Gesundheitsfaktor Mobilität - Umwelt Graz
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2 Gesundheitsfaktor Mobilität Dank Publikationen des VCÖ und des VCÖ-Forschungsinstitutes dienen der fachlich fundierten Auf- bereitung beziehungsweise Diskussion von Themen aus dem Bereich M obilität, Transport und Verkehr. Die Art der Behandlung der Inhalte und die erarbeiteten Ergebnisse müssen nicht mit der Meinung der unterstützenden Institutionen übereinstimmen. Gedankt sei allen, die die Herausgabe dieser Publikation finanziell unterstützt h aben. Inserate: Donau Forum Druck EZA Wiener Linien Siemens AG i- E R AT D ruckere tziert INS ei pla ird in Drucker w 90 x 136 Format: WO DAS LEBEN QUALITÄT BEKOMMT Das milde Aroma von Kaffee Orgánico verbindet Genuss mit der Achtung der Menschen, die ihn kultivieren und der Natur, in der er gedeiht. Daraus erwächst Kaffeekultur mit Zukunft. EZA Fairer Handel GmbH · Wenger Straße 5 · 5203 Köstendorf, T 06216/20200 · www.eza.cc
Gesundheitsfaktor Mobilität 3 Impressum VCÖ Als Hauptautor zu zitieren: 1050 Wien VCÖ-Forschungsinstitut, Bräuhausgasse 7–9 Wien, Österreich T +43-(0)1-893 26 97 F +43-(0)1-893 24 31 Medieninhaber, Heraus E vcoe@vcoe.at geber und Verleger: www.vcoe.at VCÖ, 1050 Wien ZVR-Zahl 674059554 VCÖ (Hrsg.): „Gesundheitsfaktor Titelbild: Mobilität“ Projektblatt/Angela Batik VCÖ-Schriftenreihe Übersetzungen: „Mobilität mit Zukunft“ phoenix Übersetzungen 4/2012 Layout: Wien 2012 A BISS Z PRODUCTIONS ISBN 3-901204-75-X Druck: Donau Forum Druck Walter-Jurmann-Gasse 9, 1230 Wien Erstellt unter Mitarbeit von: Hanns Moshammer Jürgen Manfred Schneider Neuberger Friedrich Ulla Eliza Legerer Rasmussen Brunmayr Heinz Peter Fuchsig Heilig Alfred Nagelschmied Gregor Bernhard Birgit Kolbe Hachleitner Wölkart Willi Nowak Gabriele Sylvia Vaska Titze Ekkehard Susanne Karl Allinger-Csollich Christian Wolf Reiter Gratzer Markus Gansterer Marco Christian Hüttermoser Martin Uwe Eder Sattler Höller Bettina Petra Markus Urbanek Völkl Feigl Birgit Angel Daniel Eva Santillan Christian Mastny Halbwachs Beate Steiner Peter Dieter Wiederkehr Schwab
tocase.de d; pho Wie pp hili :P os MOBILITÄT MIT ZUKUNFT t Fo Foto: iSto ck m pho .co t o. co o to m k ph oc iSt o: Fot Fot o: Ma ria m o.co Hö phot tzm ans Foto: iStock ede r Ihre Spende für Mobilität mit Zukunft! Große Herausforderungen … …brauchen großen Einsatz Die Erdöl- und Autoabhängigkeit unserer Der VCÖ, als Anwalt einer Mobilität mit Mobilität wird mehr und mehr zur Zukunft, fordert konsequentes Handeln ein. Kostenfalle für unsere Gesellschaft. Auf der Es braucht Ideen und vernetztes Denken. Strecke bleiben Gesundheit, Umwelt und Ihre großzügige Spende an den VCÖ Lebensqualität. Das muss sich ändern. ermöglicht diesen VCÖ-Einsatz. Ihre großzügige Spende unterstützt den VCÖ. en für die Ihre Spend keit sind Foto: VCÖ VCÖ-Tätit r absetzbar! eue von der St 40.714 Christoph Hörhan informiert ag PSK 7.5 Konto: Baw 0.000 05328 Sie gerne, wie Sie den VCÖ BLZ 6 mit einer großzügigen Spende unterstützen können. Unter +43-(0)1-893 26 97 oder christoph.hoerhan@vcoe.at Spenden-Konto: 7.540.714, BAWAG PSK, BLZ 60.000 www.vcoe.at
Gesundheitsfaktor Mobilität 5 Vorwort Der Kfz-Verkehr heizt unser Klima an und ist zum größten Klima- schutzproblem in Österreich geworden. Die Massenmotorisierung der letzten Jahrzehnte in den Städten raubt uns durch Feinstaub und Stickoxide den Atem. Landauf, landab verunmöglicht Straßen- verkehrslärm für viele einen tiefen, erholsamen Schlaf. Dass aber die größte Gefahr des Automobils möglicherweise darin liegt, dass es uns inmobil und inaktiv und dadurch übergewichtig und anfällig für Krankheiten aller Art macht, ist kaum bewusst. Durchschnittlich legt eine Österreicherin oder ein Österreicher heute knapp 40 Kilometer pro Tag zurück – vier Mal so viel wie noch vor 50 Jahren. Doch mehr Kilometer bedeuten nicht auto- matisch, mobiler zu sein. Wege, die früher gegangen oder mit dem Fahrrad gefahren wurden, werden heute mit dem Auto zurückge- legt. Jede zehnte Autofahrt ist kürzer als ein Kilometer, jede zweite Autofahrt kürzer als fünf Kilometer. Das sind Distanzen, die meis- tens gegangen oder mit dem Fahrrad gefahren werden könnten. Wir sind bequem geworden. Schon Kinder werden mit dem Auto in den Kindergarten oder in die Schule chauffiert, statt dass ihnen eine selbstständige, bewegungsaktive Mobilität am Schulweg er- möglicht würde. Übergewicht schon bei den Kleinen ist daher weit verbreitet. Die Weltgesundheitsorganisation WHO errechnet für Österreich zusätzlich zu den etwa 500 Toten durch Verkehrsunfälle weitere etwa 200 vorzeitige Todesfälle durch Verkehrslärm, etwa 2.000 vorzeitige Sterbefälle durch Luftschadstoffe des Kfz-Verkehrs und mehrere tausend Menschen, die aufgrund von verkehrsbedingtem Bewegungsmangel vorzeitig sterben. Wenn wir Straßen und öffentlichen Raum für uns Menschen wie- der von den Maschinen zurückgewinnen, Kinder ihre tägliche Be- wegung auf dem Schulweg durch Radeln, Roller fahren oder Gehen erleben dürfen, Seniorinnen und Senioren wieder gefahrlos Straßen queren können und bei Berufstätigen das Bewusstsein zunimmt, dass es geistig aktiv hält und Krankenstandstage reduziert, mit dem Fahrrad zur Arbeit zu fahren, dann gewinnt auch die Gesellschaft. Denn unser Gesundheitssystem zahlt derzeit mehrere Milliarden Euro pro Jahr dafür, dass uns das Auto bewegungslos gemacht hat. Die VCÖ-Publikation „Gesundheitsfaktor Mobilität“ zeigt, was es braucht, um eine Trendumkehr zu erreichen. Denn in dem Ma- ße, wie uns Verkehr derzeit krank macht, sollte es uns zukünftig gelingen, dass Mobilität die Gesundheit stärkt. Dr. Willi Nowak VCÖ-Geschäftsführung
Und wohin führst du mich jetzt? Wir sehen uns auf Facebook! www.facebook.com/wienerlinien www.wienerlinien.at Die Stadt gehört Dir.
