Natur+Umwelt - Schon dunkler? Warum die Lichter nicht ausgehen - Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
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Natur+Umwelt BUNDmagazin in Bayern www.bund-naturschutz.de Heft 3-2011 93. Jahrgang 3. Quartal Schon dunkler? Warum die Lichter nicht ausgehen
JANDA+ROSCHER, Die WerbeBotschafter Freunde für die Natur. Freude für Sie. Sprechen Sie Ihre Familie, Freunde Mit rund 175.000 Mitgliedern und Förderern setzen wir uns mit Kopf, Herz und Hand für Ihre Heimat und und Bekannten auf eine Mitglied- für eine gesunde Zukunft unserer Kinder und Enkel ein. schaft im BN an. Und sichern Sie Je mehr Menschen sich mit uns schützend vor die sich ein attraktives Geschenk: Schätze und Kleinode unserer Heimat stellen, desto wirkungsvoller können wir unsere gemeinsamen Milchschäumer Naturschutzinteressen vertreten. mit Sonnenkraft Darum: Werben Sie Mitglieder für die gute Sache. Für jedes Mitglied (Mindestbeitrag pro Jahr 48 €), das Sie bis 30.9.2011 gewinnen, schenken wir Ihnen einen hoch- wertigen Solar-Milchschäumer. Mitmachen lohnt sich! Weitere Prämien finden Sie unter: Eine Beitrittskarte finden Sie hier beigeheftet. Vielen Dank. www.bund-naturschutz.de/praemien
Inhalt Bund Naturschutz Bayern 4 K onsens Einstimmigkeit war Natur + Umwelt 3-2011 Trumpf auf der BN-Delegierten- versammlung in Amberg. Und mehr »Intern« 6 Leserbriefe 9 M ütterlich Die Physikerin Karin Wurzbacher engagiert sich schon seit Tschernobyl gegen das Atomrisiko, beim BN und den »Müttern gegen Atomkraft«. Portrait 10 Ratgeber 11 G renzerfahrung Erwandern Sie Inhalt BUND das Naturparadies »Grünes B1 BUND-Editorial Band« an der ehemaligen inner- deutschen Grenze. Ein neues B2 Magazin Kurznachrichten Buch zeigt Ihnen die schönsten B4 K ommentar Sieg für die Touren. Umweltbewegung 12 S chon dunkler? Unser Titelthema B5 Halbherzige Wende Für Atom- zur Energiewende in Bayern ausstieg und Erneuerbare 24 S chlaue Sparer Stromexperten Energien hat der BUND Jahr- zehnte gekämpft. Nun, da es Schon dunkler? und Naturdetektive aufgepasst! Bibo, unser Freund aller Kinder endlich nicht mehr ums »ob« und der Natur, weiß genau, wie geht, geht der Kampf ums Die Lichter werden nicht ausgehen, aber die Energiewende die Energiewende funktioniert. »wann« und »wie« weiter. wird Bayern verändern. Und zwar erst mal zum Positiven, Das BUND-Titelthema 26 N Olympia Die Entscheidung weil das atomare Risiko abnimmt. Alles Weitere hängt davon gegen München als Austragungs- B12 A ktion Stromwechsel – eine ab, dass Politik und Gesellschaft die Weichen richtig stellen – ort für Olympia 2018 war eine Stilfrage nämlich als erstes in Richtung geringerer Stromverbrauch. gute Entscheidung für Bayerns B14 B iosphärenreservate Ab Seite 12 Natur. Schwäbische Alb Sauber Geld Und mehr »Aktuell« B20 Zur Zeit Nachhaltige Kommune machen 30 F ür Herz und Gaumen Der B21 Aktiv Neues aus dem BUND Weißdorn wird seit der Antike vielfältig genutzt. B26 Die junge Seite Mit »Morgen- Wie sich Ihr Geld ver- lande« hat die BUNDjugend mehrt und dabei Gutes 32 A uf geht’s Ein neuer BN-Wander- eine Plattform geschaffen, auf führer erschließt die schönsten tut, zeigt Ihnen unser der junge Leute und nach Ratgeber zum nach Naturschätze im Steigerwald. haltige Unternehmen Ideen Und viel mehr »Regional« haltigen Investieren. austauschen. Seite 10 40 Bildung B28 P ersönlich 41 Termine, Impressum Alexander Spangenberg Liebe Leser Die alten Mächte wanken. Unter dem Druck der Straße landen menschenverachtende Gesetze im Papierkorb der Geschichte. Die Menschen besinnen sich auf ihre Rechte, es lebe die Demokratie. Nein, liebe Leserinnen und Leser, ich spreche nicht von Ägypten. Auch wir haben unsere Revolution, die Energierevolution. Es ist Ihre Revolution. Sie als Umwelt- schützer haben durch langen Atem und durch energi- sche Proteste nach Fukushima die Regierungen in Bund und Land zum radikalsten Politikwechsel unserer jünge- ren Geschichte gezwungen. Das ist unser Erfolg, auf den wir gemeinsam stolz sein dürfen. Nun kommt es darauf an, dass er nicht im politischen Alltag zerrieben wird, dass die neuen Strukturen best- Schlimmer als Tschernobyl Er kennt die Folgen der Atomkatastrophe von 1986 wie möglich gestaltet werden (ganz wie in Ägypten übri- kaum ein anderer. Wir sollten deshalb sehr ernst nehmen, gens). Jetzt beginnt die eigentliche Aufgabe, gehen wir was Prof. Edmund Lengfelder über die Bedrohungen für sie an. Nur Mut zur Energiewende! Japan – und für Bayern – sagt. Ihr Manfred Gößwald, leitender Redakteur Seite 22 [3-11] Natur + Umwelt BN-Magazin 3
Foto: Wittenzellner Foto: Doering Mehr zum LAK Arbeitskreise im BN Ein Agrarbündnis für Bayern 2. Alpen im Internet Seit Ausgabe 2-11 I stellt Natur+Umwelt je Heft einen Lan- n Brüssel werden derzeit die Ag- Entwicklungszusammenarbeit am desarbeitskreis N+U: Herr Doering, warum liegen rar-Milliarden neu verteilt. Wenn 13. April in München zum »Agrar- (LAK) des BN vor. Im Ihnen die Alpen so am Herzen? über die Ausgestaltung der Förder- bündnis Bayern« zusammenge- Interview diesmal Axel Doering: In fast vierzig Jahren periode von 2014 bis 2020 gerangelt schlossen (Foto: Gründungs-Presse- Axel Doering, Spre- als Förster in Garmisch-Parten wird, geht es aber nicht nur darum, konferenz). Mit dabei sind neben cher des LAK Alpen. kirchen habe ich die zunehmende welches Land wieviel vom großen dem Bund Naturschutz zum Bei- Das ausführlichere Belastung unseres Ortes und des Kuchen abbekommt. Die Europa spiel die Ökolandbau-Verbände und Interview lesen Sie unter www. gesamten bayerischen Alpenraums politiker treffen auch weitreichende die Berufsimker, die Arbeitsgemein- bund-naturschutz. hautnah miterlebt und manchmal, Entscheidungen zu einer umwelt- schaft bäuerliche Landwirtschaft de/magazin. wie bei der Vorbereitung der Ski- politischen Kernfrage: Gehen das und der Bund Deutscher Milchvieh- WM in diesem Jahr, auch erlitten. Höfesterben und der Trend zur in- halter, das Diakonische Werk und Wo brennt es derzeit am meisten? dustrialisierten Landwirtschaft wei- Misereor. Noch vor den Problemen durch ter? Oder setzt sich Agrarkommissar Sie alle und weitere Partner eint Tourismus und Sport-Events ist die Dacian Ciolos durch, der die För- ein klares Ziel: Die künftige Land- bedrohlichste »Brandstelle« der lau- derpolitik »begrünen« und eine wirtschaft soll nicht auf die Liefe- fende Klimawandel. Er wird in den bäuerliche Landwirtschaft erhalten rung von billigen Rohstoffen für die Alpen noch stärker spürbar werden will? agrarindustrielle Nahrungsmittel- als im übrigen Deutschland, seine Für Bayern mit seinen noch weit- und Energieerzeugung reduziert Auswirkungen werden noch größer gehend kleinbäuerlichen Struktu- werden, sondern