Gesundheit Natur Architektur Städtebau - Wintersemester 2020/21 Onlineseminar der Bauhaus-Universität Weimar in Kooperation mit der Hochschule ...
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Gesundheit Natur Architektur Städtebau Wintersemester 2020/21 Onlineseminar der Bauhaus-Universität Weimar in Kooperation mit der Hochschule Heilbronn
2 3 Verzeichnis 1. Einleitung 4 2. Teilnehmer/innen 5 3. Dokumentation Dozentenvortäge 6 3.1 Biophilic Design Grundlagen 1 6 Prof. Helena Van Vliet 3.2 Grundlagen Gesundheitsmanagement 8 Prof. Dr. Elisabeth Schloeder 3.3 Grundlagen der Mensch-Umwelt-Optimierung 10 Dipl. Psych. Dr. Alexandra Abel 3.4 Biophilic Design Grundlagen 2 12 Prof. Helena Van Vliet 3.5 Gesundheitsförderung 16 Prof. Dr. Elisabeth Schloeder 3.6 Biophilic Urbanism Grundlagen: Living Air Conditioning | Ecotonal 20 Building Envelopes | Design for Biodiversity Prof. Helena Van Vliet 3.7 Biophile Architektur im Krankenhausbau 24 Prof. Dr. Elisabeth Schloeder 3.8 Architektur, Gesundheit, Natur und die ästhetische Praxis 28 Dipl. Psych. Dr. Alexandra Abel, B.A. Gabriel Dörner 3.9 Krankenhausbau „Waldklinik Eisenberg“ 32 Prof. Dr. Bernd Nentwig 6. Übung I – Naturerfahrung 36 7. Übung II – Nestbau 50 8. Vorträge der Studierenden 66 10. Lesson Learned 132 12. Abbildungs- /Literaturverzeichnis 134
4 5 Abgerundet wurde dieses The- menspektrum durch die archi- tekturpsychologische Sichtwei- se, die von Frau Abel vorgestellt wurde, und damit verbundene Einleitung Einblicke in die Beziehung des Menschen zu der gebauten Teilnehmer*innen Umwelt. Gabriel Dörner berich- tete in diesem Zusammenhang von seinem interdisziplinären Projekt „Ästhetik der heilsamen Orte“, das im Rahmen des Bau- haus-Semesters durchgeführt wurde. Das Seminar kann optional als Grundlage für ein Entwurfspro- jekt im Sommersemester 2021 dienen, ist aber thematisch ebenso in sich abgeschlossen. Diese Dokumentation wurde Die Veranstaltung „Gesundheit . Natur . Architektur . Städtebau . gemeinsam von zehn Studie- Freiraumplanung“ wurde im Rahmen der Professur für Baumanage- renden der Bauhaus-Universität ment und Bauwirtschaft von Herrn Klaus Schmitz-Gielsdorf konzi- Weimar verfasst. piert und geleitet. Die Inhalte wurden zum größten Teil von den Referentinnen Frau Prof. Dr. Ing. Prof. Helena van Vliet vom Pratt Institute New York, Frau Prof. Dr. Bernd Nentwig Elisabeth Schloeder von der Hochschule Heilbronn, und von Frau M. Sc. urb. man. Dr. Alexandra Abel von der Bauhaus-Universität Weimar in ihren Dipl. -Ing. Architekt jeweiligen Fachgebieten vermittelt. Zusätzlich wurde eine Veran- Klaus Schmitz-Gielsdorf staltung von Herrn Prof. Nentwig, und eine Veranstaltung von den Studierenden selber geleitet. Ein weiterer Vortrag wurde integriert in Prof. einen Vortrag von Dr. Alexandra Abel von Gabriel Dörner als Alum- Helena Van Vliet nus der Bauhaus-Universität Weimar gestaltet. Prof. Dr. Elisabeth Schroeder Die Lehrveranstaltung fand im einwöchigen Rhythmus als Doppelb- Dipl. Psych. Dr. lock digital über die BigBlueButton-Plattform von Moodle sowie über Alexandra Abel Zoom statt. Die Zwischenzeit wurde von den Studierenden für die Nachbereitung und das Anfertigen von Übungen genutzt. Die Kon- B.A. zeption der Aufgabenstellungen lag bei Klaus Schmitz-Gielsdorf. Gabriel Dörner Insgesamt beinhaltete das Seminar elf Vorträge, die von verschie- densten Übungen, Diskussionen, Aktivitäten und Gesprächen von und mit den Studierenden begleitet wurden. Dies geschah mal in Annika Schleinitz kleineren Gruppen, mit allen gemeinsam oder auch alleine. Durch Christina Rudolph diese Vorgehensweise wurden die Studierenden unmittelbar in das Cora Sauré Lehrgeschehen eingebunden, und die Inhalte deutlich konkreter ver- innerlicht. Florian Brettner Katharina Brosch Frau Prof. van Vliet vermittelte dabei die Grundlagen des Biophilic Nele Rickmann Design und gab als praktizierende Architektin praxisbezogene Leit- fäden zu diesem Themenbereich an die Hand. Paula Christfreund Patricia Quinte Frau Prof. Dr. Elisabeth Schloeder verknüpfte das Thema parallel mit aktuellen Zahlen, Studien und Definitionen des Sozial- und Ge- Stefan Rickert sundheitswesens und des Gesundheitsmanagements. Victoria Dall
6 7 nachzuvollziehen, ist es wichtig, Elemente und Muster zu verste- hen, die am meisten zu unserer evolutionären Entwicklung bei- Dokumentation getragen haben - und es immer noch tun. Ganz nach dem Mot- Dozent*innenvorträge to „back to the roots“ spielt der Wald dabei eine entscheidende Rolle für unser psychologisches Wohlbefinden. Der Wald ist der Ort, der uns am nächsten zu unserem Ursprung zurückführt: Unsere frühesten Vorfahren lebten in Bäumen; es gab eine symbiotische Gemeinschaft von Tier- und Pflanzenwelt und spä- ter auch dem Menschen. Durch unsere gebaute Umwelt verlie- ren wir heutzutage allerdings immer mehr die Verbindung zu ebendieser ursprünglichen Le- benshaltung, man könnte fast Biophilic Design Grundlagen 1, sagen, wir leben „biophob“ – und Prof. Helena van Vliet es macht uns krank. Mit diesem Abb. 1 Der Wald: unser Ursprungsort Wissen hat sich sogar in Japan eine neue Art von gesundheit- reduziert sei und den Rest des menschlichen Empfindens außer Umgebung gestalten, die uns Das Seminar „Gesundheit, Natur, Architektur, Städtebau, Freiraum- licher Behandlung entwickelt: Acht lies. unterstützt im Gleichgewicht zu planung“ begann am 10.11.2020 mit einem inspirierenden Vortrag Die Forest-Medicine. Durch ei- Durch eine gute Gestaltung können wir es schaffen, uns und die Na- sein. Dabei kann es, wie an- von Prof. Helena van Vliet. Van Vliet ist Architektin, biophile Berate- nen bewussten Besuch im Wald tur zu stärken und wieder näher zusammenzubringen, denn Raum, fänglich beschrieben, hilfreich rin, Wissenschaftlerin und Referentin über Gesundheit und gebaute wird das Einlassen auf die Natur Design und Umwelt sind aktuell die Haupteinflussfaktoren auf un- sein, auf unsere Ursprünge zu- Umwelt. Sie unterrichtet Biophilic Design sowohl am Pratt Institute gefördert und so z.B. der Blut- ser psychologisches Wohlbefinden. Van Vliet spricht von „buildings rückzuschauen und Elemente als auch an der Jefferson University in New York. Wir hatten das druck gesenkt, Anti-Krebs-Pro- as symbiotic systems“, was unsere Abhängigkeit vom und unser und Muster herauszufiltern und Glück, sie als Dozentin im