Gesundheitsfaktor Mobilität 7 Inhaltsverzeichnis Starker Einfluss von Mobilität auf die Gesundheit 9 Verkehr verursacht hohe Gesundheitskosten 11 Ein sicheres Wohnumfeld macht Kinder mobil 15 Bewegungsaktive Alltagsmobilität von Jugendlichen fördern 17 Bewegungsaktiv unterwegs zu Arbeit, Einkauf und Freizeit 19 Durch Alltagsmobilität bleiben ältere Menschen länger gesund 25 Verkehrslärm macht krank 29 Feinstaub und Stickoxide schaden der Gesundheit 33 Unfälle vermeiden statt Unfallfolgen mildern 39 Literatur, Quellen, Anmerkungen 43 VCÖ-Schriftenreihe Mobilität mit Zukunft 48
siemens.com/mobility Complete mobility. Integrierte Lösungen für Nahverkehr, Fernverkehr und Logistik. Den Weg für Menschen und Güter weltweit zu bereiten, Mit integrierten Mobilitätslösungen, um die verschie- sie wirtschaftlich, sicher und umweltverträglich ans Ziel denen Verkehrssysteme nachhaltig zu gestalten und sie zu bringen – dafür steht Siemens mit „Complete mobility”: effizient zu vernetzen. Answers for mobility.
Gesundheitsfaktor Mobilität 9 Starker Einfluss von Mobilität auf die Gesundheit Feinstaub, Stickoxide, Der gesellschaftliche Preis für den derzeitigen Lärm, Bewegungs- Kfz-Verkehr in Österreich ist sehr hoch: hoch in mangel – der Gesund- heitsschaden, den der Bezug auf menschliches Leid, sinkende Lebens Kfz-Verkehr verursacht, qualität und in Bezug auf Kosten im Gesund ist hoch. Die Verkehrs- unfälle sind da nur die heitswesen. In der Arbeitswelt und beim Arbeits Spitze des Eisbergs. schutz werden derart negative Nebenwirkungen seit langem gesellschaftlich und politisch nicht mehr akzeptiert. Foto: fotolia.com Die Gesundheitsausgaben Österreichs stiegen von 20 Milliarden Euro im Jahr 1999 auf 31,4 Schlüsselfaktor bewegungsaktiv im Alltag Milliarden Euro im Jahr 2010.190 Den Großteil Bewegung wieder stärker und selbstverständlicher machen mit 76 Prozent öffentliche Ausgaben aus, in Alltagsabläufe einzubauen, wirkt Krankheiten die privaten Ausgaben belaufen sich auf 24 Pro- entgegen, die durch Bewegungsmangel entste- zent. Der Anteil der Gesundheitsausgaben an der hen oder verstärkt werden. Auf der strukturellen Wirtschaftsleistung Österreichs beträgt 11 Pro- Ebene in der Verkehrsplanung bewirkt ernst ge- zent. nommene aktive Mobilität eine Verbesserung der Von den 31,4 Milliarden Euro Gesundheitskos- gesundheitlichen Rahmenbedingungen. Kfz-Ver- ten können etwa 2,3 Milliarden (zirka 7 Prozent) kehr und damit Luftschadstoffe werden reduziert direkt dem Verkehr als Verursacher zugeordnet und Verkehrslärm als Krankheitsfaktor nimmt Bewegungsmangel führt werden.216 Davon entstehen an die 800 Millio- ab. Bewegungsaktive Mobilität bedeutet, Alltags- zu noch weniger Bewe- gung und damit zu ei- nen Euro Kosten durch Verkehrsunfälle,281 fast wege oder Teile davon – Einkaufen, Arbeitswege nem noch schlechteren 1,4 Milliarden entstehen durch vom Verkehr ver- und Freizeitwege – zu Fuß oder mit dem Rad Gesundheitszustand. ursachte Luftverschmutzung und mindestens 100 Millionen durch Erkrankungen infolge von dau- Bewegungsmangel ist ein Teufelskreis erhaftem Verkehrslärm.216 Und das ist lediglich die Spitze des Eisbergs, denn Gesundheitskosten, die durch Bewegungsmangel im Alltag, wie das Bewegungsmangel nimmt zu viele Sitzen im Auto, entstehen, sind hier genau- so wenig enthalten, wie der Verlust an beschwer- defreien Lebensjahren. Freude an Bewegung nimmt ab Menschen brauchen Bewegung, um gesund zu Beschwerden als sein und gesund zu bleiben Folge von Inaktivität Bewegung ist ein elementarer Bestandteil des Le- nehmen zu Bewegungs- bens von Menschen. Bewegungsmangel ist durch mangel Quelle: VCÖ 2012 Grafik: VCÖ 2012 die heutige inaktive Arbeits- und Lebensgestal- tung zur Norm geworden und führt zu massiven Gesundheitsproblemen. Der Gewinn durch aus- Zurücklegen reichende Bewegung: mehr gesunde Lebensjahre, von Wegen wird mehr Lebensqualität, weniger Krankheit. anstrengender Mobilität mit Zukunft 4/2012
10 Gesundheitsfaktor Mobilität kleiner Teil der durch Kfz-Verkehr gesundheit- Der Umstieg auf das Rad zahlt sich aus lich geschädigten Menschen. Vision Zero muss Gesundheit Luftverschmutzung, Stau für alle gelten, die durch die Auswirkungen des 478 Verkehrs zu Schaden kommen, auch für die volkswirtschaftlicher Nutzen durch mehr 500 Radfahren* in Euro pro Jahr und Person Todesopfer und Verletzten durch vom Verkehr 400 367 verursachte Luftverschmutzung, durch Lärm und 258 321 Bewegungsmangel. Quelle: ISQW 2007128,245 Grafik: VCÖ 2012 300 101 258 210 Verkehrspolitische Entscheidungen und Maß- 200 101 nahmen brauchen einen neuen Fokus und zu- 100 220 220 sätzliche Ziele. Die volkswirtschaftlich positiven 109 109 Auswirkungen auf die Gesundheitsausgaben 0 Stadt Land Stadt Land wären enorm. Personen unter 45 Jahren Personen ab 45 Jahren * Annahme: Verlagerung von 160 Fahrten à 3,9 Kilometer pro Jahr vom Pkw auf das Rad (Summe 624 Kilometer pro Jahr) Nationalen Aktionsplan Bewegung umsetzen Wenn kurze Wege mit zurückzulegen. Auch gut ausgebauter und barri- 32% Mit Empfehlungen für gesundheitswirksame dem Rad zurückgelegt erefrei zugänglicher Öffentlicher Verkehr spielt Bewegung hat Österreich im Jahr 2010 WHO- werden, wird ein großer volkswirtschaftlicher für die Etablierung von Bewegung im Alltag eine Richtlinien auf nationaler Ebene verankert, auf 13,6 Nutzen erzielt. große Rolle, da die Wege zur Haltestelle zu Fuß denen aufbauend der Nationale Aktionsplan oder mit dem Rad zurückgelegt werden. Bewegung erstellt wurde. Im Verkehrsbereich soll In Städten zeigt sich, dass die Bedeutung des der Anteil bewegungsaktiver Mobilität erhöht Autos zurückgeht. Schon heute werden in Wien werden. Wichtige Ansatzpunke sind Maßnahmen mit 28 Prozent etwa so viele Wege zu Fuß ge- in der Raumplanung und im Gebäudebereich. gangen wie mit dem Auto gefahren, bereits 71 Auf der Planungsebene ist ein bundesweiter Prozent aller Wege werden mit dem Rad, zu Fuß Masterplan Gehen nach dem Vorbild des Master- oder mit dem Öffentlichen Verkehr zurückge- plans Radfahren ein wichtiges Instrument. Hier legt. Daran ist ersichtlich, dass das Auto faktisch sind Maßnahmen zu verankern, die beispielswei- eine viel kleinere Bedeutung hat, als ihm in der se den Platz, der durch Parkraumbewirtschaftung öffentlichen Diskussion zugesprochen wird. Die frei gemacht wird, für öffentliches Leben, Grün- Menge an Platz, im Denken und im öffentlichen räume, Haltestellen sowie andere wichtige Ziele Raum, die es beansprucht, ist schon längst nicht zurückzugewinnen. mehr