REVIEW-BERICHT FORSCHUNGS- UND TRANSFER PROJEKT RÜSTUNGSKONTROLLE UND NEUE TECHNOLOGIEN - Institut für Friedensforschung und ...
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IFSH Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg REVIEW-BERICHT FORSCHUNGS- UND TRANSFERPROJEKT RÜSTUNGSKONTROLLE UND NEUE TECHNOLOGIEN MAI 2021 ifsh.de 3
INHALT Einleitung 7 1 Bisherige Projektarbeit 2019–2021 9 1.1 Management und Organisation des Projekts 9 1.2 Forschung 11 1.3 Vernetzung und Nachwuchsförderung 16 1.4 Wissenstransfer 19 2 Zukünftige Projektarbeit 24 2.1 Ordnungen 24 2.2 Neue Technologien 26 2.3 Narrative 27 Schlusswort 31 Annex I: Projektpersonal 33 Annex II: Projekt-Output 35 4
Der vorliegende Bericht wurde im Rahmen des vom Auswärtigen Amt initiierten Review- Verfahrens zur Einschätzung des „Forschungs- und Transferprojekts Rüstungskontrolle und Neue Technologien“ am Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg (IFSH) vom IFSH-Projektpersonal erstellt. Weitergehende Informationen über das Projekt finden sich in den dem Panel zugänglichen Dokumenten, welche unter Punkt 5 der „Terms of Reference“ aufgelistet sind. 5
EINLEITUNG EINLEITUNG Als das „Forschungs- und Transferprojekt Rüstungskontrolle und Neue Technologien“ im Januar 2019 seine Arbeit aufnahm, stellte sich die Lage der internationalen Rüstungskontrolle und der deut- schen Rüstungskontrollforschung wie folgt dar. Auf politischer Ebene nahm die seit Jahren voranschreitende Erosion vertraglich vereinbar- ter Rüstungskontrolle noch einmal an Fahrt auf. Nach einer ersten deutlichen Schwächung zu Beginn des 21. Jahrhunderts – in Form der US-amerikanischen Vertragskündigung des „Vertrags zur Begrenzung von Raketenabwehrsystemen“ (ABM) und der russi- schen Suspendierung des „Konventionelle Streitkräfte in Europa“ (KSE) Regimes – zeichnete sich unter der Regierung Trump eine zweite Welle der Rüstungskontrollabkehr ab. Ins Blickfeld gerieten dabei zunächst die Wiener Vereinbarung mit dem Iran (JCPoA) und der „Mittelstreckenvertrag“ (INF-Vertrag). Diese fortschreitende Erosion der institutionalisier- Vor diesem Hintergrund entschied das Auswärtige ten Rüstungskontrolle erhöhte gleichzeitig den Amt (AA), vertreten durch den Planungsstab, am Bedarf nach wissenschaftlich fundierter Expertise, IFSH ein mehrjähriges Großprojekt zu „Rüstungs- beispielsweise bei der Erforschung der Ursachen kontrolle und Neuen Technologien“ zu fördern. Die der Krise, wie auch den Bedingungen für erfolgrei- über Jahrzehnte gewachsene und institutionalisier- che Rüstungskontrolle im neuen Jahrtausend. Der te Rüstungskontrollexpertise des IFSH, gerade steigenden Nachfrage nach Forschung und der auch im Bereich der Naturwissenschaften, gaben Vermittlung von Wissen in die Breite der Gesell- dafür den Ausschlag. schaft, stand in Deutschland eine seit Jahren schrumpfende Rüstungskontroll-Community Der vorliegende Bericht gliedert sich in zwei Teile. gegenüber. Gründe hierfür waren Verrentung Der erste Teil gibt einen Überblick über die bishe- sowie geringe oder fehlende Finanzierung, rige Projektarbeit im Berichtszeitraum von Januar gekoppelt mit verminderten Karrierechancen in 2019 bis Ende April 2021. Der zweite Teil gibt der Rüstungskontrollforschung. Hinzu kam, dass einen Ausblick auf zukünftige Forschungsfelder die Rüstungskontrolle häufig nicht oder nur wenig und Forschungsfragen der wissenschaftlichen auf der internationalen Forschungsagenda stand Projektarbeit, sowohl im noch verbleibenden Pro- und die deutsche Rüstungskontrollforschung jektzeitraum bis Ende 2022, als auch im Hinblick weniger mit dem internationalen Forschungsfeld auf die Entwicklung möglicher weiterführender vernetzt war. Fragestellungen über die Projektlaufzeit hinaus. 7
BISHERIGE PROJEKTARBEIT 2019–2021 BISHERIGE PROJEKTARBEIT 2019–2021 Das „Forschungs- und Transferprojekt Rüstungskontrolle und Neue Technologien“ unter der Leitung von Dr. Ulrich Kühn ist nicht nur das größte in Deutschland jemals geförderte Projekt im Forschungsfeld der Rüstungskontrolle; es ist auch das größte geförderte Forschungsprojekt in der 50-jährigen Geschichte des IFSH. Es schließt an die duale Tradition des IFSH an: das Projekt betreibt sowohl interdisziplinäre Grundlagenforschung als auch aktiven Wissenstransfer in Politik und Gesellschaft und sieht eine ganze Reihe für das IFSH neuer Transfermaßnahmen mit gesellschaftlichem und politischem Mehrwert vor. Im Folgenden werden Management und Organisation des Projekts erläutert, sowie die bisherigen Maßnah- men in den Bereichen Forschung, Vernetzung und Nachwuchsförderung sowie Wissenstransfer im Zeitraum 2019 bis 2021 eingehender beschrieben. 1.1 MANAGEMENT UND ORGANISATION DES PROJEKTS Eines der zentralen Anliegen des Projekts ist laut Weitere Einstellungskriterien waren u.a. Interdiszi- Zuwendungsantrag der erneute Aufbau internatio- plinarität (v.a. aus den Naturwissenschaften), nal anerkannter wissenschaftlicher Expertise im Internationalität, die Förderung von Frauen und Forschungsfeld „Rüstungskontrolle und Neue eine Affinität für den Wissenstransfer. Technologien“, einschließlich des Nachwuchsbe- reichs. Folglich lag ein Hauptaugenmerk bei der Mit über 150 Bewerbungen aus allen fünf Konti- Rekrutierung des Projektpersonals auf Wissen- nenten auf die zunächst acht ausgeschriebenen schaftler*innen mit zeitnah abgeschlossenen oder wissenschaftlichen Stellen fiel das internationale abzuschließenden Promotionen. Echo sehr stark aus. Um nach dem Prinzip der Bestenauslese die stärksten Kandidat*innen in das Projektteam aufnehmen zu können, einigte man sich in Einzelfällen auf einen teils späteren Stellen- LAUFZEIT UND ZIEL antritt im Verlauf des Jahres 2019. Im vierten Projektlaufzeit: 2019–2022. Quartal 2019 war das wissenschaftliche Team, welches zunächst aus drei Frauen und sieben Män- Oberziel: nern – darunter vier Naturwissenschaftler*innen – „Deutsche Forschung sowie Außen- und bestand, komplett. Darüber hinaus waren im Sicherheitspolitik spielen im Themenfeld Projekt vier Nationalitäten vertreten. Das Personal Rüstungskontrolle, Abrüstung und stieß aus renommierten Forschungsinstitutionen Risikotechnologien eine national und aus u.a. Melbourne, Oxford, Paris, Prag, Princeton international bedeutende Rolle bei der und St. Gallen zum IFSH. Um für die internationa- Analyse und Politikformulierung und leisten len Kolleg*innen einen reibungslosen Arbeitsalltag so einen Beitrag zur Konfliktprävention und garantieren zu können, wurden sämtliche Verwal- Friedenssicherung.“ (Zuwendungsantrag, tungsprozesse des IFSH auch auf Englisch umge- „Log frame“, Januar 2019.) stellt. Die Arbeitssprache im Projekt ist durchgän- gig Englisch. 9
