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FREUNDESGABE DER DOMINIKANER IN DEUTSCHLAND UND ÖSTERREICH
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KONTAKT 48 - 2020/21 FREUNDESGABE DER DOMINIKANER IN DEUTSCHLAND UND ÖSTERREICH
Inhalt
GERARD FRANCISCO TIMONER III OP Noviziat 22
Prediger der Freude 8
Professen 23
VILIAM ŠTEFAN DÓCI OP
Wie spricht ein Dominikaner Diakonen- und Priesterweihe 26
als Historiker von Gott? 14
RAFAEL MARIA KLOSE OP
SIMON HACKER OP Den Glauben buchstabieren 28
Krise, Leidenschaft, Reform 18
GÜNTER REITZI OP
Wir renovieren … 30
FLORIAN PAZIFICUS M. MOSCHER OP
Mit Klangschale auf zoom 32
30
8
LAURA MÜLLER UND CHRISTOPH TOBIAS BRANDT OP
AUGUSTINUS HILDEBRANDT OP Neue Gastfreundschaft 46
St. Martin als Freiraum 34
PODCASTTEAM DER MESSDIENERGRUPPE
ROBERT MEHLHART OP ST. ALBERTUS MAGNUS
Sang- und klangvoll 36 Krise reimt sich nicht auf Kloster 48
Hinhören und handeln ELIAS H. FÜLLENBACH OP,
als Pionier und Prior 40 MANUEL MERTEN OP, THOMAS MÖLLER OP
Corona hat alles durcheinandergebracht 50
LAURENTIUS HÖHN OP
Von niedrigen und JOHANNES H. ZABEL OP
hohen Schwellen 42 Lichtkunst in Meckinghoven 54
CHRISTIAN JOHANNES FLAKE OP
Was machen Dominikaner
in der Schule? 55
55
34
MARTIN V. HOLZMANN OP KERSTIN-MARIE BERRETZ OP
Auf den Spuren von Dominikus Rückenwind für die „Cycling Sister“ 66
als Landpfarrer 58
KARL MEYER OP
ALBERT SEUL OP Dominikanerinnen schließen
Hinauf auf neue Kanzeln! 60 Kloster Lage 68
Neue Wege in der Verkündigung gehen 62 NORBERT SCHMEISER
Als dominikanischer Laie
Corona – Wir sind für Sie da 64 fand und gab er Halt 70
Abschied von Heilig-Kreuz 65
60
58 66
4
BURKHARD CONRAD 78
Gemeinsam konkret beten 72
THOMAS EGGENSPERGER OP / ULRICH ENGEL OP
„Gutes Leben für alle“ 74
KARL MEYER OP
Zur Erinnerung:
Dominikanermission in China 78
MARTIN STASZAK OP
Landessprache 82
82
Die für uns lebten 86
Bücher 90
74
5
Liebe Leserinnen
und Leser,
P. Thomas G. Brogl OP und P. Peter L. Kreutzwald OP
Die Corona-Pandemie hat das vergangene Jahr geprägt Auch das vorliegende kontakt-Heft, die Freundesgabe
und wird wahrscheinlich auch im neuen Jahr unser der Dominikaner der Provinz Teutonia und der Süd-
Leben und unser Miteinander beeinflussen. deutsch-Österreichischen Provinz des hl. Albert, spie-
gelt diese schwierige Situation wider.
Die Pläne vieler Menschen weltweit wurden und wer-
den durchkreuzt, und immer mehr Menschen kämp- Das Heft bietet einige Beispiele, wie wir auf diese Krise
fen mit der Krankheit und deren Folgen, darunter reagiert haben, um als Seelsorger präsent zu bleiben
auch Mitglieder und Freundinnen und Freunde der und unter Corona-Bedingungen Gottes Nähe zu ver-
Dominikanischen Familie. Das „Social Distancing“ kündigen. Es seien Initiativen unserer Standorte in
rettet Leben, doch an den Seelen der Menschen geht Braunschweig, Düsseldorf und München genannt,
die fehlende Nähe nicht spurlos vorbei. über die Beiträge in diesem Heft berichten.
6
Den Menschen
Gottes Nähe
erfahrbar machen
Dies entspricht dem Grundanliegen des hl. Domini- Auch in Zukunft wollen wir Dominikaner Kirche und
kus und seines Predigerordens, für das „Heil der See- Gesellschaft mitgestalten. Daher arbeiten beide Pro-
len“ gerade an den Bruchlinien des Lebens da zu sein. vinzen weiter an der Profilierung ihrer Arbeit – auch
Wir freuen uns, dass der neue, 2019 auf dem General- mit Blick auf eine gemeinsame Zukunft als vereinigte
kapitel in Vietnam gewählte, Ordensmeister P. Gerard Provinz. Wir werden Sie auf dem Laufenden halten!
Francisco Timoner III einen Leitartikel für uns ver-
fasst hat, in dem er die Bedeutung der drei evangeli- Bleiben Sie uns bitte verbunden. Auch wir sind weiter-
schen Räte Armut, Gehorsam und Ehelosigkeit für die hin für Sie da: in Seelsorge und anderen Apostolaten,
Brüder und alle Zweige der Dominikanischen Familie sowie – last but not least – im Gebet, getreu dem Motto
darlegt. „Wir sind berufen, Prediger des Evangeliums des hl. Dominikus, der stets von Gott oder mit Gott
der Freude zu sein“, so der Ordensmeister. Auch in der sprach!
Corona-Krise wollen wir unserm Auftrag treu bleiben,
den Menschen Gottes Nähe erfahrbar zu machen.
Einen Standort unseres Ordens in Deutschland muss-
ten wir aufgeben: Die kontemplativen Dominikanerin-
nen haben das Kloster Lage bei Osnabrück verlassen.
P. Peter L. Kreutzwald OP,
Auch mussten die Brüder in Augsburg die Verantwor- Provinzial der Teutonia
tung für die Seelsorge an der Kirche Heilig-Kreuz an
das Bistum zurückgeben. Daran, wie auch an die An-
fänge der China-Mission unseres Ordens, die ohne
Schwestern nicht denkbar gewesen wären, wollen wir
in diesem Heft erinnern.
P. Thomas G. Brogl OP,
Schön ist, dass auch in diesem Jahr einige junge Män- Provinzial der Süddeutsch-Österreichischen Provinz
ner durch Profess und Weihe sich in den Dienst des
Ordens und der Kirche gestellt haben.
Simon Hacker, einer unserer Brüder in Ausbildung,
ist als Delegierter der Ordensoberen-Konferenz Mit-
glied des Synodalen Wegs. Auch engagieren sich Brü-
der weiterhin im Medienbereich und in der Wissen-
schaft. Von diesem vielfältigen Engagement gibt dieses
Heft Zeugnis.
7
LEITARTIKEL
GERARD FRANCISCO TIMONER III OP
Prediger der Freude
Über die Bedeutung der evangelischen Räte
für unsere Predigt
Wir haben den Ordensmeister
der Dominikaner, P. Gerard
Francisco Timoner III, um einen
Beitrag zum Thema „Dominikus
– Mit Gott sprechen und von
Gott sprechen“ gebeten. Er knüpft
in seinem Leitartikel an die
evangelischen Räte an, in die
der hl. Dominikus das
apostolische Werk seines Ordens
gegossen hat. Er zeigt auf, wie
die Räte sowohl für Ordensleute
als auch für alle Mitglieder
der dominikanischen Familie
ein Weg sind, die „erste Liebe“
zu leben und Jesus nachzufolgen.