digitalen Seminar aus den USA zuzu- teine freigesetzt, Stress redu- funktionales Zusammenleben mit dem gebauten Raum beschreibt. zu übernehmen (diese werden schalten und viel von ihr zu lernen. ziert und unsere Konzentration Es geht darum, wie wir Raum bewusst erfahrbar und begreifbar auch in den folgenden Vorträgen In ihrem ersten Vortrag „Biophilic Design Grundlagen 1: Designing gesteigert. machen. Unser Bewusstsein ist allerdings aus seinen natürlichen ausführlicher beschrieben). Be- for Innate Human Preferences in Search of Dynamic Homeostasis“ Fundamenten gewichen, was auf die Distanzierung von unserer Ur- finden wir uns im Gleichgewicht, beschreibt Van Vliet einige Ausgangspunkte für ein nachhaltiges „In every walk with nature sprünglichkeit zurückzuführen ist. Der Psychiater Carl Gustav Jung also in Homöostase, führt das und menschliches Design. Dabei spielen unsere Evolutionsbiolo- one receives far more than one verwendete anschaulich für dieses Phänomen die Metapher eines zu Stabilität, Ausgeglichenheit, gie und aktuelle Ergebnisse der Neurowissenschaften eine wichti- seeks.” John Muir, 1877 mehrstöckigen Hauses, das die Menschheit über die Jahrhunderte Gesundheit und Energie. Ho- ge Rolle; sie bestätigen die Bedeutung des Designs als Schlüssel hinweg, Generation für Generation, aufgebaut hat. Dabei stehen die möostase stellt die Grundlage zum Erreichen des Gleichgewichtszustandes unserer körperlichen Wir als Architekt*innen tragen oberen Stockwerke für die jüngsten Epochen, die unteren für die für das Verständnis von Schön- Zustände, kurz, der Homöostase. Als Architekt*innen sollten wir es eine wichtige Verantwortung, uralte Geschichte unserer Spezies. Jung behauptet, dass wir heute heit und unser Well-Being dar. uns zum Ziel nehmen, ein biologisches und neurologisches Konzept den gebauten Raum so zu ge- nur noch die sichtbaren Teile dieses Hauses kennen und mit ihnen Biophiles Design trägt dazu bei, von Schönheit zu entdecken, das in unsere gebaute Umgebungen stalten, dass wir unsere neuro- vertraut sind, wohingegen wir den Kontakt zum „dunklen, mütterli- diesen Zustand zu erreichen. integriert werden kann. Damit sorgen wir für Regeneration, Entspan- logische und biologische Ge- chen, erdigen Grund des Seins“ verloren haben. Wir Menschen sind nung und eine gestärkte physische wie auch psychische Gesund- sundheit fördern. Oft sind wir zu nicht darauf ausgerichtet in einer Beton-Stadt, wie wir sie kennen, heit. Doch wonach können wir uns als Gestalter*innen richten? sehr auf das Visuelle fokussiert zu leben und es ist bewiesen, dass die aktuellen Lebensumstände und weniger auf die Wirkung für uns ungesund sind. In dem Überbegriff biophil wird eigentlich klar, worum es grundsätz- von Architektur. Das hat bereits Als Architekt*innen haben wir die Aufgabe, eine Umgebung zu schaf- lich geht: Bio steht für die Natur und das Leben, phil steht für die Mitte des 20. Jahrhunderts der fen, in der sich Mensch und Tier gut fühlen. Wir tragen die Verant- „The non-fascinating demands Liebe und den Verwandtschaftssinn. Van Vliet nimmt dabei Bezug finnische Architekt Juhani Pal- wortung, nicht nur Gebäude zu entwerfen, sondern eben bewusst of the modern world could be auf den Hauptbegründer der Biophilie-Hypothese: E.O. Wilson. lasmaa („The Eyes of the Skin: wahrnehmbare Orte, die positiv auf uns wirken. Der Aspekt der Äs- remedied by environmental set- 1984 führte er den Begriff ein und machte ihn populär. Wilson de- Architecture and the Senses“) thetik des Designs stellt dabei das allgemeine Ziel des Entwerfens, tings that are involuntarily fas- finierte Biophilie als „den Drang, sich mit anderen Lebensformen beschrieben, der vor allem die sowie die Zugänglichkeit zur Nutzung dar. In neurologischer Sicht cinating, effortlessly engaging zu verbinden“ (The Biophilia Hypothesis, Kellert & Wilson). Seine klassische Moderne bemängel- basiert unsere Definition von Schönheit auf der Leichtigkeit der Sin- the inhabitants.“ Your Brain on Biophilie-Hypothese legt nahe, dass es eine instinktive Verbindung te, die viel zu sehr auf funktio- nesverarbeitung. Das heißt, dass Ästhetik nur erlangt werden kann, Nature, Selhub & Logan zwischen Menschen und anderen lebenden Systemen gibt. Um das nalistische und visuelle Aspekte wenn ein Bezug zum Menschen vorhanden ist. Wir müssen eine
8 9 leistet werden kann. So wird der Der Gesundheitsbegriff wird durch den Begriff der Lebensqualität gesellschaftliche Fokus weg von erweitert, welcher als Leitbegriff von Gesundheit verstanden wird. der Entstehung und den Prozes- Die Lebensqualität umfasst dabei viele Felder, wie z.B. Einkommen sen von Erkrankungen (Patho- und Arbeit, Wohnsituation, Bildung, Kultur- und Freizeit, Mobilität genese) gelenkt, eher spielt die und Qualität der Umwelt, die alle im Spektrum der Lebensqualität Untersuchung von Prozessen, zusammenkommen und diese beeinflussen. Es lässt sich belegen, welche die Gesundheit erhalten dass die Umwelt Einfluss auf unser Verhalten, zwischenmenschli- und fördern (Salutogenese) die che Beziehungen und psychische Zustände nimmt. Das Wissen um Hauptrolle. die therapeutische und gesundheitsfördernde Relevanz von Natur und natürlichen Elementen bestimmt auch die Architektur und Pla- Der gesunde Mensch steht so nung von Städten. im Zentrum unserer erfolgrei- chen Volkswirtschaft. Die Ge- sundheit wird zum Megatrend. Im umfassenden Sinne gilt sie als Voraussetzung für Leis- tungs- und Entwicklungsfähig- keit sowohl menschlicher indivi- dueller Gesundheit als auch der Gesundheit von ganzen Gesell- schaften. Wir sind auf der Suche nach dem Gleichgewicht, einer Grundlagen Gesundheitsmanagement, ausgewogenen Balance unse- Prof. Dr. Elisabeth Schloeder rer Zustände (vgl. Homöosta- se). Die Gesundheit wird als Megatrend zum Potenzial eines Die zweite Veranstaltung des Seminars folgte am 17.11.2020 und Lebensentwurfs, der persönli- wurde von Prof. Dr. Elisabeth Schloeder referiert. Schloeder ist Pro- ches, soziales und ökologisches Abb. 2 Kurzdefinition Gesundheit fessorin für Betriebswirtschaft und Sozialmanagement an der Hoch- Handeln einbezieht und wandelt schule Heilbronn und hat das Seminar durch theoretisches Wissen sich so von ihrer ursprünglichen und ihre Sicht auf die Dinge bereichert. Begriffsbestimmung ausgehend Dabei gibt es verschiedene Komponenten für die