weiterhin flächen- sein. ren, mit seinen noch 113 000 Betrie- deckend betrieben werden und Was ist die wichtigste Zukunfts ben, ist es besonders wichtig, wer in ökologisch intakte Kulturlandschaf- aufgabe des LAKs? Brüssel die Oberhand behält. Um ten schützen. Dabei sollen Arbeits- Wir müssen versuchen, vom (häufig einer bäuerlichen, umweltschonen- plätze geschaffen und der Tier- erstickenden) Tagesgeschäft wegzu- den und sozial gerechten Landwirt- schutz ebenso ernst genommen kommen und uns mit Zukunftsfra- schaft eine starke und einheitliche werden wie die globalen Entwick- gen beschäftigen. Stimme zu geben, haben sich Ver- lungsfragen, fairer Handel und der Was war der größte BN-Erfolg? treter aus den Bereichen Umwelt- Klimaschutz. Ein Riesenerfolg liegt schon einige schutz, Landwirtschaft, Imkerei und Zeit zurück, die Unterschutzstellung des Murnauer Mooses. Der Weiter- bau der Autobahn 95 durch das Loi- sachtal wurde abgewendet. Einige Skischaukeln konnten verhindert Trauer um Ulrich Radons werden. Völlig unerwartet starb am 3. Mai, kurz nach seinem Was würden Sie als Umweltminister 73. Geburtstag, der Orts- und Kreisvorsitzende des BN für einen Tag tun? Pfaffenhofen Ulrich Radons. Er hatte den Kreisvorsitz Ich wäre lieber Wirtschaftsminister, im Jahr 2001 übernommen, von 2000 bis 2007 stand er um klar zu machen, dass nicht alles, außerdem der BN-Ortsgruppe vor. Ulrich Radons war was schnelles Geld verspricht, tat- ein unermüdlicher Vorkämpfer für den Umweltschutz. sächlich einen dauerhaften Nutzen Seit Beginn der 1970er-Jahre machte er sich für den Naturschutz, gegen für Mensch und Natur bringt. Es Atomkraft und insbesondere für die Nutzung von neuen, alternativen macht keinen Sinn, die Täler zuneh- Energieformen stark. Er war bei Anti-Atomkraft-Demos in Wackersdorf Mehr zum Thema mend zu versiegeln und zur Spiel- dabei, dann wurde Tschernobyl für ihn ein weiteres prägendes Ereignis. Mit Alpen lesen Sie wiese von Spekulanten zu machen. seinem großen persönlichen Einsatz wurde er zu einem jener Menschen, auf Seite 26 und in die die heutige Energiewende erst möglich gemacht haben. Für diesen Ein- unserer nächsten Damit geht immer mehr Heimat satz wird ihm der Bund Naturschutz immer dankbar sein. Ausgabe. verloren. 4 Natur + Umwelt BN-Magazin [3-11]
Liebe Mitglieder Ein Sieg der Demokratie 25 Jahre nach der atomaren Katastrophe in Tschernobyl hat sich die Politik bewegt. Die maß- Atomunfalls. So soll das letzte AKW Gundremmingen, Block C erst 2021 abgeschaltet werden geblich vom Bund Naturschutz und (mehr dazu Seite 14 / 15). Wir dem BUND mitorganisierten Groß- fordern als BN daher weiterhin demonstrationen, zuletzt am 28. den Sofortausstieg, der ohne jedes Foto: Frobel Mai, haben deutlich gemacht, dass schuldhafte Zögern vollzogen wer- es eine neue Generation von um- den muss. Dafür werden wir uns weltbewegten Menschen gibt, die weiter mit aller Kraft einsetzen. Heimatschutz gerade nach Fukushima nicht mehr Wir freuen uns aber auch, dass stiftet Lebenssinn den Parteien und Energiekonzernen unsere seit Jahrzehnten vertretenen überlassen möchten, wie mit un BN-Positionen für energisches Ener- A beherrschbaren Risikotechnologien giesparen und eine dezentrale nfang Juli fand in Bad Steben, umgegangen wird. Dies ist ein gro- Stromerzeugung sich nun auch an direkt an der ehemaligen Gren- ßer Erfolg der Zivilgesellschaft und vielen Stellen der jüngsten bayeri- ze zur DDR, der 36. Bayerische Hei- macht Mut für die Zukunft. Es ist schen Regierungserklärung wieder- mattag statt. Passend zum Ort lau- auch ein Sieg für die Demokratie. finden. Wir werden unseren Beitrag tete sein Motto »Vom Rand zur Mit dem Beschluss zur Beendi- leisten, dass aus diesen Ankündi- Mitte. Grenzerfahrungen im Herzen gung der Atomkraftnutzung im Jahr gungen zum »Gesellschaftsvertrag Deutschlands«. Prominente Gast- 2022 sind wir einen für die bayeri- für die Energiewende« endlich Taten rednerin war die thüringische Mi- sche Staatsregierung und die Bun- werden. Die »Energierevolution« nisterpräsidentin Christine Lieber- destagsmehrheit vermeintlich gro- muss dabei von unten kommen, knecht (Foto). Sie wies auf die Wich- ßen, für uns als BN und viele Atom- durch eigenes energiesparendes tigkeit der regionalen Identität und kraftgegner aber nur halbherzigen Verhalten und den Wechsel zu des Schutzes der Heimat im globa- Schritt auf dem Weg zu einem einem ökologischen Stromanbieter. len Zeitalter hin: »Heimatpflege ist Bayern ohne Angst vor dem nuklea- Mit seinen über 700 Kreis- und Orts- ein Gestaltungsauftrag an uns alle, ren GAU vorangekommen. Mit der gruppen ist gerade der Bund Natur- der letztlich im Respekt vor der endgültigen Abschaltung von acht schutz dafür ein wichtiger Partner. Schöpfung, vor Natur, Umwelt, Bau- Atomkraftwerken und der Fixierung Doch ohne Veränderung der politi- ten, Mundart, Brauchtum und Mut- fester Restlaufzeiten (letzte Abschal- schen Rahmenbedingungen, von tersprache gründet.« Der Einsatz für tung 2022) hat Schwarz-Gelb einen Gesetzen und Steuern, die Energie- die Heimat erfordere bürgerschaft für ihre Verhältnisse epochalen poli- verschwendung verbieten und ver- liches Engagement; er schaffe Ge- tischen Wechsel vollzogen. Dazu teuern und das Energiesparen und meinsinn, Freude und Lebenssinn, haben Sie, liebe Mitglieder, mit Ihrer den Umstieg auf Erneuerbare Ener- so die Ministerpräsidentin. Der Prä- Unterstützung und Teilnahme an gien vorschreiben und fördern, wird sidiumsvorsitzende, BN-Landesvor- den vielfältigen Aktionen für den die Energiewende nicht gelingen. sitzender Hubert Weiger, dankte ihr Atomausstieg und die Energiewende Dafür brauchen wir weiterhin für den Einsatz für das Grüne Band, entscheidend beigetragen. Herz Ihre Unterstützung, damit die letz- dessen Erhaltung ein Stück Heimat lichen Dank dafür! ten Atomkraftwerke in Bayern hof- gesichert habe. Ministerpräsident Horst Seehofer fentlich vor dem nächsten Atom Den Bayerischen Heimattag rich- eröffnet inzwischen Solarparks und unfall und nicht erst in zehn Jahren ten seit 1949 gemeinsam der Baye hat viele unserer jahrelang vertrete- abgeschaltet werden. rische Landesverein für Heimat nen Positionen und Argumente von pflege, der Verband Bayerischer Ge- der Notwendigkeit des drastischen schichtsvereine und der Bund Na- Energiesparens, den positiven Wir- turschutz aus. Im Rahmen des dies- kungen für die Arbeitsplatzsiche- jährigen Heimattages wurde der rung und dem Ausbau der Erneuer- Foto: Roggenthin BN-Kreisvorsitzende von Lichten- baren Energien übernommen. Doch fels, Toni Reinhardt (Foto: 2. v. r.), wer die Lehren aus Tschernobyl und mit der Bayerischen Naturschutz- Fukushima wirklich ernst nimmt, medaille geehrt. Er erhielt diese kann nach diesen ersten Schritten Auszeichnung für seinen aufopfe- nicht stehen bleiben. Ihr Prof. Dr. Hubert Weiger, rungsvollen Kampf für den Erhalt Immer noch werden neun von Vorsitzender des BN seiner Heimat, des oberen Maintals 17 großen Atomkraftwerken in Ihre Doris Tropper, zwischen Lichtenfels und Hoch- Deutschland ein weiteres Jahrzehnt stv. Vorsitzende des BN stadt, gegen ausufernden Straßen- weiterbetrieben – damit droht wei- Ihr Sebastian Schönauer, bau. terhin die tödliche Gefahr eines stv. Vorsitzender des BN [3-11] Natur + Umwelt BN-Magazin 5