angemessen. Vision Zero und bewegungsaktive Mobilität Positive Effekte von Bewegung Vision Zero meint Mobilität ohne Todesopfer • Bewegungsaktive Alltagsmobilität hält gesund und und mit möglichst wenig schweren Verkehrsun- erhöht das psychische und physische Wohlbefinden fällen. Sie hat als Leitlinie Eingang in Verkehrs- • Das Stressniveau wird deutlich gesenkt sicherheitsprogramme zahlreicher europäischer • Das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wird ver- Staaten gefunden. Doch die Todesopfer und ringert Verletzten durch Verkehrsunfälle sind nur ein • Radfahren erhöht die Lebenserwartung • Das Risiko, an Darmkrebs zu erkranken, vermindert sich um 50 Prozent (bei zwei Stunden Radfahren pro Tag)10 • Bewegung reduziert das Risiko für Typ-2-Diabetes, Bluthochdruck und Übergewicht • Regelmäßige Bewegung besonders im Alter hält den Der Nationale Aktions- Körper und auch den Geist fit und gesund • Täglich 30 Minuten zügiges Gehen reduziert im Alter Foto: iStockphoto.com plan Bewegung hat das Ziel, in Österreich Rücken- und Gelenkschmerzen, Typ-2-Diabetes und Menschen zu mehr be- wegungsaktiver Mobilität Demenz zu animieren. Mobilität mit Zukunft 4/2012
Gesundheitsfaktor Mobilität 11 Verkehr verursacht hohe Gesundheitskosten Der den Straßenraum Rund zehn Prozent des Budgets in Österreich dominierende Auto- werden für die Behandlung von Erkrankungen verkehr schränkt die Bewegungsfreiheit – verwendet.190 Im Jahr 2011 waren das 31,4 insbesondere von Milliarden Euro. Zirka sieben Prozent davon sind Kindern – stark ein. Gesundheitsausgaben, die in Zusammenhang mit Verkehrsunfällen stehen oder sind Behand lungskosten, die durch den Verkehr verursacht Foto: fotolia.de wurden. Statistisch betrachtet wird jeder Mensch in Öster- verletzt und 523 getötet.18 Das kostet das Ge- reich einmal im Leben im Straßenverkehr verletzt sundheitssystem in Österreich grob geschätzt 800 oder erkrankt an den Folgen von Verkehrslärm Millionen Euro pro Jahr.216 In 17 EU-Staaten oder Verkehrsabgasen.216 Zusätzlich nehmen belaufen sich die Folgekosten von Verkehrsun- Erkrankungen infolge von Bewegungsmangel zu fällen auf 158 Milliarden Euro pro Jahr – etwa und belasten das Gesundheitssystem. 3,2 Milli- 2,5 bis 3 Prozent des Brutto-Inland-Produkts der onen Menschen sterben jährlich weltweit durch EU-Staaten. 228 Bewegungsmangel.231 In Österreich sind es 6,4 Milliarden Euro jährlich.228 Schadstoffe und Verkehrslärm belasten das Gesundheitsbudget Bewegungsmangel kostet Lebenszeit und Geld Verkehrsbedingte Luftverschmutzung verursacht Viele, auch kurze Wege werden heute mit dem in Österreich etwa fünf Prozent der Gesundheits- Auto gefahren. Der Gesundheit förderliche all- ausgaben, das sind rund 1,4 Milliarden Euro.216 tägliche körperliche Bewegung, wie Radfahren Vom motorisierten Verkehr produzierter Fein- und Gehen, hat durch den motorisierten Verkehr staub führt in Österreich zu jährlich rund 40.000 in den letzten Jahrzehnten stark abgenommen. Asthma-Anfällen bei Erwachsenen und zu 2.400 Diese Inaktivität wirkt sich negativ auf die Ge- vorzeitigen Todesfällen durch Herz- und Lungen- sundheit aus. Erkrankungen bei über Dreißigjährigen.228 Dazu In Europa sterben nach Angaben der Weltge- kommt, dass in Westeuropa pro Jahr mindestens sundheitsorganisation WHO jährlich geschätzte 600.000 Menschen an den Folgen körperlicher Inaktivität. 228 Schon Kinder legen immer mehr Übergewicht bei Kindern Wege im Auto zurück, die früher zu Fuß oder nimmt zu mit dem Rad erledigt wurden. Die Folge sind Mädchen Buben Quelle: ÖGK 2008163, BMG 201140 Grafik: VCÖ 2012 20 unter anderem Übergewicht schon bei jungen 20 Anteil der Kinder mit Übergewicht, Menschen. In den Jahren 1991 bis 2007 stieg in 15 18 Österreich der Anteil übergewichtiger Mädchen 15 13 in Prozent von 13 auf 18 Prozent, bei den Buben von 15 auf 10 100 20 Prozent. 40,163 5 Verkehrsunfälle verursachen hohe Kosten Immer mehr 6- bis 14-Jährige in Österreich Im Jahr 2011 wurden auf Österreichs Straßen 0 sind übergewichtig oder 1991 2007 bei 35.129 Verkehrsunfällen 45.025 Menschen fettleibig. Mobilität mit Zukunft 4/2012 * Rad = 17 km/h, Auto = 35 km/h, **Rad = 35 km/h, Auto = 150 km/h
12 Technologien für nachhaltige Mobilität Länge dieser Radfahrten betrug zwei Kilometer. Umstieg auf das Fahrrad bringt Vorteile Alleine Radfahren im Alltag rettet so das Leben von 589 Personen in Österreich und erspart 725 1.500 1.310 Millionen Euro an Kosten. Eine Erhöhung des 1200 Radverkehrsanteils auf zehn Prozent, wie im Masterplan Radfahren vorgesehen, würde diese in Euro pro Jahr* 900 600 Einsparungen noch weiter erhöhen.234 100 Quelle: ITF 2012105 Grafik: VCÖ 2012 gesundheitliche gesundheitliche Für Großbritannien wurde berechnet, dass die 300 Nachteile durch Nachteile 33 Einatmung Schadstoffe durch Unfälle jährlichen Kosten durch Bewegungsmangel bis 0 gesundheitliche Vorteile für die zu zwölf Milliarden Euro betragen, eingerechnet Vorteile Gesellschaft –19 –53 -300 die Kosten für das Gesundheitssystem, Kran- durch Reduktion der Luftverschmutzung kenstandstage und Verlust an Steuereinkommen * Fahrtstrecke 5 Kilometer pro Richtung, 5 Mal wöchentlich, 46 Wochen pro Jahr (Summe 2.300 Kilometer pro Jahr) durch vorzeitigen Tod.228 In der Schweiz werden die direkten Kosten Eine Monetarisierung eine Million gesunde Lebensjahre durch erhöhte durch Bewegungsmangel für das Gesundheits- der Auswirkungen des Verkehrslärmbelastung verloren gehen. 166 Umge- system mit 1,1 bis 1,5 Milliarden Euro pro Jahr Umstiegs einer pen- delnden Person vom rechnet auf Österreich belastet Verkehrslärm das veranschlagt. Auf Österreich umgelegt wären das Auto zum Fahrrad zeigt Gesundheitssystem mit mindestens 100 Millio- 1,25 bis 1,7 Milliarden Euro.228 erhebliche Vorteile. nen Euro pro Jahr.216 Radfahren und Gehen nützen Umwelt und Aktive Mobilität verlängert das Leben Gesundheit Ein höherer Anteil von Gehen und Radfahren Autos erzeugen pro Personenkilometer mehr als sowie des Öffentlichen Verkehrs an den Wegen zehn Mal so viele Schadstoffemissionen wie Busse führt zu geringerer Luftverschmutzung, weni- und mehr als 30 Mal so viele wie Straßenbahnen. ger Lärm, geringeren Treibhausgas-Emissionen Menschen, die sich zu Fuß oder per Rad bewe- und weniger Energieverbrauch. Zudem senkt gen, sind zwar diesen Schadstoffen ausgesetzt, aktive Mobilität das Risiko für Herz-Kreislauf- doch die positiven Gesundheitseffekte durch ein Erkrankungen, an denen im Jahr 2011 allein in Mehr an Bewegung übertreffen die negativen Ef- Österreich 