Ebenso freut er sich über Menschen   schön gestalteten Määli-Helgen ge-
und Unternehmen, die versuchen, die       zeichnet hat. Eine weitere Premiere in
Krise mit innovativen Ideen zu bewälti-   diesem Jahr stellt das «Drachefuetter»
gen.                                      dar: dieses Mal bestand das Zunft-Bhal-
                                          tis nicht aus einem Änisbrötli, sondern
Vor und nach dem Hauptgang folgen die
                                          aus einem Mandel-Läckerli, das von der
Grussadressen der Ehrengäste, in wel-
                                          Firma Jakob’s Basler Leckerly, der ältes-
cher Pia Inderbitzin wie auch Raphael
                                          ten Biscuitmanufaktur Basels herge-
Wyniger ebenfalls auf die aktuelle Pan-
                                          stellt wurde. Wer nun gedacht hat, dass
demie und deren Auswirkungen auf Kul-
                                          aufgrund der ausfallenden Bierseligkeit
tur, Gesellschaft und Wirtschaft Bezug
                                          in der Zunftstube alle Teilnehmer den
nehmen. Die Anwesenden bedanken
                                          Saal verlassen und nach Hause rennen,
sich für die abwechslungsreichen und
                                          sah sich getäuscht. Es gingen schon
unterhaltsamen Reden mit grossem Ap-
                                          noch einige Biere und auch ein paar
plaus. Nachdem die herrliche Schog-
                                          Whiskys die Kehlen runter, bevor die
gimousse von allen weggeschlemmt
                                          Crew des Goldenen Sternen die Türen
wurde holt sich Kulturbeauftragter Urs
                                          für das diesjährige Franziskus-Määli
Albisser die Teilnehmer einzeln zum
                                          endgültig schliessen konnten.
2020 / Nr. 66 – Seite 19

Umgang im Multikulti-Quartier
Der Herbstzunftstamm führte uns ins Gundeldinger Quartier, in das am dichtesten
besiedelten Quartier am Süd-Ende des Bahnhofs also. Die Führung durchs «Gun-
deli» übernahm Zunftschwester Beatrice Isler. Sie ist nicht nur in diesem lebendigen
Quartier geboren, aufgewachsen und heute noch wohnhaft, sondern auch eine Ken-
nerin von Geschichte und Kultur dieses besonderen Schachbrett-Quartiers.

 (bi) Wenn Gundelianerinnen und Gun-        Gundeli einen eigenen Wahlkreis haben
delianer sagen «Ych gang rasch ins          sollte – allerdings hatte dieser Vorstoss
Quartier», weiss man, dass sie im Gun-      nie eine Chance! Aber schauen wir doch
deli einkaufen gehen. Sagen sie aber        zurück in die Geschichte:
«Ych gang in d’Stadt», dann ist ihr Ziel-
                                            1871 kaufte eine süddeutsche Immobi-
ort ennet des Bahnhofes, die Innen-
                                            lien-Gesellschaft aus Mainz rund 72 ha
stadt, der Barfi, die Freie Strasse oder
                                            Land. Dem lag spekulatives Handeln zu-
der Märtplatz. Die Verwurzelungen zum
                                            grunde, denn Stück für Stück veräus-
grossen Stadtquartier namens Gundel-
                                            serte die Firma den Boden zu hohen
dingen ist bei vielen Menschen tief. Mit
                                            Preisen.
21'700 Einwohnenden aus rund 100 Na-
tionen und ca. 25'000 Arbeitsplätzen ist    1873 erstellte Johann Jakob Stehlin d.J.
es eine Stadt in der Stadt. Nicht umsonst   einen Erschliessungsplan. Auf dem Reiss-
kam vor Jahren die Idee auf, dass das       brett entstand ein Gebiet, welches in
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rechtwinkliger, «amerikanischer» Ma-         Viele Erfolge, die der NQVG vorzuwei-
nier (Blockrandbebauung) eine vollstän-      sen hat, sind heute nicht mehr sichtbar.
dige Überbauung vorsah.                      1876 lancierte er eine Petition gegen
                                             Impfzwang. 1880 engagierte er sich für
1874 bewilligte das Parlament den Be-
                                             den ersten Briefkasten an der Gü-
bauungsplan und verpflichtete die
                                             terstrasse. Ebenfalls 1880 wurde eine
Mainzer Gesellschaft zur Anlage von
                                             Petition zum Einrichten eines Salzde-
Strassen. Und bereits 1920 war fast das
                                             pots gestartet. 1884 erreichte man mit
gesamte Gebiet vollständig überbaut.
