GEMEINSAM SICHERER: EINE STANDORTREGEL ANLAGENSICHERHEIT (STRAS) FÜR DEN CHEMIEPARK MARL - VERLAUF UND KERNINHALTE AUS DEM GEMEINSAMEN PROJEKT VON ...

Gemeinsam sicherer:
    eine Standortregel
    Anlagensicherheit
    (StRAS) für den
    Chemiepark Marl
    Verlauf und Kerninhalte aus dem gemeinsamen
    Projekt von Technischer Anlagensicherheit (TAS)
    und TÜV NORD InfraChem (TNIC)

    2021-04-20 | Pascal Pöschko, Christoph Thust

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Ausgangspunkt: die Chemiepark-Regelung IT 801

 Die Regelung „IT 801 – Anlagensicherheit“
    − ist seit 1996 etabliert und bei allen Betreibern im Chemiepark Marl (CPM) anerkannt,
    − wurde zuletzt 2006 überarbeitet,
    − enthält ein vielfach angewandtes Schema für die Analyse von Prozessgefahren und
    − gilt tlw. ausländischen Mutterkonzernen als Maßstab für Sicherheitstechnik in Deutschland.
 Gliederung:
    − Sicherheitskonzept
    − Schutzeinrichtungen zur Anlagensicherheit
    − Beispielsammlung allgemeingültiger Problemlösungen
    − Schutzanweisungen
    − Organisatorisches
 Das Werk besteht dabei i. W. aus sicherheitstechnischen Grundlagen und allgemeinen Umsetzungsempfehlungen.

2   2021-04-20 | Gemeinsam sicherer: eine Standortregel Anlagensicherheit (StRAS) für den Chemiepark Marl

Warum bedarf es spezifischerer Festlegungen?

 Chemieparks weisen hinsichtlich Anlagensicherheit zahlreiche Schnittstellen auf, z. B.
    − Rohrleitungen mit mehreren angebundenen „Parteien“,
    − Ex-Zonen, die in Nachbarbetriebe hineinragen,
    − Fremdfirmen, die in unterschiedlichen Betrieben tätig werden.

 Verordnungen und technische Regelwerke helfen nicht viel weiter:
    − BetrSichV und GefStoffV regeln Zusammenarbeit verschiedener Arbeitgeber nur mit Blick auf Fremdfirmeneinsatz,
    − StörfallV fordert Austausch zwischen Betriebsbereichen nur, wenn die zuständige Behörde Domino-Effekte feststellt,
    − sogar SFK-Arbeitshilfe (Anwendung der StörfallV bei Industrieparks) bleibt auf einem sehr formal-juristischen Niveau.

    Andererseits sind gerade konkrete technische und organisatorische Randbedingungen im CPM durchaus relevant,
    wie sich etwa im Verlauf eines „Schnittstellenprojektes“ zu Rohrleitungen mit entzündbaren Flüssigkeiten zeigte –
    Regelungslücken traten auch deshalb zuletzt deutlicher zu Tage

3    2021-04-20 | Gemeinsam sicherer: eine Standortregel Anlagensicherheit (StRAS) für den Chemiepark Marl

Durch das Vorgehen sollte eine möglichst breite Akzeptanz der neuen Regeln
gewährleistet werden

                                                                                                        Vorteile:
                                                                                                         − Gruppenarbeit und regelmäßige Fortschrittsberichte gewährleisteten
                                                                                                           Transparenz,
                                                                                                         − großer Informationsbedarf verlangte nach breiter Expertise in den
                                                                                                           Gruppen, was zu Entzerrung und Entschleunigung führte,
         Themenkomplex 1

                           Themenkomplex 2

                                             Themenkomplex 3

                                                               Themenkomplex 4

                                                                                                         − Begrenzung des Projektumfangs durch Fokussierung auf einige
                                                                                                           besonders wichtige/nachgefragte Aspekte
                                                                                                        Nachteile:
                                                                                                         − betreiberseitig teils stark divergierende Anforderungen – von sehr
                                                                                                           umfassend/„hochfliegend“ bis extrem kleinteilig/starr,
                                                                                 Zusammenführung und     − zusätzlicher Zeitbedarf für viele Abstimmungsrunden mit immer
                                                                                 Vereinheitlichung
                                                                                                           weiteren Stakeholdern

