Geht doch! - Erfolgsfaktor Familie

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Geht doch! - Erfolgsfaktor Familie
Das Magazin von „Erfolgsfaktor Familie“
                                                                                            Ausgabe 8

                Geht doch!
                    So gelingt die Vereinbarkeit von Familie und Beruf

Führungskultur mit                 Zehn Jahre                        NEUE Vereinbarkeit –
Familienfokus                      Netzwerkarbeit                    eine Zwischenbilanz
Wie Unternehmen Vereinbarkeit      Wie starke Partnerschaften sich   In der Arbeitswelt hat sich vieles
als Innovationsthema nutzen        für Unternehmen auszahlen         für Familien bewegt
Geht doch! - Erfolgsfaktor Familie
Inhalt
                                                                                                                                                                                                 06 „Vereinbarkeit
                                                                                                                                                                                                                  von Familie
                                                                                                                                                                                                    und Beruf muss selbstver­
                                                                                                                                                                                                    ständlich werden“
                                                                                                                                                                                                                            Im Interview geht Bundes­
                                                                                                                                                                                                                            familienministerin Dr. Katarina
                                                                                                                                                                                                                            Barley auf die Rolle ein, die
                                                                                                                                                                                                                            eine gelebte familienfreund­
                                                                                                                                                                                                                            liche Unternehmenskultur für
                                                                                                                                                                                                                            die Vereinbarkeit spielt – und
                                                                                                                                                                                                                            auf den Vorbildcharakter des
                                                                                                                                                                                                                            Unternehmensnetzwerks auf
                                                                                                                                                                                                                            diesem Weg.

                                                                                                                       NEUE Vereinbarkeit im                                        Familienbewusste Personalpolitik
                                                                                                                       Unternehmensalltag                                           als Unternehmenskultur
                                                                                                                       08 Fortschritte für Familien                                 18 Vereinbarkeit für alle?
                                                                                                                       Schritt für Schritt zu mehr Familienfreundlichkeit.          Eine aktuelle Studie zeigt, wie verbreitet zielgruppen­

                                   Foto: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend / Steffen Kugler
                                                                                                                       Der „Fortschrittsindex 2017“ zeigt, wie sich die Ver­        gerechte und aktiv geförderte Vereinbarkeits­
                                                                                                                       einbarkeit in der Arbeitswelt entwickelt hat.                angebote in Unternehmen bereits sind.

                                                                                                                       10 Jubiläum: Zehn Jahre Unternehmensnetzwerk                 20 „Flexible Arbeitsorganisation ermöglicht
                                                                                                                       Mit rund 300 Gästen hat das Unternehmens­                    bedarfsgerechte Lösungen“
                                                                                                                       netzwerk „Erfolgsfaktor Familie“ im Rahmen des               Auch wenn familienfreundliche Angebote in Unter­
                                                                                                                       10. Unternehmenstages Geburtstag gefeiert.                   nehmen vorhanden sind, werden sie teilweise von
                                                                                                                                                                                    Beschäftigten nicht wahrgenommen. Im Interview
                                                                                                                       12 „Menschen befähigen – Wirtschaft stärken“                 spricht Prof. Dr. Michael Hüther vom IW Köln über
                                                                                                                       DIHK­Präsident Dr. Eric Schweitzer zieht im Inter­           ein Phänomen, das im „Unternehmensmonitor Fami­
                                                                                                                       view eine Bilanz aus zehn Jahren Netzwerkarbeit              lienfreundlichkeit 2016“ näher untersucht wird.
                                                                                                                       und gibt einen Ausblick auf künftige Ziele.
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das Magazin „Geht doch!“                                                                                               14 Vom Teilzeitmodell zur Familienkultur                     grünen Bereich?
                                                                                                                       Viele Unternehmen halten sich für familienfreund­            Kulturcheck mit wenigen Klicks: Bereits fast
auf www.erfolgsfaktor-familie.de                                                                                       licher als ihre Beschäftigten das tun. Studien zeigen:       1.000 Unternehmen haben das Online­Tool von
                                                                                                                       Die Unternehmenskultur macht den Unterschied.                „Erfolgsfaktor Familie“ genutzt.

                                                                                                                                                                                3
Geht doch! - Erfolgsfaktor Familie
Inhalt
 Mit starken Partnern für ein
 aktives Unternehmensnetzwerk
 22 Gemeinsam planen, gemeinsam gewinnen               24 „Das wichtigste für gute Vereinbarkeit bleibt
 Wie gelingt Familienfreundlichkeit in Unternehmen?    die Unterstützung der Familie“
 Fünf Regionalbotschafterinnen und ­botschafter        Margrit Harting und ihre Tochter Maresa Harting-
 von „Erfolgsfaktor Familie“ ziehen Bilanz aus einem   Hertz sprechen im Interview über die Vereinbarkeit                                                                                                   28 Mythos oder Fakt?                                        34 Das Unternehmensnetzwerk

                                                                                                            Fotos: Seite 4: Netzwerkbüro „Erfolgsfaktor Familie“/Ingo Heine; Seite 5: HARTING AG & Co. KG
 Jahrzehnt gemeinsamer Entwicklung der Unterneh­       von Familie und Familienbetrieb – der HARTING                                                                                                        Die Familienfreundlichkeit des Arbeitgebers inte­           „Erfolgsfaktor Familie“
 mens­ und Führungskultur vor Ort.                     Technologiegruppe – im Generationenvergleich.                                                                                                        ressiert nur Beschäftigte mit Kindern? Frauen haben         Informationen,
                                                                                                                                                                                                            weniger Interesse an Führungspositionen? Studien            Tipps und Service –
                                                                                                                                                                                                            und Umfragen zeichnen ein anderes Bild rund um              wie Mitglieder vom
                                                                                                                                                                                                            das Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf.              Unternehmensnetz­
                                                                                                                                                                                                                                                                        werk profitieren.
                                                                                                                                                                                                                                                                                  ‌
                                                                                                                                                                                                            30 Zukunftswunsch: Familie
                                                                                                                                                                                                            Beim diesjährigen Aktionstag der Lokalen Bündnisse          36 Impressum
                                                                                                                                                                                                            für Familie unter dem Motto „Mehr Familie – In die
                                                                                                                                                                                                            Zukunft, fertig, los“ standen Wünsche und Ziele rund
                                                                                                                                                                                                            um das Thema Vereinbarkeit im Mittelpunkt der Akti­
                                                                                                                                                                                                            onen in allen Bundesländern.

                                                                                                                                                                                                            32 Kolumne: Emotionale Instabilität
                                                                                                                                                                                                            Autor Björn Süfke ist sich sicher: Elternsein ist das
                                                                                                                                                                                                            größte Abenteuer im Leben – trotz oder gerade
                                                                                                                                                                                                            wegen der emotionalen Achterbahnfahrten, die der
                                                                                                                                                                                                            Nachwuchs den Eltern beschert.

                                                                                                                                                                                                                                                                    5
Geht doch! - Erfolgsfaktor Familie
Die Vereinbarkeit von
Familie und Beruf muss
selbstverständlich werden
Bundesfamilienministerin Katarina Barley geht im Interview darauf ein, was die Familien­                                                                                                                                         „Entscheidend ist aus meiner Sicht, dass
politik zusammen mit ihren Partnern aus Wirtschaft und Gewerkschaften in den letzten                                                                                                                                Familienfreundlichkeit und Vereinbarkeit selbstverständlich werden.
Jahren erreicht hat, welche Rolle dabei das Unternehmensnetzwerk spielt                                                                                                                                                 Das muss im Unternehmensalltag wirklich gelebt werden!“
und wo neue Akzente liegen.