Die „Predigt“ der Ordensleute
besteht dabei weniger in dem,
was sie tun, sondern in dem,
was sie sind.
P. Gerard Francisco Timoner III OP, 87. Nachfolger des hl. Dominikus
8LEITARTIKEL
„Der hl. Dominikus sprach recht von Gott,
weil er zuerst mit Gott sprach.“
Ein wesentlicher Ort, an dem Ordensleute Jesus be- gesprochen. Tatsächlich sprach er recht von Gott, weil
gegnen und ihn predigen, ist die Art und Weise, wie sie er zuerst mit Gott sprach.
die evangelischen Räte leben. Und diese Räte sind
nach unserem Bruder Thomas von Aquin kein Selbst- „Ungehorsam“ oder die Unfähigkeit, auf andere Stim-
zweck, sondern Instrumente zur Vervollkommnung men zu hören als die des eigenen Ichs oder des Eigen-
der Liebe. (S. Th. II-IIae Q. 188, a. 1). Die evangelischen interesses, ist der Kern von Konflikt und Spaltung. Ge-
Räte evangelisieren nicht nur die Ordensleute, son- horsam bedeutet aber nicht nur, dass die Ordensleute
dern alle Christen. Die Räte helfen, das Leben auf die auf ihre Vorgesetzten hören und umgekehrt. Er bein-
Nachfolge Christi auszurichten, der die Offenbarung haltet auch, dass Brüder ihren Mitbrüdern zuhören,
der Liebe ist (1 Joh 4,8). Schwestern ihren Schwestern und manchmal auch,
dass man auf leise Hilferufe hört. Diese „Kultur des Zu-
Aufmerksamer Gehorsam hörens“ unter Brüdern und Schwestern gehört zum
evangelischen Rat des Gehorsams.
Alles in unserem christlichen Leben – Berufung,
Dienst, Gebet und Gemeinschaft – wird durch den Ge- Keuscher Zölibat
horsam gegenüber Gottes Willen zusammengeführt.
In den Konstitutionen der Dominikaner heißt es: „Eine Der evangelische Rat der Keuschheit soll uns helfen,
Gemeinschaft braucht nämlich zum treuen Ausharren unsere Liebe zueinander als Brüder und Schwestern
im Geiste ihrer Sendung ein Prinzip der Einheit, und zu vervollkommnen. Da die Räte auf die Vollkommen-
das erlangt sie durch den Gehorsam.“ (LCO 17 § 1). heit der Nächstenliebe ausgerichtet sind, ist „die erste
Sünde gegen die Keuschheit die Unfähigkeit zu lie-
Wir wissen, dass Gehorsam in seinem ursprünglichen ben“ 1. Deshalb sind nicht nur diejenigen, die gegen
Sinn eine christliche Tugend ist, die uns befähigt, ei- das sechste Gebot verstoßen, unkeusch. Brüder, die
nen Bruder oder eine Schwester sprechen zu lassen mürrisch und griesgrämig, launisch und mürrisch
und einander zuzuhören, weil wir wissen, dass der sind, die ihre Energie aufbrausen lassen, wenn man ih-
Geist des auferstandenen Christus allen Getauften ge- nen begegnet – sind sie nicht auch unkeusch? Wie
geben ist und dass Wahrheit deshalb im Kontext der können sie über einen Gott predigen, der sich als Liebe
Glaubensgemeinschaft gefunden werden kann. Alle offenbart hat (1 Joh 4,16), wenn sie selber lieblos sind?
Getauften sind berufen, Verkünder des Wortes Gottes
zu sein (Papst Benedikt XVI., Verbum Domini, 94) und Keuschheit ist keine Flucht vor unserer „Leiblichkeit“
sogar im Namen der Kirche zu sprechen. Aber man oder Verleugnung der Körperlichkeit. Vielmehr geht
kann nur dann im Namen der Kirche sprechen, wenn es darum, die Bedeutung unseres Leibes in den zentra-
man zunächst in aufmerksamem Gehorsam auf Gottes len Geheimnissen unseres Glaubens zu bezeugen: Un-
Wort und auf das, was die Kirche lehrt, hört. Denn wie ser Leib wird in der Menschwerdung und Auferste-
könnte man richtig sprechen, wenn man nicht richtig hung Jesu geheiligt. Als Prediger des fleischgewordenen
gehört hat? Hier sehen wir ganz klar, warum gesagt Wortes verkünden wir die Heiligkeit unserer leibli-
wird, Dominikus habe entweder mit Gott oder von Gott chen Existenz. Wenn wir diese Lehre ernst nehmen,
9LEITARTIKEL v.l.n.r. P. Peter Kreutzwald, P. Gerard F. Timoner, P. Thomas Brogl dann müssen wir uns diese wichtigen Fragen stellen: Privatangelegenheit, denn sie ist ein wesentlicher Be- „Kümmern wir uns um den Leib unserer priesterli- standteil der Verkündigung des Evangeliums und der chen Mitbrüder, sorgen wir dafür, dass sie genug zu Manifestation der Heiligkeit Gottes.“ 2 essen haben, kümmern wir uns um sie, wenn sie krank sind, sind wir zärtlich zu ihnen, wenn sie alt sind?“ Evangelische Armut (Radcliffe, ebd.) Bei der Keuschheit geht es nicht nur um Sex oder Sexualität; es geht darum, liebevolle und „Die Menge derer, die gläubig geworden waren, war mitfühlende Amtsträger im Namen des Gottes zu wer- ein Herz und eine Seele ... Es gab auch keinen unter den, der sich als Liebe offenbart hat. ihnen, der Not litt.“ (Apg 4,32.34). Wir sind berufen, Prediger des Evangeliums der Freu- Zeigt die große Zahl armer Menschen unter uns, wie de zu sein; daher müssen wir persönlich die Freude weit wir von unserem Ideal entfernt sind, eine „au- der Verkündigung des Evangeliums erfahren, wenn thentische Gemeinschaft von Gläubigen zu werden, wir dieser Berufung treu bleiben wollen. Was unser deren Einheit von Herz und Verstand sich in der Gü- Bruder Timothy Radcliffe über das Priestertum sagt, tergemeinschaft ausdrückt“? Schon im Alten Testa- gilt sicherlich auch für die Ordensleute: „Wenn die ment ist ein wichtiger Aspekt des Bundes Gottes mit Freude tatsächlich im Mittelpunkt unseres Priestertums seinem Volk die Zusicherung, dass „es keine Armen steht, dann sollten wir uns um das Glück des anderen unter euch geben wird, wenn ihr nur auf die Stimme kümmern. Die Freude des Priesters ist nicht nur seine des Herrn, eures Gottes, hört und dieses ganze Gebot 10
LEITARTIKEL
„Wir sind berufen,
Prediger des Evangeliums
der Freude zu sein.“
sorgfältig beachtet“ (Dtn 15,4-5). Daher ist die Anwe- Wie stellen wir sicher, dass niemand unter uns Not lei-
senheit so vieler armer Menschen in unserer Welt aus det? Die erste Gemeinschaft von Gläubigen hat mitein
deuteronomischer Sicht ein trauriges Zeichen der Un- ander geteilt, damit die Bedürfnisse aller erfüllt wer-
treue gegenüber dem Bund. den. So paradox es erscheinen mag, die evangelische
Armut ist die christliche Lösung für wirtschaftliche
In einer Welt, die von Gott in seiner Vorsehung erschaffen und geistliche Armut oder Not. Die Bedeutung der
wurde, kann es arme Menschen nur geben, wenn die Vor- Evangelischen-Armut-als-Teilen liegt darin, als Korrektiv
aussetzungen für das gerechte Teilen der Gaben des Vaters zu dienen für die damit zusammenhängenden Übel
fehlen. Es lässt sich nicht leugnen, dass die Armut eini- von Armut (Mangel) und übermäßigem Reichtum
ger Menschen von ihnen selbst verursacht wurde. Ihre (Überangebot). Dieses Teilen wird wirklich zu einer
Armut ist eine Folge von Fehlentscheidungen oder so- Tugend, denn es steht auf halbem Wege zwischen die-
gar von Faulheit. Aber es gibt unzählige arme Men- sen beiden Extremen. Es ordnet die Beziehung eines
schen, die hart arbeiten und dennoch arm bleiben. Menschen zu Gott und seinem Nächsten.