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Zunächst wurden in offenen Interviews mögliche Themen gesammelt, um den
Regelungsumfang der StRAS zu eruieren

    − TNIC und TAS führten neun Interviews mit insgesamt 18 Gesprächspartnern durch.
    − Beteiligt waren Vertreter aus vier Evonik-Business Lines sowie fünf „Non Evonik“-Gesellschaften.
    − Es wurden etwa 55 unterschiedliche Aspekte identifiziert, die im Scope der StRAS liegen und im Rahmen der
      Gruppenarbeitsphase vertieft werden sollten.
       Folgende Themen erwiesen sich als Schwerpunkte:                                                            Hohe
       • Abgrenzung und Struktur von CPM-/Betreiberdokumenten                                               Beteiligung und
                                                                                                              viele wieder-
       • Verfügbarkeit von Energien/Utilities                                                               kehrende Punkte
                                                                                                              belegten die
       • Absicherung von RadA-Leitungen, v. a. zentral bereitgestellter Medienströme
                                                                                                              Relevanz des
       • Bewertung gegenseitiger Gefährdungen durch Brand, Explosion und Stofffreisetzung                       Projekts

       • Umgang mit Schutzanweisungen und dem „Human Factor“ als Gegenmaßnahme
       • Kennzeichnung und technische Realisierung von Sicherheitseinrichtungen, v. a. blockierte Handarmaturen
       • erforderliche Teilnehmer im Sinne von Rollen/Kompetenzen bei Sicherheitsgesprächen
       • Berücksichtigung mehrerer gleichzeitig auftretender Störungen in Sicherheitsbetrachtungen

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In der zweiten Jahreshälfte 2018 wurden insgesamt zwölf Treffen in vier neu
gebildeten Arbeitsgruppen abgehalten

                 AG 1 Elektrische Energieversorgung
                                                                                                            − Fachbereich Evonik T&I: Energiemanagement
 Grundsätzliche Darstellung der Versorgungssituation im
CPM; welche Verfügbarkeit der Spannungsversorgung ist in                                                    − TAS/TNIC, diverse Betreiberunternehmen
        Sicherheitsbetrachtungen anzunehmen?
                                                                                                            − zwei AG-Treffen

    Kernpunkte:
    − Gebot des Ruheenergieprinzips, wenn PLT-SE alleinige Sicherheitsmaßnahmen gegen erhebliche Gefahr darstellen
      (dadurch Vermeidung der Notwendigkeit einer Notstromversorgung für PLT-SE)
    − Spannungseinbrüche/-ausfälle sind – allen Redundanzen zum Trotz – als auslösende Ereignisse stets zu unterstellen;
      bei nicht erheblicher Gefahr sind in Sicherheitsbetrachtungen verschieden lange Ausfälle (500 ms/Minuten/Stunden) mit
      unterschiedlichen Häufigkeiten anzunehmen
    − Hinweise auf Common-Cause-Ausfälle evtl. sicherheitsrelevanter Utilities (Kühlwasser, Kälte, Druckluft, Stickstoff)

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Die gemeinsame Arbeit war von einem hohen Maß an Kooperation geprägt

             AG 2 Abgrenzung der Sicherheitsgewerke
                                                                                                             − Fachbereiche Evonik T&I: Arbeitssicherheit,
    Aufgabenbereiche: wofür ist die Anlagensicherheit im CPM                                                   Brandschutz, Werkschutz
     zuständig/was fällt in den Regelungsbereich der StRAS?
                 Wofür ist sie nicht zuständig?                                                              − TAS/TNIC, Betreiberunternehmen
                                                                                                             − ein AG-Treffen