BISHERIGE PROJEKTARBEIT 2019–2021 Der feierliche Projektbeginn fand im Mai 2019 im Hamburger Rathaus statt. V.l.n.r.: Staatsminister Niels Annen, Prof. Dr. Ursula Schröder, Außenminister Lettlands Edgars Rinkevics, Bundesaußenminister Heiko Maas und Erster Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg Peter Tschentscher. © Michael Zapf Als unabdingbar für die Arbeit erwiesen sich rument, welches, jeweils aktualisiert, Teil der gerade anfangs engmaschige Steuerungs- und jährlichen Zwischenverwendungsnachweise ist. Monitoringprozesse, wie ein wöchentlicher Jour Fixe mit dem Projektteam, die Erstellung individu- eller Arbeitspläne, ein zweitägiges Retreat zur FINANZEN UND OUTREACH inhaltlichen Bestimmung im Oktober 2019 sowie Gesamtfördervolumen AA: 3.976.138,02 Euro die gemeinsame Vorbereitung und Entwicklung zusätzliche Drittmittel BWFGB: eines ersten Jahresprogramms für das Jahr 2020. 450.000,00 Euro Neben regelmäßigen persönlichen Besprechungen zwischen Projektleitung und dem Planungsstab y Emailverteiler mit ~2.000 in- und ausländi- des AA, wurde auch eine jährliche Planungssit- schen Adressen; zung mit dem gesamten Team und dem Planungs- y Twitter-Accounts von @DrUlrichKuehn und stab vereinbart. Darüber hinaus pflegt das Projekt @IFSHHamburg mit ~10.000 Follower*innen; enge Arbeitsbeziehungen zur Fachabteilung im AA y mtl. englischsprachiger Projektnewsletter (OR) und zu thematisch befassten Fachreferaten. mit ~1.800 Abonnent*innen; Ein zusammen mit dem AA im Zuwendungsantrag beschlossenes Dokument zur Ergebnisdokumenta- y Pflege einer Journalist*innen-Liste und ihrer tion und -überprüfung („Log frame“) dient seit Twitter-Handles mit ~400 Namen. Beginn des Projekts als zentrales Steuerungsinst- 10
BISHERIGE PROJEKTARBEIT 2019–2021 Als neue Herausforderung erwies sich der erst erwies sich gerade in der Corona-Pandemie als malige Aufbau und die Etablierung eines unerlässlich. Berliner Büros des IFSH, welches laut Zuwen- dungsantrag die Transferaktivitäten des For- Um einerseits eine gemeinschaftliche Teamatmo- schungsteams in Berlin bündeln und den regel sphäre auch räumlich herzustellen und anderer- mäßigen Austausch mit Politik (v.a. AA und seits die begrenzten Raumkapazitäten des IFSH in Bundestag), Zivilgesellschaft und Medien gestal- Hamburg zu entlasten, wurden eigene Büroräume ten soll. Die entsprechende Leitungsposition für das Projekt in fußläufiger Nähe zum IFSH- konnte zum September 2019 mit einer langjährigen Hauptgebäude angemietet. Die dadurch anfallen- Mitarbeiterin im Deutschen Bundestag, Dr. Pia den Kosten, sowie die Kosten für die Anmietung Fuhrhop, besetzt werden. des Berliner Büros wurden durch Ko-finanzierung der Hamburger Behörde für Wissenschaft, Für den reibungslosen und regelmäßigen Aus- Forschung, Gleichstellung und Bezirke (BWFGB) tausch mit dem Berliner Büro, welches in seiner abgedeckt. Sämtliche Projektprozesse im Bereich Arbeit ebenfalls durch eine nicht-wissenschaftliche Steuerung, Verwaltung und Monitoring werden Mitarbeiterin unterstützt wird, wurde eine virtuelle durch einen nicht-wissenschaftlichen Mitarbeiter Video- und Konferenzumgebung beschafft. Diese unterstützt. 1.2 FORSCHUNG Laut Zuwendungsantrag sind für das Projekt vier Friedens- und Sicherheitsordnung vorgesehen. Der thematische Forschungsvorhaben zu Massenver- wissenschaftliche Mehrwert besteht dabei gerade nichtungswaffen, Neuen Technologien, konventio- in der teils engen inhaltlichen Verzahnung der vier neller Rüstungskontrolle und der europäischen thematischen Vorhaben. INHALTLICHE STRUKTUR Vier Forschungsvorhaben: 1. „Nukleare Rüstungskontrolle und Massenvernichtungswaffen“, 2. „Emerging technologies und präventive Rüstungskontrolle“, 3. „Konventionelle Rüstungskontrolle“, 4. „Zukunftsfragen der europäischen Friedens- und Sicherheitsordnung“; Vorhaben 4 verortet die drei Rüstungskontrollvorhaben in den jeweiligen europäischen Institutio- nen (NATO, EU, OSZE). 11
BISHERIGE PROJEKTARBEIT 2019–2021 VORHABEN 1: Beteiligung chinesischer, russischer und ameri- „NUKLEARE RÜSTUNGSKONTROLLE kanischer Experten, veröffentlicht von Dr. Kühn. UND MASSENVERNICHTUNGSWAFFEN“ Die Ergebnisse der Studie belegen einerseits die technische Machbarkeit sog. strategisch/ In Vorhaben 1 fokussierte sich die Forschung des sub-strategischer Misch-Obergrenzen. Anderer- Teams im Berichtszeitraum u.a. auf die Themen seits verweisen die Autoren gleichzeitig auf die Verifikation und Monitoring, Rüstungskontrolle immensen politischen Hindernisse zur Errei- zwischen den USA, Russland und China, und auf chung trilateraler Rüstungskontrolle. Deutschlands Beiträge zur nuklearen Rüstungs- kontrolle und Abrüstung. Mit der zusätzlichen Anstellung von Dr. Oliver Meier, einem der führen- den deutschen Rüstungskontrollexperten, konnte das Themenportfolio um die Kontrolle chemischer Waffen erweitert werden. Im Folgenden werden einige ausgewählte Forschungsstränge in Vorha- ben 1 und ihr wissenschaftlicher Mehrwert schlag- lichtartig vorgestellt: Verifikation und Monitoring: Vor dem Hinter- y grund des Endes des INF-Vertrags stellt sich die politisch brisante wie technisch anspruchsvolle Frage, wie auch jenseits eines Vertrages ein Monitoring russischer INF-Raketen möglich ist. Hierzu entwickelte das Forschungsteam um den Physiker Dr. Moritz Kütt einen innovativen geographischen Monitoring-Ansatz, der auf satelliten-basierter Fernsensorik aufbaut. Eine Der IFSH Research Report zur trilateralen Rüstungskont- Veröffentlichung der Ergebnisse dieser naturwis- rolle mit Beiträgen chinesischer, russischer und amerikani- scher Experten war der weltweit erste Forschungsbericht senschaftlich induzierten Grundlagenforschung, zu diesem Thema. © IFSH die bereits vom AA angefragt wurde, ist für Ende 2021 in einem referierten Fachjournal der Naturwissenschaften vorgesehen. Deutschlands Beitrag zur nuklearen Rüs- y tungskontrolle: Gegenstand der Forschung Rüstungskontrolle zwischen den Großmäch- y waren hier sowohl Deutschlands Verhältnis zu ten: Mit dem heraufziehenden Großmächtekon- dem neuen Vertragsinstrument des Atomwaffen- flikt zwischen den USA und China stellt sich für verbotsvertrags (AVV), die kritische Auseinander- die Forschung die Frage nach der Zukunft des setzung mit Deutschlands Rolle in der erweiter- Prinzips „strategischer Stabilität“ und einer ten Abschreckungsstrategie der USA, als auch möglichen vertraglichen Einbindung Chinas in Berlins Beitrag in diversen neuen multi- und pluri- die bislang bilateralen nuklearen Rüstungskont- lateralen Abrüstungs- und Rüstungskontrollfor- rollregime zwischen den USA und Russland. maten. Diverse Fachveröffentlichungen des Diesem Thema widmete sich die weltweit erste Teams, u.a. in den von der Bundesregierung ausführliche und breit rezipierte Fachstudie unter erbetenen Impulsen zum künftigen „Weißbuch 12