                          Frau Barley, der „Fortschritts­         und Gewerkschaften dazu beigetragen haben, die                                                                                             werden. Das muss im Unternehmensalltag wirklich           Das Unternehmensnetzwerk von „Erfolgsfaktor
                          index 2017“ zeigt die Erfolge           Arbeitswelt in Deutschland familienfreundlicher                                                                                            gelebt werden! Mit einer aktiven Kommunikation            Familie“ feiert ja in diesem Jahr zehnjähriges
                          und Entwicklungen auf, die              zu machen.                                                                                                                                 von möglichen Vereinbarkeitsmodellen fängt es an.         Bestehen. Wie bewerten Sie die Netzwerkarbeit?
                          Politik, Wirtschaft und Gewerk-                                                                                                                                                    Genauso gehört eine Offenheit für moderne, flexible
                          schaften bei der Förderung              Alle Partner zeichnet aus, dass sie sich kontinuier­                                                                                       Arbeitsmodelle dazu, die durch die Digitalisierung        Mich beeindruckt, wie viel das Unternehmens­
                          einer familienfreundlichen              lich und verlässlich engagieren. Der Fortschritts­                                                                                         der Arbeitswelt möglich werden. Nicht zuletzt             netzwerk in Zusammenarbeit mit dem Deutschen
                          Arbeitswelt gemeinsam erreicht          index ist eine Art Zwischenbilanz, die zeigt: Die                                                                                          hängt eine familienfreundliche Unternehmenskultur         Industrie­ und Handelskammertag in diesen zehn
                          haben. Wie sehen Sie diesen             Anstrengungen lohnen sich. Es hat sich in den                                                                                              von Führungskräften ab, die selbst Vorbilder sind         Jahren für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf

                                                                                                                         Foto: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend / Steffen Kugler
                          Prozess?                                letzten Jahren wirklich etwas getan. Aber der Index                                                                                        und Beschäftigte aktiv unterstützen.                      erreicht hat. Zu den wichtigsten Erfolgsfaktoren
                                                                  zeigt auch die Lücken auf: Das Kinderbetreuungs­                                                                                                                                                     gehört aus meiner Sicht die praxisnahe Ausrich­
                             Der Fortschrittsindex zeigt,         angebot muss weiter ausgebaut werden, auch für                                                                                             Im Unternehmensprogramm „Erfolgsfaktor Fami­              tung der Netzwerkarbeit. Unternehmen finden auf
                             dass es deutlich besser gewor­       Grundschulkinder. Und viele Unternehmen, die                                                                                               lie“ legen wir einen Schwerpunkt auf das Thema            diese Weise Lösungen, die auf die individuellen
                             den ist: Mehr Väter nehmen           sich Familienfreundlichkeit auf die Fahnen schrei­                                                                                         Unternehmenskultur. Unsere neue Kulturstudie              Bedürfnisse der Beschäftigten und die Vorausset­
                             Elternzeit, mehr Mütter sind         ben, setzen diese im betrieblichen Alltag nicht                                                                                            zeigt sehr deutlich, wie unterschiedlich die Be­          zungen des Betriebs eingehen. Gerade kleine und
                             früher erwerbstätig, mehr            wirklich um. Oft hapert es trotz guten Willens an                                                                                          schäftigten und die Unternehmensleitungen die             mittelständische Unternehmen können gemein­
                             Unternehmen halten Familien­         der Unternehmenskultur. Vereinbarkeit von Familie                                                                                          Familienfreundlichkeit im Betrieb wahrnehmen.             sam mit Netzwerkpartnern oder auch mit Lokalen
                             freundlichkeit für wichtig und       und Beruf muss selbstverständlich werden!                                                                                                  Während nur 19 Prozent der Beschäftigten der              Bündnissen für Familie vieles auf die Beine stellen,
Bundesfamilienministerin     unterstützen ihre Beschäftig­                                                                                                                                                   Meinung sind, dass individuelle Bedürfnisse bei der       was allein nicht zu stemmen wäre. Dazu gehören
Dr. Katarina Barley          ten bei der Vereinbarkeit. Für       „Unternehmenskultur“ ist eines der wichtigen                                                                                               Termingestaltung berücksichtigt werden, denken            beispielsweise Kinderbetreuungsangebote und
                             mich ist eine familienfreund­        Schlagworte in der Diskussion zum Thema fami-                                                                                              dies fast 60 Prozent der Arbeitgeber. Wenn ein            Ferienangebote. Das Unternehmensnetzwerk hat
        liche Arbeitswelt ein zentrales familienpolitisches       lienfreundliche Arbeitswelt. Wie kann eine solche                                                                                          Unternehmen eine Maßnahme wie Home­Office                 dabei Vorbildcharakter: Durch den Austausch im
        Anliegen. Auch mit der besten Kinderbetreuung             Kultur der Familienfreundlichkeit aussehen?                                                                                                oder Job­Sharing auf dem Papier anbietet, heißt           Netzwerk profitieren alle Partner in ganz unter­
        brauchen Eltern Spielräume bei der Arbeitsorga­                                                                                                                                                      das noch lange nicht, dass es auch akzeptiert wird,       schiedlichen Branchen und Unternehmensgrößen
        nisation. Es freut mich zu sehen, wie die vielfäl­        Entscheidend ist aus meiner Sicht, dass Familien­                                                                                          wenn Beschäftigte das auch nutzen. Diese „Kultur­         von den Erfahrungen erfolgreich umgesetzter Ideen
        tigen Aktivitäten unserer Partner aus Wirtschaft          freundlichkeit und Vereinbarkeit selbstverständlich                                                                                        lücke“ gilt es zu schließen!                              und Maßnahmen. So muss es weitergehen!

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Geht doch! - Erfolgsfaktor Familie
Fortschritte für Familien
Schritt für Schritt zu mehr Familienfreundlichkeit: Der „Fortschrittsindex 2017“ zeigt, was
Politik, Wirtschaft und Gewerkschaften in den vergangenen Jahren für eine familienfreund­
liche Arbeitswelt erreicht haben.                                                                                                                                                     die Wünsche von Vätern nach mehr Familienzeit ein,
                                                                                                                                                                                      wie die Ergebnisse des 2. Väter­Barometers zeigen.
                                                                                                                                                                                      Teilzeit, flexibler Arbeitsort und flexible Führungs­
                                                                                                                                                                                      modelle sind in Deutschlands Unternehmen eben­
     Auf Einladung des Bundesfamilienministeriums                   Vorteil für Beschäftigte, Vorteil für die Wirtschaft                                                              falls häufiger anzutreffen. Dennoch: Es bleibt Luft
     hatten Ingo Kramer, Präsident der Bundesvereini­                                                                                                                                 nach oben in Sachen Familienfreundlichkeit. Denn
     gung der Deutschen Arbeitgeberverbände, Hans                   Deutschlands Arbeitswelt ist familienfreundlicher                                                                 nur rund 24 Prozent der Befragten stimmten in der
     Peter Wollseifer, Präsident des Zentralverbands des            geworden – auch aufgrund der gemeinsamen Akti­                                                                    Umfrage der Aussage voll und ganz zu, dass in ihrem
     Deutschen Handwerks, Dr. Achim Dercks, stellver­               vitäten von Politik, Wirtschaft und Gewerkschaften.    zudem nachhaltige Effekte für die gesamte Gesell­          Unternehmen verstärktes familiäres Engagement
     tretender Hauptgeschäftsführer des DIHK, und die               Unternehmen haben verstanden, dass familien­           schaft ab. Trendprognosen zeigen ein mögliches             von Vätern akzeptiert wird – auch wenn es ein zeit­
     stellvertretende Vorsitzende des DGB, Elke Hannack,            freundliche Angebote ein entscheidendes Kriterium      Plus beim Bruttoinlandsprodukt bis 2030 von 28             lich reduziertes berufliches Engagement bedeutet.
     am 21. September 2015 gemeinsam die zehn Leit­                 bei der Arbeitgeberwahl sind. Viele Unternehmen        bis 69 Milliarden Euro. Zudem könnte die Zahl der
     sätze des Memorandums zur NEUEN Vereinbarkeit                  setzen die NEUE Vereinbarkeit aktiv und kreativ        Erwerbstätigen um 360.000 bis rund eine Million            Betreuungsangebote als Basis für eine
                                                                    um, denn sie steigert die Arbeitgeberattraktivität     ansteigen. Der Blick in die Unternehmen zeigt:             gute Vereinbarkeit
                                                                    gerade für Beschäftigte mit Kindern und für die­       Vereinbarkeit von Familie und Beruf gelingt nur
                                                                    jenigen, die ihre Angehörigen pflegen. Doch auch       dann, wenn familienfreundliche Leitlinien auch             Wie gut Familien eine partnerschaftliche Aufgaben­
                                                                    für Personen ohne akute Betreuungspflichten sind       im betrieblichen Alltag gelebt werden. Nach wie            teilung gelingt, ist nicht zuletzt eine Frage der
                                                                    familienfreundliche Angebote ihres Arbeitgebers        vor besteht oft noch ein Unterschied zwischen der          Kinderbetreuungsangebote. Hier sind deutliche
                                                                    wichtig, meinen 81 Prozent der Beschäftigten. Ver­     Selbstwahrnehmung von Unternehmen in puncto                Fortschritte gelungen. Im vergangenen Jahr lag die
                                                                    einbarkeit lohnt sich auch betriebswirtschaftlich.     Familienfreundlichkeit und der Wahrnehmung der             Betreuungsquote im U3­Bereich bei 33 Prozent,
                                                                    71 Prozent der Unternehmen, die zum Beispiel           Beschäftigten.                                             demgegenüber waren es im Jahr 2006 gerade einmal
                                                                    Home­Office anbieten, können damit ihre Produk­                                                                   14 Prozent. In der Altersgruppe der Drei­ bis Sechs­
     unterzeichnet. Das darin ausgedrückte gemeinsame               tivität erhöhen. Werden grundlegende Elemente          Väterbeteiligung – mehr Zeit für die Familie               jährigen liegt die Betreuungsquote sogar bei 94 Prozent.
     Verständnis: Familienbewusste Arbeitsbedingungen               der NEUEN Vereinbarkeit in der Personalpolitik um­                                                                Zusätzlicher Betreuungsbedarf besteht aber nach wie
     leisten einen wesentlichen Beitrag zu einer nach­              gesetzt – wie etwa individuelle Angebote, Nutzung      Die „neuen“ Väter treiben den Wandel in der Arbeits­       vor für Grundschulkinder: An fast jeder fünften der
     haltig erfolgreichen wirtschaftlichen Entwicklung,             der Digitalisierung oder die bewusste Einbeziehung     welt weiter voran. Rund 70 Prozent der jungen Väter        insgesamt rund 18.000 Ganztagsschulen in Deutsch­
     und berufliche und familiäre Verantwortung stehen              von Vätern und Pflegenden –, sind langfristig Rendi­   möchten ihre Arbeitszeiten reduzieren. Anreize wie         land gab es 2016 mehr Anmeldungen als freie Plätze.
     gleichwertig nebeneinander.                                    ten von bis zu 40 Prozent möglich.                     das ElterngeldPlus haben dazu beigetragen, dass
                                                                                                                           partnerschaftliche Aufgabenteilung für immer mehr          Den „Fortschrittsindex 2017“ finden Sie auf der
     NEUE Vereinbarkeit – das heißt: eine Modernisierung            Für eine konsequent umgesetzte Familienpolitik im      Paare zum Wunschmodell wird. Mittlerweile nimmt            „Wissenplattform für die Praxis“ in der Rubrik
     der Arbeitskultur hin zu einer familienbewussten,              Zeichen der NEUEN Vereinbarkeit zeichnen sich          jeder dritte Vater Elterngeldmonate in Anspruch. Für       Praxiswissen auf www.erfolgsfaktor-familie.de.
     lebensphasenorientierten Arbeitszeitgestaltung, die                                                                   die Wirtschaft ist das ein Gewinn, denn die „neuen“
     die Wünsche der Beschäftigten und betriebliche Erfor­                                                                 Väter unterstützen ihre Partnerin so dabei, nach der
     dernisse in Einklang bringt. Seitdem haben die Partner                                                                Geburt des Kindes wieder in den Job zurückzukehren.
     mit vielfältigen Aktivitäten eigene und gemeinsame                                                                    Tatsächlich ist die Erwerbstätigkeit von Frauen mit
     Beiträge auf diesem Weg geleistet. Die Fortschritte sind                                                              Kindern im Alter zwischen zwei und drei Jahren von
     erkennbar, messbar und darstellbar. Der neue „Fort­                                                                   2006 bis 2015 um 17 Prozent gestiegen. Vor allem mit
     schrittsindex 2017 – Erfolge auf dem Weg zur NEUEN                                                                    Angeboten zur flexiblen und individuellen Arbeits­
     Vereinbarkeit“ gibt hierzu einen Überblick.                                                                           zeitgestaltung gehen immer mehr Unternehmen auf