     Kernpunkte:
     − Praxisnahe Definitionen von Anlagensicherheit, Prozesssicherheit, Arbeitssicherheit und Brandschutz
     − Hinweise auf Verzahnung der Gebiete und konkrete Anlässe für die Kooperation verschiedener Experten, z. B.
        • Gefährdungen bei manuellen Tätigkeiten – PSE & Arbeitssicherheit (samt Kriterienkatalog)
        • Schutz von Prozessanlagen gegen Brände – PSE & Werkfeuerwehr (samt Kriterienkatalog)
        • Bemessung von Auffangräumen – Werkfeuerwehr & AwSV-Sachverständige von TAS/TNIC
     − Eingang interdisziplinärer Aspekte in „SiKo“/PGA, BSK, JSA und AwSV-Dokumentation
     − Verantwortlichkeit für Konsistenz der Dokumente und die Festlegung von Milestones in Projekten

7    2021-04-20 | Gemeinsam sicherer: eine Standortregel Anlagensicherheit (StRAS) für den Chemiepark Marl

In allen Gruppen führte das Aufeinandertreffen verschiedener Positionen zu
interessanten Einblicken

                     AG 3 RadA-Leitungen/Werknetze
                                                                                                            − Fachbereiche Evonik T&I: Energiemanagement,
 Welche Informationen müssen bezüglich der Werknetze                                                          Engineering, Rohrnetzbetrieb, Utilities
vorliegen? Wie ist der Informationsaustausch zwischen ab-
gebenden und aufnehmenden Betrieben zu gewährleisten?                                                       − TAS/TNIC, diverse Betreiberunternehmen
                                                                                                            − vier AG-Treffen

    Kernpunkte:
    − Netzanschlussbedingungen und Absicherung von Energien/Utilities, v. a. Dampf und Kälte
    − Prinzipien bei Sicherheitsbetrachtungen zur Vermeidung von Rückströmungen in Werknetze
    − Absicherung von Werknetzen für druckverflüssigte Gase und entzündbare Flüssigkeiten sowie toxische Stoffe
    − Betreiberverantwortung und Zusammenarbeit bei Rohrleitungen über Grundstücken „Dritter“ sowie Kälteanlagen
    − Informations- und Mitwirkungspflichten der Rohrnetzbetreiber (Rohrnetz-/NLA-Betrieb)

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Der Austausch von Best Practices im Kreis der Betreiber war ebenso
fruchtbar, warf jedoch auch neue Fragen auf

          AG 4 Betriebliches Sicherheitsmanagement
                                                                                                            − Fachbereich Evonik T&I: Arbeitssicherheit
      Verschiedene Festlegungen in der IT 801 sind wenig
      praktikabel, bedürfen einer Überarbeitung oder auch                                                   − TAS/TNIC, diverse Betreiberunternehmen
             Konkretisierung, andere Aspekte fehlen.
                                                                                                            − fünf AG-Treffen

    Kernpunkte:
    − Schutzanweisungen: Sicherstellung der Eignung organisatorischer Maßnahmen
    − Ansprechen von Sicherheitseinrichtungen
    − PGA-Dokumentation, Aktualisierung/Fortschreibung einschl. Management of Change
    − PGA-Teamzusammensetzung und -Maßnahmenverfolgung
    − Blockierte Armaturen
    − Inbetriebnahme und Außerbetriebnahme von Anlagen
    − Gegenseitige Gefährdungen

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Fazit
     − Anlagensicherheit in Chemieparks kann nur gemeinsam gelingen – Information und Kooperation an Schnittstellen sind
       entscheidend für Compliance und sicheren Betrieb.

     − Gesetze, Verordnungen und das technische Regelwerk stellen hohe Anforderungen, bieten jedoch bei dieser speziellen
       Herausforderung keine echten Hilfen an. (WAS zu tun ist, ist bekannt – doch wie muss dazu das Zusammenspiel
       verschiedener Betreiber/Verantwortlicher und Fachfunktionen geregelt sein, damit das gelingt?)

     − Standorte unterscheiden sich in Bezug auf Historie, Verantwortlichkeiten und zuständige Fachfunktionen – daher bedarf
       es an vielen Stellen „maßgeschneiderter“ Lösungen.