BISHERIGE PROJEKTARBEIT 2019–2021 Multilateralismus“, thematisierten dabei das Spannungsverhältnis zwischen Deutschlands Bündnisverpflichtungen in der NATO und den von Berlin initiierten multilateralen Abrüstungs- initiativen. Ein gemeinsam veröffentlichter Plan für ein „Aufrüstungsmoratorium“ für Europa wurde sowohl in deutschen wie englischsprachi- gen Fachpublikationen dargelegt. VORHABEN 2: „EMERGING TECHNOLOGIES UND PRÄVENTIVE RÜSTUNGSKONTROLLE“ In Vorhaben 2 liegt der Forschungsfokus des Teams vor allem auf den Wechselwirkungen zwischen der Nutzung neuer Technologien für Neil Renics Monographie bei Oxford University Press militärische Zwecke (bspw. von Künstlicher fokussiert auf die sich verändernde Kriegsführung, Intelligenz, teil- oder vollautonomen Waffensyste- einschließlich des Aufstiegs unbemannter Drohnen und men oder im Cyberbereich) und den etablierten der Verlagerung auf distanzierte und scheinbar „risikolo- Regeln und Normen humanitärer Rüstungskon se“ Tötungsarten. © OUP trolle. Im Folgenden werden einige ausgewählte Forschungsstränge in Vorhaben 2 und ihr wissen- Künstliche Intelligenz (KI) und militärische y schaftlicher Mehrwert schlaglichtartig vorgestellt: Nutzung: Der vermehrte Einsatz von KI für militärische Zwecke verändert sowohl das Regulierung autonomer Waffensysteme und y militärische Einsatzverhalten als auch die weiterer „Neuer Technologien“: Teil- oder potenziellen Eskalationsgefahren in akuten militä- vollautonome Waffensysteme (LAWS) stellen die rischer Krisen. Um zunächst einen besseren Staatengemeinschaft vor erhebliche Herausfor- Überblick über die verschiedenen technischen derungen und drohen wichtige Prinzipien des Anwendungsbereiche von KI für militärische humanitären Völkerrechts zu unterminieren. Zwecke zu gewinnen, standen im Forschungsfo- Dr. Neil Renics Forschung konzentriert sich kus von Dr. Christian Alwardt im Rahmen eines deshalb auch auf die besonders entmensch im Oktober 2019 gestarteten Projekts zu KI lichenden Aspekte gezielter Tötungen und das sowohl die Nutzungsanalyse einer wachsenden zunehmende Verwischen der vormaligen Krieg/ Menge sensorgenerierter Daten als auch die Frieden-Distinktion. Ein weiterer Schwerpunkt damit verbundenen Fähigkeiten moderner seiner Arbeit liegt auf der Erforschung des Waffenplattformen. richtigen Zeitpunkts für die erfolgreiche Regulie- rung neuer Kriegstechnologien durch die inter- Unregulierte Formen der Rüstungskontrolle y nationale Staatengemeinschaft. Dafür werden im Cyberspace: Unsicherheit im Cyberspace intensiv historische Vergleiche aus der präventi- definiert sich häufig primär über die Unkenntnis ven Rüstungskontrolle, bspw. die erfolgreiche potenzieller Angriffsvektoren. So wussten die Regulierung von Blend-Lasern, untersucht. infiltrierten US-Regierungsstellen nicht, dass die 13
BISHERIGE PROJEKTARBEIT 2019–2021 Systeme eines Zulieferunternehmens („Solar- VORHABEN 3: Winds“) teils seit Jahren kompromittiert waren. „KONVENTIONELLE Die Möglichkeiten der Rüstungskontrolle von RÜSTUNGSKONTROLLE“ Cyberwaffen in diesem Zusammenhang fristen in der Forschung noch immer ein Nischendasein, In Vorhaben 3 war der Forschungsfokus von auch da die klassischen Konzepte der Rüstungs- Dr. Alexander Graef zunächst v.a. auf die konzep- kontrolle oft nicht greifen. Im Rahmen ihrer tionelle Neugestaltung und Modernisierung der Forschung zu nicht-regierungsgesteuerten sog. krisenhaften Regimestruktur konventioneller „bottom up“ Initiativen zur gemeinschaftlichen Rüstungskontrolle im Rahmen der OSZE ausge- Identifizierung, Warnung und Schließung poten- richtet. Im Laufe des Jahres 2020 verlangte jedoch tieller Angriffszugänge durch die Zivilgesellschaft die unerwartet auftretende Krise des „Vertrags erforschte Jantje Silomon auch das damit über den Offenen Himmel“ („Open Skies“) eine theoretisch einhergehende Potenzial für Rüs- intensive Befassung und Beratung. Im Folgenden tungskontrolle im Cyberspace.1 werden einige ausgewählte thematische For- schungsstränge in Vorhaben 3 und ihr wissen- schaftlicher Mehrwert schlaglichtartig vorgestellt: 1 M it der Etablierung des ebenfalls vom AA geförderten For- schungsschwerpunkts „Internationale Cybersicherheit“ am Auswertung und Visualisierung der „Open y IFSH und der Vermeidung einer möglichen Doppelförderung, Skies“ Flugquoten: Der sich seit Ende 2019 wurde die Arbeit zu Cyberthemen im hier vorliegenden Projekt andeutende Vertragsausstieg der USA aus dem ab Dezember 2020 eingestellt. Vertragswerk warf die Frage auf, inwieweit euro- päische Staaten und Deutschland ein Interesse an der Fortführung des Vertrags haben. Mittels eines neuartigen Visualisierungstools und Die Webseite openskies.flights von Alexander Graef visualisiert die Flugquoten der Teilnehmerstaaten des „Vertrags über den offenen Himmel“. © IFSH 14
BISHERIGE PROJEKTARBEIT 2019–2021 einer eigenen Informationswebseite gelang es Vorhaben 4 und ihr wissenschaftlicher Mehrwert Dr. Graef in Kooperation mit Dr. Kütt, die länder- schlaglichtartig vorgestellt: spezifischen Flugquoten exakt aufzuschlüsseln und somit argumentative Erkenntnisse über die Forschung zu „strategischer Autonomie“: y fortdauernde vertrauensbildende Rolle des Vor dem Hintergrund der Debatte um Europas Vertrags zu gewinnen. National, als auch interna- „strategische Autonomie“ stellt sich die For- tional generierte dieser Ansatz sowohl in der schungsfrage nach den eigentlichen Partnern Fachcommunity, als auch in den Medien erheb- und ihren Interessen in Bezug auf eine mögliche liche Resonanz. Stärkung europäischer Verteidigungspolitiken. Dazu untersuchte Dr. Barbara Kunz in ihren y Zukunft konventioneller Rüstungskontrolle: Forschungen u.a. deutsch-französische Gemein- Vor dem Hintergrund der Erosion des KSE- samkeiten und Unterschiede. Ein Hauptaugen- Regimes und der gleichzeitigen Rückkehr