Gesundheit unter- Unter dem Titel „Grundlagen des Gesundheitsmanagements, Teil 1“ von ausschließlich biologischen stützender Architektur: wurde die grundlegende Transformation des 21. Jahrhunderts „von Aspekten. Es geht darum, die der Handarbeit zur Kopfarbeit“ und die sich wandelnde Bedeutung Frage nach dem „Guten Leben“, 1. Ästhetische / symbolische Komponente der Gesundheit der Gesundheit zum Megatrend thematisiert. Zum Einstieg wurde Zufriedenheit und Glück zu klä- 2. Soziale Gesundheit als unterstützende Studie Nikolai Kondratjew‘s Theorie der zykli- ren und zu thematisieren, wie es 3. Psychische Gesundheit schen Wirtschaftsentwicklung herangezogen. Sie veranschaulicht die Menschheit bereits seit der 4. Physische Gesundheit. einen Konjunkturzyklus von 1800 bis zur Gegenwart; die Wellen be- Philosophie der Antike versucht. schreiben Analogien von Innovationen - nach Aufschwung folgt Tief- Die Komponenten schließen, z.B. die ästhetische Wirkung und die gang, der dann wiederum neue Innovationen für das nächste „Hoch“ Symbolkraft eines Raumes (1.), Aspekte, die das soziale Mitein- braucht. Wird die Gesundheit als Defizit gesehen (was sich auch im ander fördern (2.) und die positive Wirkung von natürlichen Land- Bereich der Architektur, im Städtebau und in der Freiraumplanung schaftsräumen (3. und 4.) ein. Die Qualität von Architektur und Städ- zeigt) und ist der Innovationsprozess unzureichend, so kommt es zu teplanung kann demnach zur Lebensqualität und Gesundheit bzw. Krisen. Sehen kann man das z.B. an der aktuellen Lage, die durch „Gesundheit ist ein Zustand des Genesung kranker Menschen beitragen. Sie ist vor allem aber auch Covid-19 verursacht wurde; eine weltweite Pandemie, die schwere vollständigen körperlichen, als präventive Planung und Gestaltung einer gesunden Gesellschaft volkswirtschaftliche Schäden mit sich bringt. Sie ist ein Beleg dafür, geistigen und sozialen Wohler- zu verstehen. dass durch mangelnde Gesundheit die Gefahr einer Entropie, also gehens und nicht nur das Fehlen einem Energieverlust, besteht. Dieser kann wie gesagt durch Krank- von Krankheit oder Gebrechen.“ heiten entstehen, aber auch durch Umweltzerstörungen, Gewalt, WHO, 1948 Krieg oder Energie- und Lebensmittelverschwendung. Wie wir sehen, ist es nicht mehr selbstverständlich, dass unsere Be- völkerung gesund und aktiv ist. Nach einer Studie der Weltgesund- heitsorganisation sind z.B. Depressionen in der westlichen Welt eine neue Volkskrankheit geworden und stellen inzwischen eine der häu- figsten Todesursachen dar. Die Gesundheit soll wieder treibender Faktor der Volkswirtschaft werden, da so eine gesundheitliche Ver- sorgung, ausreichende Ressourcen und Widerstandskraft gewähr-
10 11 doch nicht abbildbar, da bereits Natur und Transzendenz die Betrachtung einen mensch- Transzendenz ist ein Gefühlszustand, der eine Teilhabe an etwas lichen Einfluss darstellen wür- größeres, allumgebendes und sinnvollem beschreibt. Bestimmte de. Eine natürliche Umwelt mit natürliche Orte und Gegebenheiten können dieses Transzendenz- gradueller Größe ist mehr oder gefühl hervorbringen und schaffen somit ein starkes Gefühl der Ver- weniger durch Menschen be- bundenheit mit der Umwelt. Einige Beispiele wurden genannt, wie einflusst. Als solche gelten z.B. z.B. ein Berggipfel mit Aussicht auf die Umgebenden Berglandschaf- Gärten, Parks und Wälder. Die ten, ein Wald mit sehr hohen Bäumen oder Klippenlandschaften mit Architekturpsychologie fokus- Ausblicken auf das Meer und das Festland zugleich. Diese Orte ins- siert sich auf gebaute Umwel- pirieren den Menschen und führen auch dazu, dass ein gestaltender ten. Akt vollzogen wird oder der Bereich in anderer Weise gekennzeich- net/ definiert wird (z.B. Kreuz auf dem Berg, Kirche an der Klippe, Relevanz der Natur für die Tempel im Wald). Menschliche Gesundheit Vorgestellt wurde die Studie von Fazit Ulrich, Roger S.: View Trough Diese Vorlesung war eine stimmige Einführung in die Fachdiszip- a Window May Influence Re- lin der Architekturpsychologie. Aspekte der Transzendenz und Na- covery from Surgery. Diese be- turwirkung wurden wieder, aus den vorhergegangenen Vorträgen sagt, dass Patienten*innen nach aufgegriffen und weiter erläutert. Mich persönlich hat die Studie zur Operationen in Zimmern mit ei- Konzentrationsförderung von Naturbildern überrascht. Dass die Na- nem Fenster und Blick auf einen tur für uns Erholungscharakter hat ist keine Neuheit, auch wenn wir Baum kürzere Erholungszei- stark unterschätzen wie wichtig sie für uns ist. Ich hätte jedoch nicht Grundlagen der Mensch-Umwelt-Optimierung, ten hatten, als Patienten*innen erwartet, dass nur ein kurzer Blick auf eine virtuelle Grünfläche auf Dipl. Psych. Dr. Alexandra Abel ohne. Die Zugänglichkeit zur einem Bildschirm die Konzentration fördern kann. Natur hat somit einen positiven Effekt auf die Genesungszeit. Der 1. Vortrag von Alexandra Abel stellt eine Einführung in die Diszi- Eine andere Studie von Dr. Kate plin der Architekturpsychologie dar und zeigt uns Verbindungen von E. Lee: 40-second green roof Architektur, Natur und unseren Gefühlen. views susstain attention: The role of micro-breaks in attenti- on restoration zeigt, dass selbst ein kurzes Bild von Grünfläche / Natur auf einem Bildschirm die Konzentration fördert. Die Wirkung des Waldes auf die Menschen Der Wald hat auf den Menschen eine besondere Wirkung. Durch seine Umgebung ist der Mensch in der Lage eine Vielzahl an multisensorischen Wahrneh- mungen zu erfahren. Eine Stu- die von Kühn et al.: In search of featurest that constitute an „enriched environment“ in hum- ans: Associations between geo- Abb. 3 Der Maulwurf Grabowski Gebaute Umwelt graphical properties and braun structure konnte eine Korrela- Was ist Architekturpsychologie? tion von älteren Menschen mit Architekturpsychologie gehört zum Gebiet der Psychologie, genau- einer gesunden / unversehrten er gesagt zur Umweltpsychologie. Diese wurde ca. 1940 gegründet Amygdala und einem urbanen und ergründet das menschliche Verhalten in Bezug auf seine Um- Umfeld, mit unmittelbar in der welt. Umwelt kann hierbei in zwei dichotomen Größen dargestellt Nähe liegenden Grünflächen werden: Als dichotome Größe hat die natürliche Umwelt keinerlei oder ähnlichen natürlichen Um- Spuren oder Einflüsse der Menschen. Eine solche Umwelt ist je- gebungen herstellen.
