Mittendrin - IG BCE Rhein-Main
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Rhein-Main 3| 17 mittendrin Magazin der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie Gemeinsam stark Der Gewerkschaftskongress in Hannover Vom Miteinander geprägt Betriebsreportage Jetzt kandidieren! Interview mit Ralf Sikorski, Mitglied im Ein bisschen Akzo Nobel Betriebsratswahlen 2018 – geschäftsführenden Hauptvorstand ist überall Drei Neue, die wieder kandidieren
Inhalt Editorial 3 Streiflicht Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, 4 Gewerkschaftskongress unser Gewerkschaftskongress hat die Die Zukunft der Arbeit gestalten Geschlossenheit der IG BCE deutlich 8 Meldungen gemacht. Und dies sowohl in der Frage, JUGEND: wer an der Spitze zukünftig Verantwor- Wieder mal gruselig schön tung trägt als auch in der inhaltlichen Jugend positioniert sich gegen Rechts Positionierung durch die fast 400 bear- beiteten Anträge. Wie wichtig uns dabei die Gestaltung FRAUEN: der Zukunftsaufgabe „Digitalisierung und Industrie 4.0“ Zeit zum Reden ist, drückt sich durch einen eigenständigen Vorstands- Zwischen Wolkenkratzern bereich dazu aus. Verantwortung dafür trägt Francesco 9 Betriebsratswahlen 2018 Grioli, der erstmals in den Vorstand gewählt wurde. Neu- Jetzt kandidieren! igkeiten gibt es auch in der Tarifpolitik, hier übernimmt Ralf Sikorski das Ruder von Peter Hausmann. 10 Interview mit Ralf Sikorski Wie vielfältig die Arbeit der vielen ehrenamtlich en- Vom Miteinander geprägt gagierten Kolleginnen und Kollegen in der IG BCE ist, 12 Betriebsreportage machen die Berichte in dieser Ausgabe über die Arbeit der Ein bisschen Akzo Nobel ist überall jungen Menschen und der Gewerkschafterinnen deutlich: Die Jugend begrüßt ihre neuen Kolleginnen und Kollegen 14 Aus den Betrieben gruslig nett mit einer Halloween-Party. Und die Gewerk- Sun Jet Services/ BASF / British Telecom/ schafterinnen diskutieren beim Kamingespräch mit der Fischer Surface Technologies / Stada/ Präsidentin des Landeskriminalamts, Sabine Thurau, über Bilfinger Sicherheitsfragen und den Werdegang einer Frau in einer Führungsposition bei der Polizei. Bei allen ernsten und 15 Einer von uns Hans-Joachim Mühle wichtigen Themen kommt auch nie der Spaß zu kurz. Dies 16 Termine / Ausblick zeigt das außergewöhnliche Hobby unseres Vertrauens- manns bei Clariant, Hans-Joachim Mühle. Er gibt alten Wir für Euch Autos eine letzte Aufgabe. Sollten Sie ähnliche aufregende Said Nasri: Überzeugung statt Überredung Hobbies haben oder Vorschläge für unsere Arbeit machen wollen, dann würden wir sehr gerne davon erfahren! Ich wünsche Ihnen an dieser Stelle eine besinnliche impressum Advents- und Weihnachtszeit und bereits jetzt einen Herausgeber: IG BCE Rhein-Main guten Start in das neue Jahr. Redaktion: Ralf Erkens (V.i.S.d.P), Renate Hebauf, Herzliche Grüße Sabine Maurer, Marco Rosenlöcher Fotos: IG BCE Bezirk Rhein-Main außer Bilder vom Kongress auf Titel und S. 4–7 Stefan Koch, Ralf Erkens Helge Krueckeberg und Christian Burkert, S. 11 Stefan Koch, S. 12/13 Sabine Maurer, S.14 m. Fotolia/A. Wesolovski, re. Fotolia/Adam121, S. 15 li. Fotolia/zest_maria, Illustration Rückseite grafikbuero. Gestaltung: www.grafikbuero.com 2
æ Str eif licht IG BCE Rhein-Main treue mitglieder Im Beisein des Frankfurter Oberbürgermeisters Peter Feldmann (SPD) hat der IG BCE-Bezirk Rhein-Main seine langjährigen Mit- glieder geehrt. Einige von ihnen halten bereits seit 70 Jahren der Industriege- werkschaft die Treue. Bei dem Festakt im Showspielhaus Hofheim dankten der Bezirksleiter Ralf Erkens und Mi- chael Klippel vom Bezirksvorstand den 68 Jubilaren. „Ohne sie wären viele Erfolge aus der Vergangenheit nicht Der IG BCE-Bezirk Rhein-Main ehrte seine langjährigen Mitglieder. möglich gewesen. Daher ist es eine besondere Freude, wenn man die Men- schen, die das geleistet haben, auch wieder sieg für industriepark- unterstützung für franzosen feiert“, sagte Erkens. Oberbürgermeis- radler Die Industriepark-Radler Die IG BCE hat die Arbeitnehmer des ter Feldmann betonte die Bedeutung sind mal wieder Spitze. Sie gewannen französischen Chemieunternehmens der chemischen Industrie für die Stadt. auch dieses Jahr beim Stadtradeln Isochem mit einer Kundgebung vor Auch dank der Gewerbesteuer-Einnah- unter anderem die Team-Kilome- der Frankfurter Börse unterstützt. Die men von Unternehmen im Industrie- ter-Wertung. Innerhalb von drei Wo- Firma beschäftigt an vier Standorten park Höchst könnten etwa Kita-Plätze chen hatten sie im Herbst 24 315 Kilo- in Frankreich rund 280 Mitarbeiter. finanziert werden. meter zurückgelegt. Damit waren sie Sie wurde vor sieben Jahren von dem drei Kilometer mehr geradelt als das Finanzinvestor Aurelius für acht Mil- Team des Radverbands ADFC Frank- lionen Euro erworben. Aurelius ist als infos rund um die tarifarbeit furt. Aufgrund der minimalen Diffe- deutsche Finanzgruppe an der Frank- Die IG BCE Rhein-Main bietet auch im renz wurden beide Teams als Sieger furter Börse notiert. Im vergangenen kommenden Jahr wieder den bewähr- gewertet. Die Bahnradler wurden mit Sommer wurde für die Isochem in ten „Tarifführerschein“ an. In zwei 22 814 Kilometern Dritte. Eindeutig Frankreich das Insolvenzverfahren Workshops an Wochenenden im Früh- vorne lagen die Industrieparkradler in eröffnet. Der Betriebsrat befürchtet, jahr erfahren die Teilnehmer unter an- der Wertung als teilnehmerstärkstes dass sich das Unternehmen aus der derem die Grundlagen der Tarifarbeit, Team: 95 Radler des Industrieparks Verantwortung eines geordneten So- wie die Tarifkommission arbeitet und Höchst trugen zu dem Mannschafts- zialplanverfahrens ziehen will und die wie im Betrieb die Tarifrunden erfolg- ergebnis bei. finanziellen Mittel dazu längst aus reich begleitet werden können. dem Unternehmen gezogen hat. Das Stadtradeln wird seit dem Jahr 2008 von dem Verein Klima-Bündnis veranstaltet, Frankfurt war von An- fang an mit dabei. Die Aktion soll dazu motivieren, sich häufiger fürs Fahrrad statt für das Auto zu entscheiden, um auf diese Weise die Erzeugung von kli- maschädlichen Abgasen zu vermeiden. Zudem waren die Mitarbeiter im Indus- triepark auch bei der Aktion „Mit dem Rad zur Arbeit“ mit dabei. 