Fotos: Franz Delegiertenversammlung in Amberg Im Namen von 175 000: Sonstige Einnahmen Atomausstieg sofort! 120.000 Euro Einnahmen der Umweltbildungs-Einrichtungen Ein überwältigendes Votum für 282.000 Euro einen sofortigen Atomausstieg Zuschüsse für Ankäufe, prägte die Delegiertenversammlung Artenschutz, Projekte 1.503.000 Euro des Bundes Naturschutz Mitte Mai Erbschaften im oberpfälzischen Amberg. Die BN- 346.000 Euro Vertreter, die rund 175 000 Mitglieder Gesamt-Einnahmen Sonstige Einnahmen (abzügl.und Förderer des BN repräsentieren, Rücklagezuführung) 120.000 Euro Spenden inkl. Haus- und Straßensammlung 9,7 Mio. Euro forderten Beiträge von einstimmig, »denund Mitgliedern Sofort- Förderern Einnahmen der Umweltbildungs-Einrichtungen 1.400.000 Euro 282.000 Euro ausstieg jetzt einzuleiten und die 6.115.000 Euro Zuschüsse für Ankäufe, ökologische Energiewende endlich Artenschutz, Projekte umzusetzen!« 1.503.000 Euro Erbschaften 346.000 Euro Gesamt-Einnahmen (abzügl. Rücklagezuführung) Spenden inkl. Haus- und Straßensammlung 9,7 Mio. Euro Beiträge von Mitgliedern und Förderern 1.400.000 Euro 6.115.000 Euro Vielen Dank Von 9,3 auf 9,7 Millionen Euro kann der Bund Investitionen, Baumaßnahmen Naturschutz seine geplanten Einnahmen 2011 116.000 Euro gegenüber 2010 steigern. Dank dieses Zuwach- Verwaltung, Miete und sonstige Ausgaben Arten- und Biotopschutz ses fließt in den Ankauf ökologisch wertvoller 1.189.000 Euro 1.210.000 Euro Grundstücke ebenso mehr Geld wie in die Verbandsorgane, Delegiertenversamm- Bildungsarbeit, in den Natur- und Umwelt- lung, Naturschutzveranstaltungen Ankauf ökologisch 275.000 Euro wertvoller Grundstücke schutz ebenso wie in die Unterstützung der 783.000 Euro Kreis- und Ortsgruppen. Zu verdanken sind Unterstützung der Jugendarbeit diese Verbesserungen in erster Linie Ihnen, liebe 245.000 Euro Natur- und Umweltschutz Mitglieder. Sie haben uns auch bei leicht er Deutschlandweiter und Gesamt-Ausgaben 618.000 Euro höhten Mitgliedsbeiträgen Investitionen, Baumaßnahmen die Treue gehalten. internationaler Umweltschutz 9,7 Mio. Euro 116.000 Euro 625.000 Euro Dafür bedanken wir uns herzlich. Verwaltung, Miete und sonstige Ausgaben Arten- und Biotopschutz Unterstützung der Die solide und transparente Haushaltsführung 1.210.000 Euro 1.189.000 Euro Information, Öffentlichkeitsarbeit, Kreis- und Ortsgruppen durch Landesschatzmeister Helmut Steininger Pressearbeit, Internet, Mitglieder- und 1.834.000 Euro Verbandsorgane, und Delegiertenversamm- Landesgeschäftsführer Peter Rottner Spendenwerbung lung, Naturschutzveranstaltungen 1.675.000 Euro Ankauf ökologisch q275.000 uittierten Euro die BN-Delegierten durch einstim- wertvoller Grundstücke mige Beschlüsse zum Haushaltsplan 2011 und 783.000 Euro Unterstützung der Jugendarbeit Mitgliederservice, »Natur+Umwelt« Bildungsarbeit zum Abschluss 245.000 Euro 2010. 587.000 Euro 507.000 Euro Natur- und Umweltschutz Deutschlandweiter und Gesamt-Ausgaben 618.000 Euro internationaler Umweltschutz 9,7 Mio. Euro 625.000 Euro 6 Natur + Umwelt BN-Magazin [3-11] Unterstützung der Information, Öffentlichkeitsarbeit, Kreis- und Ortsgruppen Pressearbeit, Internet, Mitglieder- und 1.834.000 Euro
Ehrung, wem Ehre gebührt Beide haben sich auf ihre Weise hervorra- gend um ihre Heimat verdient gemacht und erhielten dafür die Bayerische Natur- schutzmedaille. Der bekannte Schriftsteller Harald Grill aus Wald im Landkreis Cham stellt seine literarischen Fähigkeiten seit vielen Jahren in den Dienst des Natur- schutzes und arbeitet immer wieder eng mit dem BN zusammen. Hannelore Lanzl, Vorsitzende der BN-Ortsgruppe Pfreimd im Landkreis Schwandorf, baute unter ande- rem für bedrohte Magerrasen ein bayern- weit einmaliges Pflegekonzept mit Ziegen- und Schafbeweidung auf – gemeinsam mit einem großen Helferkreis, dem die Ehrung ebenfalls gebühre, wie Frau Lanzl betonte. V. l. n. r.: Sebastian Schönauer, Harald Grill, Doris Tropper, Hannelore Lanzl, Richard Mergner, Hubert Weiger Leserbefragung: Ihr Urteil, Ihre Wünsche de Ergänzun- 44 Minuten für N+U gen zu jeder N+U-Ausgabe – A diesmal finden ha, liebe Leserinnen und Leser, Werbung ist wichtig Sie zum Bei- 44 Minuten lang schmökern Nennenswerte Kritik gab es eigent- spiel das kom- Sie also im Durchschnitt in jeder lich nur am Umfang der Werbung in plette, hoch in- Natur+Umwelt! Dieser sehr gute unserem Heft. Zwölf Prozent von teressante In- Wert – ein Ergebnis unserer reprä- Ihnen sind der Meinung, wir hätten terview mit sentativen Mitgliederbefragung zu viele Anzeigen und Beileger. Das dem intimen Foto: Kurhan / Fotolia.com vom März (N+U berichtete) – hat ist einerseits nachvollziehbar, Wer- Tschernobyl- uns sehr gefreut, ebenso wie Ihre bung kann lästig sein. Andererseits Kenner Prof. »Schulnote« 2,2 für unser Magazin. bitte ich hier auch um Ihr Verständ- Edmund Leng- Vielen Dank! nis. Immerhin konnten wir zum felder. Auf un- Beispiel die gesamten Druckkosten serer Site bie- Naturschutz und Ratgeber der letzten Ausgabe über Werbeein- ten wir Ihnen Von allen Themen ist Ihnen der nahmen finanzieren und mussten auch stets aktu- Natur- und Artenschutz am wich- dafür nicht Ihre Mitgliedsbeiträge elle Infos und Bewertungen zum tigsten, gefolgt von Verkehr und heranziehen. Das ist sehr viel Geld, umweltpolitischen Geschehen, Energie. Mit unseren Schwerpunk- das der BN somit in konkreten dazu Hintergründe, die sonst kaum ten »Wolf«, »Moorschutz« und Natur- und Umweltschutz investie- wo zu finden sind, sowie Tipps, »Energiewende« in dieser und den ren kann. Außerdem muss, wer Ansprechpartner und vieles mehr. beiden letzten Ausgaben lagen wir bei uns werben möchte, bestimmte Übrigens: Diejenigen von Ihnen, die also goldrichtig. Und wo können wir Kriterien erfüllen. So hoffen wir, unseren Onlineauftritt kennen, uns verbessern? Auf unsere Frage, dass mancher von Ihnen Anzeigen finden ihn gut, auch das hat unsere wovon Sie mehr im Heft lesen auch schon als hilfreiche Anregung Befragung ergeben. möchten, lagen Tipps für Ihr um- nutzen konnte. Über so viel Lob haben wir uns weltgerechtes, nachhaltiges Alltags- natürlich sehr gefreut. Haben Sie verhalten ganz vorne. Wir nehmen Besuchen Sie uns im Web nochmal herzlichen Dank, liebe Le- uns das zu Herzen. In dieser Aus Wir haben Sie auch zu unserem serinnen und Leser, dass Sie so be- gabe finden Sie Anregungen zur Webauftritt www.bund-naturschutz. reitwillig und fundiert an unserer ökologischen Geldanlage (Seite 10), de befragt. Obwohl diese Seite Mitgliederbefragung teilgenommen zum Energiesparen (21), zum Wech- insgesamt sehr gut besucht wird, haben. sel Ihres Stromanbieters (B12) und schaut sich erst jeder vierte N+U- Ihr Manfred Gößwald, zu den gefährliche Perfluorverbin- Leser auch online bei uns um. leitender Redakteur dungen (B13). Dabei bietet sie nicht nur vertiefen- [3-11] Natur + Umwelt BN-Magazin 7