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Geht doch! - Erfolgsfaktor Familie
Jubiläum: Zehn Jahre
Unternehmensnetzwerk
Gemeinsam viel erreicht: Mit rund 300 Gästen hat das Unternehmensnetzwerk
„Erfolgsfaktor Familie“ im Rahmen des 10. Unternehmenstages Geburtstag gefeiert.
Inzwischen gehören mehr als 6.500 Unternehmen dem Netzwerk an.

     Aus einer guten Idee ist eine Erfolgsgeschichte           unterstrich auch der Präsident des Deutschen
     geworden. Seit der Gründung des Unternehmens­             Industrie­ und Handelskammertages, Dr. Eric
     netzwerks „Erfolgsfaktor Familie“ setzt sich eine         Schweitzer: „In den letzten Jahren sind wir auf
     beständig wachsende Zahl von Unternehmen für              dem Weg zu einer familienbewussten Personal­
     mehr Familienfreundlichkeit                                                     politik sehr weit gekommen.                                                                           Gemeinsam für eine familienfreundliche Arbeitswelt: Sylvia Orlamünder, Personalleiterin Jenoptik SSC GmbH, Dr. Eric
     in der Arbeitswelt ein – vom        „Das Netzwerk gibt seinen                   Gemeinsam mit dem Unter­                                                                              Schweitzer, Präsident des Deutschen Industrie­ und Handelskammertages, Dr. Ralf Kleindiek, Staatssekretär im Bundes­
     kleinsten Produktionsbetrieb                                                    nehmensnetzwerk und mit                                                                               ministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Prof. Holger Bonin, Chefkoordinator Institut zur Zukunft der Arbeit
                                          Mitgliedern eine Stimme                                                                                                                          (IZA) und Kirsten Frohnert, Projektleiterin Netzwerkbüro „Erfolgsfaktor Familie“ (von links nach rechts).
     bis zum DAX­Konzern sind                                                        seinen Mitgliedsunternehmen
                                             und die Möglichkeit,
     dabei alle Unternehmens­                                                        haben wir in vielen Betrie­
     größen vertreten. „Die Mit­       Erfahrungen auszutauschen.“ ben Familienbewusstsein                                                                                                 beim 10. Unternehmenstag vorgestellt wurde.                     dabei auf das wachsende gesellschaftliche Bewusst­
     glieder des Netzwerks zeigen                  Dr. Eric Schweitzer               als festen Bestandteil der                                                                            „Immer mehr Unternehmen setzen die NEUE                         sein dafür ein, dass Männer zunehmend eine
     seit zehn Jahren, dass sie die                                                  Personalpolitik und als Ins­                                                                          Vereinbarkeit mit innovativen Konzepten in ihrem                aktive Vaterrolle einnehmen wollen. Daher sei die
     Bedürfnisse ihrer Beschäftigten ernst nehmen“, so         trument zur Fachkräftesicherung verankert.“ Die                                                                             betrieblichen Alltag um, weil sie erkannt haben,                Wirtschaft auch weiterhin gefordert, Väter mehr in
     der Staatssekretär im Bundesfamilienministerium,          Erfolge und Entwicklungen in Politik, Wirtschaft                                                                            dass Väter sich Zeit für ihre Kinder wünschen und               den Fokus zu rücken: Teilzeit dürfe keine Absage
     Dr. Ralf Kleindiek, beim 10. Unternehmenstag im           und Gewerkschaften für eine familienbewusste                                                                                Mütter nicht aufs Karriere­Abstellgleis gehören.                an die Karriere sein. Vor dem Hintergrund unter­
     Haus der Deutschen Wirtschaft in Berlin. Dies             Arbeitswelt zeigt der „Fortschrittsindex 2017“, der                                                                         Die Idee der Familienarbeitszeit ist eine gute                  strich Prof. Dr. Ludwig Georg Braun die Bedeutung
                                                                                                                                                                                           Ergänzung, um Familien zu unterstützen, wo die                  von guten Unter­
                                                                                                                                                                                           Eltern beide vollzeitnah arbeiten und sich beide                nehmensbeispielen       „Immer mehr Unternehmen
                                                                                                                                                                                           um die Kinder kümmern möchten. Das kommt                        für eine familien­      setzen die NEUE Vereinbarkeit
                                                                                                                                                                                           auch der Wirtschaft zugute“, so Dr. Ralf Kleindiek.             bewusste Unterneh­
                                                                                                                                                                                                                                                                                   mit innovativen Konzepten um.“
                                                                                                                                                                                           Mit dem mittelständischen Unternehmen Lock                      menskultur.
                                                                                                                                                                                                                                                                                     Dr. Ralf Kleindiek
                                                                                                                                                                                           Your World GmbH aus Hessen begrüßten Staatsse­
                                                                                                                                Fotos: Netzwerkbüro „Erfolgsfaktor Familie“ / Ingo Heine

                                                                                                                                                                                           kretär Kleindiek und DIHK­Präsident Schweitzer                  In Workshops hatten
                                                                                                                                                                                           das 6.500ste Mitglied im Netzwerk.                              die Teilnehmenden Gelegenheit, sich zu personal­
                                                                                                                                                                                                                                                           politischen Handlungsfeldern der NEUEN Verein­
                                                                                                                                                                                           Dass sich die Vereinbarkeit von Familie und Beruf               barkeit auszutauschen: Wie können Unternehmen
                                                                                                                                                                                           zu einem personalpolitischen Innovationsthema                   eine familienfreundliche Unternehmenskultur
                                                                                                                                                                                           entwickelt hat, machte die Podiumsdiskussion                    weiterdenken? Wie gelingen Vereinbarkeit und
                                                                                                                                                                                           mit der ehemaligen Bundesfamilienministerin                     Führung durch digitale Vernetzung noch besser?
                                                                                                                                                                                           Renate Schmidt und dem Geschäftsführer der                      Der Unternehmenstag gab zudem einen Ausblick
                                                                                                                                                                                           B. Braun Melsungen GmbH sowie DIHK­Ehren­                       darauf, welche Ziele für eine familienbewusste
     Alles Gute zum runden Geburtstag: Kirsten Frohnert, Projektleiterin Netzwerkbüro „Erfolgsfaktor Familie“, schneidet beim                                                              präsident, Prof. Dr. Ludwig Georg Braun, deutlich,              Arbeitswelt gesetzt sind. Familienarbeitszeit und
     10. Unternehmenstag in Berlin die Jubiläumstorte an. (Bild links). Mit rund 300 Teilnehmerinnen und Teilnehmern bot der                                                               auf deren Initiative hin das Unternehmensnetz­                  Familiengeld bleiben dabei die wichtigsten politi­
     Unternehmenstag den Rahmen für einen regen Austausch.                                                                                                                                 werk gegründet worden war. Renate Schmidt ging                  schen Vorhaben, so Staatssekretär Dr. Kleindiek.