269 Radler beteiligten sich, das ist das beste Er- Im nächsten Jahr kann wieder der “Tarif- gebnis der letzten sechs Jahre. Insge- Heimische Gewerkschafter unterstützen die Mitar- führerschein” abgelegt werden. samt fuhren sie 214 350 Kilometer weit. beiter des französischen Unternehmens Isochem. 3
gewerkschaftskongress Die Zukunft der Arbeit gestalten von renate hebauf Unter dem Motto „Gemeinschaft.Macht.Zukunft“ fand vom 8. bis 13. Oktober in Hannover der 6. Ordentliche Gewerkschaftskongress der IG BCE statt. Er war auch wieder Familientreffen und gesell- schaftspolitischer Höhepunkt gleichermaßen. 400 Delegierte aus den Betrieben und Branchen der IG BCE, darunter auch 11 Delegierte aus dem Bezirk Rhein-Main, waren die Hauptakteure bei dieser Tagung des höchsten Entscheidungsgremiums. Für sechs Tage standen die gewerkschaftlichen Positionen und Forderungen der IG BCE für die Zukunft im Fokus der Öffentlichkeit. Dafür sorgten auch zahlreiche internationale Gäste und Gastredner aus der Politik. Zu letzteren gehörten Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und SPD-Chef Martin Schulz sowie Christan Lindner (FDP) und Jürgen Trittin von den Grünen. Das Motto „Gemeinschaft.Macht.Zukunft“ war in diesen Ta- Eröffnung und Auftakt gen im Congress Centrum Hannover auch atmosphärisch Bei der feierlichen Eröffnungsveranstaltung bezog der lebendig: „Gemeinschaft“ war erfahrbar bei vielen Gele- Vorsitzende Michael Vassiliadis klar Stellung für die Stär- genheiten zum Wiedersehen, für neue Kontakte sowie zum kung der Demokratie in allen Lebensbereichen. „Freiheit Meinungsaustausch auch in lockerer Runde beim Abend- und Demokratie, Gleichheit und Solidarität – das ist unser programm. „Macht“ war im Bewusstsein gegenwärtig, Wesenskern. Dafür stehen wir, dafür kämpfen wir seit 127 rund 640 000 Mitglieder zu vertreten und „Zukunft“ in der Jahren“, unterstrich Vassiliadis das Selbstverständnis seiner Überzeugung, als Industriegewerkschaft mit dem höchsten Gewerkschaft. Auch vor dem Hintergrund des Einzugs der Organisationsgrad eine gesellschaftlich gestaltende Kraft AfD in den Bundestag erteilte er „jeder Art von Extremis- zu sein. „Es war ein großes Erlebnis von Gemeinschaft und Solidarität.“ Ralf Bender, Clariant Der neugewählte ehrenamtliche Hauptvorstand der IGBCE. 4
„Als Mitglied der Wahlkommis- sion hatte ich das tolle Erlebnis, vom Podium aus den ganzen lebendigen, quirligen Kongress zu überblicken.“ Frank Niebergall, Infraserv Unser neues Mitglied im geschäftsführenden Hauptvorstand, Francesco Grioli mus, sei es politischer, religiöser oder rassistischer Art“ eine der es gelungen sei, mit einer Einkommenssteigerung von deutliche Absage. Die Präsentation des ergreifenden mit 36 Prozent in zehn Jahren „eine faire und gerechte Teilha- Bildern unterlegten Songs „Wir sind Demokratie“ schwor be am wirtschaftlichen Erfolg sicherzustellen“ und mit dem die Kongressteilnehmer auch emotional auf die kommen- „Potsdamer Modell“ ein wegweisendes Arbeitszeitmodell den Tage ein. zu entwickeln, das Flexibilisierung mit den Wünschen der Beschäftigten nach mehr Zeitsouveränität verbinde. Zum Auftakt des Kongresses warnte Vassiliadis vor „ei- ner schleichenden Deindustrialisierung in Deutschland“. Nach der Verabschiedung der ehemaligen Mitglieder des Industrieprojekte würden verzögert, Investitionen behin- geschäftsführenden Hauptvorstands Egbert Biermann und dert und Arbeitsplätze gefährdet. Es fehle an einer klaren Peter Hausmann sowie der ausscheidenden ehrenamtli- industriepolitischen Orientierung. «Exportweltmeister- chen Hauptvorstandsmitglieder stand mit den Wahlen ein schaft finden alle cool und sexy, aber Flächen vor Ort für weiterer Kongresshöhepunkt auf der Tagesordnung: Ge- die Ansiedlung von Produktion, Logistik oder Lagerhaltung wählt wurden die fünf Mitglieder des geschäftsführenden lehnen dieselben Leute ab“, kritisierte er. An die Adresse von und die 26 Mitglieder des ehrenamtlichen Hauptvorstands. Politik und Arbeitgebern ging seine Aufforderung, sich klar Mit 97,7 Prozent der gültigen Stimmen wurde Michael Vas- zur Sozialpartnerschaft und Tarifbindung zu bekennen und siliadis von den Delegierten erneut zum Vorsitzenden der sich gemeinsam mit der IG BCE der um sich greifenden Ta- IG BCE gewählt und für eine dritte Amtszeit bestätigt. Als rifflucht entgegenzustemmen. stellvertretende Vorsitzende wurde Edeltraud Glänzer wie- dergewählt. Sie erhielt 94,1 Prozent der Stimmen. Zu Mit- gliedern des geschäftsführenden Hauptvorstands wieder- Arbeitsbilanz und Wahlen gewählt wurden auch Ralf Sikorski (95,2 Prozent) und Petra In den mündlichen Ergänzungen zum Geschäftsbericht, in Reinbold-Knape (86,4 Prozent). Neu im geschäftsführenden denen die Mitglieder des geschäftsführenden Hauptvor- Hauptvorstand ist Francesco Grioli. Der bisherige Landes- stands ihre Arbeitsbilanz der vergangenen Jahre vorstellten, bezirksleiter Rheinlandpfalz/Saarland erhielt 89,7 Prozent formulierten sie auch Zielsetzungen für die Zukunft: Edel- der Stimmen und wird künftig für den Bereich Digitalisie- traud Glänzer plädierte für eine bessere Altersversorgung rung zuständig sein. Un- und eine Stabilisierung des Rentenniveaus bei 48 Prozent. ter den ehrenamtlichen „Wer Jahrzehntelang hart gearbeitet und in die Rentenkas- Hauptvorstandsmitglie- dern wurde Beate Bo- „In Hannover habe ich se eingezahlt hat, der muss am Ende auch sicher sein, von der Rente in Würde leben zu können“, sagte die stellvertre- ckelt vom Bezirk Rhein- eine sehr menschliche Main wiedergewählt. IG BCE erlebt.