Teuer und gefährlich verhelfen folg auf dem eingeschlagenen Weg, Zu Beiträgen zum Atomausstieg sollte. Man- den wir als Naturschützer nur be- in N+U 2-11 che mein- grüßen können. Ist es nicht traurig, dass erst viele ten, er ent- Erich Jörg, BN-Kreisvorsitzender Menschen sterben mussten oder le- halte Wachs- Lindau bensbedrohend krank wurden oder tum fördernde ihre Heimat verlassen mussten? Stoffe für den Ge- Gewilderte Schafe: Viele Jahre kämpften wir vergebens, müseanbau. So war es aber nicht. nicht »akzeptabel« erst jetzt begreifen unsere verant- Wer gründlich beobachtete, stellte Zum Titelthema »Der Wolf ist wortlichen Politiker, dass die Atom- fest, dass Torf dort sehr schnell ganz wieder da« in N+U 1-11 technik letztlich nicht beherrschbar einfach wieder verschwand und der Ich möchte betonen, dass ich ein- ist. Um den »Unbelehrbaren« das Boden wie eh und je hart blieb. Viel deutig auf der Seite des Wolfs stehe. Umdenken zu erleichtern, sei ihnen gescheiter war da fleißiges Mulchen, Nur hat mich angesichts der sonst gesagt: Atomstrom ist die teuerste Abdecken des Bodens mit Schnitt- angenehm ruhigen Artikel zum Schreiben und gefährlichste Energieerzeu- material aller Art, dem, was das Jahr Thema ein Ausrutscher mehr als Foto: Kopp Sie uns! gung. Die Betreiber unterschlagen über anfiel, samt Eingraben der erstaunt. Sie schreiben: »Dass jeden Wir freuen uns die Nebenkosten wie zum Beispiel Herbstblätter, die auf diese Weise Almsommer viele auf Ihre Meinung: BN-Magazin für Endlagerung, nötige umfangrei- gleichzeitig wunderbar versorgt Tiere … umkom- »Natur+Umwelt«, che Rückstellungen für Haftung, die sind. Was wächst und nicht ander- men – zum Beispiel Dr.-Johann- Kosten für Evakuierung der betrof- weitig gebraucht wird, lässt sich durch Hunde, Wit- Maier-Str. 4, fenen Menschen, Kosten für Tod recyceln. terungsextreme 93049 Regensburg, und Krankheit. Weitgehend werden Es braucht keine fremden Zusät- und Absturz – ist Tel. 09 41-2 97 20 22, diese Kosten der Allgemeinheit auf- ze im Boden. Die Erfahrung, wie schließlich auch Fax 2 97 20 31, gebürdet. Eine realitätsbezogene Böden sich durch Mulchen und akzeptiert.« Ich nu@bund- naturschutz.de Kalkulation nach dem Verursacher- Kompostgaben unglaublich verbes- finde, »akzeptie- prinzip ergibt: Atomstrom wäre sern, machten wir im Schwäbischen ren« ist hier ein Diese und weitere unbezahlbar. Die Explosion weiterer ebenso wie in Oberbayern, wo wir höchst unglücklich Leserbriefe werden AKW, zu befürchten laut Wahr- im Garten Nagelfluh antrafen – Stei- gewähltes und auch im Internet scheinlichkeitsrechnung, würde die ne und den so genannten Baaz, auf auch nicht objektiv beschreibendes veröffentlicht: www. Erde unbewohnbar machen. Über dem nur mühsam etwas Essbares Verb. Gegen Wetter und Absturz ist bund-naturschutz. de/magazin. die unendlich hohen Kosten müss- zu ziehen war. Nach einiger Zeit sachlich betrachtet kaum etwas ten wir dann nicht mehr nachden- hatten wir die schönste, bröselige, auszurichten, eine Akzeptanz ist ken. Beweis: Keine Versicherung fruchtbare Erde und waren Selbst- hier nicht eine von mehreren Lö- der Welt kann haften, Fukushima ist versorger. Gerade dies aber ist zu- sungsvarianten für einen Betroffe- bereits jetzt pleite und Japan er- nehmend das Wichtigste: anzubau- nen unter Wahlmöglichkeiten, es ist schöpft. en und dem vertrauen zu können, eine unausweichliche Tatsache, mit Gerhard Achmann, Lindau was man isst. Leider wird in Garten- der zu leben ist und die hingenom- zentren und sogenannten Flyern, men werden muss. Der Vergleich, Warum »now«? die sich im Briefkasten finden, auch finde ich, hinkt stark und wirkt in Zum Titel von N+U 2-11 weiterhin Torf angeboten. dieser Hinsicht auch polemisch. In Ihrem Heft 2-11 steht oben als E. Zwicker, Arbeitsgemeinschaft Getoppt wird das leider noch da- Titel »AKWs aus now«. Warum kann Tier und Umwelt Icking durch: Eine zugeordnete »Akzep- man nicht deutsch »sofort« oder tanz« von zu Tode kommenden Wei- »jetzt« schreiben? Muss sich das Hoffnung für die Bauern detieren durch wildernde Hunde. Heft dem geliebten und gehassten Zum Portrait »Wie die Milch wieder Diese Aussage war für mich sehr Amerikanismus anpassen, Deng- weiß wird« in N+U 2-11 erschreckend. So etwas ist niemals lish? Beim Alpenverein ist’s genau- Romuald Schaber kam für die deut- akzeptabel! Hier ist ganz klar die so, dort gibt es nur noch Mountains sche Landwirtschaft spät, aber nicht Aufsichtspflicht des Halters verletzt. statt Berge. P.S.: Ihr Moos-Thema zu spät. Der deutsche Bauenstand Wild- und Weidetiere dürfen dem hat mir sehr gefallen. hat ihn, den Rebellen und Visionär, nicht ausgesetzt werden. Das ist ein Wilhelm Weiss, Samerberg dringend notwendig. Stünden Leute sehr diffiziles Thema und Nähr wie er auch beim Deutschen Bau- boden für endlose Streit- und Ab- Mulchen statt Torf ernverband an der Spitze, wären die schussfälle durch Jäger von – auch Zum Schwerpunkt »Lebendige Sorgen um die bäuerlichen Famili- nicht wildernden – Hunden. Sozu- Moore« in N+U 2-11 enbetriebe, um die artgerechte Tier- sagen »prophylaktisch«. Akzeptanz Schon vor mehr als 40 Jahren wand- haltung und um eine naturverträg meint gutheißen, billigen, anneh- ten wir uns an die Öffentlichkeit, in liche Bewirtschaftung von Grund men. Sie meinen nicht wirklich, Gärten auf Torf zu verzichten, der und Boden sehr viel geringer. Ich dass das in den oben genannten vor allem in Gegenden mit schwe- wünsche ihm und seinem Bund Fällen die Wahrheit sein kann. rem Boden zu mehr Leichtigkeit Deutscher Milchviehhalter viel Er- M. Dürrbeck, per E-Mail 8 Natur + Umwelt BN-Magazin [3-11]