                                                                10                                                                                                                                                                                    11
Geht doch! - Erfolgsfaktor Familie
Unternehmensnetzwerk
„Erfolgsfaktor Familie“: Menschen
befähigen – Wirtschaft stärken
„Menschen befähigen – Wirtschaft stärken“: Dieser Leitgedanke gilt für die IHK­Organisation
und das Unternehmensnetzwerk „Erfolgsfaktor Familie“. Mehr als 6.500 Unternehmen                                               beraten Menschen auf vielfältige Art und Weise.              familienbewusste Unternehmenskultur lebt von
                                                                                                                               Zusammen mit den vielen Partnern vor Ort wie                 dem Geist, private Belange der Beschäftigten in den
engagieren sich im Netzwerk für eine gute Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Wo wir
                                                                                                                               beispielsweise auch den Lokalen Bündnissen für               Blick zu nehmen und mit den unternehmerischen
heute stehen und wo wir noch handeln müssen, erläutert DIHK­Präsident Dr. Eric Schweitzer.                                     Familie oder einzelnen Initiativen haben wir ein             Zielen auszubalancieren.
                                                                                                                               einzigartiges Unternehmensnetzwerk aufgebaut.
                                                                                                                                                                                            Wie kann das Unternehmensnetzwerk „Erfolgs-
                                                                                                                               Wo stehen wir heute beim Thema NEUE Verein-                  faktor Familie“ engagierte Unternehmen dabei
                                     Herr Dr. Schweitzer, das Unter­        guten Vereinbarkeit profitieren:
                                                                                                       ‌                       barkeit? An welchen Themen müssen wir in der                 unterstützen?
                                     nehmensnetzwerk „Erfolgs­              Beschäftigte sind produktiver,                     Zukunft noch arbeiten?
                                     faktor Familie“ feiert in diesem       motivierter und loyaler, fallen                                                                                 Das Thema Vereinbarkeit von Beruf und Familie
                                     Jahr sein 10-jähriges Jubiläum.        seltener aus, die Attraktivität als                Es gibt ein großes Gestaltungspotenzial, das wir             hat sich in den letzten zehn Jahren entwickelt: von
                                     Welche Bilanz des gemeinsamen          Arbeitgeber steigt, Fluktuations­                  noch ausschöpfen können. Wir müssen die fami­                der Problemintervention hin zur Zukunftsgestal­
                                     Weges ziehen Sie?                      kosten sinken, neue Fachkräfte                     lienfreundlichen Infrastrukturen wie Randzeiten­             tung. Die Unternehmen im Netzwerk „Erfolgsfaktor
                                                                            werden schneller gefunden, die                     betreuung und Ganztagsschulen ausbauen. Die                  Familie“ sind sozusagen „Zukunftsscouts“, die neue
                                     Das Thema „Vereinbarkeit von           Innovationskraft des Unterneh­                     Digitalisierung bietet viele Chancen für eine gute           Lösungen denken und entwickeln. Das Netzwerk
                                     Beruf und Familie“ hat nichts an       mens steigt. Kleine und mittlere                   Vereinbarkeit, z. B. durch orts­ und zeitunabhän­            liefert „Blaupausen“ und gute Beispiele von Netz­
                                     Aktualität verloren. Das Netzwerk      Unternehmen (KMU), aber auch                       giges Arbeiten. Der Wegfall von Wegezeiten ist für           werkmitgliedern für Netzwerkmitglieder. Es ist
                                     wächst kontinuierlich: Mehr als        Global Player im Netzwerk                          viele Beschäftigte eine große Erleichterung. In              eine Quelle der Inspiration und ermutigt Betriebe,
                                     6.500 Mitglieder sind bereits aktiv;   stellen sich deshalb heute bei                     den Betrieben müssen wir neue Zielgruppen der                neue Wege zu gehen. Gemeinsam arbeiten wir an
                                     es ist damit die größte Unter­         der Vereinbarkeit von Familie                      Vereinbarkeit in den Blick nehmen wie Väter oder             Antworten auf die Frage nach einer „familien­ und
                                     nehmensplattform zum Thema             und Beruf nicht mehr die Frage                     Beschäftigte, die Angehörige pflegen. Wichtig ist            vereinbarkeitsbewussten Unternehmenskultur“.
Dr. Eric Schweitzer ist              familienbewusste Personalarbeit.       des Ob, sondern die des Wie. Es                    auch, dass wir gute und praktikable Vertretungs­             Dazu zählt beispielsweise, Vereinbarkeit zum
Präsident des Deutschen Industrie-   Wir erreichen damit alle Bran­         geht um individuelle, zugleich                     modelle in den Betrieben haben. Wenn wir die                 Thema in Personalgesprächen zu machen oder
und Handelskammertages (DIHK)        chen und Betriebsgrößen, aber          am Leben der Menschen und                          Unternehmenskultur zukunftsfähig und familien­               Führungskräfte fortzubilden. Zahlreiche Betriebe
und Vorstandsvorsitzender der        vor allem kleine und mittlere          an betrieblichen Erfordernissen                    bewusst ausgestalten wollen, dann müssen wir zudem           nutzen Beschäftigtenbefragungen, um wichtige
ALBA Group plc & Co. KG, Berlin,     Unternehmen. Das Netzwerk ist          ausgerichtete Lösungen.                            über Führung und Kommunikation nachdenken.                   Informationen zu den individuellen Vereinbar­
einer Unternehmensgruppe für         ihre Stimme! Wir sind froh, dass       Menschen befähigen – Wirt­                                                                                      keitsbedürfnissen zu erhalten. Das Netzwerkbüro
Recycling, Umweltdienstleistungen    der kleine Produktionsbetrieb          schaft stärken: Das ist ja auch                    ‚Unternehmenskultur‘ ist eines der von Ihnen                 unterstützt solche Ansätze mit praktischen Leitfä­
und Sekundärrohstoffhandel.
                       ‌             Mitglied im Netzwerk ist ebenso        der Leitgedanke für die IHK­                       genannten Handlungsfelder. Warum ist das Ihrer               den und Umsetzungshilfen. Zum Service gehören
                                     wie der DAX­Konzern. Das zeigt         Organisation, der hier sehr gut                    Ansicht nach so?                                             auch unterschiedlichste Veranstaltungsformate
                                     doch am besten: Vereinbarkeit          zum Tragen kommt. Ob in der                                                                                     wie Tagungen oder Workshops zusammen mit den
                                     ist ein breit getragenes und für       beruflichen Bildung, bei Un­                       „Unternehmenskultur“ – das Wort geht uns schnell             IHKs oder anderen Partnern in den Regionen.
                                     die betriebliche Zukunft wich­         ternehmensgründungen, wenn                         über die Lippen, ohne dass wir uns bewusst sind,             Das Unternehmensnetzwerk unterstützt Betriebe
                                     tiges Thema. Familienfreund­           es darum geht, neue Märkte zu                      was wir eigentlich genau damit meinen. Oft kom­              dabei, eine Balance zu schaffen zwischen Eltern,
                                     lichkeit zum Markenzeichen             erschließen oder Familie und                       binieren wir den Begriff mit Attributen wie dyna­            Pflegenden, Führungskräften und den Frauen und
                                     der deutschen Wirtschaft zu            Beruf besser unter einen Hut zu                    misch, innovativ, fair oder vertrauensvoll. Natürlich        Männern, die keine familiären Verpflichtungen
                                     machen – das ist auch weiter           bekommen: Die Industrie­ und                       geht auch familien­ oder vereinbarkeitsbewusst.              haben. Wer Unternehmer oder Führungskraft
                                                                                                                  Foto: DIHK

                                     unser Anspruch. Unternehmen            Handelskammern in Deutsch­                         Was kennzeichnet aber eine solche Kultur, und wie            ist, weiß, wie anspruchsvoll solch ein täglicher
                                     wissen heute, dass sie von einer       land befähigen, begleiten und                      können Unternehmen sie erlangen? Sicher ist: Eine            Balanceakt
                                                                                                                                                                                                     ­   ist.