32.374 Menschen starben. Überge- fekte um das Zwei- bis Zehnfache.169 wicht und Bewegungsmangel begünstigen diese Berechnungen für größere Städte Europas er- häufigste Todesursache.189 geben, dass auch die Kosten-Nutzen-Rechnung Wer kein Auto benützt, sondern geht oder Rad für einen Umstieg vom Auto auf das Rad spricht. fährt, beugt Gesundheitsproblemen aufgrund Der Gesundheitsgewinn durch rund zehn Kilo- von Bewegungsmangel vor. Nach nur zwölf Wo- meter Radfahren am Tag (5 Tage die Woche, 46 chen Alltagsradfahren fühlen sich die meisten Wochen im Jahr) wird mit 1.310 Euro bewertet, Menschen fitter und besser.278 der Gewinn für die Gesellschaft durch verringer- In Österreich lag der Radverkehrsanteil im Jahr te Luftschadstoffe zusätzlich mit 33 Euro. Dem 2011 bei sieben Prozent, die durchschnittliche stehen Kosten von 19 Euro für die vom Autover- kehr verursachten „Gesundheitsnachteile“ durch Luftschadstoffe und 53 Euro für Verkehrsunfälle gegenüber. Also in Summe ein Plus von 1.271 Euro pro Radfahrer oder Radfahrerin im Jahr. 105 Vorbeugen ist besser als heilen Foto: Riccardo Piccinini – Fotolia.com Wer gesund lebt, lebt auch länger gesund. Zwar Wer regelmäßig für seine kürzeren Alltags- steigen die Ausgaben der Krankenkassen mit der wege das Rad benützt längeren Lebenszeit, aber gesundheitsfördernde oder zu Fuß geht, senkt Maßnahmen können die Krankenkasse zur Ge- sein Risiko für Herz- Kreislauferkrankungen sundheitskasse machen, ganz nach dem Motto: deutlich. „Vorbeugen ist besser und billiger als heilen!“ Mobilität mit Zukunft 4/2012
Gesundheitsfaktor Mobilität 13 Jede Maßnahme, die dauerhaft zur Bewegung animiert, hilft, die „Reparaturkosten“ zu senken. Verkehrsunfälle verursachen hohe Kosten Die Bereitschaft zur bewegungsaktiven Alltags- für die Gesellschaft mobilität steigt, wenn es Anreize dafür gibt, wie attraktive Gehwege, gut zu Fuß erreichbare 65 Haltestellen, sichere Fahrradwege, Abstellanlagen medizinische Behandlungskosten in Spitälern Quelle: Herry 2007263, VCÖ 2012265 Grafik: VCÖ 2012 oder multimodale Umsteigeverbindungen.80 1.170 Verlust an Leistungspotenzial Sachschäden 3.185 Rettungs-, Polizei-, Feuerwehrkosten Gemeinden gehen kostengünstiger und 1.430 Rechtskosten gesünder in eine mobile Zukunft Verwaltungskosten bei Versicherungen Es gibt zahlreiche Beispiele in Österreich und menschliches Leid 455 (inkl. Schmerzengeld-Zahlungen) international, die Menschen dazu motivieren, be- 65 wegungsaktiv mobil zu werden. 130 Die Stadt Graz fordert unter dem Motto „Die in Millionen Euro jährlich Stadt liegt dir zu Füßen“ dazu auf, kurze Wege zu Fuß zurückzulegen. Mit innovativen Strate tivität als sehr wichtige Einflussfaktoren für ein Die für die Volkswirt- schaft durch Verkehrs- gien sollen schon Vorschulkinder aktive Mobilität gesundes Aufwachsen zu fördern, insbesondere unfälle entstehenden verinnerlichen und das Gehen und Radfahren als durch mehr Bewegung im Alltag.39 Kosten beliefen sich etwas Selbstverständliches ansehen – ganz nach im Jahr 2011 auf etwa 1% 6,5 Milliarden Euro. dänischem Vorbild, wo ein Fahrrad zur Schul- Kinder, Eltern und Schulen aktiv mobil Grundausstattung gehört. 169 Mit dem klima:aktiv mobil-Programm des Le- 3% Mit dem Kinder-Umwelt-Gesundheits- bensministeriums, das Mobilitätsmanagement Aktionsplan setzt Österreich die Beschlüsse der für Kinder, Eltern und Schulen anbietet, konn- Umwelt- und Gesundheitsministerkonferenz ten seit dem Jahr 2006 in 200 Bildungseinrich- der WHO „Die Zukunft unseren Kindern“, tungen rund 46.000 Kinder und Jugendliche insbesondere des Kinder-Umwelt-Gesundheits- erreicht und jährlich über 500.000 Pkw-Fahrten Aktionsplanes für Europa (CEHAPE), um. Es durch klimafreundliche Alternativen ersetzt wer- werden die Ziele und Maßnahmen für eine den.39 gesunde Umwelt für Kinder in Österreich for- An der „Kindermeilen-Kampagne“ für den muliert. Handlungsprioritäten sind dabei Unfall- autofreien Schulweg nahmen in Österreich bis verhütung und Sicherstellung von ausreichend September 2012 230 importierter Schulen und Kindergärten In der Schweiz ha- * inklusive 14,7 Prozent Strom (Strom-Mix Europa) ben insgesamt rund körperlicher Bewegung von Kindern durch eine mit rund 24.000 Kindern teil. Dabei wird je- 215.000 Kinder – das kinderfreundliche Stadt- und Verkehrsplanung der mit Bahn, Bus, Roller, Fahrrad oder zu Fuß sind 20 Prozent aller Kinder – Lernschwie- sowie Sicherstellung von sauberer Außen- und zurückgelegte Schulweg mit einer Klimameile rigkeiten, weil sie Ver- Innenraumluft.119,130 belohnt. Im Jahr 2011 wurden 823.513 „Klima kehrslärm ausgesetzt meilen“ gezählt. Mit dieser Initiative werden sind. Hauptursache Ein Schwerpunkt des Aktionsplans in Öster- ist der Straßenver- reich ist das österreichweite Impulsprogramm auch die Eltern für das Thema sensibilisiert. kehrslärm. klima:aktiv mobil „Mobilitätsmanagement für Schulen und Jugend“ des Lebensministeriums. In diesem Programm wurden seit dem Jahr Die Auswirkungen von Lärm belasten 2005 bereits 120 Schulen dabei beraten, Schul- Kinder massiv Mobilitätsmanagement-Pläne zu erstellen, um Lernschwierigkeiten Schlafstörungen die Verkehrssicherheit vor Schulen zu verbessern, 100 Anteil am Verkehrslärm in Prozent Luftschadstoffe zu reduzieren und die Bedingun- 80 90,0 Quelle: BFU 201253 Grafik: VCÖ 2012 84,3 gen für das Radfahren und Gehen zu verbessern. 60 Durch diese Maßnahme konnten bereits 355.000 40 Autowege durch Wege zu Fuß oder per Rad er- 20 setzt werden. 3,0 12,7 9,8 0,2 Die Kindergesundheitsstrategie Österreichs hat 0 Straße Bahn Flug auch das Ziel, Bewegung und körperliche Ak- Mobilität mit Zukunft 4/2012