12 13 der großen Gesundheitsproble- nen; Sehen, Hören, Riechen und Fühlen eine Vielzahl anderer Sinne Waldes zurückgeführt werden me des 21. Jahrhunderts ist. hinzu, die größtenteils in unserem Unterbewusstsein agieren. Hier- und bestätigen aktuelle Trends Folgen von konstantem Stress zu gehören z.B. unser Balancegefühl, sowie unser Blutzuckerspie- zur Stressbekämpfung wie „Fo- sind z.B.: Übergewicht, Herz- gel und weitere Faktoren die aktuell erforscht werden. Diese Sinne rest Bathing“. kreislauf Probleme, Krebs, psy- arbeiten nicht getrennt voneinander, sondern bilden ein komplexes chische Beeinträchtigungen und und ausbalanciertes Wahrnehmungssystem, mit dem wir unsere Berührungsbedingte Wohlfüh- Störungen, wie Depressionen Umwelt erfassen. Architektur, die eine komplette sensorische Sti- laspekte oder Drogenmissbrauch. Stress mulierung erreichen will, muss mehr Wohlfühl-Faktoren in Betracht Unter dem Begriff „Somatosen- als Zustand wird definiert als ziehen als bloße visuelle Stimulierung. Einige wichtige Aspekte sind sation“ kann das Erfassen ei- eine Reaktion auf eine Ände- folgende: nes Objektes durch Berührung, rung des Umfeldes, welche als Temperatur, Körperposition überwältigend wahrgenommen Tageszyklische Wohlfühlaspekte im Vergleich zum Objekt und wird. Akuter Stress kann hierbei Das Miterleben des Sonnenstandes über einen Tag hilft uns einen eventuelle Schmerzimpulse der auch gut sein, da der Körper als geregelten Rhythmus zu finden der uns im Gegenzug gesundheit- Rezeptoren zusammengefasst Reaktion Adrenalin und Cortisol lich gut tut. Es gibt bereits viele Erkenntnisse zu der Bedeutung des werden. Das bedeutet, dass das ausschüttet, um die Situation be- Cortisols-/ und Melatonin Spiegels in unserem Körper. Bekannt ist, Fühlen eines Objektes eine Viel- wältigen zu können. Allerdings dass eine hinreichende Anzahl an Fenstern, um den Tagesverlauf zahl an Informationen bereit- benötigt es danach Ruhezeiten, in der Wohnung miterleben zu können ein wichtiger Qualitätsaspekt stellt. Diese Informationenviel- damit der Körper wieder in eine der Wohnung darstellt. Allerdings sollte auch die Art der Beleuch- fallt bestimmen unter anderem Balance zurückfinden kann. In tung durch die Fenster beachtet werden. Gerichtetes Licht von einer auch Farbe, Textur, Materialität unserer heutigen Umwelt gibt Seite lässt uns räumliche Situationen schwieriger einordnen. Auch und unsere Einstellung gegen- es viele Stress-Auslöser. Schon die Lichtfarbe von Beleuchtungen beeinflussen unseren Tageszyk- über der Oberfläche. Zusätzlich Biophilic Design Grundlagen 2, unser Telefon, eine Krankenwa- lus. LED’s mit einer Kelvin Temperatur über 3000 können bereits werden diese Informationen be- Prof. Helena van Vliet gensirene oder eine Abgabe im zu einer Störung dieses Systems führen. Die Folgen eines unregel- reits bei visueller Betrachtung Büro führen zu Stress, der sich mäßigen Tageszyklus sind mitunter ein geschwächtes Immunsys- aus unserem Unterbewusstsein akkumuliert und ein künstliches tem, die Unterbindung von gewichtsregulierenden Hormonen, eine abgerufen. Wenn wir also für Einleitung Gefühl von konstanter Bedro- höhere Chance an Krebs zu erkranken, sowie ein unproduktiverer das Auge entwerfen, designen We can not protect what we do not love, we can not love what we hung zur Folge hat. Daraus kön- Energiehaushalt. wir zwingend für Berührungen do not know, and we can not know what we do not see. Or hear. Or nen wir schließen das unsere mit, auch wenn die Oberfläche sense… Umwelt nicht nachhaltig für uns Akustische Wohlfühlaspekte des Materials durch die räum- Richard Louv, ‘The Nature Principle’ ist. In unseren gebauten Umwelten rückt die Geräuschkulisse der Natur liche Anordnung nicht berührt immer weiter in den Hintergrund. Der durch menschenverursachten werden kann. Dieses Zitat beschreibt, den Schwerpunkt der 2. Vorlesung von He- Mit diesem Hintergrundgedan- Lärm hindert uns daran unsere Umwelt wahrzunehmen und verrin- lena van Vliet. Es geht um unsere Sinne und wie diese uns beein- ken haben Architekten die Mög- gert unsere Verbindung zu dieser. Zudem wird auch die Tierwelt Thermische Wohlfühlaspekte flussen gewisse Gestaltungselemente zu bewerten. Das Wissen um lichkeit, vorbeugend die Umwelt durch laute Geräusche stark beeinträchtigt, sodass z.B.: Fledermäu- Es ist lange bewiesen und diesen Vorgang, welcher eng mit zeitgenössischer Forschungen von nachhaltig zu gestalten. Das se und Eulen mehr Energie für die Jagd aufwenden müssen und weitestgehend bekannt, dass verschiedenen medizinischen und biologischen Studien verbunden Bedeutet, dass das entworfene letztendlich in Ihren Beständen gefährdet werden. Menschen sich bei einer Um- ist, kann uns als Designer dabei helfen unsere gebaute Umwelt Gebäude den psychologischen Allerdings bedeutet die Geräuschbelastung auch für uns Menschen gebungstemperatur von 19-25 mehr in einen Einklang mit der Natur zu rücken und die Räume in und physiologischen Ansprü- ein höheres Risiko an psychischen Störungen, wie z.B.: Depressio- Grad wohl fühlen. Dies kann zur denen wir uns aufhalten tatsächlich für den Menschen zu planen chen seiner Nutzer*in gerecht nen. Studien haben bewiesen, dass im Vergleich zwischen urbanen gleichen Zeit mit nachhaltigen und zu gestalten. wird. Durch eine Umgebung, die und Naturgeräuschen eine Genesung nach einer psychologischen Energiekonzepten kombiniert unsere „Glück und Belohnung“ Stresssituation durch die Naturgeräusche um 37% schneller vollzo- werden, um die Verschwendung Stress und Wohlfühlen Areale im Gehirn stimulieren, gen wird. Geräusche wie Vogelgezwitscher, fließendes Wasser oder von Wertvollen Ressourcen der Beginnend wurde der Begriff des homöostatischen Wohlfühlens wird eine Umwelt geschaffen, eine leichte Brise werden von uns instinktiv als positiv eingestuft und Erde einzudämmen. erläutert. In der natürlichen Umwelt ist das Primärziel eines jeden die nachhaltig gegen den Stress können helfen sich zu entspannen. Lebewesens zu überleben und sich fortzupflanzen. Über mehrere der sonstigen Außenwelt ar- Negative Ionisation der Luft Generationen gesehen, ist eine überlebensfördernde Haltung effek- beitet und den Nutzer*in eine Geruchsbedinge Wohlfühlaspekte Negative Ionen sind Moleküle, tiver. Homöostatische Effizienz beschreibt eine Balance, mit welcher Chance zur Erholung bietet. Von unseren Sinnen ist der Geruchssinn der einzige, der direkt mit die eine zusätzliche negative der Mensch effektiv leben kann. Wohlfühlen beschreibt also eine Biophilie kann hierbei als Leit- der Amygdala und dem Hippocampus verbunden ist. In diesen Be- Ladung besitzen und sich in er- Balance des Körpers im Einklang mit der Umgebung. Dieser Effekt faden dienen, um eine solche reichen des Gehirns werden vor allem Emotionen und Erinnerungen höhter Anzahl in Wäldern oder kann durch zwei Faktoren erreicht werden, die evolutionär in uns Umwelt zu realisieren. verarbeitet. Diese besonders starke Verbindung zwischen Gerüchen in der Nähe von fließenden Ge- eingebettet sind. Die Vermeidung von Schmerzen und Bestrafung, und Emotionen stellt ein Potential dar, welches durch gezieltes Ein- wässern befinden. Sie beeinflus- sowie das Streben nach Glück und Belohnung. Wenn wir uns also Sensorische Erfassungsmöglich- setzen bestimmter Materialen oder Düfte ausgenutzt werden kann. sen den Menschen durch eine Wohlfühlen ist das ein Zeichen, dass wir in einer für uns nachhalti- keiten Ein Beispiel für die Wirkung von bestimmten Gerüchen sind Wäl- biochemische Reaktion und er- gen Umwelt leben. Wir nehmen unsere Umwelt mit- dern, in denen Phytonciden (essenziellen Öle) vorhanden sind. Stu- höhen den Serotonin-Ausstoß. tels unserer Sinne wahr. Jedoch dien belegen, dass das Immunsystem durch Waldbesuche gestärkt Serotonin führt wiederum zu Dem Wohlfühlen gegenüber steht der Stress, der gleichzeitig eines kommen zu den bekannten Sin- und Stress reduziert wird. Dies kann auf die Geruchslandschaft des einer besseren Stimmung und