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Geht doch! - Erfolgsfaktor Familie
Vom Teilzeitmodell
zur Familienkultur
Viele Unternehmen halten sich für familienfreundlicher als ihre Beschäftigten das tun. Wie
kommt es dazu? Studien zeigen: Vereinbarkeit ist eng verknüpft mit der Unternehmenskul­
tur – und vor allem kleine und mittelständische Unternehmen könnten das Potenzial ihrer
familienbewussten Personalpolitik oft noch besser ausschöpfen.

      Familienbewusstsein – für Georg Brugger­Efinger              Väter, Vereinbarkeit von Beruf und Pflege, mehr
      ist das viel mehr, als für seine über 100 Beschäftig­        Zeit für ein Ehrenamt oder die Weiterbildung.              Quelle: Institut der deutschen Wirtschaft Köln: Unternehmensmonitor Familienfreundlichkeit 2016
      ten ein Teilzeitmodell oder Home­Office in petto                                                                        * Die Datengrundlage besteht aus zwei unabhängigen Befragungen. Dadurch sind die befragten Beschäftigten in der Regel nicht Mitarbeiterinnen und
      zu haben. Er muss das wissen. Der technische                 Wo zwischen Wunsch und Wirklichkeit Lücken                 Mitarbeiter der befragten Unternehmen.

      Geschäftsführer der Brugger GmbH Magnetsyste­                klaffen
      me im schwäbischen Hardt arbeitet selbst schon
      seit mehr als 16 Jahren in vollzeitnaher Teilzeit.           Die Mehrheit der Unternehmen hat darauf reagiert
      Zwei Nachmittage pro Woche hält er sich für seine            und bietet mindestens ein Instrument einer familien­
      vier Kinder frei. Seine Frau, eine Ärztin, arbeitet          bewussten Personalpolitik an. Dennoch fühlen sich       Wunsch und Wirklichkeit klaffen auseinander,                                 Bei der FingerHaus GmbH aus Frankenberg/Eder
      derweil in ihrer Praxis.                                     viele Beschäftigte mit ihren familiären und privaten    wenn Unternehmen zwar Teilzeit anbieten – die                                mit 530 Beschäftigten gehen mittlerweile alle Vä­
                                                                   Themen alleingelassen: Nach einer Befragung des         verantwortungsvollen Projekte aber an Beschäf­                               ter für mindestens zwei Monate in Elternzeit. Das
      „Natürlich habe ich mir Gedanken gemacht, ob das             Instituts für Demoskopie Allensbach empfindet nur       tigte mit Vollzeitvertrag gehen. Wenn die Work­                              war nicht immer so: Unmittelbar nach Einfüh­
      meine Karriere ausbremst. Ich verstehe alle Eltern,          knapp jede zweite Familie ihre Vereinbarkeit als gut.   Life­Balance zum Unternehmensziel erklärt wird                               rung des Elterngeldes mit den Partnermonaten
      denen es genauso geht“, sagt Brugger­Efinger, der                                                                    – wichtige Meetings aber außerhalb der Kernar­                               2007 entschied sich lediglich ein frischgebackener
      den Familienbetrieb in zweiter Generation ge­                Im Väterbarometer 2016 des Unternehmens-                beitszeiten angesetzt sind. Wenn es im Intranet                              Vater für die familiär bedingte Auszeit. Das Un­
      meinsam mit seinem Bruder Thomas führt. Für ihn              programms „Erfolgsfaktor Familie“ schätzten sich        zwar eine Seite zu flexiblen Arbeitsmodellen gibt                            ternehmen habe die Elternzeit bei Vätern bewusst
      gehört Familienbewusstsein daher nicht allein ins            die befragten Unternehmen überwiegend als sehr          – diese aber im persönlichen Gespräch zwischen                               angeschoben, sagt Geschäftsführer Dr. Mathias
      Personalbüro, sondern direkt ins Herz eines jeden            väterfreundlich ein. Die befragten Väter hingegen       Beschäftigten und ihren Vorgesetzten niemals                                 Schäfer. „In der Produktion haben wir einen
      Betriebs: „In der Unternehmenskultur entscheidet             würden ihre Arbeitgeber nur teilweise so bezeichnen.    zum Thema werden. Beschäftigte passen sich oft                               Männeranteil von nahezu einhundert Prozent.
      sich, ob Beschäftigte familienbewusste Angebote                                                                      an das an, was sie am Arbeitsplatz als erwünscht                             Hier sprechen wir einzelne Männer auch direkt an
      wahrnehmen – und ob sie sie annehmen, weil sie               Solche Verzerrungen haben viel mit der Unterneh­        wahrnehmen. Das hat Einfluss darauf, ob und wie                              und fragen sie, welche Vereinbarkeitslösung für
      sie für glaubhaft halten.“                                   menskultur zu tun, sagt Professor Michael Hüther,       Beschäftigte ihre eigenen Bedürfnisse äußern.                                sie günstig wäre.“
                                                                   Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft
      Vom Mütterthema zur partnerschaftlichen Auf­                 Köln. In der Studie „Unternehmensmonitor Fami­          Wie enger Kontakt den Mut zur Vereinbarkeit                                  Von allein wäre aus der rechtlichen Möglichkeit
      gabenteilung, vom Teilzeitmodell zur lebenspha­              lienfreundlichkeit 2016“ kommt er zu dem Schluss:       schafft                                                                      der Elternzeit für Väter wohl kaum so schnell
      senorientierten Personalpolitik: Der Umgang mit              Konkrete Angebote machen nur einen Teil des                                                                                          gelebter Alltag geworden, glaubt Schäfer, der 2016
      Vereinbarkeit von Familie und Beruf hat sich in              Erfolgs einer familienbewussten Personalpolitik aus.    Nach Auffassung von Professor Hüther lässt sich                              beim Unternehmenswettbewerb „Erfolgsfaktor
      Gesellschaft, Unternehmen und Politik grundlegend            Mindestens ebenso wichtig sind die bewussten und        an diesen Stellschrauben aber gut drehen. Ent­                               Familie“ den Sonderpreis „Väterfreundliche Per­
      verändert. Ging es vor 15 Jahren vor allem darum,            unbewussten Werte, Normen und Einstellungen, die        scheidend sei der persönliche Umgang zwischen                                sonalpolitik“ gewonnen hat. Zweierlei sei wichtig
      jungen Müttern die Berufstätigkeit zu erleichtern,           wie eine Software im Hintergrund der Organisation       Beschäftigten und ihren Vorgesetzten. Dabei seien                            gewesen: „Beim Thema Vereinbarkeit für Väter
      handeln Beschäftigte und Arbeitgeber heute ganz              ablaufen und das tatsächliche Verhalten am Arbeits­     gerade kleine und mittlere Unternehmen in Fami­                              müssen wir von oben nach unten kommunizie­
      unterschiedliche Bedürfnisse aus: Elternzeit für             platz beeinflussen.
                                                                               ‌                                           lienhand im Vorteil.                                                         ren. Erst dann etabliert sich die Nutzung von