14 Gesundheitsfaktor Mobilität Die Gesundheitskosten eines Radverkehrsanteils von zehn Prozent 47 bis und sonstigen Kosten für die Gesellschaft, die Folgekosten von 208 Millionen Euro pro Jahr.129 durch Verkehrsunfälle Verkehrsunfällen steigen stark Quelle: Statistik Austria 2012264, WHO 2012228 Grafik: VCÖ 2012 entstehen, haben sich Einen Masterplan Gehen erstellen in Österreich seit dem 6 Jahr 1990 mehr als Wie für den Radverkehr braucht es auch einen verdoppelt. Sie werden 5 „Masterplan Gehen“, der die Schaffung attrak- auf zwei Prozent der tiver Bedingungen fürs Gehen vorantreibt. Die in Milliarden Euro Wirtschaftsleistung 4 geschätzt. Stadt Berlin hat eine Fußverkehrsstrategie be- 3 schlossen. Dadurch sollen bis zum Jahr 2016 der 2 Anteil der Menschen, die mit den Bedingungen 1 für das Gehen in Berlin zufrieden oder sehr zu- 0 frieden sind, deutlich gesteigert, die Zahl der im 1990 1995 2000 2005 2011 Straßenverkehr getöteten und schwer verletzten Gehenden um 20 Prozent gesenkt und zehn 2010 2011 Was für die Kleinen gilt, ist auch für ältere Modellprojekte umgesetzt werden. Der Anteil der Menschen wichtig. Die EU-Aktionen „Healthy Ausgaben für das Gehen am Verkehrsetat Berlins Akzeptierte Entfernung vom Abstellort zum Zielort in Metern Region“ und „Active Access“ wollen mit Elektro- soll schrittweise seinem Anteil am Gesamtverkehr Fahrrädern ältere Menschen zur Bewegung ani- angenähert werden.259 mieren.169 Bahn StadtStraße Die italienische Flug Bozen verknüpft den Öffentlichen Verkehr mit Leihfahrrädern. Mit einem Ticket können Bus und Fahrrad benutzt werden.60 Bewegung senkt die Gesund- Masterplan Radfahren hat volkswirtschaft lichen Nutzen heitskosten Das Lebensministerium in Österreich hat den • Fördert die Verkehrspolitik bewegungsaktive Mo- Masterplan Radfahren erarbeitet, mit dem Ziel, bilität zu Fuß, mit dem Rad und auch mit dem Öf- bis zum Jahr 2015 den Radverkehrsanteil in Ös- fentlichen Verkehr, der auch immer mit Gehwegen terreich auf zehn Prozent zu heben. Aufgrund der verbunden ist, werden Erkrankungen aufgrund von längeren Lebenserwartung bringen Österreichs Bewegungsmangel reduziert und das Gesundheits- Radfahrerinnen und Radfahrer der Volkswirt- budget wird entlastet. schaft einen jährlichen Gesundheitsnutzen von • Die Bereitschaft zur bewegungsaktiven Alltags 810 Millionen Euro.129 Der volkswirtschaftliche mobilität steigt durch Anreize wie attraktive Gehwe- Nutzen pro Radfahrendem und Jahr wird je nach ge, gut zu Fuß erreichbare H altestellen, gute Bedin- Alter, Wohnort und je nachdem, wieviele Pkw- gungen zum Radfahren, Fahrradabstellanlagen und Fahrten ersetzt werden, mit 128 bis 563 Euro multimodale Umsteigeverbindungen. errechnet. Insgesamt sind das bei Zielerreichung • Jede Maßnahme, die dauerhaft zu Bewegung animiert, hilft, „Reparaturkosten“ im Gesundheits- system zu vermeiden. • Gemeinden, Bundesländer und der Bund können durch Motivationskampagnen das Bewusstsein für den mehrfachen Nutzen von Gehen und Radfahren im Alltag schaffen. • Österreich braucht einen Masterplan Gehen, der, ähnlich wie der Masterplan Radfahren, Ziele und Foto: schemmi_pixelio.de Der Masterplan Rad- Maßnahmen für mehr Gehen im Alltag formuliert. fahren hat das Ziel, den Radverkehrsanteil • Die Straßenverkehrsordnung, die noch stark das Auto in Österreich auf zehn bevorzugt, sollte rasch modernisiert werden. Prozent zu heben. Mobilität mit Zukunft 4/2012
Gesundheitsfaktor Mobilität 15 Ein sicheres Wohnumfeld macht Kinder mobil Der selbstständige Kinder brauchen für ihre gesunde Entwicklung Schulweg hat für Kinder ein Wohnumfeld, in dem sie nicht durch den Kfz- große Bedeutung bei der Entwicklung des So- Verkehr gefährdet sind. Die Einschränkung der zialverhaltens und hilft Bewegungsfreiheit und Selbstständigkeit von ihnen zu einer besseren Foto: Hüttenmoser, KUM, CH_Muri AG Kenntnis der Umwelt. Kindern durch den motorisierten Straßenverkehr hat gravierende Folgen. Kinder, die in ihrem Wohngebiet ungehindert und unbegleitet spielen können, entwickeln sich motorisch, sozial und in ihrer Selbstständigkeit besser als Gleichaltrige, die wegen der Gefahren trächtlich.96 Wichtig ist die Schaffung von Spiel- des Kfz-Verkehrs ständig begleitet werden.100 flächen, Wohnstraßen und Begegnungszonen im Nicht vom Kfz-Verkehr behinderte Kinder erziel- nächsten Wohnumfeld, in denen Kinder täglich ten im Motoriktest der Vier- bis Sechsjährigen mehrere Stunden unbegleitet spielen können.98 vor allem bei Gewandtheit, Gleichgewichts- vermögen und Sprungkraft signifikant bessere Autoverkehr schränkt Kontakte ein Resultate und werden bereits im Kindergarten in Autoverkehr in Siedlungen behindert die Ent- ihrem Verhalten als selbstständiger beurteilt.97 wicklung von Unabhängigkeit und sozialer In- teraktion bei Kindern.28 Ein verkehrsbelastetes Zu wenig Bewegung führt zu Übergewicht Wohnumfeld reduziert in der Stadt die Größe Die hohen Geschwindigkeiten und der zuneh- der nachbarschaftlichen Spielgruppe von durch- mende Platzbedarf des Kfz-Verkehrs verhindern schnittlich neun auf zwei bis drei Kinder, in für Kinder spontanes, unbeschränktes Spielen ländlichen Gebieten von vier auf zwei Kinder. 101 Der Öffentliche Verkehr im Freien und führen zu Bewegungsunlust und In der Region ist zwar der Kfz-Verkehr weniger ist das dominierende Verkehrsmittel auf dem Übergewicht.29 Die Empfehlungen der Welt- dicht als in der Stadt, aber auf gut ausgebauten Schulweg in Vorarlberg. gesundheitsorganisation WHO201 führen in Straßen besonders schnell und gefährlich. Tempo Knapp die Hälfte der Kinder verwendet über- verschiedenen Staaten, so auch in Österreich, zu 30, Begegnungszonen und ausreichend Gehwege wiegend den Bus für zahlreichen konkreten Maßnahmen, wie Rad- sind selten zu finden.101 den Schulweg. kampagnen, Pedibus, Kindermeilen-Kampagnen und Elternhaltestellen. Diese beziehen sich fast Die meisten Kinder und Jugendlichen ausschließlich auf Schulkinder. 27 Doch 10 bis 20 kommen mit Öffentlichem Verkehr zur Schule Prozent der Kinder kommen schon mit Überge- von Schülerinnen und Schülern in Vorarlberg wicht in den Kindergarten. 50 hauptsächlich genutzte Verkehrsmittel, Bei der Organisation des öffentlichen Umfeldes 47 40 von Wohngebieten muss die selbstständige Er- 38 reichbarkeit auch durch jüngere Kinder der Maß- Quelle: Herry 200990 Grafik: VCÖ 2012 30 in Prozent stab sein. Es ist wesentlich, dass sie die Wohnung 20 selbstständig verlassen, den Weg zu Spiel- und 20 18 Sportplatz sowie Wald und Wiese unbegleitet 10 14 11 2 2 zurücklegen und den Weg allein wieder zurück- 0 finden können. Sobald Begleitung nötig ist, Bus Bahn Gehen Moped/ Fahrrad Pkw Pkw Sonstiges Motorrad mitfahrend lenkend reduziert sich die Zeit des Spielens im Freien be- Mobilität mit Zukunft 4/2012