14 15 kann Stress, sowie Depressionen lindern / vermeiden. Warme, tro- Das Nutzen von natürlichen Ma- den Innenraum als angenehmer empfunden wird als ein Platz in der als Architekten der Umwelt, wie ckene Luft verringert die Anzahl an negativen Ionen und reduziert terialien ist neben dem Nach- Raummitte. Dasselbe Prinzip lässt sich auch auf öffentlichen Plät- auch dem Menschen gegenüber den potenziellen Effekt. Ein typischer Büroraum hat z.B. 100 Ionen/ haltigkeitsaspekt auch meistens zen beobachten. Menschen halten sich lieber am Rand des Platzes gerecht zu werden. cm³ während sich im freien, bei unverschmutzter Luft deutlich mehr mit einer besonderen Haptik als in der Platzmitte auf, da am Rand mehr Schutz geboten wird und Ionen befinden (300-1000 Ionen/cm³). verbunden, welche in Innenräu- idealerweise durch Nischen oder Säulenreihen ungewollte Sichtkon- Der Methodenkatalog zur Bio- men zur Atmosphäre beitragen takte eingeschränkt sind. philie stellt eine Vielzahl an Kombination von Wohlfühlaspekten können. Pflanzen die in die Pla- Gestaltungsmitteln und Vorge- In der Kombination sind diese verschiedenen Einflussfaktoren maß- nung integriert sind, wie es z.B. hensweisen dar, die vielleicht gebend für unser Erleben eines Raumes und unserer gebauten Um- bei „grünen, lebenden Wänden“ schon unterbewusst verwendet welt. Durch eine gezielte Planung der Räume und das Beachten der Fall ist haben zudem eine wurden, jedoch in Ihrer Kombi- unserer Sinnesorgane können wir bestehende Architektur genauer Vielzahl an positiven Effekten. nation ein Potential für die Ar- analysieren und kategorisieren, als auch neue Architektur und De- Sie können für eine natürlichen chitektur von Morgen darstellt. signs zielbewusst gestalten. Sonnenschutz sorgen, als auch Der Menschheit wird stetig mehr zur Luftqualität und Feuchtigkeit bewusst wie essenziell unsere Elemente der Biophilie beitragen. Akustische Störun- Verbindung zur Natur ist. Durch Es wurden verschiedene Elemente vorgestellt, die einen Methoden/ gen können durch eine lebende diese Vorlesung wurde mir klar, Elemente Katalog darstellen, um die oben beschriebenen Wohlfühl- Wand auch gedämpft werden, wieviel wir bereits von dieser faktoren möglichst effizient zu befriedigen. sowie olfaktorische Erlebnisse Verbindung verloren haben. Die ermöglichen. Methoden und Ansichtsweisen Eine Verbindung zur Natur kann z.B. formalistisch durch eine Ver- stellen jedoch Möglichkeiten schmelzung von Gebäude und Natur realisiert werden. Fließendes Zudem sollten Räume so mit dar, mit denen wir diese Verbin- Wasser, als beruhigendes Element, wie auch Frank Loyd Wright es Öffnungen / Fensterflächen ge- dung wiederherstellen können in seinem „Falling Water“ House angewendet hat, stärkt das Immun- staltet werden, dass der natür- und Natur und Architektur wie- system und schafft einen Ort der Erholung. liche Tagesrhythmus im Innen- der in einen Einklang bringen raum miterlebt werden kann und Abb. 5 Prospect and refuge können. im besten Fall sogar den Innen- raum in Szene setzt. „Geordnete Komplexität“ (Spatial& Fractal), beschreibt Strukturen oder Muster die visuell kategorisiert, zwischen langweilig, aber ein- Designaspekte der Biophilie fach und kompliziert, aber unübersichtlich stehen. Muster, die sich Neben den genannten Elemen- wiederholen aber in sich eine gewisse Komplexität beweisen, wer- ten wurden auch sogenannte den von uns als angenehmer empfunden. „Biophilic Patterns“ vorgestellt, die sich in ihrer Definition an „A „Spiel“ als Muster beschreibt ein räumliches Potenzial durch Bewe- Pattern Language“ von Chris- gung und Interaktion mit der Umwelt. Die aktive Auseinandersetzung toph Alexander anlehnen. Diese mit dem Raum kann hierbei zu einer erhöhten Ausschüttung von En- Muster oder Designaspekte ver- dorphinen führen. „Spiel“ ist verknüpft mit anderen Mustern wie z.B. knüpfen menschliche Gefühle mit Zufluchtsräumen, um sich auch von der Interaktion wieder zu- und Bedürfnisse mit architekto- rückziehen zu können oder auch mit dem Muster der „Entdeckung“. nischen Gestaltungselementen und definieren somit einen Me- Das Mysteriöse zieht uns an und führt uns dazu mit unserer Umwelt thodenkatalog, der die Elemen- zu interagieren oder sich näher zu beschäftigen. Als räumliche Mani- te der Biophilie erweitern. festation spielt „Entdeckung“ mit ungewissen Übergängen zu ande- ren räumlichen Situationen und mit dem Verbergen von Elementen, Einige dieser Punkte sind: im Gegensatz zum direkten Zeigen und Gestalten dieser. Treppen „Zuflucht und Übersicht“ (Re- können dieses Potential gut nutzen, da sie durch ihre vertikale Ver- fuge and Prospect), die eine bindung uns in Bereiche führen, die vorerst nicht einsehbar sind. räumliche Situation beschreiben Eine gezielte Definition der Wegführung in Gebäuden kann somit zu in denen wir geschützt von un- Interesse und anschließendem Erfolgsgefühl des Besuchers führen. serer Umwelt sind, aber gleich- zeitig einen möglichst großen Fazit Überblick haben. Dass wir Orte Beschäftigen wir uns damit wie wir unsere Umwelt erfahren, treten Abb. 4 Falling Water Franky Lloyd Wright wir etwas aus der gewohnten Fachwelt der Architektur aus und bege- mit dem Potenzial an Zuflucht Übergangsräume ermöglichen einen angenehmeren Bewegungs- und Übersicht bevorzugen kann ben uns in wissenschaftliche Bereiche, wie die Neurowissenschaf- fluss zwischen unterschiedlichen Räumen und Nutzungen, sowie man z.B. in Cafés sehen. Rand- ten, Medizin oder Psychologie. Gleichzeitig aber entfernen wir uns zwischen Bereichen des Privaten und Öffentlichen. Biomorphe For- bereiche werden als erstes be- nicht von der Disziplin der Architektur, sondern nähern uns vielmehr men können hierbei sowohl visuell als auch für die Bewegung im setzt, da meistens eine Wand im dieser. Mich haben die vorgestellten Forschungen und Erkenntnisse Raum zu einer angenehmeren Atmosphäre beitragen. Rücken und eine Aussicht auf sehr beindruckt, da sie uns helfen können unsere Verantwortung