“ tende Vorsitzende. Ralf Sikorski forderte humane Arbeits- zeiten in der digitalen Welt. „Man wird die Menschen nur Anja Helbig, ContiTech erfolgreich mitnehmen können, wenn sie in diesen Prozes- sen gerecht behandelt werden“, betonte er. Mehr Gerech- tigkeit durch gleiche Bildungschancen und mehr Investi- „Ich habe an den sechs tionen in Bildung sind für Petra Reinbold-Knape zentrale Tagen eine IG BCE erlebt, Zukunftsaufgaben für die künftige Bundesregierung. „Bil- die selbstbewusst, aber dung ist der demokratische Schlüssel zur Teilhabe in Wirt- schaft, Politik und Gesellschaft“, sagte sie. Der scheidende nicht selbstzufrieden ist.“ Peter Hausmann verwies auf die Erfolge einer Tarifpolitik, Vanessa Pruß, Sanofi 5
gewerkschaftskongress Die Grundsatzrede lich belaste, wie Verzichts- und Ausstiegstheorien, meinte Vassiliadis. Stattdessen seien Investitionen in eine neue In- In seiner Grundsatzrede fasste der Vorsitzende Michael Vas- frastruktur für E-Mobility, in Batterie- und Zelltechnologie siliadis die zentralen Zukunftsaufgaben zusammen. Bei den und in Stromspeicher und Stromnetze nötig. Megathemen Digitalisierung, Energie und Verkehr forderte er von der künftigen Bundesregierung mehr Investitionen Er kündigte an, die IG BCE werde sich für ein starkes und und eine Bündelung von Kompetenzen. Angesichts der soziales Europa einsetzen, das Lohn- und Steuerdumping fundamentalen Veränderungen durch die Digitalisierung bekämpfe und „sich künftig entlang der globalen Lieferket- sei die Berufung eines unabhängigen Sachverständigen- ten stärker gewerkschaftlich engagieren, damit in den in- rats für nationale Transformation notwendig. Er warnte ternational agierenden Unternehmen und ihren Zulieferern aber auch vor einer „digitalen Hysterie“ in der Debatte. „Die vergleichbare Standards gelten.“ Zukunft der Arbeit ist gestaltbar“, sagte der IG-BCE-Vorsit- zende und kündigte eine Digitalisierungsoffensive seiner Politische Gäste und Antragsberatung Gewerkschaft an. Er forderte außerdem ein Energiewen- de-Ministerium, in dem die Bereiche Energie, Verkehr und Die Forderung der IG BCE nach einer Stärkung der Tarifau- Wohnungsbau zusammengeführt würden. Nur so könne tonomie griff Kanzlerin Angela Merkel in ihrer Rede an die eine Energie- und Verkehrswende „aus einem Stück“ gestal- Delegierten auf und bekannte sich klar zur Tarifbindung: tet werden. Bei der Debatte über die Zukunft der Autoin- „Ich halte die Sozialpartnerschaft im 21. Jahrhundert für dustrie, von der auch viele Chemie-Arbeitsplätze abhängen, mindestens ebenso wichtig wie sie das in der Vergangen- dürften nun nicht die gleichen Fehler gemacht werden wie heit war. Und deshalb werde ich alles dafür tun, die Tarifbin- in der Energiepolitik: „Jede Menge Regulierung, aber keine dung wieder zu stärken“, kündigte sie an. Auf welchem Weg langfristige Strategie“, sagte Vassiliadis. Deutschland brau- sie die derzeit 49 Prozent Tarifbindung steigern will, ließ sie che einen Zukunftspakt für diese Branche. Alles müsse un- allerdings offen. Zu ihren positiven Botschaften an die Dele- terbleiben, was die Wertschöpfungskette Automobil zusätz- gierten gehörte auch das Versprechen, den Strukturwandel für die Braunkohlereviere sozialverträglich zu gestalten. Mit der Antragsberatung hatten die Delegierten bei die- sem Kongress eine Herkulesaufgabe zu bewältigen. Über „Mein persönliches Highlight war die drei Tage hinweg berieten sie nicht weniger als 391 Anträge klare Haltung der Satzungskommis- und schufen damit die Grundlage für die Arbeit der IG BCE sion für die Ausschlussmöglichkeit von für die kommenden vier Jahre. Mitgliedern, die sich unseren Werten Den größten Antragsblock bildete die Tarifpolitik mit The- entgegenstellen, beispielsweise mit jeg- men wie Demografie und Schichtarbeit, an zweiter Stelle standen sozialpolitische Themen wie soziale Sicherung; pa- licher Form von Extremismus.“ ritätische Finanzierung der Alterssicherung oder nachhalti- Marion Palme, Sanofi ge Rentenkonzepte. 6
gewerkschaftskongress „Ich war oft dabei, und es war auch diesmal wieder ein herausragendes Erlebnis. Der Kongress gibt mir Die Vertreter des Bezirks Rhein-Main waren jedes Mal neuen Aufschwung für mit Engagement und guter Laune dabei. die Arbeit.“ Michael Klippel, Sanofi Ein Leitantrag befasste sich auch mit den strategischen Zie- len der IG BCE für die zukünftige Gestaltung der eigenen Organisation. Die Positionen des Bezirks Rhein-Main fanden bei den Bera- tungen die volle Unterstützung der Delegierten. Alle Anträ- ge aus dem Bezirk wurden einstimmig angenommen. Der Kongress in Zahlen Am letzten Tag des Kongresses sprach der SPD-Vorsitzende Martin Schulz zu den Delegierten. Er unterstrich die Forde- Von den 400 Delegierten waren: rung der IG BCE nach einer„Europäisierung und Globalisie- 37,2 Prozent Frauen, rung der Mitbestimmung“ als sein wichtigstes Anliegen. Nationale Arbeitnehmerrechte wie Arbeits-, Streik-, Sozial- 8,4 Prozent aus der Jugend, und Betriebsverfassungsrechte müssten dringend in die gesamte EU übertragen werden. „Unter dem Deckmantel 31,8 Prozent erstmals Gewählte, der Digitalisierung soll vieles, was wir an Rechten in der ana- 3,8 Prozent (15 Delegierte) ausländische logen Welt erstritten haben, in der digitalen unter den Tisch Kolleginnen und Kollegen. fallen“, so seine Befürchtung. „Wir brauchen nicht nur eine starke EU, wir brauchen ein sozial verantwortliches Europa“, 49,3 Jahre betrug das Durchschnittsalter. gab der SPD-Vorsitzende den Delegierten mit auf den Weg. Die jüngste Person war 19 Jahre. Die älteste Person war 74 Jahre. Der Kongress war so weiblich und so jung wie noch nie. 7
