Gemeinde Engelskirchen - Fortschreibung des Einzelhandels- und Zentrenkonzepts

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Gemeinde Engelskirchen - Fortschreibung des Einzelhandels- und Zentrenkonzepts
Gemeinde Engelskirchen
Fortschreibung des Einzelhandels- und Zentrenkonzepts
Gemeinde Engelskirchen - Fortschreibung des Einzelhandels- und Zentrenkonzepts
Dipl.-Volksw. Angelina Sobotta
Dipl.-Geogr. Timo Grebe
Köln, Februar 2021

                     Geschäftsführende                 Stadt- und Regionalplanung
                     Gesellschafter:                   Dr. Jansen GmbH
                     Dipl.-Geogr. Ursula Mölders       Neumarkt 49
                     Stadt- und Regionalplanerin SRL   50667 Köln
                     Dipl.-Ing. Dominik Geyer
                     Stadtplaner AK NW, Bauassessor    Fon 0221 94072-0
                     Stadt- und Regionalplaner SRL     Fax 0221 94072-18

                     Gesellschafter/Seniorpartner:     info@stadtplanung-dr-jansen.de
                     Dr. Paul G. Jansen                www.stadtplanung-dr-jansen.de
Gemeinde Engelskirchen - Fortschreibung des Einzelhandels- und Zentrenkonzepts
Inhaltsverzeichnis

1       Einleitung                                                               1
1.1     Aufgabenstellung                                                          1
1.2     Methodisches Vorgehen und Bearbeitungsablauf                              2

2       Übergeordnete Rahmenbedingungen                                          5
2.1   Rechtliche Vorgaben                                                         5
2.1.1 Bauplanungsrecht                                                            5
2.1.2 Landesrecht Nordrhein-Westfalen                                             5
2.2   Allgemeine Entwicklungstendenzen im Einzelhandel und Onlinehandel           7
2.2.1 Entwicklungen auf der Nachfrageseite                                        7
2.2.2 Entwicklungen auf der Angebotsseite                                         8
2.2.3 Auswirkungen auf die Stadtentwicklung                                      14
2.3   Untersuchungsrelevante Rahmenbedingungen am
      Standort Engelskirchen                                                     15
2.3.1 Lage im Raum und regionalplanerische Einstufung                            15
2.3.2 Bevölkerungs- und Siedlungsentwicklung                                     16
2.3.3 Wirtschaftsstruktur und Arbeitsplätze                                      18

3       Einzelhandelsstandort Engelskirchen                                      21
3.1     Einzelhandelsausstattung und Leistungsfähigkeit                          21
3.2     Verteilung des Einzelhandels im Gemeindegebiet                           24
3.3     Struktur und Verteilung großflächiger Einzelhandelsbetriebe              25
3.4     Bereinigte Einzelhandelsausstattung der Gemeinde Engelskirchen           25
3.5     Einzugsbereich und Kaufkraft                                             26
3.6     Zentralität des Engelskirchener Einzelhandels                            29

4       Zentrenkonzept für die Gemeinde Engelskirchen                            31
4.1     Grundsätzliche Anmerkungen                                               31
4.1.1   Zentrenkonzept als räumliches Steuerungsinstrument                       31
4.1.2   Abgrenzungskriterien für zentrale Versorgungsbereiche                    32
4.1.3   Bedeutung des Status „Zentraler Versorgungsbereich“                      33
4.2     Zentrenhierarchie in Engelskirchen                                       34
4.2.1   Hauptzentrum Ortskern Engelskirchen                                      35
4.2.2   Versorgungslage Ortskern Ründeroth                                       43
4.2.3   Versorgungslage Ortskern Loope                                           46
4.3     Veränderungen der Zentrenhierarchie seit 2012                            49
4.4     Engelskirchener Sortimentsliste                                          49

5       Nahversorgungssituation                                                  53

6       Sonstige Standorte                                                       58

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Gemeinde Engelskirchen - Fortschreibung des Einzelhandels- und Zentrenkonzepts
7      Ziele der Einzelhandelsentwicklung und -steuerung                         60
7.1    Übergeordnete Zielsetzungen                                                60
7.2    Empfehlungen zur Einzelhandelssteuerung                                    61
7.3    Ansiedlungsleitlinien                                                      62

8      Zusammenfassung der Untersuchung                                          65

Wir verwenden in dem nachfolgenden Text eine gendersensible Sprache. Sollten keine genderneutralen Formu-
lierungen verwendet werden können, nutzen wir das Gender-Sternchen*. Falls aus Versehen eine geschlechts-
spezifische Formulierung in diesem Dokument verwendet sein sollte, bitten wir um Nachsicht. Selbstverständ-
lich sind für uns alle Geschlechter, männlich, weiblich und divers gleichzeitig, gleichgestellt und chancengleich
angesprochen.

Dieses Gutachten unterliegt dem Urheberrecht. Vervielfältigungen, Weitergabe oder Veröffentlichung des
Gutachtens in Teilen oder als Ganzes sind nur nach vorheriger Genehmigung und unter Angabe der Quelle
erlaubt, soweit mit den Auftraggebenden nichts anderes vereinbart ist. Alle Fotografien, Pläne und Skizzen, die
nicht gesondert gekennzeichnet sind: © Stadt- und Regionalplanung Dr. Jansen GmbH

       Stadt- und Regionalplanung Dr. Jansen GmbH
Gemeinde Engelskirchen - Fortschreibung des Einzelhandels- und Zentrenkonzepts
1     Einleitung

1.1    Aufgabenstellung                                       kraftpotenzial, die anzustrebende Ausstattung mit
Die ca. 19.300 Einwohner zählende Gemeinde                    Einzelhandelsflächen und sinnvolle Veränderungen
Engelskirchen liegt im Westen des Oberbergischen              bzw. Ergänzungen der Sortimente sowie der
Kreises in Nordrhein-Westfalen. Ihr wird von der              Standorte zu treffen. Das Konzept gibt damit so-
Landesplanung eine mittelzentrale Versorgungs-                wohl der Gemeinde Engelskirchen als auch Inves-
funktion zugewiesen.                                          toren und Betreibern Handlungsempfehlungen für
                                                              eine städtebaulich ausgerichtete Standortpolitik.
Die ländlichen Siedlungsmuster des Bergischen
Landes haben auch die Entwicklung der einzelhan-              Im September 2020 hat die Gemeinde Engelskir-
delsbezogenen Versorgungsstruktur beeinflusst,                chen den Auftrag zur Fortschreibung des Einzel-
ebenso wie der Verlauf des Flusses Agger und                  handels- und Zentrenkonzepts (folgend synonym
dessen historische Bedeutung für die Siedlungs-               Einzelhandelskonzept oder als Abkürzung EHZK) an
entwicklung: Neben dem Ortskern Engelskirchens                Stadt- und Regionalplanung Dr. Jansen GmbH ver-
haben sich in den Ortsteilen Loope und Ründeroth              geben.
weitere Versorgungsstandorte entwickelt.
                                                              Die Bearbeitung findet damit zu einer Zeit statt, die
Seitdem im Jahr 2012 das Einzelhandels- und Zen-              für viele Einzelhändler verschiedene existenzielle
trenkonzept für die Gemeinde Engelskirchen vor-               Problemlagen mit sich bringt. Gerade für Gemein-
gelegt wurde, haben sich die Einzelhandelsstruktu-            den und Städte in der Größenordnung wie Engels-
ren in der Gemeinde fortentwickelt. Bundesrechtli-            kirchen setzen sich die negativen Wettbewerbs-
che und landesplanerische Vorgaben wurden aktu-               wirkungen durch den Onlinehandel fort. Der Fach-
alisiert, u. a. auch hinsichtlich des Begriffsinhalts         einzelhandel in den kleineren Kommunen verliert
sowie der Abgrenzungsmethodik zentraler Versor-               fortschreitend Marktanteile, sodass eine Verringe-
gungsbereiche, auf die in Kapitel 4 detailliert ein-          rung des Einzelhandelsangebots nahezu in allen
gegangen wird. Des Weiteren stehen die überge-                entsprechenden Kommunen deutlich wird. Dies
ordneten Angebots- und Nachfragestrukturen des                betrifft in erster Linie die Anzahl der Einzelhan-
Einzelhandels unter dem Einfluss gesellschaftlicher           delsbetriebe und den Branchenmix. Die Verluste
Entwicklungen sowie des dynamischen Markts des                der Verkaufsfläche wiederum werden oftmals
E-Commerce. Zwischenzeitlich überlagern die                   durch eine Vergrößerung der ohnehin dominieren-
Auswirkungen der Corona-Pandemie alle zuvor                   den und leistungsfähigen Anbieter aufgefangen,
genannten Entwicklungen. Das Ausmaß der Wir-                  insbesondere von Lebensmittel-SB-Betrieben.
kungen für den örtlichen Einzelhandel ist heute
kaum absehbar.                                                Im Jahr 2020 kommen die für den Einzelhandel
                                                              verheerenden Wirkungen der Corona-Pandemie
Das Einzelhandels- und Zentrenkonzept aus dem                 bzw. der damit einhergehenden politischen Be-
Jahr 2012 stellt aufgrund dieser Rahmenbedingun-              schlüsse hinzu. Auf einen Lockdown im Frühjahr
gen kein geeignetes Instrumentarium zur Steue-                2020 folgte ein Teil-Lockdown im November 2020
rung des Einzelhandels mehr dar, sodass mit dem               und nun zum Ende des Jahres der Beschluss für
hier vorliegenden Dokument eine Fortschreibung                erneute Geschäftsschließungen.
vorgenommen wird.
                                                              Die Wirkungen dieser Einschränkungen für den
In Bezug auf die zukünftige Einzelhandelsentwick-             örtlichen Einzelhandel sind derzeit noch nicht ab-
lung soll eine Umsetzungsstrategie aufgezeigt wer-            sehbar. Sicher ist, dass die oben beschriebenen
den, die für alle perspektivisch erforderlichen han-          Prozesse sich fortsetzen werden.
delsbezogenen und bauleitplanerischen Entschei-
dungen herangezogen werden kann. Dabei sind
Aussagen über das künftig zu erwartende Kauf-