16 17 Die Salutogenese von Aaron An- der WHO zur Gesundheitsförderung die sog. Ottawa-Charta (WHO tonowsky vs. Die Medizinische 1986) verabschiedet. Die Charta stellt inhaltlich und methodisch Pathogenese Strategien zur Entwicklung einer gesundheitsfördernden Gesamt- poltik dar, die den Wandel des gesundheitspolitischen Leitbildes von Die Salutogenese (also Ge- der Verhütung von Krankheiten hin zur aktiven Förderung der Ge- sundheitsförderung) hebt als sundheit wiederspiegelt. Dieses Gesundheitskonzept legt den Fo- Resilienz-Modell zur Abwen- kus vor allem auf die Erhaltung der Gesundheit, die Stärkung von dung von Gesundheitsrisiken Gesundheitsressourcen und die Schaffung gesundheitsförderlicher Bewältigungsstrategien und Umwelten. Widerstandsressourcen in den Vordergrund. Das Modell dient der WHO in der Gesundheits- förderung als anerkannte kon- zeptionelle Grundlage, um fest- zulegen, was den Menschen (langfristig) gesund hält, wäh- Abb.8 PAKARA-Modell rend sich die medizinische Pa- thogenese nur damit beschäf- Es stellt ein wichtiges Werkzeug tigt, warum der Mensch krank der Architekturpsychologie dar, ist. das mittels empirischer Beweis- führung den Zusammenhang Wenn die Ressourcen und ex- zwischen Stadtarchitektur und Gesundheitsförderung, ternen Stimuli im Leben eines Gesundheit ermittelt und dar- Prof. Dr. Elisabeth Schloeder Menschen dem Modell entspre- aus konkrete architektonische chen verständlich (Verstehbar- Interventionen ableiten lässt. keit), sinnvoll (Sinnhaftigkeit) Im PAKARA-Modell sind drei Im zweiten Teil der Vorlesungsreihe von Frau Prof. Dr. Schloeder und handhabbar (Handhabbar- zentrale gesundheitsdefinieren- wurden im Rahmen der weiteren theoretischen Auseinanderset- keit) sind, wird ein Kohärenz- de Bedürfnisse festgelegt, die zung zur Bedeutung der Gesundheit für die Architektur, Städte- und gefühl (sence of coherence) durch Stadtarchitektur „gesät- Raumplanung in Verbindung mit der Natur zunächst der Paradig- erreicht und somit wesentliche tigt“ werden können: Stimulati- menwechsel in der Betrachtung von Krankheit und Gesundheit be- Ressourcen zur Krankheitsbe- on, Identifikation und Privatheit. schrieben, sowie verschiedene Konzepte und Modelle der systemi- wältigung und Abwehr von Be- Dabei unterscheidet das Modell schen Gesundheitsförderung beschrieben. lastungen bereitgestellt. Diese Abb. 7 Setting-Ansatz die beiden Einflusspole Unter- Aspekte lassen sich auch auf die vs. Übersättigung. Mit der schon im ersten Vortrag von Prof. Dr. Schloeder themati- Ein weiteres zentrales Fundament der Gesundheitsförderung stellt Gesundheitsförderlichkeit von sierten zunehmenden Bedeutung der Gesundheit nicht nur als Vor- der sog. „Setting“-Ansatz oder auch Lebenswelten-Ansatz dar. Die- Wie in Abb.3 zu sehen, ist die Stadt- und umbauten architek- aussetzung für eine funktionierende Volkswirtschaft, sondern auch ser bezieht die sozialen Umstände der Menschen mit ein und erfasst Stadtarchitektur im PAKA- tonischen Räumen übertragen. im sozialen und politischen Kontext des 21. Jahrhundert, griff die den Einfluss der Umwelt auf den Menschen. Der Schwerpunkt liegt RA-Modell in drei Sektoren bzw. Werden die drei genannten Fak- WHO in ihrer 2000 abgehaltenen Weltkonferenz „Urban 21“ über darauf gesundheitliche Potenziale und nachhaltige salutogenetische Interventionsebenen gegliedert, toren erfüllt, nimmt der Mensch die Zukunft der Städte Impulse zur Verbesserung der Gesundheit, Städteentwicklung zu fördern. die auch namensgebend für das den Raum als kohärent war und Lebensqualität und des Wohlbefindens des Menschen auf. Wichtige dieser ist gesundheitsfördernd. Modell sind: die Präventive Ar- Grundlage für die Theorie und Praxis von Public Health bietet der Sowohl die Ottawa-Charta als auch der Setting-Ansatz definieren chitektur, die Kurative Architek- systemische Ansatz des Medizinologen Aaron Antonovsk, der dem grundlegende Bedingungen von Gesundheit. Diese sind Frieden, tur und die Rehabilitative Archi- Gesundheitsförderung: Modelle Prozess der Pathogenese den der Salutogenese gegenüberstellt. angemessene Wohnbedingungen, Bildung, Ernährung, Einkom- tektur. Es wurde im Rahmen des und Konzepte men, Stabiles Öko-System, Sorgfältige Verwendung vorhandener Projektes Architektur, Psycho- Naturressourcen, Soziale Gerechtigkeit, Chancengleichheit. logie und Globale Gesundheit Die zentrale Aufgabe der Ge- sundheitsförderung liegt also 2019 an der TU München ent- Der Gesundheitsförderung sind zwei Prozesse inhärent. Auf der ei- wickelt (unter Prof. Dr. rer. Nat. darin Gesundheit und damit Le- nen Seite sollen Menschen dazu befähigt werden, sich eigenständig Tanja C. Vollmer). bensqualität zu erreichen bzw. für gesunde Lebensbedingungen einzusetzen und eigene, gesün- zu erhalten. Die Theorieent- dere Verhaltensweisen und -muster umzusetzen (Verhaltenspräven- Das Vorhandensein oder wicklung zur Salutogenese hat tion). Auf der anderen Seite sollen gesellschaftliche Bedingungen Nicht-Vorhandensein der drei maßgeblich dazu beigetragen, so verändert werden, dass sich gesundheitsrelevante Lebensbedin- gesundheitsdefinierenden Be- dass Gesundheitsförderung auf gungen zeitgleich auch verbessern. (Verhältnisprävention) dürfnisse (Stimulation, Identifi- vielen Ebenen Impuls für Wei- terentwicklung war. kation und Privatheit) in Kombi- Ein drittes Modell – das PAKARA-Modell – thematisiert konkret den nation miteinander beeinflusst, So wurde im Rahmen der ers- Zusammenhang zwischen Stadtarchitektur und unserer Gesundheit. ob eine Stadtarchitektur als Abb.6 Salutogenesemodell nach Antonowsky ten internationalen Konferenz
18 19 präventiv, kurativ oder rehabilitativ wahrgenommen wird. Präventive Architektur trägt in der Wechselwirkung zum Menschen dazu bei, Krankheit vorzubeugen und kurative Architektur kann Gesundheit wiederherstellen. Diese Architekturen werden auch als Healing Ar- chitecture bezeichnet. Die rehabilitative Architektur deckt beide Be- reiche zu gleichen Teilen ab. Ob die Gesundheitsdefinierenden Fak- toren über- oder untersättigt werden, hängt von externen Faktoren ab (zum Beispiel Architektur). Dieser Definition liegt zugrunde, dass die Psychologie von Grund- bedürfnissen ausgeht, deren Sättigungsgrad zwar individuell unter- schiedlich ausgeprägt sind, aber von externen Faktoren beeinflusst werden. Veranschaulichen lässt sich dies anhand des Beispiels der Gründerzeitarchitektur. Solche Straßenzüge werden als anregend und stimulierend wahrgenommen, im Gegensatz zu häufig als mo- noton empfundener zeitgenössischer Stadtarchitektur. Hier spie- len vor allem die Oberflächen eine zentrale Rolle. Sie haben eine kommunikative Funktion, vermitteln sensorische, visuelle und taktile Wahrnehmungsreize im städtischen Raum und können so messbar die Stimmung der Bewohner*innen im Stadtraum heben. Abschließend lässt sich zusammenfassen, dass ein Einfluss von Ar- chitektur auf die Gesundheitsförderung längst empirisch bewiesen ist. Die hier erläuterten Modelle können Planer*innen eine Hilfestel- lung sein und erläutern Zusammenhänge anschaulich. Dabei bleibt zu beachten, dass immer auch individuelle Wahrnehmung oder der persönliche Background beeinflussen, wie die Wirkung von Architek- tur und Stadtraum auf die Gesundheit des Individuums ist. Gemein- same Faktoren und Einflüsse sind aber in allen hier aufgeführten Modellen wiederzufinden und können zumindest eine Orientierung beim Planen und beim Gestalten der Umwelt bieten.
20 21 war dabei ebenfalls bei vielen Gruppen sehr wichtig, zum Beispiel Im nächsten Teil der Sitzung In einer aktiven Work- wurden von Wasser gespeiste Spiellandschaften integriert. hat Prof. Helena van Vliet wei- shop-Übung haben wir dann Einige Gruppen haben auch an der Formgebung des Gebäudes ge- tere Praxisbezüge des biophilen in einem nächsten Schritt am arbeitet und durch das Integrieren von Mustern wie den „Soft Edges“ Designs vor allem im urbanen Beispiel einer diagrammati- eine naturnahe und somit für Nutzer*innen angenehmere Formen- Kontext hergestellt. Wir sind der schen städtebaulichen Planung sprache gefunden. Außerdem wurden beispielsweise überdachte Frage auf den Grund gegangen, für einen Kindergarten (siehe Außenbereiche geschaffen, um Übergangszonen zwischen Innen inwiefern Biophiles Design dazu Abb.1) in kleineren Gruppen und Außen zu schaffen. beitragen kann, dass unser planerische Vorschläge und „well-being“ auch im Lebens- Konzepte zur Verbesserung des raum Stadt gesichert ist. Das Entwurfs entwickelt. Der vorge- Leben in der Stadt bringt viele schlagene Kindergarten liegt gesundheitsschädliche Fakto- zwischen zwei großen Straßen ren mit sich und vor allem mit (von denen entsprechende