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Geht doch! - Erfolgsfaktor Familie
Vereinbarkeitsinstrumenten durch Väter als völlig                            Die Rolle der Führungskraft betont auch die
normal.“                                                                     Gallup­Studie: Beschäftigte mit einer hohen
                                                                             emotionalen Bindung ans Unternehmen füh­
Gebraucht habe es aber auch praktische Beispiele.                            len sich in ihren Stärken wahrgenommen und
Einer der ersten Männer in Elternzeit war einer                              respektiert. Sie erhalten regelmäßiges Feedback
der Gesellschafter. „Sobald man erste ,Leuchtturm­                           zu ihrer Leistung und werden als Persönlichkeiten
väter‘ hat, wird klar, es funktioniert tatsächlich: Der                      anerkannt. Mehr als die Hälfte von ihnen bewer­
Mitarbeiter kommt wieder, sein Arbeitsplatz wird                             tet ihre Vorgesetzten als gut oder sehr gut. Die
vorgehalten und er erfährt Unterstützung.“                                   Empfehlung von Gallup lautet: Führungskräfte
                                                                             sorgfältig auswählen, gut weiterbilden und intern
Weshalb innere Kündigung 100 Milliarden Euro                                 unterstützen, ihre Arbeit regelmäßig evaluieren
jährlich kostet                                                              und sie für die Qualität ihrer Führungsarbeit ver­
                                                                             antwortlich machen.
Emotionale Bindung – in dieser Währung drückt sich
eine mitarbeiterorientierte Unternehmenskultur für                           Über die operative Arbeit hinaus haben Führungs­
Unternehmen auch in harten Zahlen aus. Der Gallup                            kräfte vor allem in Familienbetrieben jedoch noch
Engagement Index Deutschland 2016 hat herausge­                              ein weiteres Instrument dafür, die Unternehmens­
                                                                                                                                                         Quelle: Institut der deutschen Wirtschaft Köln: Unternehmensmonitor Familienfreundlichkeit 2016
funden: Beschäftigte mit einer hohen emotionalen                             kultur hin zu mehr Vereinbarkeit zu beeinflussen:
Bindung an ihr Unternehmen fehlen im Durchschnitt                            das Narrativ ihrer Geschäftstätigkeit. Der Wunsch
krankheitsbedingt 6,5 Tage pro Jahr. Ohne emotionale                         nach besserer Vereinbarkeit ist der Grund, warum
Bindung sind es 10,3 Tage. Der Rückzug in die innere                         es den Magnethersteller Brugger überhaupt gibt.                          Warum ein gutes Gespräch durch nichts zu                                     der 86 Beschäftigten. „Wir hatten die Hypothese,
Kündigung kostet die deutsche Wirtschaft durch                               Vater Rudolf gründete 1963 sein eigenes Unter­                           ersetzen ist                                                                 dass fünf Prozent unserer Belegschaft pflegerische
Krankheitstage und Fluktuationskosten zwischen                               nehmen, weil er samstags lieber bergsteigen als                                                                                                       Verantwortung trägt. Es sind 16 Prozent. Das hat
80 und mehr als 100 Milliarden Euro jährlich.                                arbeiten wollte.                                                         Auch Georg Brugger­Efinger hat niemals Zweifel                               uns doch überrascht.“
                                                                                                                                                      daran gelassen, dass es ein Leben neben der Arbeit
                                                                                                                                                      gibt, für ihn und seine Beschäftigten. Sind die                              Die Konsequenz: Die Vereinbarkeit von Beruf und
                                                                                                                                                      Kinder krank, kümmert er sich. Als junger Vater                              Pflege ist nun ein fester Bestandteil der jährlichen
                                                                                                                                                      arbeitete er notfalls auch mit Baby im Tragetuch                             Mitarbeitergespräche. Ohnehin laufen Georg
                                                                                                                                                      vor seinem Bauch. „Das ist natürlich ein starkes                             Brugger­Efinger und sein Bruder Thomas ein­
                                                                                                                                                      Signal in die Firma.“                                                        mal am Tag die gesamte Fertigung ab und reden
                                                                                                                                                                                                                                   mit ihren Beschäftigten. Auch hier fließt nun die
                                                                                                                                                      Dennoch sind persönliche Gespräche durch                                     eine oder andere Frage nach Pflegeaufgaben ein.
                                                                                                                                                      nichts zu ersetzen. Das hat Brugger­Efinger                                  Ansonsten kann Brugger­Efinger sicher sein, dass
                                                                                                                                                      gemerkt, als er im vergangenen Jahr den neuen                                viele Beschäftigte seine Haltung zur Vereinbarkeit
                                                                                                                                                      Unternehmens­Check des Unternehmensnetz­                                     teilen. Ein Mitarbeiter etwa arbeitete sich vom
                                                                                                                                                      werks von „Erfolgsfaktor Familie“ machte. In                                 Facharbeiter zum Bereichsleiter hoch, ebenfalls in
                                                                                                                                                      diesem Zusammenhang erhob das Unternehmen                                    Teilzeit. Soeben kam er zum zweiten Mal aus der
                                                                                                                                                      erstmals systematisch Daten zu Pflegetätigkeiten                             Elternzeit zurück.

                                                                                                                                                      Lesen Sie auf Seite 20 das Interview mit                                     Sie wollen mehr über Ihre eigene
                                                                                                                                                      Prof. Michael Hüther zum Unternehmensmonitor                                 Unternehmenskultur wissen?
   Quelle: Institut der deutschen Wirtschaft Köln: Unternehmensmonitor Familienfreundlichkeit 2016
                                                                                                                                                      Familienfreundlichkeit 2016.                                                 Machen Sie den Kulturcheck von
   * Die Datengrundlage besteht aus zwei unabhängigen Befragungen. Dadurch sind die befragten Beschäftigten in der Regel nicht Mitarbeiterinnen und
   Mitarbeiter der befragten Unternehmen.                                                                                                                                                                                          „Erfolgsfaktor Familie“ kostenlos
                                                                                                                                                                                                                                   im Internet.

                                                                        16                                                                                                                                                    17
Geht doch! - Erfolgsfaktor Familie
Vereinbarkeit für alle?
Alles eine Frage der Kultur
Eine familienfreundliche Unternehmenskultur und eine gute Vereinbarkeit von Familie
und Beruf sollten Hand in Hand gehen – eine aktuelle Studie zeigt aber, wie unterschiedlich
Arbeitgeber und Beschäftigte familienfreundliche Angebote noch wahrnehmen.

      Vereinbarkeit hat viele Erfolgsfaktoren. Wie gut Be­     von angebotenen flexiblen Arbeits­ und Arbeitszeit­
      schäftigte Familie und Beruf in unterschiedlichen        modellen deutlich: Hier liegt die Wahrnehmung                                                                                                                 ‌
      Lebenssituationen unter einen Hut bekommen,              des Angebots aus Beschäftigtensicht im Schnitt
      hängt dabei insbesondere von der Unternehmens­           rund 23 Prozent niedriger als die Unternehmens­
      kultur ab. Die im Auftrag des Bundesfamilienmi­          angabe zum Angebot. Das zeigt: Nur weil ein
      nisteriums erstellte Studie „Unternehmenskultur          Angebot existiert, heißt das noch nicht, dass alle           Quelle: Studie „Unternehmenskultur – Der entscheidende Erfolgsfaktor für die Vereinbarkeit“
      – Der entscheidende Erfolgsfaktor für die Verein­        Beschäftigten – auch Männer und Führungskräfte –
      barkeit“ zeigt: Eine familienfreundliche Unterneh­       dieses ohne Nachteile nutzen können. Entscheidende
      menskultur ist der Schlüssel für eine tatsächlich        Elemente einer familienfreundlichen Unternehmens­
      gelingende Vereinbarkeit im Betriebsalltag. Vieles       kultur können dazu beitragen, das Potenzial der           Je nachdem, inwieweit jeder dieser Aspekte einer
      hat sich hier schon bewegt: Knapp ein Viertel der        NEUEN Vereinbarkeit besser auszuschöpfen:                 familienfreundlichen Unternehmenskultur                                            1. Finden Sie heraus, wie familienfreundlich
      Beschäftigten bewerten die Unternehmenskultur            • 	Passgenaue Maßnahmen – die Angebote                   umgesetzt wird, lassen sich drei Kulturtypen von                                   Ihr Unternehmen ist und wie Beschäftigte die
      ihres Arbeitgebers als sehr vereinbarkeitsfreund­            entsprechen den Bedarfen der Beschäftigten            Unternehmen unterscheiden: Die „Champions“                                         Unternehmenskultur wahrnehmen – Online­
      lich. Beschäftigte in solchen Unternehmen können             in unterschiedlichen Lebenssituationen                – meist größere oder länger bestehende Unter­                                      tools wie der Kulturcheck von „Erfolgsfaktor
      Familie und Beruf zu fast 100 Prozent vereinbaren.       • 	Führungskräfte als Gestaltende und Vorbilder –        nehmen – haben Vereinbarkeit in den Unterneh­                                      Familie“ können erste Anhaltspunkte geben.
      Deutlich wird aber auch: In vielen Unternehmen               sie prägen durch ihr Verhalten, wie Vereinbarkeit     mensalltag integriert und ermutigen Beschäftigte                                   2. Definieren und institutionalisieren Sie
      bestehen zum Teil deutliche Unterschiede darin,              im Betrieb tatsächlich gelebt wird                    aktiv, diese Angebote in Anspruch zu nehmen.                                       Eckpunkte der familienfreundlichen Unter­
      wie Arbeitgeber und Beschäftigte das Angebot der         • 	Transparenz und aktive Kommunikation –                Die Unternehmensleitung kommuniziert offen                                         nehmenskultur – in der Unternehmensstra­
      Vereinbarkeitsmaßnahmen wahrnehmen. Während                  Beschäftigte werden zielgruppengerecht an­            und schult Führungskräfte entsprechend. Vor­                                       tegie oder durch etablierte Strukturen der
      sich 44 Prozent der Unternehmen als sehr familien­           gesprochen und über vorhandene Maßnahmen              gesetzte unterstützen Mitarbeiterinnen und                                         Personalpolitik.
                freundlich einschätzen und Vereinbarkeit           informiert                                            Mitarbeiter dabei, Familie und Beruf zu verein­                                    3. Der Kulturwandel muss glaubhaft kom­
                 als Teil ihrer Unternehmenskultur sehen,      • 	Nachhaltige Verankerung – Leitbilder, Betriebs­       baren. Die „Soliden“ ziehen sich durch die gesam­                                  muniziert werden – machen Sie deutlich, dass
                  stimmen dieser Aussage nur 24 Prozent            vereinbarungen und andere verbindliche Rege­          te Unternehmenslandschaft und haben eine                                           das Thema für die Unternehmensführung
                   der Beschäftigten zu. Diese „Wahrneh­           lungen geben Beschäftigten Sicherheit, ob und         familienfreundliche Kultur sowie ein Angebot                                       wichtig ist, stellen Sie die Vorteile heraus und
                     mungsschere“ wird auch am Beispiel            wie sie angebotene Maßnahmen nutzen können.           an Vereinbarkeitsmaßnahmen, die sie aber noch                                      ermutigen Sie zu Offenheit. Teilen Sie Erfolgs­
                                                                                                                         nicht aktiv fördern. Bei den „Nachzüglern“ – häu­                                  beispiele in Mitarbeiterzeitung oder Intranet.
                                                                                                                         fig eher kleinere und jüngere Unternehmen in                                       4. Eine familienfreundliche Kultur muss
                          Baukasten für die NEUE Vereinbarkeit                                                           arbeitsintensiven Branchen – ist Familienfreund­                                   authentisch gelebt werden – das gelingt nur,
                                                                                                                         lichkeit kein zentraler Bestandteil der Unter­                                     wenn Vereinbarkeitsangebote auch tatsächlich
                          Unter www.erfolgsfaktor-familie.de/            Arbeitswelt“ übertragen und so struktu­         nehmenskultur; teilweise wird es Beschäftigten                                     genutzt und Beschäftigte aktiv dazu ermutigt
                          kulturcheck können Personalverantwort­         riert für Präsentationen verwenden. Daten       durch die Rahmenbedingungen eher erschwert,                                        werden. Wichtig sind auch klare Signale, dass
                          liche die familienfreundlichen Angebote        und Fakten rund um das Thema Vereinbar­         Angebote in Anspruch zu nehmen. Die Ergebnisse                                     die Nutzung flexibler Arbeitszeitmodelle kein
                          ihres Unternehmens bewerten und Be­            keit stellen die Ergebnisse in einen direkten   der Studie zeigen: Vereinbarkeit wird zur Selbst­                                  Nachteil für die Karriere ist.
                          reiche erkennen, in denen ein weiterer         betriebswirtschaftlichen Zusammenhang.          verständlichkeit, wenn Unternehmen das Thema
                          Ausbau sinnvoll ist. Diese Ergebnisse lassen   Den Baukasten finden Sie unter:                 offen kommunizieren, es fest verankern und Füh­
                          sich einfach in den Powerpoint­Baukasten       www.erfolgsfaktor-familie.de/                   rungskräfte entsprechend schulen. Daraus lassen                               Die Studie finden Sie unter
                          „NEUE Vereinbarkeit – Potenziale für die       ppt-baukasten                                   sich konkrete Handlungsempfehlungen ableiten:                                 www.erfolgsfaktor-familie.de/kulturstudie