                                             einer Petition die Errichtung eines Poli-
Was passiert, wenn sich innert weniger       zeipostens. Er wurde am 1. April 1885
Jahrzehnte ein neuer Stadtteil entwi-        im Parterre der Eckliegenschaft Pfeffin-
ckelt und sich dort viele Menschen an-       gerstrasse / Güterstrasse eingerichtet.
siedeln? Genau! Die Bewohnenden              Damaliger Personalbestand bei der Poli-
haben nicht nur Ansprüche, sie denken        zei: 117 Landjäger und 42 Schutzmän-
auch mit und sie gestalten mit. Es ist so-   ner.
mit nicht verwunderlich, dass 1875 der
                                             1890 wurde eine Kommission des NQVG
«Quartierverein jenseits des Central-
                                             beauftragt, die Regierung dazu zu über-
bahnhofes» (heute Neutraler Quartier-
                                             reden, sich Bauplätze für zwei kleinere
verein Gundeldingen, NQVG) als erster
                                             Schulhäuser zu sichern. Um den Druck
Quartierverein der Stadt Basel gegrün-
                                             zu erhöhen, startete der NQVG im Okto-
det wurde. Auslöser dazu war, dass sich
                                             ber 1891 eine Petition dafür. Erst im Ja-
die Quartierbewohnenden von Basel
                                             nuar 1894 erreichte das Quartier die
durch den Bahnbetrieb des Basler Cent-
                                             Mitteilung, man habe an der Sempa-
ralbahnhofes abgeschnitten vorkamen;
                                             cherstrasse Bauland für ein Schulhaus
dieser hatte 1860 den Betrieb aufge-
                                             erworben. 1898 wurde das Gundeldin-
nommen. Um in die Innenstadt zu kom-
                                             gerschulhaus eröffnet. Das Thiersteiner-
men gab es nur zwei Niveauübergänge:
                                             schulhaus öffnete seine Türen 1915. Es
bei der äusseren Heumattstrasse und
                                             gäbe noch viel zu erzählen rund um das
bei der Margrethenbrücke. Die Querung
                                             Engagement des NQVG: von Trottoirs,
der manövrierenden Züge war schwie-
                                             die angelegt wurden, von Strassenbe-
rig. Und es passierten Unfälle. 1881
                                             leuchtung, die man ertrotzte, von einer
wurde deshalb die Pfeffingerunterfüh-
                                             Postfiliale, über die man sich freute.
rung (Pfäffiloch) gebaut. Doch der Vor-
                                             Aber auch von der Telefonzelle, die ge-
stand des NQVG schickte eine
                                             wünscht, aber abgelehnt worden ist.
Delegation nach Bern, um dort auf eine
bessere Lösung zu pochen. Mit Erfolg!        1925 rief der NQVG eine Verkehrskom-
1906 wurde die Bahn tiefer gelegt und        mission ins Leben. Sie sollte sich explizit
die Brücken wurden gebaut.                   mit sämtlichen Bau- und Verkehrsfragen
                                             auseinandersetzen. Als eine der ersten
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grossen Eingaben wurde der Bau des         und richtete in der alten Villa eine öf-
Dorenbach-Viaduktes angestrebt – zu-       fentliche Kaffeehalle ein. Von 1932 bis
sammen mit dem NQV Bachletten. Als         1948 residierte das Radiostudio Basel in
weder Regierungsrat noch Grosser Rat       der Villa. Heute sorgen ein Kindergarten
auf das Ansinnen eingehen wollten, gab     und eine Tagesstätte für Leben.
man sich nicht geschlagen. Und siehe
                                           Der Bruderholzhang ist sehr wasser-
da: Im Juli 1932 bewilligte der Grosse
                                           reich. Anfangs des 15. Jahrhunderts
Rat einen Kredit in Höhe von 1,45 Mio.
