Ein Bild sagt mehr als tausend Worte: Kombinierte Warnhinweise aus Bild und Text auf Tabakprodukten - Rote Reihe Tabakprävention und ...

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Rote Reihe
Tabakprävention und Tabakkontrolle

Ein Bild sagt mehr als tausend Worte:
Kombinierte Warnhinweise
aus Bild und Text auf Tabakprodukten

Band 10
Deutsches Krebsforschungszentrum, Heidelberg
Ein Bild sagt mehr als tausend Worte: Kombinierte Warnhinweise aus Bild und Text auf Tabakprodukten - Rote Reihe Tabakprävention und ...
Rote Reihe Tabakprävention und Tabakkontrolle Band 10:
Ein Bild sagt mehr als tausend Worte: Kombinierte Warnhinweise
aus Bild und Text auf Tabakprodukten

© 2009, Deutsches Krebsforschungszentrum, Heidelberg

1. Auflage: 1000

Zitierweise:
Deutsches Krebsforschungszentrum (Hrsg.):
Ein Bild sagt mehr als tausend Worte: Kombinierte Warnhinweise
aus Bild und Text auf Tabakprodukten
Heidelberg, 2009

Gestaltung, Layout und Satz:
komplus GmbH, Heidelberg

Verantwortlich für den Inhalt:
Deutsches Krebsforschungszentrum
Stabsstelle Krebsprävention und
WHO Kollaborationszentrum
für Tabakkontrolle

Leiterin:
Dr. med. Martina Pötschke-Langer
Im Neuenheimer Feld 280
69120 Heidelberg

Telefon: 06221 - 42 30 07
Telefax: 06221 - 42 30 20
E-mail: who-cc@dkfz.de
Internet: http://www.tabakkontrolle.de
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Rote Reihe
Tabakprävention und Tabakkontrolle
Band 10

Ein Bild sagt mehr als tausend Worte:
Kombinierte Warnhinweise aus Bild und Text
auf Tabakprodukten

Autorinnen

Dr. Katrin Schaller
Ute Mons, M.A.
Dr. Martina Pötschke-Langer

In Zusammenarbeit mit dem ITC-Project (International Tobacco Control
Policy Evaluation Project):
David Hammond, University of Waterloo, Kanada
Geoffrey Fong, University of Waterloo, Kanada
Ron Borland, The Cancer Council, Victoria, Melbourne, Australien

Diese Publikation wurde dankenswerterweise mit Mitteln aus dem Nachlass
von Horst Heinz Hermann Wertgen finanziell unterstützt.

Deutsches Krebsforschungszentrum, Heidelberg
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Inhalt

       Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

       Kernaussagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

A      Das Rahmenübereinkommen der Weltgesundheitsorganisation
       zur Eindämmung des Tabakgebrauchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
       1. Artikel 11 des Rahmenübereinkommens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
       2. Leitlinien zu Artikel 11 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

B      Kombinierte Warnhinweise aus Bild und Text . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
       1. Kombinierte Warnhinweise in der Europäischen Union. . . . . . . . . . . . . . 9
       2. Kombinierte Warnhinweise weltweit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

C      Die Tabakverpackung als Werbeträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
       1. Werbeträger Verpackung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
       2. Die Zigarettenverpackung als Marketinginstrument
          der Tabakindustrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
       3. Design von Zigarettenpackungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16

D      Nutzung der Tabakverpackung zur gesundheitlichen Aufklärung . . . . . . . 19

E      Wirksamkeit von Warnhinweisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
       1. Bewertung der Wirksamkeit von Warnhinweisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
       2. Wirksamkeit von rein textlichen Warnhinweisen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
       3. Wirksamkeit von bildgestützten Warnhinweisen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24

F      Empfehlungen zum Design von Warnhinweisen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
       1. Allgemeine Designaspekte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
       2. Die wichtigsten Designelemente von Warnhinweisen . . . . . . . . . . . . . . 29

G      Empfehlungen zur erfolgreichen Einführung von Warnhinweisen
       in Deutschland. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
       1. Vorbereitung der Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
       2. Verfassungsmäßigkeit von Warnhinweisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38
       3. Information der Bevölkerung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39

Literaturverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41
Autorenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44

                                                                                                                                  Inhalt   3
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Einleitung

„Die einfachste Art, mit Rauchern zu kommunizieren, ist über die Verpackung und
über unsere extensiven direkten Kommunikationsaktivitäten…“ 1
                      Advertising Support for Gratis II Catalogue Agency Recommendation, 1995

„Letztendlich ist eine Zigarettenpackung eines der wenigen Dinge eines Rauchers,
die er regelmäßig benutzt und die etwas über ihn aussagt. Eine Zigarettenpackung
ist der einzige Gegenstand, den ein Raucher 20 Mal am Tag aus der Tasche nimmt
und für jedermann sichtbar vor sich hinlegt.“ 5
                                                                   Brown & Williamson, 1985

Die Zigarettenpackung stellt eine direkte     Steuererhöhungen, den Schutz vor Pas-
Verbindung zwischen der Tabakindustrie        sivrauchen, Regelungen bezüglich der
und dem Konsumenten her – das macht           Inhaltsstoffe zu Tabak und zu deren
sie zu einem wichtigen Informations-          Angaben auf der Verpackung, Maßnah-
träger. Daher nutzt die Tabakindustrie sie    men zu Information und Aufklärung, um-
als Werbemittel, um Markenattraktivität       fassende Tabakwerbeverbote und Maß-
und -identität zu schaffen sowie den          nahmen zur Tabakentwöhnung. Deutsch-
Kunden an das Produkt zu binden. Die          land unterzeichnete das Übereinkommen
Zigarettenpackung kann umgekehrt aber         am 24.10.2003, ratifizierte es am 16.12.2004
auch sehr effektiv für die Verminderung       und am 16.03.2005 trat es in Kraft.
des Tabakkonsums genutzt werden,              Deutschland verpflichtete sich damit –
wenn sie als Träger für Informationen         wie alle anderen unterzeichnenden Staa-
über die Schädlichkeit des Rauchens ver-      ten –, die Bevölkerung über die Gefahren
wendet wird.                                  des Rauchens und Passivrauchens zu
Zwar wissen die meisten Raucher grund-        informieren und umfassende Maßnah-
sätzlich, dass Rauchen der Gesundheit         men zur Verminderung des Tabak-
schadet, oftmals ist ihnen aber das           rauchens zu ergreifen.
Ausmaß der Gesundheitsgefährdung für          Warnhinweise auf Tabakverpackungen
sie selber und für ihre Mitmenschen           sind ein kostengünstiges Mittel zur Infor-
nicht bewusst oder sie schieben ihr           mationsvermittlung. Deutschland hat
Wissen beiseite. Großflächige Warnhin-        aufgrund der Entscheidung der Europä-
weise auf Zigarettenpackungen helfen          ischen Union „über die Verwendung von
dabei, Raucher über die Gesundheitsge-        Farbfotografien oder anderen Abbildun-
fahren des Rauchens zu informieren.           gen als gesundheitsbezogene Warnhin-
Warnhinweise auf Tabakverpackungen            weise auf Verpackungen von Tabak-
sind dabei Teil eines größeren Maßnah-        erzeugnissen“ (2003/641/EG) die Mög-
menpakets in der Tabakkontrolle. Ein          lichkeit, kombinierte Warnhinweise aus
umfassendes, wirksames Maßnahmen-             Text und Bild aus einer von der EU zur
paket wurde im Rahmenübereinkommen            Verfügung gestellten Bibliothek auszu-
der Weltgesundheitsorganisation (WHO)         wählen und für Tabakprodukte vorzu-
zur Eindämmung des Tabakgebrauchs             schreiben. Dies ist eine große Chance für
(Framework Convention on Tobacco Con-         die gesundheitliche Aufklärung, die
trol, FCTC) skizziert. Dieses beinhaltet      genutzt werden sollte.