                                                                                                                                                                                                  19
„Flexible
  ‌       Arbeitsorganisation                                                                                                     Familienfreundlichkeit –
ermöglicht bedarfsgerechte                                                                                                        alles im grünen Bereich?
Lösungen“
Fast alle Arbeitgeber in Deutschland bieten mindestens ein Arbeitsmodell für die bessere                                          Der Kulturcheck zur Familienfreundlichkeit kommt an: Bereits fast 1.000 Unternehmen
Vereinbarkeit von Familie und Beruf an. Trotzdem sind sich Beschäftigte dieser Angebote oft                                       haben ihre Familienfreundlichkeit mit dem neuen Online­Tool von „Erfolgsfaktor Familie“
nicht bewusst. Professor Dr. Michael Hüther vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln hat                                        unter die Lupe genommen. Dabei hat sich gezeigt: In mehr als der Hälfte der Betriebe wird
dieses Phänomen im „Unternehmensmonitor Familienfreundlichkeit 2016“ näher untersucht.                                            die Bedeutung von Familienfreundlichkeit für das Unternehmen regelmäßig thematisiert.

                                     Herr Prof. Hüther, Sie sind selbst    bewusst, welche Angebote der Ar­                       Mit dem Kulturcheck können Unternehmen mit                Die Ergebnisse des Kulturchecks
                                     Führungskraft. Wie machen Sie         beitgeber unterbreitet – beispiels­                    wenigen Klicks die Probe aufs Exempel machen:             machen aber auch deutlich:
                                                                                                                                                                                                                                            Fa milienbewusste
                                                                                                                                                                                                                                              Unternehmenskult
                                     Vereinbarkeit im IW Köln zum          weise dann, wenn ein Pflegefall                        Welchen Stellenwert nimmt die Vereinbarkeit in            Betriebe schätzen ihre Un­
                                     Thema?                                in der Familie eintritt. Ob die                        ihrer Unternehmenskultur ein, und in welchen              ternehmenskultur auf den
                                                                                                                                                                                                                                                              ur?
                                     Familienfreundlichkeit ist zu einem
                                     wesentlichen Wettbewerbs­ und
                                                                           Vereinbarkeit im Unternehmen
                                                                           gut funktioniert, ist aber nicht
                                                                                                                                  Bereichen lässt sich eine familienfreundliche
                                                                                                                                  Unternehmenskultur noch ausbauen? Gibt es
                                                                                                                                                                                            ersten Blick als deutlich
                                                                                                                                                                                            familienfreundlicher ein als
                                                                                                                                                                                                                                         ΩΩ
                                                                                                                                                                                                                                         Wird Fa milien freu
                                                                                                                                                                                                                                                              ndlichkeit
                                     Imagefaktor für Unternehmen           nur eine Frage des Angebots,                           zum Beispiel ein familienpolitisches Leitbild im          sie tatsächlich ist. Die größte
                                                                                                                                                                                                                                        intern  /ext ern kommuniziert
                                     geworden. Auch wir setzen auf         sondern auch der Unternehmens­                         Unternehmen? Wird Vereinbarkeit durch eine                Differenz zwischen der eher                UΩΩ
                                                                                                                                                                                                                                         nterstützen Führ
                                                                                                                                                                                                                                                                        ?
                                                                                                                                                                                                                                                               ungskräfte
                                     Familienfreundlichkeit, um Mitar­     kultur. Wichtig ist die Vorbild­                       entsprechende Führungskultur unterstützt? Welche          intuitiven Ersteinschätzung               V ereinbarkeit?
                                     beiterinnen und Mitarbeitern ein
                                     attraktives Arbeitsumfeld zu bieten
                                                                           funktion der Führungskräfte für
                                                                           eine gelebte familienfreundliche
                                                                                                                                  Möglichkeiten haben Beschäftigte, sich zu Fragen
                                                                                                                                  rund um das Thema zu informieren? Am Ende des
                                                                                                                                                                                            und der nach konkreten
                                                                                                                                                                                            Maßnahmen aufgeschlüs­
                                                                                                                                                                                                                                       ΩΩ
                                                                                                                                                                                                                                      Gibt es flexible A
                                                                                                                                                                                                                                                           rbeitszeiten
                                     und ihnen die Vereinbarkeit von       Unternehmenskultur.                                    Fragebogens erhält jedes Unternehmen – neben              selten Detailbetrachtung                 oder  A  rb eitsmodelle?
                                     Familie und Beruf zu erleichtern.
                                     Hierzu haben wir eine dauerhafte      Welche Maßnahmen empfehlen
                                                                                                                                  einer Gesamtbewertung der Unternehmenskultur
                                                                                                                                  und Auswertungen für die einzelnen Dimensionen
                                                                                                                                                                                            weist der Bereich „Unter­
                                                                                                                                                                                            nehmensziele und ­werte“
                                                                                                                                                                                                                                      ΩΩ
                                                                                                                                                                                                                                    Ist d ie V ereinbaru
                                                                                                                                                                                                                                                          ng von Beruf und
                                                                                                                                                                                                                                   Pflege ein Thema?
                                     Arbeitsgruppe mit Mitarbeiterbe­      Sie Unternehmen, die daran etwas                       – konkrete Hinweise und Informationen, die zeigen,        auf. Denn oftmals sind die
Professor Dr. Michael Hüther         teiligung gegründet, die regelmäßig   ändern wollen?                                         wie die Unternehmenskultur noch familienfreund­           „gefühlten“ Werte tatsäch­
leitet seit 2004 das Institut der    unser Angebot an familienfreund­      Eine flexible, lebensphasenorien­                      licher gestaltet werden kann.                             lich nicht in formalen                Hier geht‘s
                                                                                                                                                                                                                                 zum Kulturcheck:
deutschen Wirtschaft Köln (IW)       lichen Maßnahmen diskutiert und       tierte Arbeitsorganisation erlaubt                                                                               Rahmen wie zum Beispiel
und ist seit 2001 Honorarprofessor   neue Vorschläge erarbeitet.           es Arbeitgebern und Beschäftigten,                     Fast 1.000 Unternehmen haben mittlerweile den             Leitbildern verankert.
an der European Business School                                            bedarfsgerechte Lösungen im                            Kulturcheck absolviert. Eine erste Auswertung             Auch mit Blick auf die
in Oestrich-Winkel. Zuvor war        Geschäftsleitung und Beschäftigte     Einzelfall zu finden. Die Weichen­                     zeigt: In vielen Betrieben gibt es inzwischen eine        Unternehmensgröße gibt es
er Chefvolkswirt der Deka-Bank       schätzen oft ganz unterschiedlich     stellung über betriebliche Angebo­                     breite Akzeptanz für das Thema Vereinbarkeit. So          Unterschiede: So ist bei kleineren Unternehmen
in Frankfurt am Main. Das IW         ein, wie gut die Vereinbarkeit im     te wie flexible Arbeitszeitmodelle                     steht das Thema „Vereinbarkeit“ in mehr als der           der Unterschied zwischen der Ersteinschätzung
untersucht unter anderem die         Unternehmen funktioniert. Wie         oder mobile Arbeitsformen setzt                        Hälfte der Unternehmen zumindest regelmäßig auf           und der tatsächlichen Praxis deutlich ausgeprägter
Auswirkungen des zu erwartenden      kommt es dazu?                        die Geschäftsführung. Ob die Un­                       der Tagesordnung. Auch der organisatorische Rah­          als bei großen Unternehmen. Das Thema Pflege
Bevölkerungsrückgangs auf den        Die Wünsche und Bedürfnisse der       terstützung jedoch letztlich beim                      men scheint zu stimmen: Gerade bei der Arbeits­           und Beruf spielt in vielen Unternehmen nach wie
Arbeitsmarkt.                        Beschäftigten hinsichtlich betrieb­   Beschäftigten ankommt, hängt                           zeitgestaltung gehen die Unternehmen auf die              vor eine unterschiedlich ausgeprägte Rolle. In nur
                                     licher Unterstützung zur besseren     maßgeblich von der Offenheit,                          Vereinbarkeitsbedürfnisse ihrer Beschäftigten ein.        29 Prozent der kleinen Unternehmen ist es fester
                                     Vereinbarkeit von Familie und         der Flexibilität und dem Team­                         Zu den häufigsten Vereinbarkeitsangeboten gehören         Bestandteil oder wird zunehmend zum Thema. Bei
                                                                                                                  Foto: IW Köln