                                           wurden drei Wasserschlösser gebaut.
Franken für den Bau des Viaduktes, wel-
                                           Ein viertes kam im 16. Jahrhundert dazu.
ches am 4. August 1934 bei strömen-
                                           Sie alle trugen den Namen Gundeldin-
dem Regen eingeweiht werden konnte -
                                           gen: das hintere-grosse Gundeldingen,
und wegen des schlechten Wetters dem
                                           das untere-mittlere Gundeldingen
NQVG ein Defizit in der Vereinskasse in
                                           (heute Thomas Platter-Haus), das
Höhe von 600 Franken hinterliess.
                                           obere-mittlere Gundeldingen (Bach-
In einem dicht besiedelten Quartier wie    ofenschlösslein) und das vordere Gun-
dem Gundeli gibt es nicht viel Freiraum.   deldingen.
Umso mehr wird der 82’000 m2 grosse
                                           1567 ist das vordere Gundeldingen (das
Margarethenpark geschätzt und sehr
                                           vierte der Schlösser) als Wohnhaus des
hoch frequentiert. Wussten Sie, dass er
                                           Hieronymus Iselin erstmals erwähnt. Es
auf basellandschaftlichem Boden liegt?
                                           liegt an der Gundeldingerstrasse/Ein-
Ursprünglich wurde er als private Gar-
                                           gang Dittingerstrasse 20 und verfügt bis
tenanlage von Karl Burckhardt-Thurney-
                                           heute über einen eigenen Brunnen, des-
sen erstellt. 1897 kaufte die Einwohner-
                                           sen Quelle mit Wasser aus dem Bruder-
gemeinde den Park für 1 Mio. Franken
                                           holzhang gespeist wird. Das heutige
                                                           rostrote „Gundeldinger-
                                                           Schlössli“ wurde 1731
                                                           erbaut, neben dem
                                                           vorderen Gundeldingen
                                                           aus dem 16. Jahrhun-
                                                           dert. Es wechselte über
                                                           die Jahrhunderte viele
                                                           Male den Besitzer. Zu
                                                           erwähnen ist aber, dass
                                                           die Besitzerfamilie Os-
                                                           tertag-von Speyr 1846
                                                           ein Internat für Töchter
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                                           Felix Platter, der älteste Sohn von
                                           Thomas Platter, wurde Stadtarzt von Ba-
                                           sel. Er konnte der Liebe seines Vaters
                                           zur Landwirtschaft nicht nacheifern.
                                           1596 veräusserte er das Landgut. Was
                                           blieb, ist der Name des Hauses, trotz
                                           wechselnder Besitzer. Anfangs der
                                           1970er Jahre war das Haus vernachläs-
von im Ausland wirkenden Missionars-       sigt, verlottert und vom Abbruch be-
familien einrichtete. Eines der ersten     droht. Aber die Besitzerin, das Basler
Pflegekinder war Marie Gundert, die        Bürgerspital, machte die Rechnung
spätere Mutter des Literaturnobelpreis-    ohne die Quartierbewohnenden. Diese
trägers Hermann Hesse. 1874 erwarb         gründeten das «Gundeldinger Käm-
Frédéric Engel-Gros, der Chef der Mül-     merli», ein Organ zur Rettung des Hau-
hauser Textilfirma Dolfus Mieg & Co. das   ses, in welchem viele Persönlichkeiten
gesamte Areal mit allen Gebäuden. Er       aus dem Quartier Einsitz nahmen. 1974
liess an die «neue» Villa aus dem 19.      konnte das Haus in eine Stiftung über-
Jahrhundert (Gundeldingerstrasse 172)      führt werden, es wurde renoviert und
1877 einen einstöckigen Pavillon an-       steht nun unter Denkmalschutz. Nach
bauen. Die Überlieferung sagt, er hätte    der Rettung löste sich das Gundeldinger
sechs heiratsfähige Töchter gehabt, die    Kämmerli wieder auf.
er allesamt standesgemäss verheiraten      Apropos Gundeldinger Kämmerli: ein
wollte und deshalb einen Tanzsaal be-      zweites solches Organ wurde von Prof.