Papst Franziskus hat zu Recht gesagt, dass die Armut
ein Skandal für die Menschheitsfamilie sei. (vgl. Anspra-
che Papst Franziskus, 7. Juni 2013). Sie beleidige Gott und
seine Vorsehung auf schreckliche Weise.
11LEITARTIKEL
„Die Freude ist
ein wesentlicher Bestandteil
der Verkündigung und Manifestation
der Heiligkeit Gottes.“
Bei der evangelischen Armut geht es nicht in erster Li-
nie um unsere Beziehung zu materiellen Gütern, son-
dern um unsere Beziehung untereinander. Wenn zum
Beispiel in einer Gemeinschaft Zwietracht wegen der
Benutzung eines neuen Autos entsteht, liegt der Ver-
stoß gegen die Armut nicht darin, dass die Gemein-
schaft ein neues Auto gekauft hat, sondern dass es an
Nächstenliebe und Verständnis für die Verwendung
eines materiellen Gutes mangelt. Wir sollten uns dar-
an erinnern, dass als Instrument zur Vervollkomm-
nung der Nächstenliebe die erste Sünde gegen die Armut
das Scheitern der Liebe ist.
Schlussfolgerung
Beim Generalkapitel in Vietnam 2019
Alle Getauften, alle die Christi nachfolgen, sind aufge-
rufen, die evangelischen Räte der Armut, der Keusch-
heit und des Gehorsams entsprechend ihren Lebens-
umständen zu leben. (Katechismus der Katholischen
12LEITARTIKEL
© Krystian Ciurkot
Kirche, 915). Die Ordensleute, die durch die evangeli- 1 Timothy Radcliffe OP, „Der Sendung geweiht“ in: Sing a New
schen Räte die Vollkommenheit der Nächstenliebe Song: Die christliche Berufung (Dublin: Dominikanische Veröf-
anstreben, werden durch die Treue zu den von ihnen fentlichungen, 1999), 49. Deutsch in: Timothy Radcliffe, Gemein-
abgelegten Gelübden in besonderer Weise zu Verkün- schaft im Dialog. Ermutigung zum Ordensleben, 2001, 12.
digern. Die kürzlich vom Heiligen Stuhl veröffentlichte 2Timothy Radcliffe OP, „Freude und Leid des Priestertums heute“,
Instruktion über die Pfarrgemeinden bekräftigt dies: Vortrag auf der nationalen Priesterkonferenz im Digby Stuart
„Der Beitrag, den die Gottgeweihten für die missiona- College, Roehampton (Großbritannien), 17. September 2002.
rische Sendung der Pfarrgemeinde leisten können,
3 Kongregation für den Klerus, Die pastorale Umkehr der Pfarr-
leitet sich in erster Linie von ihrem „Sein“ ab, d. h. vom
Zeugnis einer radikalen Nachfolge Christi durch die Profess gemeinde im Dienst an der missionarischen Sendung der Kirche
(29. Juni 2020), 84. Hervorhebung durch den Autor.
der evangelischen Räte, und nur in zweiter Linie auch von
ihrem „Tun“, d. h. von ihren Werken, die dem Charisma
Übersetzung:
der Institute entsprechen.“ 3 Durch unsere Treue zu
Klaus-Lukas Zimmermann und P. Max Cappabianca
unserer Berufung ist die Evangelisierung also nicht
nur das, was wir tun, sondern auch das, was wir sind.
Denn wenn wir danach streben, in vollkommener Liebe
zu leben, sind wir fähig, den zu verkündigen, der sich
als Liebe offenbart (1 Joh 4,8).
13ROM VILIAM ŠTEFAN DÓCI OP Wie spricht ein Dominikaner als Historiker von Gott? Historische Quellen führen zu Menschen, die an Gott glaubten 14
ROM
In Zeiten von Corona-Einschränkungen und
gesellschaftlichen Herausforderungen stellt sich
die Frage nach Formen der Verkündigung – der Predigt.
P. Viliam Štefan Dóci, Präsident des Historischen
Instituts des Predigerordens, beleuchtet das Thema
aus der Sicht eines Ordenshistorikers.
Im ersten halben Jahr von 2020 war wenig Gelegenheit Wirklichkeit ihrem Leben zugrunde zu legen. Gott ist
über Gott zu sprechen. Keine zehn Mal musste ich in dieser Perspektive historisch wirkmächtig, und viel-
eine Predigt vorbereiten. Mit Gott spreche ich mehr- leicht sogar ein historisches „Phänomen“, auch wenn wir
mals täglich, aber sollte es mich als Predigerbruder dies nur im Glauben zu erfassen vermögen. Als solches
nicht beunruhigen, wenn ich von Gott so wenig auf liefert er einen Grund, warum viele dazu bewogen wur-
„dominikanische Weise“ spreche, wenn ich nur selten den, das Leben ihrer Schwestern und Brüder im Orden,
eine Predigt halte? Predigt verstehe ich hier im enge- aber auch von Menschen und Institutionen über den
ren Sinne des Wortes, als Verkündigung in liturgischem Orden hinaus zu prägen.
Rahmen. In dem, was ich in den letzten Jahren für an-
dere mündlich oder schriftlich produzierte, kam Gott Ausgehend von der Tatsache, dass Hl. Schrift und christ-
durchaus häufig vor, aber sehr selten als eigentlicher liche Verkündigung die Geschichte als Ergebnis eines
Akteur, vielmehr als Hintergrund, als passives Objekt. dialogischen Geschehens zwischen Gott und Mensch
darstellen, widme ich mich dem menschlichen Part
Das „menschliche Gesicht“ des Ordens dieses Geschehens. Ich stelle einen Facettenreichtum
der Geschichte fest und versuche, ihn in seiner Kom-
Für mich als Ordenshistoriker stehen der Mensch, sei- plexität aufzuzeigen. Als Historiker möchte ich wissen,
ne Ideen, Worte und Taten, sowie das „menschliche Ge- warum etwas geschah und warum dies auf solche Art
sicht“ des Ordens und der Kirche im Mittelpunkt. Der und Weise geschah. Warum reagierten Menschen, die
in der Geschichte handelnde Gott wird nicht verleugnet, sich auf dieselbe Weise dem Ideal des Evangeliums ver-
aber dennoch methodologisch ausgeklammert. Gleich- pflichteten oft so unterschiedlich? Ein Beispiel: Wenn
zeitig wird Gott ernst genommen als jene Wirklichkeit, Dominikus, sich in seinem Eifer für das Menschenheil
für die sich zahlreiche Menschen, angefangen bei un- und die Reinheit des katholischen Glaubens auf das Ge-
serem Gründer Dominikus, nach ihrem eigenen Zeug- bet und das Wortes Gottes als geistliches Schwert be-
nis oder nach Aussagen anderer begeisterten. Im Mit- schränkte, warum ging dann der Eifer des in den 1230er
telpunkt stehen Menschen, die beschlossen, dem zu Jahren wirkenden französischen Inquisitors Robert des
folgen, was sie als Gottes Ruf erkannt hatten, und diese Bulgaren, eines ehemaligen Häretikers, so weit, dass
15ROM
Die päpstliche Universität des hl. Thomas von Aquin (Angelicum) ist Sitz des Historischen Instituts des Ordens.