                                                                                                Einleitung   5
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Kernaussagen

                    Das WHO-Rahmenübereinkommen zur Eindämmung des Tabakgebrauchs
                    (Framework Convention on Tobacco Control, FCTC) fordert von den unterzeich-
                    nenden Staaten unter anderem den Aufdruck gesundheitsrelevanter Warn-
                    hinweise auf Tabakverpackungen.
                    Die von den Vertragsparteien erarbeiteten Leitlinien zur FCTC empfehlen die
                    Einführung von bildgestützten Warnhinweisen.
                    Die Europäische Union stellt eine Bibliothek mit bildgestützten Warnhinweisen
                    zur Verfügung.
                    Da die Zigarettenverpackung für die Tabakindustrie ein wichtiges Marketing-
                    instrument ist, sollte dieses Kommunikationsmittel auch zur Aufklärung
                    genutzt werden.
                    Warnhinweise auf Zigarettenverpackungen sind eine kostengünstige Form der
                    gesundheitlichen Aufklärung mit weit reichender Wirkung. Sie erreichen alle
                    Raucher sowie potentielle Neukonsumenten und schränken die Wirksamkeit
                    eines wichtigen Marketinginstruments der Tabakindustrie ein.
                    Kombinierte Warnhinweise aus Bild und Text sind wirksamer als allein textge-
                    stützte Warnhinweise: Sie werden besser wahrgenommen und kognitiv besser
                    verarbeitet.
                    Bildgestützte Warnhinweise sind wirksamer in der Vermittlung von Gesund-
                    heitswissen.
                    Bildgestützte Warnhinweise rufen eher negative emotionale Reaktionen hervor
                    als textgestützte Warnhinweise. Solche Reaktionen erhöhen die Wahrschein-
                    lichkeit, dass Raucher ihren Konsum reduzieren und einen Rauchstopp versu-
                    chen.
                    Bildgestützte Warnhinweise fördern besser als textgestützte Warnhinweise die
                    Motivation zum Rauchstopp.
                    Bildgestützte Warnhinweise sind im Vergleich zu textgestützten Warn-
                    hinweisen wirkungsvoller darin, Raucher zu einer Einschränkung des Tabak-
                    konsums oder sogar zu einer Aufgabe des Konsums zu bewegen. Bildgestützte
                    Warnhinweise haben außerdem das Potential, Ex-Raucher bei der Aufrecht-
                    erhaltung der Abstinenz zu unterstützen und Kinder und Jugendliche vom
                    Einstieg ins Rauchen abzuhalten.
                    Warnhinweise müssen groß sein (mindestens 50 Prozent der Packungsvorder-
                    und -rückseite), sie sollten oben auf der Packungsbreitseite aufgedruckt sein
                    und aus einem emotionalisierenden Bild und einem kurzen, prägnanten Text
                    bestehen. Zusätzliche Informationen in der Packung sowie der Aufdruck einer
                    Hotline zum Rauchstopp können die Wirksamkeit von Warnhinweisen erhöhen.
                    Die Einführung von kombinierten Warnhinweisen sollte durch massenmediale
                    Kampagnen vorbereitet und von Medienberichten sowie der Veröffentlichung
                    von Informationsmaterialien begleitet werden.
                    Der Aufdruck von Warnhinweisen auf Tabakproduktverpackungen ist verfas-
                    sungsgemäß.

6   Kernaussagen
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A Das Rahmenübereinkommen der
Weltgesundheitsorganisation zur
Eindämmung des Tabakgebrauchs

Jedes Jahr sterben in Deutschland        übereinkommen zur Eindämmung des
110 000 bis 140 000 Menschen an den      Tabakgebrauchs (Framework Convention
Folgen des Rauchens und rund 3300        on Tobacco Control, FCTC)51, aus. Das
Menschen an den Folgen des Passiv-       Rahmenübereinkommen wurde im Jahr
rauchens. Weltweit verursacht der Ta-    2003 von der WHO-Vollversammlung
bakkonsum jedes Jahr den Tod von rund    einstimmig angenommen und ist seit
5 Millionen Menschen und ist damit die   dem 27.03.2005 rechtskräftig. Bis zum
größte vermeidbare Todesursache. In-     20.02.2009 wurde es von 164 der 168
zwischen sterben infolge des Rauchens    unterzeichnenden Mitgliedsstaaten – da-
mehr Menschen als durch HIV, Malaria     runter auch Deutschland – ratifiziert. Die
und Tuberkulose zusammen52.              FCTC fordert von den unterzeichnenden
Um der wachsenden Tabakepidemie Ein-     Staaten, die Menschen über die Gefahren
halt zu gebieten, handelte die Weltge-   des Rauchens zu informieren und umfas-
sundheitsorganisation (WHO) gemeinsam    sende Maßnahmen zur Eindämmung der
mit den Mitgliedsstaaten das Rahmen-     Tabakepidemie zu ergreifen.

          Das Rahmenübereinkommen der Weltgesundheitsorganisation zur Eindämmung des Tabakgebrauchs   7
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1. Artikel 11 des
                          Rahmenübereinkommens
                          Artikel 11 der FCTC fordert unter anderem
                          den Aufdruck gesundheitsrelevanter
                          Warnhinweise auf Tabakverpackungen:

                           Artikel 11

                           Verpackung und Etikettierung von Tabakerzeugnissen
                           (1) Jede Vertragspartei beschließt innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren nach
                               Inkrafttreten dieses Übereinkommens für sie in Übereinstimmung mit ihrem
                               innerstaatlichen Recht wirksame Maßnahmen und führt solche Maßnahmen
                               durch, um sicherzustellen, dass
                               […]
                               b) auf jeder Packung und Verpackung von Tabakerzeugnissen und auf jeder
                                  Außenverpackung und Etikettierung dieser Erzeugnisse außerdem gesund-
                                  heitsrelevante Warnhinweise angebracht sind, die auf die schädlichen
                                  Auswirkungen des Tabakgebrauchs hinweisen und auch andere geeignete
                                  Aussagen umfassen können. Diese Warnhinweise und Aussagen

                                 i) müssen von den zuständigen nationalen Behörden genehmigt sein,
                                 ii) müssen abwechselnd erscheinen,
                                 iii) müssen groß und deutlich sicht- und lesbar sein,
                                 iv) sollen 50 % oder mehr der Hauptflächen abdecken, müssen jedoch min-
                                      destens 30 % der Hauptflächen einnehmen,
                                 v) können in Form von bildlichen Darstellungen oder Piktogrammen gestal-
                                      tet sein oder solche umfassen.
                           […]
                           (3) Jede Vertragspartei schreibt vor, dass die in Absatz 1 Buchstabe b und Absatz 2
                                genannten Warnhinweise und sonstigen Textangaben auf jeder Packung und
                                Verpackung von Tabakerzeugnissen und auf jeder Außenverpackung und
                                Etikettierung dieser Erzeugnisse in ihrer Hauptsprache oder ihren Haupt-
                                sprachen erscheinen.
                            […]

                          Die Vertragsparteien treffen sich zu regel-   • Die Warnhinweise sollten auf Vorder-
                          mäßigen Verhandlungen (Konferenz der            und Rückseite und im oberen Teil der
                          Vertragsparteien, Conference of the             Packung angebracht sein.
                          Parties, COP), um die Umsetzung der           • Bildliche Warnhinweise sind effektiver
                          FCTC voranzubringen. Bei diesen Treffen         als nur textliche Warnhinweise.
                          werden unter anderem Leitlinien zu den        • Sie müssen gut sichtbar sein und regel-
                          einzelnen Artikeln der FCTC entwickelt.         mäßig ihr Aussehen und ihren Inhalt
                                                                          ändern.
                          2. Leitlinien zu Artikel 11                   • Die Warnhinweise sollten den Rauch-
                          Die Leitlinien zu Artikel 11 wurden bei der     stopp empfehlen, auf das Abhängig-
                          dritten COP-Sitzung im November 2008            keitspotential von Tabak, die wirtschaft-
                          verabschiedet. Sie empfehlen bezüglich          lichen Folgen des Rauchens und die
                          der Warnhinweise auf Tabakverpackun-            schädliche Wirkung des Passivrauchens
                          gen Folgendes17:                                hinweisen.

8   Das Rahmenübereinkommen der Weltgesundheitsorganisation zur Eindämmung des Tabakgebrauchs
B Kombinierte Warnhinweise
aus Bild und Text

1. Kombinierte Warnhinweise                 • Die Warnhinweise müssen unablösbar
in der Europäischen Union                     und unverwischbar aufgedruckt sein
Bereits bevor das Tabakrahmenab-              und dürfen beim Öffnen der Packung
kommen verabschiedet wurde, schrieb           nicht verdeckt werden.
die Europäische Union in ihrer Richtlinie   • Nicht zum Rauchen bestimmte Ta-
2001/37/EG (Richtlinie zur Angleichung        bakwaren müssen auf der am ehesten
der Rechts- und Verwaltungsvorschriften       ins Auge fallenden Breitseite der Ver-
der Mitgliedstaaten über die Herstellung,     packung nur folgenden Warnhinweis
die Aufmachung und den Verkauf von            tragen: „Dieses Tabakerzeugnis kann
Tabakerzeugnissen) 15 Warnhinweise            Ihre Gesundheit schädigen und macht
auf Tabakverpackungen vor.                    abhängig.“