nötigte. Und übrigens: das Ursprungs-      Dr. Werner Gallusser im September
schlössli, das vordere Gundeldingen        2000 als «Anhörungs-, Diskussions- und
wurde 1925 abgerissen.                     Entscheidungsforum» gegründet. 30
An der Gundeldingerstrasse 280 steht       Personen nahmen Einsitz und entwi-
ein wenig versteckt ein Kleinod: Das       ckelten die Grundzüge einer neuen
Thomas Platter-Haus. Als Weiherschloss     Quartiergesellschaft, welche zum Ziel
im 16. Jahrhundert konzipiert, kam das     hat, der stark wechselnden Quartierbe-
untere-mittlere Gundeldingen 1549 in       völkerung die Integration zu erleichtern,
Besitz von Thomas Platter. Er kaufte es    den Gemeinschaftssinn zu fördern und
für 660 Gulden. Sein Lebenslauf vom        jährlich einen Bannumgang zu organi-
Ziegenhüter im Wallis bis zum Rektor       sieren. Ein Jahr später, am 18. Mai 2001,
am (heutigen) Gymnasium am Münster-        wurde im Gundeldinger-Casino die
platz unterband keineswegs die Liebe       «Quartiergesellschaft zum Mammut
zur Landwirtschaft. So bewirtschaftete     Gundeldingen-Bruderholz» gegründet.
er dieses kleine Gut intensiv und
brachte es zur grossen Blüte.
2020 / Nr. 66 – Seite 23

Warum zum Mammut? Weil 1970
im untersten Teil der Pfeffin-
gerstrasse (Pfäffiloch) beim Abriss
eines alten Gebäudes ein komplett
erhaltener Mammutzahn gefun-
den worden ist. Dieser Zahn ist im
Naturhistorischen Museum zu be-
staunen. Neben den zahlreichen
frühgeschichtlichen Streufunden
bei der Bettlerhöhle (oberhalb des
Leimgrubenwegs) bestätigte die
Entdeckung des Mammutzahns die            die Fässer mit Rum-Konzentrat in die
frühe Besiedlung des Gundeli sowohl       alte Rum-Fabrik transportiert worden
durch Mensch und Tier. Die Aktiven der    sind. Sie stehen beim Rum-Coruba-
Mammut-Gesellschaft liessen es sich       Haus.
übrigens nicht nehmen, ein Mammut
                                          Oder schauen Sie sich die Bähnlerhäuser
nachzubauen. Er kann in seinem Käfig
                                          am Tellplatz an. Sie wurden im Stil des
im Thiersteinerschulhaus bewundert
                                          Historismus als «Personalwohnhäuser
werden und bekommt am Vortag des
                                          der Schweizerischen Centralbahngesell-
Bannumgangs Ausgang auf den Tell-
                                          schaft» 1891 erbaut und haben einen
platz. Am Bannumgang selber steht er
                                          wunderbaren Innenhof. Oder gehen Sie
jeweils am Festplatz und wartet auf die
                                          an die Gundeldingerstrasse 85-91 und
müden Gäste!
                                          bestaunen Sie die prachtvollen Jugend-
Das Gundeli birgt noch viele weitere      stilhäuser.
Schätze.
                                          Wir wünschen Ihnen beim Aufstöbern
Gehen Sie doch beim Haus Güterstrasse     der Kostbarkeiten im Gundeli viel Ver-
143 vorbei und wagen Sie den Schritt in   gnügen.
die Einfahrt. Sie werden dort auf Wand-
                                          Weitere Infos unter www.nqv-gundel-
malereien aus Jamaika stossen. Und Sie
                                          dingen.ch und www.zum-mammut.ch
werden Schienen am Boden sehen, alte
Geleise für Transportwagen, auf denen
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Die St. Jakobsfeiern aus der Sicht der Zünfte – Teil 3
Die konservativen Zünfte standen der St. Jakobsfeier, die 1822 von Studenten be-
gründet wurde, lange skeptisch gegenüber. Zu „verdächtig“ erschienen ihnen die
fortschrittlich-liberalen Kreise, welche diese Feste trugen. Nur wenn die Stadt sich
offiziell daran beteiligte, nahmen auch die Zünfte teil.