                                     Beruf sind je nach Lebensphase        geist aller Beteiligten – Geschäfts­                   eine umsichtige Termingestaltung (81 Prozent),            großen Unternehmen sind Angebote zum Thema
                                     sehr unterschiedlich. Oft wird        führung, Führungskräfte und                            flexible Tages­ und Wochenarbeitszeit (75 Prozent)        Pflege schon in jedem zweiten Betrieb fester Be­
                                     dem Einzelnen erst anlassbezogen      Belegschaft – ab.                                      und Home­Office (61 Prozent).                             standteil oder werden dies zunehmend.

                                                     20                                                                                                                                21
Gemeinsam planen,                                                                                             Eine familienfreundliche Kultur in einer Hochschule zu etablie­
                                                                                                              ren und zu leben heißt, Familiengerechtigkeit in allen Bereichen

gemeinsam gewinnen                                                                                            zu verankern. Dabei geht es um konkrete Alltagsfragen: Haben
                                                                                                              Kolleginnen und Kollegen Verständnis dafür, wenn mein Kind
                                                                                                              krank ist? Darf ich flexibel von zu Hause aus arbeiten? Werden
                                                                                                              Besprechungen so gelegt, dass ich problemlos daran teilnehmen
Wie gelingt Familienfreundlichkeit im Unternehmen? Die Regionalbotschafter von „Erfolgs­    kann? Wenn unsere Studierenden Familie haben oder Angehörige pflegen, erfor­
faktor Familie“ haben im vergangenen Jahrzehnt die Entwicklung der Unternehmens­ und        dern solche Lebenslagen von den Betreuenden Einfühlungsvermögen und flexible
                                                                                            Lösungen. Führungskräfte können Strukturen in diesem Sinne fördern.
Führungskultur vor Ort mitbegleitet. Fünf Botschafterinnen und Botschafter ziehen Bilanz.
                                                                                            Prof. Dr. Lutz Kipp, Präsident der Christian­Albrechts­Universität zu Kiel –
                                                                                            Regionalbotschafter für das Land Schleswig­Holstein

                       Als Mitglied im Unternehmensnetzwerk „Erfolgsfaktor Familie“                             Kinder sind unsere Zukunft. Jeder in unserer Gesellschaft soll­
                       stellt sich für uns immer wieder die Frage: Was können wir ver­                          te seinen Beitrag dazu leisten, dass sie in guten familiären und
                       bessern? Kernarbeitszeiten und hohe Kundenfrequenzen müssen                              gesicherten Verhältnissen aufwachsen. Unternehmen können
                       im Unternehmensalltag miteinander harmonieren. Auf dieser Ba­                            dazu beitragen, indem sie ihre Beschäftigten dabei unterstützen,
                       sis können wir Lebensentwürfen mit unterschiedlichsten Gewich­                           familiäre Bedürfnisse mit der Arbeitswelt in Einklang zu bringen.
                       tungen von Familie und Beruf gerecht werden. Dies gelingt uns                            Eine familienfreundliche Unternehmens­ und Führungskultur
   immer besser – auch dank eigenverantwortlicher Einsatzplanung der Beschäftigten.         zeichnet sich daher durch eine lebensphasenorientierte Personalpolitik aus. Eine
   Eine Infrastruktur mit guten Kinderbetreuungseinrichtungen am Standort ist dafür         offene Kommunikation von Anfang an ermöglicht es, zeitnah organisatorische Lö­
   ebenso wichtig wie ein wertschätzender Umgang untereinander. Diese Überzeugung           sungen für auftretende Probleme zur Vereinbarkeit zu finden. Als Regionalbotschaf­
   leben wir auf allen Ebenen. Das Netzwerk ist dabei ein wertvoller Partner.               terin habe ich die Erfahrung gemacht: Gute Beispiele können andere Unternehmen
                                                                                            motivieren, sich stärker für familienfreundliche Maßnahmen zu engagieren.
   Cord Wöhlke, Geschäftsführer, Iwan Budnikowsky GmbH & Co. KG –
   Regionalbotschafter für das Land Hamburg                                                 Cornelia Beau, Geschäftsführerin, Hainich Konserven GmbH –
                                                                                            Regionalbotschafterin für das Land Thüringen

                       Wie eine familienfreundliche Kultur im Alltag gelebt wird,                              Ob ein Unternehmen für Familien attraktiv ist, entscheidet sich an
                       entscheidet sich mit dem Verhalten unserer Führungskräfte: Sie                          der Unternehmenskultur. Gemeinsam gilt es, individuelle Anliegen
                       fungieren als Vorbilder und erkennen den Wert der Vereinbarkeit                         wie unternehmerische Wertschöpfung in den Blick zu nehmen.
                       von Familie und Beruf – für sich, für ihre Mitarbeiter und das                          Für sinnvolle Lösungen braucht es bei allen Beteiligten Selbstver­
                       Unternehmen als Ganzes. Im globalen Wettbewerb ist es für uns                           antwortung, Wohlwollen und Kreativität. Führungskräfte wirken
   entscheidend, die besten Mitarbeiter zu gewinnen und weiterzuentwickeln. Deshalb                            hier als Vorbild. Wenn Vereinbarkeit gelingt, fühlen sich Mitarbei­
   bieten wir ihnen das richtige Umfeld, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf         tende gesehen und unterstützt. Das stärkt die Verbundenheit mit dem Unternehmen,
   erfolgreich zu meistern. Wir fördern zum Beispiel flexible Arbeitsmodelle und unter­     und sie haben den Kopf frei für ihren Verantwortungsbereich. Wir schätzen den inspi­
   stützen unsere Mitarbeiter bei der Kinderbetreuung oder Pflege von Angehörigen.          rierenden Austausch im Netzwerk mit Unternehmen, denen die Unterstützung ihrer
                                                                                            Mitarbeitenden beim Balanceakt ‚Beruf und Privatleben‘ auch ein Herzensanliegen ist.
   Kathrin Menges, Personalvorstand, Henkel AG & Co. KGaA –
   Regionalbotschafterin für das Land Nordrhein­Westfalen                                   Ralph Heinisch, Geschäftsführer, Weleda AG –
                                                                                            Regionalbotschafter für das Land Baden­Württemberg

                                                                                              Fotos: Seite 22: Iwan Budnikowsky GmbH & Co. KG; Henkel AG & Co. KGaA / Claudia Kempf; Seite 23: Schön / Uni Kiel;
                                                                                                                                                                           Hainich Konserven GmbH; Weleda AG

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