konven- merk lag dabei einerseits auf der noch immer tioneller Abschreckung in den NATO-Russland vorrangigen Sicherheitsorientierung Europas an Kontaktzonen erforschte Dr. Graef den konkreten den USA und andererseits auf den eher vagen Mehrwert von Transparenz- und Risikominimie- französischen Vorschlägen für eine europäische rungsmaßnahmen im baltischen Raum. Eine aus nukleare Abschreckung unter Führung Paris’. dieser Forschung resultierende kooperative Veröf- fentlichung mit einem Kollegen der „Hessischen (Un)cancelling the Future: Die sich verstär y Stiftung Friedens- und Konfliktforschung“ (HSFK) kende Versicherheitlichung („securitization“) erscheint in der zweiten Jahreshälfte 2021. außenpolitischer Diskurse – nicht nur in Europa – und die damit einhergehende negative Wahr- nehmung einer scheinbar immer unsicher VORHABEN 4: werdenden Welt, waren der Ausgangspunkt „ZUKUNFTSFRAGEN DER einer von Dr. Benjamin Tallis herausgegebenen EUROPÄISCHEN FRIEDENS- UND Sonderausgabe des internationalen Fachjournals SICHERHEITSORDNUNG“ „New Perspectives“. Aufbauend auf einer in Hamburg ausgerichteten Konferenz zur In Vorhaben 4 lag der Fokus auf der Analyse der „(Un)Sicherheit“ in den internationalen Beziehun- Möglichkeiten und Grenzen des Konzeptes einer gen, versammelten sich in dieser Sonderausga- „strategischen Autonomie“ Europas. In Anbetracht be v.a. jüngere Autor*innen und fokussierten u.a. der schweren Fahrwasser, in die sich das transat- auf neue Aspekte der Kriegsführung in sog. lantische Verhältnis unter Präsident Trump bege- „Grauzonen“ und die verteidigungspolitischen ben hat, hat die ursprünglich vom französischen Herausforderungen und Chancen Europas. Präsidenten Emanuel Macron angestoßene Debatte über die Notwendigkeit größerer europäi- scher Unabhängigkeit in der Außen- und Sicher- GESAMTE PUBLIKATIONEN heitspolitik voll Fahrt aufgenommen. In diesem y Wissenschaftliche Publikationen: 72 Kontext geht es nicht nur um die praktischen Möglichkeiten und Hürden für mehr Kooperation in y Referierte und „Web of Science“-gelistete Europa, sondern auch um die Frage, wie die EU wissenschaftliche Publikationen: 24 eigene, möglicherweise stärker positiv konnotierte y Sonstige Publikationen Sicherheitsnarrative entwickelt. Im Folgenden (Policy Briefs, Reports, Op-eds): 80 werden einige ausgewählte Forschungsstränge in 15
BISHERIGE PROJEKTARBEIT 2019–2021 Workshop-Teilnehmer*innen der Konferenz „Hamburg (Insecurity) Sessions“ im November 2019. © Katja Ruge 1.3 VERNETZUNG UND NACHWUCHSFÖRDERUNG Laut Zuwendungsantrag besteht ein Kernanliegen Fachpublikum vorzustellen, organisierte und der Förderung des Projekts darin, die deutsche veranstaltete das Projektteam zwei große Konfe- Rüstungskontrollexpertise wieder stärker unterein- renzen in Hamburg. Die im November 2019 ander und v.a. international zu vernetzen. Mittels veranstalteten „Hamburg (Insecurity) Sessions“ wissenschaftlicher Konferenzen, kooperativer waren eine zweitägige Konferenz an den Schnitt- Forschungen und Antragsausarbeitungen, sowie stellen von IB-Forschung und Policy-relevanter durch neue Netzwerke und die gezielte Anbindung Analyse. Dabei arbeiteten die über 100 nationalen internationaler Wissenschaftler*innen an die Arbeit und internationalen Teilnehmer*innen aus Wissen- des IFSH soll so einer möglichen fachlichen schaft, Politik, Medien und der Zivilgesellschaft in Abkapselung der deutschen Rüstungskontrollfor- diversen thematischen Workshops, u.a. zum Nexus schung entgegengewirkt und der wissenschaftli- zukünftiger Geopolitik und dem Einfluss „Neuer che Mehrwert des Projekts erhöht werden. Gleich- Technologien“. Um gezielt auch dem Nachwuchs zeitig soll dabei insbesondere der Nachwuchs eine Rolle bei der Konferenz zu geben, konnten gefördert werden. sich Doktorand*innen, Forschungsassistent*innen und andere junge Expert*innen über einen „Future Um das Projekt binnen kurzer Zeit einem mög- Leaders“ Track im Vorfeld der Konferenz bewer- lichst breiten nationalen und internationalen ben, um dann als Diskutant*innen die verschiede- 16
BISHERIGE PROJEKTARBEIT 2019–2021 Die Veranstalter*innen der Konferenz „Nuclear Studies Research Initiative“, v.l.n.r. Prof. Dr. Jane Vaynman, Dr. Ulrich Kühn, Ehrengast Prof. Wolfgang Ischinger, Prof. Dr. Francis Gavin. © Sonja Objartel/IFSH nen Panel zu bereichern. Ein Ergebnis der Konfe- jüngerer Wissenschaftler*innen ihre gerade renz war die bereits erwähnte Journal-Sonderaus- begonnenen Dissertationsvorhaben. Dabei trat gabe „(Un)cancelling the Future“, die gerade auch unter anderem zu Tage, wie stark die Forschungs- Beiträge der Nachwuchswissenschaftler*innen perspektiven von Nuklearexpert*innen in Europa aufgriff. und in den USA im Hinblick auf die Bedeutung nuklearer Abschreckung divergieren. Die renommierte und an der „Johns Hopkins University“ institutionell verankerte Konferenzserie Der gezielten Förderung und Vernetzung junger der „Nuclear Studies Research Initiative“ kam im postgraduierter Nachwuchswissenschaftler*innen Dezember 2019 erstmals nach Europa ans IFSH. widmet sich ebenfalls ein vom Projektpersonal Die rund 50 führenden Wissenschaftler*innen aus zusammen mit der OSZE und drei weiteren dem In- und Ausland diskutierten unter der Über- internationalen Partnerinstituten initiierter schrift „Rethinking the Nuclear Future: Perspecti- Essay-Wettbewerb zu Fragen der konventionellen ves from Europe and America“ über die wissen- Rüstungskontrolle und Vertrauensbildung. Auf- schaftlichen und politischen Herausforderungen grund des hohen internationalen Zuspruchs des im Forschungsfeld nuklearer Rüstungskontrollpoli- Wettbewerbs in 2020 mit über 90 eingereichten tik. Ein Hauptaugenmerk der Konferenzorganisa- Essays der unter 35-jährigen Teilnehmer*innen, tion lag ebenfalls auf der Einbindung des Nach- bat die OSZE um eine Neuauflage des Wettbe- wuchses – so präsentierten eine ganze Reihe werbs in 2021. Unter Leitung von Dr. Graef 17