In Deutschland sind derzeit laut der        In der Entscheidung der Kommission
Tabakproduktverordnung vom 22.11.2002       vom 5.9.2003 „über die Verwendung von
in Übereinstimmung mit der EU-Richt-        Farbfotografien oder anderen Abbil-
linie 2001/37/EG auf zum Rauchen be-        dungen als gesundheitsbezogene Warn-
stimmten Tabakprodukten Warnhinweise        hinweise auf Verpackungen von Tabak-
vorgeschrieben. Diese müssen folgen-        erzeugnissen“ (2003/641/EG)13 ermög-
dermaßen gestaltet sein:                    licht die EU den Mitgliedstaaten, kombi-
                                            nierte Warnhinweise aus Bild und Text
• Ein allgemeiner Warnhinweis („Rau-        vorzuschreiben und legt das Format der
  chen ist tödlich“, „Rauchen kann töd-     kombinierten Warnhinweise folgender-
  lich sein“ oder „Rauchen fügt Ihnen       maßen fest:
  und den Menschen in Ihrer Umgebung
  erheblichen Schaden zu“):                 • Sie sind abwechselnd zu verwenden.
  – Die allgemeinen Warnhinweise müs-       • Sie müssen auf der am ehesten auf-
     sen auf der Packungsbreitseite ange-     fallenden Breitseite der Verpackung
     bracht werden.                           aufgedruckt werden.
  – Sie müssen abwechselnd verwendet        • Sie müssen die gesamte für den
     werden.                                  zusätzlichen Warnhinweis vorgesehe-
• Ein ergänzender Warnhinweis (vgl.           ne Fläche einnehmen.
  Liste auf S. 10):                         • Sie müssen mit einem schwarzen
  – Die ergänzenden Warnhinweise müs-         Balken umrandet werden.
     sen abwechselnd verwendet werden.      • Sie müssen in einsprachigen Mitglied-
  – Sie müssen auf der anderen Breit-         staaten mindestens 40 Prozent der
     seite als der allgemeine Warnhinweis     Außenfläche der anderen am ehesten
     angebracht werden.                       ins Auge fallenden Breitseite der Pa-
• Die allgemeinen Warnhinweise müs-           ckung einnehmen. Bei Mitgliedstaaten
  sen mindestens 30 Prozent und die           mit zwei Amtssprachen erhöht sich
  ergänzenden Warnhinweise minde-             dieser Prozentsatz auf 45 Prozent und
  stens 40 Prozent der Breitseite ein-        bei solchen mit drei Amtssprachen auf
  nehmen.                                     50 Prozent.

                                                                 Kombinierte Warnhinweise aus Bild und Text   9
Liste der ergänzenden Warnhinweise:

                             1. Raucher sterben früher.
                             2. Rauchen führt zur Verstopfung der Arterien und verursacht Herzinfarkte und
                                 Schlaganfälle.
                             3. Rauchen verursacht tödlichen Lungenkrebs.
                             4. Rauchen in der Schwangerschaft schadet Ihrem Kind.
                             5. Schützen Sie Kinder – lassen Sie sie nicht Ihren Tabakrauch einatmen!
                             6. Ihr Arzt oder Apotheker kann Ihnen dabei helfen, das Rauchen aufzugeben.
                             7. Rauchen macht sehr schnell abhängig: Fangen Sie gar nicht erst an!
                             8. Wer das Rauchen aufgibt, verringert das Risiko tödlicher Herz- und Lungen-
                                 erkrankungen.
                             9. Rauchen kann zu einem langsamen und schmerzhaften Tod führen.
                             10. Hier finden Sie Hilfe, wenn Sie das Rauchen aufgeben möchten:
                                 Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) Tel.: 01805-313131,
                                 www.rauchfrei-info.de.
                             11. Rauchen kann zu Durchblutungsstörungen führen und verursacht Impotenz.
                             12. Rauchen lässt Ihre Haut altern.
                             13. Rauchen kann die Spermatozoen schädigen und schränkt die Fruchtbarkeit ein.
                             14. Rauch enthält Benzol, Nitrosamine, Formaldehyd und Blausäure.

                           Die Europäische Union stellt eine Biblio-   nierte Warnhinweise erlassen und die
                           thek mit bildlichen Warnhinweisen zur       Schweiz führt im Jahr 2010 kombinierte
                           Verfügung16 (Abb. 1). Diese Bildbiblio-     Warnhinweise ein, die denen der EU-
                           thek sowie die begleitenden Texte wer-      Vorgaben      entsprechen.  Frankreich,
                           den derzeit entsprechend dem aktuellen      Island, Irland, Norwegen, Portugal und
                           wissenschaftlichen Stand überarbeitet,      die Slowakei bereiten derzeit die Ein-
                           um sie noch effektiver zu gestalten.        führung vor10. Deutschland hat laut
                           In Europa haben die EU-Mitgliedstaaten      Informationen aus dem Bundesgesund-
                           Belgien (2006/07), Rumänien (2008),         heitsministerium im Frühjahr 2009 ent-
                           Großbritannien (2008) und Lettland (ab      schieden, bildgestützte Warnhinweise
                           2010) gesetzliche Regelungen für kombi-     einzuführen.

                                                                                     Abbildung 1
                                                                                     (gegenüberligende Seite):
                                                                                     Von der Europäischen
                                                                                     Union vorgeschlagene kom-
                                                                                     binierte Warnhinweise für
                                                                                     Tabakprodukte. Quelle:
                                                                                     Bibliothek der kombinierten
                                                                                     Warnhinweise der Europäi-
                                                                                     schen Union, European
                                                                                     Commission, 200916. Stand
                                                                                     April 2009.

10   Kombinierte Warnhinweise aus Bild und Text
Kombinierte Warnhinweise aus Bild und Text   11
Abbildung 2:                   2. Kombinierte Warnhinweise                Inseln und laut Medienberichten auch
Länder mit kombinierten        weltweit                                   Vietnam)8,44,47. Im Jahr 2009 führen acht
Warnhinweisen und deren        Weltweit haben bisher 30 Länder kombi-     Länder kombinierte Warnhinweise ein
Einführungsjahre. Quellen:     nierte Warnhinweise aus Text und Bild      (Iran, Malaysia, Peru, Kirgistan, Dschi-
Tobacco Labelling Resource     auf Tabakverpackungen eingeführt oder      buti, Taiwan und laut Medienberichten
Centre, 200944, Canadian       deren Einführung bereits gesetzlich        auch China. Indien will nach mehreren
Cancer Society, 20088,         geregelt (Abb. 2 und 5). Weitere Länder    Verschiebungen 2009 kombinierte Warn-
Cunningham R, 200810,          erarbeiten derzeit die Vorgaben zur        hinweise einführen.)8,39,44 und für 2010
Physicians for a Smoke-Free    Einführung solcher Warnhinweise.           haben Lettland und die Schweiz die Ein-
Canada 200838, Vietnamnet,     Als erstes Land führte Kanada im           führung vorgesehen8,44.
200847, Reuters, 200739.       Dezember 2000 für Zigarettenmarken mit     Die größten Warnhinweise auf der
Bearbeitung: Deutsches         50 bis 60 Prozent Marktanteil und ab       Packungsvorderseite hat mit 52 Prozent
Krebsforschungszentrum,        Juni 2001 für die restlichen Tabakpro-     der Fläche Kirgistan. Insgesamt die
Stabsstelle Krebsprävention,   dukte Bilder zu Texten als Warnhinweise    größten Warnhinweise (Vorder- und
2009.                          ein. Im Jahr 2002 folgte Brasilien, 2004   Rückseite zusammen) haben Australien,
                               Singapur und im Jahr 2005 Thailand,        Neuseeland und die Cook-Inseln. Dort
                               Venezuela und Jordanien. Im Jahr 2006      nehmen die Warnhinweise insgesamt 60
                               führten fünf Länder kombinierte Warn-      Prozent der Packung ein (30 Prozent der
                               hinweise ein (Australien, Uruguay,         Packungsvorderseite und 90 Prozent der
                               Panama, Belgien und Chile).44 Seit 2008    Rückseite, Abb. 3)8.
                               haben acht weitere Länder solche           Besonders drastische Warnhinweise
                               Warnhinweise (Neuseeland, Rumänien,        haben Brasilien, Malaysia, Singapur,
                               Großbritannien, Ägypten, Brunei, Cook-     Thailand und Iran (Abb. 4)44.

12      Kombinierte Warnhinweise aus Bild und Text
Abbildung 3:
                      Warnhinweise aus Austra-
                      lien. Quelle: Hammond D,
                      200919. Bearbeitung:
                      Deutsches Krebsforschungs-
                      zentrum, Stabsstelle
                      Krebsprävention, 2009.

                      Abbildung 4:
                      Warnhinweise aus Brasilien.
                      Quelle: Bibliothek der kom-
                      binierten Warnhinweise von
                      Brasilien, Tobacco Labelling
                      Resource Centre, 200944.