meldungen – frauen/jugend Wieder mal gruselig schön Zwischen Wolkenkratzern Von Cyberkriminalität bis zur Terrorab- der Umgang mit Menschen, aber na- wehr – die Themen beim Kaminge- türlich auch die Kontakte mit anderen spräch der IG BCE-Frauen waren hoch Behörden, Europol und Interpol sowie spannend. Zu Gast war dieses Mal die vielfältigen Gestaltungsmöglich- Sabine Thurau, Präsidentin des Hes- keiten“, berichtete die Vorsitzende des sischen Landeskriminalamtes. Beim Bezirksfrauenausschusses Marianne Treffen im historischen Palais Livings- Maehl. Andererseits spüre sie einen ton in Frankfurt ging es auch gene- hohen Druck auf die Polizei und Politik, rell um den Umgang mit Konflikten. die Sicherheit zu gewährleisten, ohne Thurau musste in ihrer Führungsrolle dabei die Freiheit einzuschränken. schon harte Auseinander- Die legendäre Halloween-Party der IG setzungen austragen, vor BCE-Jugend im Schlosskeller Höchst allem in den Jahren 2010 mit ihrem monstermäßigen Pro- bis 2013 in den Gerichts- gramm war auch dieses Jahr ein voller prozessen um ihren Pos- Erfolg. Zombies, Hexen, Zauberer und ten als Präsidentin des Vampire hatten sich versammelt, um Hessischen Landeskrimi- die Nacht gebührend zu feiern. In dem nalamtes. Ihr Tipp an die schaurig mit Spinnweben, Vogelspin- Frauen: Konflikte bis zum nen, Totenköpfen und Skeletten deko- Ende austragen und sich rierten Schlosskeller tanzten über 160 dabei immer Unterstüt- Gäste zur Musik von DJ Shoo bis tief in zung und Tipps holen. die Nacht. „Viele Azubis waren das ers- Besonders wichtig an ih- te Mal auf dieser Party und überrascht, rer Arbeit ist Frau Thurau was die Gewerkschaftsjugend alles auf die Beine gestellt hat“, erzählte der zu- Zeit zum Reden ständige Gewerkschaftssekretär Aman Als erster Betrieb hat die SE Tylose in Yoseph. Zur Geisterstunde wurden die Wiesbaden eine „Talk Time“ veranstal- drei besten Kostüme prämiert. Der tet. Bei diesem Projekt werden vor al- Sieger erhielt einen Einkaufsgutschein lem für Frauen kurze Veranstaltungen über 50 Euro. zu verschiedenen Themen angeboten. Bei der SE Tylose hieß das Motto: „La- dies (Im)Biss in der Mittagspause“. Dabei ging es unter anderem um die Flexibilität der Arbeitszeiten und Mög- lichkeiten der Kinderbetreuung. Jugend positioniert sich Bislang wird das neue Projekt Talk Time gegen Rechts der IG BCE in neun ausgewählten Un- ternehmen im Bezirk angeboten. Da- mit sollen zum einen mehr Frauen mit Die IG BCE Jugend engagiert sich ge- gen wandern, so dass Fingerabdrücke Berufen in den Bereichen Produktion, gen Rassismus und Fremdenfeind- junger Menschen aus allen Regionen Labor und Verwaltung für die IG BCE lichkeit und hat sich hierzu eine be- gesammelt werden. Die erste Station gewonnen werden. Außerdem soll so sondere Aktion ausgedacht. Auf einer war die Jugend- und Auszubildenden- nach geeigneten Kandidatinnen für großen Tafel mit einer Weltkarte und versammlung der Sanofi am Industrie- die Betriebsratswahl im kommenden dem Spruch „Daumen hoch für eine park Höchst. Vanessa Pruß, Vorsitzende Jahr Ausschau gehalten werden. Um solidarische Gesellschaft“ sollen sich des Landesbezirksjugendausschusses die Weiterentwicklung von Talk Time junge Beschäftigte mit ihrem Dau- Hessen-Thüringen: „Mit Daumenab- kümmert sich auch die Projektleiterin menabdruck verewigen. Diese Tafel drücken wollen wir signalisieren, dass Iris Mischlau-Meyrahn. soll durch ganz Hessen und Thürin- wir viele sind und die Mehrheit.“ 8
betriebsratswahlen Jetzt kandidieren! Im neuen Jahr beginnt die Kampagne für die Betriebsratswahlen. Die IG BCE will auch diesmal wieder viele Mandate erringen, um gestärkt in die nächsten vier Jahre der be- trieblichen Interessenvertretung zu gehen. Jetzt ist es Zeit, sich zu engagieren und zu kandidieren. Drei IG BCE-Betriebsräte erzählen, warum sie nach ihrer ersten Amtsperiode wieder kandidieren: NICOLE KEß kannte die Betriebsratsar- „Man kann nicht immer nur meckern. Dass sich der beit schon aus ihrer aktuellen Tätigkeit Man muss auch bereit sein, selbst Ver- Betriebsrat bei als Büroassistentin im Betriebsratsbüro antwortung zu übernehmen“, begrün- Fischer Galvanik der Infraserv Logistik im Industriepark det HORST KLEINE seine Entscheidung, in Katzenelnbo- Höchst. „Als mich die Kollegen fragten, für den Betriebsrat zu kandidieren. Der gen 2014 fast ob ich zu den Betriebsratswahlen 2014 gelernte Chemielaborant arbeitet bei komplett neu zu- kandidieren wollte, habe ich nicht lan- Sanofi im Industriepark Höchst in der sammengesetzt ge überlegt. Denn ich wollte zusätzlich Forschung. 