16 Gesundheitsfaktor Mobilität werden bewegungsintensiver und erstrecken sich Der VCÖ-Mobilitätspreis präsentiert Beispiele einer Mobilität mit Zukunft über den ganzen Straßenraum.172 Schule bewegt Kinder Konflikt zwischen Sicherheit und Gesundheit Drei Schulen und ein Kindergarten, die ihre „Die Einbindung der Umwelt- und Gesund- Kinder anregten, zu Fuß zu gehen, wurden heitsanliegen in die Verkehrspolitik ist erforder- gemeinsam als Gesamtsieger des VCÖ-Mobili- lich, um Nachhaltigkeit und Verminderung der tätspreises 2012 ausgezeichnet. Foto: VS Ranshofen Gesundheitsbedrohung durch den Kfz-Verkehr In der Volksschule Ranshofen/Oberösterreich haben Eltern, Lehrpersonal und Kinder einen zu erreichen.“28 Diese wichtige Forderung der „Traumschulweg“ geschaffen, der den Kindern WHO steht bis heute vor allem auf dem Papier. mehr Bewegung, Freude und Sicherheit auf ihrem Schulweg bringt. Beispiel Fahrrad: Während die WHO Radfah- Eine „Kiss & Go“-Zone, bei der Kinder 150 Meter vor dem Schulgebäude aus dem ren empfiehlt201 und es zahlreiche Programme zu elterlichen Auto aussteigen können, errichtete das Lehrpersonal an der Volksschule dessen Förderung gibt, halten die Gesetze Fahr- Lehen 1 in Salzburg. Manche Kinder gehen nun ganz zu Fuß zur Schule. rad fahrende Kinder lange von der Straße fern. „Bunte Spuren in der Schule“ heißt das Projekt der Volksschule Wies in der Steier- Eine Analyse der Unfallzahlen Österreichs für mark. Farbige Fußabdrücke und lebensgroße Holzfiguren weisen auf den Schulweg Kinder zeigt, dass die Unfallzahlen bis ins Jahr hin, den die Schulkinder sicher begehen können. 1976 anstiegen und in den Jahren darauf konti- Im Kindergarten Rickenbach in Vorarlberg begleiten geschulte Erwachsene Kinder- nuierlich sanken, besonders deutlich bei vier- bis gruppen auf ihrem Fußweg in den Kindergarten. Im „Kinderzügle“ lernen die Kinder neunjährigen, zu Fuß gehenden Kindern. Dies sich besser zu orientieren und Bewegung in den Alltag zu integrieren. hängt stark damit zusammen, dass Kinder immer weniger die Möglichkeit bekommen, zu Fuß zu Der selbstständige Schulweg verschafft Kin- gehen.28 Das wiederum ist die wichtigste Ursache dern Bewegung. Seine größte Bedeutung hat der von Bewegungsmangel. Übergewicht, mangelnde Schulweg allerdings für die Entwicklung des So- motorische wie soziale Kompetenz und fehlende zialverhaltens und in einer besseren Kenntnis der soziale Integration bei Kindern sind die Fol- Umwelt. Viele Kinder, die in die Schule gehen, gen.102 Der Kfz-Verkehr behindert die Entwick- sind zum ersten Mal alleine mit anderen Kindern lung von Kindern dramatisch. Der Micro Scooter ist unterwegs und können so Sozialverhalten und bei Kindern beliebt und für die Entwicklung Konfliktfähigkeit ohne Erwachsene üben.68,99 eigenständiger Mobilität Das Schulumfeld autofrei zu halten, macht positiv. Die Verwendung der Roller für den den selbstständigen Schulweg sicherer. In Bozen Gesunde Entwicklung fördern Schulweg wird durch die in Italien wurde in den Straßen vor zehn Schu- • Die Außenräume sind heute weitgehend vom moto- gesetzliche Regelung len eine halbe Stunde vor Schulbeginn und zu in Österreich gebremst, risierten Verkehr besetzt. Das erschwert die gesunde die erst ab zwölf Jahren Unterrichtsende ein Fahrverbot verhängt. Eltern Entwicklung von Kindern. Scooter fahren ohne können nicht mehr direkt vor die Schule fahren. • Für eine gesunde Entwicklung sind ab einem Alter erwachsene Begleitung Schon kurze Zeit nach der Umsetzung wurden von drei, vier Jahren genügend selbstständig er- am Gehsteigen erlaubt. In Deutschland und der die Maßnahmen akzeptiert. Andere italienische reichbare und bespielbare Außenräume in Siedlun- Schweiz gibt es dafür Städte folgten dem Modell.56 keine Altersgrenze. gen und im Straßenraum erforderlich. Bei Schulen hat die Errichtung guter Abstell- • Der motorisierte Verkehr verhindert, dass Kinder möglichkeiten für Fahrräder und Scooter zentrale Fähigkeiten erwerben, die sie für die selbstständige Bedeutung, um die Kinder zur Fahrrad- und Bewegung zu Fuß oder mit dem Rad im Straßenver- Scooterbenutzung zu animieren. kehr brauchen. Begegnungszonen und Spielstraßen, die nicht • Wer schon den Schulweg zu Fuß oder mit dem Rad mit Fahrzeugen verstellt sind und eine nachbar- zurückgelegt hat, wird auch später für kurze Stre- schaftliche Begegnung erlauben, haben enormes cken nicht ins Auto steigen. Integrationspotenzial. Je weniger Kfz-Verkehr, • Die gesetzlichen Bestimmungen für die Benutzung je niedriger die Geschwindigkeit und je geringer von Micro-Scooter gehören reformiert, um Kindern die Parkplatzdichte, umso häufiger und inten- Foto: fotolia.com diese Form bewegungsaktiver Mobilität bereits früh siver sind die spontanen Beziehungen der dort zu ermöglichen. lebenden Menschen. Auch die Spiele der Kinder Mobilität mit Zukunft 4/2012
Gesundheitsfaktor Mobilität 17 Bewegungsaktive Alltagsmobilität von Jugendlichen fördern Mädchen sind deutlich Eine wachsende Anzahl von Jugendlichen be weniger oft bewegungs- wegt sich zu wenig. Alltagswege zu Fuß oder mit aktiv unterwegs als Buben. dem Fahrrad zurücklegen zu können, ist nicht nur gesund, sondern hat für Jugendliche auch eine wichtige soziale Bedeutung. Foto: http://cycleandstyle.com Ab einem Alter von zehn bis zwölf Jahren er- weitern sich für Heranwachsende in Österreich die Möglichkeiten, selbstständig mobil zu sein. Rahmenbedingungen dafür sind unter anderem der Schulwechsel und die Erlaubnis, selbstständig rigen in Österreich erfüllen aber nur 34 Prozent Rad zu fahren. Dadurch vergrößert sich der Ak der Buben und 17 Prozent der Mädchen diese tionsradius. 77 Empfehlung, bei den 15-Jährigen gar nur noch 20 Prozent der Buben und 9 Prozent der Mäd- Jugendliche fahren seltener mit dem Fahrrad chen. Auch im europäischen Durchschnitt bewe- Die Gestaltung des öffentlichen Raums wurde in gen sich weniger als ein Fünftel der Jugendlichen der Vergangenheit den Interessen des motorisier- (19 Prozent der 13-Jährigen und 15 Prozent der ten Verkehrs untergeordnet und ging dadurch als 15-Jährigen) täglich mindestens eine Stunde. Ort des sozialen Austauschs, des Spiels und der In allen EU-Staaten und Altersgruppen gibt es Entspannung verloren. erhebliche Unterschiede im Bewegungsausmaß In der Schweiz haben in den Jahren 1994 von Mädchen und Buben. Der Durchschnitts- bis 2010 die von Kindern und Jugendlichen wert der EU27 bei 13-jährigen Buben liegt bewegungsaktiv zurückgelegten Wege deutlich mit 24 Prozent deutlich über dem Wert von abgenommen. Der Anteil der mit dem Fahrrad 13 Prozent bei Mädchen dieses Alters, und in zurückgelegten Wege hat sich im Zeitraum der der Altersgruppe der 15-Jährigen bewegen sich Jahre 1994 bis 2005 um mehr als 40 Prozent durchschnittlich 19 Prozent der Buben und 10 verringert – ein Abwärtstrend, der sich auch in Prozent der Mädchen die empfohlene Stunde pro den Jahren 2005 bis 2010 in etwas abgeschwäch- Tag.233 ter Form fortgesetzt hat.174,196 Bei Jugendlichen über 16 ist der Rückgang mit mehr als 50 Pro- Mit dem Fahrrad zur zent noch größer als bei den Jüngeren, bei Mäd- chen und jungen Frauen größer als bei Buben