Gemeinde Engelskirchen – Fortschreibung des Einzelhandels- und Zentrenkonzepts                                   1
Gemeinde Engelskirchen - Fortschreibung des Einzelhandels- und Zentrenkonzepts
1.2   Methodisches Vorgehen und                       Als Verkaufsfläche wird die für Kunden und Besu-
      Bearbeitungsablauf                              cher zugängliche Fläche definiert (gemäß Urteilen
Im Oktober/November 2020 wurde durch Mitar-           vom BVerwG vom 24.11.2005, 4 C 10.04 und OVG
beiter*innen von Stadt- und Regionalplanung Dr.       NRW AZ 7 B 1767/08 vom 06. Februar 2009), die
Jansen GmbH eine flächendeckende Erfassung des        der verkaufsorientierten Warenpräsentation oder
Einzelhandels in der Gemeinde Engelskirchen           dem Kundenlauf dient, einschließlich der einsehba-
durchgeführt.                                         ren Fläche von Bedienungsabteilungen, jedoch
                                                      ohne die für Kunden nicht begehbaren Nebenflä-
Als Einzelhandelsbetriebe begriffen werden i. d. R.   chen (z. B. Lagerräume, Vorbereitungs- und Zube-
solche Betriebe, die ihren Warenverkauf in erster     reitungsräume, Büroflächen, Produktionsflächen).
Linie an den privaten Endverbraucher richten.         Flächen vor den Pfandrücknahmeautomaten sind
Hierzu zählen u. a. Kauf- und Warenhäuser, Ver-       ebenso wie Schaufensterflächen, Umkleiden, Kas-
brauchermärkte, Fachmärkte, Fachgeschäfte und         senzonen, Vorkassenzonen sowie Eingangsberei-
Factory-Outlets. In Abgrenzung dazu werden bspw.      chen gemäß Rechtsprechung ebenfalls der Ver-
Schuh- und Schlüsseldienste, Frisöre und Kosme-       kaufsfläche eines Einzelhandelsbetriebs zuzurech-
tikstudios mit Verkaufsregalen oder Tintenshops       nen. Treppen, Rolltreppen und Aufzüge, die ver-
(Auffüllstationen für Druckerpatronen) nicht als      schiedene Ebenen miteinander verbinden, werden
Einzelhandelsbetriebe erfasst, da ihre Umsatz-        je zur Hälfte der Etagenverkaufsfläche zugerech-
schwerpunkte im Service liegen und i. d. R. nur       net, unabhängig davon, ob sich die Flächen inner-
sehr geringe Einzelhandelsanteile aufweisen. Eben-    halb oder außerhalb des Betriebsgebäudes befin-
falls unberücksichtigt bleiben Wochenmärkte und       den. Flächen, die nur temporär zur Warenpräsen-
Betriebe, die nur über sehr unregelmäßige bzw.        tation genutzt und bei Geschäftsschluss einge-
geringe Öffnungszeiten an Werktagen verfügen          räumt werden, bspw. in Form von Außenaufstel-
sowie Autohäuser, deren Standortstruktur sich         lern, zählen nicht zur Verkaufsfläche.
maßgeblich von den hier im Fokus stehenden Ein-
zelhandelsnutzungen unterscheidet.                    Bei den meisten textlichen, tabellarischen und
                                                      kartografischen Darstellungen des Einzelhandels-
Von allen Einzelhandelsbetrieben wurden vor Ort       bestands im Rahmen der Berichtslegung werden
Name, Adresse, Branche und Verkaufsfläche erho-       diese Sortimente in den nachfolgend genannten
ben. Die Verkaufsfläche wurde mittels Messgerä-       neun Warengruppen zusammengefasst:
ten aufgezeichnet und teilweise durch Heranzie-
hung der Baugenehmigungen überprüft. Es erfolg-           Nahrungs- und Genussmittel
te eine detaillierte Aufgliederung nach neun Bran-        Gesundheit, Körperpflege
chen und rund 50 Sortimentsgruppen (vgl. Tabel-           Blumen, Zoobedarf
le 1). Im Hinblick auf die Rechtsprechung (vgl. Ur-       Bücher, Schreibwaren, Büro
teil vom 29.01.2009 – BVerwG 4 C 16.07 – BVerwG           Bekleidung, Schuhe, Schmuck
133, 98 Rn. 13 m. w. N.) ist eine solche Feindiffe-       Sport, Freizeit, Spiel
renzierung in der Bestandserfassung erforderlich.         Elektrowaren
Bspw. kann auf diese Weise sichergestellt werden,         Möbel, Einrichtung
dass alle relevanten Nebensortimente eines Be-            Bau-, Gartenbedarf, Autozubehör
triebs berücksichtigt werden, die ergänzend zu den
Kernsortimenten zentrenprägende Funktionen            In der Beschreibung kleinerer Einzelhandelslagen
übernehmen. Auch wenn diese Nebensortimente           werden die Warengruppen Bedarfssparten zuge-
i. d. R. Produkte enthalten, die das Kernsortiment    ordnet. Tabelle 1 listet Sortimente und ihre Zuord-
ergänzen und somit in einer engen Nutzungsbezie-      nung zu übergeordneten Warengruppen und Be-
hung zum Kernsortiment stehen, können diese           darfssparten auf.
Randsortimente an nicht geeigneten Standorten
schädliche Auswirkungen auf die Funktionsfähig-       In Ergänzung der Betriebe des Einzelhandels und
keit von zentralen Versorgungsbereichen haben.        Ladenhandwerks nehmen publikumsorientierte
                                                      Dienstleistungen, kulturelle Einrichtungen und eine

2     Stadt- und Regionalplanung Dr. Jansen GmbH
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Reihe weiterer Nutzungen Einfluss auf die Attrakti-           Neben Komplementärnutzungen, die sich meist
vität eines Standorts und seine Zentralität. Sie sind         förderlich auf die Attraktivität und Frequentierung
daher auch bei der Abgrenzung der zentralen Ver-              von Einzelhandelslagen auswirken, wurden im
sorgungsbereiche von Bedeutung und wurden im                  Rahmen der Vor-Ort-Recherchen in den ausge-
Rahmen der Bestandsaufnahme innerhalb der                     wählten Einzelhandelslagen auch Vergnügungsstät-
wesentlichen siedlungsstrukturell integrierten                ten und Leerstände aufgenommen. Diese beein-
Einzelhandelslagen aufgenommen, jedoch nicht                  trächtigen oft die Standortqualität und sind als
weitergehend analysiert und damit ausschließlich              Indikatoren rückläufiger Versorgungsbedeutung zu
im Hinblick auf die Erfüllung ihrer Komplementär-             werten.
funktionen zum Einzelhandel bewertet.
                                                              Vergnügungsstätten sind dabei in der BauNVO
                                                              nicht vom Verordnungsgeber definiert, können
Für diese Komplementärnutzungen erfolgte eine
                                                              jedoch als gewerbliche Nutzungsarten verstanden
Zuordnung zu folgenden sieben Gruppierungen:
                                                              werden, „die sich in unterschiedlicher Ausprägung
                                                              (wie Amüsierbetriebe, Diskotheken, Spielhallen)
    Publikumswirksame Dienstleistungen
                                                              unter Ansprache (oder Ausnutzung) des Sexual-,
    Dienstleistungen mit i. d. R geringerer Kun-
     denfrequenz                                              Spiel- und/oder Geselligkeitstriebs einer bestimm-
                                                              ten gewinnbringenden Freizeit-Unterhaltung wid-
    Öffentliche Einrichtungen/Dienstleistungen
                                                              men“ (Quelle: Fickert/Fieseler, Baunutzungsverordnung-
    Bildung
                                                              Kommentar, 13. Auflage 2018). Da die Einzelhandels-
    Gesundheit
                                                              thematik im Vordergrund der Bearbeitung stand,
    Kultur/Freizeit
                                                              wurde auf die Ermittlung der Nutzflächen von
    Gastronomie/Hotellerie
                                                              Komplementärnutzungen, Vergnügungsstätten und
                                                              Leerständen verzichtet.