(cz) Mit der Errichtung des Bundesstaa-        ernsthaft mit dieser Feier. Für den Fest-
tes 1848 änderte sich allmählich der           zug schmückten die Gärtnermeister der
Charakter der St. Jakobsfeiern. Der Pat-       Zunft ein Auto mit Blumen. Dieser „Blu-
riotismus, der an diesen Volksfesten ze-       menwagen“ wurde in der Folge für viele
lebriert wurde, war der Kleber, der die        Jahre zum Stolz eines jeden Gartnern-
neue Staatsform zusammenhielt. Auf             Festzugs.
die Dauer konnten sich die Zünfte die-
                                               Der Geist, der bei den St. Jakobsfeiern
sem Sog nicht mehr entziehen. Sie be-
                                               nach dem 1. Weltkrieg wehte, hatte ge-
teiligten sich mit zunehmendem
                                               ändert. Waren im 19. Jahrhundert noch
Enthusiasmus. Die Wende vom 19. zum
                                               fortschrittlich gesinnte, liberale Kräfte
20. Jahrhundert markierte einen ersten
                                               am Werk, die einen möglichst zentralen
Höhepunkt dieser patriotischen Ge-
                                               Staat herbeisehnten, wurden die Ver-
fühlsaufwallung.
                                               anstaltungen nun immer mehr zur
Der 1. Weltkrieg führte zu einem Bruch.        Machtdemonstration des bürgerlich-
1914 sagte die Stadt die St. Jakobsfeier       konservativen Basels. So ist 1929 im
ab; das Völkerschlachten hatte keine           Protokollbuch unserer Zunft zu lesen:
vier Wochen vor dem Festtermin begon-          „Palmsonntag & 1. August wurde Sei-
nen. Ab 1916 wurden wieder beschei-            tens der Moskowiter den Bürgern ver-
dene Feste gefeiert, allerdings im einge-      dorben, daher demonstrierte am St.Ja-
schränkten Rahmen und ohne Beteili-            kobsfest das bürgerliche Basel & nahm
gung der Zünfte. Dies galt auch für die        sich das Recht für die Strasse.“ An den
offizielle Feier von 1919, die nur wenige      genannten Daten wollte die Kommunis-
Monate nach dem Landesstreik statt-            tische Partei jeweils Demonstrationen
fand und gar nur wenige Tage nach dem          durchführen, die aber unter Aufbietung
blutig verlaufenen Färberstreik in Basel,      des Militärs schon im Keim erstickt wor-
an den eine Gedenktafel über dem Ein-          den waren.
gang des Restaurants „zum alte
                                               Zehn Jahre später, am Vorabend des 2.
Schluuch“ erinnert. 1920 wurde das
                                               Weltkriegs, meldeten sich seit langem
letzte privat organisierte St.Jakobsfest
                                               auch wieder gewerkschaftliche und
abgehalten. Von nun gab es nur noch
                                               kommunistische Verbände für das St. Ja-
alle fünf Jahre offizielle Feiern der Stadt.
                                               kobsfest an, wohl um ihre Verbunden-
Die Gartnernzunft befasste sich erst an-
                                               heit mit der Schweiz zu zeigen und den
lässlich des St.Jakobsfest 1924 wieder
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Geruch der patriotischen Unzuverlässig-     ganz im Sinne Bonjours ohne Zwischen-
keit loszuwerden, der ihnen anhaftete.      fälle. Vier Tage später überfielen deut-
Die Zünfte reagierten sofort: „[…] leider   sche Truppen Polen. Der 2. Weltkrieg
wollen die Kommunisten an dem Auf-          hat begonnen.