BISHERIGE PROJEKTARBEIT 2019–2021 entsteht darüber hinaus momentan ein neues Im Rahmen der 2020 vom Bundesministerium für Netzwerk junger Wissenschaftler*innen im Bildung und Forschung (BMBF) ausgeschriebenen Forschungsfeld konventioneller Rüstungskontrolle. Vernetzung der deutschen Friedens- und Konflikt- Mit Dr. Graef wurde auch ein Teammitglied in die forschung beteiligte sich das Projektpersonal an renommierte Nachwuchsförderung der insgesamt vier kooperativen Antragsprojekten2, die „Arms Control Negotiation Academy“ der Harvard ebenfalls noch anhängig sind. Von diesen vier University aufgenommen. Weiterhin befindet Anträgen haben drei einen dezidiert interdiszipli sich die Projektleitung in Gesprächen mit der nären Forschungsansatz mit stark naturwissen- Hertie School in Berlin über den Aufbau eines schaftlicher Komponente (darunter auch ein deutschen Netzwerks junger Wissenschaftler*in- kooperativer Antrag mit dem Forschungsverbund nen im nuklearen Forschungsfeld. Auch im Projekt Naturwissenschaft, Abrüstung und internationale selbst wurden mit Maren Vieluf (in 2020) und Sicherheit, FONAS). Ein mit der Körber-Stiftung im Tim Thies (ab August 2021) zwei talentierte März 2020 gestartetes Projekt zur Erforschung des postgraduierte Nachwuchswissenschaftler*innen Prinzips „strategischer Stabilität“ unter multipola- angestellt, um ihre Forschungen zum AVV und zu ren Bedingungen, und unter Einschluss chinesi- hypersonischen Flugkörpern weiterentwickeln zu scher Expert*innen, wird in 2021 abgeschlossen können. werden. Dagegen war eine kooperative Antrags- stellung mit der „Norman Paterson School of Um die weitere wissenschaftliche Vernetzung des International Affairs“ der Carleton University in Projektteams voranzutreiben, entwickelte das Ottawa für einen „Partnership Development Grant“ Projektpersonal eine Reihe kooperativer For- des „Canadian Social Sciences and Humanities schungsprojekte und erarbeitete entsprechende Research Council“ leider nicht erfolgreich. wissenschaftliche Förderanträge. Dabei stand gerade die naturwissenschaftliche Komponente 2 A ntragspartner sind dabei u.a. das German Institute for Global der Rüstungskontrollforschung am IFSH im and Area Studies (GIGA), der Forschungsverbund Naturwis- Zentrum. Ein von Dr. Alwardt erarbeitetes For- senschaft, Abrüstung und internationale Sicherheit (FONAS), schungsprojekt zum Thema „KI“ wurde vom die HSFK, der Lehrstuhl Wissenschaft und Technik für Frieden Oktober 2019 bis März 2021 von der „Deutschen und Sicherheit (PEASEC) der Technischen Universität Darm- Stiftung Friedensforschung“ (DSF) gefördert und stadt, das Carl Friedrich von Weizsäcker-Zentrum für Natur- beschäftigte einen Informationstechniker. wissenschaft und Friedensforschung der Universität Hamburg (ZNF), die Universität Gießen und die Deutsche Akademie der Gleichsam fördert die DSF ein naturwissenschaft- Naturforscher Leopoldina – Nationale Akademie der Wissen- liches Forschungsprojekt von Dr. Kütt zur schaften. Sprengkopfauthentifizierung (Förderzeit: März 2021 bis Februar 2023). In diesem Projekt wurde mit Christoph Fichtlscherer ein junger Physiker im Zusammenhang mit seiner gerade begonnenen FORSCHUNGSVERNETZUNG Doktorarbeit angestellt. Ebenfalls erfolgreich war y Forschungsanträge (abgeschlossene, ein Projektantrag von Dr. Meier bei der DSF zur laufende und beantragte): 9 Ahndung von Chemiewaffeneinsätzen (Förderzeit: Februar 2021 bis April 2022). Ein gleichsam bei y Konferenzteilnahmen: 169 der DSF beantragtes Pilotprojekt von Dr. Graef zur y Vorträge: 124 Analyse der jüngeren russischen Rüstungskontroll- y Kooperative Veröffentlichungen: 24 Community ist noch anhängig. 18
BISHERIGE PROJEKTARBEIT 2019–2021 Darüber hinaus hielten die Wissenschaftler*innen Physiker – konkret zu Fragen der erweiterten des Teams diverse Vorträge und nahmen an einer Abschreckung, der Vulnerabilität russischer und Vielzahl Konferenzen teil – darunter so renommier- amerikanischer Zweitschlagsysteme, zur Stärkung te Veranstaltungen, wie die Jahresversammlungen des Chemiewaffenübereinkommens, zu europäi- der „International Studies Association“, die schen Sicherheitsdiskursen und zum Forschungs- Münchner Sicherheitskonferenz oder die aller zwei feld „Neuer Technologien“. Die Corona-Pandemie Jahre stattfindende naturwissenschaftliche Tagung verhinderte ab Frühjahr 2020 den weiteren physi- „Science · Peace · Security“ (veranstaltet von der schen Aufenthalt neuer Fellows am Institut. Der Technischen Universität Darmstadt). Aufgrund der Pandemie fielen auch die vorgesehenen Rotatio- Corona-Pandemie fanden in 2020 und 2021 fast nen des wissenschaftlichen Projektpersonals in alle Teilnahmen und Vorträge virtuell statt. Neben die politischen Abteilungen und den Planungsstab diversen kooperativen Veröffentlichungen arbeite- des AA vorläufig zum Opfer. ten mehrere Teammitglieder u.a. an der Herausga- be einer für Ende 2021 avisierten Sonderausgabe der „Zeitschrift für Friedens- und Konfliktfor- schung“ zur Krise der Rüstungskontrolle, die FELLOWSHIP-PROGRAMM UND Forscher*innen fast aller deutschen Friedens- und ROTATIONEN INS AA Konfliktforschungsinstitute versammelt. y Insgesamt sechs vergebene Fellowships an Wissenschaftler*innen aus den USA, Schließlich sieht der Zuwendungsantrag vor, dass Russland, Großbritannien, Kanada und im Rahmen eines „International Visiting Research Rumänien; Fellowships” international renommierte Wissen- schaftler*innen für mehrere Monate ans IFSH y Aufgrund von Corona bisher keine Rotatio- kommen. Im Berichtszeitraum forschten die nen ins AA internationalen Fellows – darunter auch ein 1.4 WISSENSTRANSFER Der gesellschaftliche und politische Mehrwert des „politische Berlin“ nicht mehr über eine breit Projekts soll sich laut Zuwendungsantrag v.a. aufgestellte und prominent vertretene Rüstungs- aus den Aktivitäten im Bereich Wissenstransfer kontroll-Community. ergeben. Konkret heißt das, dass die Forschungs- ergebnisse und Erkenntnisse des wissenschaftli- Zu den Empfänger*innen der Transfermaßnahmen chen Projektpersonals als Informationsgrundlage des Projekts gehören deshalb explizit politische und Orientierungswissen für Politik und Gesell- Entscheider*innen und Fachexpert*innen im schaft bereitstehen sollen. In den vergangenen Bundestag, in den Ministerien (hier v.a. das AA), Jahren ist auch die politische Expertise zu sowie Vertreter*innen von Medien, Denkfabriken, Rüstungskontrolle (gerade im Bundestag) konti der Zivilgesellschaft und allgemein der interessier- nuierlich zurückgegangen. Heute verfügt das ten Öffentlichkeit. Im Folgenden werden einige 19