Kombinierte Warnhinweise aus Bild und Text       13
Land           Einführungsjahr,               durchschnittliche   Vorderseite       Rückseite       Anzahl der
                Erneuerungen                   Größe (in % der     (in % der         (in % der       Warnhinweise
                                               Packungsfläche)     Packungsfläche)   Packungsfläche)
 Kanada         Dezember 2000 für              50                  50                50              16
                Zigarettenmarken mit                                                                 zusätzlich 1 von
                50–60 % Marktanteil,                                                                 16 Warnhinweisen
                Juni 2001 für die                                                                    in der Schachtel beigefügt
                restlichen Tabakprodukte
 Brasilien      2002                           50                  0                 100               2004–2006: 9
                2004                                                                                   2004–2008: 10
                2009                                                                                   ab 2009: 10
 Singapur       2004                           50                  50                50                2003: 6
                2006                                                                                   2006: 6
 Thailand       2005                           50                  50                50                6
                2007                                                                                   ab 2006: 9
 Venezuela      2005                           50                  0                 100               10
 Jordanien      2005                           33                  33                33                1 Text
                                               eine Seite Text,                                        1 Bild
                                               andere Seite Bild
 Australien     2006                           60                  30                90                7, Austausch jährlich
 Uruguay        2006                           50                  50                50                2006: 8
                2008                                                                                   2008: 6, 2009: 9,
                2009                                                                                   ab 2008 Austausch jährlich
 Panama         2005                           50                  0                 100               2
                2008                           50                  50                50
 Belgien        2006                           56                  48                63                3 x 14, Austausch jährlich
 Chile          2006                           50                  50                50                1 x Text + Bild,
                2007                                                                                   1 x nur Text
                2008                                                                                   abwechselnd
 Hongkong       2007                           50                  50                50                6, Austausch jährlich
 Mauritius      2007                           65                  65                0                 8
 Neuseeland     2008                           60                  30                90                14
 Rumänien       2008                           43                  30                40                14
 Großbritannien 2008                           48                  43                53                15
 Ägypten        2008                           50                  50                50                4
 Brunei         2008                           50                  50                50                6
 Cook-Inseln    2008                           60                  30                90
 Vietnam        2008                           30                  ?                 ?                 5, Bilder oder Text
 Indien         nach mehrfacher Verschiebung   50                  50                50                2
                geplant für 2009
 Iran           2009                           50                  50                50                8, Austausch alle 2 Jahre
 Malaysia       2009                           50                  40                60                6
 Peru           2009                           ?                   ?                 ?                 9
 Kirgistan      2009                           52                  52                52                9
 Dschibuti      2009                           50                  50                50
 Taiwan         2009                           35                  35                0                 6, Austausch alle 2 Jahre
 China          2009                           30                  ?                 ?                 ?
 Lettland       2010                           48                  43                53                3 x 14
 Schweiz        2010                           56                  48                63                14, Austausch alle 2 Jahre

Abbildung 5 :
Kombinierte Warnhinweise weltweit. Einführungsjahr, Erneuerung und Größe der Warnhinweise. Quellen: Tobacco Labelling
Resource Centre, 200944, Canadian Cancer Society, 20088, Cunningham R, 200810, Physicians for a Smoke-Free Canada, 200838,
Vietnamnet, 200847, Reuters, 200739. Bearbeitung: Deutsches Krebsforschungszentrum, Stabsstelle Krebsprävention, 2009.

14   Kombinierte Warnhinweise aus Bild und Text
C Die Tabakverpackung
als Werbeträger

Eine Verpackung ist weit mehr als nur         dürfnisse und kann so den Kunden zu        „Die Hauptaufgabe der
eine Produkthülle: Sie macht auf das          Spontankäufen animieren. Häufig ist die    Verpackung besteht darin, ein
Produkt aufmerksam, liefert Informa-          Verpackung entscheidend für den Ent-       Verlangen zu wecken, ein
tionen über dieses und trägt zur Ver-         schluss zum Kauf.                          Produkt zu kaufen und auszu-
kaufssteigerung bei48 – sie ist ein wichti-                                              probieren. Um dies zu gewähr-
ger Werbeträger. Dies gilt nicht nur für      2. Die Zigarettenverpackung                leisten, muss es neu und
Verpackungen jeglicher Konsumgüter,           als Marketinginstrument der                andersartig genug aussehen,
sondern ganz besonders für Zigaretten-        Tabakindustrie                             um die Aufmerksamkeit des
verpackungen, da für Tabakwaren die           Für die Tabakindustrie ist die Zigaret-    Verbrauchers zu wecken.“ 3
meisten Werbestrategien verboten sind.        tenpackung ein wichtiges Marketing-        Arthur D Little Inc., 1997
So ist in Deutschland Tabakwerbung in         instrument: „Unser letzter Kommunika-
Rundfunk, Fernsehen, Internet und             tionsträger, mit dem wir unsere Raucher
Printmedien (außer in ausschließlich für      erreichen, ist das Päckchen selbst.“27.
im Tabakhandel tätige Personen be-            Dies gilt umso mehr, je stärker die
stimmten Printmedien) verboten, er-           Werbung für Tabakprodukte einge-           „Raucher nehmen ihre
laubt ist sie auf Plakaten, im Kino nach      schränkt ist. Ist jegliche Form von        Zigaretten 20 bis 25 Mal am
18 Uhr sowie am Verkaufsort.                  Werbung verboten, ist die Verpackung       Tag aus der Tasche. Die
Da die Zigarettenverpackung für die           selbst der letztmögliche Werbeträger48.    Verpackung macht eine Aus-
Tabakindustrie ein wichtiges Marketing-       Aber auch unabhängig von Werbe-            sage. Der Konsument drückt
instrument ist, sollte dieses Kommuni-        verboten spielt die Verpackung bei         aus, wie er von anderen ge-
kationsmittel auch zur Aufklärung             Zigaretten eine wichtigere Rolle als bei   ehen werden möchte.“ 45
genutzt werden.                               den meisten anderen Konsumproduk-          Trachtenberg JA, 1987
                                              ten. So besteht zwischen Rauchern und
1. Werbeträger Verpackung                     ihrer Zigarettenpackung eine besondere
Verpackungen dienten ursprünglich dem         Beziehung. Da Zigaretten zu den weni-
Schutz des Produkts bei Lagerung und          gen Konsumprodukten gehören, die ein
Transport. Mit steigender Produktvielfalt     Raucher ständig bei sich trägt und
übernahm die Verpackung zunehmend             mehrfach am Tag für andere sichtbar        „Eine Zigarettenpackung ist
eine     unterstützende   Funktion    im      auspackt, sagt sie über das Marken-        einzigartig, weil der
Verkauf, um ein spezielles Produkt von        image etwas über ihn selbst aus (vgl.      Konsument sie den ganzen Tag
zahlreichen ähnlichen abzuheben48. Sie        nebenstehende Zitate aus ehemals           mit sich trägt … sie ist Teil der
vermittelt den ersten Eindruck vom            geheimen Tabakindustriedokumenten).        Kleidung des Rauchers, und
Produkt und schafft durch Marken-             Zigarettenpackungen müssen daher so        wenn er in eine Bar kommt und
namen, Logo, Farbgebung und Ver-              gestaltet sein, dass der Verbraucher sie   sie hinwirft, macht er eine
packungsform einen hohen Wieder-              gerne mit sich herumträgt und vorzeigt.    Aussage über sich selbst.“ 30
erkennungswert. Die Verpackung prägt          Das Design der Verpackung spielt eine      Koten J, 1980
die Erwartungen des Konsumenten an            zentrale Rolle bei der Entwicklung einer
das Produkt. Sie muss sowohl für sich         Markenidentität und eines spezifischen
alleine (beim Gebrauch) als auch mit          Images14,48. Das Markenimage ist der
anderen zusammen (im Verkaufsregal)           entscheidende Faktor, der verschiedene
auffällig und ansprechend wirken14. Eine      Marken voneinander unterscheidet. Es
ansprechende Verpackung weckt Be-             ist maßgeblich für die Markenwahl von