2015 begann der langjäh- hat, motivierte zu meiner Bürotätigkeit auch die Rech- rige Vertrauensmann als Nachrücker TANJA ARNOLD, te und die Praxis des Betriebsrats ken- seine erste Amtsperiode im Betriebs- zum ersten Mal zu kandidieren. „Ich nenlernen“, erzählt sie. rat. Erst seit er im Gremium mitarbeite, wollte in der Firma gerne etwas ver- sehe er, wie komplex die Betriebsrats- ändern und auch wissen, was für eine Auch sonst waren und sind die Voraus- arbeit sei. Obwohl auch negative Er- Arbeit der Betriebsrat macht“, erzählt setzungen der zweifachen Mutter für lebnisse dazu gehörten, bewertet der die gelernte Fleischerei-Fachverkäufe- eine Kandidatur günstig: Sie kennt das 54-jährige Familienvater seine ersten rin, die seit 2009 bei der Firma in der Unternehmen und viele Kolleginnen Erfahrungen mit der Betriebsratsarbeit Endkontrolle arbeitet. und Kollegen seit 24 Jahren, seit sie eindeutig positiv: „Es ist immer gut, dort ihre Ausbildung als Kauffrau für Rückblickend auf fast vier Jahre Be- wenn man für Kollegen etwas erreicht, Bürokommunikation begann. „Ich habe triebsratsarbeit hat sie die Entschei- was sie alleine nicht geschafft hätten, viel dazugelernt“, resümiert sie mit dung nicht bereut: „Es hat mir sehr viel etwa beim Wiedereingliederungsma- Blick auf ihre erste Amtsperiode. „Die Spaß gemacht, auch weil wir über die nagement oder durch die Vermittlung Arbeit ist spannend und sehr abwechs- IG BCE einiges bewegen konnten“, sagt in einem festgefahrenen Konflikt in ei- lungsreich, weil sie. Zu den Erfolgen, die das Betriebs- ner Abteilung“, betont er. man als Betriebsrat ratsgremium vorweisen kann, gehören viele Möglichkeiten Als Rüstzeug für die Einarbeitung in nicht nur verschiedene neu aufgesetz- hat, im Unterneh- seine neue Betriebsratstätigkeit hal- te Betriebsvereinbarungen sowie eine men mitzugestal- fen ihm die IG BCE-Grundkurse und die bessere Kommunikation zwischen den ten und sich für Lehrgänge zur Weiterbildung. „Es hat Mitarbeitern und dem Betriebsrat. „Mit die Beschäftigten mir Spaß gemacht, mich in die Materie dem Abschluss eines Tarifvertrags, an einzusetzen.“ Dazu reinzuarbeiten“, sagt er und empfiehlt dem ich als Mitglied der Tarifkom- gehörten manch- allen, die etwas verbessern möch- mission beteiligt war, haben wir in mal auch schwieri- ten, „zu kandidieren und keine Angst diesem September einen Meilenstein ge Entscheidungen, die sich nicht für vor noch geschafft“, berichtet die 46-Jährige.Die alle Beschäftigten positiv auswirkten. so großen dreifache Mutter will 2018 wieder zum Freude macht der 42-Jährigen immer Themen Betriebsrat kandidieren: „Man kriegt wieder „dass man mit vielen Mitarbei- zu haben.“ viel mehr mit, was im Unternehmen tern ins Gespräch kommt und wichtige läuft, auch hinter den Kulissen. Und es Informationen aus den Betrieben be- ist ein gutes Gefühl, dass die Mitarbei- kommt, mit denen man entsprechend ter hier inzwischen mit ihren Fragen agieren kann.“ 2018 will Nicole Keß wie- auf mich zukommen und ich ihnen der kandidieren. weiterhelfen kann.“ renate hebauf 9
interview Vom Miteinander geprägt Interview mit Ralf Sikorski, Mitglied des geschäftsführenden Hauptvorstands der IG BCE. Nach Ihrer Wiederwahl auf dem Bergbau gemachten Erfahrungen Sie Hatte Ihre Entscheidung, hauptamt- Gewerkschaftskongress werden Sie geprägt, und was konnten Sie davon licher Gewerkschaftssekretär zu wer- jetzt für die Tarifpolitik zuständig sein. in Ihre heutige Arbeit mitnehmen? den, mit der Schließung der Zeche Os- Wo sehen Sie die Schwerpunkte in den terfeld/Sterkrade zu tun? Ich bin in eine Bergarbeiterfamilie hi- kommenden Jahren? neingeboren worden, mein Vater und Ja, das kann man so sagen. Nach Das Thema Entgelt und damit die Ver- mein Großvater waren Bergleute. Ich dem Studium an der Sozialakade- besserung der Arbeits- und Lebensbe- selbst habe dort 1977 meine Ausbil- mie Dortmund habe ich ein Angebot, dingungen wird natürlich unser Kern- dung begonnen. Als Elektriker unter hauptamtlicher Gewerkschaftssekre- geschäft bleiben. Kernthemen sind Tage, der immer dort eingesetzt wurde, tär zu werden, abgelehnt, weil meine unter anderen aber auch Arbeitszeit, wo es Störungen gab, habe ich gelernt, Welt die betriebliche Mitbestimmung Altersvorsorge, Demografie sowie die jeden Tag mit anderen Bedingungen war. Deshalb bin ich zurück zur Zeche, Auswirkungen der Digitalisierung auf und neuen Herausforderungen klarzu- wo ich ab 1987 als Betriebsrat freige- die Arbeitsbedingungen. Mit Blick auf kommen. Das hilft mir bis heute. Auch stellt war. Als die Zeche 1988 geschlos- die Digitalisierung wurde leider, ins- die Arbeitswelt im Bergbau war enorm sen wurde, hat man mich noch mal besondere durch den Arbeitgeberver- prägend für mich. Aufgrund der Gefah- gefragt, ob ich nicht doch Interesse an band, eine Negativdebatte um die Ab- ren zählt hier jenseits der Hierarchien einer hauptamtlichen Tätigkeit hätte. schaffung von Arbeitsschutzgesetzen das Miteinander, dass man aufeinan- Ich habe mich dafür entschieden und vorangetrieben. Da ist unsere Position der achtet und der Respekt vor dem im Oktober 1988 bei der damaligen IG klar: Das Arbeitszeitgesetz bleibt ein Beitrag jedes Einzelnen. Solidarität, Bergbau und Energie angefangen. Das Gesundheitsschutzgesetz, das für uns Miteinander, Gemeinschaft sind Attri- Studium und die paar Jahre Betriebs nicht verhandelbar ist. Wir stellen uns bute, auf denen unsere Gesellschaft, erfahrung haben mir bei meiner späte- aber auch den Veränderungen. Beim aber auch die Interessenvertretung der ren Tätigkeit als Gewerkschaftssekretär Thema Arbeitszeiten haben wir inzwi- Beschäftigten basiert. Was meine Jah- enorm geholfen schen etwa mit dem „Potsdamer Mo- re in der IG BCE betrifft, so habe ich die . Wie erholen Sie sich von Ihrer star- dell“ in der chemischen Industrie Ost überwiegende Zeit in der Chemiewelt ken Arbeitsbelastung? ein Modell