BISHERIGE PROJEKTARBEIT 2019–2021 Transferformate und inhaltliche Transferschwer- Auch die in Hamburg ansässigen Mitglieder des punkte des Projekts und ihr gesellschaftlicher und Teams kamen ihrem Transferauftrag nach und politischer Mehrwert kurz beleuchtet und bewertet. führten Fach- bzw. Hintergrundgespräche mit Die prominenteste Projektmaßnahme zum politischen Entscheider*innen in den Ressorts Wissenstransfer ist ohne Zweifel die Etablierung bzw. in Fraktionsarbeitskreisen, Ausschüssen und und die daraus entstandene Arbeit des Berliner Unterausschüssen des Bundestags und beantwor- Büros des IFSH. Unter der Leitung von Dr. Fuhrhop teten schriftlich oder mündlich kleinere themati- fokussierte sich das Büro auf die Organisation und sche Anfragen. Für das AA organisierten die Ausrichtung diverser öffentlicher Fachveranstaltun- Teammitglieder im Rahmen der „Rethinking Arms gen (aufgrund der Pandemie überwiegend virtuell Control“ Konferenz-Serie in 2020 ein eigenes abgehalten), auf nicht-öffentliche Informationsver- thematisches Panel mit stark naturwissenschaft- anstaltungen für Mitglieder und Fachreferent*in- lich-technischem Fokus. In diesem diskutierten nen des Bundestags, auf die Bearbeitung und rund 60 internationale Teilnehmer*innen zu den Beantwortung vertraulicher Fachanfragen aus dem sich bietenden Chancen „Neuer Technologien“ für AA und anderen Ministerien und auf die generelle Rüstungskontrollverifikation. Kontaktpflege zu Vertreter*innen von Medien, Think Tanks, politischen Stiftungen und der Zivilge- Der konkrete politische Mehrwert dieser Transfer- sellschaft. Um eine möglichst breite Öffentlichkeit arbeit zeigte sich exemplarisch an drei spezifi- zu erreichen, baute das Berliner Team zunächst schen Forschungsthemen. Ein von Dr. Kütt eine umfassende Datenbank zur Versendung von kooperativ mit der „American University“ und der Einladungen und Informationsmaterialien auf. naturwissenschaftlichen Forschungsgruppe der Gleichzeitig führte die Berliner Leitung gerade in „Princeton University“ entwickeltes Virtual-Reality- der Anfangszeit diverse vertrauliche Gespräche Tool (VR) macht die Entscheidungsfindung des und nahm an Konferenzen und Fachtagungen teil, amerikanischen Präsidenten über einen möglichen um somit auch im persönlichen Kontakt das Büro nuklearen Vergeltungsschlag und dessen massiv- in der „Berliner Szene“ bekannt zu machen. letale Konsequenzen virtuell erlebbar. TRANSFERMASSNAHMEN TRANSFERMASSNAHMEN DES BERLINER BÜRO HAMBURGER TEAMS y direkte Austausche mit y Fach- und Hintergrundgespräche: 89 Vertreter*innen des politischen Raums y kleinere thematische Anfragen und der Fachöffentlichkeit: 51 aus Ressorts und Bundestag: 15 y Anfragen aus dem politischen Raum: 8 y Hintergrundgespräche und Interviews mit y eigene oder kooperativ organisierte deutschen und internationalen Medien: 152 Veranstaltungen: 14 y eigene organisierte Veranstaltungen, kleinere Workshops und Konferenzpanel: 34 y Multimediale Formate (Videos, Podcasts, Webseiten): 26 20
BISHERIGE PROJEKTARBEIT 2019–2021 Moritz Kütt und Sharon Weiner bei der Präsentation ihrer VR-Simulation auf der Münchner Sicherheitskonferenz 2020. © Moritz Kütt (privat) Das auf der „Münchner Sicherheitskonferenz Diese Vorschläge generierten im politischen Raum 2020“ vorgestellte Projekt generierte eine breite sowohl prominenten Zuspruch als auch Kritik Medienresonanz, v.a. bei deutschen Leitmedien, (u.a. aus dem Auswärtigen Amt). Konkret griffen welche die Simulation zum Anlass nahmen, die einzelne Politiker*innen aus der SPD-Fraktion und Öffentlichkeit kritisch über die Konsequenzen aus Bündnis 90/Die Grünen den Vorschlag eines eines massiven Nuklearwaffeneinsatzes zu infor- Moratoriums auf. Um die häufig nur unzureichend mieren. auf Fakten basierende Debatte für die interessierte Öffentlichkeit transparenter zu machen, entwickel- Im Zusammenhang mit der in der ersten Jahres- te Dr. Kütt in Kooperation mit der Heinrich-Böll-Stif- hälfte 2020 aufgekommenen innenpolitischen tung eine Webseite zu den technischen, politi- Diskussion über Deutschlands Zukunft in der schen und rechtlichen Grundlagen der nuklearen nuklearen Teilhabe der NATO veröffentlichten Teilhabe. Dr. Fuhrhop, Dr. Kühn und Dr. Meier gemeinschaft- lich eine Reihe konkreter Vorschläge für einen Die Arbeiten Dr. Graefs zur Krise des „Open Skies“ möglichen Abzug der U.S.-Atomwaffen aus Regimes wiederum dienten als direkte Informa- Deutschland und ein damit verbundenes „nuklea- tionsgrundlage für eine breite Medienberichter res Aufrüstungsmoratorium“ zwischen der NATO stattung in Deutschland, Russland und dem und Russland (u.a. veröffentlicht in „Der Spiegel“). englischsprachigen Ausland (u.a. in „Frankfurter 21
BISHERIGE PROJEKTARBEIT 2019–2021 Animiertes Erklär-Video zu der Frage „Was ist ein Wettrüsten?“ © IFSH Allgemeine Zeitung“, „Deutschlandfunk“, „NDR“, Um schließlich auch die interessierte Öffentlichkeit „Neue Zürcher Zeitung“, „The Economist“, „Kom- und hier v.a. jüngere Menschen mit den For- mersant“ und „RIA Novosti“). Auch der Bundestag schungsthemen des Projekts zu erreichen, wurde wurde vom Projektteam in zwei eigens anberaum- eine Reihe von Videoclips und Podcasts veröffent- ten Briefings über die Entwicklungen zum Vertrag licht. Gerade die aufwendig produzierten und informiert. Dr. Graefs Forschung fand im Jahr 2020 animierten Erklär-Videos zu Themen wie „Was ist ihren politischen Niederschlag zunächst in direk- ein Wettrüsten“, „Fluch oder Segen autonomer ten Zitationen seiner Arbeit in einer Anhörung des Waffen“ und „Folgen eines Atombombenabwurfs“ britischen „House of Lords“ und in einem Antrag erfreuen sich online einer stetig wachsenden der Fraktion „Die Linke“. Seine Vorschläge zum Beliebtheit – so generierte der Clip über einen Umgang mit der Krise fanden sich dann, fast virtuellen Atombombeneinsatz über Hamburg unverändert, in einem Antrag der großen Koalition bisher über 5.000 Klicks. Die entsprechenden zu „Open Skies“ und in einem Brief des Unteraus- Multimediaprodukte des Teams wurden mittels schusses an die Mitglieder des US-Senats und des eigener Pressemitteilungen des IFSH und via Repräsentantenhauses wieder. Social-Media-Kanäle breit beworben. 22
2 ZUKÜNFTIGE PROJEKTARBEIT