Ge- den immer stärker spürbaren fahren und Emissionen ausge- Auswirkungen des Klimawan- hen) und einem Bach mit den dels, ergeben sich immer mehr ihn umgebenden potenziellen ungesunde Faktoren im alltägli- Überflutungsflächen. In Break- chen Leben. Out-Rooms hatten wir 20 Minu- ten Zeit, um zu diskutieren und In der Stadt sind Gebäude unser schnelle Konzepte und Skizzen Habitat, unser Bezug zur Natur zu entwickeln. Abschließend geht verloren (was an und für Biophilic Urbanism Grundlagen: Living Air Conditioning | haben wir in der großen Runde sich schon negativen Einfluss Ecotonal Building Envelopes | Design for Biodiversity, über die Workshop-Ergebnisse auf unsere Gesundheit nimmt) Prof. Helena van Vliet diskutiert. und die Auswirkungen des Kli- mawandels sind gerade in der Hierbei war auffallend, dass Stadt besonders stark zu spü- Im dritten Teil der Vorlesungsreihe mit Prof. Helena van Vliet wurden quasi alle Gruppen den Kin- ren, da im Sommer Überhitzung die in den ersten beiden Sitzungen vermittelten theoretischen Wis- dergarten räumlich und sicht- und fehlende Abkühlung starke sensgrundlagen zum biophilen Design in den praktischen urbanen feld-mäßig zum Straßenraum Belastungen für jede*n darstel- Kontext übertragen. In dieser Sitzung haben wir zunächst anhand abgegrenzt haben, zum Beispiel len. Zeitgleich trägt besonders von präsentierten Beispielen, Diskussionen und einer aktiven Work- durch Begrünung. Hierbei war Abb. 10 Entwurfsskizze Gruppe Stefan, Katharina, Annika und Evelyn das Bauen des Stadtraumes shop-Übung die in den vorangegangen Sitzungen besprochenen nicht nur der Bezug zur Natur dazu bei, dass der Klimawandel biophilen Elemente und Muster genauer betrachtet. Gemeinsam und das Abwehren von gesund- voranschreitet – das Bauwesen haben wir besprochen, inwiefern diese Muster in hier beispielhaft heitlichen Gefahren ausschlag- ist der größte Verursacher von aufgeführten Architekturen wiederzufinden sind und das theoreti- gebende Faktoren, sondern CO2-Emissionen und bietet da- sche Schema des „Building Blocks for Physiological Well-Being in auch das Schaffen des „Sanctu- mit auch den größten Angriffs- the Built Environment“ so nochmal veranschaulicht. ary“, also eines Schutzraumes, punkt um diese zu senken. zum Beispiel durch Einbeziehen des angrenzenden Parkplatzes. Um aber den Klimawandel zu bekämpfen, müssen aber vor Darüber hinaus haben viele allem Stadtbewohner*innen Gruppen das Kindergartenge- zunächst wieder einen größe- bäude als Dreh- und Angelpunkt ren Bezug zur Natur herstellen. genutzt, um eine Abgrenzung Biophilie kann an dieser Stelle und einen Filter zwischen Stadt- einen großen Beitrag zu mehr (Straße) und Naturraum (Bach- Nachhaltigkeit leisten, denn bett) herzustellen. Mit dem Weg es aktiviert das Genuss-Be- durch das Gebäude wird das lohnungs-System und schafft Eintreten in die Natur eingeleitet. ein Bewusstsein gegenüber Auf der dem Bach zugewand- der Natur. Biophile Architektur ten Seite des Gebäudes wurde kann also nicht nur einen posi- dann häufig der Ausblick in die tiven Einfluss auf unser Klima Natur mit einem Punkt zum Ver- nehmen, weil ihr ein geringerer weilen inszeniert. Der Einbezug CO2-Ausstoß inhärent ist als Abb. 9 Planungsvorschlag für einen Kindergarten zwischen einem Bach und zwei des Bachlaufs in die Außenanla- Abb. 11 Entwurfsskizze Gruppe Patricia und Christina „herkömmlicher“ Architektur, großen Straßen. genplanung des Kindergartens sondern weil sie die Nutzer*in-
22 23 nen zur Natur zurückführt und sie dazu zwingt, das eigene Verhalten te Raum mehr in die Natur und noch zusätzlich, es entsteht also ein Teufelskreislauf. ken. Es gibt bereits viele neue so anzupassen, dass es mit der Natur und unserer Erde funktioniert. die ihn umgebende Landschaft Werkzeuge für Architekt*innen integriert werden muss. Wichti- Ein Lösungsvorschlag an dieser Stelle ist der Einsatz von natürli- und Planer*innen, um diese Zie- Wir müssen uns quasi evolutionär optimieren, um nicht die Verlierer ge Maßnahmen sind hier zum chen Klimaanlagen. Hierzu zählen zum Beispiel: le zu verfolgen. Sie müssen nur dieses Klimawandels zu werden und unsere Architektur und gebau- Beispiel: Gebäudebegrünung und Stadtbegrünung: Pflanzen transportieren verstanden, gelernt und ange- te Umwelt so designen, dass sie zu einem naturnäheren Leben und - Pflanzen an Gebäuden integ- Wasser aus dem Erdboden über ihre Wurzeln in die Pflanze und wandt werden. damit zu unserem Überleben beiträgt. Gebäude müssen „Natur wer- rieren verdampfen es auf den Blattoberflächen. Eine Begrünung von ent- den“, zur Ökologie der sie umgebenden Stadt beitragen und einen - „Vertikale“ Wälder schaffen sprechenden schattenspendenden Konstruktionen, Fassaden oder Beitrag zu Nachhaltigkeit und dem Kampf gegen den Klimawandel über Fassadenbegrünung Dächern kann durch Verdampfung eine Abkühlung der Oberflächen leisten. Sie müssen überlebenswichtige Prozesse wie Photosynthe- - Dachflächen als Grünräume von 5 bis 10 C° herbeiführen. se, die CO2-Speicherung, eine große Biodiversität absichern und und Mikro-Habitate nutzen Lebensräume für alle Arten schaffen. Denn eine große Artenvielfalt - Alle Oberflächen an Gebäuden Wasserstellen, Springbrunnen u.Ä. im Stadtraum: Auch hier kann und ein natürliches Habitat tragen zu besserem Klima und damit nutzen, um Habitate zu schaffen über Verdampfung die Umgebungstemperatur abgekühlt werden. auch zu unserer Gesundheit und unserem Well-Being bei. nicht mehr trennen zwischen Gebäude und Landschaft bzw. 3. Buildings as Carbon Sponges Biophilic Design: Living Buildings bessere Integrierung der Ge- Das Baugewerbe und Gebäude erzeugen einen riesigen CO2-Fuß- Aber wie genau können Gebäude ökologisch und nachhaltig designt bäude in die Landschaft (z.B. abdruck. Hierbei entstehen bis zu 49 % der Emissionen durch werden? Wie können sie einen Beitrag zu einer höheren Biodiver- Gebäude als Berge und Hügel die während des Bauprozesses in der Bausubstanz gebundenen sität und einer naturnahen gesünderen Umwelt leisten? Im Prinzip gestalten) CO2-Emissionen und nur die restlichen 51 % durch die tatsächli- müssen die Gebäude „lebendig“ und zur Natur selbst werden. Im - Natur, Pflanzen und Vegetati- che Gebäudenutzung. Dem Motto „Moving from net-zero towards urbanen biophilen Design gibt es dazu verschiedene Konzepte und on als Design-Sprache nutzen; net-positive buildings” folgend, ist dabei wichtig zu beachten, dass Herangehensweisen, die im Folgenden näher erläutert werden sol- Haptiken aus der Natur bewusst ein Gebäude mit wenig Emissionen während der Nutzung (zum Bei- len. einsetzen spiel ein Passivhaus), nicht automatisch bedeutet, dass der ökologi- - Biodiversität sichern, um Le- sche Fußabdruck geringer ist, weil beispielsweise viel mehr Emissi- bensräume zu erhalten (z.B. für onen in der Bausubstanz gebunden sind. Es gibt aber Möglichkeiten, Bienen) dass ein Gebäude zu einem „Co2-Schwamm“ wird, der Emissionen - Vogelfreundlich Bauen (kein in sich bindet. reflektierendes Glas, keine be- leuchtete Fenster in der Nacht, Hier ist der Lösungsweg, Materialien aus natürlichen, nachwachsen- keine Begrünung in Atrien im den Rohstoffen zu nutzen, die von sich aus viel CO2 speichern und Inneren von Gebäuden, keine außerdem einen geringeren CO2-Abdruck während des Bauens er- Glasbrüstungen, da diese To- zeugen. Dies sind v.a. natürliche Materialien wie z.B. Holz, Kork, desfallen für Vögel sind. Statt- Stroh, Cellulose und Werkstoffe aus nachhaltigen Materialien. Eine dessen z.B. vogelfreundliche nachhaltige Produktionsweise