zug mitmachen, sollten sie jedoch mit ih-
                                            In diesen fiel auch das nächste St. Ja-
ren berüchtigten Emblemen + Stan-dar-
                                            kobsfest, an dem der 500. Jahrestag der
ten Hammer + Sichel erscheinen, werden
                                            Schlacht begangen wurde. Ausgerech-
die sämtlichen Zünftler sich sofort ab-
                                            net von den Zünften kamen aber Miss-
sondern + ein eigenes Zügli machen je-
                                            töne, welche die Vorbereitungen zu
denfalls nicht diesen sog. Vaterlands-
                                            diesem Grossanlass störten! Im Mai
freunden sich anschliessen.“ Zu beden-
                                            1943 stellte der Meister E.E. Zunft zu
ken ist, dass die Kommunisten zu dieser
                                            Gartnern, Emil Fischer-Lang, anlässlich
Zeit keineswegs eine Randgruppe, son-
                                            eines Meisterbotts fest, dass kein Zunft-
dern mit 15 Sitzen die viertstärkste Par-
                                            vertreter im Fest-OK vertreten war und
tei im Grossen Rat waren, nur
                                            verlangte energisch eine solche Einsitz-
unwesentlich schwächer als Freisinnige
                                            nahme. Diese wurde vom OK zugestan-
und Liberale. Wir sind in der Zeit des
                                            den, obwohl bis anhin noch nie ein
„Roten Basel“, in dem alleine die SP 51
                                            offizieller Zunftvertreter bei der Organi-
Sitze im Grossen und 4 im Regierungsrat
                                            sation der St. Jakobsfeier mitgemacht
hielt. Selbst die heraufziehende Bedro-
                                            hatte. Kurz zuvor prägte der Meister E.E.
hung des Kriegs trug also nicht dazu bei,
                                            Zunft zum Goldenen Stern, Dr. Gustav
die politischen Gräben einzuebnen.
                                            Steiner, Initiant des Meisterbotts und
Prof. Edgar Bonjour beschwor in seiner      des Fünferausschusses (1942), das
Festrede aber gerade die Wichtigkeit        Schlagwort: „Zunftgenosse ist Eidge-
der Verbrüderung im eigenen Land am         nosse“! Mit diesem Selbstbewusstsein
Vorabend des grossen Völkerringens:         agierte Steiner nun im OK des St. Jakobs-
„Wir müssen Verständnis wecken, nicht       fests, erklärt er doch, dass „sich die
nur für die Wesensart der Eidgenossen       Zünfte berufen fühlen, das vaterländi-
anderer Sprache, sondern namentlich         sche Gedenkfest als eine Angelegenheit
auch für die Eidgenossen anderer Volks-     anzusehen, die sie in erster Linie an-
schichten: wir müssen Brüder werden in      geht.“ Was für ein Anspruch und wel-
dem Sinne, dass jeder unerschütterlich      cher Unterschied zu dem distanzierten
zum andern steht. […] Wir müssen ler-       Verhalten der Zünfte gegenüber den St.
nen, das Ich der Allgemeinheit unter-       Jakobsfeiern während beinahe des ge-
ordnen.“                                    samten 19. Jahrhunderts! In Überein-
                                            stimmung mit dem Fünferausschuss
Offensichtlich verlief das Fest, dem eine
                                            beanstandete Steiner vor allem, dass
ungeheure Menschenmenge beiwohn-
                                            ein zu fröhliches Fest geplant sei. Die
te (die Rede ist von mehr als 50‘000!),
                                            Zünfte seien keineswegs gegen eine
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würdige Feier. So beteiligten sie sich         Antrieb der Zünfte bei ihrem Wider-
selbstverständlich mit ihren Bannern           stand war wohl auch, der Regierung des
am Schlussbild des grossen Festspiels.         „Roten Basels“ eins auszuwischen und
Auch der Festumzug und die Anspra-             sich als bürgerliche Gegenkraft zu prä-
chen waren nach der Auffassung der             sentieren. Auch in der E. Zunft zu Gart-
Zünfte angemessen, nicht aber das an-          nern war der Festablauf ein Thema:
                                               „Man ist allgemein gegen einen nach-
                                               mittäglichen Festrummel eingestellt;
                                               dies ist auch die Ansicht des Meister-
                                               botts. Somit wurde von den Zünften be-
                                               schlossen, dass nach dem Frühschoppen
                                               abgebrochen und die Zunftfahne zum
                                               Bankett in die Safran gebracht werde.“
                                               Im Safranzunfthaus war das Festessen
                                               für die offiziell geladenen Gäste vorge-
                                               sehen. Aber die Gartnernvorgesetzten
schliessende gemütliche Zusammen-              widersetzten sich dieser Haltung: „[…]
sein: „Man tanzt nicht, wenn im                es wird beschlossen: Unsere Zunft geht
Nachbarhaus der Tod umgeht. Wir ha-            auf den Festplatz hinaus und macht das
ben Grund zur Dankbarkeit, Grund zur           offizielle Programm mit, dann anschlies-
Bereitschaft, nicht zum Festtrubel.“ Das       sender Imbiss; der Schluss daran wird
OK bemerkte daraufhin lakonisch: „Auch         sich ergeben; kein Pokal in die Safran.“
die Zünfte wünschen nicht, nach dem            Leider ist in den Akten nicht ersichtlich,
Festzug wieder trocken heimkehren zu           woher dieser Meinungsumschwung ge-
müssen.“ Und weiter: „Es mag richtig           kommen ist.