                                                                        Die Tabakverpackung als Werbeträger              15
Neueinsteigern und es bindet den           eigenschaften       kommunizieren,  ein
                              Raucher an die einmal von ihm gewähl-      schnelles Erkennen der Marke garantie-
                              te Marke48. Um Markenwechsel zu ver-       ren, im Verkaufsregal aus ähnlichen
                              hindern, kreieren die Hersteller Marken-   Produkten herausstechen und Raucher
                              familien; dabei erhalten unterschiedli-    zum Kauf animieren. Diese Grundsätze
                              che Produkte (beispielsweise mit unter-    wurden auch in Deutschland bereits früh
                              schiedlichem Nikotin- oder Kondensat-      erkannt und es wurde hierzu eine
                              gehalt, intensiverem oder milderem         umfangreiche Marktforschung vorge-
                              Geschmack, mit oder ohne Menthol)          nommen. Bereits in den 1920er Jahren
                              Verpackungen, die sich ähnlich genug       beschäftigten die Reemtsma-Werke Spe-
                              sind, um die Marke zu erkennen und         zialisten zur Entwicklung immer neuer
                              verschieden genug, um die verschiede-      Zigarettenverpackungen und -namen29.
                              nen Produkteigenschaften zu signalisie-    Um dies zu erreichen, investiert die
                              ren (Abb. 6). Die Strategie ist erfolg-    Tabakindustrie Monate und Jahre. Neue
                              reich: Markenwechsel von Rauchern          Verpackungen wurden und werden an
                              sind selten und meist wechseln Raucher     Rauchern und auf einem begrenzten
                              dann innerhalb einer Markenfamilie, bei-   Markt gestestet. Überprüft werden bei-
                              spielsweise von Zigaretten mit höherem     spielsweise      die  Augenbewegungen
                              Nikotingehalt zu solchen mit niedrige-     beim Betrachten der Verpackung, die
                              rem Nikotingehalt11.                       Auffälligkeit im Verkaufsregal oder die
                                                                         emotionale Wirkung, die die Packung
                              3. Design von                              hervorruft14,48.
                              Zigarettenpackungen                        Für die Marketingfunktion der Verpa-
                              Die Zigarettenpackung muss – im            ckung sind alle Designelemente wichtig:
                              Zusammenspiel mit anderen Werbe-           Farbe, Schrift, graphische Elemente,
                              strategien – ein positives Markenimage     Proportionen, Oberflächenstruktur und
                              vermitteln, die wichtigsten Produkt-       Materialien14 (Abb. 6).

Abbildung 6:
Packungsdesign verschiede-
ner Markenfamilien. Quelle:
Deutsches Krebsforschungs-
zentrum, Stabsstelle
Krebsprävention, 2009.

16   Die Tabakverpackung als Werbeträger
Farbe                                     image. Dabei können kaum wahrnehm-
Die Farbgebung spielt eine entscheiden-   bare Veränderungen der Schrift, der
de Rolle, um entsprechende Zielgruppen    Anordnung oder der Ausrichtung die
zu erreichen. So steht rot in der Regel   Wirkung des Designs beeinflussen.
für intensiven Geschmack, grün wird für
Mentholzigaretten verwendet und weiß,     Struktur und Material
das mit einem Aspekt von klinisch rein    Struktur und Material der Verpackung
in Verbindung gebracht wird, kennzeich-   beeinflussen die Wahrnehmung der
net meist Zigaretten mit geringem         Produktqualität. So geben beispiels-
Teergehalt.    Gold  suggeriert   hohe    weise Prägungen der Packung einen
Qualität und Pastellfarben werden für     edlen Touch und suggerieren eine höhe-
Produkte mit geringerem Nikotingehalt     re Qualität.
oder milderem Geschmack eingesetzt.
                                          Sondereditionen
Schrift/graphische Elemente               Als zusätzliches Marketinginstrument
Die Schriftart und -größe in Verbindung   geben die Zigarettenhersteller immer
mit charakteristischen graphischen Ele-   wieder Sondereditionen heraus, um das
menten ist entscheidend für den Wie-      Markenimage und die Markenbindung
dererkennungswert und das Marken-         zu verbessern (Abb. 7).

                                                                                   Abbildung 7:
                                                                                   Sondereditionen von West.
                                                                                   Die Packungen von zwei
                                                                                   Sondereditionen auf
                                                                                   Werbeplakaten. Quelle:
                                                                                   Deutsches Krebsforschungs-
                                                                                   zentrum, Stabsstelle
                                                                                   Krebsprävention, 2008.

                                                                   Die Tabakverpackung als Werbeträger      17
Geschlechtsspezifische Verpackungen:         • Zielgruppe Kinder und Jugendliche:
                               Über das Design wenden sich die             Aromatisierte Zigaretten, die vorwie-
                               Hersteller auch gezielt an bestimmte        gend für jugendliche Einsteiger konzi-
                               Gruppen von Konsumenten.                    piert sind erhalten eine Verpackung, die
                                                                           an Bonbon- oder Kaugummipäckchen
                               • Zielgruppe Mädchen und Frauen:            erinnert. Zigarettenmarken, die vorwie-
                               Für Frauen konzipierte Zigaretten sind      gend junge Menschen ansprechen sol-
                               oft schlanker und länger als reguläre       len, haben ein jugendliches Design wie
                               Zigaretten und die Verpackung ist in hel-   beispielsweise Pink Elephant oder Black
                               leren Tönen gehalten und mit femininen      Devil (Abb. 9).
                               Graphikelementen ausgestattet (Abb. 8).

Abbildung 8:
Frauenzigaretten Eve und
Vogue. Quelle: Deutsches
Krebsforschungszentrum,
Stabsstelle Krebsprävention,
2009.

Abbildung 9:
Zigarettenpackungen mit für
Jugendliche ansprechen-
dem Design. Quelle:
Deutsches Krebsforschungs-
zentrum, Stabsstelle
Krebsprävention, 2009.

                               Das Verpackungsdesign hat nicht nur         Rauchers auswirkt. Für viele Raucher
                               eine Marketingfunktion, sondern kreiert     schmecken identische Zigaretten unter-
                               ein solch starkes Bild des Produkts,        schiedlich, je nachdem aus welcher
                               dass sich das Design sogar auf die sub-     Verpackung sie diese entnommen
                               jektive Geschmackswahrnehmung des           haben14.

18      Die Tabakverpackung als Werbeträger
D Nutzung der Tabakverpackung
zur gesundheitlichen Aufklärung

Die Tabakindustrie nutzt die Zigaretten-    man die Zigaretten in eine neutrale
verpackung gezielt als Werbeträger und      Verpackung umpackt oder wenn man
als    verkaufssteigerndes   Hilfsmittel.   die Warnhinweise durch spezielle
Genau das Gegenteil will die gesund-        Abdeckungen verdeckt (vgl. Kapitel F,
heitliche Aufklärung erreichen: Ihr ober-   Seite 30), aber selbst in diesen Fällen
stes Ziel ist es, den Tabakkonsum zu        nimmt der Raucher den Warnhinweis
senken. Dazu kann und sollte sie die        wahr und beschäftigt sich mit dessen
gleichen Mittel nutzen wie die Tabak-       Botschaft19.
industrie. Für das Design von Warn-         Zusätzlich zu den Rauchern erreichen
hinweisen sollten die gleiche Sorgfalt      Warnhinweise auf Zigarettenpackungen
verwendet und der gleiche Aufwand           – insbesondere, wenn sie groß sind und
betrieben werden wie sie die Tabak-         im oberen Teil der Packung angebracht
industrie für das Verpackungsdesign         sind – auch Nichtraucher, die die
aufwendet.                                  Zigarettenpackungen im Verkaufsregal
Warnhinweise auf Zigarettenverpackun-       stehen sehen. Auf diesem Weg können
gen sind eine kostengünstige Form der       Warnhinweise auch zur Tabakprävention
gesundheitlichen Aufklärung mit weit        beitragen und den Einstieg ins Rauchen
reichender Wirkung12. Sie erreichen         verhindern, weil sie das Rauchen als
nicht nur alle Raucher sowie potentielle    gefährlich und wenig attraktiv darstellen
Neukonsumenten, sondern schränken           – so, wie es der Wirklichkeit entspricht.
auch die Wirksamkeit eines wichtigen
Marketinginstruments der Tabakindus-        • Sensibilisierung für Gesundheitsgefahr:
trie ein.                                   Viele Raucher sind nur unzureichend
                                            über die konkreten Gesundheitsgefahren
Warnhinweise haben folgende Vorteile:       des Tabakkonsums informiert und unter-
                                            schätzen diese. Warnhinweise sind ein
• Geringe Kosten:                           wirksames Mittel, um kontinuierlich (bei
Warnhinweise      verursachen    keine      jedem Entnehmen der Zigarette aus der
Kosten, da die Tabakhersteller die          Packung) auf die Gesundheitsschäden,
Kosten für deren Aufdruck tragen müs-       die das Rauchen verursacht, hinzuwei-
sen.                                        sen (vgl. folgendes Kapitel).