mit entsprechenden Zertifizierungen Glasfritten einsetzen oder vo- ist dabei ebenfalls wichtig. gelfreundlich mit entsprechen- den Materialien arbeiten) 4. Biophilic Urban Acupuncture: - Vegetation und Pflanzen als Diese biophile urbane Planungs-Strategie arbeitet mit dem Imple- neue Design-Sprache mentieren von punktuellen biophilen Elementen im Stadtraum. Mit - Anpassung der Gebäude an wenigen kleinen und punktuellen Eingriffen können bereits große Jahreszeiten mit bedenken und Effekte erzielt werden. Hierzu zählen z.B.: einplanen - Kleine Grünflächen - Wasser und Einsatz von Wassergeräuschen: überdeckt Verkehrs- 2. Living Air Conditioning geräusche und schafft Orte zum Abkühlen und Verweilen. Das mit der Klimaerwärmung - Lebensräume renaturieren einhergehende Problem von - Brückendesign, sodass Wasser in einer Stadt erlebbar wird: z.B. immer höheren und extreme- Ökologische Treppen ren Temperaturen, an die der - Agrihoods: Lebensmittelproduktion im direkten Wohnumfeld menschliche Körper sich nicht Urban Wildlife Habitat Corridors: - Grünzüge durch die Stadt; z.B. mehr anpassen kann und die zu High Line NYC Abb. 12 Hotel von Jean Nouvel in Sao Paolo mit einer pflanzen-bedeckten Fassade physischem und psychischem Unwohlsein und Beschwerden Abschließend lässt sich zusammenfassen, dass Planen und Ge- 1. Buildings as Habitats: Ecotonal Building Envelopes (Ökotonale führen, erschweren vor allem in stalten auf einem urbanen Maßstab wie auch im Maßstab einzelner Gebäudehüllen) der Stadt das Leben. Das „Da- Gebäude einen relevanten Beitrag auf dem Weg zu einer nachhalti- Als „ökotonal“ wird in der Ökologie ein Übergangsbereich zwischen gegenanarbeiten“ mit künstli- geren und gesünderen Umwelt leisten können. Es gibt nicht nur die zwei verschiedenen Ökosystemen oder Landschaften bezeichnet. chen Klimaanlagen bestärkt die- Möglichkeit Emissionen durch nachhaltigeres Bauen einzusparen, Im Kontext der urbanen Biophilie heißt dies also, dass der gebau- sen Prozess der Erderwärmung Planungen können sich sogar „net-positive“ auf das Klima auswir-
24 25 kret bei der Gestaltung einer tens. Zum ersten Mal wird hier der Natur als solcher eine heilende heilsamen Umgebung leisten? Wirkung zugesprochen, ohne den Umweg über die spirituelle Trans- Dass Architektur und Design formation zu gehen. die Prozesse und das Verhalten Im 19. Jahrhundert maß man besonders der Belüftung und Belich- zwischen Patienten, Angehöri- tung von Krankensälen eine große Bedeutung bei, um Genesungs- gen und Krankenhauspersonal prozesse zu fördern. Dies zeigte sich in meist einstöckigen, kleinen beeinflussen, ist bereits nach- Pavillons mit großen Fensterfronten, Austrittsmöglichkeiten und gewiesen; ebenso dass gebaute ausgeklügelten Belüftungssystemen. Dies geht unter anderem auf und umbaute Räume eindeutig Florence Nightingale zurück, die mit der Behandlung von Soldaten Einfluss auf Körper und Psyche betraut war. Sie setzte sich für eine gute Belichtung und Belüftung von Menschen haben. der Patientenzimmer, Ausblicke auf eine natürliche Umgebung, so- wie stärkere hygienische Maßnahmen ein. Auch die Operationssäle Nun der Blick in die Geschichte: waren zu dieser Zeit typischerweise lichtdurchflutet. Bereits in der Antike suchten Kranke und Arme Orte auf, von In der Nachkriegszeit änderte sich der Fokus beim Krankenhausbau denen sie sich Heilung und Ge- schließlich stark hin zu einer ökonomischeren, mehrgeschossigen nesung erhofften. Typischerwei- Bauweise. Immer detailliertere Behandlungsmöglichkeiten und -me- se fand man diese Orte meist thoden ließen den Platzbedarf rasant steigen, sodass die Gebäude auf Anhöhen, umgeben von gleichzeitig kompakter und größer wurden. beeindruckender Landschaft und nahe von Quellen; sie spie- gelten die göttliche Erhaben- Biophile Architektur im Krankenhausbau, heit wieder, wie im Beispiel der Frau Prof. Dr. Elisabeth Schloeder Asklepieien. Im Mittelalter findet man eine Im dritten Teil der Vorlesungsreihe von Frau Prof. Dr. Schloeder geht ähnliche Systematik. In den Auch die Schaffung von Rück- es um konkrete Aspekte biophiler Architektur im Krankenhaus. Klosteranlagen mit ihren Gärten zugsmöglichkeiten für private Dabei spannt sie den Bogen von der historischen Entwicklung von und Ausblicken in die Natur übte Gespräche und mögliche Unter- Krankenhausgestaltung über als heilsam empfundene Architektur man sich in spiritueller Versen- künfte für Angehörige sind wich- bis hin zu einer spirituellen Interpretation der Pflege. kung und Reflexion. Auch dem tige Aspekte. dortigen Aufenthalt sagte man eine heilsame Wirkung nach. Des Weiteren sollte eine positi- ve Ablenkung für den Patienten Einen Meilenstein in der Ent- durch Musik, Kunst, Filme, etc. wicklung des modernen Kran- gewährleistet sein. Auch ein zu- kenhauses stellten 1772 die sätzlicher Raum für Gefühle wie Pläne für den Wiederaufbau des Friede, Hoffnung, spirituelle Ver- Hotel Dieu in Paris dar, nach- bundenheit sowie Möglichkeiten Abb. 14 Royal London Hospital von 2009 dem das ursprüngliche Gebäu- der Entspannung kann zu einer de durch einen Brand zerstört Heute wird zunehmend klar, dass diese Ökonomisierung ihren Preis „Heilsamen Umgebung“ beitra- worden war. Angestrebt wurde hatte. In der maximalen Einsparung von Ressourcen blieb nur wenig gen. dabei eine dezentralisierte Bau- Raum für Ästhetik, Besinnung und Reflexion; ethische, ästhetische weise in Form von Pavillons, die und moralische Einschätzungen von Prozessen und Prozessergeb- Dem Zusammenhang zwischen sich über eine weitläufige Park- nissen kamen oft zu kurz. Diese Erkenntnisse führen jedoch aktu- architektonischen Elementen anlage verteilen. ell zu einem Innehalten und zur Entwicklung von neuen Konzepten. und deren Auswirkung auf Pa- Eines davon ist das Konzept des „Healing Environment“, welches tienten, Angehörige und Mitar- Dies brachte einen Trend mit sich auf Untersuchungsergebnisse stützt, die beweisen, dass sich beiter widmen sich mittlerweile sich, bei dem Gärten und Grün- ein ansprechendes räumliches Umfeld im Krankenhaus positiv auf schon viele empirische Studien. anlagen in der Krankenhaus- das Wohlbefinden und die Genesung von Patienten auswirkt. Die Neben der, beziehungsweise Abb. 13 Asklepieion auf Kos von ca 400 v.Chr. gestaltung zunehmend an Be- Umgebung ist dabei darauf ausgerichtet, Stressfaktoren für alle durch die Stressreduktion sollen Die Studierenden werden nach dem zweiten Themenblock durch deutung gewannen.„Alles muss Beteiligten möglichst gering zu halten. Die zu reduzierenden soge- Behandlungsfehler minimiert, eine Reflexionsübung in die Veranstaltung einbezogen. Die Frage, Heiterkeit sein und Heiterkeit nannten „Stressoren“ sind dabei unter anderem Lärm, zu helle Be- der Medikamentenbedarf ge- die durch die Veranstaltung hindurchleitet, ist, wie sich die Kranken- verbreiten.“, schrieb der Gar- leuchtung, Mangel an Privatsphäre und schlechte Luft. Zu fördern ist senkt und die Aufenthaltsdauer hausgestaltung in Zukunft weiterentwickeln sollte und an welchen tentheoretiker Christian Cay dagegen der Zugang zu Natur – durch Ausblicke, Gärten und andere im Krankenhaus reduziert wer- vergangenen Entwicklungen man sich bereits ein Beispiel nehmen Lorenz im 18. Jahrhundert über natürliche Elemente im Innenbereich – sowie die Kontrolle des Pati- den. kann. Welchen Beitrag können Natur und natürliche Elemente kon- die Anlage eines Hospitalgar- enten über seine Umgebung – durch Regulierung von Beleuchtung, Temperatur oder Geräuschkulisse.
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