K arin Wurzbacher, 68, ist ein Beispiel dafür, wie sich Karin Wurzbacher Der Tag, als der in einem Lebenslauf bedeutende Entwicklungen einer Gesellschaft widerspiegeln können. Was eine Epoche prägt, wird dann im Schicksal einer Person Regen kam sichtbar. In diesem Sinn ist die Physikerin und Um- welttechnikerin aus München zuallererst ein Kind der Bundesrepublik: Noch im Krieg geboren, die Heimat verloren und im Westen aufgewachsen, macht sie sich Naturschutz lebt – auch von festen Überzeu- als junge Frau auf, berufliche Grenzen zu überwinden, gungen jenseits politischer Halbwertszeiten. um an neue zu stoßen. Ihr Weltbild gründet sie auf Um aus der Atomkraft auszusteigen, hätte es physikalische Gewissheiten, die sie später infrage zu für Karin Wurzbacher nicht erst der Katastro- stellen lernt. Und aus einer besorgten Mutter wird eine phe von Fukushima bedurft. Schon vor 25 Jah- Mutter Courage. ren hatte sie sich gegen eine Zukunft mit Geboren ist Karin Wurzbacher 1943 in Ostpreußen. radioaktivem »Restrisiko« entschieden. Nach Ihr Vater, der als Soldat das schreckliche Ende des Drit- ten Reichs ahnt, bringt die Familie noch rechtzeitig Tschernobyl wurde aus der jungen Mutter dort in Sicherheit, wo er am wenigsten Bedrohung be- eine »Mutter gegen Atomkraft« und aus der fürchtet – auf dem Land in Niederbayern. Von da gelernten Physikerin eine gefragte Strahlen- stammt er, wird aber selbst nicht dorthin zurückkeh- schutzexpertin. Von Christoph Markl-Meider ren. Das kleine Mädchen aber genießt das sorgenfreie Landleben im Kreis einer neuen Großfamilie. »Es war ein guter Ausgangspunkt«, erzählt sie. Eine Mutter der Die Jugend verbringt sie am Ammersee und wählt »Mütter« Karin Wurzbacher nach der mittleren Reife eine Ausbildung zur techni- ist heute Spreche- schen Zeichnerin im Maschinenbau. Dass eine junge rin des BN-Landes- Frau Technikerin werden will, ist noch selten. Die arbeitskreises Noten sprechen jedoch eher für sie als für ihre männli- Energie und Klima. chen Klassenkameraden. Mit ihrem guten Zeugnis fin- Ihr Engagement det sie bei Gummi Metzeler die erste Anstellung. Tech- begann vor 25 Jah- ren bei den »Müt- niker erhalten dort 350 Mark monatlich, eine Technike- tern gegen Atom- Foto: Markl-Meider rin 300. »Das hat mich geärgert«, empört sich Karin kraft« in München. Wurzbacher noch heute. Sie zieht die Konsequenz, sich nicht mit dem zufrie- denzugeben, was ihr andere zugestehen – eine weitrei- chende Entscheidung. Nach längerem Aufenthalt im Ausland besucht sie in München eine Abendschule, gegen Atomkraft« ein eingetragener Verein, der bis um das Abitur nachzuholen. Schließlich studiert sie heute besteht. Ihn vertritt die Physikerin als Sachver- Physik, gründet Familie, unterbricht das Studium ständige bei den großen Auseinandersetzungen über wegen des ersten Kindes und bekommt nach ihrem die Atomenergie in Deutschland. So nimmt sie am Er- Hochschulabschluss das zweite. örterungstermin zur WAA in Wackersdorf teil, wehrt Im Rückblick wirkt dies alles jedoch nur wie die Vor- sich gegen MOX-Brennelemente, weil die Plutonium geschichte in einem Leben, das an dem Tag seine enthalten, zweifelt Nutzen und Sicherheit des For- Wende nimmt, da die Nachrichtenagentur DPA mel- schungsreaktors FRM 2 an und warnt vor der wachsen- det: »In einem Atomkraftwerk der ukrainischen Stadt den Zahl atomarer Zwischenlager. Tschernobyl nördlich von Kiew hat sich ein Unglück Hilfestellung erfahren die »Mütter« von Beginn an ereignet, von dem auch Menschen betroffen worden beim Bund Naturschutz sowie dem Umweltinstitut sind.“ Es ist der 28. April 1986, und schon am nächsten München, das ebenfalls unmittelbar nach Tschernobyl Abend erreicht die radioaktive Wolke Bayern, wo sie entsteht und heute zu den wichtigsten unabhängigen abregnet. Beratungsstellen Bayerns zählt. Ab 1994 findet Karin Wurzbacher hier nach einem Aufbaustudium zur Um- Die unsichtbare Gefahr welttechnikerin ihre berufliche Heimat als Strahlen- Von jetzt an ist Karin Wurzbacher gleichermaßen als schutzexpertin. Mutter wie als Physikerin gefordert. Denn der atomare Die Frage, ob mit dem neuerlichen Atomausstieg in Kontakt GAU führt zu Chaos und Verwirrung. »Meine größte Folge von Fukushima wirklich eine Epoche in Deutsch- Karin Wurzbacher, Sorge war, wie wir unsere Kinder vor der unsichtbaren land ein für alle Mal zu Ende geht, beantwortet die Umweltinstitut München e.V., www. Gefahr schützen«, erinnert sie sich. Mit einer Gruppe Energieexpertin vorsichtig. Die letzten 25 Jahre haben umweltinstitut.org, gleichgesinnter Mütter aus Starnberg stellt sie sich bei ihr Zweifel an der Integrität der Politik hinterlassen. radioaktivitaet@ gegen die Ohnmacht der Unwissenheit. »Wir wollen Dennoch überwiegt heute die Hoffnung. »Wenn wir umweltinstitut.org, nicht tatenlos zusehen, wie die Zukunft unserer Kinder zeigen, dass es ohne Atomstrom geht, werden uns an- Tel. 0 89-30 77 49-11 zerstört wird!«, so ihr Motiv. Bald sind die »Mütter dere Länder folgen!« [3-11] Natur + Umwelt BN-Magazin 9
Nachhaltige Investitionen Sauber Geld machen Wollen auch Sie Ihr Erspartes sinnvoll anlegen? »Grüne« Geldanlagen investieren in eine nachhaltigere Wirtschaft – und können eine adäquate Wertentwicklung bieten. jekt. Damit hat er Anteil am Gewinn – wie auch am Ver- lust, meist begrenzt auf die Höhe seiner Einlage. Viele Solar- oder Windparks bieten solche langfristig angelegten Beteiligungen an. Sie sollten über zehn oder 20 Jahre gehalten werden. Denn wer sein Geld frü- her braucht, wird seine Anteile schwerer veräußern können als bei einem offenen Fonds oder einer Aktie. Bei einer Mindestbeteiligung von 5000 bis meist 10 000 Euro sind geschlossene Fonds für Kleinsparer eher un- geeignet. Sogenannte Ratensparpläne mit geringen monatlichen Einzahlungen von 50 Euro bezeichnet »Finanztest« als teuer und unseriös. Auch mit Anleihen und Genussrechten oder -schei- nen können Anleger ökologisch wirtschaftende Unter- nehmen unterstützen. Bleibt der Erfolg allerdings aus, Illu: Blumenschein gilt dies möglicherweise auch für die jährliche Aus- schüttung und den Zins für die Einlage. Kommt es zur Insolvenz, verliert der Geldgeber im schlechtesten Fall Rat holen, nachlesen seine gesamte Einlage. BUND-Ratgeber »Bank G Heidi Tiefenthaler wechseln«: www.bund. rüne Geldanlagen stehen für ökologisch, net/besser-leben Buch »Grüne Geldanla- ethisch und sozial sinnvolle oder doch zumin- Zehn Tipps zu sauberer Geldanlage ge«, Stiftung Warentest, dest unbedenkliche Investitionen. An Produkten Der Berater Ihrer Hausbank hält grüne Geldanlagen 2010, 208 S., 16,90 Euro ist mittlerweile nahezu alles zu haben, was es auch für Hokuspokus? Dann wechseln Sie zu einer sozial- Grüne Banken online: im herkömmlichen Bereich gibt. Und in punkto ökologisch orientierten Bank (siehe »Rat holen«). www.gls.de, Rendite und Sicherheit unterscheiden sich die bei- Überlegen Sie zu allem Anfang, wie viel Geld Sie wie www.umweltbank.de, den Märkte kaum, urteilte »Finanztest« im Sep- lange investieren wollen, und wozu Ihr Geld dienen www.ethikbank.de tember 2010. – und nicht dienen – soll. Infos und Fonds online: Grundsätzlich gelten die bekannten Regeln: An- Branchenfonds