Gemeinde Engelskirchen – Fortschreibung des Einzelhandels- und Zentrenkonzepts                                    3
Gemeinde Engelskirchen - Fortschreibung des Einzelhandels- und Zentrenkonzepts
Tabelle 1: Sortimente, Warengruppen und Bedarfe
Fristigkeit           Warengruppe             Sortimente                                         Fristigkeit     Warengruppe          Sortimente
                                              Lebensmittel                                                                            Elektrogroßgeräte

                      Nahrungs- und           Getränke, Spirituosen, Tabak                                                            Elektrokleingeräte
                      Genussmittel            Backwaren                                                                               Leuchten
                                              Fleischwaren, Reformwaren, sonst. spez. Lebensm.                                        Unterhaltungselektronik
                                                                                                                 Elektrowaren
                                              Drogeriewaren                                                                           Bild- und Tonträger
Überwiegend
kurzfristiger                                 Parfümeriewaren, Kosmetik                                                               Computer und Zubehör
Bedarf                Gesundheit,
                                              pharmazeutische Artikel                                                                 Telefone
                      Körperpflege
                                              Sanitätswaren/Orthopädie                                                                Foto
                                              Optik, Hörgeräte                                                                        Hausrat, Glas, Porzellan, Keramik

                      Blumen,                 Blumen                                                                                  Wohnaccessoires
                      Zoobedarf               Zoobedarf, Tiernahrung                                                                  Haus- und Heimtextilien, Gardinen und Zubehör
                                                                                                 Überwiegend
                                              Zeitschriften, Zeitungen                           langfristiger                        Bettwaren, Matratzen
                      Bücher, Schreib-                                                           Bedarf
                                              Papier-, Büro-, Schreibwaren, Büroartikel                          Möbel, Einrichtung   Matratzen und Lattenroste
                      waren, Büro
                                              Bücher                                                                                  Abgepasste Teppiche
                                              Bekleidung, Wäsche                                                                      Möbel (ohne Küchen)
                                              Schuhe                                                                                  Küchen
                      Bekleidung,
                                              Lederwaren/Taschen/Koffer                                                               Kunst/Antiquitäten, Bilder(-rahmen)
                      Schuhe, Schmuck
                                              Sportbekleidung, Sportschuhe                                                            Baumarktsortiment
Überwiegend
mittelfristiger                               Uhren, Schmuck                                                                          Maschinen, Werkzeuge
Bedarf
                                              Großteilige Camping- und Sportgeräte                                                    Baustoffe, Bauelemente
                                                                                                                 Bau-, Gartenbedarf
                                              Kleinteilige Camping- und Sportartikel                                                  Sicht- und Sonnenschutz
                                                                                                                 und Autozubehör
                                              Fahrräder und Zubehör                                                                   Gartenartikel und -geräte, Pflanzgefäße
                      Sport, Freizeit,
                                              Freizeit, Spielwaren                                                                    Pflanzen, Samen Outdoor
                      Spiel
                                              E-Bikes, Pedelecs                                                                       Kfz-Zubehör
                                              Musikalien
                                              Waffen, Jagd
Quelle: Stadt- und Regionalplanung Dr. Jansen GmbH 2020

4        Stadt- und Regionalplanung Dr. Jansen GmbH
Gemeinde Engelskirchen - Fortschreibung des Einzelhandels- und Zentrenkonzepts
2     Übergeordnete Rahmenbedingungen

2.1    Rechtliche Vorgaben                                   Am 25.01.2017 wurde schließlich der vollständige
                                                             Landesentwicklungsplan NRW im Gesetz- und Ver-
2.1.1 Bauplanungsrecht
                                                             ordnungsblatt des Landes NRW veröffentlicht und
Auf bundesrechtlicher Ebene übernimmt das BauGB              ist gemäß Art. 71 Abs. 3 der Landesverfassung am
in Verbindung mit der BauNVO eine Steuerungs-                08.02.2017 in Kraft getreten.
funktion bei der kommunalen Standortfindung für
Einzelhandelsbetriebe.                                       Die im Sachlichen Teilplan Großflächiger Einzelhan-
                                                             del unter den Ziffern 1 bis 10 formulierten Ziele und
Die §§ 2 bis 9 BauNVO regeln bei einer entspre-              Grundsätze finden sich nun in Abschnitt 6.5 „Groß-
chenden Gebietsausweisung per Bebauungsplan die              flächiger Einzelhandel“ des Landesentwicklungs-
regelmäßige und ausnahmsweise Zulässigkeit von               plans und werden nachfolgend zusammengefasst
Einzelhandelsbetrieben.                                      dargestellt.

Für Einkaufszentren und großflächige Einzelhan-              Gemäß Ziel 1 dürfen Kerngebiete und Sondergebie-
delsbetriebe (Grenze zzt. bei 800 m² Verkaufsfläche          te für Vorhaben im Sinne des § 11 Abs. 3 BauNVO
und 1.200 m² Geschossfläche) wird durch den § 11             nur in regionalplanerisch festgelegten Allgemeinen
BauNVO eine spezielle Regelung formuliert. Diese             Siedlungsbereichen dargestellt und festgesetzt
sind nur in Kerngebieten (§ 7 BauNVO) oder in spe-           werden.
zifisch ausgewiesenen Sondergebieten gem. § 11
Abs. 3 BauNVO zulässig.                                      Ziel 2 legt fest, dass großflächige Einzelhandelsbe-
                                                             triebe mit zentrenrelevanten Kernsortimenten nur
Die Notwendigkeit eines Einzelhandelskonzepts im             an Standorten in bestehenden und neu geplanten
Sinne der späteren bauleitplanerischen Umsetzung             zentralen Versorgungsbereichen ausgewiesen wer-
(= städtebauliches Konzept i. S. v. § 1 Abs. 6 Nr. 11        den dürfen. Die zentrenrelevanten Sortimente sind
BauGB) ist in verschiedenen Urteilen des OVG                 der Anlage 1 des Sachlichen Teilplans zu entneh-
Münster nochmals hervorgehoben worden: Denn                  men:
„erst solche konzeptionellen Festlegungen, die dann
gem. § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB n. F. (früher: § 1                   Papier/Bürobedarf/Schreibwaren
Abs. 5 Satz 2 Nr. 10 BauGB) auch bei der weiteren                 Bücher
Aufstellung der Bauleitpläne zu berücksichtigen                   Bekleidung, Wäsche
sind, lassen in aller Regel die Feststellung zu, ob das           Schuhe, Lederwaren
Angebot bestimmter Warensortimente an be-                         Medizinische, orthopädische, pharmazeutische
stimmten Standorten in das städtebauliche Ord-                     Artikel
nungssystem der jeweiligen Gemeinde funktionsge-                  Haushaltswaren, Glas/Porzellan/Keramik
recht eingebunden ist.“                                           Spielwaren
                                                                  Sportkleidung, Sportschuhe, Sportartikel (ohne
Die Fortschreibung des Einzelhandelskonzepts für                   Teilsortimente Angelartikel, Campingartikel,
die Gemeinde Engelskirchen empfiehlt sich somit                    Fahrräder und Zubehör, Jagdartikel, Reitartikel
bereits aus den Vorgaben auf Bundesebene.                          und Sportgroßgeräte)
                                                                  Elektrogeräte, Medien (Unterhaltungs- und
2.1.2 Landesrecht Nordrhein-Westfalen                              Kommunikationselektronik, Computer, Foto –
Am 13.07.2013 trat nach Beschluss der Landesre-                    ohne Elektrogroßgeräte, Leuchten)
gierung und Zustimmung des Landtags der Sachli-                   Uhren, Schmuck
che Teilplan Großflächiger Einzelhandel für den                   Nahrungs- und Genussmittel (gleichzeitig nah-
Landesentwicklungsplan Nordrhein-Westfalen in                      versorgungsrelevant)
Kraft.