Schule – Wunsch und Wirklichkeit In einer Online- Erhebung in Österreich und jungen Männern.173,242 35 gaben 33 Prozent der Auch in Wien gibt es in der Altersgruppe der 33 Quelle: www.schoolway.net 200967 Grafik: VCÖ 2012 30 Kinder zwischen 10 10- bis 19-Jährigen einen Rückgang des Radver- und 14 Jahren an, ihr 25 liebstes Verkehrsmittel kehrsanteils von fünf Prozent im Jahr 2000 auf in Prozent 20 für den Weg zur Schule nur drei Prozent im Jahr 2009, obwohl der Rad- 15 wäre das Fahrrad. Dass tatsächlich aber nur elf verkehrsanteil in Wien insgesamt im selben Zeit- 10 11 Prozent mit dem Rad zur raum von vier auf sechs Prozent gestiegen ist.185 5 Schule fuhren, hat vor Die Weltgesundheitsorganisation WHO emp- allem mit der Sorge der 0 Radverkehrsanteil Wunsch der Kinder, Eltern zu tun, der Schul- fiehlt Kindern und Jugendlichen als Minimum auf dem Weg zur Schule mit dem Fahrrad weg sei nicht sicher zur Schule zu kommen eine Stunde Bewegung pro Tag. Bei den 13-Jäh- genug zum Radfahren. Mobilität mit Zukunft 4/2012
18 Gesundheitsfaktor Mobilität Damit Jugendliche, auch wenn sie erwachsen Jugendliche sind vielfältig mobil werden, noch klimafreundlich und bewegungs- aktiv unterwegs sind, unterstützt das klima:aktiv Gehen Radfahren Öffentlicher Verkehr mobil-Jugendprogramm des Lebensministeriums Pkw/Moped lenkend Pkw/Moped mitfahrend 60 Jugendeinrichtungen bei Jugendmobilitätsprojek- ten durch Beratung und Finanzierung. Verkehrsmittel in Prozent 50 hauptsächlich genutzte 52 Quelle: Herry 200889 Grafik: VCÖ 2012 49 Das Projekt „Mobil am Rad“ brachte vor allem 40 30 38 39 aus Afghanistan kommenden Jugendlichen des 20 24 25 Don Bosco Flüchtlingswerks nahe, das Fahrrad 10 15 für ihre Wege in Wien zu nutzen. Im Rahmen 10 2 11 8 5 10 0 10 10 von Workshops lernten sie Fahrräder zu reparie- 13 bis 16 17 bis 21 22 bis 26 Jahre Jahre Jahre ren und zu warten, erhielten ein Radsicherheits- training und konnten an gemeinsamen Radaus- Während Jugendliche Übergang zu motorisierter Mobilität flügen teilnehmen. bis 16 Jahren noch hauptsächlich öffentlich In ländlichen Regionen ist der Wunsch, so früh mobil sind, steigt die wie möglich motorisiert unterwegs zu sein, auf- Objektive Rahmenbedingungen und subjektive Pkw-Nutzung durch frü- grund des geringen öffentlichen Verkehrsange- Bewertungen Jahr 2004 hen Führerscheinbesitz Jahr 2011 danach rapide an. bots besonders groß. Der Mopedschein mit 15 Das Mobilitätsverhalten von Jugendlichen wird Anteil der von Lärm gestörten oder 16 Jahren, vor allem aber der Führerschein geprägt durch das räumliche Umfeld und struk- 50 53 Bevölkerung in Prozent mit 17 beziehungsweise 18 Jahren gelten als turelle Gegebenheiten sowie durch Werthaltun- Schlüsselereignisse auf dem Weg zur33 Selbststän- gen und Einstellungen, die vom sozialen Umfeld digkeit. Sobald Führerschein und29Auto verfügbar wie Peer group, Eltern, Schule und der lokalen 15 18 sind, beginnt der Umstieg vom Öffentlichen Ver- Mobilitätskultur beeinflusst werden,177 ebenso 9 9 7 8 6Individualverkehr. 6 kehr zum motorisierten Das vom Image der einzelnen Verkehrsmittel. 222 Eine Kfz Straßenbahn, Flugzeuge Lokale, Industrie- und sonstiger Bahn eigene Fahrzeug ist mit Gaststätten 39 ProzentLärm Gewerbebetriebe für die 17- bis Befragung in sechs deutschen Städten zeigt, dass 21-jährigen Jugendlichen in Niederösterreich Lärmquelle die Einstellungen Jugendlicher zum Radfahren etwa gleich wichtig wie der Öffentliche Verkehr überwiegend positiv sind. Häufiges Radfahren (38 Prozent).92 verstärkt die positive Einstellung zum Radfah- ren35 und ist eine Chance für die Förderung be- Jugend-Risiko Kfz-Verkehr wegungsaktiver Mobilität von Jugendlichen. Jugendliche sind besonders oft in Verkehrsunfälle involviert. Im Jahr 2011 starben in Österreich 100 Jugendliche zwischen 15 und 24 Jahren bei Straßenverkehrsunfällen, rund drei Viertel davon waren männlich.191 Weltweit sind Verkehrsun- fälle die häufigste Todesursache bei jungen Men- schen zwischen 15 und 29 Jahren.232 Spezifische Angebote für Jugendliche tragen Der Jugend Bewegung dazu bei, dass ihre Verkehrsmittelwahl über diese Lebensphase hinaus gesund und umweltfreund- verschaffen lich bleibt. Beispiele für solche Angebote sind die • Jugendspezifische Angebote schaffen, die dazu Ausdehnung der Altersgrenze für den ermäßigten beitragen, dass die Verkehrsmittelwahl über das Tarif auf 21 Jahre im Verkehrsverbund Ober- Moped- und Autoführerschein-Alter hinaus gesund österreich156 oder das seit September 2012 in und umweltfreundlich bleibt. Wien, Niederösterreich und Burgenland gültige • Das positive Image des Radfahrens bei Jugendlichen Top-Jugendticket, mit dem alle Schülerinnen, nutzen, um Radfahren attraktiv zu machen. Schüler und Lehrlinge bis zur Vollendung des • Dem Bewegungsmangel von Jugendlichen durch 24. Lebensjahrs für 60 Euro während des ganzen Förderung bewegungsaktiver Alltagsmobilität ent Jahres alle öffentlichen Verkehrsmittel der Region gegenwirken. nutzen können.219 Mobilität mit Zukunft 4/2012
Gesundheitsfaktor Mobilität 19 Bewegungsaktiv unterwegs zu Arbeit, Einkauf und Freizeit In Kopenhagen haben Bewegungsaktive Mobilität wie Gehen und Rad bereits fünf Straßen mit fahren erhöhten das psychische und physische viel Radverkehr „grüne Welle“ bei einem Tempo Wohlbefinden. Sowohl der Arbeitsweg als auch von 20 Kilometern pro Wege in der Freizeit bieten die Möglichkeit, sich Stunde. körperlich zu betätigen. Unternehmen können Foto: www.fietsberaad.nl Verantwortung für die Mobilität ihrer Beschäf tigten und ihrer Kundinnen und Kunden über nehmen. Wie der tägliche Weg zur Arbeit zurückgelegt liegt das Risiko sogar um 30 Prozent niedriger.10 wird, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Abhängig von Wegelänge und Wegehäufigkeit Wichtig sind die Distanz zum Arbeitsplatz, das sowie der Belastungsintensität steigert Radfahren Angebot an öffentlichen Verkehrsmitteln und das maximale Leistungsvermögen und erhöht die Radinfrastruktur sowie die Infrastruktur am Sauerstoffaufnahme während einer körperlichen Wohnort und am Arbeitsplatz, wie beispielsweise Maximalbelastung. Messungen am Rad-Ergo- kostenpflichtige Pkw-Parkplätze und leicht zu- meter haben gezeigt, dass Bewegung zu einer gängliche Fahrradabstellanlagen. deutlichen Steigerung der Konzentration und der Das Fahrrad ermöglicht es, schnell in die Arbeit Lernfähigkeit sowie der Merkfähigkeit führt.169 zu kommen. Auf Distanzen bis fünf Kilometer ist Zudem kommt es zu einem Anstieg des „guten“ das Fahrrad in der Regel