investieren in Bereiche wie Umwelt- www.nachhaltiges- leger müssen sich gut informieren und ihre Situa technologie, Erneuerbare Energien oder Wasser. investment.org, tion richtig einschätzen. Viele Sparer haben weder Aber auch hier gilt: geringe Streuung, höheres Risiko. www.ecoreporter.de Zeit noch Lust, sich dauerhaft intensiv um ihre Genau hinsehen: Längst nicht alle »Nachhaltigkeits- Geldgeschäfte zu kümmern. Sie kaufen deshalb fonds« schließen Atomkraft, Rüstung oder Gentech- statt einzelner Wertpapiere Anteile an Investment- nik garantiert aus. fonds – auch um ihr Risiko zu streuen. Anleger mit Legen Sie Wert darauf, dass der Fonds von einem hohem Sicherheitsbedürfnis setzen hier auf Renten- unabhängigen Beirat kontrolliert wird. fonds, Risikobereitere hoffen auf eine höhere Rendite Der Begriff Genussrecht ist rechtlich nicht definiert, und investieren in Aktienfonds. Den goldenen Mittel- und die Produkte sind sehr unterschiedlich. Hier weg versprechen Mischfonds. lohnt es sich, genau hinzuschauen. Für grüne Fonds sammeln Anbieter Wertpapiere, Die private Altersvorsorge lässt sich mit nachhaltiger die sie für sozial und ökologisch unbedenklich erach- Kapitalanlage kombinieren. Mehr dazu im BUND- ten. Teils arbeiten sie dabei mit Ausschlusskriterien, Ratgeber (siehe »Rat holen«). nehmen also keine Atom-, Rüstungs- oder Agrogen- Die betriebliche Altersvorsorge lässt sich ebenfalls technikfirmen auf. Bei der Positivauswahl landen da- »vergrünen«, inklusive staatlicher Fördermodelle gegen nur besonders nachhaltig handelnde Unterneh- wie Riester- und Rüruprente. men im Fonds oder die jeweils besten ausgewählter Übrigens können sich auch private Investitionen Branchen. auszahlen: So rechnet sich eine energetische Sanie- rung oft nach wenigen Jahren durch eingesparte Direkt an Umweltprojekten beteiligen Heizkosten. Im Gegensatz zu den oben beschriebenen offenen Für Hausbesitzer ebenso lohnend: Fotovoltaikanla- Fonds beteiligt sich ein Anleger über geschlossene gen versprechen laut »Finanztest« weiter eine sehr Fonds oder Genussrechte direkt an einem Umweltpro- gute Verzinsung. 10 Natur + Umwelt BN-Magazin [3-11]
Wandern zwischen Bayern und Thüringen Naturparadies Niemandsland Wo einst Soldaten ent- lang der innerdeut- schen Grenze patrouil- lierten, wo Wachtürme und Stacheldraht ab- schreckten, liegt heute eine Oase der Natur: das »Grüne Band«. In der Buchreihe »Vom Todesstreifen zur Le- benslinie« ist soeben der erste Band für den Abschnitt Bayern– Thüringen erschienen. Foto: Cornelius Schöne Pflanze N eben mir, auf dem ehemaligen Grenzstreifen, blü- hen Tausende Margeriten. Dazwischen das ver- haltene Blau des Salbeis und die knallroten Tupfer vom Grüne Band in Deutschland heute zum Nationalen Naturerbe. Freiheit Klatschmohn und Feldrittersporn Feldwachtelweizen. (…) Lerchen, Wiesenpieper und Erfolg erfordert Wachsamkeit gedeihen am Heuhüpfer freuen sich über die gemähten und beweide- Nur dem hartnäckigen Einsatz des BN und BUND so- Feldrand vor dem ten Flächen, Neuntöter und Goldammer über die He- fort nach der Wende ist zu verdanken, dass der ökologi- alten Wachturm ckenzüge. Und auch an die Schafe hat man gedacht. Die sche Wert weiter Teile dieses Gebiets erhalten blieb. Im am Warthügel. Betonplatten im Kfz-Sperrgraben wurden entsorgt, und südöstlichen Abschnitt der bayerisch-thüringischen so kann der Schäfer von Veilsdorf hier mit seinen Scha- Grenze läuft nun seit 2010 das Naturschutzgroßprojekt fen durchziehen. Rodachtal-Lange-Berge-Steinachtal an, für das der BN Wenn Reiner Cornelius, der Autor der Grüne-Band- seit 2002 gekämpft hat. Um diese Lebensräume zu er- Buchreihe, die Natur so kurzweilig beschreibt wie hier halten, wollen vier Landkreise, das Bundesumweltmi- auf seinem Streifzug über den Straufhain und die Lan- nisterium, Länder und der BUND auf 127 Kilometer gen Berge, dann bekommt man noch beim Lesen Lust, Grünes Band über elf Millionen Euro investieren. die Wanderschuh’ zu schnüren. In sieben Etappen geht Doch für die Naturschützer heißt es weiter: wach- es entlang der bayerisch-thüringischen Grenze, von sam bleiben! In einem fast 20-jährigen Kampf war der Rhön bis an den Rand des Thüringer Waldes. Das es gelungen, dass ehemalige Bundesflächen mit der Schöne dabei: Immer wieder macht Cornelius »rüber« Zweckbestimmung Naturschutz den Ländern übertra- Ihr Erfolg! Von dort, wo das nach Bayern und Thüringen und dort Abstecher zu gen wurden. Damit sind etwa die Hälfte der Grüne- Grüne Band nahen Dörfern, zu Wiesen, Wäldern und Mooren. So Band-Flächen gesichert. Doch von den restlichen circa Deutschland in das begreift der Leser, wie vernetzt der schmale Streifen 1000 Hektar werden immer Flächen auf dem freien Grüne Band Europa Land mit der umgebenden Natur ist. Grundstücksmarkt angeboten. BN und BUND kämp- übergeht, nämlich Cornelius sucht auf seinen Wanderungen auch die fen dafür, diesen Skandal zu unterbinden. an der tschechi- Menschen auf. Er plaudert mit Schäfern und Bauern, Der Todesstreifen hat sich zu einer grünen Naht ge- schen Grenze im blickt in Braukessel, probiert in Käsereien, betritt Kir- wandelt. Wer ihre mannigfaltige Natur selber erwan- Bayerischen Wald, gibt es einen Erfolg chen und Burgruinen. Und er hält inne an Wachtür- dern will, ist mit dem vorliegenden Band gut beraten, zu melden. Mithilfe men und Gedenktafeln, Zeugnissen einer Zeit, in der denn der Autor hat nach jedem Kapitel die lohnenden des Spendenaufrufs ein Schritt zu weit für einen Menschen tödlich endete. Touren detailliert beschrieben. an die Mitglieder Und doch bot gerade die Unzugänglichkeit Tieren Margarete Moulin des BN im vergange- und Pflanzen Schutz vor Lärm und Jagd, vor Dünge- Reiner Cornelius: Vom Todesstreifen zur Lebenslinie. nen Jahr konnten und Pflanzenschutzmitteln und zu häufiger Mahd. Von der Rhön zum Thüringer Wald. Hrsg.: Bund Natur- dort mit Unterstüt- Fischotter, Rotmilan, Uhu oder Schwarzstorch zogen schutz in Bayern und BUND Thüringen, Stiftung Natur- zung der Regierung von Niederbayern hierher. Trollblumen und Schlangenknöterich breite- schutz Thüringen. Auwel Verlag, Niederaula, 2011, große Moorflächen ten sich felderweise aus. Was diesen Biotopverbund so Euro 23,50. Bezug: Dr. Reiner Cornelius, Schützenweg 9, angekauft werden. einzigartig macht, ist, dass er zwar schmal, aber über 36272 Niederaula, Tel. 0 66 25-91 93 44, dr.cornelius@ Vielen Dank für Ihre große Strecken durchgängig ist. Deswegen zählt das t-online.de, www.grünes-band-wandern.de Hilfe! [3-11] Natur + Umwelt BN-Magazin 11