• Hohe Reichweite:                          • Förderung des Ausstiegs:
Warnhinweise auf Tabakwarenverpa-           Warnhinweise auf Tabakprodukten kön-
ckungen erreichen jeden Raucher bei         nen Raucher zu einem Rauchstopp moti-
jedem Entnehmen der Zigarette aus der       vieren (vgl. folgendes Kapitel).
Packung. Ein Raucher mit einem
Konsum von 20 Zigaretten pro Tag wird       • Hohe Akzeptanz:
jährlich 7000 bis 8000 Mal mit den          Die überwiegende Mehrheit der Bevöl-
Warnhinweisen konfrontiert. Zwar ist es     kerung akzeptiert Warnhinweise. Inter-
möglich, sich den Warnhinweisen in          nationale Erfahrungen zeigen, dass bis
gewissem Maße zu entziehen, wenn            zu 80 Prozent aller Nichtraucher und

                                               Nutzung der Tabakverpackung zur gesundheitlichen Aufklärung   19
70 Prozent aller Raucher diese für wich-   samt verkaufsmindernd auswirken wür-
 „Wir können mit Warnhinwei-        tig erachten12.                            de. Daher arbeitete sie mit allen Mitteln
 sen zu Gesundheitsschäden auf                                                 dagegen an. Erstes Ziel der Tabak-
 allen Tabakprodukten in Ihrem      • Verringerung von Informations-           industrie war es, Warnhinweise kom-
 Land [Deutschland] in ziemlich     defiziten bei bildungsschwachen            plett zu vermeiden. Sobald die Einfüh-
 kurzer Zeit rechnen und das ist    Sozialgruppen:                             rung als unvermeidbar erschien, setzte
 sehr stark zu bedauern.            Soziale Gruppen, die selten oder gar       sie alles daran, die verwendeten Aus-
 Offensichtlich sollte die Unter-   nicht lesen, entziehen sich der gesund-    sagen der Texte so schwach wie mög-
 nehmensstrategie sein,             heitlichen Aufklärung, die auf Texten      lich zu halten und dass sie nicht der
 Warnhinweise zu Gesund-            basiert, sodass das Gesundheitswissen      Tabakindustrie zugeschrieben werden,
 heitsschäden so lange es geht      dieser Gruppen mangelhaft ist. Bildliche   sondern der Regierung9,19.
 zu vermeiden.“ 32                  Warnhinweise erreichen besonders gut
 Lockhart CH, 1978                  gerade diese aufklärungsresistenten        Allein schon die Tatsache, dass die
                                    gesellschaftlichen Gruppen. Bildliche      Tabakindustrie massiv gegen die Ein-
                                    Warnhinweise erreichen auch Raucher,       führung von Warnhinweisen arbeitet,
                                    die nicht die Landessprache sprechen       zeigt die Bedeutung der Warnhinweise
                                    oder nicht lesen können.                   für die Tabakprävention. Die Wirksam-
                                                                               keit von Warnhinweisen – insbesondere
                                    Die Tabakindustrie hat früh erkannt,       von kombinierten Warnhinweisen – wur-
                                    dass sich der Aufdruck von Warnhin-        de inzwischen durch zahlreiche Studien
                                    weisen auf Zigarettenpackungen negativ     und Marktforschungsanalysen nachge-
                                    auf das Image des Rauchens und insge-      wiesen.

20    Nutzung der Tabakverpackung zur gesundheitlichen Aufklärung
E Wirksamkeit von Warnhinweisen

Warnhinweise auf Zigarettenpackungen        Die Effektivität von Warnhinweisen kann
können viel bewirken – vorausgesetzt,       man mittels verschiedener Indikatoren
sie sind richtig gestaltet. Um wirksam zu   bewerten20:
sein, müssen sie die Aufmerksamkeit         • Wahrnehmung: Aufmerksamkeitsstarke
des Konsumenten wecken und Informa-         Reize werden kognitiv besser verarbeitet
tionen übermitteln. Sie informieren bei-    als aufmerksamkeitsschwache Reize.
spielsweise über die mit dem Rauchen        Um die Aufmerksamkeitsstärke (Salienz)
verbundenen Risiken für Krankheiten         bewerten zu können, wird danach ge-
oder über den Gesundheitsnutzen eines       fragt, ob Warnhinweise gesehen, wahr-
Rauchstopps. Auf diese Weise sollen sie     genommen oder gelesen werden.
Raucher aufklären und im besten Fall        • Gesundheitswissen: Durch Abfragen
sogar zu einem Rauchstopp motivieren.       von Wissen zu Gesundheitsrisiken, die
Dies gelingt ihnen – abhängig vom           in Warnhinweisen thematisiert werden,
Design – unterschiedlich gut. Warnhin-      kann die Wirksamkeit von Warnhin-
weise, die lediglich aus Text bestehen,     weisen hinsichtlich der Aufklärung der
sind dabei deutlich weniger effektiv als    Raucher abgeschätzt werden.
kombinierte Warnhinweise aus einem          • Emotionale Reaktion und Vermeidung
aussagekräftigen Bild und einem erläu-      von Warnhinweisen: Manche Raucher
ternden Text. Dies belegen Studien, die     versuchen, als unangenehm empfunde-
die Wirksamkeit von Warnhinweisen auf       ne Warnhinweise zum Beispiel durch
Tabakverpackungen untersucht haben.         Abdecken zu meiden. Aber auch solche
                                            Vermeidungsversuche       belegen    die
1. Bewertung der Wirksamkeit                Wirksamkeit von Warnhinweisen in
von Warnhinweisen                           Bezug auf das Hervorrufen einer emotio-
Warnhinweise sollen Raucher zum             nalen Reaktion unter Rauchern.
Rauchstopp motivieren. Doch Warnhin-        • Rauchstoppintention und -motivation:
weise sind auch dann effektiv, wenn sie     Warnhinweise sollen Raucher auch dazu
keine Verhaltensänderungen bei Rau-         motivieren, ihren Tabakkonsum aufzuge-
chern zur Folge haben. Wenn beispiels-      ben. Da auf dem Weg zum Nichtraucher
weise ein Raucher infolge des Kontakts      in der Regel mehrere Phasen durchlau-
mit einem Warnhinweis aufgrund des          fen werden (von der Bildung der Absicht
darin thematisierten Gesundheitsrisikos     zum Rauchstopp bis hin zum tatsäch-
einen Rauchstopp in Erwägung zieht,         lichen Versuch), ist auch eine erhöhte
sich aber dagegen entscheidet, so kann      Motivation zum Rauchstopp eine posi-
man daraus nicht den Schluss ziehen,        tive Wirkung von Warnhinweisen.
dass der Warnhinweis wirkungslos ist.       • Verhaltensänderungen: Die wünschens-
Denn der Raucher hat den Warnhinweis        werteste Wirkung von Warnhinweisen
immerhin wahrgenommen, ihn gelesen          ist eine Veränderung des Rauchverhal-
und sich inhaltlich mit ihm und somit       tens: Dass Raucher ihren täglichen Ziga-
mit den Folgen des Rauchens für die         rettenkonsum reduzieren, dass sie einen
Gesundheit auseinandergesetzt. In die-      Rauchstopp versuchen oder dass sie
ser Hinsicht ist der Warnhinweis also       sogar einen Rauchstopp schaffen und
durchaus wirksam.                           aufrechterhalten können.

                                                                            Wirksamkeit von Warnhinweisen   21
Die Raucherquote als Indikator für die Wirksamkeit bildlicher Warnhinweise

                               Raucherquoten geben den Anteil der Raucher an der Bevölkerung an und werden
                               häufig als Indikator für die Wirksamkeit von Maßnahmen der Tabakprävention heran-
                               gezogen. Dahinter steht die Annahme, dass bevölkerungsweite Maßnahmen zur
                               Tabakprävention eine substantielle Reduktion des Raucheranteils bewirken sollten.
                               So sollten nach einer Einführung bildgestützter Warnhinweise weniger Jugend-
                               liche mit dem Rauchen beginnen und mehr Menschen mit dem Rauchen aufhören,
                               sodass insgesamt die Raucherquote sinkt. Allerdings wird die Raucherquote in der
                               Bevölkerung nicht nur von dieser einen Präventionsmaßnahme beeinflusst, son-
                               dern zahlreiche weitere Maßnahmen und Rahmenbedingungen können eine
                               Wirkung auf die Raucherquote ausüben.
                               So ist in Kanada die Raucherquote bei Männern und bei Frauen seit dem Jahr
                               2001, also seit der Einführung der kanadischen bildgestützten Warnhinweise, deut-
                               lich gesunken. Allerdings haben während dieses Zeitraums auch weitere Maß-
                               nahmen eine Wirkung auf das Rauchverhalten der Bevölkerung ausgeübt, zum
                               Beispiel massenmediale Aufklärungskampagnen oder die Einführung von Rauch-
                               verboten. Dies zeigt, dass Maßnahmen der Tabakprävention einen substantiellen
                               Beitrag zur Verminderung des Tabakkonsums leisten können, insbesondere wenn
                               sie im Rahmen einer umfassenden Tabakpräventionspolitik umgesetzt werden.
                               Dennoch ist die Raucherquote allein als Indikator für die Wirksamkeit bildgestütz-
                               ter Warnhinweise – oder auch anderer Präventionsmaßnahmen – nur bedingt
                               geeignet.

Abbildung 10:
Raucherquoten in der Er-
wachsenenbevölkerung
Kanadas. Quelle: Health
Canada, 200926, Darstellung:
Deutsches Krebsforschungs-
zentrum, Stabsstelle Krebs-
prävention, 2009.