Gemeinde Engelskirchen – Fortschreibung des Einzelhandels- und Zentrenkonzepts                                  5
Gemeinde Engelskirchen - Fortschreibung des Einzelhandels- und Zentrenkonzepts
    Gesundheits- und Körperpflegeartikel (gleich-     Zusätzlich hat Grundsatz 6 zum Inhalt, dass der
     zeitig nahversorgungsrelevant)                    Umfang der zentrenrelevanten Randsortimente
    Weitere von der jeweiligen Gemeinde als zen-      eines Sondergebiets für Vorhaben im Sinne des § 11
     trenrelevant festgelegte Sortimente (ortstypi-    Abs. 3 BauNVO mit nicht zentrenrelevanten Kern-
     sche Sortimentsliste)                             sortimenten außerhalb von zentralen Versorgungs-
                                                       bereichen 2.500 m² Verkaufsfläche nicht über-
Gemäß Ausnahmeregelung zu Ziel 2 dürfen Sonder-        schreiten darf.
gebiete für Vorhaben im Sinne des § 11 Abs. 3
BauNVO mit nahversorgungsrelevanten Kernsorti-         Abweichend von den Festlegungen 1 bis 6 dürfen
menten auch außerhalb zentraler Versorgungsbe-         gemäß Ziel 7 vorhandene Standorte von Vorhaben
reiche dargestellt und festgesetzt werden, wenn        im Sinne des § 11 Abs. 3 BauNVO außerhalb von
nachweislich                                           zentralen Versorgungsbereichen als Sondergebiete
                                                       gemäß § 11 Abs. 3 BauNVO dargestellt und festge-
    eine Lage in den zentralen Versorgungsberei-      setzt werden. Dabei sind die Sortimente und deren
     chen aus städtebaulichen oder siedlungsstruk-     Verkaufsflächen in der Regel auf die Verkaufsflä-
     turellen Gründen, insbesondere der Erhaltung      chen, die baurechtlichen Bestandsschutz genießen,
     gewachsener baulicher Strukturen oder der         zu begrenzen. Wird durch diese Begrenzung die
     Rücksichtnahme auf ein historisch wertvolles      zulässige Nutzung innerhalb einer Frist von sieben
     Ortsbild, nicht möglich ist,                      Jahren ab Zulässigkeit aufgehoben oder geändert,
    die Bauleitplanung der Gewährleistung einer       sind die Sortimente und deren Verkaufsflächen auf
     wohnortnahen Versorgung mit nahversor-            die zulässigen Verkaufsflächenobergrenzen zu be-
     gungsrelevanten Sortimenten dient und             grenzen. Ein Ersatz zentrenrelevanter durch nicht
    zentrale Versorgungsbereiche von Gemeinden        zentrenrelevante Sortimente ist möglich. Aus-
     nicht wesentlich beeinträchtigt werden.           nahmsweise kommen dabei auch geringfügige Er-
                                                       weiterungen in Betracht, wenn dadurch keine we-
Nach Ziel 3 dürfen durch die Darstellung und Fest-     sentliche Beeinträchtigung zentraler Versorgungs-
setzung von Kerngebieten und Sondergebieten für        bereiche von Gemeinden erfolgt.
Vorhaben im Sinne des § 11 Abs. 3 BauNVO mit
zentrenrelevanten Sortimenten zentrale Versor-         Nach Ziel 8 haben die Gemeinden dem Entstehen
gungsbereiche von Gemeinden nicht wesentlich           neuer sowie der Verfestigung und Erweiterung
beeinträchtigt werden.                                 bestehender Einzelhandelsagglomerationen außer-
                                                       halb AIIgemeiner Siedlungsbereiche entgegenzu-
Gemäß Grundsatz 4 soll bei der Darstellung und         wirken. Darüber hinaus haben sie dem Entstehen
Festsetzung von Sondergebieten für Vorhaben im         neuer sowie der Verfestigung und Erweiterung
Sinne des § 11 Abs. 3 BauNVO mit nicht zentrenre-      bestehender Einzelhandelsagglomerationen mit
levanten Kernsortimenten der zu erwartende Ge-         zentrenrelevanten Sortimenten außerhalb zentraler
samtumsatz der durch die jeweilige Festsetzung         Versorgungsbereiche entgegenzuwirken. Sie haben
ermöglichten Einzelhandelsnutzungen die Kaufkraft      sicherzustellen, dass eine wesentliche Beeinträchti-
der Einwohner der jeweiligen Gemeinde für die          gung zentraler Versorgungsbereiche von Gemein-
geplanten Sortimentsgruppen nicht überschreiten.       den durch Einzelhandelsagglomerationen vermie-
                                                       den wird.
Ziel 5 legt fest, dass Sondergebiete für Vorhaben im
Sinne des § 11 Abs. 3 BauNVO mit nicht zentrenre-      Regionale Einzelhandelskonzepte sind gemäß
levanten Kernsortimenten nur dann auch außerhalb       Grundsatz 9 bei der Aufstellung und Änderung von
von zentralen Versorgungsbereichen dargestellt         Regionalplänen in die Abwägung einzustellen.
und festgesetzt werden dürfen, wenn der Umfang
der zentrenrelevanten Sortimente maximal 10 %          Schließlich sind gemäß Ziel 10 Vorhabenbezogene
der Verkaufsfläche beträgt und es sich bei diesen      Bebauungspläne für Vorhaben im Sinne des § 11
Sortimenten um Randsortimente handelt.                 Abs. 3 BauNVO, soweit von § 12 Abs. 3a Satz 1
                                                       BauGB kein Gebrauch gemacht wird, nur zulässig,

6     Stadt- und Regionalplanung Dr. Jansen GmbH
wenn sie den Anforderungen der Festlegungen 1, 7             2.2.1 Entwicklungen auf der Nachfrageseite
und 8 entsprechen; im Falle von zentrenrelevanten            Maßgeblich verantwortlich für diese Entwicklung
Kernsortimenten haben sie zudem den Festlegun-               sind die Nachfrager. Weniger als die demografi-
gen 2 und 3, im Falle von nicht zentrenrelevanten            schen Prozesse und Strukturen ist es die Verände-
Kernsortimenten den Festlegungen 4, 5 und 6 zu               rung des Nachfrageverhaltens mit einer Nutzung
entsprechen.                                                 von Kommunikations- und Informationsmedien
                                                             auch zum Einkauf, die dem stationären Handel den
2.2    Allgemeine Entwicklungstendenzen im                   Umsatz entzieht.
       Einzelhandel und Onlinehandel
Die Entwicklung des Einzelhandels und der Stadt-             In der Vergangenheit wurden zudem erfolgte und
strukturen beeinflussen einander. Einzelhandel               perspektivische Bevölkerungsrückgänge als eher
bewirkt in integrierten Lagen oftmals Baudichte,             negative Einflussgrößen auf die Einzelhandelstätig-
Passantenfrequenz sowie Nutzungsmischung und                 keit angenommen. Für die mittelfristige Bevölke-
ist eine wichtige Voraussetzung für Urbanität und            rungsentwicklung erscheinen Prognosen zu einer
eine „vitale Stadt“. Umgekehrt verbessern attrakti-          Fortsetzung der Schrumpfungstendenzen jedoch
ve städtebauliche Rahmenbedingungen die Anzie-               derzeit überholt. Das Statistische Bundesamt erwar-
hungskraft von Einzelhandelslagen.                           tet auf Basis ihrer „14. koordinierten Bevölkerungs-
                                                             vorausberechnung“ voraussichtlich mindestens bis
Beeinflusst durch Einzelhandelsansiedlungen an               2024/2025 ein Bevölkerungswachstum, vermutet
verkehrsgünstigen Standorten sowie dynamisch                 anschließend jedoch eine Trendumkehr.
wachsende Marktanteile des Onlinehandels hat sich
die stadtbildende Funktion des Einzelhandels in der          In der Entwicklung der Konsumausgaben spiegelten
Vergangenheit vielerorts deutlich reduziert. Dabei           sich die demografischen Schrumpfungsprozesse der
zeichnet sich der zunehmende Wettbewerbsdruck                deutschen Bevölkerung der jüngeren Vergangenheit
durch den Onlinehandel durch eine fehlende Mög-              nicht wider. So steigen die vom Bundesamt für
lichkeit der städtebaulichen Regulierung aus, sodass         Statistik erhobenen Ausgaben jedes Jahr; seit 1995
eine gezielte Steuerung des stationären Einzelhan-           ist insgesamt ein Zuwachs von rund 615 Mrd. € bzw.
dels im Rahmen einer nachhaltigen Stadtentwick-              rund 60 % (zu jeweiligen Preisen) zu konstatieren.
lungspolitik weiterhin eine hohe Bedeutung behält.           Auch preisbereinigt ist ein Ausgabenzuwachs um
                                                             rund 35 % zu erkennen. Bemerkenswert allerdings
                                                             ist, dass die einzelhandelsrelevanten Ausgabeantei-
                                                             le an den Konsumausgaben in den letzten zehn
                                                             Jahren stagnieren. Dagegen zeigt sich insbesondere
                                                             der Bereich „Übrige Ausgaben“ als Wachstumsträ-
                                                             ger. Hierzu zählen u. a. Gesundheitspflege, Bil-
                                                             dungswesen, Körperpflege, persönliche Gebrauchs-
                                                             gegenstände, Dienstleistungen sozialer Einrichtun-
                                                             gen sowie Versicherungs- und Finanzdienstleistun-
                                                             gen. Tendenziell zunehmend ist zudem die Bedeu-
                                                             tung des Bereichs Beherbergung und Gaststätten,
                                                             jedoch auf einem gegenüber dem Einzelhandel
                                                             vergleichsweise niedrigen Niveau.