ZUKÜNFTIGE PROJEKTARBEIT ZUKÜNFTIGE PROJEKTARBEIT Die bisherige Projektarbeit hat gezeigt, dass in Deutschland ein hoher Bedarf an Forschung und Transfer zu den Themen „Rüstungskontrolle und Neue Technologien“ besteht. Gleichzeitig wird dieser Bedarf umso dringender, je mehr globale und technologische Veränderungen auch eine Anpassung der Rüs- tungskontrolle verlangen. In der bisherigen Forschung des Projekts wurden vor allem die Auswirkungen ordnungspolitischer und technologischer Veränderungen auf das Feld der Rüstungskontrolle untersucht. Die fortwährende und noch nicht abgeschlossene Erforschung der Krise der Rüstungskontrolle ist dafür ein passendes Beispiel. Um Rüstungskontrollforschung jedoch auch zukünftig relevant zu halten, muss sie stärker in den Blick nehmen, wie Maßnahmen der Rüstungskontrolle selbst internationale Strukturen beeinflussen können. Dafür muss sie sich einerseits stärker den neuen multilateralen Elementen ordnungspolitischen Fort- schritts (wie bspw. dem AVV) zuwenden und andererseits im Hinblick auf die zukünftige Verregelung technologischen Fortschritts verstärkt konzeptionell tätig werden. Zu guter Letzt sollte zukünftige Rüstungskontrollforschung auch nicht die normativ-argumentative Auseinandersetzung mit den wieder- erstarkenden Narrativen klassischer Verteidigungs- oder Suprematiepolitik scheuen. In der noch verbleibenden Laufzeit sollen die bereits bestehenden inhaltlichen Stränge des Projekts nicht ersetzt, dafür aber stärker auf drei Problemebenen – zu Ordnungen, Neuen Technologien und Narrativen – gebündelt werden. Aus einer solchen Fokussierung wiederum ergeben sich eine Reihe neuer Forschungsfragen, denen sich das Team in den noch verbleibenden eineinhalb Jahren interdiszi- plinär widmen wird. Gleichzeitig weist die Komplexität der im Folgenden skizzierten Probleme und Fragen aber auch über die Projektlaufzeit hinaus und eröffnet erste Perspektiven auf die notwendige Forschung nach 2022. 2.1 ORDNUNGEN In der bisherigen Forschung des Projekts wurde ment oder verweigern sich neuen Vertragswerken. vor allem zu den Ursachen der Krise der Rüstungs- Andererseits hat der allgemeine Abschwung in den kontrolle, zur Analyse ihrer kurz- bis mittelfristigen Großmachtbeziehungen bei vielen Staaten, die mit Auswirkungen und zu möglichen Regimeadaptio- der zunehmenden Ignoranz, mit der Großmächte nen geforscht. Diese Analysen sind vor dem Hinter- internationale Institutionen behandeln, erhebliche grund zunehmender Großmachtkonkurrenz und Unzufriedenheit hervorgerufen. Während mehrere beginnender Rüstungswettläufe nach wie vor Anzeichen auf eine neue multi- oder vielleicht relevant und sollen in den verbleibenden einein- bilaterale Ordnung hindeuten, deutet ein umge- halb Jahren fortgesetzt werden. kehrter Trend auf einen verstärkten Willen vieler Staaten hin, multilaterale „Governance“ zu betrei- Dabei zeigen sich seit einigen Jahren zwei gegen- ben. Dieser umgekehrte Trend wurde durch das läufige Trends auf der Ebene internationaler schiere Ausmaß einiger globaler Probleme wie Ordnungen. Einerseits ziehen sich Großmächte, dem Klimawandel ausgelöst, ist aber auch ein wie die USA, Russland und China in verstärktem Ausdruck dafür, dass Staaten versuchen, sich dem Maße aus bestehenden Instrumenten multilateraler Konkurrenzsog zu entziehen, den Großmachtbezie- Rüstungskontrolle zurück, verringern ihr Engage- hungen zunehmend ausüben. 24
ZUKÜNFTIGE PROJEKTARBEIT Diese Entwicklungen eröffnen ein reiches Feld für fung von Atomwaffenprogrammen und die Festle- die zukünftige Rüstungskontrollforschung. Diesem gung entsprechender Implementierungsfristen, die will sich das Projekt mit einem spezifischen während des ersten Treffens der Vertragsstaaten Augenmerk auf Ordnungen widmen. Mit „Ordnun- beschlossen werden sollen. Zu den geplanten gen“ sind hier sowohl die systemweite Verteilung Veröffentlichungen gehören ein Bericht für das von Macht und Einfluss als auch die Institutionen, Europäische Parlament (in Zusammenarbeit mit welche rechtliche, politische und ethische Ordnun- dem „Stockholm International Peace Research gen im Bereich der Rüstungskontrolle aufstellen Institute“) über Optionen für europäische Institutio- und absichern, gemeint. nen, ein IFSH-Forschungsbericht über konkrete Optionen für Deutschland, ein Artikel für die Zeitschrift „Friedens-Warte“, ein Buchkapitel für BIS ENDE 2022 einen Bericht des AA und ein Artikel über Imple- mentierungsfristen für die Beseitigung taktischer In den verbleibenden eineinhalb Jahren wird sich Nuklearwaffen in einer referierten Fachzeitschrift. die Forschung des Teams in verstärktem Maße neuartigen multilateralen Prozessen und noch Neben dem AVV, der eine konkrete Regulierungs- fehlenden aber dringend benötigten multilateralen lücke multilateraler Rüstungskontrollordnung Prozessen zuwenden. Damit rückt Deutschlands schließt, besteht auch auf weiteren Sicherheitsfel- Rolle noch stärker ins Zentrum der Projektarbeit. dern zunehmender Regulierungsbedarf. So Berlin hat sich gemeinsam mit anderen Mittel- verschärft die zunehmende Großmachtkonkurrenz mächten – insbesondere europäischen Partnern auch die militärischen Spannungen auf den – für solche Prozesse eingesetzt, um auf den Weltmeeren. Vor dem Hintergrund anhaltender Rückzug der USA und Russlands zu reagieren und Spannungen in der Ostsee, dem Schwarzen Meer die negativen Auswirkungen des geopolitischen und dem südchinesischen Meer, stellt sich die Wettbewerbs abzumildern. Die zunehmende Forschungsfrage, welche militärischen Kapazitäten Abwesenheit der Großmächte von bestimmten von zukünftiger mariner Rüstungskontrolle adres- multilateralen Rüstungskontrollinstitutionen wirft siert werden müssten. Seit den Washingtoner die Frage nach deren tatsächlicher Effektivität Flottenkonferenzen der 1920er Jahre gab es keine auf. Gerade im Hinblick auf Deutschlands zuneh- signifikante multilaterale Rüstungskontrolle zur See mendes Engagement in multilateralen Prozessen mehr. Entsprechende Ergebnisse der gerade stellen sich Forschungsfragen nach den Potenzia- begonnenen Grundlagenforschung von Dr. Graef len, Optionen und Grenzen deutscher Politik in werden noch vor Ende der Projektlaufzeit in einer multilateralen Rüstungskontrollinstitutionen. referierten Fachzeitschrift und, vorab, als Ideen- papier für das AA veröffentlicht. Besonders virulent ist dieser Aspekt im Zusam- menhang mit dem AVV, dem Deutschland bisher fernblieb. Aufbauend auf der bisherigen Forschung NACH 2022 zum AVV werden Dr. Meier und Dr. Kütt in ihren Arbeiten die jeweiligen Optionen für Deutschland Über die Projektlaufzeit hinaus wäre es wichtig, und seine europäischen Partner analysieren und eine größer angelegte Forschungsstudie anzule- sich mit dem neuen Abkommen und Fragen der gen, die vergleichend die Potentiale, Ergebnisse Implementierung des Vertrags beschäftigen. Dazu und Synergien der diversen von Deutschland mit gehört beispielsweise auch die verifizierte Abschaf- initiierten multi- und plurilateralen Rüstungs 25