sein, dass die früheren St. Jakobsfeste        Als sich am 26. August um 8 Uhr mor-
vorwiegend die Angelegenheit der               gens der Festzug mit rund 12‘000 Teil-
Zünfte waren. Die 500-Jahrfeier dage-          nehmenden der Kaserne aus in
gen ist in erster Linie eine Angelegenheit     Bewegung setzte, regnete es, so dass
des ganzen Volkes.“                            die Tambouren auf dem zweistündigen
Der Streit dauerte bis einige Tage vor         Marsch nach St. Jakob ein paar Mal das
dem Fest an. Den Zünften wurde „Defai-         Ruessen einstellen mussten, um die
tismus“ und „Querulanz“ vorgeworfen,           Kalbfelle zu schützen. Als Nummer 23
während diese konterten: „Nicht die            war die Gartnernzunft ziemlich weit
Zünfte haben sich ‚in der Zeit geirrt‘, son-   vorne im Festumzug platziert. Insge-
dern diejenigen, die zu Ende des fünften       samt marschierten 126 Zunftangehörige
Kriegsjahres noch einen friedensmässi-         mit, darunter auch der 83-jährige
gen Rummel veranstalten wollten.“
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Vorgesetzte Emil Miville-Ramser („Ehre     hängt, die fünf Jahre zuvor an der Lan-
diesem Eidgenossen!“).                     desausstellung in Zürich über der Fah-
                                           nenallee geflattert hatten, eine
                                           Erinnerung an den „Landi-Geist“
                                           von 1939, der die Schweiz kurz vor Aus-
                                           bruch des 2. Weltkriegs zusammenge-
                                           schweisst hatte. An diesen nationalen
                                           Zusammenhalt erinnerte wie schon fünf
                                           Jahre zuvor Prof. Edgar Bonjour, der
                                           seine Festrede mit dem Appell be-
                                           schloss: „Deshalb muss unser Wille zur
                                           Einigkeit so stark sein, dass wir den an-
                                           dersdenkenden Volksgenossen nicht nur
                                           ertragen, sondern lieben.“ Zuvor sprach
                                           er aber auch gegen eine Abschottung
                                           der Schweiz. Zwar tobte der Krieg noch
                                           rund um das Land, aber Bonjour richtete
                                           seinen Blick schon in die Zukunft: „Unser
                                           Schweizertum ist zu tief im europäi-
                                           schen Menschentum verankert, als dass
                                           wir auf den gegenseitigen geistigen Aus-
Die Basler Nachrichten berichteten um-     tausch verzichten könnten, ohne tödli-
fassend von diesem Festtag: „Ganz Ba-      chen Schaden an unserem Innersten zu
sel zieht nach St. Jakob […] Jetzt         erfahren.“
erscheinen die Zünfte, die meisten von
                                           Nach dem Absingen der Nationalhymne
ihnen mit historischen Gruppen von Kos-
                                           („Rufst du mein Vaterland“) kehrten die
tümierten […], prachtvolle Figuren da-
                                           Ehrengäste für das Festmahl in der Saf-
runter […]. Ein einziges vielbewundertes
                                           ranzunft in die Stadt zurück. Auch die
Detail nur: Der herrliche Blumenwagen
                                           meisten Zünfte verliessen den Festplatz.