Gemeinde Engelskirchen – Fortschreibung des Einzelhandels- und Zentrenkonzepts                                 7
Abbildung 1: Entwicklung der privaten Konsumausgaben in Deutschland (in Mrd. € und %)

Quelle: Statistisches Bundesamt 2019, Darstellung: Stadt- und Regionalplanung Dr. Jansen GmbH 2019/2020

Neben den demografischen Veränderungen sowie                  Orientierung im Einkaufsverhalten, das sich durch
den stagnierenden Ausgabenanteilen des privaten               neue technologische Möglichkeiten immer weiter
Konsums für den Einzelhandel sind es auch sonstige            verändert. Dank digitaler Endgeräte können Kon-
gesellschaftliche Prozesse, die zu einem veränder-            sumenten jederzeit und überall kaufvorbereitende
ten Einkaufsverhalten führen. Einerseits ist das              Informationen einholen, aber auch Käufe abschlie-
Verbraucherverhalten durch eine „Discountorien-               ßen – und damit Entscheidungen gegen den statio-
tierung“ geprägt, andererseits werden aber auch               nären Einzelhandel fällen.
Erwartungen an eine Inszenierung der Waren, Emo-
tionalität, Service und Individualität gestellt, die den      Noch offen ist, wie sich die aktuellen Entwicklungs-
„hybriden Kunden“ kennzeichnen. Zudem setzt sich              prozesse einer Reurbanisierung, Klimawandel sowie
konträr zur Discountorientierung auch vermehrt der            die damit verbundene Nachhaltigkeitsdiskussion
Trend fort, höhere Preise für qualitativ hochwertige          mittel- und langfristig auf die quantitative und qua-
Produkte zu akzeptieren. Dies ist insbesondere im             litative Einzelhandelsentwicklung auswirken.
Lebensmittelbereich erkennbar.
                                                              2.2.2 Entwicklungen auf der Angebotsseite
Nicht nur in klassischen „Shopping“-Sortimenten               Trotz dieser zunehmenden Bedeutung des Online-
wie Bekleidung oder Schuhe, sondern auch im Le-               handels hielt das Verkaufsflächenwachstum des
bensmittel-Einzelhandel reagieren die Betreiber               stationären Einzelhandels in Deutschland lange Zeit
sowohl von Supermärkten als auch von Discountern              an. Die durch das Statistische Bundesamt und den
mit neuen Betriebs- und Flächenkonzepten, für die             Handelsverband Deutschland für das Jahr 2018
eine aufwändige Architektur sowie helle und ge-               ermittelte    Gesamtverkaufsfläche     von    rund
räumige Verkaufsflächen charakteristisch sind.                125,1 Mio. m² beschreibt zwar gegenüber dem Jahr
                                                              2007 ein Wachstum von rund 5 %, allerdings stag-
Neben der Preis-Orientierung ist es darüber hinaus            niert die Entwicklung in den letzten vier Jahren,
auch die Pkw-Affinität der Kunden, die die Flächen-           während die Steigerungsraten etwa bis zum Jahr
und Standortansprüche des Einzelhandels lange Zeit            2011 bei rund 1 % p. a. lagen.
mitbestimmt haben. Diese Bequemlichkeitsaspekte
unterstützen allerdings auch die wachsende Online-

8      Stadt- und Regionalplanung Dr. Jansen GmbH
Abbildung 2: Verkaufsflächenentwicklung im Einzel-           weiterhin, ihre Flächenleistungen zu steigern und
handel 2000 bis 2018* (in Mio. m²)                           große zusammenhängende Verkaufsflächen zu
                                                             belegen, um durch eine aufwändigere oder ausge-
                                                             dehntere Warenpräsentation ihre Leistungsfähig-
                                                             keit gegenüber der digitalen Konkurrenz zu de-
                                                             monstrieren. Beispielsweise bei Elektrowaren zei-
                                                             gen sich in Folge der dynamischen Marktprozesse
                                                             jedoch auch bereits veränderte Flächennachfragen
                                                             der Betreiber. Gerade für die im Branchenvergleich
                                                             größten Anbieter ist eine Reduzierung der Filialgrö-
                                                             ßen hinsichtlich der Verkaufsfläche erkennbar.

                                                             Viele ehemals ausschließlich stationär agierende
                                                             Händler erweitern ihre Vertriebskanäle, während
                                                             der umgekehrte Weg der Onlinehändler in eigene
                                                             stationäre Shops derzeit noch auf wenige Standor-
Anm.: *Prognose                                              te, meist in Großstädten, begrenzt bleibt. Diese
Quelle: Datengrundlage handelsdaten.de 2019, Darstel-        zunehmenden Verflechtungen zwischen stationä-
lung Stadt- und Regionalplanung Dr. Jansen GmbH              rem und digitalem Umsatz beeinträchtigen auch die
2019/2020                                                    Belastbarkeit von Aussagen zu den aktuellen
                                                             Marktpositionen und zur Entwicklung der jeweiligen
Gleichzeitig ist für den Einzelhandel im engeren             Sparte – insbesondere dann, wenn diese Daten für
Sinne (ohne Kfz-Handel, Tankstellen, Brennstoffe             Branchen und gegliedert nach Teilräumen ge-
und Apotheken) ein wachsender Umsatz zu konsta-              wünscht werden.
tieren. Ein Einzelhandelsumsatz im Jahr 2019 von
rund 543,6 Mrd. EUR beschreibt gegenüber einer               Gleichwohl ist davon auszugehen, dass – aufbauend
Umsatzleistung im Jahr 2017 von etwa 513,3 Mrd.              auf Berechnungen des Handelsverbands Deutsch-
EUR ein Wachstum um rund 6 % (nominal).                      land – der Onlinehandel im Jahr 2018 einen Markt-
                                                             anteil von knapp über 10 % am gesamtdeutschen
Da in diesen Gesamtumsätzen des deutschen Ein-               Einzelhandel hält und für das Jahr 2019 ein weiterer
zelhandels auch der Onlinehandel enthalten ist,              Zuwachs erwartet wurde. Wie in der nachfolgenden
kann der Einfluss der Verkaufsflächenstagnation auf          Abbildung dargestellt, hat sich die Wachstumsdy-
die Verkaufsflächenproduktivität nur unzureichend            namik des Onlinehandels in den vergangenen Jah-
eingeschätzt werden. Auch wenn für den gesamten              ren bereits deutlich reduziert. Vor dem Hintergrund
stationären Einzelhandel eher Rückgang oder Stag-            der weiterhin ansteigenden Marktanteile ist jedoch
nation angenommen werden kann, versuchen die                 nicht von einer Entzerrung des Wettbewerbs für
jeweiligen Marktführer in den meisten Branchen               den stationären Einzelhandel auszugehen.

Gemeinde Engelskirchen – Fortschreibung des Einzelhandels- und Zentrenkonzepts                                 9
Abbildung 3: Nettoumsatz, Marktanteil und jährliche Entwicklung des Onlinehandels

Anm.: *Prognose
Quelle: Handelsverband Deutschland 2019, Darstellung Stadt- und Regionalplanung Dr. Jansen GmbH 2019/2020

Der Wettbewerbsdruck durch den Onlinehandel                  Nahrungs- und Genussmittel
variiert dabei zwischen den Branchen (vgl. Abbil-            Ein Großteil der Einzelhandelsumsätze ist der Wa-
dung 4).                                                     rengruppe Nahrungs- und Genussmittel zuzuord-
                                                             nen, die durch eine häufige Bedarfsdeckung geprägt
Dabei ist darauf hinzuweisen, dass andere Institute          wird. Marktbestimmend war in den letzten Jahr-
(z. B. Handelsverband Deutschland, Gesellschaft für          zehnten das expansive Verhalten der Lebensmittel-
Konsumforschung) teilweise abweichende Daten                 discounter, deren Standortwahlverhalten oftmals
veröffentlichen, als in Abbildung 4 vom Handelsver-          einer städtebaulich integrierten und wohnungsna-
band Deutschland zitiert. Unterschiedliche Zuord-            hen Versorgung der Bevölkerung entgegenstand.
nungen von Sortimenten zu Branchen, fehlende                 Aktuell stagnieren die Marktanteile der Lebensmit-
Differenzierungen von Unternehmensangaben im                 teldiscounter jedoch. Moderne und attraktive Be-
Hinblick auf die Umsatzbedeutung der genutzten               triebskonzepte der Supermärkte sowie eine ver-
Vertriebswege usw. lassen es daher sinnvoll er-              mehrte Fokussierung der Gesellschaft auf Frische,
scheinen, eher Tendenzen als verbindliche Aussa-             Gesundheit, Nachhaltigkeit, Fair Trade etc. begrün-
gen bei der sich nachfolgend anschließenden bran-            den ihrerseits Bedeutungsgewinne. Für beide Be-
chenbezogenen Betrachtung aufzuzeigen. Die Ein-              triebstypen gilt: die Anpassung der Verkaufskonzep-
teilung der Branchen folgt der in Kapitel 1.2 erläu-         te führt zu einem steigenden Flächenanspruch.
terten Methodik.                                             Ansiedlungsplanungen unterhalb der städtebau-
                                                             rechtlich fixierten Großflächigkeit von 1.200 m²
                                                             Geschossfläche bzw. 800 m² Verkaufsfläche sind
                                                             heute seltene Ausnahmen und erfolgen nahezu
                                                             ausschließlich in dicht besiedelten Räumen.