     − Die Arbeit an der Standortregel Anlagensicherheit (StRAS) war fruchtbar, weil dabei die richtigen Personen miteinander
       ins Gespräch kamen und ein offener Austausch ermöglicht wurde.

     − Andauernde Bereitschaft zur tatsächlichen Veränderung wird entscheidend sein, um die gemeinsam vereinbarten
       Prozesse reibungslos umzusetzen und „gemeinsam sicherer“ zu werden.

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Backup: Gliederung der Abschnitte zu den AGs 1 und 2

 Elektrische Energieversorgung
     − Stromnetzstruktur Chemiepark Marl im Überblick
     − Spannungsausfälle und Spannungseinbrüche in Sicherheitsbetrachtungen
       − Grundsätzliche Hinweise
       − Beurteilung von Szenarien mit ernsten Gefahren
       − Hinweise für die Beurteilung von Szenarien, die nicht mit ernsten Gefahren einhergehen
 Anlagensicherheit: Vorbemerkungen und Grundzüge von Organisation und Zusammenarbeit im Chemiepark Marl
     − Gefahrenfelder und Rechtsgebiete der Anlagensicherheit; sicherheitstechnische Aufgabenbereiche
     − Zusammenarbeit der verschiedenen Fachabteilungen und -funktionen mit Bezug zur Anlagensicherheit
       − Neuanlagen- und Erweiterungsprojekte
       − Zusammenarbeit zur Verbesserung der Anlagensicherheit in Bestandsanlagen
       − Einbindung anderer Experten für Anlagensicherheit bei der Erstellung von Prozessgefahrenanalysen

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Backup: Gliederung des Abschnitts zur AG 3

 Umgang mit Gefährdungen aufgrund von Stoffströmen in Rohrleitungen zwischen Anlagen des Chemieparks Marl
     − Allgemeines
     − Verantwortung für den Betrieb, das Zusammenwirken bei der Gefährdungsbeurteilung und Prüfungen an Rohrleitungen
     − Rückströmungen und Wechselwirkungen
     − Sicherheitsbetrachtungen für Werknetze/RadA-Leitungen mit besonderen Gefahren und ihre Schnittstellen mit
       Produktionsanlagen
     − Sonstige Werknetze
       − Dampfnetze
       − Kälte
       − Niedertemperaturwärme und Rückkühlwasser
       − Druckluft und Luftgase
       − Brenngase
       − Abgasnetze

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Backup: Gliederung des Abschnitts zur AG 4 (1)

 Schutzmaßnahmen: Allgemeine Anforderungen und ausgewählte Anwendungsfälle
     − Bedienpersonal als Element von Schutzmaßnahmen und in sicherheitskritischen Abläufen
     − Allgemeine Anforderungen an Sicherheitseinrichtungen
     − Sicherheitsgerichtete Blockierung manuell betätigbarer Absperrarmaturen
 Prozessgefahrenanalysen: Methoden, Aspekte der Organisation und Dokumentation, Bildung von Szenarien und
  Management of Change
     − Begriffsbestimmung, Abgrenzung von verfahrenstechnischem zu anderen Arten von Schutzkonzepten
     − Wahl der systematischen Methode(n)
     − Erforderliche technische Unterlagen
     − Bildung von Störungsszenarien und deren Dokumentation unter besonderer Berücksichtigung von Schutzmaßnahmen
     − PGA-Teamzusammensetzung, Rollen und Verantwortlichkeiten
     − Änderungen an Anlagen/Management of Change

14   2021-04-20 | Gemeinsam sicherer: eine Standortregel Anlagensicherheit (StRAS) für den Chemiepark Marl

Backup: Gliederung des Abschnitts zur AG 4 (2)

 Besondere Aspekte des betrieblichen Sicherheitsmanagements
     − Gewährleistung der Anlagensicherheit bei Inbetriebnahme und Außerbetriebnahme
     − Gegenseitige Gefährdungen

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