Als Historiker er den Irrglauben fanatisch und – wörtlich verstanden –
mit Feuer und Schwert bekämpfte? Obwohl sich eine
möchte ich wissen, endgültige Antwort auf die so gestellte Frage nur
warum etwas geschah schwer finden lässt, zeigt sich, dass der „Ruf zum Dienst
für Gott“ unterschiedliche Reaktionen auslöste. Die
und warum dies Phänomene der Vergangenheit sollten uns vor diesem
Hintergrund für mögliche Probleme der Gegenwart
auf solche Art und hellhörig machen. Nicht immer aber zog die individu-
Weise geschah. elle Diversität der Menschen solche sich radikal wi-
dersprechende Handlungsweisen nach sich wie im
Beispiel. Es gab in den Antworten auf den Ruf Gottes
durchaus Parallelen und Ähnlichkeiten, die sich trotz
individueller Unterschiede alle am selben evangeli-
schen Prinzip orientierten.
Die Begeisterung für Gott führte bei unzähligen Brü-
dern und Schwestern zum selbstlosen Einsatz für Mit-
menschen. Dass Gott tatsächlich in ihrem Leben han-
delte, behaupte ich als Historiker nicht und kann es
16ROM
Geschichte rechnet
mit Freiheit und
Verantwortung.
Die Bibliothek – zentraler Zugang zum Wissen für (Ordens-) Historiker.
historisch auch nicht feststellen. Was sich intellektuell Glaubender fest davon überzeugt bin. Ich kann aber
dennoch redlich sagen lässt, ist, dass das offensichtlich als Ordenshistoriker von Menschen erzählen, die dem
Gute, das diese Menschen bewirkten, zusammen mit evangelischen Ideal nacheiferten und dabei verschie-
ihrer Motivation, woher diese auch immer ihre Inspi- dene Herausforderungen in bewundernswerter Weise
ration nahm, ernst genommen werden muss. meisterten. Möge dies als historische Ermutigung für
den weiteren Weg dienen, zu dem der Orden, wie ich
Historische Ermutigung ebenso fest glaube, von Gott berufen ist.
Geschichte rechnet mit Freiheit und Verantwortung.
Auch in der christlichen Verkündigung werden beide
Aspekte klar benannt, ja sie machen das eigentlich Hu-
mane aus. Die Erforschung und Darstellung der facet-
tenreichen Geschichte, sei es die der Kirche oder unse-
P. Viliam Štefan Dóci ist Präsident des Histori-
res Ordens, kann unsere Sensibilität dafür stärken, dass
schen Institutes des P
redigerordens, Schriftleiter
es nicht nur möglich, sondern auch legitim ist, verschie-
der Zeitschriften „Archivum Fratrum Praedi
dene Lösungen für eine Frage zu suchen, solange das catorum“ und „Dominican History Newsletter“.
deklarierte Ideal ein fester Referenzpunkt bleibt. Als Ebenso lehrt er Kirchengeschichte an der Päpst
Historiker erkläre ich den geschichtlichen Weg unse- lichen Universität des hl. Thomas von Aquin.
res Ordens nicht mit Gottes Wirken, obwohl ich als
17SYNODALER WEG SIMON HACKER OP Krise, Leidenschaft, Reform Eindrücke vom Synodalen Weg Selfie der jungen Synodalen (2.v.r. fr. Simon Hacker) 18
SYNODALER WEG
Die Katholische Kirche in Deutschland hat sich auf einen
„Synodalen Weg“ begeben. Einer von zehn D elegierten
der Deutschen Ordensoberenkonferenz (DOK ) ist der Autor
dieses Artikels, in dem er seine Erwartungen und
Eindrücke schildert.
Das Wort „Krise“ hat Hochkonjunktur. Seit ich denken Moment der Entscheidung
kann, wird durch Medien und Öffentlichkeit quasi je-
derzeit der Krisenmodus ausgerufen – in Politik, Öko- Doch das Wort „Krise“ meint im Eigentlichen nicht
logie und Kirche. Man stumpft ab, man wird gleich- das Worst-Case-Szenario, sondern den Moment der
gültig ob dieser ständigen Dramatik. Entscheidung. Die Krise ist der Wendepunkt, an dem
sich zeigt, wie es weitergeht. Wie also soll es weiterge-
Und dennoch: Die kirchlichen Verwerfungen der ver- hen mit der Kirche?
gangenen Jahre haben es in sich. Ausgelöst durch die
Aufdeckung des tausendfachen Missbrauchs Minder- Der Synodale Weg ist der kirchliche Versuch der Krisen
jähriger durch katholische Amtsträger und die Vertu- bewältigung. In einem auf zwei Jahre angelegten Dis-
schung dieser Verbrechen ist die Kirche in Deutsch- kussionsprozess sollen Vertreterinnen und Vertreter
land (und darüber hinaus!) in eine Krise gerutscht, die aus allen Ständen, Berufen und Gruppierungen der
es so noch nicht gab. Einige sprechen gar von der tiefs- Kirche ausdiskutieren, was nottut, um „Umkehr und
ten Erschütterung seit der Reformation. Die Folgen Erneuerung“ in die Kirche zu bringen; konkreter: um
dieser Verbrechen sind dramatisch: Wir erleben Mas- sich mit den vier Themen Macht und Gewaltenteilung,
senaustritte und den großflächigen Verlust der Glaub- Priesterliche Existenz heute, Beziehung und Sexualität
würdigkeit, damit einhergehend den immer weiter sowie Frauen in Diensten und Ämtern auseinanderzu-
schrumpfenden Einfluss, also die Möglichkeit, das setzen und – wenn irgend möglich – zu konkreten Be-
Zeugnis des menschenliebenden Gottes in die Welt zu schlüssen zu kommen. Der Synodale Weg ist ein Expe-
tragen. Was ist eine Krise, wenn nicht diese Situation? riment. Wird es gelingen?
19SYNODALER WEG
Der Synodale Weg ist ein Experiment.
Wird es gelingen?