10     Stadt- und Regionalplanung Dr. Jansen GmbH
Abbildung 4: Marktanteile und Wachstumsrate des Onlinehandels nach Branchen

* Anm.: = schnell drehende Produkte (Fast Moving Consumer Goods), hierzu gehören Lebensmittel, Getränke, Tabakwaren,
Drogeriewaren; **Anm.: CE = Unterhaltungselektronik (Consumer Electronics)
Quelle: Handelsverband Deutschland 2019, Darstellung Stadt- und Regionalplanung Dr. Jansen GmbH 2019/2020

Aufgrund der Verderblichkeit der Produkte und der             trieben als zweitwichtigste Kategorie der nahver-
häufigen Bedarfsdeckung ist die Lebensmittel-                 sorgungsrelevanten Anbieter etabliert. Nach der
Branche bislang nur durch geringe Marktanteile des            Insolvenz der Fa. Schlecker sind die branchenbezo-
Onlinehandels gekennzeichnet, nach Angaben des                genen Umsatzanteile der Lebensmittel-SB-Betriebe
Handelsverbands Deutschland rund 1 % im Jahr                  gestiegen und der spezialisierte Markt wird durch
2018. Jedoch unterstützt durch Innovationen im                zwei Anbieter (dm, Rossmann) dominiert, deren
Bereich der Zustellung und der Warensystematik                Flächenansprüche in den vergangenen Jahren stark
wird die Branche gleichzeitig durch das höchste               gestiegen sind – im Einklang mit den Lebensmittel-
jährliche Wachstum des Onlinehandels zwischen                 SB-Betrieben. Dieser Flächenanspruch sowie die
2015 und 2018 geprägt (rund 20 %).                            Zielsetzung einer Ansiedlung im Standortverbund
                                                              mit Lebensmittel-SB-Betrieben setzen oftmals nicht
Gesundheit und Körperpflege                                   städtebaulich integrierte Standorte in das Zentrum
Die Warengruppe Gesundheit und Körperpflege                   der Expansionsplanungen. Sowohl aus Verbraucher-
wird nach der Systematik von Stadt- und Regional-             sicht als auch aus der Perspektive einer zentrenori-
planung Dr. Jansen GmbH durch verschiedene An-                entierten kommunalen Einzelhandelsentwicklung
gebotsformen bestimmt. Prägend im Hinblick auf                wird in Anlehnung an die ehemaligen Schlecker-
Verkaufsfläche und Umsätze sind die Drogeriemärk-             Filialen derzeit der Betriebstyp eines kleineren Dro-
te, die von spezialisierten Anbietern wie Parfüme-            geriemarkts vermisst. Ein Alleinstellungsmerkmal ist
rien, Apotheken, Sanitätshäusern und Optikern/                dagegen für den Betriebstyp des Drogeriemarkts
Akustikern ergänzt werden. Die letztgenannten                 Müller festzustellen, der zwar schwerpunktmäßig
kleinteiligen Anbieter sind im Hinblick auf die raum-         Drogeriewaren anbietet, darüber hinaus aber auch
verträgliche Einzelhandelssteuerung im Regelfall              bedeutende Flächenanteile mit Lebensmitteln,
unproblematisch, da zumeist eine Orientierung auf             Spielwaren, Schreibwaren etc. bereithält.
kleine Einzelhandelsimmobilien in städtebaulich
integrierten Lagen erfolgt. Die Drogeriemärkte je-            Die Entwicklungstendenzen des Onlinehandels ver-
doch haben sich neben den Lebensmittel-SB-Be-                 laufen ähnlich wie in der Branche Nahrungs- und
                                                              Genussmittel. Die Marktanteile sind derzeit insge-

Gemeinde Engelskirchen – Fortschreibung des Einzelhandels- und Zentrenkonzepts                                     11
samt noch gering, angeführt von Versandapotheken        an städtebaulich integrierten Standorten vertreten
und Onlineplattformen für den Brillenkauf, jedoch       ist. Zudem bieten SB-Warenhäuser oder Sonderpos-
durch starke Wachstumsraten gekennzeichnet.             tenmärkte oftmals Büro-/Schreibwaren als Randsor-
                                                        timente an. Als bundesweit vertretener Fachmarkt
Blumen und Zoobedarf                                    richtet sich Staples neben gewerblichen Kunden
Deutlich geringere Marktanteile übernimmt die           auch an Endverbraucher; regionale Filialisten wie
Branche Blumen und Zoobedarf im gesamtdeut-             z. B. Askania ergänzen ihr Angebot an Büro- und
schen Einzelhandel. Das klassische Blumengeschäft       Schreibwaren meist um die Bereiche Spiel, Sport,
hat heute nur noch eine ergänzende Versorgungs-         Freizeit und Hobby.
funktion; Zoobedarf wird primär in spezialisierten,
teilweise großflächigen Fachmärkten von Betreibern      Bekleidung, Schuhe, Schmuck
wie Fressnapf, Zoo & Co., Futterhaus sowie in Raiff-    Bekleidung und Schuhe (inkl. Sportbekleidung/
eisenmärkten und als nahversorgungsrelevantes           Sportschuhe) sowie Lederwaren und Schmuck sind
Randsortiment (Tiernahrung, Kleintierbedarf) in         die klassischen Innenstadtleitsortimente. Insbeson-
Lebensmittel-SB-Betrieben und Drogeriemärkten           dere in größeren Städten wird ein Großteil der 1-A-
angeboten. Die großen Fachmarktbetreiber orien-         Lagen in den Innenstädten durch diese Sortimente
tieren ihre Standortplanung oftmals an bestehen-        belegt. Daneben ist jedoch zu berücksichtigen, dass
den oder geplanten Agglomerationsstandorten, um         der Wettbewerb auch durch Anbieter geprägt wird,
von Kopplungseffekten bzw. einer hohen Kunden-          die man zunächst nicht mit dem Facheinzelhandel in
frequenz zu profitieren. Die branchenbezogene           Verbindung bringt. So zählen Aldi, Lidl und Tchibo
Bedeutung des Onlinehandels ist anhand der Situa-       zu den umsatzstarken Anbietern.
tion der FMCG-Produkte (vgl. Abbildung 4) nachzu-
vollziehen, sodass von einer „nachholenden“ Ent-        Die Tendenz, dass Shopping-Center vermehrt auf
wicklung mit hohen Wachstumsraten auszugehen            innerstädtische Standorte abzielen und die „grüne
ist.                                                    Wiese“ an Attraktivität verliert, hat direkten Einfluss
                                                        auf die Standortsituation der Anbieter in der Wa-
Bücher, Schreibwaren, Büro                              rengruppe Bekleidung/Schuhe/Schmuck. Diese bil-
Auch in der Warengruppe Bücher, Schreibwaren,           det üblicherweise auch den Angebotsschwerpunkt
Büro ist eine Reduzierung der Fachgeschäfte bei         eines Shopping-Centers, sodass dezentrale Ansied-
einer gleichzeitig zunehmenden Filialisierung deut-     lungen solcher Center direkt und primär in Wett-
lich zu erkennen. In vielen Kommunen hat sich bei-      bewerb mit den Haupteinkaufslagen einer Stadt
spielsweise der Facheinzelhandel mit Büchern zu-        getreten sind. Während dieser Wettbewerbsdruck
rückgezogen, während die marktprägenden filiali-        vielerorts nachlässt, nimmt die Marktbedeutung des
sierten Anbieter wie Mayersche Buchhandlung oder        Onlinehandels weiter zu. Marktanteile von rund
Weltbild Anforderungen an Standorte und Einzugs-        28 % bei Fashion und Accessoires sowie rund 18 %
gebiete formulieren, die insbesondere durch kleine-     bei Uhren und Schmuck, ergänzt durch Wachstums-
re Kommunen nicht erfüllt werden können. Zudem          raten des Marktanteils von 8 % bzw. 12 % im Jahr
zeigte sich im Buchhandel der E-Commerce von            2018, unterstreichen eine gleichermaßen hohe wie
Beginn an wettbewerbsrelevant; derzeit liegt der        ansteigende städtebauliche Relevanz des Online-
Marktanteil nach HDE bei rund 27,5 %. Mit einer         handels.
Wachstumsrate von nur ca. 3,5 % des Marktanteils
zwischen 2016 und 2018 ergibt sich jedoch eine          Sport, Spiel, Freizeit
deutliche Abnahme der Entwicklungsdynamik.              Mit einem Marktanteil von fast 25 % ist der Online-
                                                        handel auch bei Sport, Spiel, Freizeit von hoher
Gleichermaßen übt der Onlinehandel im Bereich           Wettbewerbsrelevanz für den stationären Einzel-
Büro-/Schreibwaren mit einem Marktanteil von            handel und lässt bei einer Rate von ca. 7 % weiter-
rund 23 % im Jahr 2018 starken Wettbewerbsdruck         hin wachsende Bedeutung erkennen. Allerdings
auf den stationären Einzelhandel aus, der in spezia-    konnten im Bereich der Sportartikel/Sportgeräte
lisierter Form weiterhin primär kleinstrukturiert und   durch die Expansion der Fa. Decathlon in den ver-