in Städten sogar schnel- HDL-Cholesterins – ein wichtiger Schutz vor ler als Auto oder Bus.169 63 Prozent aller Rad- Herz-Kreislauf-Erkrankungen.160 Beschäftigte, die ihren Arbeitsweg überwiegend fahrten in Wien werden von Erwerbstätigen zu- Je mehr Rad gefahren wird, umso stärker sinkt mit dem Auto zurückle- rückgelegt, 41 Prozent davon sind Frauen und 59 auch die Wahrscheinlichkeit, an bestimmten gen, empfinden ihren Prozent Männer. In Wien liegt der Radverkehrs- nicht übertragbaren Krankheiten zu erkranken. Arbeitsweg als be- schwerlicher und be- anteil im Berufsverkehr bei 8,4 Prozent (2009),139 Das Risiko für Darmkrebs reduziert sich bei richten über signifikant in Innsbruck sind es 29 Prozent (2012).175 mehr als zwei Stunden Radfahren täglich um höheren Stress als Gehende, Radfahrende über 50 Prozent im Vergleich zu Personen, die und Fahrgäste des Öf- Je mehr Radfahren, umso gesünder weniger als eine halbe Stunde pro Tag radeln.10 fentlichen Verkehrs. Personen, die ihren Arbeitsweg zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurücklegen, empfinden den Weg Zu Fuß und per Fahrrad stressfrei zur Arbeit als am wenigsten stressig und beschwerlich und ärgern sich am seltensten. Der Arbeitsweg mit öf- eher hoher Stress eher wenig Stress kein Stress fentlichen Verkehrsmitteln liegt an zweiter Stelle 100 16 Anteil der Wege in die Arbeit in Prozent beim Wohlbefinden. Tägliches Pendeln mit dem 20 28 Pkw verursacht deutlich mehr Stress und wird als 80 43 Quelle: AK Wien 2006260 Grafik: VCÖ 2012 beschwerlicher empfunden.78 60 40 Bei Frauen und Männern, die bis zu drei Stun- 54 53 den pro Woche Radfahren, verringert sich – ver- 40 41 glichen mit Nicht-Radfahrenden – das Risiko, 20 40 30 innerhalb des Vergleichszeitraums zu sterben, um 19 16 0 22 Prozent.244 Bei Personen, die mehr als sieben Pkw/Motorrad Bahn/Bus Öffentlicher Verkehr Stadt Gehen/Rad Stunden pro Woche auf dem Rad verbringen, Mobilität mit Zukunft 4/2012
20 Gesundheitsfaktor Mobilität zur Arbeit. Der Rest der Wege waren vor allem Tägliches Radfahren reduziert das Wege zu Fuß. Erkrankungsrisiko Der gesamte gesundheitliche Nutzen wird mit Frauen Männer 565 Millionen Euro beziffert – das bedeutet, 0 „National Cycle Network“ hat innerhalb eines Abnahme des Risikos, an Dickdarmkrebs 0 0 Jahrzehnts das Vierfache seiner Investitionskosten -10 –19 bei Gesundheitsausgaben eingespart.200 zu erkranken, in Prozent -20 –24 100 Quelle: Oja 2011160 Grafik: VCÖ 2012 -30 Bike-and-Ride-Anlagen unterstützen den -40 intermodalen Arbeitsweg –46 –48 Wird das Fahrrad für den Weg von und zu Bahn- -50 –56 hof und Haltestelle verwendet, sind überdachte, –59 -60 sichere und geschützte Abstellanlagen nötig. Für bis zu 30 Minuten 30 bis 60 Minuten 60 bis 120 Minuten über 120 Minuten tägliche Zeit am Rad kleinere Bahnhöfe eignen sich beispielsweise Fahrradboxen, an Bahnhöfen mit mehr als 300 Tägliches Radfahren Gute Radinfrastruktur fördert Gesundheit Bike-and-Ride-Nutzenden pro Tag können Fahr- senkt sowohl bei Frauen Attraktive und sichere Bedingungen fürs Gehen radstationen mit bewachten Abstellplätzen eine als auch Männern die Wahrscheinlichkeit an und Radfahren begünstigen die Entscheidung, gute Lösung sein. 9 Dickdarmkrebs zu er- Wege oder Teilstrecken zu Fuß oder mit dem In Vorarlberg werden bereits an 22 Bahnhöfen kranken erheblich. Rad zurückzulegen. In Großbritannien etwa und Bahnhaltestellen Fahrradboxen angeboten, überzieht ein 21.000 Kilometer langes Netz aus die als Minigaragen ein vor Wetter, Diebstahl Rad- und Gehverbindungen – das „National und Vandalismus geschütztes Abstellen ermög- Cycle5 Network“ * Fahrtstrecke 5 Kilometer pro Richtung, Mal wöchentlich, 46–Wochen das pro ganze Land, Jahr (Summe 2.300 das auf Kilometer pro regio Jahr) lichen. Insgesamt gibt es in Vorarlberg mehr als naler und lokaler Ebene durch weitere 19.000 600 Stellplätze in versperrbaren Boxen, die ab Kilometer Radverbindungen ergänzt wird. Das einem Preis von 14,50 Euro pro Stellplatz und Projekt wurde offiziell im Jahr 1995 mit einer Jahr beziehungsweise 26 Euro pro Box und Jahr großzügigen Spende der neu gegründeten Natio gemietet werden können. 57 nallotterie gestartet.199 Heute erreichen fast 60 Servicestationen mit Werkzeug, Druckluft, Prozent der britischen Bevölkerung das „National Schließfächern für Helme und anderes Zubehör Cycle Network“ innerhalb eines Kilometers. sowie Aufladestationen für Elektro-Fahrräder und Im Jahr 2011 wurden von 484 Millionen der ergänzend ein Fahrradverleih erhöhen die Attrak- im Netzwerk zurückgelegten Wege 256 Millio- tivität von Bike-and-Ride-Stationen.9 nen mit dem Rad gefahren, 98 Millionen davon Ausgehend von einer zumutbaren Wegdistanz von zehn Minuten zur nächsten Haltestelle des Öffentlichen Verkehrs kann sich der Einzugsbe- Auf dem Radschnellweg zur Arbeit reich einer Haltestelle durch die Benutzung von Radschnellwege helfen Menschen, die am Stadtrand wohnen und täglich zur Arbeit Fahrrädern von 1,5 Quadratkilometern (zu Fuß) ins Zentrum pendeln, ihren Arbeitsweg schnell, stressfrei und sicher zurückzulegen. auf rund 20 Quadratkilometer ausdehnen. Für In Kopenhagen wurde im April 2012 der erste von geplanten 26 „Bicycle Super- Pedelecs beträgt der Einzugsbereich sogar bis zu highways“ eröffnet.45 Das Superhighway-Netzwerk wurde speziell für Personen im 40 Quadratkilometer.168 Hochwertige Park-and- Großraum Kopenhagen entwickelt, die Distanzen zwischen 5 und 20 Kilometer zwi- Ride-Anlagen stellen eine lohnende Investition schen Wohn- und Arbeitsort zurücklegen. Qualitativ hochwertige Radwege mit einer für Verkehrsbetriebe dar. „grünen Welle“ ab 20 Kilometer pro Stunde sollen das Stadtzentrum aus den Rand- bezirken sowie den Umlandgemeinden mit dem Fahrrad erreichbar machen.48 Weniger Krankenstände bei radfahrenden Auch in London entsteht ein Netz aus Radschnellwegen, welches die äußeren Stadt- Beschäftigten teile mit dem Zentrum verbindet. Vier der geplanten zwölf „Cycle Superhighways“ Unternehmen profitieren von der Förderung be- wurden bereits eröffnet.203 Auf manchen Strecken konnte die Anzahl der Radfahrten wegungsaktiver Mobilität in vielerlei Hinsicht. Je dadurch verdreifacht werden.48 Rund 80 Prozent der am „Cycle Superhighway“ ge- mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu Fuß tätigten Wege sind Wege zur oder von der Arbeit.36 oder mit dem Fahrrad zur Arbeit kommen, desto weniger teure Autoparkplätze müssen zur Verfü- Mobilität mit Zukunft 4/2012
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