© Synodaler Weg - Robert Kiderle
Dass dringend etwas bei diesem Format rumkommen Leiden und Leidenschaft
sollte, wurde auf der ersten Vollversammlung vom 30. Ja-
nuar bis 1. Februar 2020 klar. Der Unmut, der schon bei Ein häufig geäußerter Kritikpunkt am Synodalen Weg
der ersten Veranstaltung zu spüren war, war riesig. Ein- besagt, dass der ganze Prozess viel zu sehr auf Strukturen
drücklich wurde bewusst, dass es so wie bisher nicht bedacht sei; das „Geistliche“ fehle ihm. Nun, das habe
mehr weitergehen kann, weil die Probleme an zu vielen ich anders erlebt. Sowohl auf der Vollversammlung als
Orten einfach zu groß geworden sind. Selbst langjäh- auch in der Arbeit im sogenannten Priester-Forum
rige Ehrenamtliche wenden sich inzwischen in Scharen habe ich eine ungeheure Begeisterung, eine Leiden-
enttäuscht und verbittert von der Kirche ab. schaft für den Glauben an Gott und seine Kirche ge-
spürt! Das zeigt, dass der ganze Prozess durchaus ein
Der Reformstau erscheint gewaltig. geistlicher Weg ist. Aber nicht nur Leidenschaft war zu
spüren, sondern auch Leiden. Ein Leiden am aktuellen
Zustand der Kirche. Und genau aus der Differenz von
20SYNODALER WEG
Der Synodale Weg ist der Versuch
einer kirchlichen Krisenbewältigung.
© Synodaler Weg - Robert Kiderle
Leidenschaft und Leiden scheint ein kritisches Poten- Und warum auch nicht? Schaut man in die Kirchen-
tial gewachsen zu sein, eine neue, begeisterte Schaffens- geschichte, stellt man fest, dass viele wichtige Erneue-
kraft, bei der ich nicht anders kann, als sie dem Wirken rungsbewegungen von den Orden ausgingen. Vielleicht
des Hl. Geistes in seiner Kirche zuzuschreiben. einfach schon, weil wir stets ein Stück weit „Anderskir-
che“ sind: demokratische Strukturen, Frauen in Lei-
Auffällig und bemerkenswert am Synodalen Weg ist tungsämtern, Ämter auf Zeit – all das funktioniert in
bisher, dass sich die eher Marginalisierten deutlich zu den Orden seit Jahrhunderten. Ist es vielleicht an der
Wort melden: die Frauen, die Jungen, die in ihrer sexu- Zeit, dass die Kirche wieder von den prophetischen
ellen Identität oder Orientierung Ausgegrenzten. Die Stimmen der Orden lernt?
Ordensleute scheinen eine besondere Rolle einzuneh-
men. Mehrfach wurde mir deutlich von anderen Syno-
dalen gesagt: „Gut, dass ihr da seid. Wir können nicht
Fr. Simon Hacker lebt im Wiener Studentat und
so frei reden wie ihr, weil wir beruflich von den Bischö-
arbeitet als Pastoralassistent in einer Pfarre.
fen abhängen.“ Ein eher bedrückendes Wort, freilich.
Doch umso mehr Ansporn, freimütig mitzureden.
21NOVIZIAT Noviziat Am 7. August 2020 wurde fr. Dominicus Maria Armbruster (22) in Worms für die Süddeutsch-Österreichische Provinz des hl. Albert eingekleidet. Von 2016 bis 2019 studierte fr. Dominicus M. Katholische Theologie (in Heiligenkreuz / Wienerwald und Assisi). In den kommenden 13 Monaten soll er als Novize den Orden intensiver kennenlernen und prüfen, ob das Leben als Prediger bruder seiner Berufung entspricht. Mit dem Novizenmeister P. Laurentius Höhn. 22
PROFESSEN
Professen
Die Feierliche Profess von fr. Christoph Johannes Bergmann
am 28. März 2020 konnte Corona-bedingt nur im Kreis der Brüder
des Wormser Dominikanerklosters stattfinden. P. Prior Ralf Sagner
nahm die Profess entgegen. Ein Audiomitschnitt dokumentierte
die Feier für die Gemeinde, Freunde und Angehörigen.
23PROFESSEN Auch die Feierliche Profess von fr. Amirhoushang Rahmannejad fand unter Corona-Bedingungen statt. Am Nachmittag des 28. März 2020 band er sich im Rahmen einer Feier in seiner Ausbildungs-Kommu- nität in Berlin für immer an den Orden. Die Profess nahm der Obere des Instituts M.-Dominique Chenu P. Thomas Eggensperger entgegen. Der Gottesdienst wurde über Facebook live gestreamt. Fr. Amirhoushang setzt derzeit seine Studien im Fach Geschichte und Kultur des Vorderen Orients und Jüdische Geschichte an der Freien Universität Berlin fort. 24
PROFESSEN
Am 24. Oktober 2020 hat fr. Tobias Sieberichs in der Freiburger
Dominikanerkirche St. Martin seine Feierliche Profess abgelegt.
In seiner sehr persönlich gehaltenen Predigt nahm P. Provinzial
Thomas G. Brogl Bezug auf das Evangelium vom Sturm auf
dem See (Joh 6,16-21), das fr. Tobias für seine Profess gewählt hatte.
Die Zusage Jesu: „Ich bin es, fürchtet Euch nicht!“ gebe gerade in
Zeiten, wo das Lebensgefühl Unsicherheit sei, einen festen Kompass.
Dies habe fr. Tobias in den letzten Jahren persönlich erfahren:
An der Seite Jesu sei Friede wie im Auge des Orkans.
Fr. Tobias wird in Wien sein Theologiestudium abschließen und
hat zudem eine psychotherapeutische Ausbildung begonnen.
25WEIHEN Diakonen- und Priesterweihe Am 25. Januar 2020 wurde unser Mitbruder fr. Adam Rokosz OP aus der Süddeutsch-Österreichischen Provinz in der Dominikaner- kirche St. Maria Rotunda in Wien zum Diakon geweiht. Die Weihe nahm der emeritierte Erzabt der ungarischen Territorialabtei Pannonhalma, Weihbischof Asztrik Várszegi OSB, vor. Fr. Adam studierte Theologie sowie Musik- und Informationswissenschaften. Die Priesterweihe folgte am 27. Juni 2020 in der Dominikanerkirche St. Paulus in Berlin, wo P. Adam auch sein Pastoralpraktikum absolviert. Aufgrund der Corona-Situation konnte nur eine beschränkte Anzahl von Menschen an dem Weihegottesdienst unter der Leitung des Berliner Weihbischofs Matthias Heinrich teilnehmen. © Krystian Ciurkot 26
WEIHEN
Am 17. Oktober 2020 wurde fr. Christoph Johannes Bergmann,
gemeinsam mit dem Franziskanerbruder Johannes Roth, vom
früheren Erfurter Bischof Joachim Wanke zum Diakon geweiht.
Um die Corona-Abstände einhalten zu können, fand die Weihe
im Wormser Dom statt. Sie wurde live auf YouTube gestreamt.
Fr. Christoph wird bis zur Priesterweihe im Frühjahr 2021
im Hamburger Konvent der Dominikaner tätig sein.
27WIEN
RAFAEL MARIA KLOSE OP
Den Glauben buchstabieren
Alpha-Kurse und mehr an St. Maria Rotunda
Wie heute von Gott und dem Glauben sprechen? Die Glaubenskurse
bieten Interessierten die Möglichkeit, vielen verschiedenen Fragen
auf den Grund zu gehen.