12     Stadt- und Regionalplanung Dr. Jansen GmbH
gangenen Jahren in vielen Regionen Angebotslü-               Möbel/Einrichtung
cken geschlossen werden. Viele Sortimente des                Die Warengruppe Möbel/Einrichtung wird sowohl
Filialisten wurden zuvor nur ausschnittsweise in             durch das klassische Möbel-/Küchensortiment als
konventionellen Sportgeschäften angeboten, deren             auch durch ergänzende einrichtungsaffine Produkte
Angebotsschwerpunkt meist bei Sportbekleidung/               gebildet. Während letztere (u. a. Glas/Porzellan/
Sportschuhen liegt. Da Decathlon auch in diesen              Keramik, Haushaltswaren, Heimtextilien) in der
Sortimenten große Flächenanteile in ihren Fach-              Regel primär auf städtebaulich integrierte Lagen
märkten belegt, korrespondieren unternehmensin-              gelenkt werden, sind Möbelhäuser zumeist an Pkw-
terne Standortprämissen oftmals nicht mit den                orientierten Standorten außerhalb zentraler Lagen
planerischen Zielsetzungen des Zentrenschutzes.              zu finden. Für diese Möbelhäuser zeigen sich fort-
                                                             setzende Konzentrationsprozesse, die durch Ver-
Das Einzelhandelsangebot mit Spielwaren/Freizeit-            kaufsflächengrößen von mehr als 40.000 m², einer
sortimenten wird dagegen schon längerfristig einer-          Marktbeherrschung weniger großer Anbieter und
seits durch den kleinteiligen Facheinzelhandel, an-          die Aufgabe inhabergeführter (ehemals „großer“)
dererseits durch große Fachmärkte mit einem um-              Möbelvollsortimenter auch mit 15.000 bis
fassenden Sortiment geprägt (z. B. Smyths Toys).             25.000 m² Verkaufsfläche gekennzeichnet sind.
Auch in diesem Segment ist der Onlinehandel ex-              Durch den Betriebstyp des „Möbelpalasts“ (Möbel-
pansiv.                                                      häuser mit einer Verkaufsfläche von mehr als
                                                             25.000 m²) werden, ebenso wie durch den Betrei-
Elektrowaren                                                 ber des Einrichtungshauses IKEA, jedoch nicht nur
Eine umfassende Produktpalette von Elektrowaren              kleinere Möbeleinzelhändler unter Wettbewerbs-
wird in der Regel durch die Elektrofachmärkte (Sa-           druck gesetzt. Vielmehr führen diese „Möbelpaläs-
turn, Media Markt, Medimax etc.) vorgehalten.                te“ auch Randsortimentsverkaufsflächen in der
Diese galten – und gelten grundsätzlich immer noch           Größe mehrerer Fachmärkte, die zudem mit den
– als Magnetbetriebe, sodass in der Einzelhandels-           Anbietern von Leuchten, Haushaltswaren, Glas/Por-
steuerung das Ziel verfolgt wurde, innerstädtische           zellan/Keramik usw. in Wettbewerb treten.
Standorte mit Elektrofachmärkten zu belegen. U. a.
unter Einfluss der besonders starken Marktposition           Eine Bedeutungszunahme ist für den E-Commerce
des Onlinehandels hat sich das Expansionsverhalten           für die Warengruppe Wohnen und Einrichten zu
der marktführenden Betreiber jedoch in den ver-              belegen. Aktuell liegt der Marktanteil bei rund 13 %;
gangenen Jahren verändert. Das Standortnetz wur-             die Entwicklungsdynamik ist überdurchschnittlich.
de in der Tendenz verkleinert, die Verkaufsfläche
reduziert, sodass sich insgesamt eine Bedeutungs-            Bau-, Gartenbedarf, Autozubehör
abnahme des stationären Einzelhandels mit Elekt-             Ähnlich wie das Möbelsortiment wird auch das
rowaren ergab.                                               Angebot mit Bau- und Gartenbedarf primär in groß-
                                                             flächigen Fachmärkten außerhalb von städtebaulich
Weitere prägende Betriebstypen sind Fachanbieter             integrierten Lagen angeboten. Teilweise, durch die
für Elektrohaushaltswaren (Elektrogroß- und/oder             Ergänzung mit Baustoffen, wird die Einzelhandels-
-kleingeräte), Telefon- und Fotoshops oder Compu-            funktion mit einem primär gewerblich orientierten
terfachgeschäfte. Dabei zeigt der Markterfolg der            Angebot verknüpft. Auch in diesem Segment ist ein
Fa. Apple die gelungene Kopplung von zunehmen-               erhöhter Verkaufsflächenbedarf der Betreiber zu
der gesellschaftlicher Bedeutung moderner Infor-             erkennen; die Marktführer belegen teilweise Flä-
mations- und Kommunikationstechnologien und                  chen mit mehr als 20.000 m² Verkaufsfläche. Die
Produktinnovationen sowie geschickter Markenfüh-             Bedeutung des E-Commerce ist für Bau-/Garten-
rung. Unterstützt wird die Demonstration dieser              bedarf mit einem Marktanteil von fast 6 % bislang
Marktbedeutung aktuell durch die Eröffnung von               noch vergleichsweise gering. Eine Marktanteil-
Flagship-Stores in 1-A-Lagen von Oberzentren,                Wachstumsrate von ca. 8 % im vergangenen Jahr
meist in prägnanten Schlüsselimmobilien.                     kennzeichnet jedoch auch hier eine nachholende
                                                             Entwicklung.

Gemeinde Engelskirchen – Fortschreibung des Einzelhandels- und Zentrenkonzepts                                 13
Das Sortiment Autozubehör zeigt sich weniger flä-       bereichen. Aber die Forderung von Handelsunter-
chenintensiv. Es wird als Randsortiment in Bau-         nehmen nach großen zusammenhängenden Laden-
märkten oder Sonderpostenhäusern angeboten;             einheiten ist in vielen Zentren schwierig zu erfüllen.
primär erfolgt der Verkauf jedoch über flächenmä-       Vielfach fehlen notwendige Entwicklungsflächen für
ßig kleinere Fachmärkte in Verbindung mit Werk-         neue Handelsimmobilien oder Erweiterungen be-
stätten, wie beim Marktführer A.T.U. oder den           stehender Betriebe; Zuschnitte bestehender Laden-
Facheinzelhandel für Autozubehör, der oftmals an        einheiten entsprechen vielerorts nicht mehr den
Kfz-Häuser angeschlossen ist. Der Onlinehandel ist      aktuellen Ansprüchen. Die eigentümerübergreifen-
mit ca. 6 % in seiner Marktbedeutung nachgeord-         de Vergrößerung bestehender Ladeneinheiten stellt
net.                                                    eine besondere Herausforderung dar.