entwickelt, das Flexibilität und anderen Branchen verbracht, die für mich nach der Fusion 1997 weitge- Ich gehöre zu den Menschen, die in mit individuellen Arbeitszeitwünschen hend Neuland waren. ihrer freien Zeit relativ gut abschalten verbindet. Dieses Thema wird uns si- können. Das habe ich im Laufe der Jah- cher auch in Zukunft beschäftigen. Wie kamen Sie zur Gewerkschaft? re für mich entwickelt. Meine Freizeit Für uns ist klar: Wir brauchen in den Dass ich am ersten Tag meiner Aus- genieße ich zusammen mit meiner kommenden Jahren innovative Mo- bildung Mitglied der IG Bergbau und Frau. Ich reise und entspanne gerne, delle, die Flexibilität mit mehr Arbeits- Energie wurde, war in einem Betrieb etwa in der Sauna und je nach Spiel- zeitsouveränität für die Beschäftigten mit einem Organisationsgrad von 98 verlauf auch bei meinem Lieblingsclub, verbinden. oder 99 Prozent selbstverständlich. Das dem FC Schalke 04. Ihren beruflichen Werdegang ha- war es auch für mich persönlich, weil ben Sie im Steinkohlenbergbau an ich vorher schon als Schülervertreter der Ruhr begonnen. Wie haben die im aktiv gewesen war.. Das Interview führte Renate Hebauf. 10
» Solidarität, Miteinander, Gemeinschaft sind Attri- bute, auf denen unsere Gesellschaft, aber auch « die Interessenvertretung der Beschäftigten basiert. æ zu r p e rson RALF SIKORSKI, Jahrgang 1961, war nach seiner Ausbildung zum Energieanlagen elektroniker auf dem Bergwerk Osterfeld/Sterkrade in Oberhausen als Elektro hauer tätig. 1980 bis 1984 war er ehrenamtlicher Jugendvertreter, danach bis 1988 Betriebsrat. Er absolvierte ein einjähriges Studium an der Sozialakademie Dortmund. Seit 1988 ist er als Gewerkschaftssekretär der IGBE/IG BCE beschäf- tigt, zunächst als Sekretär in der Abteilung Jugend und ab 1989 im damaligen Bezirk Essen. Von 1990 bis 1997 leitete er in der Hauptverwaltung der IGBE in Bochum die Abteilung Jugend. Mit Gründung der IG BCE war er bis 2003 als stellvertretender Landesbezirksleiter Hessen/Thüringen und im Anschluss als Bezirksleiter im Bezirk Ludwigshafen tätig. Von 2008 bis zu seiner Wahl in den geschäftsführenden Hauptvorstand der IG BCE 2013 war er Leiter des Landes bezirks Rheinland-Pfalz/Saarland. Ralf Sikorski ist verheiratet. 11
betriebsreportage Ein bisschen Akzo Nobel ist überall von sabine maurer Nach der Übernahme durch Akzo Nobel Er kennt den Betrieb mit seinen 300 ist das zu wenig“, meint Podstatny. Der vor acht Jahren konnten die Mitarbeiter Mitarbeitern schon seit 35 Jahren. Nachwuchs lernt in dreieinhalb Jahren des Produzenten von Massenchemie 1982 hat er bei der damaligen Hoechst den Beruf des Energieanlagen-Elektro- im Industriepark Höchst endlich wieder AG angefangen und in den folgenden nikers oder des Chemikanten. ruhig schlafen. Die Zahl der Arbeits- Jahrzehnten alle Änderungen miter- Durchs eigene Rohrsystem plätze ist schon lange konstant und in lebt. Besonders turbulent war es in zum Kunden die Modernisierung der Anlagen wurde den Jahren 1998 bis 2008, als die Fir- viel Geld investiert. ma – sie hieß damals noch LII Europe – Akzo Nobel Industrial Chemicals, wie diverse Male weiter verkauft wurde. das niederländische Unternehmen mit Es gibt vermutlich kaum einen Haus- Jeder neue Eigentümer schwächte das vollem Namen heißt, ist unter ande- halt in Deutschland, der ohne Produkte Unternehmen, bis es schließlich insol- rem ein führender Lieferant von Chlor, von Akzo Nobel auskommt. Egal, ob es vent wurde. 2009 übernahm Akzo No- Natronlauge, Salzsäure, Eisenchlorid, Nahrung, Papier, Glas, Kleidung oder bel, seitdem geht es wieder aufwärts. Monochloressigsäure und Chemikalien Waschmittel ist: Überall steckt auch für die Wasseraufbereitung. Insgesamt ein Stückchen Akzo Nobel drin. „Wir Die Zahl der Mitarbeiter ist schon seit sind in dem Konzern 1900 Menschen stellen zum Beispiel das Vorprodukt 20 Jahren nahezu konstant. Allerdings beschäftigt. für Abflussreiniger und den Rohstoff ist die Demografie in dem Unterneh- für die Teflon-Beschichtung von Pfan- men ein großes Thema. Die meisten Im Industriepark in Frankfurt-Höchst nen her“, erzählt der Betriebsratsvorsit- Mitarbeiter sind zwischen 40 und 60 werden etliche Grundchemikalien wie zende von Akzo Nobel im Industriepark Jahre alt. Jährlich werden zwei Azubis Chlor, Wasserstoff, Chloroform und Höchst, Roger Podstatny. ausgebildet. „Unserer Meinung nach Salzsäure hergestellt. Akzo Nobel ist der einzige Produzent von solcher Mas- senchemie im Industriepark. Gearbei- tet wird dort an vier Standorten, einige der Produkte müssen zum Kunden kei- nen weiten Weg zurücklegen. Die Che- mikalien werden durch Rohre zu den Unternehmen im Industriepark wie etwa Clariant oder Bayer geleitet und dort weiter verarbeitet. Akzo Nobel selbst betreibt dieses Rohrsystem, das sich durch den Industriepark zweigt. Vor wenigen Jahren hat das Unterneh- men dort seine Produktionsanlagen kostspielig modernisiert. Es gibt nun zum Beispiel ein geschlossenes Salz- lager, in dem bis zu 6000 Tonnen Salz gelagert werden können. Die frühere übliche offene Lagerung hatte für Är- ger mit mehreren Anwohnern des In- Akzo Nobel stellt im Industriepark etliche Grundchemikalien her. dustrieparks gesorgt. 12