Projekt „glauben&verstehen“
Als konkrete Antwort auf diese drängenden Fragen hat
P. Markus Langer im Wiener Konvent das Projekt
„glauben&verstehen“ ins Leben gerufen. Dessen zen
trale Aufgabe besteht darin, Glaubenskurse an St. Maria
Rotunda anzubieten und aus der praktischen Erfah-
rung heraus weiterzuentwickeln. Die Arbeitsgrundlage
dazu bildet der Alpha-Kurs: Ursprünglich in einer
anglikanischen Gemeinde in London entstanden, hat
In St. Maria Rotunda unterstützen viele Ehrenamtliche P. Markus Langer er sich inzwischen zu einem überkonfessionellen
bei der Glaubenskursarbeit. Glaubenskurs entwickelt und wird weltweit in den un-
terschiedlichsten kirchlichen Gemeinschaften angebo-
„Geht hinaus in die ganze Welt und verkündet das ten. Seinen Erfolg verdankt Alpha seiner offenen und
Evangelium der ganzen Schöpfung!“ (Mk 16,15) In ei- niedrigschwelligen Herangehensweise: Ein warmes
ner Zeit, in der viele Christen ihren eigenen Glauben Abendessen am Anfang lädt zum gegenseitigen Ken-
nicht mehr verstehen und sich von der Kirche abwen- nenlernen ein; ein 30-minütiger Impulsvortrag befasst
den, ist der Auftrag Jesu zur (Neu-)Evangelisierung ak- sich auf ansprechende und humorvolle Weise mit
tueller denn je – besonders für uns als Predigerorden. Glaubensfragen und ein Kleingruppengespräch am
Doch schnell stößt man dabei an eine Grenze, wenn es Ende bietet Raum zum Austausch über das Gehörte.
um die konkrete Art und Weise der Glaubensweiter- Wöchentlich wird den Teilnehmern so an zehn Aben-
gabe geht: Konnte man früher noch viele Menschen den und einem Einkehrtag eine kompakte Darstellung
durch bewährte Formate der Katechese und der Volks- christlichen Glaubens und Lebens geboten. Vorkennt-
mission erreichen, so bedarf es heute der kreativen Neu- nisse sind dafür nicht erforderlich, denn Alpha behan-
schaffung geeigneter Formen. Es braucht neue Räume, delt – seiner Titelbedeutung gemäß – ausschließlich
in denen Christen wie Nicht-Christen den Glauben für Grundfragen, z. B.: Wer war Jesus Christus? Warum und
sich entdecken können. Wie also heute von Gott und wie bete ich? Wie kann man die Bibel lesen? Wie mache
dem Glauben sprechen? Und in welcher Form? ich das Beste aus meinem Leben?
28WIEN
Beta- und Gamma-Kurs
„Und wie geht es dann weiter?“ Diese erwartungsvolle und übernehme verschiedene Aufgaben, von der mu-
Frage taucht bei vielen Teilnehmern am Ende des Al- sikalischen Abendbegleitung bis hin zur Gesprächs-
pha-Kurses auf; oft verbunden mit dem Wunsch, über moderation. Zu sehen, wie sich die Teilnehmer im Ver-
das christliche Basiswissen hinaus auch die spezifischen lauf des Kurses neu auf den Glauben einlassen, wie sie
Glaubensinhalte der katholischen Kirche besser kennen in ihrer Gottesbeziehung wachsen und sich infolge-
zulernen. Aufgrund dieser Erfahrung haben P. Markus dessen auch mit neuem Elan in die Kirche einbrin-
und sein Team an seinem früheren Wirkungsort St. So- gen – das alles macht die Freude dieser Arbeit aus. Es
phien (Hamburg) Fortsetzungskurse für Alpha entwi- ist ein hoffnungsvolles Zeichen, dass unsere Verkündi-
ckelt – und sie analog den Beta- und den Gamma-Kurs gung auch in dieser scheinbar glaubensfernen Zeit
genannt. Aufbauend auf Alpha und nach dem gleichen dem Heil der Menschen dienen kann. Wenn wir uns so
attraktiven Konzept bahnen sie einen wohl geordne- einlassen auf den Auftrag Jesu, wird auch er uns mit
ten Weg in die katholische Glaubenswelt: Während der seinem Segen begleiten.
Beta-Kurs dabei vor allem die heilsgeschichtlichen Quel-
len des Glaubens in den Blick nimmt, konzentriert sich
der Gamma-Kurs auf das geistliche Leben und die sie-
ben Sakramente. Alpha – Beta – Gamma bilden so ein Weitere Informationen zu „glauben&verstehen“
stimmiges Angebot für die Menschen unserer Zeit, um und auch, wie man selber Beta- und Gamma-
den eigenen Glauben (neu) zu entdecken und besser zu Kurse anbieten kann, finden sich auf der
verstehen. Homepage www.glaubenundverstehen.net
Damit dieses ABC des Glaubens jedoch keine leblosen
Buchstaben bleiben, braucht es Menschen, die ihm ein
Fr. Rafael Maria Klose ist Student
lebendiges Gesicht geben: In St. Maria Rotunda ist das
und lebt im Dominikanerkonvent Wien.
unser Team von mittlerweile zehn Ehrenamtlichen, wel-
che durch ihre vielfältigen Beiträge die Kurse erst er-
möglichen. Besonders die engagierte Präsenz der
Wiener Laiengruppe verleiht dem Ganzen ein domini-
kanisches Antlitz. Auch ich als Student bin mit dabei
29WIEN
GÜNTER REITZI OP
Wir renovieren …
Dominikanerkirche
St. Maria Rotunda g
eschlossen
Nach intensiver Vorbereitung wurde die Dominikanerkirche
Anfang Juni 2020 für Renovierungsarbeiten geschlossen.
Nun konnte mit den Arbeiten begonnen werden.
30Der Wiener Dominikanerkonvent
ist das zweitälteste durchgehend
besetzte Kloster der Stadt.
Der Wiener Dominikanerkonvent ist das zweitälteste seit Joseph II., seit der Schließung aller Innenstadt-
durchgehend besetzte Kloster der Stadt. Auch im Orden grüfte, nicht mehr geöffnet war. Man konnte die Reste
gehört dieses Haus zu den ältesten Konventen, die nie der Särge und der darin Bestatteten finden. Auch eine
aufgehoben waren. Der jüngste Teil dieses Klosters ist Gruft mit den sterblichen Resten von Brüdern wurde
die Kirche. Auch sie, erbaut in den Jahren 1631 –1634, ist geöffnet. Und das Epitaph der Kaiserin Claudia Felicitas
eine Besonderheit: Sie ist die erste frühbarocke Kirche wurde wieder freigelegt.
Wiens.
Was soll alles restauriert werden? Alles! Bilder, Fresken,
Nun ist diese Kirche in die Jahre gekommen. Die letzte Altäre, Boden, Bänke, Elektrik, Verstärkeranlage, Bank-
wirkliche Renovierung des Innenraumes hat 1846 statt- heizung …
gefunden. Nach dem Krieg wurden zwar einige Arbei-
ten durchgeführt. Diese waren aber eher Reparaturen Und wie lange wird die Kirche zugesperrt bleiben? Wir
und Erneuerungen der Zeit entsprechend. rechnen mit 2022. Bis dahin finden alle Gottesdienste in
einem dafür adaptierten Flügel des Kreuzganges statt.
So lagerte sich im Lauf der Jahrzehnte auf dem Stuck
schwarzer, fetter Ruß ab, der den Bestand schädigte. Und die Kosten? Bisher geschätzte 6 Millionen Euro!