2.2.3 Auswirkungen auf die Stadtentwicklung             Neben der Vitalität der Innenstädte ist auch der
                                                        Erhalt eines funktionsfähigen Nahversorgungsnet-
Zwar hat die Konzentration auf periphere, Pkw-
                                                        zes von Bedeutung. Diesbezüglich ist die Situation in
orientierte Einkaufsorte in der jüngeren Vergangen-
                                                        vielen Kommunen beeinflusst durch die Standortpo-
heit wieder abgenommen (insbesondere wegen res-
                                                        litik der Lebensmittel-SB-Betriebe. Leistungsfähige
triktiver Auslegung des Planungsrechts); der Wett-
                                                        Lebensmittelanbieter fragen heute kaum mehr
bewerbsdruck für den stationären Innenstadt-Ein-
                                                        Standorte mit 800 m² Verkaufsfläche, sondern oft-
zelhandel befindet sich jedoch durch die anhalten-
                                                        mals mit mehr als 1.200 oder 1.400 m² nach. In vie-
den Marktanteilsgewinne des Onlinehandels wei-
                                                        len kleineren Zentren konnten und können diese
terhin auf einem hohen Niveau. Vielfach sind es nur
                                                        Flächenansprüche nicht erfüllt werden, sodass Le-
die bundesweit filialisierenden Anbieter, die ihre
                                                        bensmittelmagnetbetriebe geschlossen wurden mit
Angebote parallel über den Onlinehandel vertrei-
                                                        der Folge, die Funktionsfähigkeit ganzer Zentren zu
ben. Für den inhabergeführten Einzelhandel hinge-
                                                        gefährden. Der Verlust des Lebensmittelmagnetbe-
gen steht der Aufwand zur Etablierung eines weite-
                                                        triebs setzt i. d. R. einen Trading-down-Prozess in
ren Vertriebskanals selten in angemessener Relati-
                                                        Gang, in dessen Verlauf weitere Geschäfte aufgrund
on zu den hierdurch möglichen Einnahmen, sodass
                                                        fehlender Laufkundschaft schließen müssen.
vielerorts eher standortbezogene Online-Aktivitäten
unterstützt werden.                                     Diese Entwicklung wird verstärkt, wenn sich auch
                                                        andere Infrastruktureinrichtungen, z. B. Poststellen
Die erfolgte Ausweitung von zentren- und nahver-
                                                        oder Bankfilialen, aus den (ehemaligen) Versor-
sorgungsrelevanten Sortimenten an nicht-inte-
                                                        gungsschwerpunkten zurückziehen.
grierten Standorten hat wichtige Magnetbetriebe
aus den Zentren abgezogen und die dynamische            Auch für viele Stadtteil- bzw. Nebenzentren ergibt
Entwicklung des Onlinehandels zu weiteren Kauf-         sich die Gefahr eines zunehmenden Bedeutungs-
kraftverlagerungen geführt. Insbesondere in Innen-      rückgangs, wenn nicht Einzelhandelsausstattung
städten haben die Warenhäuser und der Fachhan-          oder Identifikationspotenziale über Historie bzw.
del als Leitbetriebe an Bedeutung eingebüßt. Die        Städtebau zur Profilierung und Abgrenzung gegen-
lang anhaltende Tendenz zu einer weiteren Filiali-      über Nahversorgungszentren genutzt werden kön-
sierung ist allerdings ungebrochen, insbesondere        nen.
internationale Ketten drängen in Groß- und Mittel-      Die sich so ergebenden Versorgungsnetze wider-
städte. Allerdings reduziert sich die Präsenz in Form   sprechen dem stadtentwicklungspolitischen Ziel der
der Zahl der Filialen in attraktiven Innenstadtlagen.   „kurzen Wege“. Gleichermaßen wachsen die An-
Die weitere Ansiedlung von Magnetbetrieben und          sprüche der Betreiber an die Mantelbevölkerung im
die Ergänzung des filialisierten Einzelhandels durch    unmittelbaren Standortumfeld, sodass Standorte
individuelle Betreiberkonzepte stellen weiterhin die    auch aufgrund unzureichender Rentabilität aufge-
wichtigsten Aufgaben für die kommunale Stadtent-        geben werden. Betroffen von der „Ausdünnung“
wicklung und die kommunale Wirtschaftsförderung         sind insbesondere immobile Bevölkerungsteile, die
dar, insbesondere außerhalb von Oberzentren oder        auf eine wohnungsnahe Grundversorgung angewie-
großen Mittelzentren mit weitreichenden Einzugs-        sen sind. Durch den demografischen Wandel wächst
                                                        eben diese Bevölkerungsgruppe.

14     Stadt- und Regionalplanung Dr. Jansen GmbH
Diese übergeordneten Entwicklungen nehmen auch               nen Ortsteilen zu überwindenden Entfernungen
auf das Einzelhandelsgefüge der Gemeinde Engels-             betragen teilweise bis zu 10 km Luftlinie. Aufgrund
kirchen Einfluss. Eine konsequente, gesamtge-                des Straßenverlaufs entlang der mäandrierenden
meindliche Steuerung der Einzelhandelsentwicklung            Täler ist die tatsächlich zu überwindende Wegstre-
ist notwendig, um dem möglichen Bedeutungsver-               cke noch größer.
lust gewachsener Ortskerne und der Nahversorgung
entgegenzuwirken.                                            Engelskirchen verfügt gegenüber den Nachbarge-
                                                             meinden in mehrfacher Hinsicht über eine überge-
2.3    Untersuchungsrelevante                                ordnete Stellung im Verkehrsnetz. Die Gemeinde ist
       Rahmenbedingungen am Standort                         über zwei Anschlussstellen an die Autobahn 4 zwi-
       Engelskirchen                                         schen Aachen, Köln, Gummersbach und Olpe ange-
                                                             schlossen, über die das Oberzentrum Köln in rund
2.3.1 Lage im Raum und regionalplanerische                   30 km Entfernung erreicht werden kann. Die An-
      Einstufung
                                                             schlussstelle Engelskirchen befindet sich nur wenige
Die Gemeinde Engelskirchen liegt im Westen des               Kilometer vom Ortskern Engelskirchens entfernt,
Oberbergischen Kreises, eingebettet in die Mittel-           die Anschlussstelle Bielstein an der östlichen Ge-
gebirgslandschaft des Bergischen Landes. Sie grenzt          meindegrenze. Neben der Autobahn bilden die
im Norden an die Gemeinde Lindlar, im Westen an              Landstraße 136 und 302 die Hauptverkehrsadern
die Kreisstadt Gummersbach und im Süden an die               des Gemeindegebiets. Die L 136 verläuft nahezu
Stadt Wiehl. Zudem hat sie im Westen gemeinsame              parallel zur Agger und verbindet die größten Ort-
Grenzen mit der Stadt Overath im Rheinisch-Ber-              schaften Loope, Engelskirchen und Ründeroth mit-
gischen Kreis und im Südwesten mit der Gemeinde              einander. In östlicher Richtung führt sie bis Gum-
Much im Rhein-Sieg-Kreis. Die Gemeinde Engelskir-            mersbach. Die L 299 verläuft von Engelskirchen aus
chen ist dem Regierungsbezirk Köln zugeordnet und            in nördliche Richtung nach Lindlar, die L 302 vom
wird in der landesplanerischen Hierarchie als Mit-           Autobahnanschluss Engelskirchen – ebenfalls in
telzentrum eingestuft. Demnach wurde ihr sowohl              nördlicher Richtung – durch das Leppetal Richtung
eine Versorgungsfunktion für die hiesige Bevölke-            Marienheide.
rung mit Gütern und Dienstleistungen des kurz- und
mittelfristigen Bedarfs als auch eine Versorgungs-           Die Gemeinde Engelskirchen ist durch die Bahnhöfe
funktion für eine Reihe umgebender Grundzentren              Engelskirchen und Ründeroth an die Regional-
beigemessen. Der Einkaufsstandort Engelskirchen              bahn 25 zwischen Köln und Marienheide angebun-
steht dabei insbesondere im Wettbewerb zu den                den. Diese verkehrt halbstündlich in beide Richtun-
nächstgelegenen Mittelzentren und Kreisstädten               gen. Der Hauptbahnhof Köln ist in rund 50 Minuten
Gummersbach und Bergisch Gladbach sowie zu dem               und der Bahnhof Gummersbach in etwa 25 Minuten
Oberzentrum Köln.                                            Fahrtzeit erreichbar.

Neben der Wettbewerbssituation wird die Entwick-             Daneben sichern einige Buslinien die innerörtliche
lung des Engelskirchener Einzelhandels u. a. durch           Erreichbarkeit sowie die der angrenzenden Städten
die Verkehrsanbindung und die topografische Situa-           und Gemeinden. Vom Bahnhof Engelskirchen fah-
tion beeinflusst.                                            ren die Buslinien 331, 332 und 333 in die nördlich
                                                             gelegenen oberbergischen Gemeinden Lindlar und
Aufgrund der Topografie des Oberbergischen Lan-              Marienheide sowie in die Stadt Wipperfürth. Von
des ist die Gemeinde Engelskirchen durch einen               Ründeroth aus verkehren zudem die Linien 312,
hügeligen Charakter geprägt. Der Siedlungskörper             317, und 319 in südliche und östliche Richtung nach
der Gemeinde orientiert sich vornehmlich entlang             Much, Nümbrecht, Waldbröl, Wiehl und Gummers-
der beiden Wasserläufe Agger und Leppe. Neben                bach.
den Hauptsiedlungsorten in den Ortsteilen Engels-
kirchen, Ründeroth und Loope wird die Siedlungs-
struktur durch eine disperse Verteilung kleiner Ort-
schaften charakterisiert. Die zwischen den einzel-

Gemeinde Engelskirchen – Fortschreibung des Einzelhandels- und Zentrenkonzepts                                15
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