Schon dunkler? Warum die Lichter nicht ausgehen Kennen Sie Menschen, die schon Kerzen horten, für den Fall des (Stromaus-)Falles? Nach Lektüre dieser Natur+Umwelt können Sie Ihre Freunde beruhigen. Wir werden nicht im Dunklen sitzen. Auch unsere Wirtschaft wird nicht an Strommangel zugrunde gehen. Und Bayern muss nicht, wie manche behaupten, von Windrädern »verspargelt« oder von Riesenstromleitun- gen durchschnitten werden. Alles genauso wahr, wie dass Atomkraftwerke sicher seien. Im Gegenteil, die Energiewende ist eine Riesenchance für unser Land, allerdings auch eine Herausforderung, für uns alle. Denn wenn wir Politik und Wirtschaft nicht 12 Natur + Umwelt BN-Magazin [3-11]
Fotos: Gerd Pfeiffer genau auf die Finger schauen, werden sie wieder vieles falsch machen – wie sich in den neuen Energiegesetzen leider schon ab- zeichnet (Seite 14). Die vernachlässigen näm- lich den ersten und wichtigsten Schritt, der heißt Stromsparen und -effizienz (Seite 16 und 20). Und sie wollen eine zentralistische Stromversorgung am Leben erhalten, dabei zeigen genügend Gemeinden, wie’s richtig geht, dezentral und kommunal (Seite 18). Ihnen geht ohnehin alles nicht schnell genug? Kein Problem, auf Seite 21 finden Sie Tipps für Ihre persönliche Energiewende. Viel Spaß dabei! Ihr Manfred Gößwald, leitender Redakteur [3-11] Natur + Umwelt BN-Magazin 13
Die Wende bleibt halbherzig Schneller aussteigen, konsequent Bund und Bayern haben in der Atom- und Energiepolitik das Ruder herumgerissen, aber zu einer echten ökologischen Energiewende fehlt noch viel. Ein Kommentar von Hubert Weiger und Richard Mergner. D ie Bundesregierung hat innerhalb eines halben Jahres eine Kehrtwende in ihrer Atom- und Ener- giepolitik vollzogen. Ursache war, neben der Erschüt- unumkehrbar. So steht in der Begründung zum be- schlossenen Atomgesetz: »Mit Blick auf diese nunmehr vorgeschlagenen Befristungen und daraus resultieren- terung nach Fukushima, die Renaissance der Anti- den Laufzeitenden ist unter Berücksichtigung der Atom-Bewegung mit hunderttausenden Menschen aus möglichen Übertragung von Elektrizitätsmengen eine allen gesellschaftlichen Schichten. Die maßgeblich Regellaufzeit von 32 Jahren, die aus jetziger Sicht eine vom BUND und seinen Landesverbänden mitorgani- Amortisation und angemessene Gewinnerzielung er- sierten Großdemos und tausende Mahnwachen im möglicht, weiterhin gewährleistet.« ganzen Land haben dazu entscheidend beigetragen. Das Abschalten von acht deutschen Atomkraftwer- Ausstieg ins Grundgesetz ken (AKW) ist damit ein großer Erfolg der Umweltbe- Wir fordern von den Regierungen in Bund und Län- wegung, die in den letzten Jahren gesellschaftliche dern, dass die AKW-Betreiber endlich gezwungen wer- Bündnisse bis hin zu Kirchen und Gewerkschaften ge- den, eine unbegrenzte Haftpflichtversicherung für ihre schmiedet hat. Der BUND als basisorientierter Mit Reaktoren und die Atommüllzwischenlager abzu- gliederverband mit deutschlandweit über 2500 Kreis- schließen und die Sicherheit auch gegen Flugzeug und Ortsgruppen hat maßgeblich die Rücknahme der abstürze und terroristische Angriffe zu gewährleisten. AKW-Laufzeitverlängerung erzwungen. Diese hatten Spätestens nach der nächsten Wahl 2013 muss der Bundeskanzlerin Merkel, Ministerpräsident Seehofer Bundestag das Atomgesetz wieder ändern, den und der damalige FDP-Vorsitzende Westerwelle erst im schnellstmöglichen Atomausstieg durchsetzen und in letzten Herbst brachial durchgesetzt. Ein milliarden- der Verfassung verankern. Dafür wird sich der BUND schweres Wahlgeschenk für die vier großen Atomkon- weiterhin massiv einsetzen. zerne E.on, RWE, ENBW und Vattenfall. Leider bleiben die von Union und FDP verabschie- deten Gesetze auch bei der Förderung des Energiespa- 2022: ethisch nicht verantwortbar rens und dem Ausbau der Erneuerbaren Energien weit Am 28. Juni hat der Bundestag mit Zustimmung auch hinter den Erfordernissen einer ökologischen Energie- der SPD und der Mehrheit der grünen Abgeordneten, wende zurück. Wir kritisieren besonders, dass unsere gegen die Stimmen der Linken, eine Änderung des größte »Energiequelle«, die Verringerung der Energie- Atomgesetzes beschlossen mit der Absicht, im Jahr verbräuche, nur halbherzig angegangen wird. Die Nut- 2022 das letzte AKW abzuschalten. In Anbetracht der zung effizienter Technologien oder der Verzicht auf wirtschaftlichen Machtverhältnisse ist dies ein riesiger Stand-by-Betrieb elektrischer Geräte sind nicht wie Fortschritt. Angesichts der realen Gefahr einer Atom- häufig unterstellt ein »zurück in die Steinzeit«, sondern katastrophe wie in Tschernobyl oder Fukushima, die der sinnvolle Einsatz moderner Technik (mehr auf Seite deutsche Ballungsräume wie München, Stuttgart oder 20). Immer noch fehlen außerdem eine Energiewende Hamburg mit Millionen Menschen unbewohnbar ma- im Verkehr und die Umschichtung von Milliarden Euro chen würde, angesichts der gesundheitsgefährdenden vom überflüssigen Straßen- und Flughafenbau in die Strahlung im »Normalbetrieb« sowie der völlig unge- energetische Gebäudesanierung, wie sie der BUND lösten Atommüllproblematik ist jedoch nur ein sofor schon seit über 20 Jahren vorschlägt. tiger Atomausstieg ohne schuldhaftes Zögern ethisch verantwortbar. Konzerne fürchten Energieeffizienz Ein Atomausstieg noch in dieser Legislaturperiode, Die Potenziale der Stromeinsparung und effizienteren also bis 2013, wäre technisch machbar – und er wäre Nutzung sind mittlerweile mindestens so hoch wie in die Vorraussetzung für eine echte ökologische Energie- den letzten Jahren die Atomstromproduktion – näm- wende. Dies haben wir in den letzten Monaten detail- lich ein Fünftel des Stromverbrauchs von jährlich 550 liert belegt. Wir sind deshalb sehr enttäuscht, dass aus Milliarden Kilowattstunden. Zugleich könnte die de- Furcht vor Schadensersatzforderungen der Atomkon- zentrale Stromerzeugung mit Abwärmenutzung in zerne sowie aus wahltaktischen Gründen der Atomaus- Blockheizkraftwerken sowie mit Fernwärme kurzfristig stieg halbherzig geblieben ist. Er ist auch keinesfalls um zehn Prozent und langfristig um über 30 Prozent 14 Natur + Umwelt BN-Magazin [3-11]