rubrik Der Betriebsratsvorsitzende Roger Podstatny (li.) im Gespräch mit Mitarbeiter Peter Bommersheim. Zudem hat das Unternehmen sein Dieser Name für einen Betriebsbe- auf Quecksilber-Basis betriebenes reich der Firma ist eigentlich schon Chlor-Alkali-Werk auf die moderne längst Geschichte. Vor 100 Jahren Membrantechnologie umgestellt. „Es hatten die Farbwerke Hoechst hier läuft nun ohne Quecksilber und ist angefangen, Chlor herzustellen. Heu- damit energetisch deutlich günstiger te produziert Akzo Nobel an dem Ort als das frühere Amalgam-Verfahren“, aus Natronlauge Microprills. Dies sind erklärt der Diplom-Ingenieur Podstat- winzige Kügelchen mit ätzender Wir- ny, der vor drei Jahren zum Betriebs- kung, die unter anderem zu Abfluss- rats-Vorsitzenden gewählt wurde. reinigern weiter verarbeitet werden. Dadurch werde die Kapazität um fast Das Produkt verkauft das Unterneh- 50 Prozent auf etwa 250 000 Tonnen men weltweit, natürlich vor allem an Chlor jährlich gesteigert. die chemische Industrie. für uns das wichtigste Produkt“, sagt Weltweiter Verkauf von Microprills Mehrmals in der Woche legt am ei- Podstatny. Dieses Jahr geriet Akzo Nobel in die genen Hafen des Industrieparks ein Zudem ist Akzo Nobel der einzige Schlagzeilen, weil sich das Unterneh- Schiff aus den Niederlanden mit Wa- Hersteller von Wasserstoff in der men in zwei Firmen aufspalten wird. ren für Akzo Nobel an. Darin befindet Rhein-Main-Region. Der Brennstoff- Mit „Paints and Coatings“ und den sich aus unterirdischen Salzlagern zellenbus im Industriepark fährt mit „Speciality Chemicals“ entstehen zwei ausgespültes und bereits aufgearbei- dem Produkt des Unternehmens, der eigenständige Unternehmen. Auswir- tetes Siedesalz. Zwischen 2000 und Wasserstoff wird zum Beispiel auch kungen auf die Mitarbeiter in Frank- 2400 Tonnen Salz haben die Schiffe an an eine Tankstelle in der Nähe des furt werde dies nicht haben, erzählt Bord, hieraus werden von Akzo Nobel Industrieparks geliefert. „Bei dieser Podstatny in seinem Büro nahe des im Höchster Industriepark Chlor, Was- Zukunftstechnologie der Mobilität Standorts „Chlor Nord“ des Unterneh- serstoff und Natronlauge hergestellt. sind wir ein großer Baustein“, so der mens im Industriepark. „Insgesamt gesehen ist Natronlauge Betriebsratsvorsitzende. 13
meldungen aus den betrieben nach werden die Entgelte und Aus- bildungsvergütungen rückwirkend Neu bei Skytanking Schon wieder Stellenabbau zum 1. Juli 2017 um zwei Prozent Die Sun Jet Services gehört seit Der britische Telefonkonzern British erhöht. Zudem wurden im Septem- diesem Herbst zu dem Hambur- Telecom (BT) will in Deutschland ber 200 Euro extra ausbezahlt, die ger Unternehmen Skytanking. „Im rund 130 Arbeitsplätze abbauen. Azubis erhielten 100 Euro zusätz- Dezember werden wir mit den Ta- „Damit wäre etwa jede siebte Stel- lich. Zum 1. Januar 2018 und 1. Janu- rifverhandlungen für den Stand- le betroffen“, sagte der Vorsitzende ar 2019 werden die Gelder jeweils ort Frankfurt beginnen“, sagte der des Gesamtbetriebsrats, Joachim noch einmal um je zwei Prozent zuständige Gewerkschaftssekretär Gschwendtner. Die meisten dieser erhöht. Zudem wurde vereinbart, Mick Chattellon. Sun Jet Services Arbeitsplätze sollen aus Kosten- dass innerhalb der Laufzeit des Ta- firmiert nun als GmbH, ansonsten gründen nach Ungarn verlagert rifvertrages jedes Jahr mindestens bleibt der Firmenname unverän- fünf Ausbildungsplätze angeboten dert. Bei dem Spezialunternehmen werden. Der Tarifvertrag gilt bis zum für die Betankung von Flugzeugen 31. Dezember 2019. arbeiten am Frankfurter Flughafen etwa 65 Menschen. Neuer Chef bei Stada Der neue Vorstandschef des Arznei- BASF liebäugelt mittelherstellers Stada, Claudio mit Basta Albrecht, hat erklärt, dass keine Ar- beitsplätze in Gefahr seien. „Es soll Bayer hat mit dem Chemiekonzern werden, etwa ein Drittel soll ganz kein Stellenabbau erfolgen. Wie es BASF einen Vorvertrag zur Übernah- abgebaut werden. Es ist die dritte mit der Wiederbesetzung von of- me der Produktion des Unkrautver- Kündigungswelle bei der BT Germa- fenen oder frei werdenden Stellen nichters Basta unterschrieben. Ob ny innerhalb von fünf Jahren. aussieht, bleibt abzuwarten“, sagte das Ludwigshafener Unternehmen Einer der beiden größten Standorte der zuständige Gewerkschaftsse- tatsächlich der neue Eigentümer in Deutschland ist Eschborn, hier ar- kretär Alexander Wiesbach. Er hofft, wird, hängt davon ab, ob die Be- beiten derzeit noch 300 Menschen. dass auch mit dem neuen Chef der hörden der Monsanto-Übernahme Deutschlandweit sind knapp über sozialpartnerschaftliche Umgang durch Bayer zustimmen werden – 800 Mitarbeiter tätig, vor fünf Jah- weiter gepflegt wird. denn nur dann müsste Bayer aus ren waren es noch 1000 gewesen. kartellrechtlichen Gründen die Bas- Für dieses Jahr hat Stada sich einen Betriebsrat und Geschäftsführung ta-Produktion abstoßen. Bis zum 22. Umsatz zwischen 2,28 und 2,35 Mil- werden im Rahmen einer Einigungs- Januar muss die Entscheidung der liarden Euro vorgenommen, es ist stelle über einen Interessensaus- Behörden vorliegen. Betroffen von ein Gewinn von 195 bis 205 Milli- gleich verhandeln, einen Termin gab einem Eigentümer-Wechsel wären onen Euro angepeilt. Bis zum Jahr es bei Redaktionsschluss noch nicht. maximal vier Bayer-Standorte in Deutschland mit etwa 300 Mitar- beitern, am Standort in Frankfurt wären es rund 100 Mitarbeiter. Die Endlich Tarifvertrag mit Fischer meisten Kollegen hätten den Vorver- trag mit der BASF mit Erleichterung Die Tarifkommission der IG BCE hat zur Kenntnis genommen, erzählte mit der Firma Fischer Surface Tech- die stellvertretende Betriebsratsvor- nologies einen Tarifvertrag abge- sitzende Marianne Maehl. „Die Kol- schlossen. In der vierten Runde der legen hatten schon befürchtet, ein schwierigen Verhandlungen konnte Finanzinvestor könne einsteigen.“ eine Einigung erzielt werden. Da- 14