22   Wirksamkeit von Warnhinweisen
2. Wirksamkeit von rein                      Packungsvorderseite und 90 Prozent der
textlichen Warnhinweisen                     Rückseite (Abb. 11). Derart unterschied-
Die Effektivität von nur aus Text beste-     lich gestaltete Warnhinweise haben
henden Warnhinweisen auf Zigaretten-         auch sehr unterschiedliche Wirkung.
packungen fasst – auch im Vergleich mit      So werden Warnhinweise von Rauchern
kombinierten Warnhinweisen – eine            grundsätzlich wahrgenommen, aller-
Literaturauswertung aus dem Jahr 2007        dings werden kleine Textwarnhinweise
zusammen6. In diese Auswertung gingen        weniger gut registriert als große
neun Studien zu Texthinweisen, 15 Stu-       Warnhinweise: Kleine Textwarnhinweise
dien zu kombinierten Warnhinweisen           nehmen 30 bis 45 Prozent der Raucher
und vier Studien zu Einzelaspekten von       wahr, große Textwarnhinweise bemerkt
Warnhinweisregelungen       (Inhaltsstoffe   etwa die Hälfte der Raucher.
und Erklärungen, Quelle für Information,     Über die reine Wahrnehmung hinaus
Telefonnummer eines Rauchertelefons,         bringen Warnhinweise die Raucher zum
Packungshintergrund) ein. Diese Litera-      Nachdenken. So regen Textwarnhinwei-
turauswertung ist die Grundlage der fol-     se 35 bis 40 Prozent der Raucher dazu
genden Ausführungen zu textlichen            an, über deren Inhalte nachzudenken.
Warnhinweisen.                               Grundsätzlich erachten Raucher die
In Deutschland sind auf Zigaretten-          Inhalte der Texthinweise als relevant.
packungen derzeit nur Warnhinweise,          Dies gilt vor allem für Raucher, die einen
die aus Text bestehen, verpflichtend.        Rauchstopp in Erwägung ziehen. Junge
Diese nehmen 30 Prozent der Packungs-        Raucher hingegen betrachten die Warn-
vorderseite und 40 Prozent der Packungs-     hinweise als weniger relevant für sie
rückseite ein – damit sind sie verhältnis-   selbst, weil sie in dem Glauben leben,
mäßig groß und gut sichtbar. Im              mit dem Rauchen aufhören zu können,
Vergleich hierzu sind in den USA die         bevor Gesundheitsschäden sie ereilen
Warnhinweise sehr klein: Sie nehmen          würden. Kleinere Warnhinweise werden
nur die Hälfte der Packungsschmalseite       als weniger glaubwürdig wahrgenom-
ein. Die bildgestützten Warnhinweise         men als größere Warnhinweise.
aus Kanada bedecken hingegen 50 Pro-         Raucher betrachten Warnhinweise auch
zent der Packungsbreitseiten und dieje-      als wichtige Informationsquelle. Rund
nigen aus Australien 30 Prozent der          die Hälfte der Raucher gibt textliche

                                                                                          Abbildung 11:
                                                                                          Rein textliche und kombi-
                                                                                          nierte Warnhinweise auf
                                                                                          Zigarettenpackungen. Links:
                                                                                          US-amerikanische Packung,
                                                                                          Mitte: Deutsche Packung,
                                                                                          rechts: Kanadische Packung.
                                                                                          Quellen: Hammond D,
                                                                                          200919, Deutsches Krebs-
                                                                                          forschungszentrum, Stabs-
                                                                                          stelle Krebsprävention,
                                                                                          2009.

                                                                              Wirksamkeit von Warnhinweisen           23
Warnhinweise als wichtige Informa-               3. Wirksamkeit von
                                 tionsquelle über die Gesundheitsgefah-           bildgestützten Warnhinweisen
                                 ren des Rauchens an.                             Bildgestützte Warnhinweise können
                                 Warnhinweise verbessern das Wissen               einen Schritt weiter gehen als textge-
                                 der Raucher um die Gesundheitsschä-              stützte Warnhinweise: Zusätzlich zur
                                 den, die Rauchen verursacht. In Ländern          textlichen Gesundheitsinformation kön-
                                 mit Textwarnhinweisen kennt ein großer           nen die Bilder Aufmerksamkeit erregen
                                 Anteil der Raucher die auf den Zigaret-          und die Information grafisch verdeut-
                                 tenpackungen thematisierten Gesund-              lichen. Insbesondere drastische bildge-
                                 heitsschäden, die das Rauchen verur-             stützte Warnhinweise sollen den Ver-
                                 sacht (Krebs, Herzerkrankungen, Herz-            brauchern helfen, die Risiken des Rau-
                                 infarkt, Krebs bei anderen Personen,             chens kognitiv besser zu verarbeiten, in-
                                 Impotenz). Warnhinweise informieren              dem unangenehme emotionale Assozia-
                                 die Raucher aber nicht nur, sie motivie-         tionen mit dem Tabakkonsum verknüpft
                                 ren sie auch zu einer Änderung des               werden37. Auf diese Weise sollen Rau-
                                 Rauchverhaltens und zu einem Rauch-              cher Gesundheitsrisiken eher als ernste
                                 stopp. Sie können Raucher dazu brin-             Bedrohung der eigenen Gesundheit
                                 gen, seltener zu rauchen oder eine Ziga-         wahrnehmen und – um sich vor diesem
                                 rette früher auszudrücken. Zusätzliche           Risiko zu schützen – den Tabakkonsum
                                 Motivation zum Rauchstopp schafft der            einschränken oder ganz beenden.
                                 Aufdruck einer nationalen Raucherhot-            Im Folgenden wird eine Bewertung der
                                 line: Er erhöht die Anzahl der Anrufe            Wirksamkeit bildgestützter Warnhin-
                                 beim Rauchertelefon und erhöht die               weise vorgenommen. Grundlage hierfür
                                 Bereitschaft zu einem Rauchstopp.                ist eine eigene systematische Auswer-
                                 Insgesamt zeigt sich, dass Warnhin-              tung wissenschaftlicher Literatur zu bild-
                                 weise die Raucher erreichen, sie infor-          gestützten Warnhinweisen. Es wurden
                                 mieren und sie sogar zu Verhaltens-              20 internationale Studien ausgewertet,
                                 änderungen animieren können.                     die seit dem Jahr 2000 (also seitdem

                                  Autor                 Zeitschrift                                Jahr     Nr. im Literatur-
                                                                                                            verzeichnis
                                  Afifah R et al.       Aust Dent J, 53, 208–216                   2008           2
                                  Borland R et al.      Addiction, 104, 669–675                    2009           4
                                  Goodall C et al.      Health Commun, 23, 117–127                 2008           18
                                  Hammond D et al.      Am J Prev Med, 32, 202–209                 2007           20
                                  Hammond D et al.      Am J Public Health, 94, 1442–1445          2004           21
                                  Hammond D et al.      Tob Control, 12, 391–395                   2003           22
                                  Hammond D et al.      Tob Control, 15 Suppl 3, iii19–iii25       2006           23
                                  Hammond D et al.      Can J Public Health, 95, 201–204           2004           24
                                  Harris PR et al.      Health Psychol, 26, 437–446                2007           25
                                  Koval JJ et al.       Can J Public Health, 96, 353–356           2005           31
                                  Nascimento BE         Tob Control, 17, 405–409                   2008           33
                                  Nimbarte A et al.     Int Q Community Health Educ, 24, 3–27      2005           34
                                  O'Hegarty M et al.    Am J Prev Med, 30, 467–473                 2006           35
                                  O'Hegarty M et al.    Prev Chronic Dis, 4, A27                   2007           36
                                  Peters E et al.       Nicotine Tob Res, 9, 473–481               2007           37
Abbildung 12:                     Silpasuwan P et al.   J Med Assoc Thai, 91, 551–558              2008           41
Übersicht über die 20 Stu-        Thrasher JF et al.    Salud Publica Mex, 49 Suppl 2, S233–S240   2007           42
dien zu kombinierten              Thrasher JF et al.    Addict Behav, 32, 2916–2925                2007           43
Warnhinweisen. Eine detail-       Vardavas CI et al.    Eur J Public Health, 19, 212–217           2009           46
lierte Liste findet sich unter    White V et al.        Addiction, 103, 1562–1571                  2008           49
www.tabakkontolle.de