der Zunft zu Gartnern!“
                                           Nicht so die Gartnernzunft, die bis zum
Der Journalist fährt im damals hochpat-    offiziellen Schluss um 17 Uhr in St. Jakob
riotisch aufgeladenen Ton weiter: „Es      blieb. Jeder Zunftbruder erhielt Gut-
war ein grosses, ein unvergessliches       scheine für 3 Biere à 30 Rappen und „die
Schauspiel. Und es war darüber hinaus      sogenannte „Zunftwurst“ mit Brot, die
[…] das Bekenntnis zur unbedingten Ver-    es ja in Wirklichkeit nicht war, sondern
teidigung dieser Freiheit – heute und      nur ein […] Klöpfer zum Preise von sage
morgen und immerdar.“ In der Bahnun-       und schreibe Fr. 1.20 (dies nur für die
terführung kurz vor St. Jakob waren die    spätere Generation zur Chronik)“, wie
etwa 3‘000 Gemeindefahnen aufge-           der Bericht im Protokollbuch vermerkt.
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1944 war der letzte Höhepunkt der
glanzvollen St. Jakobsfeste. Zwar wur-
den diese auch nach dem 2. Weltkrieg
im Fünfjahresrhythmus weitergeführt,
aber die Begeisterung in der Bevölke-
rung flaute merklich ab.
1949 wurde der Blumenwagen der Gart-
nernzunft nur noch von einem Pony ge-
zogen. Fünf Jahre später fehlte der
Wagen aus Kostengründen ganz, was
bedauert wurde: „Der Anblick von so
würdigen alten Mannen hat schliesslich     1984 wurde die Kranzniederlegung
für die Zuschauer nichts besonderes.“      beim St. Jakobs-Denkmal konkurren-
Selbst der Umzug führte nicht mehr         ziert durch das Klosterberg- und das Rü-
nach St. Jakob, sondern nur bis zum        melinsplatzfest sowie das grosse
Denkmal. Der Festakt fand auf dem          Volksfest zum 100. Geburtstag der VKB.
Münsterplatz statt.                        Hierhin strömten die Volksmassen jetzt
                                           und nicht mehr zu einer patriotischen
Noch aber wurde der patriotische Geist
                                           Feier.
der Zunft wachgehalten. Bei der Zunft-
fahrt 1955 nach Saint-Ursanne hielt der    Die Zünfte suchten mit neuen Formen
Bus auf dem Les Rangiers-Pass, damit       dieser Entwicklung Gegensteuer zu ge-
die Zunftbrüder beim dortigen, 1989 de-    ben und verbanden die St. Jakobsfeier
finitiv gestürzten Wehrmännerdenkmal       1989 mit einem Tag der Zünfte. Doch
(„Le Fritz“) die Vaterlandshymne („Va-     1994, zur 450 Jahr-Feier der Schlacht,
terland hoch und schön“) singen und in     wollten sie wieder ein St. Jakobsfest im
einer Ansprache „vaterländische Mahn-      alten Stil durchführen. Aber in der Stadt
und Erinnerungsworte“ hören konnten.       regte sich gegen diese „Verherrlichung
                                           des Kriegs“ starker Widerstand. Die hef-
Aber die Zeiten hatten sich geändert.
                                           tig geführten Auseinandersetzungen
Beim Festakt des St. Jakobsfests 1959
                                           gipfelten schliesslich darin, dass Unbe-
auf dem Münsterplatz fanden sich noch
                                           kannte der Helvetia des Denkmals die
30 Zunftbrüder ein. Zehn Jahre später
                                           Hand mit Siegeskranz mutwillig abschlu-
wurde der Festumzug auf einen Stern-
                                           gen. Der Festzug zum Schlachtfeld
marsch reduziert, 1974 auf einen Fest-
                                           wurde vom Zeughaus aus in die (spärlich
akt nach dem Umzug verzichtet und
                                           mit Publikum besetzten) Strassen des
1979 fehlten beim Festumzug durch die
                                           Gellertquartiers verlegt. Die Beteiligung
Stadt erstmals die Studentenverbindun-
                                           der Gartnernzunftbrüder an der offizi-
gen, die 150 Jahre zuvor die St. Jakobs-
                                           ellen Feier fiel „eher dürftig“ aus. Der
feiern doch erfunden hatten.
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