ZUKÜNFTIGE PROJEKTARBEIT kontrollinitiativen untersucht. Im Forschungsfokus vielversprechend, zu analysieren, was die Interes- müssten Initiativen, wie die „Stockholm Initiative“, sen potentieller Partner (und „Blockierer“) die „Gruppe der Freunde konventioneller Rüs- spezifischer deutscher Rüstungskontrollinitiativen tungskontrolle“ oder die „Nichtverbreitungs- und sind und wie diese wiederum deutsche Handlungs Abrüstungsinitiative“ stehen. Dabei wäre es optionen beeinflussen. 2.2 NEUE TECHNOLOGIEN In der bisherigen Forschung des Projekts wurden letalautonomer Waffensysteme – dass die zustän- „Neue Technologien“ und ihre Auswirkungen auf digen multilateralen Gremien (z.B. das Waffenüber- die Rüstungskontrolle zunächst eher anhand einkommen der Vereinten Nationen mit den einiger ausgewählter Technologien erforscht dazugehörigen Protokollen) signifikante Fortschrit- (bspw. für LAWS und KI). Darüber hinaus stellen te bei der Regulierung oder dem Verbot solcher rapide technologische Veränderungen in ihrer Systeme machen. Gesamtheit eine Herausforderung für die unter- schiedlichen Bereiche internationaler Rüstungs- Zusätzlich komplex wird die Lage dadurch, dass kontrolle dar, was vom Projekt so noch nicht einige der wichtigsten „Neuen Technologien“, wie beforscht wurde. Angesichts immer wieder z.B. KI-Anwendungen im militärischen Kontext, aufkommender tagesaktueller Politikdebatten, wie häufig auch zivile Anwendungen haben. Das jüngst um die Beschaffung bewaffneter Drohnen, Phänomen sog. „Dual Use“ Technologie ist zwar und der Geschwindigkeit technologischen Wan- nicht neu, aber heute sind eher zivile Unternehmen dels ist dieser Fokus nachvollziehbar und ent- – nicht mehr das Militär – treibende Kraft hinter spricht dem Transferauftrag des Projekts. Innovationen. Damit kommen neue Akteure ins Spiel, die auch für die Rüstungskontrollpolitik, Ein wichtiges Forschungsfeld ist dabei ein Ver- insbesondere im Bereich der Nichtverbreitung, gleich der Herausforderungen „Neuer Technolo- zunehmend relevant werden. gien“ auf strategische nukleare Rüstungskontrolle zwischen den USA, Russland (und im zuneh In der internationalen Forschung wurden die menden Maße auch China) einerseits und für die Gemeinsamkeiten, Unterschiede und Interaktionen humanitäre Rüstungskontrolle andererseits. So ist dieser Herausforderungen für die strategische Rüs- bspw. im Bereich der humanitären Rüstungs tungskontrolle und die humanitäre Rüstungskont- kontrolle zu erwarten, dass einige der gleichen rolle bisher nicht in ihrer Gesamtheit, und systema- Technologien, die die strategische Stabilität tisch, erforscht. Damit gibt es aber auch keine gefährden oder stärken (je nach Sichtweise), eine holistische Analyse, die es rüstungskontrollinteres- Reihe von humanitären Prinzipien wie „Verhältnis- sierten Staaten wie Deutschland erlauben würde, mäßigkeit“, „Unterscheidbarkeit“ oder „Vorsorge“ eine bessere Einschätzung über die tatsächlichen in Frage stellen. Gleichzeitig verhindern die Risiken „Neuer Technologien“ für etablierte strategischen Interessen der USA, Russlands, Rüstungskontrollprinzipien zu gewinnen und davon Chinas und anderer Staaten an der Weiterentwick- ausgehend den jeweiligen Regulierungsbedarf zu lung moderner Waffenplattformen – wie etwa priorisieren. 26
ZUKÜNFTIGE PROJEKTARBEIT BIS ENDE 2022 nächsten eineinhalb Jahren unter Verwendung einer sog. „Monte-Carlo-Partikel-Transport“ Die sich hieraus ergebenden Forschungsaufgaben Software zur Simulation bestehender Detektorsys- werden in den verbleibenden eineinhalb Jahren teme, die Möglichkeit erforschen, Kernwaffen oder von Marina Favaro, Dr. Kühn und Dr. Renic anhand deren Abwesenheit durch passive Neutronen- und einer breit angelegten vergleichenden Studie zu Gammamessungen nachzuweisen. Solche Verifika- den Herausforderungen „Neuer Technologien“ tionsansätze könnten bspw. bei der Beseitigung für strategische Stabilität und für zentrale Prinzipi- oder Konversion von Kernwaffenprogrammen in en humanitärer Rüstungskontrolle erforscht. Kernwaffenstaaten, wie sie im AVV angestrebt wird, Methodisch wird die Studie auf einer iterativen zum Einsatz kommen. Umfrage unter technischen Expert*innen (u.a. auch aus der Privatwirtschaft) aufbauen, um somit Daten über die Anwendung „Neuer Technologien“ NACH 2022 für militärische Zwecke zu gewinnen. Ziel ist es, herauszufinden, welche spezifischen Technologien Jenseits der momentanen Projektlaufzeit wäre es das größte Risiko für etablierte Rüstungskontroll- lohnenswert, erstmalig ein umfassendes Mapping prinzipien darstellen und daher einer Regulierung und damit einhergehend eine Kategorisierung der bedürfen. positiven Auswirkungen „Neuer Technologien“ für die Rüstungskontrolle zusammenzutragen. Ein Neue Technologien spielen aber auch in der solches Kompendium müsste sich insbesondere naturwissenschaftlichen Forschung des Projekt- auf die positiven Aspekte in den Bereichen teams weiterhin eine bedeutende Rolle. Für die Verifikation, Transparenz und Monitoring konzent- naturwissenschaftliche Rüstungskontrollforschung rieren (bspw. mittels verbesserter Satellitenbilder, besteht nach wie vor konkreter Bedarf im Bereich „crowd-sourced data“ oder „Open Source“ der Verifikation, und besonders bei der nuklearen Software) und könnte die bereits geleistete Abrüstungsverifikation. Aufbauend auf bereits Projektarbeit im Rahmen der AA-Konferenzreihe geleisteter Arbeit wird das Projektteam in den „Rethinking Arms Control“ weiterentwickeln. 2.3 NARRATIVE In der bisherigen Forschung des Projekts kamen Vergangenheit zu gestalten.“ Die meisten Kol- politische Narrative und ihre Bedeutung für leg*innen des Projektteams verbinden konkrete Rüstungskontrollpolitik häufig implizit vor. Laut Rüstungskontrollvorschläge mit Narrativen der S. Shenhav (2006) dienen politische Narrative „kooperativen Sicherheit“ und setzen sich kritisch „der Formulierung und Aufrechterhaltung von mit politischen Weltbildern auseinander, die die Weltbildern, [deren Essenz] gleichsam als effekti- aktuelle Skepsis gegenüber der Rüstungskontrolle ves Mittel zum Herunterbrechen komplexer befördern. Inwieweit politische Narrative aber Situationen in Ereignisketten dient“. Narrative aktuelle Sicherheitsfragen beeinflussen und „entsprechen der politischen Logik des Versuchs, welcher gesellschaftspolitische Mehrwert sich die Gegenwart im Lichte der Lehren aus der durch eine Veränderung des Blickwinkels ergibt, 27
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