Statische Probleme, verursacht durch Bombentreffer in Und wer bezahlt das? Die Erzdiözese Wien trägt einen
der Straße neben der Kirche in der Kriegszeit, haben Teil bei sowie das Bundesdenkmalamt und die Stadt
Risse im Mauerwerk sowie in der Kuppel hervorge Wien. Den größten Teil aber wir, der Konvent.
rufen. Der Holzwurm leistete ganze Arbeit in vielen
Bereichen.
Es war also dringend nötig, eine Restaurierung des ge-
samten Innenraumes zu beginnen. Die Proben waren Sollten Sie uns helfen können und
schon im Jahr 2014 geschehen. Doch erst jetzt konnte wollen – hier finden Sie unsere Kontodaten:
der aus verschiedensten Gründen verzögerte Baube-
ginn stattfinden. Inhaber: Dominikanerkonvent Wien
IBAN: AT30 2011 1822 2407 7700
Bemerkenswerte Funde BIC: GIBAATWWXXX
Bank: Erste Bank
Schon zu Beginn der Arbeiten kam es zu bemerkens-
werten Funden. Die negativen: Die Schäden am Holz
waren größer als befürchtet. Unter den Bänken war nur
P. Günter Reitzi ist Prior
Sand und Schutt zu finden. Der Boden in der Kapelle
der Dominikaner in Wien und
des hl. Vinzenz Ferrer war durch Versalzung schwer be-
Pfarrer der Kirche St. Maria
schädigt. Rotunda.
Doch auch positive Überraschungen gab es. So wurde
etwa eine Gruft der Familie Traun geöffnet, die sicher
31AUGSBURG
FLORIAN PAZIFICUS M. MOSCHER OP
Mit Klangschale auf zoom
Online-Meditationskurs für Studierende
Wie seelsorgliches Engagement
mithilfe moderner Kommuni
kationsmittel gelingen kann,
wurde spätestens seit der Corona-
krise zu einer der zentralen Her-
ausforderungen in der Pastoral.
Fr. Florian hat im Homeoffice mit
einem Format experimentiert,
zu dem sich auch kirchlich Fern
© Rebekka Preis stehende eingeladen fühlen.
Als feststand, dass das Sommersemester nicht wie ge- dete sich eine erste Gruppe mit rund zehn Personen,
plant stattfinden würde, überlegten wir, welche Alterna- zu deren Kreis sich auch im Ausland Weilende oder
tiven trotz widriger Umstände noch realisierbar wären. Teilnehmer / -innen anmeldeten, die sich dem kirchli-
Die Konzeption der im studienbegleitenden Mentorat chen Leben ansonsten weniger verbunden fühlen.
angebotenen Kurse zielt darauf ab, die Auseinanderset-
zung mit existenziellen, den Glauben betreffenden, Zur Ruhe kommen
persönlichen Fragen zu fördern. Es erschien uns frag-
lich, dass dies im Rahmen von Onlineformaten gelin- In insgesamt sechs wöchentlich stattfindenden Ein-
gen könnte. heiten verfolgte dieser Kurs das Ziel, eine erste Einfüh-
rung in verschiedene Formen von Stille- und Acht-
Einfach mal ausprobieren samkeitsübung und schließlich das Jesus-Gebet zu
geben. Für die mit zoom abgehaltenen Treffen war je-
Eine erfreuliche Entwicklung nahm dann jedoch der weils maximal eine Stunde vorgesehen: Einem Impuls
Online-Meditationskurs, den wir zunächst als einen und der Anweisung zur Meditation folgte eine Übungs-
Versuch für eine beschränkte Teilnehmerzahl ins Pro- zeit von etwa einer Viertelstunde. Anschließend hatten
gramm aufnahmen und der nun voraussichtlich in die Teilnehmer / -innen die Möglichkeit, Erfahrungen
weitere Runden gehen wird. Er startete in Kooperation auszutauschen und Fragen zu stellen. Wir schlossen
mit der Katholischen Hochschulgemeinde Augsburg, mit einem kurzen Gebet. Eine tägliche Praxis wurde
die ihn über ihre Social-Media-Kanäle bewarb. Es bil- zur Vertiefung empfohlen.
32AUGSBURG
Julia Rebekka
Sophia Matthias
Unser Leib – ein Tempel des Hl. Geistes Mehrmals wurden dann beispielsweise „Freiheit“ oder
„Liebe“ gewählt. An diese in der Gruppe aufkommen-
Der erste Schritt galt dem Entwickeln eines Gespürs den Impulse konnte der Hinweis auf die jahrhunderte-
für die Präsenz im Hier und Jetzt. In Anlehnung an das alte Tradition des Jesusgebets gut anknüpfen. In den
Autogene Training (J.H. Schultz), die Progressiven mittlerweile in 17. Auflage erschienen „Kontemplativen
Muskelentspannung (E. Jacobson), die Eutonie (G. Ale- Exerzitien“, eine als praktisches Übungsbuch konzi-
xander) oder andere Entspannungstechniken sind hier pierte und auch für den Anfänger leicht nachvollzieh-
grundsätzlich wohl eine Vielzahl leibbezogener Wahr- bare Einführung in die Meditation, formuliert es der
nehmungsübungen denkbar – besonders auch nach Jesuitenpater Franz Jalics so: „Der Name Jesu Christi
vorausgehender sportlicher Betätigung! Im Rahmen steht für seine Person. Durch ihn verbinden wir uns
des Kurses ging es zunächst darum, aktiv ein Bewusst- mit Christus selbst. Wer seinen Namen mit Ehrfurcht
sein und Empfinden für den eigenen Leib zu entwi- wiederholt, wird von Ihm selbst erfüllt.“
ckeln. Eine grundlegende Erfahrung, die für die meis-
ten Studierenden neu war.
Kontemplative Exerzitien
Fr. Florian Pazificus M. Moscher ist
als Mentor für Lehramtsstudierende mit
Wir fuhren in ähnlicher Manier mit auf den Atem fo-
Unterrichtsfach Katholische Religionslehre
kussierten Übungen fort. In der letzten Einheit waren im Bistum Augsburg tätig.
die Teilnehmer / -innen schließlich eingeladen, den
Fluss des Ein- und Ausatmens mit einem in der Stille
aufsteigenden, individuell eigenen Wort zu verbinden:
33FREIBURG
LAURA MÜLLER UND AUGUSTINUS H
ILDEBRANDT OP
St. Martin als Freiraum
Spirituelle Vielfalt ermöglichen
Ungefähr fünfmal im Jahr veranstalten junge Erwachsene in
der Freiburger Martinskirche einen Abend der Offenen Kirche.
Sie laden zum „Freiraum“ ein, um dort ihren Glauben in
gegenwärtiger Ästhetik und Sprache auszudrücken.
Freiraum in doppelter Hinsicht Das aus den Leuten rausholen,
was schon in ihnen ist.