einer von uns 2019 sollen die Zahlen noch einmal deutlich höher werden. Der letzte Jahresumsatz von Stada lag bei 2,1 Milliarden Euro. Um diese Ziele zu erreichen, will der Hersteller von Generika und rezeptfreien Mar- kenprodukten wie Mobilat unter anderem Kosten senken und neue Produkte auf den internationalen Markt bringen. Bilfinger zahlt Chemie- tarifförderung nach Hans-Joachim Mühle Auf Karambolagekurs Mehrere hundert Beschäftig- te bei Bilfinger können sich über eine Nachzahlung der Chemie tarifförderung freuen. „Für die Jahre Hans-Joachim Mühle fährt gerne Autos zu Schrott. Das ist das große 2015 und 2016 wird das Geld nach- Hobby des Mannes, der als Chemikant bei der Clariant arbeitet. Aller- träglich überwiesen“, berichtete der dings sind die Wagen auch schon vorher nicht mehr im allerbesten Betriebsratsvorsitzende Heinz-Ger- Zustand. Mühle kauft sie für maximal 300 Euro, räumt sie fast kom- hard Adam. „Damit hat sich die Ge- plett aus – und fährt mit ihnen Karambolagerennen. Und das schon seit 20 Jahren. „Wer das einmal gemacht hat, ist verloren. Es macht so viel Spaß“, schwärmt der 58-Jährige aus Weilrod im Taunus. Bei den so genannten Stockcar-Rennen wird gegeneinander gefah- ren. Sieger wird nicht der schnellste Fahrer, sondern derjenige mit der höchsten Punktzahl. Belohnt wird etwa, wenn der andere blockiert wird. Die Höchstpunktzahl von 50 gibt es, wenn ein anderes Auto zum Überschlag gebracht wurde. Sonderlich gefährlich sei das nicht, meint Mühle, der sein Hobby und die damit verbundene Liebe zu einem ho- hen Adrenalinspiegel mit seinem Sohn Renee teilt. Schließlich seien die Autos entkernt, in den Wagen gebe es weder Scheiben noch Kunst- stoff. Außerdem sitze der Fahrer in seinem feuersicheren Anzug mit Halskrause, Helm und Brille sicher angegurtet in einem speziellen Sitz. schäftsleitung nach Gesprächen mit „Mein Auto hat sich hintereinander schon vier Mal überschlagen. Es uns nun doch noch auf den richtigen ist auf den Reifen gelandet und ich bin weitergefahren“, erzählt er. Weg gemacht.“ Fast jeder vierte Sein Hobby hat ihm nicht nur Mitarbeiter hatte in den vergan- viel Spaß, sondern auch den genen Jahren einen Teil der vermö- Kontakt mit dem Ex-Fern- genswirksamen Leistungen, der so sehmoderator Stefan Raab genannten Chemietarifförderung, eingebracht. Dieser hatte ohne Angaben von Gründen nicht gemeinsam mit Mühle’s Ver- bekommen. Rechtlich gab es keinen ein, dem MSC Crazy Horses, Anspruch auf eine Nachzahlung. das „TV total Stock Car Crash Betroffen hiervon waren etwa 200 Challenge“ veranstaltet. der insgesamt 750 Mitarbeiter am Standort Höchst. sabine maurer 15
finale à t er m in e wir für euch 14. Dezember 2017 Wahlvorstandsschulung Überzeugung statt Überredung Betriebsratswahlen 24. Dezember 2017 – 13. Januar 2018 Dass es wichtig und vorteilhaft ist, Ge- Weihnachtsferien in Hessen werkschaftsmitglied zu sein, davon will und kann Said Nasri auch andere über- 25. Januar 2018 zeugen. Empfang zur Einleitung der Betriebs ratswahlen 2018 mit Ralf Sikorski Der Ausbildungsbeauftragte der Firma in der Hofheimer Stadthalle Essity wirbt nicht nur gerne neue Mit- glieder für die IG BCE. Er hat auch schon 1. März – 31. Mai 2018 Leute zurückgewinnen können, die der Betriebsratswahlen Organisation den Rücken gekehrt hat- 8. März 2018 ten. Als die wichtigste Voraussetzung Internationaler Frauentag dafür sieht er das Vertrauen der Be- legschaft. Das konnte sich der Papier- techniker-Meister über einen langen Heute sei das Grundverständnis ein Zeitraum erwerben: Seit 16 Jahren ist er anderes, erklärt Nasri: „Die Leute müs- je tz t m it g li ed Betriebsrat in der Kostheimer Hygiene- sen erst aufgeklärt und überzeugt wer- w er d en ! papierfabrik. Davor war er lange Ver- den.“ Dafür sucht sich der Betriebsrat n .i gb ce .d e trauensmann. „Die Leute wissen, dass bestimmte Momente bei Treffen mit w w w .r h ei n -m ai sie mit mir reden können und dass ich Kollegen außerhalb der Arbeit aus. Bei ihnen keine falschen Versprechungen den meist noch minderjährigen Aus- mache“, betont der 56-Jährige seinen zubildenden hält er sich wegen seiner Realitätssinn. Autoritätsrolle ganz zurück: „Ich schi- cke sie ins Betriebsratsbüro und sage Nie würde er jemanden überreden oder ihnen, wenn ihr dann noch weitere Fra- einfach ein Beitrittsformular vor die gen habt, kann ich euch helfen. Aber die Nase legen, wie das früher durchaus Entscheidung, ob ihr Gewerkschafts- üblich war. Amüsiert erzählt er, wie sein mitglied werdet, liegt allein bei euch.“ eigener Gewerkschaftseintritt 1980 ab- Eine gewisse Hartnäckigkeit und ein lief, als er mit 19 Jahren in dem traditi- langer Atem gehörten allerdings auch onell gut organisierten Unternehmen zur erfolgreichen Überzeugungsarbeit. anfing: „Im Betriebsratsbüro hat man mir zwei Fragen gestellt: Kannst du Seine freie Zeit verbringt der dreifache Fußball spielen? – Ja. - Gut, dann hier Familienvater am liebsten zuhause in beim Betriebsfußball einschreiben. Bist Mainz-Bischofsheim mit der Familie du an der Gewerkschaft interessiert? - und den Enkelkindern. Er geht auch Was ist das? – Erkläre ich dir später. Hier gerne Laufen oder arbeitet in seinem unterschreiben.“ Garten. renate hebauf à ausblick 1/2018 BS- BETRIE HLEN Zum Auftakt der Betriebsratswahlen 2018 wollen wir mit einem A 2018 RATSW Schwerpunkt dieser Ausgabe die Wahlkampagne der IG BCE in den Betrieben unterstützen. Denn auch diesmal will die IG BCE wieder vie- le Mandate erringenen, um gestärkt in den kommenden vier Jahren HT’S! die betriebliche Mitbestimmung zu gestalten. AUF GE
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