umsteuern Ministerpräsident Seehofers Regierungserklärung ein enor- mer Fortschritt. Werden doch Foto: Roggenthin seit Jahrzehnten vom Bund Na- turschutz vertretene Positio- nen zum Energiesparen, zur dezentralen Stromerzeugung und zu den Erneuerbaren Foto: Allianz pro Schiene Energien wenigstens ansatz- weise aufgegriffen. Wir begrüßen die Einrich- tung einer Energie Agentur Bayern, die die lokalen Ener- gieagenturen unterstützen und koordinieren soll. Wir kritisie- Die Autoren ren aber die Aussage der Regie- Hubert Weiger ist rung, »den Stromverbrauch … Bundesvorsitzen- Illustration: Haitzinger der des BUND und in den nächsten zehn Jahren Vorsitzender des trotz zunehmender Stroman- Bundes Natur- wendungen (z. B. E-Mobilität) schutz in Bayern. auf gegenwärtigem Niveau … Richard Mergner halten zu wollen«. Dies ist ist Landesbeauf- weder ambitioniert noch ak- tragter des BN. des Stromverbrauchs ausgebaut werden. Die Atom- zeptabel. Energiesparen und vor allem Stromsparen konzerne, deren Geschäft auf verschwenderischer muss in Bayern Energiethema Nummer eins werden Stromnutzung und der billigen Entsorgung von Abwär- (siehe folgende Seiten). me in Flüssen und Atmosphäre beruht, fürchten nichts so sehr wie Energieeffizienz, Kraft-Wärme-Kopplung … statt Atomfrei-Staat und die Erneuerbaren Energien. Auch bei der Förde- Wir kritisieren außerdem massiv, dass Bayern noch rung von Sonnen-, Biogas- und Windstrom werden fal- mindestens zehn weitere Jahre Atomrisikoland statt sche Weichen gestellt. Sie behindern, zugunsten der »Atomfrei-Staat« bleiben soll. Nur eines der fünf AKW, Energiekonzerne, die nötige »Energierevolution von Isar 1 bei Landshut, ist und bleibt abgeschaltet. Dage- unten«, getragen von Bürgern und Kommunen. gen sollen das AKW Grafenrheinfeld noch bis Ende Umso notwendiger ist die Arbeit von BUND und BN 2015, Gundremmingen B bis 2017, Gundremmingen C vor Ort für intelligente und ganzheitliche Energie- und bis 2021 und Isar 2 bis 2022 Atomstrom und radio- Klimaschutzkonzepte. Ein Beispiel ist unser Einsatz für aktiven Müll produzieren. Für Bayern ist dies eine dra- eine Qualitätsplanung naturverträglicher Windkraft- matische Verschlechterung sogar gegenüber dem rot- werke vor allem im Süden der Republik. Wir werden grünen Ausstiegsbeschluss von 2001. Demnach hätten weiter auf allen Ebenen für eine echte Energiewende die Siedewasserreaktoren Gundremmingen, weitge- kämpfen und bitten Sie um Ihre aktive Mitarbeit. hend baugleich mit den Unglücksreaktoren von Fuku- shima, im Jahr 2017 abgeschaltet werden sollen. Wir Bayern bleibt Atomrisikoland … werden uns weiterhin für den Sofortausstieg aus der Die energiepolitische Kurskorrektur der bayerischen tödlichen Atomtechnologie einsetzen und gleichzeitig Staatsregierung war von massiven inneren Konflikten konstruktiv an der Verwirklichung einer ökologischen geprägt. Für die CSU war der Weg von der bedingungs- Energiewende in Bayern arbeiten. losen Atompartei seit den 1970er-Jahren sicher am weitesten. Daran gemessen sind einige Kernsätze in [3-11] Natur + Umwelt BN-Magazin 15
Mit der richtigen Energie- Bayern bleibt schön wende Vom führenden Atomstromland zum Vorbild bei Stromsparen und Effizienz: Wenn Bayern seine Energiezukunft richtig anpackt, hat das Land viel zu gewinnen. Dann drohen auch keine hässlichen Hochspannungsleitungen oder die Verbauung der letzten Flüsse und Bäche. W ir müssen und wir können aus der tödlichen pazitäten fehlen, haben wir bereits heute die Übertra- Atomenergie aussteigen. Deutschlands Atom- gungsnetze, um Strom aus einer Nachbarregion zu be- stromanteil betrug 2010 circa 22 Prozent oder 130 Mil- ziehen. Auch ohne AKW hat Deutschland ausreichend liarden Kilowattstunden (= 130 Terrawattstunden, Strom und muss – im Jahresmittel – keinen Strom aus TWh). Laut Jochen Flasbarth, Präsident des Umwelt- Frankreich oder Tschechien importieren. bundesamts, produzierten in Deutschland Anfang Fazit: Verzicht auf Stromexport, Stromsparen und 2011 neun von 17 AKW für den Export. Schon 2007 der dynamische Ausbau der Erneuerbaren Energien stellte das Bundesamt fest, Deutschland könne durch ermöglichen den sofortigen Ausstieg aus der Atom- –40% konsequentes Sparen 110 TWh Strom (20 % des deut- energie in Deutschland. schen Stromverbrauchs von 550 Wir müssen aber auch aus der TWh) einsparen. Das allein ent- fossilen Energieversorgung ausstei- spricht der Leistung von 15 Atom- gen. Bis spätestens 2050 müssen wir kraftwerken. unseren CO2-Ausstoß auf nahezu Daraus errechnet sich ein Spar- Stromverbrauch null reduzieren, um einen Anstieg potenzial für die Verbraucher von der mittleren Welttemperatur um Mehr Info im Web zehn Milliarden Euro. Die wichtigsten Beiträge liefern über zwei Grad Celsius zu vermeiden. Zwei Grad mehr, Die Energiepositio- ein optimierter Einsatz von Wasserpumpen (wie zum so die Abschätzungen des »International Panels of Cli- nen des BN: www. bund-naturschutz. Beispiel Heizungs- und Warmwasserpumpen im Haus- mate Change«, könnten noch ökologisch und sozial de/fakten/energie/ halt, aber auch Pumpen in Gewerbe und Industrie) mit verträglich sein. Schaffen wir die CO2-Reduktion bis positionspapiere 48 TWh, das Vermeiden von Stand-by-Leerlauf elektro- 2050 nicht, dann werden die Entwicklungen mögli- nischer Geräte mit 25 TWh sowie Einsparungen von cherweise unbeherrschbar! Und wieder sind drei Beleuchtungen in Gewerbe und Industrie mit 28 TWh. Schritte entscheidend: Energie sparen, effizient nut- Der Bund Naturschutz hat nun bei der Energieagen- zen, Erneuerbare ausbauen. Dabei muss Sparen – bei tur Nordbayern eine Studie über Bayerns Stromspar- Strom, Wärme und Verkehr – der erste Schritt sein, vor potenziale in Auftrag gegeben. Schon die vorläufigen dem Ausbau neuer Energien. Ergebnisse zeigen: Wir können in den nächsten Jahren Elektrischer Strom ist die verschwenderischste bis zu 40 Prozent des heutigen Verbrauchs von 85 TWh Energieform. Alle thermischen Großkraftwerke arbei- einsparen, und dies wirtschaftlich. Jeder ten mit Dampfturbinen, und die nutzen nur ein Drittel 50% einzelne kann viel beitragen: Ihre Com- der eingesetzten Primärenergie – die restlichen zwei puter zum Beispiel erneuern die Ver- Drittel werden als Abwärme vernichtet, erwärmen Strom braucher nahezu im Jahresrhyth- Flüsse, gehen in die Luft. Effiziente Stromherstellung aus mus. Würden sie statt Stromfres- mit Kraftwärmekopplung und das Nutzen der Abwär- kommunalen 20 sern nur noch sparsame Laptops me als Nah- und Fernwärme zum Heizen ist ein zwin- und kaufen, ließen sich zusätzlich gendes Gebot der Zukunft. Bürger- mehrere TWh sparen. Eine Studie des Umweltbundesamtes gesellschaften Der Anteil der Erneuerbaren von Juli 2010 zeigt, wie Deutschland bis % Energien wird 2011 bereits 20 Pro- zum Jahr 2050 seinen Strom komplett zent und 2020 prognostizierte 50 aus Erneuerbaren Energien erzeugen Prozent der deutschen Stromproduk- kann. Der erste Schritt ist die Reduk- tion erreichen. In einer Studie von April tion des Stromverbrauchs um 23 dieses Jahres zeigt Prof. Olav Hoymeyer, Prozent. Die 100 Prozent Strom aus Professor für Energiewirtschaft an der Uni Flensburg Erneuerbaren setzen sich dann und Mitglied des Weltklimarats, dass wir in Deutsch- wie folgt zusammen: 33 Prozent Fotovoltaik land 2015 in fast allen Stromregionen auch ohne AKW Windenergie auf dem Meer, 32 in Bayern ausreichend Stromkapazitäten haben werden. Wo Ka- Prozent Windenergie an Land, 16 Natur + Umwelt BN-Magazin [3-11]
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