24    Wirksamkeit von Warnhinweisen
Kanada als erstes Land bildgestützte       tensänderung: Eine kanadische Längs-
Warnhinweise eingeführt hat) in wissen-    schnittstudie konnte zeigen, dass das
schaftlichen Fachzeitschriften erschie-    Lesen bildlicher Warnhinweise sowie das
nen sind.                                  Nachdenken und Diskutieren darüber
                                           die Wahrscheinlichkeit erhöht, den Kon-
Wahrnehmung                                sum zu reduzieren sowie die Absicht zu
Kanada war das erste Land, das bild-       einem Rauchstopp zu entwickeln22. Auf
gestützte Warnhinweise einführte. Aus      längere Sicht erhöht das Auseinander-
diesem Grund liegen aus Kanada auch        setzen mit den Botschaften der Warn-
die meisten Informationen über deren       hinweise sogar die Wahrscheinlichkeit,
Wirksamkeit vor. Nach der Einführung       tatsächlich einen Rauchstopp zu ver-
der neuen Warnhinweise konnte eine         suchen4.
sehr hohe Wahrnehmung der neuen
Warnhinweise bei Rauchern gezeigt           Bildgestützte Warnhinweise sind auf-
werden22, auch bei rauchenden jungen        merksamkeitsstärker als textgestützte
Erwachsenen31. Auch in Australien war       Warnhinweise: Sie werden besser
nach der Einführung der bildlichen          wahrgenommen und kognitiv besser
Warnhinweise eine hohe Wahrnehmung          verarbeitet.
dieser Warnhinweise zu beobachten2.
Dies zeigte sich auch bei australischen
Jugendlichen: Die Wahrnehmung der          Gesundheitswissen
neuen bildgestützten Warnhinweise war      Informationen über die Gesundheits-
hoch, darüber hinaus haben die neuen       gefährdung durch das Rauchen können
Warnhinweise eine höhere Aufmerk-          über Warnhinweise wirkungsvoll ver-
samkeitsstärke als die vorherigen Text-    breitet werden. So werden Warnhin-
hinweise49.                                weise als Quelle für Gesundheitsinfor-
Eine Längsschnittstudie mit Daten des      mationen wahrgenommen, wobei die
International Tobacco Control Policy       kanadischen Bildwarnhinweise im Ver-
Evaluation Project (ITC) zeigt in einem    gleich zu den US-amerikanischen Text-
Ländervergleich, dass die bildgestützten   warnhinweisen auch hinsichtlich der
kanadischen     Warnhinweise      besser   Vermittlung der Gesundheitsgefährdung
wahrgenommen werden als die textge-        als effektiver bewertet werden34. Eine
stützten Warnhinweise in anderen Län-      international vergleichende Studie zeigt,
dern20. Im Vergleich mit mexikanischen     dass Gesundheitsinformationen, die
Textwarnhinweisen haben die kanadi-        über Warnhinweise kommuniziert wer-
schen bildgestützten Warnhinweise eine     den, unter Rauchern weit verbreitet
höhere Aufmerksamkeitsstärke42. Und        sind23. Eine besonders weite Verbrei-
im Vergleich mit den kleinen US-ameri-     tung der in den bildlichen Warnhinwei-
kanischen Texthinweisen werden die         sen kommunizierten Risiken zeigt auch
kanadischen bildgestützten Warnhin-        eine australische Studie bei Rauchern
weise in einer Fokusgruppenstudie als      und Nichtrauchern2. Dabei werden grö-
informativer beschrieben, und ihnen        ßere und umfassendere Warnhinweise
wird eine höhere Wahrscheinlichkeit zu-    (wie die EU-Textwarnhinweise oder die
geschrieben, wahrgenommen zu wer-          kanadischen Bildwarnhinweise) eher als
den36. Eine Experimentalstudie konnte      Quelle für Gesundheitsinformationen
außerdem nachweisen, dass die bild-        genannt als kleine Texthinweise23. Ein
lichen kanadischen Warnhinweise län-       Vergleich zwischen Kanada und Mexiko
ger betrachtet werden als die US-ameri-    belegt, dass die bildgestützten kanadi-
kanischen Textwarnhinweise. Außerdem       schen Warnhinweise einen stärkeren
werden sie als emotional wirkungsvoller    Einfluss auf das Gesundheitswissen bei
eingeschätzt37.                            kanadischen Rauchern haben als die
Die Wahrnehmung und die kognitive          mexikanischen Textwarnhinweise auf
Verarbeitung von Warnhinweisen erhöht      das Gesundheitswissen bei mexikani-
die Wahrscheinlichkeit für eine Verhal-    schen Rauchern42. In Thailand konnte in

                                                                           Wirksamkeit von Warnhinweisen   25
einer Längsschnittstudie gezeigt wer-        Raucher und Ex-Raucher die kanadi-
                          den, dass das Gesundheitswissen in der       schen Bildwarnhinweise im Vergleich
                          Bevölkerung infolge der Einführung der       zu Textwarnhinweisen als wirkungs-
                          bildgestützten Warnhinweise angestie-        voller einschätzen, Besorgnis um die
                          gen ist41. Dies gilt auch für Jugendliche:   Gesundheitsgefahren des Rauchens zu
                          Nach Einführung der australischen Bild-      wecken35. In Kanada versuchten auch
                          warnhinweise war das Gesundheitswis-         einige Raucher, die dortigen bildlichen
                          sen bei 13- bis 17-jährigen Jugendlichen     Warnhinweise beispielsweise durch Ab-
                          besser als vor der Einführung49. Die         decken zu meiden21. Solche Vermei-
                          Gesundheitsinformationen sollten in          dungsversuche hatten aber dennoch kei-
                          bildgestützten Warnhinweisen außer-          nen negativen Einfluss auf die Wahr-
                          dem eher die Gesundheitsrisiken beto-        scheinlichkeit, einen Rauchstopp zu ver-
                          nen als die Gesundheitsgewinne, die mit      suchen. Vielmehr erhöhen emotionale
                          einem Rauchstopp zu erwarten sind.           Reaktionen auf die Warnhinweise (wie
                          Zumindest schätzten in einer US-ameri-       Angst oder Ekel) die wahrgenommene
                          kanischen Studie Schüler die risiko-         Effektivität der Warnhinweise sowie die
                          bezogene Darstellung hinsichtlich der        Wahrscheinlichkeit für eine Reduktion
                          Förderung eines Rauchstopps als wir-         des Konsums und für Rauchstoppver-
                          kungsvoller ein18.                           suche21.

                           Bildgestützte Warnhinweise werden            Bildgestützte Warnhinweise rufen
                           im Vergleich zu textgestützten Warn-         eher negative emotionale Reaktionen
                           hinweisen eher als Quelle für Gesund-        hervor als textgestützte Warnhin-
                           heitsinformationen genannt. Bildge-          weise. Solche Reaktionen erhöhen die
                           stützte Warnhinweise sind zudem              Wahrscheinlichkeit,  dass   Raucher
                           wirksamer in der Vermittlung von             ihren Konsum reduzieren und einen
                           Gesundheitswissen.                           Rauchstopp versuchen.

                          Emotionale Reaktion und Vermeidung           Rauchstoppintention und -motivation
                          von Warnhinweisen                            Bevor Raucher tatsächlich einen Rauch-
                          Einige bildliche Warnhinweise zeigen         stopp vorbereiten oder versuchen, muss
                          die Gesundheitsrisiken des Rauchens          sich erst die entsprechende Motivation
                          auf recht drastische Weise. Dies soll die    und Intention entwickeln. In Australien
                          vom dargestellten Risiko ausgehende          hatten nach Einführung der bildgestütz-
                          Bedrohung unterstreichen, damit der          ten Warnhinweise mehr jugendliche
                          Raucher das Risiko als für sich persön-      Raucher die Intention für einen Rauch-
                          lich relevant erkennt. Beispielsweise        stopp als vor der Einführung49. Auch in
                          wurden in einer Studie aus Brasilien –       Thailand erhöhte sich infolge der
                          wo mittlerweile die dritte Aktualisierung    Einführung bildlicher Warnhinweise der
                          der Warnhinweise erfolgt – die bild-         Anteil der Raucher mit Intention zum
                          lichen brasilianischen Warnhinweise der      Rauchstopp41. Eine US-amerikanische
                          ersten beiden Runden getestet und von        Studie zeigt, dass junge Raucher und
                          Rauchern und Nichtrauchern zum Teil          Ex-Raucher die kanadischen Bildwarn-
                          als sehr unangenehm empfunden33. Die         hinweise im Vergleich zu Textwarnhin-
                          von der EU-Kommission zur Verfügung          weisen als wirkungsvoller einschätzen,
                          gestellten grafischen Warnhinweise, die      die Ausstiegsmotivation bei Rauchern
                          mittlerweile auch in einigen Ländern         zu erhöhen35. Auch in Kanada werden
                          verwendet werden, weckten in briti-          die bildgestützten Warnhinweise unter
                          schen Rauchern eher ein Gefühl von           Rauchern als nützlich angesehen, die
                          Bedrohung als Textwarnhinweise, und          Wahrscheinlichkeit für einen Rauch-
                          wurden daher als persönlich relevanter       stopp zu erhöhen21. Ein Vergleich zwi-
                          eingestuft25. Eine US-amerikanische          schen Mexiko und Kanada zeigte einen
                          Studie konnte zeigen, dass junge             Zusammenhang zwischen der Aufmerk-

26   Wirksamkeit von Warnhinweisen
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