Auf der Straße werden Passanten eingeladen, die so
lange kommen und bleiben dürfen, wie sie möchten. Zum Freiraum-Team gehören ungefähr 15 bis 20 junge
Es gibt verschiedene Angebote, die frei und individuell Erwachsene. Dabei kann jede und jeder selbst bestim-
wählbar sind. Jeder darf kommen, wie er ist. Vorkennt- men, wie intensiv er / sie sich einbringt – genau das ist
nisse sind nicht nötig. gewollt. Dahinter steht die Überzeugung, dass jede und
jeder etwas richtig gut kann oder für eine Sache beson-
Jeder darf kommen, wie er ist ders brennt. Ganz individuell und speziell. Das Projekt
soll einen Raum eröffnen und Möglichkeiten schaffen,
Das Grundsetting ist der farbig beleuchtete Kirchen- das aus den Leuten rauszuholen, was schon in ihnen
raum mit Livemusik. Die Besucherinnen und Besucher, ist. Das Team versucht, auf das zu hören, was für die
die in die Kirche kommen, können der Musik zuhören Menschen in Freiburg gerade „dran sein“ könnte. Diese
oder verschiedene Stationen wahrnehmen. Die zeitge- Eindrücke versucht es unter einer prägnanten existen
mäße Ästhetik ermöglicht es, sowohl tradierte religiöse tiellen Frage oder ein Glaubensthema zu bündeln. So
Formen neu zu entdecken als auch neue Zugänge zum erhält jeder Abend sein eigenes Thema. Mit dem Thema
Glauben kennen zu lernen. beschäftigen sich die Teammitglieder in der Vorberei
34Das Grundsetting ist der farbig
beleuchtete Kirchenraum
mit Livemusik.
tung und versuchen das, was sie im Glauben für sich und zu einem persönlichen Einzel- oder Paarsegen, die
selbst erfahren haben, auszudrücken. Das Team sucht es jedem und jeder ermöglichen, sein eigenes Leben zur
nach neuen Formen, die der gegenwärtigen Gesellschaft Sprache zu bringen und vor Gott zu stellen.
entsprechen. Menschen mit dem Glauben in Berührung
bringen. Einen Zugang ermöglichen, sich mit dem ei- Ein wirklicher Frei-Raum für Gott und die Menschen
genen Leben oder Glauben auseinandersetzen, da wo
jemand gerade steht. Jungen Erwachsenen einen Raum zu bieten, sich frei
von äußeren Erwartungen ausprobieren zu können,
Studere et praedicare das ist die Vision des Teams. Dazu versucht es sämtli-
che Ressourcen, die zur Umsetzung benötigt werden,
Dieser Ansatz entspricht auch dem dominikanischen zur Verfügung zu stellen und Formen flexiblen Enga-
Grundsatz „studere et praedicare“ (lernen und verkün- gements zu ermöglichen. Auf diese Weise entsteht eine
den). Von Anfang an war das Freiraum-Projekt von der spirituelle Vielfalt, die Menschen begeistert und
dominikanischen Präsenz in St. Martin mitgeprägt und berührt. Ein wirklicher Frei-Raum für Gott und die
wird von der Gemeinschaft unterstützt. Diese Haltung ist Menschen, in dem das Evangelium erfahrbar wird.
getragen von dem Wunsch der Teammitglieder, aus der
eigenen lebendigen Gottesbeziehung heraus zu handeln.
Das gemeinsame Gebet prägt die Arbeit des Teams. So
Laura Müller ist wissenschaftliche Mitarbeiterin
steht unter anderem am Anfang eines jeden Abends die
im Zentrum für a ngewandte Pastoralforschung
Begegnung mit Christus in der Feier der Eucharistie.
(zap) Freiburg. In der Pfarrei St. Martin ist sie
Mitglied des Citypastoralteams und Mitinitiatorin
Spirituelle Vielfalt die bereichert des Freiraum Projekts (www.freiraum-projekt.de).
Weil sich jede und jeder in die Vorbereitung einbringen
kann, werden am Abend auch viele verschiedene Zugän-
ge eröffnet. Neben klassischen Formen, wie der eucha-
P. Augustinus Hildebrandt lebt im Freiburger
ristischen Anbetung, gab es auch schon einen Hip-Hop-
Konvent und ist im Stadtdekanat unter anderem
Workshop, die Möglichkeit, sich kreativ mit einem
für die Glaubensinformation, das Erwachsenen-
Thema auseinanderzusetzen und vieles mehr. Auf diese katechumenat und als Ansprechpartner für
Weise ist auch für die verschiedenen Besucher meistens (Wieder-)Eintritte zuständig.
etwas Passendes dabei. Einen großen Stellenwert haben
auch die Möglichkeiten zur Beichte, zu einem Gespräch
35MÜNCHEN ROBERT MEHLHART OP Sang- und klangvoll Erfahrungen mit Chor und Corona Die Einschränkungen durch Corona hat die Musik- und Konzert- branche sehr hart getroffen. Musikproben mussten gestrichen werden. P. Robert Mehlhart, Chordirektor und Kirchenmusiker der Hof- und Stiftskirche St. Kajetan (Theatinerkirche), setzte den „digitalen Probemodus“ über das Internet um. Bei den „richtigen“ Gesangsproben wurde auf den Mindestabstand geachtet. 36
MÜNCHEN
Die „zoom-Proben“ fanden
großen Anklang, es konnten
sich so auch die mittlerweile
über viele Länder verteilten
Alumnen der Neuen
Vokalkapelle einwählen.
Dem gemeinsamen Singen verpasste die Covid-19-
Pandemie eine gewisse Generalpause. In den Konven-
ten war die Gestaltung des gemeinsamen Chorgebets
weiterhin möglich, das musikalische Leben in den
Gemeinden, Chören und Institutionen kam während
der Ausgangsbeschränkungen allerdings nahezu zum Eine denkwürdige Premiere
Erliegen. Erst nach vielen Wochen konnte die Vokal
kapelle der Theatinerkirche, die aus Berufssängern be- Dass in der Alten Hofkapelle der Residenz München
steht, wieder ihren Dienst aufnehmen. Doch es ergaben bisher noch nie eine Musikaufnahme stattgefunden
sich Herausforderungen ganz neuer Art: hat, ist erstaunlich. Die Akustik des architektonischen
Juwels ist nämlich einmalig! In drei Nächten konnten
Eigentlich sollte unsere Aufnahme von Orlando di wir mit den Solisten der Vokalkapelle der Theatiner-
Lassos Messen im Juni in der Theatinerkirche stattfin- kirche und Christoph Eglhuber an der Theorbe die
den. Doch bedingt durch die Schließung der Clubs Missa Venatorum („Jägermesse“) und die Missa Canto-
und Diskotheken in München entwickelte sich auf rum („Sängermesse“) von Orlando di Lasso einspielen.
dem Odeonsplatz vor der Kirche ein auch in akusti- Die Autorenschaft der hochexpressiven „Sängermesse“
scher Hinsicht bewegtes Nachtleben. Tonmeister Jo- konnte erst kürzlich von Christian Leitmeir in Oxford
hannes Wallbrecher riet daher dringend zu einer an- geklärt werden. Prof. Leitmeir begleitete die Produktion
deren Lösung. Kurzerhand wurde in der Residenz wissenschaftlich und ist noch dazu Terziar im Domini
München angefragt, ob wir in den Gebäudekomplex kanerorden. Somit ist unsere Erstaufnahme des Wer-
gegenüber ausweichen dürfen. Ich bin dankbar und kes von di Lasso eine dominikanische Gemeinschafts
überglücklich, dass die Zusammenarbeit zustande produktion.
kam und so gut klappte.
Die nächtliche Atmosphäre in der Kapelle der menschen
leeren Residenz war einmalig konzentriert. Orlando di
Lasso schuf im 16. Jahrhundert den großen Teil seiner
geistlichen Werke für den Münchener Hof. So ist er
2020 also nach Hause gekommen.
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